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Akute Cholecystitis Ulrich Schittek Klinik für Allgemein- Viszeral- & Gefäßchirurgie, Universitätsklinikum Magdeburg Madgeburg, 31.08.2015

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Akute Cholecystitis

Ulrich Schittek

Klinik für Allgemein- Viszeral- & Gefäßchirurgie, Universitätsklinikum Magdeburg

Madgeburg, 31.08.2015

• Die akute Cholecystitis ist mit mehr als 64.000

stationär behandelten Fällen eines der häufigsten

Krankheitsbilder

• Meist Verursacht durch die Kombination

Zystikusverschlußstein und Lysolecithin

• Verdickung und Hyperämie der Gallenblasenwand

• 70% der Patienten haben eine frühere Episode mit

Gallenbeschwerden in der Anamnese

• die häufigste Diagnose eines akuten Abdomens

bei Patienten > 50a

Einleitung:

© Todd Buck

Gallenblase:

• liegt unterhalb dem rechten

Leberlappen (lateral unter dem Lobus

quadratus, entspricht vorderem Anteil

Segment IV)

• Nachbarschaft zur rechten Kolonflexur,

Pars descendens duodeni, Pfortader

Anatomie:

Gallenwege:

• Parallel zu den Pfortaderästen

vereinigt sich Ductus hepaticus dx. et

si. zum Ductus hepaticus communis

• Ab der Einmündung des Ductus

cysticus nennt er sich Ductus choledochus

Physiologie der Galle:

1. Zusammensetzung aus Gallensäuren, Lecithin, Cholesterin, Bilirubin, Elektrolyten

2. Emulgation der Fette im Duodenum

3. Mizellenbildung

4. Ausscheidung von Bilirubin

5. Enterohepatischer Gallensäurekreislauf

Definition Bildung solider Konkremente in der Gallenblase • symptomatische unkomplizierte Cholecystolithiasis: häufigste Form

des Gallensteinleidens • komplizierte Cholezystolithiasis: alle Krankheitsbilder als Folge eines

eingeklemmten Konkrements • akute Cholecystitis: häufigste Form der komplizierten Cholecysthiasis

Steinarten

• Cholesterinsteine und gemischte Steine 80 % • Bilirubin- bzw. Pigmentsteine 20 % • Verkalkte Steine 20 %

Gallengangssteine bei 15 % (meist Pigmentsteine)

Cholecystolithiasis:

Risikofaktoren für die Steinbildung • Erbliche Faktoren („Gallensteinfamilien“) • Geschlecht (w:m=3:1), Gravidität, Östrogeneinnahme • Höheres Lebensalter • Cholesterinreiche ballaststoffarme Diät, parenterale Kost • Adipositas • Gallensäureverlustsyndrom • Medikamente (z. B. Clofibrate)

weiblich, übergewichtig, fruchtbar, vierzig Jahre alt, hellhäutig bzw. blond Es wird auch von den „fünf F“ gesprochen: female, fat, fertile, forty, fair Im Angloamerikanischen kommt noch ein sechstes „F“ für family (familiäre Häufung) dazu.

Ätiologie der Cholecystolithiasis:

1. die mechanische Entzündung, sie entsteht durch erhöhten intraluminalen Druck in der Gallenblase, die dann zu einer Überdehnung und Ischämie der Gallenblasenmukosa und -wand führt. Häufigste Ursache hier ist der Verschluss des Ductus cysticus;

2. die chemische Entzündung, sie basiert im Wesentlichen auf einer Freisetzung von Lysolecithin;

3. die bakterielle Entzündung, die durch eine Besiedlung der Gallenblasenflüs- sigkeit, im Weiteren dann mit einer Durchwanderung der Gallenblasen wand durch E. coli, Enterokokkus, Klebsiella oder Enterobacter, hervor gerufen wird.

Pathogenese der akuten Cholecystitis:

Akute Cholecystitis: Klinik

• Intensiver epigastrischer Schmerz, ev. rechter OB

mit Ausstrahlung in den Rücken ev. re Schulter

• Übelkeit und Erbrechen

• lokaler Peritonismus

• begleitende oder vorausgehende Koliken

• Mehr als 3 Stunden anhaltend, reduzierter AZ

• Murphy-Zeichen

• Charcot-Trias: Fieber, Ikterus, Schmerzen rechter OB

• Cave Betagte, Diabetiker

Labor: - Leukozytose, CRP-Erhöhung

- 25-50% mit leichtem ↗Bilirubin - 20% mit ↗ Serumamylase

- Transaminasen, alk. Phos., Amylase, γGT

Akute Cholecystitis: Diagnostik

• Sonographie – Verdickung der Wand 3-4mm – Dreischichtung, Flüssigkeitssaum – Sensitivität 88% – Spezifizität 80%

• Computertomographie

– Sensitivität und Spezifizität wie Sonographie

– Wegen Strahlung nicht primäre Methode

Akute Cholecystitis: Diagnostik

• ERCP

– bei Verdachtsmomenten für biliäre Obstruktion bzw. Chonangio-, Choledocholithiasis

Akute Cholecystitis: Diagnostik

Tokio Guidelines

• leicht oder milde Cholecystitis (I°): – keine Organdysfunktion – Geschehen bleibt auf die Gallenblase beschränkt

• moderate Cholecystitis (II°): – keine Organdysfunktion – ausgeprägte Entzündung der Gallenblase, ggf. Gangrän, Empyem oder Abszess

• schwere Cholecystitis (III°): – begleitende Organdysfunktion bis hin zum Multiorganversagen (MOV)

Akute Cholecystitis: Einteilung

• Ulcus duodeni/ventriculi • akute Pankreatitis • Neoplasie oder entzündliche Prozesse im Bereich der rechten Kolonflexur • Colon irritabile • Nierensteinkolik • Appendizitis (insbesondere mit retrozökaler Lage) • rechtsseitige Pneumonie • Myokardinfarkt • Pyelonephritis rechts

Akute Cholecystitis: Differenzialdiagnose

Konservative Therapie: • wenn klinisch und sonografisch keine Perforation oder

Gallenblasenempyem vorliegt • wenn die Klinik bereits länger als 3 Tage besteht • wenn schwere Begleiterkrankungen gegen eine frühzeitige Operation

sprechen

Akute Cholecystitis: Therapie

Therapiemaßnahmen: • stationäre Behandlung • Nahrungskarenz bis zur Beschwerdefreiheit • i.v. Antibiotikagabe

Operative Therapie: • Sofortoperation: bei V.a. Perforation, bei lokaler/fortschreitender Peritonitis • Frühoperation: innerhalb 72 Stunden nach Beginn der Symptomatik • Intervalloperation: ca. 6 Wochen nach Abschluss der konservativen

Therapie

Akute Cholecystitis: Therapie

offene Cholecystektomie: • bei akuten Entzündung schneller als laparoskopisch • alle Komplikationen werden sicher beherrscht • anterogrades Vorgehen wegen unübersichtlicher Verhältnisse im

entzündeten Lig. hepatoduodenale vorzuziehen

laparoskopische Cholecystektomie: • oft technisch möglich, zeitaufwendiger, indiziert bei frischen Befunden • weniger Wundkomplikationen, weniger Schmerzen, kürzere AU, vorteilhaft

auch bei starker Adipositas

Früh versus Spätoperation • in einigen Ländern (US, UK, Japan) wird nach wie vor meist nicht im akuten

Stadium operiert:

Akute Cholecystitis: ACDC-Studie

• organisatorische Gründe • Präferenz des Arztes beim 1. Patientenkontakt • Spezialisierung

Acute Cholecystitis Early versus Delayed Cholecystectomy, A Multicenter Randomized Trial (ACDC Study) Gutt C. et al., Ann Surg 2013

Akute Cholecystitis: ACDC-Studie

• 35 Zentren (Deutschland, Slovenien); Chirurgen + Gastroenterol. • 4Jahre (bisNov.2010), n=618

Erwachsene mit Zeichen/Symptomen akuter Cholezystitis 1) Abdominalschmerz im rechten oberen Quadranten 2) Murphyzeichen positiv 3) Leukozytose 4) Rektaltemperatur > 38°C

Sonographisch Cholezystolithiasis u/o Cholezystitiszeichen

Laparoskopische Cholezystektomie innert 24h möglich

Akute Cholecystitis: ACDC-Studie Ausschlusskriterien: – ASA IV und V

– septische Schock – Perforation oder Abszess – keine zeitgerechte Laparoskopie möglich – Schwangeschaft, Stillen – Kontraindikation gegen Moxifloxacin

Randomisierung in • Gruppe ILC: lap. Cholezystektomie innert 24 Stunden

(Krankenhauseinweisung) Krankenhausentlassung ab 2.POD • Gruppe DLC: Moxifloxacin iv und po bis fieberfrei und Entzündungswerte

normalisiert Krankenhausentlassung ab Tag 4 lap. CCE Tag 7 - 45

Resultate

ILC (n=304) DLC (n=314)

Morbidität 11,8% 34,4%

Konversionsrate 9,9% 11,9%

Hospitalisationstage 5,4 d 10,0 d

Kosten (overall) 2919 Euro 4262 Euro

Akute Cholecystitis: ACDC-Studie

Akute Cholecystitis: Fazit

• Die akute Cholezystitis ist die häufigste Komplikation der Cholelithiasis. Die Therapie der Wahl ist die Cholezystektomie, wenn immer möglich laparoskopisch • Die Operation soll so früh wie möglich nach Krankenhausaufnahme durchgeführt werden, unabhängig vom Intervall seit Symptombeginn • Bei Patienten mit stark erhöhtem Operationsrisiko kann eine primäre Verbesserung der Komorbiditäten erwogen werden mit verzögerter Operation • Bei prohibitiv hohem Operationsrisiko bietet sich die perkutane Cholezystostomie an.

Vielen Dank!