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    DAS DROGENBUCH

    Einleitung

    Auf dem Thal

    Was sind Thalianer?

    Thalianer sind die Bewohner des noch unentdeckten Planeten Thal. Sie unterscheiden sich weder inihrem Aussehen noch in ihrem Verhalten grundstzlich von uns Menschen. Sie werden kleingeboren, wachsen etwas und sterben, nachdem sie ein wenig geschrumpft sind. hnlich wie wir beginnen sie ihre Lebenskarriere in der Schule, lernen im Anschlu einen Beruf, ben diesen ausund lernen vielleicht spter noch ein oder zwei weitere. Zwischenzeitlich pflanzen sie sich fort,setzen sich dann irgendwann zur Ruhe und enden als kleiner Aschehaufen. Den einzigennennenswerten Unterschied zu uns findet man in der Ernhrung. Die Thalianer verspeisenausschlielich Pflanzen. Diese so genannten Thalionen stillen neben dem Hunger auch den Durstder Thalianer. Eine der etwa fnfzig Zentimeter hohen Pflanzen deckt ihren gesamten Tagesbedarf und ist das einzig bekannte Nahrungs- und Genumittel des Planeten. Ein Tag auf dem Thal hat wie auf der Erde 24 Stunden und ein erwachsener Thalianer bentigtmaximal 4 Stunden Schlaf pro Nacht. Es bleibt dementsprechend mehr Zeit, fr andere Aufgaben.Der sechzehn-Stunden-Arbeitstag, hat aus den Bewohnern des Planeten eine technischebermacht werden lassen. Im Gegensatz zu uns wissen die Thalianer bereits seit langem, da sienicht die einzige Lebensform im Universum sind. Sie haben die Menschheit bereits vor mehr alszweihundert Jahren entdeckt. Dennoch mchten sie keinen Kontakt mit uns aufnehmen undverhindern mittels komplizierten visuellen Tuschungsmechanismen, von uns entdeckt zu werden.

    Vor einigen Jahren begann ein Team von Forschern damit, uns zu beobachten und unser Verhaltenzu studieren. Jedem Forscher wurden zwei zufllig ausgewhlte Menschen (ein Mnnchen und einWeibchen) zugeteilt.

    Das Experiment

    Der Rollentausch

    Bitte versetzen Sie sich einmal in die Lage eines der thalianischen Forscher: Sie beginnen mit der Beobachtung Ihrer beiden Sprlinge, an deren fnftem Geburtstag.Whrend Ihres gesamten Arbeitstages sitzen Sie vor zwei Monitoren. Ihre Arbeit bereitet Ihnengroe Freude, da Sie sich in Ihren Sprlingen wiedererkennen und hufig Erinnerungen an Ihreeigene Jugend wachgerufen werden. Es vergehen wunderbare Jahre. Ihnen ist, als htten Sie zweieigene Kinder auf der Erde. Sie beobachten, wie beide grer werden und die Hhen und Tiefen desLebens durchmachen. Gemeinsam stehen Sie die verschiedensten Probleme und Problemchen mitihnen durch und teilen jeden, auch noch so kleinen Erfolg Ihrer Schtzlinge. Sie freuen sichdarber, da beide gern Sport treiben und fiebern mit, als sie sich langsam dem anderen Geschlechtnhern. Letztendlich erstaunt sie immer wieder die verblffende hnlichkeit zwischen dem Lebenauf der Erde und dem Leben auf dem Thal.

    Eines Tages macht der von Ihnen beobachtete junge Mann eine ungewhnliche Erfahrung. Er bekommt von einem Artgenossen eine kleine dnne Stange geschenkt, steckt sie sich leicht zgernd

    in den Mund, kramt ein Feuerholz aus seiner Tasche und zndelt an ihr herum. Einen Momentspter beginnt er krftig zu Husten, stt Rauch aus und fngt an zu lachen. Sein Gegenber amsiert sich kstlich darber und saugt dabei vllig unbekmmert an seiner eigenen Stange.

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    Dieses erstaunliche Erlebnis begleitet Sie noch fr den Rest des Tages. Sie wundern sich ber dasunerklrliche Verhalten der beiden Erdlinge. Es wrde Ihnen niemals in den Sinn kommen, sichetwas Brennendes in den Mund zu stecken. So sehr Sie sich auch anstrengen, es fllt Ihnen keine plausible Erklrung ein.

    In den folgenden Wochen beobachten Sie, wie Ihr Schtzling sich immer wieder dem

    Stangenritual hingibt. Mit der Zeit scheint er sich daran zu gewhnen und stellt das Husten ein.Ihre Verwunderung lt nach. Sie akzeptieren das Verhalten als etwas typisch erdisches. Da Ihr weiblicher Schtzling diesem Zeitvertreib nicht nachgeht, erklren Sie es kurzerhand fr etwastypisch Mnnliches. Sie rgern sich sogar darber, da Sie wohl niemals in den Genu kommenwerden, sich eine kleine, brennende Stange der Menschen in den Mund zu stecken.

    Etwa zwei Monate spter fllt Ihnen auf, da der junge Mann stndig ein Pckchen mit vielenkleinen Stangen bei sich trgt und immer fter eine davon in seinem Mund steckt. Selbst wenn er allein ist, kann er nicht die Finger davon lassen. So langsam stellen sich bei Ihnen erste Zweifel ander Theorie von dem netten Ritual ein. Sie bemerken, da es in dem Umfeld Ihres Schtzlings junge Mnner gibt, die noch nie an diesem Ritual teilgenommen haben. Sie verschrfen IhreAufmerksamkeit und hoffen, eine baldige Erklrung fr das Verhalten zu finden.

    Vorerst werden Sie aber Zeuge eines weiteren, ungewhnlichen Schauspiels: Ihr Schtzling sowie andere junge Mnner nehmen ein schumendes Getrnk zu sich und fangenwenig spter an, viel zu lachen, wild zu gestikulieren und frhlich zu sein. Ihnen gefllt das und Siefreuen sich mit ihnen. Sie wundern sich nur, als etwas spter die Mimik und Gestik der Jungs etwasunkontrolliert wird. Einige schwanken durch den Raum, anderen fllt es schwer, berhaupt nochgerade zu stehen. Kurz darauf bricht eine Schlgerei aus. Sie fangen an, sich ernsthaft Sorgen zumachen. Als sich dann noch einige bergeben mssen, mchten Sie am liebsten sofort IhrenMonitor ausschalten. Sie wnschen sich, diesem Treiben ein Ende setzen zu knnen. Doch danndenken Sie an vergiftete Getrnke und bedauern die Jungs fr deren schrecklichen Abend. Dieser Gedanke verschwindet, als sich in den darauffolgenden Wochen vermehrt hnliche Szenarienabspielen. Alle scheinbar freiwillig.

    Sie verstehen die Erdlinge nicht mehr, sind verwirrt und vor allem zweifeln Sie an IhremSchtzling. Warum macht er so etwas? Warum benutzt er andauernd seinen Rachen als Ofen?Warum nimmt er freiwillig Brechmittel zu sich? Und warum gibt er fast sein gesamtes Taschengeldfr solche Dinge aus?Immer wenn Ihnen diese Fragen durch den Kopf gehen, schauen Sie auf den anderen Monitor. MitStolz betrachten Sie Ihren weiblichen Schtzling. Ihr geht es prchtig, sie ist uerstunternehmungslustig, freut sich des Lebens und ist mittlerweile zu einer jungen Dameherangewachsen. Kleine Stangen und vergiftete Getrnke spielen in ihrem Leben keine Rolle.

    Die Auswertung

    Welches Ergebnis ist zu erwarten?

    Nach fnfzehn langen Jahren kommt es zu einer Zwischenauswertung des Projektes. Ein Gremiumvon sechzig Mitarbeitern, unter denen auch Sie sich befinden, trifft zusammen, um gemeinsam dieBeobachtung der Erdlinge auszuwerten. Alle sind sich darin einig, da sich die Bewohner der Erde inihrem Verhalten nicht grundstzlich von den Bewohnern des Thal unterscheiden. Einige Ihrer Kollegenkonnten sogar, neben den nicht bersehbaren Differenzen in der Ekultur, keine weiterenUnterschiede ausfindig machen. Viele berichten jedoch von Ritualen, die Ihnen sehr bekanntvorkommen. Es fallen Wrter wie: merkwrdig, unerklrlich, absonderlich und selbstzerstrerisch. Siehren in den Berichten Ihrer Kollegen auch erstmals von jungen Mnnern und Frauen, die sichundefinierbare Substanzen in die Nase zogen oder mit einem Gert in die Haut stachen. Einige Ihrer Kollegen hatten gravierende Vernderungen ihrer Sprlinge beobachtet. Bei einem Kollegenverstarb das Weibchen sogar an einer selbst verabreichten Substanz. Sie und Ihr Team sind whrendder nchsten Tage bemht, eine Erklrung fr das merkwrdige Verhalten der Erdenbewohner zufinden. Es werden hitzige Diskussionen gefhrt und viele Theorien hervorgebracht. Leider basieren

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    alle nur auf Vermutungen und knnen nicht bewiesen werden. Nach einer harten, fast schlaflosenWoche gibt das gesamte Team entnervt auf. Zur endgltigen Lsung des Problems wird beschlossen,da Projekt um weitere fnfzehn Jahre zu verlngern.

    Zurck auf der Erde

    Mensch = Tahlianer ?

    Wenn wir ehrlich sind, gibt es Tage an denen es uns nicht besser geht als einem Forscher vom Thal.Wir beobachten uns dabei, wie wir ein Drogenritual ausben und stellen uns eine der berhmtenW-Fragen: Wieso, weshalb, warum?

    Wir basteln eine Antwort zusammen, indem wir uns ein paar gute Grnde zurechtlegen, die fr unseren Konsum sprechen. Gleichzeitig versuchen wir die Nachteile zu verdrngen. Ab und anhaben wir das Pech, da die verdrngten Nachteile sich in unser Bewutsein zurck mogeln. Wir werden sie nicht mehr los und entscheiden uns fr ein Leben in Abstinenz. Da wir bemerken, da

    auch die guten Grnde sich nicht so leicht abschtteln lassen dauert es in der Regel nicht lange, biswir entnervt aufgeben und fleiig weiter konsumieren. Irgendwann akzeptieren wir beide Seiten undverdammen unseren Mangel an Willenskraft. Trotzdem hoffen wir weiterhin, eine befriedigendeErklrung fr unser Verhalten zu finden und schnappen in den Medien alle brauchbarenInformationen auf. Doch statt einer Lsung finden wir lediglich noch mehr gute Grnde, nebst Nachteilen. Wir senken unser Haupt und beschlieen unser Projekt zu verlngern.

    Dann kaufen wir uns ein Buch und lesen folgendes:

    Teil 1

    Philosophische Sichtweisen

    Der Stand der Dinge

    Es sieht nicht gut aus!

    Den Informationen des DHS ist folgendes zu entnehmen: Vor allem der Gebrauch von Alkohol ist unter der erwachsenen Bevlkerung (Altersgruppe 18 bis59) in Deutschland weit verbreitet. Nach einer Reprsentativbefragung gaben lediglich 9,6% der Mnner und 14,9% der Frauen an, in den letzten zwlf Monaten keinen Alkohol konsumiert zuhaben. In Ostdeutschland sind die Abstinenzraten sowohl bei Mnnern als auch bei Frauen nochniedriger (Mnner: 6,4%; Frauen: 7,6%).Hochgerechnet auf die erwachsene Bevlkerung weisen insgesamt 5,8 Millionen Menschen (3,8Millionen Mnner und 2 Millionen Frauen) einen starken Alkoholkonsum (Mnner: mehr als 40gReinalkohol/Tag; Frauen: mehr als 20g Reinalkohol/Tag) auf. Nach den Kriterien des DSM-IVkonsumieren (in den Altersgruppen 18 bis 59) insgesamt 2,4 Millionen Menschen mibruchlichAlkohol (=8,1% der Mnner, 1,9% der Frauen). Weitere 1,5 Millionen Personen der erwachsenenBevlkerung (4,9% der Mnner, 1,1% der Frauen) mssen nach DSM-IV als alkoholabhngig bezeichnet werden.

    Auch dem Rauchen widmet sich ein groer Teil der Menschen. Hochgerechnet auf die erwachseneBevlkerung (Altersgruppen 18 bis 59) ist in Deutschland von 17,8 Millionen Rauchern auszugehen(rund 37% der Befragten).Von diesen Rauchern sind 6,7 Millionen als starke Raucher (durchschnittlich 20 und mehr Zigaretten tglich) einzuschtzen. Ein wenig Hoffnung bieten die Konsumentenzahlen der illegalen Drogen. Im Zeitraum von zwlf Monaten vor der Befragung konsumierten hochgerechnet etwa 2,2 Millionen Menschen (rund 5%)der erwachsenen Bevlkerung (Altersgruppen 18 bis 59) illegale Drogen, davon in Westdeutschland

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    unserer ersten Party wissen wir es. Alkohol gehrt dazu. Er verbreitet eine prima Stimmung und dasanfngliche Erbrechen, sowie der Kater am nchsten Morgen, gelten vor allem unter jungenMnnern als eine Art Eintrittskarte ins Erwachsenenleben. Also: ran an den ersten Schluck!

    Groe Diskussionen um Legalitt und Illegalitt kreisen seit einigen Jahren um eine andere, Qualmerzeugende Droge. Die Rede ist von Cannabis, THC, Gras oder wie auch immer das grne Kraut in

    Ihren Breitengraden genannt wird. Nichtkiffern wird die Entscheidung zum Konsum relativ leichtgemacht. Der Handel mit der Droge ist zwar verboten aber wegen einem Zug am Joint wurde bislang noch niemand eingebuchtet. Auerdem kommt man ohne groe Mhe an zahlreichePublikationen heran, die von der Harmlosigkeit und der gesundheitsfrdernden Kraft der grnenPflanze schwrmen. Diese - von anderen Hanffreunden in die Welt gesetzte - Beeinflussung machtdie Hemmschwelle bereits fast dem Erdboden gleich. Lassen sich zudem, im eigenenBekanntenkreis, noch ein paar kiffende Zeitgenossen finden, die von der beruhigenden Wirkung,der Spiritualitt und der Bewutseinserweiterung schwrmen, sollte das erste Mal in greifbare Nhercken. Ist dann auch noch jemand so nett, ein kleines Stckchen oder Bschchen zu besorgen,drfte es endgltig schwer fallen nein zu sagen. Weiter geht es mit den lustigen Pillen und den weien Pulverlinien. Ein Garant fr jede Party sinddie immer beliebter werdenden so genannten Designerdrogen. Fast jeder angehende Konsument

    sollte mittlerweile darber aufgeklrt sein, da diese Drogen schon so manchen Discognger dazugebracht haben, ein letztes Mal nach Luft zu schnappen. Aber Schwamm drber und rein in die Nase (oder den Mund). Die grinsenden Gesichter der anderen verraten einem ja doch die Wahrheit.Willst du die Party deines Lebens? Dann greif zu!

    Auch das in meiner Kindheit so verteufelte Kokain ich stellte es immer auf eine Stufe mit Heroin -gewinnt immer mehr an Beliebtheit. Wie knnen sich die Friedmnner, Daums und Wecker dieser Welt irren? Der hohe Preis lt lediglich einen Vergleich mit Champagner aufkommen, als da er abschreckend wirkt. Also: Rhrchen in die Nase und hinter damit! Und mal ehrlich; fhlt man sichdanach nicht groartig? Wir schlieen unseren kleinen Exkurs mit der Droge schlechthin. Es ist die einzig wahre Droge.Sie verkrpert das, was wir im allgemeinen unter Droge verstehen. Sie ist der Inbegriff fr zudrhnen und sofort ganz tief fallen. Wir sehen, wenn wir ihren Namen hren sofort halbtoteJunkiezombies vor uns. Wenn irgendein Stoff den Namen Droge verdient, dann ist es Heroin. Zuihm erhalten nur einige auserwhlte Zugriff. Denn wer findet schon so schnell jemanden inseinem Bekanntenkreis, der Heroinschtig ist? Man mu wenigstens den Bahnhof sein Heimnennen, um die richtigen Kontakte zu knpfen. Oder ist auch das nur ein Klischee? Besteht nichtauch fr jeden anderen die Chance einmal den Mut aufzubringen, um zu merken was fr ein tollesGefhl der erste Schu bringt? Wir knnen unsere kleine Abhandlung ber das erste Mal an dieser Stelle beenden, obwohl unsklar sein sollte, da wir lngst nicht alle erhltlichen Drogen aufgezhlt haben. Aber dazu bestehtauch kein Anla, denn wichtig ist lediglich, die gewonnene Erkenntnis, da unter bestimmtenUmstnden,kein Mensch vor dem ersten Mal gefeit ist.

    Die nchste Frage lautet: Was passiert nach dem ersten Mal?

    Einmal und immer wieder!

    die Sucht nach dem ersten Mal Beginnen wir erneut mit dem jungen Mann aus der Einleitung. Er inhalierte seine erste Zigaretteund nahm dabei lediglich den schrecklichen Geschmack war. Das winzige Angstgefhl vor der mglichen Abhngigkeit, da ihn vor dem Anznden noch plagte, wich einer gewissenErleichterung. Er war sich von nun an sicher, wohl niemals schtig nach diesem Zeug zu werden. Nachdem er ein paar Tage spter den Geschmack wieder vergessen hatte, probierte er die Nchste.Dieses Mal ging es schon besser. Und nach einem weiteren Versuch hatte er es geschafft. Er mutenicht mehr husten. Jetzt konnte er, wann immer er wollte, sich eine geben lassen. Nach etwazwanzig geschlauchten Zigaretten berkam ihn ein Schuldgefhl, das ihn dazu veranlate, etwasGeld in eine eigene Schachtel zu investieren. Er gab ein paar Zigaretten zurck und konnte sich,

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    wann immer er wollte, von seinen eigenen bedienen. Er steigerte seinen Konsum kontinuierlichweiter, bis er ein paar Monate spter einen tglichen Verbrauch von einer Schachtel aufweisenkonnte.

    Ich hoffe Sie stimmen mir zu, wenn ich behaupte, da er zu diesem Zeitpunkt bereits abhngig war.Was meinen Sie, wann fand der bergang von der Nichtsucht zur Sucht statt? Nach der dritten

    Zigarette, bei der er nicht mehr husten mute? Nach dem Kauf der ersten Schachtel? Nachdem er seine fnfhundertste Zigarette ausgedrckt hatte? Oder vielleicht doch bereits nach der allerersten?Wie Ihnen die berschrift dieses Kapitels verrt, pldiere ich fr den Beginn einer Sucht bereitsnach dem ersten Mal.

    Aber htte er nicht nach dem ersten Versuch sagen knnen schmeckt mir nicht, nie wieder!?

    Gewi! Htte er sich in einer anderen Ausgangsposition befunden, htte er das sagen knnen. Inseiner Lage war es jedoch nicht mglich. Er steckte sich die erste Zigarette an, weil er unbedingtrauchen wollte. Lediglich die Angst, danach sofort schtig zu sein, lie ihn noch mit sich kmpfen. Nach dem scheulichen Geschmack der ersten Inhalation merkte er, da es unmglich ist davonabhngig zu werden. Es konnte seiner Meinung nach auch eine zweite und eine dritte Zigarettekeine Abhngigkeit bewirken. In seinem Kopf war er aber bereits abhngig und den letzten Tritt in

    die Sucht versetzte ihm die Wirkung des Nikotins. Ich erwhnte gerade, sein Pech sei die falsche Ausgangsposition gewesen. Vielleicht kennen Sie jemanden aus Ihrem Bekanntenkreis, der Nichtraucher ist, aber schon einmal an einer Zigarettegezogen hat. Er befand sich in der richtigen, aber sehr seltenen Ausgangslage. Er wollte nie rauchenund holte sich lediglich das eine Mal die Besttigung, da Zigarettenqualm etwas wirklichUnappetitliches ist (sog. Probierkonsum). Im Alter von neun Jahren bot mir meine zehn Jahre ltereSchwester eine Zigarette an. Sie sagte, es sei eine Kaugummizigarette, die wunderbar schmeckt. Ichhatte zunchst Angst davor, aber mein liebes Schwesterlein redete behutsam im Beisein ihrer Freunde auf mich ein. Sie versprach mir, da da wirklich nichts dabei sei und mir der Geschmack mit Sicherheit gefallen wrde. Kurze Zeit spter war ich bereit. Ich zog daran und mute krftighusten. Alle lachten. Ich war sauer. Doch war ich jetzt ein Raucher? Selbstverstndlich nicht. Dasgrausame Kratzen in meinem Hals verstrkte vorerst meinen Entschlu, niemals mit dem Rauchenanzufangen.

    In Experimenten mit Affen, wurde nachgewiesen, da Affen, denen die Droge aufgezwungen wird,abstinent bleiben. Ich mchte meiner Schwester keine bse Absicht unterstellen, aber ich zhle dasVortuschen falscher Tatsachen auch zum Zwang.

    Es erscheint Ihnen vielleicht unwichtig, aber entscheidend fr die Raucherkarriere ist, da jeder aktuelle Dauerkonsument unbedingt rauchen wollte, bevor er seinen ersten Zug nahm. Es war lediglich die Angst vor einer mglichen, sofort einsetzenden Sucht die ihn zgern lie. Durch denschlechten Geschmack der ersten Zigarette und dem danach ausbleibenden Gefhl, abhngig zusein, war es bereits zu spt. Der Konsum der nchsten Zigaretten war nur noch eine Frage der Zeit.Und den letzten Schliff zur Sucht gab die Wirkung der Droge.Dieselbe Prozedur vollzieht sich bei einem Raucher, der ber einen gewissen Zeitraum aufhrt unddann doch wieder seinem Verlangen nach einer Zigarette erliegt. Er ist sich sicher, nur eine zurauchen und dann nicht wieder abhngig zu werden. Da ihm die erste Zigarette nach einer langenPause auch nicht wirklich sonderlich gut bekommt, besttigt ihn das in seiner Annahme. Also wirdkurze Zeit spter auch eine zweite Zigarette ihn nicht wieder zum regelmigen Rauchen verleitenknnen. Wie so was endet wissen Sie wahrscheinlich. Natrlich fhren nicht alle freiwilligen ersten Male zum Dauerkonsum. Einige Raucher entschlieen sich auch zum so genannten Gelegenheitskonsum. Doch auch fr diese Gruppe gilt:einmal und immer wieder!

    Wie verhlt es sich bei den anderen Drogen? Um die Chronologie des ersten Kapitels beizubehalten, widmen wir uns als nchstes dem Alkohol.Ist es tatschlich mglich bereits nach dem ersten Schluck abhngig zu sein? hnlich wie beimRauchen nahm auch der aktuelle Alkoholkonsument seinen ersten Schluck freiwillig zu sich, dennProbierkonsum und Zwang sind auch beim Alkohol keine Garanten fr eine Abhngigkeit. Zwang bedeutet dabei nicht in jedem Fall, da das Opfer an einen Stuhl gefesselt wird, ihm einer den

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    Kopf nach hinten drckt und ein anderer eine Flasche Hochprozentigen auf den Mund pret. Zwangliegt auch dann vor, wenn einmal im Jahr zum Geburtstag an einem Glas Wein genippt werdenmu, weil es unhflich erscheinen wrde, dies nicht zu tun (Gruppenzwang).Da in unserer Gesellschaft die allgemeine Auffassung gilt, da Alkohol erst ber einen lngerenZeitraum, in regelmigen Abstnden getrunken, zur Abhngigkeit fhrt, besteht dahingehend fr den Konsumenten keinerlei Grund zur Beunruhigung. Er wird, auch wenn es ihm zunchst nicht

    schmeckt, schon beim ersten Mal soviel trinken, da sich eine Wirkung einstellt. Dadurch, da bereits wenige Mengen Alkohol dazu beitragen, die hemmenden Zentren des Zentralnervensystemszu blockieren, wird die Wirkung des Alkohols als angenehm empfunden. Es kommt zur Auflockerung, Frhlichkeit, Redseligkeit und Selbstberschtzung. Wird dann weiter getrunken,setzen die anderen, bekannten Wirkungen des Alkohols ein. Auch diese werden von einigenKonsumenten als etwas Schnes beschrieben. Egal wie der erste Abend mit Alkohol endet, demKonsumenten wird ein angenehmer Gefhlszustand in Verbindung mit Alkohol im Gedchtnis bleiben. Was sollte also nach diesem Erlebnis noch dagegen sprechen, auch in Zukunft wenigstensab und an Alkohol zu konsumieren? Ich denke an dieser Stelle wird klar, da von dem Moment desersten - freiwilligen - Konsums an, der Alkohol eine Rolle im Leben des Konsumenten spielen wird.Es ist dabei nicht wichtig, ob daraus eine zentrale oder eine eher begleitende Rolle entsteht. Wichtigist lediglich, da auch hier gilt: einmal und immer wieder.

    Die Cannabis-einmal-und-immer-wieder-Prozedur funktioniert hnlich. Interessant dabei ist, daman vor dem ersten Konsum natrlich keine Vorstellung davon haben kann, wie es sich anfhlt, bekifft zu sein. Man erwartet nur, da irgend etwas passiert. Nachdem man das erste Mal am Jointgezogen hat, phantasiert man sich eine Wirkung zusammen, die es eigentlich gar nicht gibt. Beimeinen ersten Versuchen, mich mit dieser Droge anzufreunden, stellte ich mir vor, ich msseirgendwelche Fantasiefiguren sehen und glaubte dies auch tatschlich zu tun und dabei irgendwie zuschweben und high zu sein. Als ich mich an das Kiffen gewhnt hatte, war das Gefhl natrlichganz anders und im Nachhinein amsiere ich mich manchmal ber meine Naivitt. Aber woher sollte ich es auch besser wissen. Rauschzustnde kann man nicht beschreiben, man mu sieerleben.Das, durch die THC Wirkung einsetzende Gefhl der Entspannung und Loslsung von weltlichenProblemen ist dann so schn, da man es auf jeden Fall noch einmal erleben mchte. Und jeder, der dieses nchste Mal erlebt hat, wird mir zustimmen, da es mitnichten das letzte Mal war.Abschlieend sei zu bemerken, da auch hier gilt, da das zweite Mal nur auf ein wirklich gewollteserstes Mal folgt. Zwang und Selbstbesttigung sind auch beim Cannabiskonsum kein Grund zumweitermachen. Bei den beliebten Designerdrogen ist es noch leichter, nach dem ersten - gewollten - Versuch nichtgleich das Handtuch zu werfen. Sorgen um eine mgliche Nichtwirkung braucht man sich jedenfallsnicht zu machen, denn das erste Mal gilt im allgemeinen als sehr intensiv. Nach meinem erstenDiscoabstecher mit Pille im Bauch rgerte ich mich lediglich, da ich erst so spt mit siebzehn auf den Geschmack gekommen war. Jeder, der seine Erfahrungen mit Amphetaminen oder denverschiedenen Bunte-Pillen-Varianten gemacht hat, wird wissen was ich meine. Das Glck unddie Liebe, die dabei in einem emporsteigen sind schon fast ein wenig unheimlich. Doch Vorsicht!Vor dem ersten Genu blo nicht in eine Situation geraten, die wirklich bedrohlich oder bengstigend ist, da es in solch einem Fall keine hundertprozentige Chance auf Gefallen gibt. DennDesignerdrogen begnstigen lediglich die aktuelle Gefhlslage. Auf Pille gilt daher: lieber mitFreunden in die Disco, als auf eine Beerdigung gehen. Und immer daran denken: sollte das ersteMal doch nicht ganz so schn sein, kann man zumindest davon ausgehen, da es nicht das letzteMal war

    Um mir unntige Widerholungen zu ersparen, verzichte ich an dieser Stelle auf dieKonsumverlaufsbeschreibungen der noch nicht genannten Drogen. Fr Kokain, Heroin, Crack,LSD, Pilze, Koffein etc. gilt dasselbe Prinzip. Ist man vor dem Erstkonsum bereit, die Droge zu sichzu nehmen, so folgt in jedem Fall auch ein zweites Mal, an das sich ein drittes mit einem vierten imGepck anschliet. Ein Ende findet diese Reihe entweder in der strikten Abstinenz desKonsumenten oder in dessen - natrlichem - Tod. Mglicherweise sind Sie jetzt ein wenig verwirrt und fragen sich, wie ich sogar von Abhngigkeitsprechen kann, wenn jemand die Droge immer wieder - aber maximal einmal in der Woche oder einmal im Monat - zu sich nimmt.

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    Der Einwand ist mehr als berechtigt. Normalerweise wird erst dann von Abhngigkeit gesprochen,wenn der Konsument die Kontrolle ber sich, die Droge und sein Leben verliert.Doch hat man die Kontrolle nicht bereits verloren, wenn man damit anfngt, freiwillig eineSubstanz zu sich zu nehmen, von der man wei, da sie giftig und schdlich ist? Oder gibt es imBezug auf Drogen berhaupt keine Kontrolle, die man verlieren knnte?

    Ich mchte Sie bitten, im Laufe der nchsten Kapitel Ihre eigenen Antworten auf diese Fragen zufinden.

    Immer die anderen!

    Wer ist schuld? Im Folgenden betrachten wir die Umstnde, die einen klugen Menschen dazu verleiten, Drogen zunehmen.

    Wir wissen bis jetzt lediglich, da es in unserer Welt - zumindest in unseren Breitengraden - nicht

    mit Zauberei zugeht, wenn sich normale Menschen scheinbar ber Nacht in dstereDrogenabhngige verwandeln. Doch wer ist dafr verantwortlich? Wer oder was treibt uns dazu,uns mit knstlichen oder natrlichen Giften vollzupumpen? Oder sind wir sogar selber schuld? Eine Selbstverschuldung, die mit einer natrlichen Veranlagung einhergehen wrde, knnen wir guten Gewissens von uns weisen. Denn gesetzt dieses Falles, wrden alle Menschen Drogenkonsumieren und das bereits seit einhundert, fnfhundert oder fnftausend Jahren. Die Erde war jedoch bislang zu jeder Zeit auch von Menschen bevlkert, die nachweislich clean waren.Weiterhin htten die mit uns in enger Verwandtschaft stehenden Affen bei einer natrlichenVeranlagung zum Drogenkonsum lngst einen Weg gefunden, um sich kollektiv zu berauschen.

    Ihr Einwand knnte lauten, da Drogenkonsum eine Erbkrankheit ist, die nur einen Teil der Bevlkerung betrifft. Schlielich gab es zu jedem beliebigen Zeitpunkt auf der Erde neben nicht

    konsumierenden auch konsumierende Menschen (bzw. Tiere Giorgio Samorini Liebestolle Katzenund berauschte Khe). Der Konsum von Drogen scheint demnach in einem unserer Genefestgeschrieben zu sein. Gene unterscheiden sich bekanntlich von Mensch zu Mensch und so knntees mglich sein, da bei einem Teil der Bevlkerung das Drogen-Gen vorhanden oder aktiviertist und bei dem anderen Teil nicht.Da ich fast neun Jahre meines Lebens aktiver Konsument der verschiedensten Drogen war, wre esin diesem Fall nicht von der Hand zu weisen, mich als Inhaber eines solchen Gens zu bezeichnen.Aber wie kann es sein, da nach diesen neun Jahren bei mir jegliche Art von Drogenverlangenverschwunden ist? Stirbt so ein Gen nach neun Jahren ab, genau zu dem Zeitpunkt wenn man essich vornimmt? Wenn ja, was ist dann mit Onkel Fred, der seit vierzig Jahren raucht und trinkt? Ichdenke mit solch einer Theorie knnen und wollen wir uns nicht zufrieden geben.

    Aber was ist es dann, was treibt uns dazu, uns freiwillig zu gefhrden?

    Aus dieser Frage liee sich leicht auf einen, in uns schlummernden Selbstzerstrungstrieb schlieen.Aber mal ehrlich, glauben Sie daran? Wenn tatschlich neunzig Prozent der Bevlkerung davon betroffen wren, drfte die Selbstmordrate um einiges hher liegen. Auerdem wrde es dannkeinen Raucher geben, der Angst davor htte, scheinbar verseuchte Nahrung zu sich zu nehmen.Und zumindest mir sind einige Raucher bekannt, die zu den Bltezeiten der BSE-Manie auf Rindfleisch verzichtet haben.

    Nein, wir brauchen uns keine Vorwrfe mehr zu machen. Schuld an unserer Sucht sind eindeutigdie anderen. Wenn Sie das Kapitel das erste Mal aufmerksam gelesen haben, oder sich an Ihr eigenes erinnern,drfte Ihnen auffallen, da das soziale Umfeld einen erheblichen Einflu auf die eigeneDrogenkarriere hat. Es bietet sich demzufolge an, den oder die beltter in unseren Mitmenschenzu suchen.

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    Das ist ja toll! werden Sie jetzt denken , Da gaukeln die mir vor, gute Freunde zu sein und reiten mich in eine Situation hinein, die mir das Leben erschwert oder gar zur Hlle macht. Denenwerd ichs zeigen

    Bevor Sie von der Selbstjustiz gebrauch machen, bitte ich Sie kurz inne zu halten und dann weiter zu lesen. Untersuchen wir einmal nher, wie Ihr Freund (oder Kollege oder Bekannter oder

    Verwandter oder, oder, oder) es geschafft hat, Ihnen so etwas anzutun? Hat er Sie gezwungen? Hater Sie erpret? Wie Sie bereits wissen, werden aus erpreten und gezwungenen Erstkonsumentenkeine Abhngigen. Der Entschlu zu konsumieren lag bei Ihnen. Sie wollten es. Den Ansto gababer Ihr Freund. Was hat er getan? Was hat er gesagt? Mit Sicherheit hat Ihnen Ihr Freund etwasanderes erzhlt, als mir meiner. Dennoch knnen wir davon ausgehen, da es eine wichtigeParallele gibt. Keiner unserer Freunde wird etwas hnliches behauptet haben wie: Hey, probier mal. Ich garantiere Dir auch, da du in ein paar Jahren elendig daran verrecken wirst. Nein, siehaben uns nicht mit den schlimmen Sptfolgen gedroht. Vielmehr haben sie in den hchsten Tnenvon der Droge geschwrmt. Und das nicht, mit dem versteckten Motiv, uns etwas Bses anzutun.Alles was sie uns ber die Droge erzhlt haben, meinten sie von Grund auf ehrlich.Selbstverstndlich reichte ein einziger, die Droge verherrlichender Satz nicht aus, unsumzustimmen. Wir vertraten ja vorher die Meinung, niemals Drogen zu konsumieren. Vielmehr war es ein Proze, der damit in Gang gesetzt wurde, dem wir uns unter den gegebenen Umstnden nicht

    widersetzen konnten. In der darauffolgenden Zeit begann unser Gehirn zu rotieren. Die altenInformationen, die wir ber die Droge abgespeichert hatten, wurden mit den neuen verglichen undnach und nach durch Sie ersetzt. Hatten wir frher daran geglaubt, die Droge bringe uns nur Elend,wurde uns jetzt suggeriert, da es ein Riesenspa sei, drauf zu sein. Waren wir frher der Meinung, die Droge ruiniere uns sowohl krperlich als auch seelisch, ersetzten wir diese Stck fr Stck mit dem Bild unseres frhlichen Freundes. Glaubten wir frher noch an den raschen Tod,wurde diese Ansicht durch die Prsentation eines recht alten aber noch lebenden Konsumentenverdrngt. Nach und nach und lange vor dem ersten Konsum vollzog sich eineUmprogrammierung in unserem Gehirn. Bis eines Tages die Aktualisierung unserer Programmeabgeschlossen war.Wichtig bei dieser Erkenntnis ist nicht, ob es tatschlich ein Freund, ein verehrter Filmstar oder einglcklicher Cowboy im Werbespot war, der den Stein ins rollen brachte. Wichtig ist dieErkenntnis, da wir umprogrammiert wurden. Die Droge und ihre angeblich positiven Wirkungenwurden uns so lange vor Augen gehalten, bis wir selbst daran glaubten.Ich fasse zusammen: Nicht wir sind Schuld an unserem Konsum. Die Schuld trifft unser sozialesUmfeld, welches uns solange ungewollt - mit Lgen bombardiert hat, bis wir nicht mehr anderskonnten, als es zu glauben und fr richtig zu halten.

    Jetzt mach mal halblang hre ich Sie protestieren. Wieso sollten die mich belgen? Was war denn mit dem ersten Menschen, der diese Droge konsumiert hat? Wer sollte dem denn irgendwelcheLgen erzhlt haben?

    Da gebe ich Ihnen recht. Es scheint noch etwas anderes zu geben, was mit der Schuld an unseremDilemma leben mu. Alles was bleibt - wie sollte es anders sein - ist die Droge an sich. Unser Umfeld kann uns dazu bringen, die erste Dosis zu nehmen, doch htte man uns kalte Asche schngeredet, wren unserem ersten Konsum wahrscheinlich noch maximal zwei drei weitere gefolgt, biswir mitbekommen htten, was fr ein Bldsinn wir da eigentlich treiben. Das hinterhltige anDrogen ist, da Sie tatschlich eine angenehme Wirkung haben und dadurch den Eindruck erwecken, eine wirkliche Bereicherung zu sein. Der erste Konsument einer Droge hatte vorerst nur das schne Gefhl, womit es ein Leichtes war, seine Artgenossen davon zu berzeugen, doch auchmal zu probieren.

    Wir knnen demzufolge davon ausgehen, da die Drogenwirkung die Hauptverantwortung fr denderzeitigen Massenkonsum trgt. Doch ohne die kommunikativen Menschen, die sich gegenseitigimmer wieder von der schnen Wirkung der Droge berichtet haben und immer noch fleiigweiterberichten -, wre es wohl nie zu einer so epidemischen Ausbreitung gekommen. Unserehaarigen Verwandten haben daher lediglich Pech, das sie nicht ber eine groe Distanz mit anderen

    Artgenossen kommunizieren knnen und noch keinen Zugang zum Internet haben. Entdeckt ein Affeeine Droge, freut er sich und konsumiert sie. Vielleicht schafft er es sogar seinen Kollegen davon zuberzeugen, auch mal zu probieren. Den verfeindeten Nachbaraffenstamm wird die Nachricht von der leckeren Frucht aber nicht mehr erreichen

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    Gut vs. Schlecht

    Knnen wir Drogen als eindeutig positiv oder negativ bezeichnen?

    Wie bereits erwhnt, liegt der entscheidende Vorteil der Drogen gegenber der kalten Asche in demPunkt, da die Drogen einen Einflu auf die Gefhlswelt haben, die Asche einen hingegen wiesich selber - kalt lt. Eine Droge wird daher im allgemeinen als psychoaktiv wirkende Substanz bezeichnet. Eine psychoaktive Wirkung liegt wiederum vor, wenn die Einnahme der Substanz soauf das Zentralnervensystem wirkt, da sich Auswirkungen auf Stimmung, Wahrnehmung, dasDenken, die Gefhlswelt oder das Realittserleben bemerkbar machen. Das klingt ja erst einmal ganz sympathisch. Die Erfahrungen, die Sie als Thalianer - oder auch inIhrem eigenen Leben - gesammelt haben, drften jedoch dagegen sprechen, Drogen als etwasdurchweg Sympathisches oder Positives zu bezeichnen. Versuchen wir also im folgenden eineAntwort auf die Frage zu finden, ob man Drogen pauschal als gut oder schlecht bezeichnen kann. Kennen Sie den Unterschied zwischen: bei jedem Treffen mit bestimmten Freunden ein Kartenspiel zu spielen und: bei jedem Treffen eine Flasche Whisky zu leeren? Richtig! Der grte Unterschied liegt zweifelsfrei in den krperlichen und seelischen Folgen beider Aktivitten. Whrend einem im Anschlu an ein Kartenspiel maximal die Hnde wehtun und mitSptfolgen relativ selten zu rechnen ist, drfte das regelmige leeren einer Whiskyflasche nacheinigen Jahren dem rtlichen Medizinmann die Dollarzeichen in die Augen treiben. Das deutet auf eine negative Wirkung der Drogen. Aber vielleicht bertreffen die positiven Seiten in der Tat dienegativen. Vielleicht sind Drogen wirklich eine Bereicherung. Vielleicht sollte man ein etwaskrzeres, aber intensiveres Leben mit Drogen, einem lngeren, aber langweiligen Leben ohneDrogen vorziehen. Und vielleicht hilft uns ein einfaches Experiment diese Fragen zu beantworten.

    Wir kaufen im Elektronikfachmarkt eine Miniberwachungskamera. Dann brechen wir in dieWohnung eines jungen Paares ein. Wir wissen von ihnen, da sie hufig Besuch von einem anderenPrchen bekommen, um gemeinsam eine Flasche Whisky zu leeren und Spa zu haben. Da wir beide begnadete Elektriker sind, geht die Installation recht schnell. Wir verlassen unerkannt dieWohnung und machen es uns im provisorisch hergerichteten berwachungsraum gemtlich. Wir sitzen gebannt vor unserem Monitor. Der Abend kann beginnen:Das Gastprchen ist bereist eingetroffen. Alle vier sitzen ganz brav am Tisch und unterhalten sichein wenig. Der Hausherr holt nach einer Weile eine braune Flasche aus dem Keller. Er prsentiertsie voller Vorfreude den Gsten. Alle staunen kurz, sagen ah, oh und mmmh und lassen sichdann bereitwillig die Glser fllen. Die Stimmung schlgt nach einer Weile um. Es wird viel gelachtund wild durcheinander geredet. Der Hausherr grapscht zwischendurch quietschvergngt der Freundin des Bekannten an die Brust. Und es fllt ach wie lustig ein Glas auf den Boden undzerbricht. Etwas spter streiten sich alle ganz heftig, vertragen sich dann aber wieder. Im Anschlu bricht bei der Dame des Hauses ein Heulkrampf aus, weil sie an ihren toten Hamster erinnert wird.Kurze Zeit spter, die Flasche rollt bereits leer auf dem Boden herum, wird ein Taxi bestellt, und die

    Gste verlassen torkelnd die Wohnung. Alles in allem - aus dem Blickwinkel der Freunde - eingelungener Abend, der ihnen in jedem Fall mehr Spa bereitet hat, als ein einfaches Kartenspiel.

    Unser Zwischenergebnis lautet eins zu null fr die Droge.

    Wir machen einen Zeitsprung von zwanzig Jahren. Die Kamera blieb ber den gesamten Zweitraumunentdeckt. Wir treffen uns in einem neu hergerichteten berwachungsraum wieder. Es freut uns,da beide Prchen noch leben und sich anscheinend immer noch regelmig treffen. Das erste wasuns auffllt ist, da alle lter geworden sind. Aber es hat sich noch mehr verndert: Die FlascheWhisky mu nicht mehr extra aus dem Keller geholt werden, da sie bereits auf dem Tisch steht.Bewundert wird sie dieses mal von keinem. Die Glser werden schneller gefllt. Die Stimmungndert sich auch bei diesem Mal nach kurzer Zeit. Aber es wird nicht mehr so herzhaft gelacht wiedamals. Der Streit setzt etwas frher ein, wird zwischenzeitlich beigelegt und dann fortgesetzt.

    Irgendwann ist die Flasche leer. Zum Nachtisch gibt es bei diesem Mal noch eine halbe Flasche.Der Abend endet auch etwas frher als damals. Wir haben den Eindruck, als sei aus dem schnenZusammentreffen ein grausamer Pflichtabend geworden. Sofort geben wir dem Alkohol die Schuldan allem. Unsere Vorahnung hat sich besttigt. Alkohol sprich Drogen sind schlecht.

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    Sie haben mal wieder recht. So einfach geht das nicht. Das Experiment ist vllig nichtssagend ohneeine Vergleichsgruppe. Ich wollte Sie auch nur ein wenig rgern. Natrlich habe ich an eineVergleichsgruppe gedacht. Ich habe sie parallel zu unseren trinkenden Freunden gefilmt. KommenSie mit, wir schauen uns die Videos an. Glcklicherweise sehen die Prchen aus der Vergleichsgruppe unserer Whiskygemeinde nicht nur tuschend hnlich, sie sind auch noch zufllig

    im gleichen Alter, ben die selben Berufe aus und haben den gleichen Lebensstil. Der einzigeUnterschied besteht darin, da sie gerade mal wissen, wie eine Whiskyflasche aussieht und dieGewohnheit haben, bei jedem Treffen Karten zu spielen.Wir lassen die Videos des ersten Abends parallel zueinander ablaufen. Der direkte Vergleich liefertuns die Erkenntnis, da in beiden Gruppen viel gelacht wurde und alle ihr Vergngen hatten. Der Hausherr der Kartenspielergruppe hatte lediglich das Pech, nicht an die Brust der Partnerin seinesFreundes fassen zu knnen er traute sich nicht so recht. Auerdem blieb der Spa mit demzerbrochenen Glas aus. Der Vorteil dieser Gruppe liegt darin, da man sich whrend des gesamtenAbends nicht ein einziges Mal stritt.

    Unser korrigiertes Zwischenergebnis ist demzufolge ein Unentschieden zwischen Drogen und Nichtdrogen.

    Wir vergleichen den zweiten Abend: Die Kartenspieler sind auch lter geworden aber sehen alles inallem entschieden frischer aus. Gestritten wurde bei ihnen auch an diesem Abend nicht und dieFreude an der Zusammenkunft ist ihnen erhalten geblieben.

    Meiner Meinung nach verlassen die Nichtdrogen als Gewinner den Platz. Obwohl es natrlichimmer noch eine Menge an unserem Experiment auszusetzen gibt. Wir haben lediglich zweiverschiedene Abende mit einem Zeitunterschied von zwanzig Jahren bewertet. Wir haben nur dieDroge Alkohol in unserem Test zugelassen und knnen deshalb nicht per se auf alle anderenDrogen schlieen. Auerdem gibt es noch eine Reihe anderer Faktoren, die dafr verantwortlichsein knnen, da unsere Trinkerfreunde beim zweiten Mal so schlecht abgeschnitten haben. Unser Verdacht hat sich erhrtet, aber fr ein eindeutiges Ergebnis reicht das Experiment nicht aus.

    Vielleicht bringt uns die folgende Tabelle ein Stck weiter.

    Tabelle : allgemeine Drogenwirkungen ( 1 )

    Nikotin:

    Wirkung:

    Nikotin fhrt in kleinen Dosen zu einer Anregung der Hirnttigkeit und kann vorbergehend Mdigkeit, Unlust-und Hungergefhle beseitigen. In monotonen Situationen verhindert das Rauchen einer oder einiger Zigarettenein Absinken der Leistung.

    Nebenwirkung:

    Physisch:

    Es vermindert die allgemeine seelische und krperliche Leistungsfhigkeit und erhht dieStreanflligkeit

    Psychisch:

    Nikotin frdert die Verengung und Verkalkung der Blutgefe und fhrt so zu Durchblutungsstrungenbesonders der Herzkranzgefe und der ueren Gliedmaen. Es lhmt den

    Selbstreinigungsmechanismus der Luftwege mit der Folge chronischer Bronchitis undLungenemphysemen, es erhht das Krebsrisiko. (Lungen-, Bronchial-, Kehlkopf- Mundhhlenkrebs).

    Cannabis:

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    Wirkung:

    Die Wirkung variiert von Mensch zu Mensch, von Situation zu Situation und ist von der Grundstimmung desKonsumenten abhngig. Neben groer Gelassenheit, kann die Stimmung auch in grundlose Heiterkeitumschlagen. Es entsteht eine Neigung zur Innenschau, Sinneswahrnehmungen wie Farben und Tne knnenintensiver sein.

    Nebenwirkung:

    Physisch:

    Antriebsverlust ist ebenso mglich wie Ruhelosigkeit. Die Leistungs- und Konzentrationsfhigkeit kannnachlassen und ist verbunden mit einer allgemeinen Antriebslosigkeit. Depressionen undVerwirrungszustnde sowie Sprach- und Verstndigungsprobleme knnen ebenso wie Angstgefhleauftreten

    Psychisch:

    Lungen- und Bronchialerkrankungen, Herz- und Kreislaufstrungen, Vernderungen am Immunsystem,Leberschden, EEG - Vernderungen [als Ausdruck von Hirnfunktionsstrungen], endokrine Strungen,

    Alkohol:

    Wirkung:

    Geringe Mengen von Alkohol erzeugen eine gehobene Stimmung, gesteigerte Kontaktfreudigkeit, Verlust vonHemmungen und nachlassendes Reaktionsvermgen. Im Rausch entsteht eine lppisch-heitere oder gereizt-aggressive Stimmung.

    Nebenwirkung:

    Physisch:

    Gefhlsduselei. Beeintrchtigung der Gehirnfunktion und des Nervensystems, Persnlichkeitsvernderungensowie das Nachlassen der Konzentrations- und Gedchtnisleistung. Im fortgeschrittenen Stadium entstehenWahnvorstellungen (Eifersuchtswahn, Verfolgungswahn etc.) und Delirien.

    Psychisch:

    Alle Organsysteme knnen irreversibel geschdigt werden, da Alkohol denKrperzellen Wasser entzieht. Das Nervensystem kann gestrt werden. Der Tastsinn an den Hndenwird vermindert. Lhmungen in den Beinen und Gangunsicherheit (meist durch das Absterben vonZellen des Kleinhirns) entstehen. Es kommt zur Ausbildung einer Fettleber mit anschlieender nichtrckbildbarer Zirrhose (die Leber wird hart und kann den Krper nicht mehr entgiften). Die dadurchhhere Vergiftung im Krper lt weitere Hirnzellen absterben und das Blut, das schwerer durch dieLeber kommt, wird umgeleitet (z.B. ber die Speiserhre). Diese Umleitungen sind empfindlich undknnen platzen; der Tod kann durch pltzlich auftretende Blutungen in der Speiserhre auftreten. DasKrebsrisiko ist drastisch erhht.

    Ecstasy:

    Wirkung:

    Ecstasy wirkt stimulierend auf das zentrale Nervensystem, die Krpertemperatur steigt an. Es erzeugt ein Gefhlallgemeinen Wohlbefindens und der Ungehemmtheit, die Konsumenten fhlen sich ungewohnt wach, angeregt,gelst, gesprchig und den anderen nah.

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    Nebenwirkung:

    Physisch:

    Angstzustnde, Nervositt bis hin zu Verwirrungszustnden. Auch psychotische und depressiveReaktionen knnen auftreten. Lang anhaltende Schlafstrungen

    Psychisch:

    Beim Eintreten der Wirkung kommt es oft zu belkeit. Weitere Nebenwirkungen sind trockener Mund, Krmpfeder Kiefermuskulatur, Kopfschmerzen, Kreislaufstrungen. Die Gefahr einer seelischen Abhngigkeit ist sehr hoch. Ein besonders hohes Risiko birgt die ungewisse Zusammensetzung des Stoffes. Die Rauschdauer, dieIntensitt des Rausches und die Nebenwirkungen sind nur schwer einzuschtzen. Kann durch berhitzung zumTod fhren.

    Speed/ Amphetamine:

    Wirkung:

    Wirken aufputschend, vermindern die Ermdbarkeit, steigern vorbergehend die Leistungsfhigkeit. Sie werdengenommen, um euphorische Gefhle zu erzeugen und um gut zu funktionieren.

    Nebenwirkung:

    Physisch:

    Fhren zu Unrast und Schlaflosigkeit, die sich zu Psychosen mit Wahnvorstellungen steigern knnen. Der Bezug zur Realitt geht verloren. Wegen der inneren Unruhe werden oft zustzlich Schlafmittel eingenommen.Die Kritikfhigkeit wird vermindert, es treten paranoide Zustnde auf. Depressionen sind keine Seltenheit.

    Psychisch:

    Schlaganflle (durch die blutdrucksteigernde Wirkung) und Herzstillstand (bei Konsumenten mitHerzproblemen) sind mglich. Unregelmigkeiten der Menstruation bis zum Aussetzen derer.Magendurchbruch mit tdlichen Folgen. "Speedpickel" - Kristalle lagern sich unter der Haut ab. Beiungeborenen Kindern kann der Konsum der Mutter Mibildungen des Ungeborenen (Lippenspalte,Herz-, Wirbelsulen-, Rckenmarkmibildung) hervorrufen

    Kokain:

    Wirkung:

    Kokain wirkt entngstigend und erhht die Kontaktfhigkeit. Denkablufe verlaufen schneller und eine Hebungder Sexualitt, des Selbstwertgefhls und der Stimmung ist zu beobachten. Akustische und optische (seltener)Sinnestuschungen treten auf. Das Hungergefhl ist gedmpft. Ein erhhtes Kontakt- und Redebedrfnis wirdhervorgerufen.

    Nebenwirkung:

    Physisch:

    Nach dem "Hoch" folgt ein "Tief"; man ist angespannt, mde und mimutig. Es entstehen Angstzustnde,Psychosen, Verzweiflung, Depressionen, Verfolgungswahn und Halluzinationen.

    Psychisch:

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    Herzrasen, Pupillenerweiterung, Blsse, Krampfanflle, Koordinationsstrungen, Blutdruckerhhung, Erhhungder Krpertemperatur, Strungen der Herzfunktion bis hin zu Herzversagen, Hirndeme, Schlaganflle mithalbseitigen Lhmungen. Beim Sniefen knnen nach lngerem Gebrauch Lcher in der Nasenschleimhautentstehen. Abmagerung, Appetitlosigkeit sind weitere Komplikationen. Die Leber wird erheblich geschdigt,Herz- sowie Hirninfarkte und Krampfanflle sind nicht selten. Auch beim sporadischen Gebrauch sind tdlicheKomplikationen nicht auszuschlieen

    Heroin:

    Wirkung:

    Opiate haben eine stark betubende, beruhigende Wirkung. Smtliche negativen Empfindungen, wie Schmerz,Leeregefhle, Sorgen, Unwillen, Angst werden schon kurz nach der Einnahme zugedeckt, hinzu kommt einmomentan sprbares Hochgefhl ("Flash"). Das Selbstbewutsein ist gesteigert.

    Nebenwirkung:

    Physisch:

    Abkehr von der realen Welt, Persnlichkeitsabbau, egozentriert, reizbar, aggressiv, Verlust jeglichen Interesses.

    Psychisch:

    Verminderung der Hirnleistungsfhigkeit und des Gedchtnisses, Zittern der Hnde,Koordinationsschwierigkeiten halbseitige Lhmungen, Anflligkeit fr Infektionen,Muskelfaserauflsungen, Nierenverstopfungen, Entzndung des Herzinnenraumes. Akute Gefahrensind Bewutlosigkeit (Ersticken an Erbrochenem), Atemlhmung und/oder Herzschwche mitTodesfolge bei berdosierung oder giftigen Beimengungen. Besondere Risiken sind Infektionen(Geschwre, Hepatitis, AIDS) durch nicht sterile Spritzen, Leberschden, Magen- und Darmstrungen

    Der Inhalt dieser Tabelle, macht deutlich, da die negativen Wirkungen in ihrer schwere eindeutigdie positiven bertreffen. Ein Krebsgeschwr, organische Schden oder schwere Depressionenrechtfertigen objektiv gesehen keinen kurzfristigen, angenehmen Rauschzustand. An dieser Stelleknnen wir endgltig einen Schlustrich ziehen. Drogen sind in der Tat Halt, halt, halt! Hre ich Sie da schon wieder rufen.Das leuchtet mir ja alles ein, aber ichkenne jemanden oder: ich bin selbst einer der nur ab und an Drogen nimmt und damit sehr gut klar kommt. Auerdem gibt es genug alte Menschen, die bis zu ihrem (natrlichen) Tod ab und zu Drogen nehmen. Mit dem Ergebnis, da Drogen etwas eindeutig Schlechtes sind, will ich michnicht zufrieden geben. Einspruch stattgegeben. Es bleiben zwei ungeklrte Fragen:

    1. Warum werden einige Menschen in den exzessiven Konsum getrieben, whrend andere Ihr ganzes Leben lang einen zufriedenen Gelegenheitskonsumenten mimen und nichts von einer negativen Seite wissen wollen?

    2. berwiegen die Vorteile beim Gelegenheitskonsum die entsprechenden Nachteile?

    Ich mu gestehen, da ich zur Gruppe der Zgellosen gehrte und die Kontrolle schnell verlorenhabe. Mit vierzehn verlie die erste Qualmwolke meinen Mund und etwa zur gleichen Zeit sah manmich bereits des fteren durch die Gegend torkeln. Ich war stolz darauf, bei den meisten Parties der erste gewesen zu sein, der sich den Toiletteninhalt etwas genauer ansah. Zu Beginn meinessiebzehnten Lebensjahres wurde ich in die dunkle Welt der illegalen Drogen gefhrt. Ein Jahr spter sah meine Woche ungefhr so aus: tglich eine Schachtel Zigaretten, tglich ein bis zwei Gramm

    Haschisch, zwei bis drei Mal pro Woche diverse Designerdrogen versetzt mit einer ordentlichenPortion Alkohol. Dieser Lebensstil fhrte, nach einem anfnglichen Hoch schnell zu der Erkenntnis,dem ein Ende setzen zu mssen. Schwere Depressionen und Antriebslosigkeit stellten die

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    gelegentlichen Stimmungshochs schnell in den Schatten. Dennoch sollte es einige Jahre dauern, bismir der Absprung gelang.

    Das ist die eine Seite, aber es gibt ja noch die andere: Die der glcklichen Konsumenten. JeneZeitgenossen, die zwei bis drei Zigaretten am Tag rauchen, einmal in der Woche zwei Glser Rotwein trinken oder sich drei bis viermal im Jahr ein Nschen Kokain gnnen und dabei den

    Eindruck erwecken, sehr zufrieden damit zu sein.Wo liegt der Unterschied zwischen dieser Art zu konsumieren und meiner?

    In einem, vor zehn Jahren begonnenen Experiment an der Freien Universitt Berlin sind Prof.Jochen Wolffgramm und seine Kollegin Andrea Heyne der Sucht-Entwicklung auf der Spur (2 ). AlsVersuchsobjekte haben sie nicht etwa familien- und mittellose Menschen in Kfige gesperrt. Nein,sie haben sich kurzerhand fr Ratten entschieden. Das Experiment ist so aufgebaut, da die Rattenin ihren Kfigen die Wahl haben, ihren Durst mittels verschiedener Trinklsungen zu stillen. Nebennormalem Wasser, stehen zustzlich Alkohol, Beruhigungs- oder Aufputschmittel zur Verfgung.Und wer glaubt, die Ratten wrden nur den Wassernapf nutzen, der irrt selbstverstndlich.Ausnahmslos alle Drogennpfchen werden ausgiebig angetestet. Nach dieser so genanntenEinstiegsphase folgt bei den Nagern die Phase des kontrollierten Konsums. Diese Phase dauert

    bis zu einem dreiviertel Rattenleben. Sie endet bei einigen nie und schlgt bei anderen in pltzlichenExtremkonsum um. Alles in allem wie beim Menschen. Lediglich die Schlufolgerung, die Mengedes tglichen Konsums hnge von der Persnlichkeit der Ratten ab dominante konsumierenweniger als ausgegrenzte lt auf etwas typisch tierisches deuten (hnliche Ergebnisse wurdenauch bei einem Experiment mit Makaken-Affen gemacht (3 ) ). Whrend meiner Drogenkarrierekreuzten verschiedene Persnlichkeiten, mit einem jeweils hohen Drogenkonsum, meinen Weg.Und auch ich zhle mich, trotz rasch einsetzendem Kontrollverlust, nicht zu den sozialausgegrenzten Menschen.Es scheint, als knne dieses Experiment unsere Frage, wie der Unterschied zwischenKonsumkontrolle und Kontrollverlust zu erklren ist, nicht beantworten. Wir wissen jetzt lediglich,da es doch Unterschiede zwischen Mensch und Tier gibt und wir demnach keine Tiere sind.

    Aber was ist es dann? Was macht den Unterschied aus?

    Die simple Antwort, da die einen die Kontrolle haben und die anderen nicht, klingt nicht so, alsknne sie unseren Wissensdurst wirklich befriedigen. Ich habe mich deshalb mit Stift und Papier auf den Weg gemacht, um einige lebende Exemplare der jeweiligen Richtung zu interviewen. Ichversprach mir davon, dem wahren Grund fr ihr Verhalten auf die Spur zu kommen. Nach Auswertung der erhaltenen Antworten viel mir auf, da es eine wichtige Parallele zwischen beiden Konsummustern gibt. Beide Gruppenmitglieder teilten mir mit, da sie die Droge zu bestimmten Anlssen gern einnehmen. Wobei die einen deutlich mehr solcher Anlsse hatten,als die anderen. Wenn die einen beispielsweise ihren Rotwein gern zu Ereignissen wie Geburtstag,Hochzeit oder bei einer Beerdigung trinken, finden sich bei den anderen neben diesen auch nochweitere Anlsse, wie zum Beispiel: der Besuch von Freunden, das tgliche Abendbrot, immer dann, wenn sie sich schlecht fhlen oder wenn sie Lust auf die Wirkung versprten. Beide Seitenerklrten mir aber auch, da sie es durchaus schaffen wrden, ein oder zwei Anlsse auszulassen,was jedoch den Gelegenheitskonsumenten nach eigener Aussage leichter fallen wrde. Weiterhinerfuhr ich, da alle Dauerkonsumenten am Anfang ebenfalls nur ein paar wenige Anlsse hatten,die sie mit Drogen verschnerten. Irgendwann huften sich dann die Anlsse, was scheinbar durch das soziale Umfeld begnstigt wurde. Kokain wurde beispielsweise am Anfang nur zu bestimmten Parties geschnupft, dann kam eines Tages jemand auf die Idee, es einfach mal sowhrend der Woche zu probieren usw. Ein Dauerkonsument berichtete von einer Lebenskrise, dieihn vermehrt zur Droge greifen lie. Die stimmungsaufhellende Wirkung der Droge half ihm - wieer sagte - ber den Schmerz hinweg zu kommen. Das diese Annahme ihn noch tiefer fallen lie,liegt auf der Hand. Es ist bekannt, da Drogen bei Kummer helfen, aber mittlerweile wissen zumGlck die meisten, da das maximal fr einen Abend gilt und die positive Wirkung danach insGegenteil umschlgt. Wir haben erfahren, da sozial ausgegrenzte Tiere eher zu Drogen greifen, alsdominante. Die Gefhlslage der ausgegrenzten Affen lt sich mit der eines in einer Lebenskrisesteckenden Menschen vergleichen. Beide haben ohne Drogen so gut wie keine Glcksmomente inihrem Leben. Das beweist aber nicht, da sozial ausgegrenzte Menschen zwingend unter Depressionen leiden und deshalb zu Drogen greifen. Und garantiert nicht, da sozial integrierteMenschen auf Drogen verzichten oder sich mit wenigen Einheiten zufrieden geben.

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    Im Endeffekt lt sich aus diesen Ergebnissen schlieen, da zu jeder Zeit, aus jedemGelegenheitskonsumenten ber Nacht auch ein Dauerkonsument werden kann.

    Ein gelegentlich trinkender Rentner, dessen soziales Umfeld wohl bis zu seinem Tode gleich bleiben wird und der bisherige Schicksalsschlge auch ohne sich zu betrinken weggesteckt hat ist

    natrlich weniger gefhrdet als ein jugendlicher Gelegenheitskonsument, der gerade mit denProblemen des Erwachsenwerdens zu kmpfen hat. Der Unterschied - um unsere Frage zu beantworten zwischen Gelegenheitskonsument und Dauerkonsument ist kleiner, als wir anfnglich dachten. Die Feststellung, da beide ihre jeweiligen Anlsse zum Konsum haben, bekrftigt die im Kapitel einmal und immer wieder aufgestellte These, da beide abhngig sind.Der eine von mehr der andere von weniger Anlssen aber beide von einer Droge.

    Kommen wir jetzt zu der Frage, ob die positiven Seiten des Gelegenheitskonsums die negativenbertreffen. Wir wissen, da auch Gelegenheitskonsum bedeutet, von einer Droge abhngig zu sein. Drogensind nachweislich Gifte. Pures Nikotin oder purer Alkohol sind bereits in geringen Mengen tdlich.Und jeder einzelne Konsum kommt nicht ohne Nachwirkungen aus. Egal welche Droge

    eingenommen wird, auf das Hoch folgt ein Tief. In der Regel bekommt der Gelegenheitskonsumentdas Tief nicht zu spren, da er die Droge am Abend zu sich nimmt und nach Abklingen der Wirkung einschlft. Der Krper braucht dennoch fr gewhnlich lnger als eine Nacht um sich vomGift zu befreien und den Normalzustand wieder herzustellen. Die psychischen Folgen desGelegenheitskonsums sind nicht zu unterschtzen. Ich finde es auf der einen Seite schade, da ichberhaupt in die Drogenfalle geriet, auf der anderen Seite freue ich mich, da ich durch die heftigen Nebenwirkungen schneller den Entschlu fassen konnte, auf Dauer Abstinent zu bleiben. Ichmchte nicht mit einem selbsternannten, glcklichen Gelegenheitskonsumenten tauschen, der auch nach fnfzig Jahren noch nicht merkt, was fr einen Unfug er eigentlich treibt. Das groeProblem eines Gelegenheitskonsumenten besteht darin, da er sich an die langsam einsetzenden Nebenwirkungen gewhnt. Fr ihn sind die psychischen Schden, die er davon trgt etwas ganznormales. Sie gehren seiner Meinung nach zum normalen Alterungsproze. Er hat ja keineVergleichsmglichkeit. Knnte ein siebzigjhriger Gelegenheitskonsument fr einen Tag mit einemgleichaltrigen Abstinenzler tauschen, wrde er es sich wohl stark berlegen, auch in Zukunft zu behaupten; das bichen Droge, da er zu sich nimmt, tue ihm gut und schade ihm nicht.

    Im Rahmen einer Studie an der University of Massachusetts Medical School fanden JosephDiFranza und seine Kollegen heraus, da schon Jugendliche, die nur ein Mal im Monat rauchen,Symptome der Nikotinabhngigkeit zeigen. Von den befragten Jugendlichen im Alter von 12 bis 13Jahren beschrieben 75% Abhngigkeits-Syndrome, obwohl sie nicht tglich rauchten. Sie hatten einVerlangen nach Tabak und litten unter Entzugserscheinungen wie Konzentrationsschwche undRuhelosigkeit.

    Die unmittelbaren und langfristigen Folgen eines einmaligen Alkoholrausches sind hinlnglich bekannt. Auch der immer verharmloste Gelegenheitskonsum von Cannabis ist nicht ganz ohne. Neben gehobener Stimmung, Heiterkeit und Euphorie entstehen oft Passivitt, Lethargie, Apathie, bruchstckhaftes Denken, Verlust der Erlebniskontinuitt, erhhte Ablenkbarkeit, abnormeFokussierung der Wahrnehmung auf irrelevante Nebenreize, Gedchtnis- und Erinnerungsstrungenund Kritikschwche. Beim Konsum von Speed, Ecstasy, Kokain und Heroin sind die Nebenwirkungen auch bei einmaliger Einnahme teilweise verheerend. Die Palette reicht vonGereiztheit, ber Depressionen bis hin zum Tod. Sptestens jetzt sollte uns klar sein, da Drogen, egal wie oft sie konsumiert werden, alseindeutig negativ einzustufen sind.

    1. drug-infopool.de

    2. 12.08.98, Berliner Morgenpost 1998

    3. Nature Neuroscience, jl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23.01.2002

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    Teil 2

    Wissenschaftliche ErklrungenIm Kopf

    Von Schlsseln und Schlssern

    Unsere bisherigen Ergebnisse haben wir fast ausnahmslos aus eigenen Beobachtungen undSchlufolgerungen zusammengetragen. Wir leben jedoch im einundzwanzigsten Jahrhundert. DieZeit des bloen Herumphilosophierens ohne wissenschaftliche Grundlage ist vorbei. Mit unserenErklrungen knnten wir vielleicht die Aufmerksamkeit eines unbedeutenden Denkers der vorchristlichen Zeit erwecken. Aber bei einer wissenschaftlichen Untersuchung auf biochemischer Grundlage htten wir keine Chance. Es reicht nicht, den Menschen einfach nur zu beobachten und nach seinen Empfindungen zufragen, wir mssen uns etwas anderes einfallen lassen.

    Seit geraumer Zeit ist bekannt, woher unser Denken kommt. Obwohl wir den Sitz der Seele gernin unserem Herzen htten, sieht die Realitt mal wieder etwas komplizierter und unromantischer aus. Denken und Seele, Freud und Leid entstehen ganz profan - in unserem Kopf. Genauer gesagt in unzhligen miteinander verknpften Nervenbahnen. Und die sind Bestandteil unserer zweiten Untersuchung. Wir tauchen ein in die Welt derNeurotransmitter oder auch Gehirn-Botenstoffe. Vereinfacht ausgedrckt sind Neurotransmitter Substanzen, die durch Andockung an verschiedeRezeptoren unterschiedliche Wirkungen (z.Bsp. emotionale) hervorrufen. Sie knnen auch als eineArt Schlssel fr ein vorhandenes Schlo gesehen werden. Pat ein solcher Schlssel, ffnet sichdas Tor und es kommt zu einer krperlichen oder emotionalen Reaktion. Die folgende Tabelle fat kurz zusammen, welche Neurotransmitter (Schlssel) im Gehirn durchdie Einnahme der einzelnen Drogen freigesetzt, verstrkt bzw. nicht abgebaut werden. Tabelle (Neurotransmitter)

    Nikotin: Schttet Neurotransmitter (Schlssel): Serotonin, Dopamin, Noradrenalin,Adrenalin und Endorphine aus. Erhht Anzahl der Rezeptoren (Schlsser).Reduziert das Enzym MAO-B, das fr den Abbau von Dopamin und Serotoninverantwortlich ist.

    Alkohol: Hemmt Noradrenalin und verstrkt dadurch die Dopaminwirkung. Wirkt betubend auf verschiedene Rezeptoren. Verndert glutaminerges,dopaminerges, serotoninerges und GABAerges (Gamma-Aminobuttersure)System sowie die Opiat Rezeptoren.

    Cannabis: Hemmt Freisetzung von Glutamin, Wechselwirkung mit GABA, Glutamat, undDopamin. Verndert Serotoninkonzentration. Das enthaltene THC ist Neurotransmitter fr Cannabinoidrezeptoren

    Kokain: Hemmt Wiederaufnahme von Dopamin, Adrenalin, Noradrenalin, und SerotoninEcstasy: Schttet Neurotransmitter: Serotonin (in groen Mengen), Dopamin,

    Noradrenalin, Adrenalin aus und hemmt deren WiederaufnahmeHeroin: Hemmt Noradrenalin und verstrkt dadurch die Dopaminwirkung. Wirkt auf

    krpereigene Opiatrezeptoren, blockiert Endorphinproduktion und tritt an dieStelle der krpereigenen Endorphine

    Amphetamin: Schttet Neurotransmitter: Dopamin, Noradrenalin und Adrenalin aus undhemmt deren Wiederaufnahme

    Wir knnen dieser Tabelle die fnf wichtigsten Neurotransmitter entnehmen, die whrend der Drogenwirkung fr unsere Emotionen verantwortlich sind.

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    Es sind: Dopamin, Serotonin, Noradrenalin, Adrenalin und Endorphin .

    Dopamin: (1 )

    Dopamin ist eine Vorstufe von Adrenalin und Noradrenalin. Krperlich ist es an der Regulierungder Durchblutung der Bauchorgane, vor allem der Niere beteiligt. Einen wichtigeren Einflu hat esauf die Emotionen. Es wirkt vor allem im krpereigenen Belohnsystem. Es ist wichtig fr: denAntrieb, das Wohlbefinden, die Gelassenheit und die Lebensfreude, die kraftvolle, harmonischeBewegung, die Feinmotorik (Fhigkeit zu uhrmacherartigen oder vergleichbaren Arbeiten), denMut, die Konzentration und die Reaktion, die Befreiung von diffuser Angst, die vegetativeHarmonie, die optimale Funktion von Herz und Kreislauf und die Aktivierung des Immunsystems.Vereinfacht gesagt bedeutet das: Dopamin steigert die Wahrnehmungsfhigkeit und ist fr dasEmpfinden von Glck, Freude und Zuversicht verantwortlich. Bei wissenschaftlichenUntersuchungen wurde nachgewiesen, da Menschen, die an einer Psychose leiden, eine erhhteDopaminkonzentration aufweisen und daher eine Art Wahrnehmungsgenies sind. Ein Abfall der Dopaminkonzentration geht dagegen einher mit Kraftlosigkeit, Desinteresse und Mdigkeit.Achtung! Dopamin ist kein Glcksstoff an sich. Er dient lediglich als Antriebsmotor und ist fr die sogenannte Vorfreude verantwortlich.

    Serotonin: Ein weiterer wichtiger Neurotransmitter ist das Serotonin. Es ist ein Botenstoff mit aktivierendemEinflu auf verschiedene Organsysteme. Es entsteht im Organismus aus Tryptophan, das in pflanzlichen und tierischen Geweben vorkommt und mit der Nahrung aufgenommen wird.Serotonin wird im Gehirn, in der Darmschleimhaut und in Blutplttchen gespeichert. Serotonin hat, je nachdem auf welchen der insgesamt sieben Rezeptoren es trifft, verschiedene Wirkweisen. BeiBlutstillung aus Blutplttchen freigesetztes Serotonin bewirkt lokal eine Gefverengung. InSkelettmuskeln sitzende Serotonin-Rezeptoren vermitteln Arterienerweiterung. Serotonin hemmtMagen- und Dickdarmbewegungen und frdert die Verdauungsttigkeit des Dnndarms. AmHerzen steigert Serotonin Pumpleistung und Geschwindigkeit der Herzschlge.Die grte Serotoninmenge ist im Gehirn, wo es Stimmung, Schmerzwahrnehmung,Krpertemperatur, Nahrungsaufnahme und den Schlaf-Wach-Rhythmus beeinflut. Serotonin stelltWohlbefinden her und unterdrckt Schmerzen. Es hat auerdem die Aufgabe, das Stresystem desKrpers zu reduzieren und notfalls abzuschalten. Der Mensch hat etwa 10 mgSerotonin im Krper verteilt. Diese Menge braucht er, damit es ihm gut geht. Wenn der Serotoninspiegel sinkt, kippt dieStimmungslage. Antriebslosigkeit, Schlafstrungen, ngste oder Depressionen sind die Folge.Auch auf den Appetit und das Schmerzempfinden hat Serotonin einen Einflu.

    Noradrenalin und Adrenalin: (2 )

    Die Adrenalin und Noradrenalin-Freisetzung versetzt den Mensch in Alarmbereitschaft und ist Teildes sogenannten fight/flight/fright-Urinstinkts (angreifen/flchten/frchten): Alle Krperfunktionendie zum Kmpfen oder Flchten notwendig sind wie Atmung, Blutdruck und Puls werden aktiviert.Durch die Noradrenalinfreisetzung im Gehirn kommt es zu einer gerichteten Aufmerksamkeit, undeinem gesteigerten Selbstbewutsein (im Sinne von: "es ist okay und ich werde es schaffen!").Schmerzempfindung, Hunger und Durstgefhle werden in kritischen Stre-Situationen gegen Nullreguliert. Noradrenalin ermglicht zudem eine schnelle geistige Reaktionsfhigkeit, frdert dieKonzentration und wirkt sich ebenfalls mindernd auf das Streempfinden aus. Sind diese beidenBotenstoffe nicht in ausreichender Menge vorhanden, wird der Krper von Strehormonenregelrecht berflutet. Unwohlsein, Angst und Aufregung sind die Folge. Endorphine: Endorphine (abgeleitet von griechisch: endogenes innen geboren und Morphine, also immenschlichen Krper hergestellte Morphine) lassen einen in extremen BelastungssituationenSchmerzen und Angst kaum spren, whrend sie gleichzeitig die Wahrnehmung schrfen. Alsnatrliches Antistremittel strken Endorphine auerdem die Abwehrkrfte und sorgen in

    Grenzsituationen fr eine Gelassenheit, die sich zu rauschhafter Heiterkeit steigern kann.

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    (1) Lexikon der Neurowissenschaften(2) Mutschler, Arzneimittelwirkungen, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH

    Wissenschaftliche Gewohnheitsfrage

    Das Glck im Visier

    Mit den Informationen ber die Neurotransmitter haben wir jetzt die Mglichkeit, die in Teil einsermittelten Ergebnisse wissenschaftlich zu belegen. Ist man bereit, eine Droge einzunehmen, so folgt nach dem ersten Konsum auch ein zweites, drittesund viertes Mal. Die so genannte Konsumkette, wird erst durch eine strikte Abstinenz oder den Toddes Konsumenten beendet. So lautete jedenfalls unser Ergebnis aus Kapitel sieben. Knnen dieEigenschaften der Neurotransmitter dabei behilflich sein, das Ergebnis zu beweisen?Anhand der Tabelle (Neurotransmitter) wird deutlich, da das so genannte Dopamin bei allenDrogen eine Rolle spielt. ber das Dopamin ist uns bekannt, da es kein Glcksstoff an sich ist,sondern lediglich als Antriebsmotor zum Glck dient. Seine normale Funktion ist es, den Menschenam Leben zu erhalten. Es regelt die Lust auf das Essen bzw. Trinken, es treibt dazu an, mit demPartner ins Bett zu steigen und ist schuld an unserer normalerweise vorhandenen Lust auf Sport. Neben den Grundlebenserhaltungsmanahmen sorgt es auch dafr, Situationen, die als schn

    empfunden wurden zu wiederholen und negative Erlebnisse in Zukunft lieber zu meiden. Dopaminist ebenfalls wichtig, um langfristige Ziele zu verwirklichen. Wenn jemand beispielsweise daraninteressiert ist, Abteilungsleiter zu werden, stellt er sich vorab das Leben als Abteilungsleiter sehr angenehm vor. Um diese angenehme Situation zu erreichen, wird er vomDopamin angetrieben.Wir sagen der Weg ist das Ziel und meinen damit, da die Vorfreude auf ein Ereignis grer seinkann, als das Ereignis selbst. Der Weg ist mit Dopamin gepflastert. Letztendlich wird auch unser Drang neues zu lernen und zu entdecken, vom Dopamin beeinflut.

    Was bedeutet das konkret im Bezug auf Drogen?

    Die angenehmen Gefhle bestehen natrlich nicht nur aus dem Vorfreudegefhl. Bei jeder Drogewirken zustzlich noch andere Neurotransmitter, die fr die angenehme Stimmung verantwortlichsind (mehr dazu spter). Im Gehirn entstehen, sowohl bei jedem positiven als auch bei jedemnegativen Erlebnis, neue Nervenbahnverknpfungen. In ihnen wird alles abgespeichert, was imZusammenhang mit dem Erlebnis steht. Nach einem romantischen Essen mit dem neuen,heigeliebten Partner, speichert das Gehirn neben der gesamten Szene auch Einzelheiten ab. Der Duft des Partners und das Flackern der Kerzen werden dabei ebenso in einer Datenbankhinterlegt, wie der Geschmack des Essens und der anschlieende Sex. Das Erlebnis war so schn,da bei der nchsten, auch noch so kleinen Gelegenheit zur Wiederholung, sofort reichlichDopamin ausgeschttet wird. Krper und Geist werden dadurch angetrieben, die bestmglichenVorraussetzungen fr ein weiteres Dinner for two, zu schaffen. An die Stelle des gelungenenAbends kann in unserem Fall auch die wunderbare Erfahrung mit einer Droge treten. Die Droge -nehmen wir einmal Kokain - wird das erste Mal an einem Abend eingenommen, der bislang auchohne Rausch als angenehm im Gehirn abgespeichert war. Das kann zum Beispiel der wchentlicheBesuch in der Lieblingsdisco sein. Kommt zu dem angenehmen Discogefhl auch noch die beraus positive Wirkung des Kokains hinzu, speichert das Gehirn in seiner Hitliste fr einen gelungenenDiscoabend das Kokain als wichtigste Komponente ab. Die als unangenehm empfundenen Nachwirkungen spielen dabei erst einmal keine Rolle. Heit es dann am darauffolgendenWochenende its Discotime!, sorgt das Dopamin zuerst dafr, da der Konsument einen Wegfindet, um freien Zugang zur Droge zu haben (1 ). Ist die Vorrtigkeit der Droge gesichert, prasseltein warmer Dopaminregen auf den Konsumenten nieder. Das dadurch entstehende Glcksgefhl istnoch ein wenig grer als an den bisherigen Wochenenden. Der Konsument freut sich so sehr auf das baldige Kokainerlebnis, da er sich vorab schon wie auf Droge benimmt.

    Bei Affen, die immerhin ein fnftel der menschlichen Dopaminzellen besitzen, kam man beiverschiedenen Tests zu den gleichen Ergebnissen. Der bloe Hinweis auf eine Drogenzufuhr beispielsweise durch ein bestimmtes Gerusch zeigt eine deutlich erhhte Dopaminkonzentrationim Gehirn.

    Spter kombiniert das Gehirn, da fr eine angenehme Situation nicht zwingend der Umweg ber die Disco genommen werden mu, sondern die simple Einnahme von Kokain ausreicht. Sobald inZukunft die Aussicht auf ein Nschen Kokain besteht, treibt das Dopamin dazu an, es auch zu

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    bekommen. Nach dem Abklingen der Kokainwirkung sinkt die Konzentration bis weit unter den Normalbereich - d.h. der Krper produziert vorerst kein neues Dopamin mehr. Antriebslosigkeitund Mimut um nur zwei zu nennen - sind die Folgen. Eines Tages bemerkt das Gehirn, da dieweitere Zufuhr von Kokain die Verstimmungen kurieren kann: Die Sucht nimmt ihren Lauf.

    Glcklicherweise geraten nicht alle Konsumenten in eine Abhngigkeitsspirale, die daraus besteht,

    so oft wie mglich die Nebenwirkungen mit einer erneuten Einnahme zu kurieren. Die Mehrzahlvergngt sich nur zu ganz besonderen Anlssen mit der Droge.Gegen den tglichen Konsum entscheidet man sich jedoch nicht ganz freiwillig. Es ist schon einkleiner innerer Kampf vonnten, denn fr das Gehirn ist es unlogisch, auf eine so wunderbareBelohnung zu verzichten. Vor allem wenn die Mglichkeit zur Einnahme besteht. Genau dann,wenn eine Party ins Haus steht und das Konto ein beruhigendes Plus aufweist, ist die Verlockunggro, sich ein Nschen zu gnnen. Dennoch winken einige Konsumenten an dieser Stelle ab. Nachmeinem ersten Kokainerlebnis war ich einerseits berwltigt von dem tollen Gefhl, andererseitsauch ein wenig ngstlich. Ich hatte immer noch meine Vorbehalte gegen diese Droge und wollte umnichts auf der Welt davon abhngig werden (mir wurde immer suggeriert, da der Konsum vonKokain hochgradig abhngig macht). Ich hatte regelrecht Angst vor einer Kokainabhngigkeit undentschied mich dafr, die Droge hchstens einmal im viertel Jahr zu konsumieren. Ich setzte demDopamin meine gesammelten Informationen ber die Droge entgegen und bewirkte damit eine so

    genannte Dopaminhemmung. Anders gesagt: Es ist schwer, wenn man gleichzeitig Lust auf undAngst vor etwas hat, die Angst einfach zu ignorieren. Das Abwinken bei der Mglichkeit zumKonsum grndet demnach auf der Angst vor den Folgen der Drogenwirkung. Obwohl gerade ausschlielich die Rede von Kokain war, verhlt es sich bei den anderen Drogenhnlich. Die Dopaminausschttung vor und whrend des Inhalierens einer Zigarette ist zwar geringer als beim Kokain, doch durch die stndige Vorrtigkeit und die zahllosen Anlsse sindviele Raucher gezwungen tglich dopaminhemmende Gedanken einzusetzen. Ohne dieseMglichkeit wren viele von ihnen zum Ketterauchen verdammt.

    Was passiert beim Zwang zum Drogenkonsum? Eine Antwort liefert uns die soeben entdeckte Dopaminhemmung. Denn nach einer Zwangssituationwird die treibende Wirkung des Dopamins bei der nchsten Gelegenheit zum Drogenkonsumebenfalls gehemmt. In diesem Fall automatisch und ohne Einsatz von Willenskraft. Beispielsweisedurch die ngste vor der Droge selbst oder/und die ngste, die aus der ersten Erfahrung mit der Droge gespeichert wurden (z. Bsp. bei erpresserischem Zwang). Die einmal und immer wieder Theorie wre damit bewiesen: Das Dopamin ist schuld.

    (1) Schweizerischer Nationalfonds zur Frderung der wissenschaftlichen Forschung

    Wissenschaftliche Schuldfrage

    Drogen vor Gericht

    Wir haben herausgefunden, da das soziale Umfeld einen entscheidenden Einflu auf die sptereDrogenkarriere hat. Um den Konsumenten in spe weich zu kochen, werden ihm dieunglaublichsten Geschichten aufgetischt. Da heit es, Cannabis erweitere den geistigen Horizont.Alkohol vertreibt Kummer und Sorgen, Nikotin baut Stre ab, Kokain frdere die Kreativitt,Rotwein verlngert das Leben, ein gute Party geht nicht ohne Speed oder Ecstasy, Alkohol undZigaretten schmecken einfach gut und den wahren Kick holt man sich vom Heroin. Hrt man dieseund hnliche Geschichten oft genug, fngt man mit der Zeit an, sie zu glauben. Wird die Drogedann konsumiert, scheinen sich die Versprechungen tatschlich zu bewahrheiten.

    In unserem philosophischen Teil sind wir der Sache mit den bsen Freunden bereits auf den Grundgegangen. Wir haben herausgefunden, da es die Droge war, die ihnen den Kopf gewaschen hat.Sie hat unsere Freunde zu einer potentiellen Gefahr fr unser Leben gemacht. Wir haben dieses

    Phnomen (eigentlich sind Freunde keine Gefahr fr das eigene Leben) damit versucht zu erklren,da der erste Mensch, der eine Droge konsumiert hat, kein soziales Umfeld hatte, welches dieDroge bereits einnahm und schn reden konnte. Demzufolge mssen die heute erzhltenGeschichten eindeutig von den Drogen selbst stammen. Unsere anstehende Aufgabe ist es, die

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    aktuell kursierenden Geschichten eindeutig - auf wissenschaftlicher Grundlage - demWirkmechanismus der jeweiligen Droge zuzuordnen.

    Beginnen wir mit dem Nikotin und der wohl bekanntesten Aussage:rauchen vermindert Stre und wirkt beruhigend. Wenn wir einen Blick auf die beteiligten Neurotransmitter bei dem Nikotinkonsum werfen, fllt uns auf, da beim Rauchen in der Tat alle Neurotransmitter beeinflut

    werden, die emotional von Bedeutung sind. Es wundert daher auch nicht weiter, da uns bei jeder Zigarette ein wahrer Gefhlscocktail bermannt. Nikotin, so Professor Lutz Schmidt aus Berlin,stt im Gehirn die gesamte Breite der Neuromodulatoren an und wirkt wie der Dirigent in einemKonzert auf viele Instrumente ein. Durch die Freisetzung des Dopamins, gleicht das Rauchen der Ausfhrung existentiell bedeutender Handlungen. Nikotin lst ebenso eine wohlige Gefhlskaskadeim Belohnungszentrum des Gehirns aus und beglckt den Raucher hnlich wie bei einem Ku oder beim Essen. Na wenn das keinen Stre abbaut? Alkohol vertreibt Kummer und Sorgen. Genauso ist es! Alkohol hemmt den Abbau von Serotoninund Dopamin. Fr das Vertreiben von Kummer und Sorgen spielt vor allem das Serotonin eineentscheidende Rolle. Seine antidepressive und stimmungsverbessernde Wirkung zeigt sich beimAlkoholkonsum ganz deutlich. Das ist aber bekanntlich nicht alles, was uns der Alkohol zu bietenhat. Er wirkt, wie das Nikotin auf fast alle Transmittersysteme. In greren Mengen hat Alkohol

    eine zunehmend betubende Wirkung auf die Rezeptoren. Er benebelt sozusagen die Sinne. Wenndie Sinne betubt und benebelt sind ist es nachvollziehbar schwerer, sich an seine Sorgen und Ntezu erinnern. Cannabis erweitert den Horizont. Auch diese Aussage ist mehr als richtig. Es zeigte sich, da dieCannabinoide eine Zensurschwche gegenber Sinneseindrcken bewirken. Man konnte mitkomplizierten wahrnehmungspsychologischen Tests nachweisen, da die Fhigkeit des visuellenSystems, bestimmte unpassende rumliche Wahrnehmungen wegzuretuschieren, durchCannabinoide behindert wird. ber die Cannabinoidrezeptoren im Hippocampus wird dasKomparatorsystem inaktiviert. Die unter Cannabiseinflu erlebten besonderen Sinneseindrcke sindhyperreale, unretuschierte Bilder, die der normale Mensch gar nicht wahrnehmen kann. DasWahrnehmen von Dingen, die dem normalen Menschen verborgen bleiben, lt damit den Schluzu, Cannabis erweitere den Horizont und das Bewutsein. Kokain frdert die Kreativitt. Korrekt! Kokain hat die Eigenschaft, den Abbau von Neurotransmittern wie Dopamin, Serotonin, Noradrenalin und Adrenalin zu verhindern. Diedauerhaft hohe Konzentration von Noradrenalin und Adrenalin im Gehirn versetzt denKonsumenten in eine Art Daueralarmbereitschaft. Wichtige Krperfunktionen desfight/flight/fright-Urinstinkts sind aktiviert. Die Aufmerksamkeit und das Selbstbewutsein sindgesteigert. Die Konzentration ist erhht, das Streempfinden ist gemindert und dasSelbstbewutsein ist gestrkt. Die zustzlich erhhte Konzentration von Serotonin bewirkt einwohlig, angenehmes Gefhl. Das beteiligte Dopamin macht wach. Da bei einer Einnahme vonKokain im heimischen Atelier kein feindlicher Angriff zu erwarten ist, knnen die aktiviertenKrperfunktionen fr kreative Zwecke genutzt werden.

    Rotwein verringert das Herzinfarktrisiko. Man fand heraus, da die im Rotwein enthaltenenPhenole das Herzinfarktrisiko mindern. Das verminderte Risiko, an einem Herzinfarkt zu sterben,wird zwar vom Konsumenten nicht als direkte Folge der Drogeneinnahme wahrgenommen, aber wozu haben wir unsere Wissenschaftler? Fakt ist, die Aussage stimmt.

    Keine Party ohne Speed oder/und Ecstasy. Auch dieses Argument ist gut nachvollziehbar. Speed(Amphetamin) schttet krftig Dopamin, Noradrenalin und Adrenalin aus. Was die Ausschttungvon Noradrenalin und Adrenalin bewirkt, haben wir gerade am Beispiel von Kokain besprochen.Der Krper ist topfit und durch die verminderte Gefahr, angegriffen zu werden, kann diese Energiewunderbar ins Tanzbein umgeleitet werden. Die Einnahme von Ecstasy bewirkt zustzlich dieAusschttung einer groen Ladung Serotonin. Ein unbeschreibliches Gefhl der Liebe zu allem und jedem entsteht. Diese Wirkungen sind ein Garant fr eine gelungene Party. Alkohol und Nikotin schmecken. Im ersten Teil war die Rede vom Husten nach der erstenZigarette und dem Verziehen des Gesichtes nach dem ersten Schluck Alkohol. Das ist aber keinGrund dafr, nicht spter, wenn man sich daran gewhnt hat, zu sagen: es schmeckt! Und genau daliegt ein Grund fr den guten Geschmack: man gewhnt sich daran. Obwohl es niemandem zu raten

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    ist, puren Alkohol zu trinken hat keinen Geschmack, brennt nur frchterlich und ist zudem tdlich haben die Getrnkehersteller in letzter Zeit viel Kreativitt bewiesen. Erhltlich sind mittlerweileGetrnke, bei denen man nicht einmal mehr merkt, da sie Alkohol enthalten. Eine ordentlichePortion Zucker und ein wenig Geschmacksverstrker lassen diese Getrnke wahrhaftig gutschmecken. Da behaupte noch eine Frau auf der Welt, Alkohol ist zu bitter und schmeckt nicht.

    Heroin gibt den einzig wahren Kick im Leben. Auch diese Aussage ist 100% richtig. Die imHeroin enthaltenen Opiate haben eine hnliche Struktur wie die krpereigenen Endorphine. Wie wir bereits wissen, lassen Endorphine Schmerz und Angst kaum spren und schrfen gleichzeitig dieWahrnehmung. Als natrliches Antistremittel strken Endorphine auerdem die Abwehrkrfte undsorgen in Grenzsituationen fr eine Gelassenheit, die sich zu rauschhafter Heiterkeit steigern kann.Die im Heroin enthaltenen Opiate haben wiederum die Eigenschaft, vielfach strker zu sein als dieEndorphine. Die zustzliche Hemmung des Noradrenalinabbaus, mit der daraus resultierendenhohen Dopaminkonzentration, gibt dem Heroinerlebnis noch den letzten Schliff. Der Konsumenterlebt einen unglaublichen Kick. So, alle wichtigen Beweise sind erbracht. Die Einnahme der Drogen verleitet tatschlich zuden berhmt-berchtigten Aussagen. Drogen sind verantwortlich fr den ungewolltenWerteverfall unserer Freunde. Schuldig im Sinne der Anklage. Bitte abfhren.

    Einspruch euer Ehren! Sie knnen den Angeklagten nicht abfhren. Seine Schuld an den Aussagender Freunde ist erwiesen. Das allein rechtfertigt aber keine Verurteilung. Nach der bisherigen Beweislage sieht es eher so aus, als tue der Angeklagte der Menschheit einen Gefallen.

    Einspruch stattgegeben. Die Verhandlung wird auf das nchste Kapitel vertagt.

    Wissenschaftliche Ergrndung des Schlechten

    Eine Berg- und Talfahrt

    Wir wissen sptestens seit dem Ende des ersten Teils, da Drogen etwas eindeutig Schlechtes sind.Doch wie immer liegt auch in diesem Fall die Beweislast auf unseren Schultern.

    Im letzten Kapitel haben wir nachgewiesen, da die gelufigsten Aussagen ber Drogen eindeutigder Wahrheit entsprechen. Leider hinterlassen Sprche wie:die oder die Droge ist unerllich bei oder: die oder die Droge ist ausgesprochen gesundeinen zweifelsfrei positiven Eindruck vonder entsprechenden Substanz. Dennoch soll unsere aktuelle Aufgabe darin bestehen, dieSchlechtheit von Drogen zu beweisen. Es ist daher unerllich, die bekannten Aussagen nocheinmal etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Mglicherweise entdecken wir doch noch ein paar negative Aspekte an ihnen. Beginnen wir wieder am Anfang.

    Rauchen vermindert Stre und wirkt beruhigend. Wir haben herausgefunden, da eine Zigarettehnliche Gefhle in uns weckt, wie ein Ku. Doch, wirken Zigaretten in der Tat beruhigend? Nein!Das genaue Gegenteil trifft zu. Rauchen stret. Andy Parrott, Psychologe an der University of EastLondon sagt: Wer raucht, um Stre abzubauen, fgt sich selbst nur weiteren Stre zu, denn der scheinbar entspannende Effekt des Rauchens kommt nur dadurch zustande, da durch den Griff zur Zigarette die Spannung, die durch ein Sinken des Nikotin-Levels entstanden ist, wieder aufgehobenwird. Und weiter: "Die gewohnheitsmigen Raucher brauchen jedoch bald eine weitere Zigarette,um die neuen Abstinenzsymptome, die sich wieder einstellen, zu bekmpfen. Das wiederholteEmpfinden negativer Stimmungen zwischen den Zigaretten bedeutet, da Raucher dazu neigen, einleicht berdurchschnittliches tgliches Stre-Niveau zu erleben. Somit scheint Nikotin-Abhngigkeit eine direkte Ursache von Stre zu sein."Das strkste Argument fr diese These sind wohl die zahlreichen Forschungsergebnisse, die belegen, da das Abgewhnen des Rauchens Stre reduziert.Einen weiteren Beweis liefert ein Blick auf die beim Rauchen freigesetzten Neurotransmitter. Durchden Konsum werden diese in erhhter Konzentration ausgeschttet. Bei Nachlassen der Wirkungverringert sich die Konzentration wieder und sinkt auf ein niedrigeres Level. Die freigesetzten Neurotransmitter bewirken zunchst ein Gefhl der Entspannung und bauen den Stre ab. ImAnschlu lassen sie aber genau den entgegengesetzten Gefhlen freien Lauf.Es entsteht Stre und

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    Ver- bzw. Anspannung. Zur Beseitigung der entstandenen Negativgefhle ist eine erneuteZigarette ntig. Das Spiel nimmt seinen Lauf.

    Alkohol vertreibt Kummer und Sorgen. Als Beweis fr diese Aussage diente uns die betubendeWirkung des Alkohols auf zahlreiche Rezeptoren. Wie jeder wei, der Alkohol schon einmal dazu benutzt hat, seinen Kummer zu ertrnken, ist selbiger am nchsten Morgen wieder da. Lediglich mit

    dem Unterschied, noch etwas schlimmer geworden zu sein. Nun gut, da mu nichts mit demAlkohol zu tun haben, vielleicht wre der Kummer auch ohne Besufnis am nchsten Tag grer gewesen. Vielleicht aber auch nicht.Auf Alkohol trifft hnliches zu wie auf Nikotin. Er bringt genau die Mistnde hervor, die er zu bekmpfen scheint. Alkohol macht Kummer und Sorgen. Wir wissen bereits, da Alkohol eineVernderung verschiedenster Neurotransmittersysteme zur Folge hat. Vor allem das dopaminergeund das serotoninerge System werden negativ beeinflut. Die Auswirkungen einer zu geringenDopamin- und Serotoninkonzentration sind ebenfalls bekannt. Eine niedrige Dopaminkonzentrationzieht Mdigkeit, Kraftlosigkeit und Desinteresse nach sich. Bei niedriger Serotoninkonzentrationkippt die Stimmungslage. Antriebslosigkeit, Schlafstrungen, ngste oder Depressionen sind dieFolge. Obwohl die Transmittersysteme erst bei mehrmaligem Alkoholgenu in Mitleidenschaftgezogen werden, sinkt vorbergehend - die Dopamin- und Serotoninkonzentration bei jedem Nachlassen der Alkoholwirkung.Wir haben damit bewiesen, was man uns sowieso schonimmer erzhlt hat: Ertrnke Deine Sorgen und Nte nicht im Alkohol. Sie werden dadurchnur noch schlimmer! und fgen hinzu: und entstehen letztendlich erst durchs Trinken. Cannabis erweitert den Horizont. Die Begrndung dafr lag in dem Punkt, da die Fhigkeit desvisuellen Systems, bestimmte unpassende rumliche Wahrnehmungen wegzuretuschieren, durchCannabinoide behindert wird. Es ist jetzt ein leichtes, darauf hinzuweisen, da die Betonung indiesem Satz auf unpassende liegen mu. Wir wurden von der Natur (oder wem auch immer) nichtals fast- oder halbfertig geschaffen. Alle Funktionen in unserem Krper sind perfekt aufeinander abgestimmt. Alles hat seinen Sinn. Es hat demzufolge auch einen Sinn, wenn unser visuellesSystem die Fhigkeit besitzt, rumliche Wahrnehmungen wegzuretuschieren weil sie haltunpassend sind. Aber das beweist noch lange nicht, da Cannabis schlecht ist.Cannabis war meine absolute Lieblingsdroge. Ich konsumierte es zeitweise noch hufiger als Nikotin. Nach meinem ersten Bekifftsein dauerte es nicht lange, bis ich dieser Beschftigung jeden Tag nachging. Da das Geld damals nicht fr meinen Bedarf etwa 2 Gramm am Tag -ausgereicht hat, nutzte ich meine kaufmnnischen Fhigkeiten kurzum fr einen (noch) nichtanerkannten Nebenjob. Die Arbeit bot mir, neben der kostenlosen Eigenversorgung, einelukrative Nebeneinnahme und das steuerfrei! Bald gab es nur noch wenige Stunden im Monat, andenen ich nicht bekifft herumhing. Von der Realitt bekam ich zu dieser Zeit nicht sehr viel mit.Spter setzten die ersten Depressionen ein zu einer Zeit in der ich bereits die anderen Drogenhinter mir gelassen hatte. Ich wollte auch das Kiffen aufgeben, doch es stellte sich als schwerer heraus als ich dachte. Ich brauchte insgesamt zwei Jahre. Ich nahm mir jeden Abend vor, amnchsten Tag nicht zu kiffen - es funktionierte nicht ein einziges Mal. Meine psychischeVerfassung litt sehr darunter. Ich kapselte mich von jedem bis auf meine kiffenden Freunde ab, bekam regelrecht Angst vor Menschen und wurde immer depressiver. Ich kann rckblickend nichtgerade behaupten, da das Kiffen meinen geistigen Horizont in irgendeiner Art und Weise verndertoder gar verbessert hat. Es dauerte fast ein Jahr, bis mein Kurzzeitgedchtnis wieder einigermaenzu gebrauchen war. Von den unglaublich revolutionren Gedanken, die ich damals hatte, istnichts geblieben. Ich freue mich lediglich darber, da - wenn ich an das Kiffen erinnert werde ich diesen unglaublichen Bldsinn nicht mehr machen mu. Zudem kenne ich persnlich nichtwenige Menschen, die dank einer durch Cannabis ausgelsten Psychose in eine psychiatrischeKlinik eingeliefert werden muten.Ich mchte mich an dieser Stelle nicht als Moralapostel auftun. Es gibt mit Sicherheit genugKonsumenten, die mit diesen oder hnlichen Problemen nie zu tun haben werden. Doch auch eingelegentlicher Konsum von Cannabis hinterlt seine Spuren. Cannabis schdigt die Bronchien undhat gegenber dem Nikotin ein fnffach hheres Krebsrisiko. Die bei einmaligem Konsumauftretenden Nebenwirkungen habe ich im ersten Teil bereits erwhnt. Cannabis erhht ebenfalls(wie Nikotin und Alkohol) die Serotonin- und Dopaminkonzentration. Nach Abklang der Wirkungsinkt der jeweilige Spiegel wieder. Die bekannten Nebenwirkungen kommen zum Vorschein.Die nachweislich auftretenden psychischen Nebenwirkungen bei hufigem Cannabiskonsum sind:Kritikschwche, Scheintiefsinn, Einstellungs- und Haltungsvernderungen, vermehrteSelbstzuwendung, Selbstbeobachtung, Selbstbeschftigung, Mangel an sozialem Interesse,

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    Abwendung von Leistungsverpflichtungen und Leistungsnachla.Daraus knnen wir schlieen,da Cannabis nicht den Horizont erweitert, sondern eher verkleinert.

    brigens: die Cannbinoide haben eigene Rezeptoren im Gehirn, an denen sie andocken unddadurch die bekannte Cannabiswirkung hervorrufen. Diese Rezeptoren sind selbstverstndlich nichtdazu da, weil sie darauf warten, da man kifft. Wir besitzen einen krpereigenen Transmitter, der

    dem Cannabinoid sehr hnlich ist. Das Anandamid. Es ist normalerweise dafr verantwortlich, dawir Schmerzen und Kleinigkeiten vergessen sowie friedfertig und gesellig werden. Anandamidesind fr die so genannte rosarote Brille verantwortlich.

    Kokain frdert die Kreativitt. Durch den aktivierten fight/flight/fright-Urinstinkt und diegleichzeitige Steigerung des Wohlbefindens, kann sich der Konsument mit allen Sinnen einer bestimmten Ttigkeit widmen. Um das Ergebnis vorweg zu nehmen: Kokain macht nicht kreativer.Es macht aus einem Tischler keinen Maler. Der Knstler braucht ein gewisses Potential und muvon hause aus kreativ sein. Lediglich die gesteigerte Aufmerksamkeit begnstigt das Umsetzen von bereits vorhandenen Ideen.Beim Kokain sind, bis auf das Endorphin, hnliche Neurotransmitter wie beim Nikotin beteiligt. DieUnters