speakUP Ausgabe 7

32
STUDIERENDENZEITSCHRIFT DER UNIVERSITÄT POTSDAM, JAHRGANG 3, AUSGABE 7, KOSTENLOS. DIE DIPLOM-MAGISTER-SACHE FLUCHT IN DIE EINSAMKEIT Vom Scheitern eines Selbstversuchs in den Schweizer Alpen Warum der AStA mal wieder die Uni verklagen will Potsdam vs. Berlin | „Dris“ blicken zurück | AStA, Stupa, ... wat für‘n Ding?! MIT GROSSEM ERSTI-SONDERTEIL!

description

Siebente Ausgabe der Studierendenzeitschrift „speakUP" (Nr. 7), erschienen am 17.10.2011, erstellt von Studierenden der Universität Potsdam.

Transcript of speakUP Ausgabe 7

Page 1: speakUP Ausgabe 7

STUDIERENDENZEITSCHRIFT DER UNIVERSITÄT POTSDAM, JAHRGANG 3, AUSGABE 7, KOSTENLOS.

DIE DIPLOM-MAGISTER-SACHE

FLUCHT IN DIE EINSAMKEITVom Scheitern eines Selbstversuchs in den Schweizer Alpen

Warum der AStA mal wieder die Uni verklagen will

Potsdam vs. Berlin | „Drittis“ blicken zurück | AStA, Stupa, ... wat für‘n Ding?!MIT GROSSEM ERSTI-SONDERTEIL!

Page 2: speakUP Ausgabe 7

2

IN GROSSEN ROTEN BUCHSTA-

BEN STEHT DAS WORT BEDROHLICH IM KALEN-DER – UND DOCH FÄLLT ERST AM TAG DANACH AUF, DASS SIE MAL WIEDER ÜBERSCHRITTEN IST. UND DENNOCH: ZUM ERSTEN MAL IN DER GE-SCHICHTE DER ERSCHEINEN WIR PÜNKTLICH! IN DIESEM SINNE: WILLKOMMEN IM UNI-ALLTAG, LIEBE ERSTSEMESTLER_INNEN! UM DEN STUDIENSTART EIN WENIG ZU ERLEICHTERN, HABEN WIR EINEN TEIL DER ZEITUNG NUR EUCH GEWIDMET. ÜBERLEBENSWICHTIGE INFOS WIE DIE GÜNSTIGSTE KNEIPE DER STADT SOLLEN EUCH SCHLIESSLICH NICHT VORENTHALTEN WERDEN. EINEN SCHÖNEN SEMESTERBEGINN EUCH ALLEN!

ist die unabhängige Studieren-denzeitschrift der Universität Potsdam. Sie erscheint quartalsweise und kostenlos.

Herausgegeben von der Redaktion der : Lisa Büntemeyer, Christoph

Freytag, Mandy Joachim, Paul Köppen, Denis Newiak, Katja Rink.

Verantwortlich für diese Ausgabe ist die Chefredaktion: Denis Newiak (C.v.D.), Mandy Joachim (V.i.S.d.P.), Christoph Frey-tag.

Grafische Gestaltung, Satz: Denis Newiak.

Bilder: Seite 4: Joachim; Seiten 8 und 9: Pri-vat; Seite 13: Newiak; Seiten 14 und 15: Pri-vat; Seite 17: fotolia; Seiten 19 und 21: Rink; Seiten 23 und 24: Newiak.

Kontakt: , Postfach 800150, 14427 Potsdam. [email protected]

Auflage: 5.000 Exemplare (1. Auflage) Druck: AVZ der Uni Potsdam

Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 13. Ok-tober 2011

Diese Ausgabe wurde freundlicherweise un-terstützt vom Studentenwerk Potsdam.

IMPRESSUM

DEADLINE.

Page 3: speakUP Ausgabe 7

3Nr. 7

UMSTRITTENE ZWANGSEXMA- REGELUNG IN KRAFT

Der Senat der Universität hat

die umstrittene Regelung zur

Zwangsexmatrikulation von Di-

plom- und Magisterstudierenden

verabschiedet. Im Vorfeld gab es

erhebliche Proteste seitens der

Studierenden und des AStAs. Ein

Rechtsgutachten stellt einige der

bereits lange vor dem Senatsbe-

schluss veröffentlichten Regelun-

gen in Frage. Die Universitätslei-

tung möchte hingegen an ihren

Plänen festhalten und sieht keinen

Rechtsverstoß.

Mehr dazu auf Seite 6.

WICHTIGE INFOS DIREKT AUFS HANDY!Mit dem kostenlosen SMS-Infoservice

der seid ihr immer auf dem

neuesten Stand: Erhaltet News,

Sonderangebote und Wichtiges rund

ums Studileben direkt auf dein Handy

– for free! Schick zur Anmeldung einfach

eine SMS mit „speakup“ an 0160/3271989 (normale SMS-Kosten).

Du erhältst dann durchschnittlich eine

SMS pro Woche, garantiert völlig

kostenfrei! Jetzt mit Gewinnspiel!

Mehr Infos auf der Rückseite des Heft!

LAND: DATENPANNE GLIMPFLICH VERLAUFEN

Die Datenschutzbeauftragte des Landes Brandenburg hat bestätigt, dass die schwere Datenpanne im Mai wohl ohne Schaden für die Studie-renden verlaufen ist. Es bestehe „keine weitere direkte Gefähr-dungslage“, schreibt die Behörde in einem Brief an ein Mitglied des Studierendenparlaments. Das „Gefährdungspotential“ werde aber weiterhin gemeinsam mit der Uni-versität analysiert. Sensible Daten und Matrikelnummern von 20.000 Studierenden waren im Intranet frei herunterladbar.

OLIVER GÜNTHER IST NEUER UNIPRÄSIDENTDer Senat hat Prof. Oliver Gün-ther zum neuen Präsidenten der Universität Potsdam gewählt. Seine sechsjährige Amtszeit beginnt voraussichtlich am 1. Januar 2012. Günther hatte angekündigt, dass er die Kürzungen der Landesregierung am Universitätsbudget „Schulter an Schulter“ mit den Studierenden verhindern will.

Page 4: speakUP Ausgabe 7

4

Jan Eckhoffs Referat für Antimilitaris-mus ist im Zusammenhang mit dem Stu-diengang „Military Studies“ eingerichtet worden. Der Referent möchte über die zunehmende Verwebung von Militär und Forschung informieren und eine „kriti-sche Gegenöffentlichkeit herstellen“. Jans Koreferent Stefan Schmidtke arbeitet dar-über hinaus als Referent für Antifaschismus auch zu Themen wie Nationalismus, Dro-genpolitik, Stadtentwicklung,

Selbstorganisierung und Überwachungs-wahn. Er möchte vor allem ähnlich arbei-tende Gruppen an der Uni miteinander vernetzen und Ansprechpartner für Studis sein, die seine Themen berührende Prob-leme haben.

Wie auch schon im letzten AStA ist das Referat für ausländische Studierende von Pierre Vicky Sonkeng Tegouffo besetzt. Ihm zur Seite steht in der aktuellen Le-

gislaturperiode Maimouna Ouattara. Die beiden setzen sich für die spe-ziellen Belange ausländischer Stu-dierender an der Uni Potsdam ein. Ihr Ziel ist es, dass sich die ausländi-schen Studis rundum wohl und als Teil der Gemeinschaft fühlen.

Sebastian Geschonke hat das Re-ferat Campuspolitik inne. Wesent-liche Inhalte dieses Referats sind unter anderem die Vernetzung der engagierten Studis an der Uni, die Umsetzung studentischer Interes-sen innerhalb der inneruniversitä-ren politischen Struktur sowie die aktive Auseinandersetzung mit Ordnungsentwürfen der Gremi-

DER NEUE ASTA UND SEINE AUFGABENAuf der zweiten ordentlichen Sitzung des 14. Studierendenparlaments der Uni Potsdam wurde am Abend des 30. August der neue AStA ins Amt gewählt. Während der Sitzung stellten die potenziellen Referent_innen sich selbst und ihr Konzept für das von ihnen angestrebte Referat vor. Nach dem dritten Wahlgang waren alle vorgeschlagenen Refe-rent_innen in der ebenfalls vorgeschlagenen Referatsstruktur gewählt. Mandy Joachim stellt euch die einzelnen Referent_innen vor.

Das Präsidium des Studierendenparlaments zählt

fleißig die Stimmen der AStA-Wahl aus.

Page 5: speakUP Ausgabe 7

5Nr. 7

en auf Instituts-, Fakultäts- und Senatse-bene.

Roland Gehrmann und Steffen Brumme besetzen das Referat für Externe Hoch-schulpolitk. Es soll sich vor allem mit Ge-setzen und Änderungen von Gesetzen auseinandersetzen, die einen hochschul-politischen Bezug haben.

Alexander Gayko kümmert sich in den folgenden Monaten um das Geld der Stu-dierendenschaft. Er besetzt das Referat für Finanzen.

Annabell Ertel hat die Geschlechterpoli-tik zu ihrer Aufgabe gemacht. Sie arbeitet in ihrem Referat zu Themen wie Gender, Sexualität, Sexismus und Diskriminierung. Sie möchte allen, die es für sich in An-spruch nehmen wollen, zu diesen Themen eine Ansprechpartnerin sein.

Claudia Fortunato und Benjamin Mose-bach sind für das Kulturreferat zuständig. Neben der Kultur kümmern sich die bei-den vorläufig auch um das KUZE, bis sich jemand gefunden hat, der das dafür vorge-sehene Referat ganz übernimmt.

Daniel Sittler und Franz-Daniel Zim-mermann sind sozusagen die Pressespre-cher des AStAs. Sie sind verantwortlich für das Schreiben der Pressemitteilungen und

Mehr Infos: www.asta.uni-potsdam.de

sind im Referat für Öffentlichkeitsarbeit für die Präsentation der Arbeit des AStAs nach außen zuständig. Sie informieren die Studierenden über alles wichtige aus ihrem Gremium, dem AStA.

Ribana Bergmann und Anneka Cooke sind die neuen Referentinnen für Öko-logie. Sie wollen an der Uni ein besseres Bewusstsein für umweltfreundliches Ma-nagement im weitesten Sinne schaffen. Dazu legen sie ihr Augenmerk auch auf die Zusammenarbeit und eine bessere Vernetzung mit bestehenden Umwelt-gruppen. Ein wichtiges Ziel ist die Zertifi-zierung der Universität nach dem EMAS-Umweltstandard.

Susanne Lühmann ist Referentin für So-zialpolitik und somit für die sozialen Be-lange der Studierenden zuständig. Die Re-ferentin will sich vor allem auf die Themen „studieren mit Kind“ und „bezahlbarer Wohnraum in Potsdam“ konzentrieren.

Ansgar Seng ist in der laufenden Legis-laturperiode der Referent für Verkehr und muss sich für uns ab jetzt unter anderem mit der S-Bahn herumschlagen.

Was Ihr wollt! Eure Spielzeit 2011/2012 am Hans Otto Theater PotsdamWelches Stück willst Du sehen? Wir verlosen für unsere Neuproduktionen dieser Spielzeit 10 x 2 Freikarten. Suche Dir unter www.hansottotheater.de (Spielplan-Premieren) das Stück Deiner Wahl aus und schick den Titel deiner Wunschvorstellung an [email protected]. Einsendeschluss: 15. November 2011

ANZEIGE

Page 6: speakUP Ausgabe 7

6

Rückblick: Anfang Februar erhielten etwa 3.000 Studierende, die noch in einem Diplom- oder Magisterstudiengang ein-geschrieben sind, von der Hochschulver-waltung ein Schreiben über die „Einstel-lung Ihres Studienganges“. Im Rahmen des „Bologna-Prozesses“ zur Schaffung eines einheitlichen Europäischen Hoch-schulraums sollen die spezifisch deut-schen Abschlüsse „Diplom“ und „Magis-ter“ schrittweise durch die neuen Grade „Bachelor“ und „Master“ ersetzt werden – das ist bereits lange bekannt. Doch der Brief, der bei den Betroffenen für einen großen Aufschrei gesorgt hatte, enthielt nun verbindliche Fristen, wann die Stu-dierenden in ihrem Fach spätestens die Abschlussprüfung ablegen müssen; soll-ten die Studierenden bis dahin ihr Studi-um nicht abgeschlossen haben, würden sie zwangsexmatrikuliert – nach jahrelangem Studium stünden sie dann vor dem Nichts. Außerdem werden mit der Ordnung alle Studierenden der abzuschaffenden Studi-engänge zu einem Beratungsgespräch ver-pflichtet – ebenfalls unter Androhung des Erlöschens des Prüfungsanspruchs.

Über solche weit reichenden Ände-rungen der Studienordnungen muss der Senat, das höchste Beschluss fassende Gremium der Universität Potsdam, ent-scheiden. Außerdem müssen alle Be-schlüsse im Detail veröffentlicht werden. Beides sei nicht passiert, kritisiert der All-gemeine Studierendenausschuss (AStA): „Studierende auf Ordnungen zu verpflich-ten, die nicht im Ansatz beschlossen ge-schweige denn veröffentlicht waren und sind, grenzt an Rechtsbruch“, heißt es in einer Pressemitteilung. Der AStA hatte bereits seit Februar auf Gespräche mit der Hochschulleitung gedrängt und erhebli-che Bedenken geäußert: „Hier sollen Stu-dierende abgespeist und die Basis für eine solide Lebensplanung entzogen werden“, so Roland Gehrmann, AStA-Referent für Externe Hochschulpolitik.

Ein Rechtsgutachten, welches im Auf-trag des AStAs erstellt wurde (siehe www.tinyurl.com/gutachten-exma), er-hebt beträchtliche Zweifel daran, dass die Beschlüsse des Senats und die bisherige Vorgehensweise mit geltendem Recht ver-einbar sind: Insbesondere der Zwang zum

DIPLOM- UND MAGISTER-STUDIS UNERWÜNSCHT?Auf der Sitzung des Senats der Universität Potsdam am 28. September wurde nicht nur der neue Unipräsident Prof. Oliver Günther gewählt, sondern auch die höchst umstrittene Regelung zur „Neufassung der Ordnung für die Einstellung und Aufhebung von Studiengängen an der Universität Potsdam“ beschlossen. Damit will sich die Hochschulleitung die Rechtsgrundlage zur Zwangsexmatrikulation von Diplom- und Magisterstudierenden schaffen. Von Denis Newiak.

Page 7: speakUP Ausgabe 7

7Nr. 7

Beratungsgespräch sei schwierig, es „stellt regelmäßig weder einen Prüfungsbestand-teil noch eine Prüfungsvoraussetzung dar“ und könne daher nicht von den Studie-renden verlangt werden, heißt es im Gut-achten des hochschulpolitischen Experten Matthias Trenczek.

Dem widersprach auf Nachfrage von die Unileitung: „Die Senats-

beschlüsse zur Einstellung der auslaufen-den Diplom- und Magisterstudiengänge sind schon vor vielen Jahren getroffen worden. Seitdem weist die Hochschulver-waltung regelmäßig bei der Versendung der Rückmeldeunterlagen auf die Proble-matik hin. Es handelt sich also um eine alte Beschlusslage, die nur jetzt ins Bewusst-sein gerückt ist“, sagte Interimspräsident Thomas Grünewald.

Die Verfasste Studierendenschaft sieht das anders und hat sich auf einer Voll-versammlung schon Ende des Sommer-semesters mit großer Mehrheit gegen die Bestimmungen ausgesprochen. Nun ver-stärkt die Studierendenvertretung erneut den Druck auf die Hochschulleitung, in-

dem sie einen Forderungskatalog vorlegt, der unter anderem verlangt, dass die Stu-dierenden ihr Magister- oder Diplomfach in Ruhe zu Ende studierenden oder all ihre bisher erbrachten Leistungen im neu-en Bachelorstudiengang anrechnen lassen können. Außerdem hat der AStA sich die Möglichkeit einer Klage gegen die Hoch-schulleitung offen gehalten.

Diese gibt sich jedoch betont gelassen: „Dass die Beschlüsse einer Rechtsprüfung unterzogen werden, ist kein Problem. Wir wollten die Situation für die Studierenden der auslaufenden Studiengänge regeln und haben dafür eine gute Lösung gefunden. Sollte es tatsächlich rechtlichen Ände-rungsbedarf geben, werden wir uns dem stellen. Wir sind aber zuversichtlich, dass die Regelung rechtmäßig ist“, so der Uni-versitätspräsident.

ANZEIGE

In Kürze auf www.speakup.to: Aus-führliche Interviews mit Interimsprä-sident Grünewald und Vertreter_innen des AStAs.

Page 8: speakUP Ausgabe 7

8

Beginnt ein neuer Lebensabschnitt, stellen sich grundlegende Fragen zur per-sönlichen Zukunft: Studieren oder lieber Ausbildung? Was „Künstlerisches“ oder was „Handfestes“? Gleich ranklotzen oder erstmal rumreisen? Solche Fragen hat sich auch

Francesca gestellt, bevor sie sich an der Uni Potsdam eingeschrieben hat. Eigent-lich wollte sie in den Bereich Medien ge-hen, doch der NC von 1,2 für den Studien-gang „Europäische Medienwissenschaft“ schreckte ab; von 1.400 Bewerber_innen wurden nur knapp 40 genommen.

Also startete sie mit Jura – und fand sich am ersten Tag in einem Saal mit 600 frem-den Leuten wieder. „Da fühlt man sich erstmal verloren“, erinnert sich die gebür-tige Berlinerin. Erst hielt sie sich an einer einstigen Mitschülerin fest, dann beschloss sie aber, dass sie neue Leute kennen lernen muss. Genau wie die Massen von Unbe-kannten überforderte sie am Anfang auch die Masse von Formalitäten: Welche Kurse wähle ich, was ist wichtig, wohin muss ich gehen? „Erklären kann dir das niemand, da musst du selbst durch. Durchfragen, Durchsuchen, Durchklicken.“

Wer einen neuen Lebensabschnitt be-ginnt, hat große Erwartungen. Nicht im-

WO KOMMST DU EIGENTLICH HER? – „DRITTIS“ ERZÄHLENDie ersten Tage an der Uni sind voller neuer Eindrücke und Rätsel: Wer sind all die vielen Leuten um mich herum und was wollen sie von mir? Warum kostet die Mayonnaise für Jurist_innen mehr als für Geisteswis-senschaftler_innen? Und welche_r Anfänger_in hat bloß dieses „PULS“ programmiert? So ähnlich ging es auch Tilmann aus Potsdam und Francesca aus Berlin, als sie selbst noch „Erstis“ waren. Ein weiterer Teil unserer Reihe „Wo kommst du eigentlich her?“ – diesmal mit „Drittis“, die nach einem Jahr an der Uni Potsdam zurückblicken – und nach vorn schauen. Von Denis Newiak.

DER GROSSE -Francesca (22) aus Berlin

Page 9: speakUP Ausgabe 7

9Nr. 7

mer werden diese gleich erfüllt. „Ich wuss-te, dass ich damit nicht glücklich werde“, meint Francesca im Rückblick auf ihr Jurastudium. Nach zwei Semestern gab sie nach und wechselte zur Medienwissen-schaft. Auch hier sah es erst anders aus, als erwartet: „Okay, das ist jetzt nicht ganz das, was ich mir vorgestellt habe“, dach-te sich die 22jährige, als die philosophisch angehauchten Vorlesungen Überhand zu nehmen schienen. Doch sie ließ es einfach auf sich zukommen – und fand Gefallen an ihrem Fach.

Das Studium ist eine Investition in die eigene Zukunft, schließlich haben Hoch-schulabsolvent_innen statistisch gesehen eine bessere Aussicht auf Arbeit. Doch Investitionen kosten Geld. Francesca wohnt noch bei ihren Eltern, doch abgese-hen von der Miete muss sie für die meisten Kosten selbst aufkommen. Sie ist als Mo-del bei einer Agentur gemeldet. Zuletzt stand sie für zwei große Markentextilien-Onlinehändler vor der Kamera. Weil In-ternetshops ein großes Sortiment haben, muss viel abfotografiert werden: Täglich zieht sie gute 200 Jeans und Röcke an, po-siert in ihnen und schlüpft in das nächste Teil – „Massenproduktion“, harte Arbeit für einen unkalkulierbaren Verdienst. „Im Sommer haben die meisten Agenturen Pause, dann habe ich nur wenige Aufträ-ge. Also muss ich mit dem Geld gut haus-halten.“ Vollzeit studieren und nebenbei noch arbeiten kostet Kraft, doch es geht nicht anders. „Einfach mal Mensch zu sein war anfangs schwierig. Als ich noch im La-den gearbeitet habe, lebte ich nur für Job und Uni.“ Nach zwei Semestern sind viele

P f l i c h t -veranstaltungen erledigt und Francesca kann sich ihre Zeit freier einteilen: „Die Idee, an der Universität selbst über seine Zeit entscheiden zu können, gefällt mir sehr. Schade, dass dieses Ideal heutzu-tage nicht mehr viel wert ist.“ – Seit der Bologna-Reform wuchern Punktejagd, unflexible Stundenpläne und Leistungs-druck. Doch die Chance, sich lange und intensiv mit einem komplexen Thema zu beschäftigen, ein_e Expert_in zu werden, bekommen junge Leute nur im Studium.

Ein neuer Lebensabschnitt bedeutet für viele ein neues Zuhause, manchmal eine neue Wahlheimat. Doch Francesca blieb Berlin treu. „Ich bin nicht der größte Fan von Berlin. Es gibt viel schönere Städte. Aber wenn ich hierher komme, fühle ich mich zu Hause. Ich rufe eine Freundin an – und zehn Minuten später treffen wir uns zum Kaffee. In Potsdam würde ich mich schon sehr einsam fühlen.“ Mit dem Re-gionalexpress vom Zoo zum Neuen Palais braucht sie 25 Minuten, ein Katzensprung.

ERSTI-SONDERTEIL!

Tilmann (19) aus Potsdam

Page 10: speakUP Ausgabe 7

10

Auch Tilmann, der in Kürze seinen zwanzigsten Geburtstag feiert, ist in sei-nem Geburtsort geblieben. Als Potsdamer fiel ihm das nicht schwer. Nach einem Jahr als Geografie-Lehramtsstudent möchte er Musik als Hauptfach an der Universi-tät der Künste in Berlin (UdK) studieren, aber in Potsdam Geografie weiter machen. Die letzten Monate war er vor allem da-mit beschäftigt, dafür zu kämpfen, dass er an beiden Unis weiter Mitglied sein kann. Schließlich hat es geklappt.

Ein Jahr ist es nun her, dass Tilmann sein Studium an der Uni Potsdam begonnen hat. Bereuen tut er es nicht, „trotz man-cher negativen Aspekte überwiegen klar die Vorteile“. Gerade als Lehramtsstudi lerne man schnell viele neue interessante Leute kennen. Auf wen geht man da als erstes zu? „Meist beschränken sich die Gespräche dann später nur auf Smalltalk. Das ist schade“. Auch sei die Uni viel bü-rokratischer organisiert als eine Schule. Und: Die Unterrichtsdisziplin sei traurig: „Es kommen immer Leute zu spät oder gehen zu früh. Das färbt ab.“ Die Profs rattern ihr Skript oft nur runter, dabei sind diese doch sowieso wörtlich im Netz nachlesbar. „Macht das Format Vorlesung dann überhaupt noch Sinn?“

Kaum war er Student, beschloss Til-mann, sich um das Referat für Verkehrs-politik im Allgemeinen Studierenden-ausschuss (AStA), der „Regierung“ der Studierendenschaft, zu bewerben. Eine Email von Mitgliedern des Studierenden-parlaments (StuPa) hatte ihn angespro-chen. Kurz vor der Wahl durch das Stu-Pa bekam er es mit der Angst zu tun: Er müsse mit 20 bis 40 Stunden Aufwand pro Woche rechnen, sagten ihm einige „alte

Hasen“ aus der Hochschulpolitik. Doch er hat sich zusammengenommen: „Ich habe einfach mein Ding durchgezogen.“ Das Jahr im AStA sei für ihn eine wichtige Erfahrung gewesen: Hier lernte er nicht nur neue Leute kennen, sondern konn-te auch Verantwortung übernehmen. „Es wäre wichtig, wenn jede_r im Rahmen sei-ner Möglichkeiten aktiv werden würde. Es gibt unheimlich viele Möglichkeiten: im Verein, in studentischen Projekten oder in der Fachschaft“, sagt Tilmann, der sich neben Uni und AStA auch ein Jahr lang mit viel Instrumentalunterricht auf seine Aufnahmeprüfung an der UdK vorberei-ten musste.

Studis haben sehr verschiedene Lebens-rhythmen: Manche sind besonders wäh-rend der Vorlesungszeit beschäftigt, ande-re haben vor allem in der vorlesungsfreien Zeit viel zu tun. „Es gibt einen krassen Wechsel vom 18-Stunden-Tag zum 2-Stun-den-Tag“, meint Tilmann. Daran muss sich ein Ersti erst gewöhnen. Wenn Tilmann im Sommer frei hat, geht er gern ins Strand-bad Babelsberg, „ein kleiner Geheimtipp“, etwas versteckt im Park Babelsberg.

Auch das Studium ist nur ein Teil vom Ganzen. Studis müssen sich früher oder später die Frage stellen, wie es danach weitergeht. Tilmann ist sich da noch nicht sicher: „Ich lass das erstmal auf mich zu-kommen, schließlich ist ja noch genug Zeit“. Für Francesca geht es nach dem Studium zum Master oder ins Praktikum, das hängt derzeit leider noch von der Ab-schlussnote ab. „Nach dem Abschluss wollen die meisten sofort losarbeiten, weil sie denken, dass es viel einfacher ist als an der Uni. Ihnen wird aber schnell auffallen, wie schön eigentlich die Studienzeit war.“

DER GROSSE -

Page 11: speakUP Ausgabe 7

11Nr. 7

ERSTI-SONDERTEIL!

Alle Studis der Uni Potsdam bilden die sogenannte Verfasste Studierendenschaft. Nach dem Brandenburgischen Hoch-schulgesetz (BbgHG) kann diese Stu-dierendenschaft ihre Angelegenheiten selbst regeln, ihre Interessen vertreten und verfügt über Finanzautonomie. Die-se Aufgaben werden zusammengefasst in der sogenannten studentischen Selbstver-waltung. Ihr gegenüber steht die akademi-sche Selbstverwaltung. Studentische und akademische Selbstverwaltung zusammen bilden die universitäre Selbstverwaltung.

Es gibt wiederum zwei Grundpfeiler der studentischen Selbstverwaltung. Zuerst sind das die Fachschaften, deren Räte und die Versammlung der Fachschaften. Auf der anderen Seite gibt es dann das Studieren-denparlament (StuPa) und den Allgemei-nen Studierendenausschuss (AStA).

Alle in einem Fach immatrikulierten Studis sind Mitglied der entsprechenden Fachschaft. Die Fachschaftsräte (FSR und FaRa) werden von den Studis direkt ge-

wählt. Ihre Aufgaben sind unter anderem die Betreuung von Erstis, die Vertretung studentischer Interessen gegenüber den Lehrkräften, die Auseinandersetzung mit der Hochschulpolitik, aber auch die Or-ganisation von Partys und Info-Veranstal-tungen.

Die Versammlung der Fachschaften (VeFa) wird von den Fachschaftsräten de-legiert. Ihre Aufgabe ist vor allem die Ver-netzung und Koordination der Fachschaf-ten untereinander. Die VeFa verfügt über einen sogenannten Projektmittelfond. Hieraus können studentische Projekte ge-fördert werden.

Die Vollversammlung und die Urabstim-mung bilden die obersten Organe der Ver-fassten Studierendenschaft. Hier werden alle Studis der Uni informiert, zur Wahl aufgerufen, sollen sich zu einem Thema beraten und so weiter. Jeder Studi kann eine Urabstimmung oder Vollversamm-lung per Antrag an das Studierendenparla-ment einfordern.

ASTA, STUPA, ... WAT FÜR‘N DING?!Der Start an der Uni steckt voller neuer Eindrücke und Dinge, die man schnell lernen muss. Dazu gehört auch die hochschulpolitische Struktur an eurer neuen Uni. Vielleicht sind euch schon verschiedene Buchsta-benreihen wie JUSOS, BEAT, GAL oder RCDS aufgefallen. Es geht sicher den meisten so, dass sie nicht sofort wissen, was diese kryptischen Zeichen im Einzelnen bedeuten. Wir wollen euch in dieser Ausgabe der Studierendenzeitung speakUP dieses wichtige Thema etwas näher brin-gen. Von Mandy Joachim.

Page 12: speakUP Ausgabe 7

12

Der Senat und seine Kommissionen bilden das höchste Gremium der Uni, welches Beschlüsse fassen darf. Im Senat sind sechs Professor_innen, zwei wissen-schaftliche Mitarbeiter_innen, zwei Studis und ein/e nicht-wissenschaftliche/r Mit-arbeiter_in. Beispiele für Kommissionen sind die Kommission für Chancengleich-heit und die Kommission für Lehre und Studium.

Die Fakultätsräte und ihre Kommissio-nen wiederum sind entscheidungsbefugt, wenn es um Belange der Lehre und For-schung in den jeweiligen Fakultäten geht.

Die Institutsräte haben per se keine rechtsbindende Beschlusskraft. Die Ange-hörigen eines Instituts halten sich in der Regel aber selbstverpflichtend an die ge-meinsamen Beschlüsse. Die Hauptaufgabe der Institutsräte liegt in der Kommunika-tion über institutsinterne Belange.

Prüfungsausschüsse befassen sich mit allem, was im weitesten Sinne mit Prüfun-gen zu tun hat. Sie werden auf Vorschlag der Institute von den Fakultätsräten ge-wählt.

Die Grafik rechts soll euch schließlich bildlich die Struktur der Hochschulpolitik in Potsdam näher bringen.

DER GROSSE -

Das Studierendenparlament (StuPa) ist das höchste Gremium der Studierenden-schaft. Es wird einmal im Jahr von allen Studis gewählt. Seine Aufgaben sind unter anderem die Wahl des AStAs und der Be-schluss des Haushalts der Studis. StuPa-Sitzungen sind öffentlich und finden in der Regel alle drei Wochen statt.

Der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) vertritt die studentischen Interes-sen an unserer Uni. Er bildet die Exekuti-ve und vertritt die studentischen Interes-sen auch gegenüber der Landesregierung, der Uni-Leitung und der Öffentlichkeit. Der AStA verwaltet die studentischen Fi-nanzen und kann mit diesem Geld studen-tische Projekte fördern.

Wie oben beschrieben gibt es neben der studentischen auch die akademische Selbstverwaltung, auf die hier ebenfalls kurz eingegangen werden soll. Zu den Hochschulangehörigen zählen wir Studis, Professor_innen, akademische Mitarbei-ter_innen und alle anderen Mitarbeiter_in-nen der Uni. Gremien, in denen gewählte Vertreter_innen der Hochschulangehö-rigen vertreten sind, finden sich sowohl auf Instituts-, Fakultäts- als auch auf ge-samtuniversitärer Ebene.

Immer auf dem neuesten Stand bleiben:

www.speakup.to

GUCKST DU ONLINE!In der Rubrik findet ihr exklusive Berichte, topaktuell und höchst lesenswert! Code scannen oder eintippen!

Page 13: speakUP Ausgabe 7

13Nr. 7

ERSTI-SONDERTEIL!

STU

DIE

RE

ND

EN

SCH

AFT

5 Fa

kult

ätsr

äte

je 2

Stu

dier

ende

Sena

t2

Stud

iere

nde

27 F

achs

chaft

srät

e

Vers

amm

lung

der

Fa

chsc

haft

en (V

eFa)

Stud

iere

nden

parl

amen

t (S

tuPa

, 27

Sitz

e)

Allg

. Stu

dier

ende

naus

schu

ss

(ASt

A, g

eglie

dert

in R

efer

ate)

Mits

prac

he-

rech

t

Mits

prac

he-

rech

t

erne

nnt u

nd

kont

rolli

ert

wäh

ltw

ählt

nach

cher

n

dele

gier

en

wäh

lt na

ch

Faku

ltäte

n

wäh

lt

Vollv

ersa

mm

lung

und

Ura

bsti

mm

ung

MIT

BES

TIM

MU

NG

SELB

STV

ERW

ALT

UN

G

Aus

schn

eide

n, g

ut si

chtb

ar a

n K

ühlsc

hran

k od

er S

pieg

el a

ufhä

ngen

und

fest

ein

präg

en!

Page 14: speakUP Ausgabe 7

14

POTSDAM VS. BERLINDie Diskussion scheint endlos und die Geister scheiden sich. Sowohl Potsdam als auch Berlin sind tolle Wohnorte, doch welcher ist besser für uns Studis geeignet? Nimmt man den langen Fahrtweg zur Uni in Kauf, weil man in Berlin das Leben in Fülle genießen will? Oder ist die Lebensqualität in Potsdam, mit seinen vielen Parks und Seen, besser als im Großstadtmuff Berlins? Katja Rink stellt ein paar Antworten vor:

In Berlin sind die Mietpreise identisch und sogar günstiger als in Potsdam. Wenn man in Berlin einkaufen gehen will, muss man nur kurz um die Ecke und man steht vor dem nächsten Su-permarkt. Außerdem ist Berlin die Stadt schlechthin, halt arm

aber sexy!

Ebru (23), studiert Englisch und Spanisch und lebt in Berlin

Potsdam ist toll, weil es eine historische Stadt ist, ich viel Natur in der Gegend habe, wie zum Beispiel den Park Babelsberg, und

ich in wenigen Minuten an der Uni bin.

MarcEl (24), studiert Politik & Verwaltung und VWL und wohnt in Potsdam

Berlin ist unbeschreiblich! Man hat immer etwas zutun und die Stadt überrumpelt einen mit Angeboten. Und damit meine ich nicht nur die vielen Kulturangebote, die die Stadt natür-lich mit sich bringt. In Berlin spricht man jede Sprache, man lernt schnell Leute kennen und man kann überall so lange sitzen wie man will und Bier, Wein oder Kaffee trinken und über das Leben philosophieren. Die langen Zugfahrten nerven nicht, da genug andere Kommilitonen in Berlin leben, und man im Zug nie alleine sitzen muss. Berlin lässt sich einfach nicht in Worte

fassen, Berlin ist zum Leben da.

caMila (21), studiert Kulturwissenschaft und Spanisch und wohnt in Berlin

DER GROSSE -

Page 15: speakUP Ausgabe 7

15Nr. 7

Seit fast 23 Jahren lebe ich in Potsdam – und habe mich nie bei meinen Eltern beschwert, dass sie mich hier geboren haben. Wie-so sollte ich auch? Die oft assoziierten Schlösser und Gärten, sind das Uninteressanteste an dieser Stadt. Mir ist viel wichtiger, dass mir alles geboten wird, was ich brauche: Eine bezahlbare Woh-nung (okay, davon könnte es mehr geben), Kunst, Theater und Kino, vor allem aber: offenherzige und großzügige Menschen. Wenn ich will, bin ich 25 Minuten in Berlin. Zum Studieren ist Potsdam perfekt: Nicht zu groß und nicht zu klein – zwischen

„Provinz und Metropole“. Hier lässt es sich aushalten!

DEnis (22), studiert Europäische Medienwissenschaft und lebt in Potsdam

ERSTI-SONDERTEIL!

WIR WOLLEN‘S WISSEN!

Wo lebt es sich besser, in Potsdam oder in Berlin? Schwere Wahl.

Wir wollen wissen, wo du lieber wohnst oder wohnen würdest –

und warum: Schick eine SMS mit „Berlin“ oder „Potsdam“ und

deiner Botschaft an 0160/3271989 (normale SMS-Kosten) und

stimme für deinen Favoriten!

Schreib z.B. „Potsdam Weils hier so schön klein ist“ oder „Berlin

Weils hier so schön groß ist :P“ – Denk dir was aus!

In der kommenden Ausgabe wird das ewige Battle entschieden:

Wir zeigen euch das Ergebnis und die besten Begründungen.

Wenn du willst, melde dich gleichzeitig für unseren kostenlosen SMS-Infodienst an (Details siehe letzte Seite) und pack ans Ende deiner SMS noch „speakup“ ran, also z.B. „Potsdam Wo denn sonst? speakup“. Wir schreiben dir dann immer sofort, wenn es etwas Wichtiges gibt!

Auf den nächsten Seiten kriegst du die besten Tipps, was frau/man in Potsdam und Berlin so treiben kann. Wir helfen dabei, dass es dir hier nicht langweilig wird!

Page 16: speakUP Ausgabe 7

16

DER GROSSE -

DER POTSDAM-GUIDEKind, warum ziehst du nicht nach Berlin? Dieser Frage müssen sich zugezogene Studenten_innen in Potsdam unweigerlich stellen, denn natürlich steht Potsdam in Sachen Größe und Vielfalt im Schatten von Berlin. Und dennoch: In Potsdam zu leben hat durchaus seine Vor-züge, denn hier ist es ruhiger, grüner, näher am Wasser, die Studie-rendenkneipe ist günstiger und das Leben nicht so hektisch. Auch die Berliner_innen sollten ihre Studienstadt zumindest einmal ausgiebig er-kunden. Der folgende Guide für alle Potsdam-Neulinge, die die Vorzüge der Stadt richtig kennenlernen wollen, soll den Studienstart ein wenig erleichtern. Von Lisa Büntemeyer.

Das Beste zuerst: In Potsdam können Studenten_in-nen sehr billig ausgehen. Es gibt mehrere Kneipen, die vom Studentenwerk geför-dert werden und deshalb preiswerte Ge-tränke auf der Karte haben. Im Pub á la Pub am Studentenwohnheim in der Breite Straße kostet ein Cocktail 2,50 Euro, ein großes Bier 1,50 Euro. Ähnliche Preise und eine charmante Kelleratmosphäre bie-tet das Nil am Campus Neues Palais und das KuZe in der Hermann-Elflein-Straße. In diesen Kneipen finden außerdem re-gelmäßig Konzerte, Länderabende, Spie-le- und Fußballabende statt. Auch emp-fehlenswert ist das Hafthorn am Nauener Tor, wo es leckere Burger zu günstigen Preisen gibt.

Geht am Besten in der Brandenburger Straße, wo viele Ketten wie H&M, Görtz, Karstadt usw. vertreten sind. Lohnenswert ist ein kleiner Abstecher in die Seitenstraßen, wo es kleine Boutiquen, Cafés und Kneipen gibt. Eine kurze Busfahrt entfernt ist au-ßerdem das Stern Center, das überdacht ist und noch einige weitere Geschäfte be-herbergt.

Ja, auch in Potsdam gibt es Clubs, man muss nicht extra nach Berlin fahren. Jeden Dienstag spielen beim ‚Rubys Tuedsday’ Bands im Waschhaus an der Nuthebrücke und auch am Wochenende ist hier immer etwas los. Studierendenpartys und Kon-zerte finden des Weiteren regelmäßig im

KNEIPEN

SHOPPEN

PARTY

Page 17: speakUP Ausgabe 7

17Nr. 7

ERSTI-SONDERTEIL!

Lindenpark in Babelsberg statt und am Wochenende öffnet die Tanzbar Club La-guna in der Friedrich-Ebert-Straße ihre Pforten.

Dank der Havel und vieler kleiner Seen finden Badefreund_innen in Potsdam jede Menge geeignete Stellen, um sich im Sommer abzukühlen. Im Park Babelsberg gibt es einen kleinen Strand an der Havel, an dem man für 2,50 Euro Eintritt Volleyball spielen oder in Strand-körben sitzen kann. Wem das zu teuer ist: Direkt hinter dem abgezäunten Strand kann man umsonst schwimmen. Auch der Heilige See lockt mit seinen Wiesen, die selbst bei großem Andrang im Hochsom-mer nie überfüllt sind.

Wer etwas aktiver sein möchte, kann auf der Freundschaftsinsel Tret- und Ruder-boote leihen, am südwestlichen Zipfel von Potsdam am Templiner See Windsurfen und in Großbeeren – außerhalb Potsdams und per S-Bahn, Bus oder Regionalbahn erreichbar – sein Können am Wasserskilift testen.

Beachvolleyballfelder, ein Skatepark und Fußballplätze gibt es im BUGA-Park. Hier muss man 50 Cent Eintritt zahlen, dafür ist der Park sehr gepflegt und sau-

ber.

Potsdam ist eigentlich ein überdimensionales Museum. Sage und schreibe 16 Schlösser gibt es in Potsdam, dazu kommen zahlreiche Parks und un-endlich viele Statuen. Am Bekanntesten und definitv einen Besuch wert – zumal unmittelbarer in Uni-Nähe – ist der Park Sancoussi mit dem gleichnamigen Schloss und dem Neuen Palais. Der Park ist al-lerdings auch die größte Touristenfalle in Potsdam und wirkt sehr konstruiert. Wer es lieber etwas natürlicher hat, dem sei der Park Babelsberg empfohlen. Und ja, auch hier gibt es ein Schloss.

Nahe der Fachhochschule, auf dem Bel-vedere am Pfingstberg, gibt es einen schö-nen Überblick über Potsdam und Umge-bung.

SOMMER SIGHTSEEING

Page 18: speakUP Ausgabe 7

18

Kinoprogramm Di – So ab 18 Uhr

• Klassiker und Kultfilme • Rückschau auf das vergangene Kinojahr• Originalversionen• Festivals und Filmnächte mit Gästen

Ausstellungen zur deutschen

und internationalen Filmgeschichte

Filmmuseum Potsdam Breite Straße 1 A | 14467 Potsdam | T 0331 2 71 8 1–0Infos unter: www.filmmuseum-potsdam.de | Anfahrt: S-Bahn: Potsdam Hauptbahnhof, Tram: Alter Markt

Neue ständige Ausstellung ab 4. November Di – So 10 – 18 Uhr

Speak up_Layout 1 27.09.11 17:48 Seite 1

Page 19: speakUP Ausgabe 7

19Nr. 7

ERSTI-SONDERTEIL!

DER BERLIN-GUIDEBerlin ist mit keiner anderen deutschen Stadt zu vergleichen. Vielfältig, überraschend oder – um es mit den Worten des amtierenden Bürgermeisters zu sagen – arm aber sexy. In der deutschen Hauptstadt herrscht schon fast ein Überangebot an Möglichkeiten, sei es im Bereich Kunst und Kultur, Sehenswürdigkeiten oder des Nachtlebens. Berlin schüttelt für jeden etwas aus dem Ärmel. Um euch den Umzug oder auch den Besuch in der Großstadt etwas zu erleichtern, hier ein kleiner Überblick! Von Katja Rink.

Obwohl die Stu-dierenden der Universität Potsdam vor Ort schon einiges an Lektürestoff, Sprach-Lernangeboten und Uni-Sportkursen fin-den können, ist es für diejenigen, die ihren festen Wohnsitz in Berlin haben, doch recht umständlich, auch an den Uni-freien Tagen eine gefühlte halbe Weltreise hinter sich zu bringen. Aber auch die Berliner Unis haben einiges für uns UP-ler_innen zu bieten. Die Technische Universität (TU) beispielsweise bietet günstig Kurse in 31 verschieden Sprachen an, der Uni-Sport und viele universitätsinterne Biblio-theken sind auch mit dem Studierenden-ausweis der UP zugänglich und unweit vom Potsdamer Platz „verbirgt“ sich noch ein besonderes Highlight: Die Staatsbib-liothek. In der Stabi (so die Berliner Ab-kürzung) befinden sich Fachliteratur und viele weitere Werke zum Ausleihen oder vor Ort Reingucken plus eine Vielzahl an Originaldokumenten, die vor allem für Geschichts- und Literaturliebhaber_in-

nen von Interesse sein könnten. Außer-dem schließt das Iberoamerikanische Ins-titut direkt an die Stabi an, als Anlaufstelle für die Spanischlernenden, -sprechenden oder –begeisterten. Für die Nutzung der Stabi ist eine Jahresgebühr von 25 Euro fällig, die sich aber im Hinblick auf die sich dort befindenden Schätze auf jeden

Fall lohnt.

Wer der deutschen Ge-schichte des letzten Jahrhunderts ins Ge-sicht schauen möchte, der ist in Berlin ge-nau richtig. Neben der East Side Gallery

(Berliner-Mauer-„Museum“ an der War-

UNIS & BIBOS

SIGHTSEEING

Page 20: speakUP Ausgabe 7

20

schauer Straße), dem Checkpoint Char-ly (in der Friedrichstraße, Nähe U-Bhf. Kochstraße) oder dem Holocaust-Mahn-mal in der Nähe des Brandenburger Tors gibt noch viel mehr zu entdecken. Wem es nicht reicht, die Denkmäler nur zu be-trachten, sondern wer gerne noch ein paar zusätzliche Informationen möchte, der kann an einer auf Trinkgeld basierenden Stadtführung teilnehmen. Einige solcher Touren starten z.B. täglich um 11 Uhr am Brandenburger Tor oder von Donnerstag bis Sonntag um 10 Uhr am Potsdamer Platz Nr. 10, vor dem Balzac Coffee Shop. Diese Touren nehmen auch die Wahrzei-chen Berlins mit ins Programm, das Bran-denburger Tor, die Siegessäule und den Fernsehturm. Und um die Politik nicht zu vernachlässigen, sollte auch ein Abstecher zum Reichstag gemacht werden.

Berlins Vorzeigekaufhaus ist das KaDe-We. Im Kaufhaus des Westens bekommt man fast alles, was das Herz begehrt, vom teuren Designeroutfit bis zur selte-nen Tropenfrucht. Gemessen am Durch-schnittsgeldbeutel eines Studierenden heißt es jedoch für Unsereins dann leider doch nur gucken. Aber Berlin ist groß und auch kleinere Klamottenläden und Berliner Labels sprießen aus dem Asphalt und H&M und Co. befinden sich in fast jeder Shoppingmall, am Kurfürstendamm und sogar zwischen den Designerlabelge-schäften in der Friedrichstraße. Und bei wem das Geld am Ende des Monats mal knapp ist, der wird bestimmt in einem der Secondhandläden fündig (z.B. Humana).

In Sachen Musik, Literatur und Kunst hat Deutsch-lands Hauptstadt viel zu bieten. Zahlrei-che Künstler_innen mit internationalem oder lokalem Bekanntheitsgrad geben hier Konzerte, lesen aus ihren neuesten Werken vor oder öffnen die Türen zu ih-ren Ausstellungen. Bei Konzerten lohnt es sich direkt auf den Seiten der Künst-ler_innen zu schauen, denn Berlin bietet viele geeignete Locations. Oft sind die kleineren Konzerte in Clubs oder Bars. Internationale Superstars à la Kylie Mino-gue oder Coldplay füllen dann meist die O2-World an der Warschauer Straße. Ein paar Räumlichkeiten, die man im Auge behalten sollte: Lido, SO36, Kulturbrau-erei, Tempodrom, Astra… Um auch in puncto Ausstellungen und Lesungen auf dem aktuellsten Stand zu sein, ist es emp-fehlenswert, sich ab und an in einer der Stadtzeitschriften zu informieren (z.B. zitty, 030,…) oder auf Aushänge an Bahn-höfen und Anzeigen im Berliner Fenster (U-Bahn-Fernsehen) zu achten.

In Berlin wird, zumindest am Wochen-ende, die Nacht zum Tag erklärt. Gestar-tet wird meist in einer der unendlich vielen Bars in Kreuzberg (Oranienstraße, in der Nähe des U-Bahnhofs Kottbusser Tor), Friedrichshain (rund um den Boxhagener Platz zum Beispiel) oder am Prenzlauer Berg (Kastanienallee und Umgebung am U-Bahnhof Eberswalder Straße), um nur

SHOPPING

KUNST & KULTUR

DER GROSSE -

NACHTLEBEN

Page 21: speakUP Ausgabe 7

21Nr. 7

drei Stadtviertel zu nennen, in denen man gut ausgehen kann. Ab ca. 23 Uhr öffnen dann die Diskotheken und auch hier ist die Auswahl groß. Wer gerne Elektro hört, geht z.B. ins Berghain oder ins Watergate. Für die Indiepop-Hörer_innen gibt es z.B. das Magnet oder das White Trash, für Reggae-Fans z.B. das Yaam, und wer gerne zu Schlagern mitgrölt, ist in der Hafenbar bestens aufgehoben. Und das ist wirklich nur eine kleine Auswahl aus dem Berliner Club-Repertoire.

Kaum kitzeln die ersten Sonnenstrahlen alles von der Spitze des Fernsehturmes auf dem Alexanderplatz bis zu den Eingängen der U-Bahnschächte, löst sich das graue Großstadtflair auf und das Leben der

Städter_innen verlagert sich nach drau-ßen in die zahlreichen grünen Parks oder an die Spree. In den größeren Parks wie dem Volkspark Friedrichshain oder in der Hasenheide öffnen die Freiluftkinos. Im Tempelhofer Park (ehemals der Flughafen Tempelhof) kann man auf den Landebah-nen Inlineskaten und Kiteskaten oder man trifft sich an dessen Nordseite zum Grillen mit Freund_innen. Abends warten zahl-reiche Open-Airs auf Tanzwütige (z.B. im Treptower Park) und jeden Sonntag gibt es im Mauerpark (U-Bahnhof Eberswal-der Straße) ein besonderes Highlight. Ja, der Flohmarkt ist auch ganz schön, aber ab den ersten Temperaturen über 20 Grad, wartet ab ca. 15 Uhr der Karaoke-Mann auf die ganz Mutigen unter euch, die vor überfüllter Tribüne ein Ständchen zum Besten geben wollen… Einfach nur Zuhö-ren ist natürlich auch erlaubt.

ERSTI-SONDERTEIL!

SOMMER

Page 22: speakUP Ausgabe 7

22

Hektisch klingelnde Handys. Die Emails müssen noch beantwortet werden. Wann war noch mal das Treffen, um das Referat vorzubereiten? Nicht noch eine Redaktionssitzung! In der U-Bahn schei-nen mich alle anzuhusten, es ist so eng. „Ausschlafen“… was bedeutete das noch gleich? – Die heutige Zeit verlangt den Menschen viel ab, auch uns Studieren-den, die gerade noch genug Zeit für einen Pappbecher-Kaffee mit Baguette statt für ein warmes ruhiges Mittagessen haben, die zwischen aneinander gereihten Semi-naren, Meetings und SMSen kaum noch zum Denken kommen, stattdessen sich chronisch überlastet fühlen. Zum Leben brauchen wir die Gesellschaft, ohne sie ist es langweilig, unkomfortabel, schlicht: nicht menschenwürdig.

Aber zu viel Gesellschaft kann auch auf-reibend wirken – Statusmeldungen von hunderten Facebook-„Freund_innen“, die anfallenden Klausuren an der Uni und aus allen Nähten platzende Großstädte mit zu viel Lärm, Werbung und Tristesse müssen erstmal verkraftet werden. Nicht immer klappt das so, wie wir es uns wün-schen würden.

Dem streitbaren deutschen Philoso-phen Friedrich Nietzsche ging das vor über einhundert Jahren schon ähnlich (auch wenn ihn weniger das Handyge-bimmel als das Leben im Allgemeinen fertig gemacht hat). Er hat sich in die Einsamkeit der Berge zurückgezogen, als ihm die Decke der Gesellschaft über dem Kopf zusammenbrach.

Sieben Sommer lebte er zwischen 1881 und 1888 in sozialer Isolation in einem kleinen Zimmer in Sils-Maria, einem Dorf mitten in den Südschweizer Alpen, einen Spaziergang von Italien entfernt, auf zweitausend Metern Höhe gelegen, eingebettet in umzingelnde Viertausen-der des Oberengadins mit seiner dünnen frischen Luft. Wenige hundert Menschen lebten Ende des 19. Jahrhunderts in die-sem Dorf, heute sind es vielleicht ein paar mehr. Bei stundenlangen einsamen Wanderungen kam der Philosoph zum Nachdenken, brachte die Ideen für seine Hauptwerke wie „Also sprach Zarathust-ra“ hervor, die er dann bei teils frösteln-den Temperaturen und einem überaus as-ketischen Lebensstil auf seinem Zimmer niederschrieb. In dieser hochproduktiven

OH EINSAMKEIT!Zu viele Menschen, zu viel Stress, zu wenig Zeit, zu wenig Freiheit! Ge-sellschaft macht das Leben erst lebbar, vor allem aber erst lebenswert. Dennoch kann sie höllisch anstrengend sein. Wer möchte nicht ab und zu eine „Auszeit“ nehmen von sinnentleerten Smalltalks, aufdringlichen Smartphones und Emails oder von überfüllten, heißen, schwitzigen Vor-lesungssälen? Auch (oder gerade weil?) ich nicht gern allein bin, habe ich versucht, mich in die Einsamkeit zu flüchten – und bin gescheitert. Zum Glück. Von Denis Newiak.

Page 23: speakUP Ausgabe 7

23Nr. 7

Phase warf er wie eine Maschine unzäh-lige philosophische Klassiker und Briefe aus, sie prägten das 20. Jahrhundert – leider auch von den Nazis missbraucht – und sind noch (oder wohl eher vor allem) heute topaktuelles Forschungsthema.

Was war da passiert? Wie kann ein Mensch, der sonst sein Leben nicht auf die Reihe bekommt, in den einsamen Bergen mit einer Minirente plötzlich zur Weltberühmtheit werden? Was hat dieser Ort, dieses Leben an sich, was es so fruchtbar macht? Neugierig habe ich mich mit einem Exposé für eine Hausar-beit „Nietzsche und Einsamkeit“ auf den Weg nach Sils-Maria gemacht – und in einem Selbstexperiment zu erleben ver-sucht, was Einsamkeit heute bedeutet, wie sich ein Leben abseits von Bahnhö-fen, Kaffeeläden und Computern anfühlt.

Basel, 1. August 2011. Ich gewöhne mir die Gesellschaft langsam ab, einsam sein kann schließlich sehr schwer sein. Eine Freundin begleitet mich im ICE nach Ba-sel, wo wir uns ein Zimmer teilen. Warum ist hier alles so teuer? Und warum muss der Schweizer Franken ausgerechnet jetzt Höhenflüge erleben?

St. Moritz, 4. August 2011. Gerade sind wir aus Zürich gekommen. Die Jugend-herberge hier im Olympiadorf ist schön, sehr modern. Aber teuer – wie alles in der Schweiz… Das Höhenklima macht sich bemerkbar: Die dünne Luft wirkt anre-gend, der Puls wird schneller, ich fühle mich belebt. Morgen geht es für mich nach Sils. Allein.

Sils-Maria, 8. August 2011. Mein drit-ter Tag im Nietzschehaus. Irgendwie träu-me ich seit meiner Ankunft mehr, und die Träume sind irgendwie plastischer und aufschlussreicher als sonst. Einbilden tue ich mir das bestimmt nicht! Morgens verausgabt sich die Sonne – und kaum wandere ich los, zieht es zu und es gießt wie aus Eimern. Zum Glück ist kein Dorf mehr als zwei Fußstunden entfernt. Ich fühle mich belebt. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich jemals Lust gehabt hät-te, im Regen durch die Berge zu latschen.

Sils-Maria, 11. August 2011. Die Über-euphorie nach der ersten Woche ist weg, wie es die Fachliteratur hat erahnen las-sen. Zum Glück sind auch die Gesichtsrö-tungen (nicht von der Sonne, sondern der Höhe) wieder verschwunden. Anschei-nend habe ich mich akklimatisiert. Ich schreibe jeden Tag einen dicken Brief, je-weils etwa 20 Seiten. Ich empfinde es als befreiend. Arm sind nur die dran, die sich gezwungen fühlen, das Zeug zu lesen…

Das Nietzschehaus in Sils-Maria

Page 24: speakUP Ausgabe 7

24

Sils-Maria, 12. August 2011. Herr Prof. Bloch, der das Nietzschehaus als Muse-um, Forschungs- und Begegnungsort mit aufgebaut und stark geprägt hat, hat mich zu einer Konferenz in das dekadente Ho-tel „Waldhaus“ eingeladen. Ein Referent erklärt den Unterschied zwischen Ein-samkeit, die man selbst wählt und die produktiv sein kann, und Verlassenheit, die einen überwältigt und zur Sackgasse wird. Nietzsche wollte einsam sein, doch er hat wohl keinen Weg mehr zurück ge-funden. Das soll mir nicht passieren. Mir tun die vielen Menschen leid, die sich in unserer Gesellschaft verlassen fühlen...

Sils-Maria, 15. August 2011. Eigentlich wollte ich nicht ins Internet gehen. Nur Emails mit „Copenhagen“ und „Apart-ment“ im Betreff (mein Auslandssemes-ter geht am 1. September los) kommen als SMS weitergeleitet auf mein Handy, mehr nicht. Heute gab es endlich ein Wohnungsangebot, welches vertrauens-würdig aussieht. Gut, dass ich trotz aller technikfeindlichen Vorsätze sofort per Email zugeschlagen habe.

Sils-Maria, 17. August 2011. Endlich! Ein Brief aus Potsdam! Ich verschlinge die Seiten wie die tägliche Portion Käse. Von meiner Wanderung nach St. Moritz und zurück habe ich Muskelkater, aber ich möchte noch größere Touren ma-chen. Arbeiten die Beine, arbeitet auch der Kopf.

Sils-Maria, 19. August 2011. Nietzsche mochte die Gefahr. Ich kann in der Regel ganz gut auf sie verzichten. Als ich aber heute im Val Fedoz war, völlig allein, und graue Wolken das Tal bedeckten, wurde mir schrecklich heiß vor Schreck – und es fühlte sich beunruhigend gut an.

Sils-Maria, 22. August 2011. Meine letzte Woche im Engadin. Höchste Zeit für ein Bad im Silser See. Fünf Minuten reichen mir bei einstelligen Wassertempe-raturen. Meine Hängematte auf Chastè (der paradiesischen Halbinsel neben Sils) zieht neidische Blicke auf sich. Heute Morgen habe ich mich noch gewundert, warum so viele Kunstschaffende, Gelehr-te und – reiche Schnösel immer wieder

ausgerechnet hierher kommen. Sils zieht sie magnetisch an. Gibt es denn keine anderen schönen Ecken auf der Welt? Widerwillig spie-le aber auch ich mit dem Gedanken, bald wiederzukommen – da-bei hatte ich mir diese Sehnsucht doch verbo-ten!

Sils-Maria, 23. Au-gust 2011. Heute wage ich die Tour zum Julier-pass über Silvaplana,

Gewaltige Berge, die aussehen wie Pappkulissen

Page 25: speakUP Ausgabe 7

25Nr. 7

gute tausend Meter Aufstieg, und zurück nach Sils – rund 24 Kilometer. Auf dem steilen Felsweg, von dem Geröll herun-terrollt, welches die eisige Stille durch-bricht, fühle ich mich verlassen – und will zurück zu den Menschen. Zum Glück ist in ein paar Tagen alles vorbei! Doch die Aussicht vom Gipfel macht alles wieder gut… Die Berge sehen aus wie eine Film-kulisse, wie gemalt fürs Alpenkino, total platt und unecht, dennoch monströs. Wenn ich mir dazu „Wadde Hadde Dudde Da?“ auf die Kopfhörer lege, bekommt diese Landschaft einen zynischen Touch.

Sils-Maria, 26. August 2011. „In der Einsamkeit frisst sich der Einsame selbst auf, in der Vielsamkeit fressen ihn die vie-len. Nun wähle.“ – Ich wähle lieber das Zweitere. Einsam sein darf nur die Aus-nahme sein, eine Sondersituation, nicht die Regel. Selbst der einsamste Nietzsche weiß: „Die Einsamkeit ist mitunter gar zu trostlos“. Von der Einsamkeit habe ich erstmal genug. Zum Glück habe ich für meine Hausarbeit noch Zeit bis zum Frühjahr.

Hannover, 27. August 2011. Ich bin zurück. Was hat mich in der Großstadt empfangen? Zugverspätung, der Streit mit T-Mobile über unrechtmäßige Abbu-chungen, McDonald’s. Aber vor allem: Meine geliebte große Schwester, mein er-wachsener Neffe Micha – und der kleine dreijährige Robert. Den ganzen Tag spiele ich mit ihm und seinem neuen plüschig-roten Spielzeugzug der Rhätischen Bahn. Dann erzählt er mir von den Zügen, die mich zu ihm bringen: ICE, TGV – ich habe den Eindruck, er hat Schienenver-kehrswesen studiert!

Wer will da noch einsam sein?

Page 26: speakUP Ausgabe 7

26

Aber betrachten wir diese Schwierig-keit zur Antwortfindung mit Ende 20 mal von Anfang an. Nach einer Lehre zum ge-staltungstechnischen Assistenten und zum Mediengestalter hatte ich mich selbst-ständig gemacht. Erst einmal war genug Wissen in den Kopf geflossen – nach gut 5 Jahren Lehrzeit.

Seitdem sind nun ein paar Jahre ver-gangen, ich wurde älter und bemerk-te wie mit dem Run auf die 30 die Zeit scheinbar schneller verging. Die Branche Mediengestaltung ist sehr schnelllebig, ständig ändern sich die Umstände und Bedingungen. Weiterbildung ist daher wichtig. Und die jungen 20jährigen sitzen einem gefühlt auch schon im Nacken, al-lein durch ihre vermeintliche jugendliche Frische und Gier nach Neuem.

Da kam mir neben den üblichen teuren Weiterbildungen bei privaten Schulen die Alternative Studium in den Sinn. Erste Frage natürlich: Was studieren? Nach einer Sondierungsphase kamen Interface-design und Kommunikationsdesign auf meinen Wunschzettel. Der Weg dahin ist schwierig. Zum Beispiel an der FH Pots-dam ist eine Bewerbung auf eines dieser

Fächer nur zum Sommersemester mit Hausarbeit und Mappe möglich.

Also schon recht hohe Einstiegskriteri-en, ich muss mich dann wohl an verschie-denen Unis oder FHs bewerben. Immer noch war ich mir – ehrlich gesagt unsi-cher, ob dieser Schritt Richtung Studium überhaupt Sinn macht. Ob denn der Ar-beitsmarkt so eine Person mit Anfang 30, zwei Ausbildungen und Studium über-haupt noch haben will? Oder ob die Fir-men lieber zu den jungen Mittzwanzigern greifen? Darauf fand ich so wirklich keine Antwort, der Arbeitsmarkt der Zukunft wird es dann zeigen, hoffentlich greift in der Medienbranche auch irgendwann der Fachkräftemangel. Das Risiko der Überqualifizierung oder des nach Ansicht der Personaler_innen Zu-Alt-Seins be-steht jedenfalls – neben all den üblichen Ausschlusskriterien wie etwa: „Ihr Profil passt nicht zu uns“.

Nach der geklärten Frage des Was, kam die nächste: Ist ein Studium überhaupt was für mich? Nun gibt es ja Schnupper-kurse an der FH Potsdam oder auch den ein oder anderen Tag der offenen Tür. Wirklich herausfinden kann ich es meiner

STUDIEREN IM ALTERStudieren – ja oder nein? Das ist eine Frage, die viele von uns beschäf-tigt vor dem Einschreiben. Bei der Antwort darauf kommt es immer sehr stark auf die Lebenssituation an, in der man sich gerade befindet. Für frischgebackene Abiturient_innen ist die Antwort meist leicht mit „Ja“ zu beantworten. Für Leute wie mich, die schon zwei Ausbildungen hinter sich haben und bald 30 sind, fällt eine positive Antwort darauf schon nicht mehr ganz so leicht. Von Christoph Freytag.

Page 27: speakUP Ausgabe 7

27Nr. 7

Ansicht nach nur im realen Studierenden-alltag. Der Sommer ist vorbei, das nächs-te Sommersemester in recht weiter Ferne. Natürlich kann man schon Mappen vor-bereiten und Unis raussuchen in der Zeit, doch wie kann ich bis dahin schnell tes-ten, ob Studieren etwas für mich ist? Zu-fällig habe ich dann noch einschreibungs-freie Studiengänge an der Universität Potsdam entdeckt. Viel Auswahl bestand nicht. Informatik und Mathematik, Pest und Cholera. Die anderen Fächer wie Spanische Philologie waren auf Lehramt zu studieren.

Da Interfacedesign mein Favorit ist gegenüber dem schon seit Jahren völ-lig überlaufenen Kommunikationsde-sign, entschied ich mich für Informatik. Schließlich kann es eine gute Grundlage für das Interfacedesign schaffen, da auch dort Informatikwissen gefragt ist. Ge-plant ist, dass ich mich aus dem Informa-tikstudium heraus auf Interfacedesign an verschiedenen Schulen bewerbe.

Zudem hatte mir ein guter Freund, der schon eine Weile studiert und ein Jahr älter ist, die zweifelsohne vorhan-denen Vorteile des Studierens nahege-legt. Nichtsdestotrotz bleibt neben den

Vergünstigungen, die Studierende haben, die dritte große und wohl am meisten vor Beginn eines Studiums gestellte Frage: Wie bezahle ich das Ganze? Mein Freund geht zum Beispiel oft und viel arbeiten, mittlerweile eine seiner Hauptbeschäfti-gungen, da es gutes Geld gibt. Das Studi-um verkommt in manchen Semestern so allerdings zur Nebensache.

Die Finanzierungsfrage ist, meiner Meinung nach, jedenfalls die größte Hür-de für ältere Studierende. Ich werde da-für eine Lösung finden müssen. Schade ist insbesondere, dass z.B. das Bafög für Teil-zeit-Student_innen komplett entfällt. Nur die Wahl eines Vollzeitstudiums bleibt, um Bafög beantragen zu können. Auch Herausforderungen wie kostenlose oder schlecht bezahlte Praktika stellen ältere Studierende vor weitere Herausforderun-gen. Frische Abiturient_innen haben oft noch die Eltern, die finanziell unter die Arme greifen.

Aber alles in allem ist es trotz mögli-cher Schwierigkeiten vom Gefühl her eine gute Entscheidung, doch noch zu studieren. Mehr Wissen ist immer gut, oder man könnte auch sagen: besser spät als nie!

ANZEIGE

Page 28: speakUP Ausgabe 7

28

BESCHÄFTIGUNGS- THERAPIEN FÜR STUDISDir ist langweilig? Du brauchst eine Auszeit? Dich nervt die Blumen- tapete in deiner Butze? Dann wird es höchste Zeit, die Termineseiten deiner aufzuschlagen und nach entsprechender Beschäftigung zu suchen – da ist auch für jede_n etwas dabei!

JEDEN MONTAGABENDSAStA-Montagskulturim KuZewww.kuze-potsdam.de

JEDEN DIENSTAGAB 16.00 UHRAStA-Sitzungam Neuen Palais, Haus 6www.asta.uni-potsdam.de

JEDEN MITTWOCHAB 18.30 UHRKuZe-Nutzer_innen-Plenumim KuZewww.kuze-potsdam.de

MONTAG, 17.10.11AB 18.30 UHRBegrüßung der Erstsemestler_in-nen der Uni PotsdamSchiffbauergasse Potsdamwww.uni-potsdam.de

DONNERSTAG, 20.10.11AB 18.30 UHRAbschlussveranstaltung Bürger-haushalt 2012Stadthaus-Plenarsaalwww.potsdam.de/buergerhaushalt

SAMSTAG, 22.10.11AB 22.00 UHRSemestereröffnungspartyPub á la Pub, Breite Straße 1www.pub-a-la-pub.de

DONNERSTAG, 20.10.11 AB 15.00 UHRWe shout Hello! oder: „Mein erstes Mal KuZe“, ab 20 Uhr: Open Stagewww.kuze-potsdam.de/Kalender/20111020

Page 29: speakUP Ausgabe 7

29Nr. 7

Du findest die gut, solala oder sterbenslangweilig?

Du willst Kritik oder Lob loswerden? Du hast Ideen, wie wir besser

werden können? Oder schreibst oder gestaltest du gern?

Dann ran an die Bouletten: Komm in unser Team und hilf uns,

die nächste Ausgabe zu gestalten! Wir freuen uns auf dich!

Anregungen, Freude, Beschwerden oder Ideen kannst du auch

einfach mailen an: [email protected]

Du kriegst nicht genug von uns? Nachvollziehbar... ;)

www.speakup.to

JETZT DU!

Übereifrige sind bei der Schreibwerkstatt willkommen: Jetzt einen der letzten Plätze im StudiumPlus-Seminar sichern! Suche bei Puls nach Veranstaltung 10202 oder scann den Code mit deinem Handy!

SAMSTAG, 22.10.11AB 22.00 UHRSemestereröffnungspartyLindenpark Potsdamwww.lindenpark.de

SAMSTAG, 22.10.1119.00 UHRKonzert: MinervaKuZewww.kuze-potsdam.de

28.10. – 30.10.111. Potsdamer Improtheater- festival feat. HotdocsKuZewww.kuze-potsdam.de/kuze/improfestival

31.10. – 2.11.11Dia de los Muertos im KuZe: Die Tage der Toten Mexikoswww.kuze-potsdam.de

Page 30: speakUP Ausgabe 7

30

SAMSTAG, 29.10.1121.00 UHRSexy Punk: Perfekter Mix aus lauten Gitarren und schmei-chelnden MelodienWaschbar, Geschwister-Scholl-Straße 82www.waschbar-pdm.de

MONTAG, 31.10.1120.00 UHRComedy mit Oliver Kalkofe und Achim MentzelWaschhaus, Schiffbauergassewww.waschhaus.de

28.10. – 30.10.11HorrornächteFilmpark Babelsbergwww.filmpark-babelsberg.de

DIENSTAG, 1.11.1121.00 UHRDrei Jahre Rubys Tuesday Waschhaus, Schiffbauergassewww.rubystuesday.de/

SAMSTAG, 12.11.1121.00 UHRBack to the 80‘sArchiv Potsdam, Leipziger Straße 60www.archiv-potsdam.de

FREITAG, 18.11.1121.00 UHRHot tight loud – Gorilla Mon-soon + Stonehead + BeissertArchiv Potsdam, Leipziger Straße 60www.archiv-potsdam.de

SAMSTAG, 19.11.1119.00 UHRPotsdamer ChansonfestivalSchloßtheater im Neuen Palaiswww.jr-promotions.de/ potsdamer-chansonfestival.html

DONNERSTAG, 24.11.1120.00 UHRRed Hot Chili PeppersWaschhaus, Schiffbauergassewww.waschhaus.de

Für mehr Termine hat der Platz nicht gereicht, aber zur Entschuldigung haben wir uns natürlich was ausgedacht: unseren kostenlosen SMS-Infoservice: Einfach mal umblätern, dann erfährst du, wie das geht!

Page 31: speakUP Ausgabe 7

Veranstaltungstipp:Donnerstag, 10. November 2011, 19 Uhrim Brandenburgsaal der Staatskanzlei

Regieren uns die Banken?Dr. Heiner FlassbeckDirektor der Abteilung für Globalisierungund Entwicklungsstrategien, UNCTAD, Genf

Max BankATTAC-Koordinierungskreis, Köln

Dr. Helmuth MarkovFinanzminister des Landes Brandenburg

Regieren uns die Finanzmärkte? Welche Folgen hat das fürdie Demokratie? Welche Gestaltungsspielräume hat der Staat?Diese und weitere Fragen sollen während der Veranstaltungbesprochen werden.

Eintritt: freiAnmeldung: Telefon (0331) [email protected]

www.politische-bildung-brandenburg.de

Publikationen • VeranstaltungenAusstellungen • Internet

Ausstellungen in der Landeszentrale:

Bis zum 28. Oktober 2011:Trau keinem unter 60!Karikaturen zum demografischen Wandel

Ab 8. November 2011:Auf ein Neues!Neujahrskartenaus der Sammlung von Gerhard Trost

Geöffnet: Montag-Mittwoch 9-18 Uhr,Donnerstag und Freitag 9-15 Uhr

Brandenburgische Landeszentrale für politische BildungHeinrich-Mann-Allee 107 (Haus 17), 14473 Potsdam

Anz_landeszentrale 11.10.11 13:36 Seite 1

Page 32: speakUP Ausgabe 7

IMMER BESTENS INFORMIERT!

Deine hält dich auf dem Laufenden – auch in Echtzeit per SMS! Erhalte wirklich wichtige News rund um unsere Uni, praktische Erinnerungen (z.B. wenn der BAföG-Antrag fällig wird), Termine der coolsten Veranstaltungen und für Studis besonders lukrative Sonderangebote und Gutscheine direkt auf dein Handy!Das Beste daran: Es ist für dich völlig kostenlos und jederzeit wieder abbestellbar! Worauf wartest du also noch?

Schick einfach eine SMS mit „speakup“ an 0160/3271989

(normale SMS-Kosten, keine versteckten Gebühren oder

kostenpflichtige Abos! Abbestellung mit „speakup stop“) und

wir schicken dir durchschnittlich einmal pro Woche wichtige

Infos direkt auf dein Handy! Praktischer gehts nicht!

DER SMS-SERVICE

Und es kommt noch besser: Unter allen neu registrierten Studis verlosen wir 2 x 2 Freikarten für die Potsdamer UCI Kinowelt!

KOSTENLOS, TOPAKTUELL, PRAKTISCH!

Die speakUP gibt es auch als E-Paper für deinen Tablet-PC – oder zum gemütlichen

papierfreien Lesen am wärmeabstrahlenden flimmernden Röhrenbildschirm:

issuu.com/studizeitschrift-speakup