Schadensersatz bei Pflichtverletzung - Der dritte Rechtsbehelf -

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Schadensersatz bei Pflichtverletzung

- Der dritte Rechtsbehelf -

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Schadensersatz

• Ist verschuldensabhängig ausgestaltet, § 280:– Anspruch entfällt, wenn Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu

vertreten hat – Verweist auf §§ 276, 278

• Negative Formulierung im Prozess von Bedeutung: – Kläger muss anspruchsbegründende Umstände darlegen und

beweisen – Beklagter die Ausnahmen und Gegenrechte (Einreden)

• Negative Formulierung in § 280 bewirkt also, dass Beklagter sich hinsichtlich des Vertreten- Müssens entlasten muss – Nicht aber hinsichtlich der Pflichtverletzung: Diese ist vom

Kläger zu beweisen

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Zwei Probleme:

• Erstens: – Abgrenzung zwischen Pflichtverletzung und Vertreten – Müssen

im Prozess• Zweitens:

– Aufbau in der Klausur: Was gehört wohin? • Zu 1.:

– Str. ist, ob die Pflicht in § 280 handlungs- oder erfolgsbezogen ist

– Nach der zweiten Ansicht genügt es, wenn Gläubiger den ausbleibenden Erfolg darlegt

• Schuldner muss sich dann entlasten – Nach anderer Ansicht muss Gläubiger darlegen, welche

konkrete Handlungspflicht der Schuldner verletzt hat• Nur soweit ihm das gelingt, greift die Verschuldensvermutung ein.

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Scheinproblem:

• Das ganze ist im wesentlichen ein Scheinproblem: – Wo der Schuldner keinen bestimmten Erfolg herbeiführen muss,

kann die Pflicht nur handlungsbezogen sein– Dann muss Gläubiger auch entsprechend vortragen

• Bei Dienstverträgen, Unterlassungspflichten und Schutzpflichten muss also konkret vorgetragen werden, durch welche Handlung der Schuldner die Pflicht verletzt hat

– Demgegenüber sind die meisten übrigen (Haupt-) Pflichten erfolgsbezogen:

• Kauf, Miete, Werk, Darlehen etc. • Hier genügt es, den ausbleibenden Erfolg darzulegen. • Also beim Kauf zB die ausgebliebene Verschaffung von Eigentum in

mangelfreiem Zustand, bei der Miete die ausgebliebene Rückgabe der Mietsache etc.

• Schuldner muss darlegen/beweisen, warum er den geschuldeten Erfolg nicht herbeiführen konnte.

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Umgang damit in der Klausur:

• Bei erfolgsbezogenen Schuldverhältnissen genügt es für die Pflichtverletzung, dass Erfolg fehlt– Alles andere ist Frage des Vertreten- Müssens

• Bei handlungsbezogenen Pflichten ist nähere Ausführung im Rahmen der Pflichtverletzung erforderlich– Für das Vertreten- Müssen bleiben die subjektiven Dinge übrig

• Vermutungswirkung des § 280 I 2 gilt nur im Prozess!– In der Klausur nur, wenn Angaben im SV zum Vertreten–

Müssen fehlen – Sind welche vorhanden, müssen diese gewürdigt werden – Voreiliger Rückzug auf die Vermutung ist ein Fehler – Diese soll nur im Zweifel gelten, und Zweifel bestehen nicht,

wenn der Sachverhalt Angaben enthält.

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Vertreten- Müssen

• Haftung für eigenes Verschulden und für den Erfüllungsgehilfen

• Eigenes Verschulden: Vorsatz und Fahrlässigkeit

• Unterscheidung praktisch von Bedeutung im Bereich des § 823 II

• Bei Schutzgesetzverletzung kann es auf die Vorsätzlichkeit ankommen, wenn das Schutzgesetz Vorsatz verlangt

• zB § 5 GSB • Problem des Verbotsirrtums

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Vertreten- Müssen

• Fahrlässigkeit bedeutet im Verkehr erforderliche Sorgfalt • Mindeststandard, eigenes Unvermögen entlastet nicht • Insbesondere ist bei beruflichem Handeln der

berufserforderliche Standard geschuldet • Wer jedoch über höhere Fähigkeiten und überlegene

Kenntnisse verfügt, muss diese einsetzen • Deliktsfähigkeit ist Voraussetzung (§§ 827, 828) • Wichtig zB, wenn Minderjähriger mit Zustimmung der

gesetzlichen Vertreter kontrahiert

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Haftungsmilderung und Verschärfung

• Maßstab des § 276 I gilt nur, wenn nichts anderes (gesetzlich) bestimmt oder (vertraglich) vereinbart ist

• Gesetzlich milderer Maßstab: Grobe Fahrlässigkeit und eigenübliche Sorgfalt

• Grobe Fahrlässigkeit sehr wichtig, zB wegen Leistungsfreiheit des Sachversicherers nach VVG

• Eigenübliche Sorgfalt zB in § 346 III 1 Nr. 3, 690, 708, 1359, 1664.

• Haftung des AN gegenüber dem AG (näheres Vorlesung Arbeitsrecht)

• Haftung des Schuldners im Annahmeverzug des Gläubigers (§ 300)

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Haftungsverschärfung • In Betracht kommen vor allem Beschaffungsrisiken und Garantien • Ausdrücklich oder konkludent • Insbesondere Beschaffungsrisiko bei der Gattungsschuld • Mögliche Begrenzung der Gattung beachten (Vorratsschuld) • Mögliche Ausnahme bei Umständen, die nicht aus dem

Risikobereich des Schuldners stammen (Erkrankung, Naturkatastrophe)

• Insofern kann die Beurteilung hinsichtlich der Leistungspflicht (§ 275) von der Beurteilung des Verschuldens abweichen:

• Es kann sein, dass Unmöglichkeit eingetreten ist, der Schuldner aber nicht genug getan hat, um sie zu verhindern

• Dann Leistungspflicht (-), SE (+) • So BGH (nach altem Schuldrecht in BGH NJW 1994, 515 f –

Porsche 959 -.

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Haftungsverschärfung

• Die Regel über die Beschaffungspflicht gilt nicht nur für die Unmöglichkeit, sondern auch für die Spätleistung:

• Wer beschaffen soll, muss nicht nur überhaupt beschaffen, sondern auch rechtzeitig

• Verspätungen, die ihre Ursache im Risikobereich des Schuldners haben, gehen grds. zu dessen Lasten

• Betrifft das auch die Pflicht, mangelfrei zu beschaffen? • Wohl nicht: Keine generelle Untersuchungspflicht des

Weiterverkäufers • Und Gefahr erheblicher Mangelfolgeschäden

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Haftungsverschärfung

• Regel gilt insbesondere auch für Geldschulden

• Mittelbar auch für Handlungen, die aus Mangel an Zahlungsmitteln unterbleiben

• Ausnahme: Rechtsirrtum

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Haftungsverschärfung:• § 276 erwähnt die Möglichkeit einer Garantie • Verschuldensunabhängige Eintrittspflicht für einen bestimmten

Erfolg • Man unterscheidet die selbständige und die unselbständige

Garantie • Selbständige Garantie geht nicht vom Vertragspartner aus • Hauptfall: Herstellergarantie beim Kauf • Selbstständiges Garantieversprechen (Vertrag) • Muss nicht auf Mangelfreiheit iSd § 434 bezogen sein• Haltbarkeitsgarantie, Garantie nur für bestimmte Eigenschaften („6

Jahre rostfrei“) • § 276 meint hingegen die Garantie des Vertragspartners • Unselbständige Garantie • Im Vertrag mit enthalten • Umfang auch hier durch Vertrag und Auslegung bestimmbar

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Weitere Haftungsverschärfung durch Gesetz:

• § 536a für den Vermieter: Garantiehaftung für Zustand der Mietsache bei Übergabe – D.h. Schadensersatz auch dann, wenn er nicht

unsorgfältig gehandelt hat • § 287 S. 2: Haftung im Schuldnerverzug

– Schuldner leistet trotz Mahnung oder Termin schuldhaft nicht (§ 286)

– Gibt zB Miet- oder Leihsache nicht fristgerecht zurück – Haftung auch für Zufall, es sei denn, Störung nicht

kausal (§287 S. 2 a.E.) • Dieselbe Regel gilt für den Deliktsschuldner (§

848)

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Bezugspunkt des Verschuldens

• Antiquitäten-Fall: – Vertragsschluss über Stücksache telefonisch am Wochenende,

Ware im Lager. – Ware:

• Vor dem Vertragsschluss unbemerkt gestohlen • Nach dem Vertragsschluss unbemerkt gestohlen

– In beiden Fällen trotz ordnungsgemäßer Sicherung des Lagers gegen Diebstahl

• Befreiung von der Leistungspflicht (+)• Wegfall der Gegenleistung nach § 326 und Rücktritt für

den Käufer auch (+), aber als Rechtsfolge nicht sexy • Schadensersatz?

– Pflichtverletzung (+), Nichtleistung – Vertreten-Müssen?

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Bezugspunkt des Verschuldens

• Für den Diebstahl nach Vertragsschluss klar (-): Schuldner hatte den Diebstahl nicht zu vertreten

• Aber in dem anderen Fall? • Hier kommt Pflicht in Betracht, sich vor dem Verkauf

seiner Leistungsfähigkeit zu vergewissern • So § 311a:

– Bei Leistungsstörung vor Vertragsschluss – Und Befreiung nach § 275 I – III – SE-Haftung nur, wenn Schuldner das Hindernis kannte oder die

Unkenntnis zu vertreten hatte • Auch insoweit kommt Haftungsverschärfung oder

Haftungsmilderung in Betracht • Also etwa Garantie, Beschaffungspflicht einerseits, mildere Haftung

des Schenkers (§ 521) andererseits.

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Bezugspunkt des Verschuldens

• Regelung ist wichtig: – War die Leistung schon vor Vertragsschluss unmöglich

(australischer Wrack- Fall) oder unverhältnismäßig schwierig (§ 275 II, III), kommt es nicht auf die Herbeiführung der Leistungsstörung an, sondern auf die Kenntnis davon

– Wobei Kennen- Müssen gleichsteht

• Wer also zB die Errichtung eines Bauwerks verspricht, kann sich bei Leistungserschwerung möglicherweise auf § 275 II berufen, schuldet aber SE, wenn er die Verhältnisse nicht geprüft hat

• Frage des machen- müssen ist von der Frage des ersetzen- müssens unabhängig zu beurteilen

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Zweifelsfragen bei § 311a

• Haftung auch für Vernachlässigung der Prüfungspflicht oder nur für diese?– Fallabwandlung: Unbemerkter Diebstahl wenige Minuten vor

Vertragsschluss – Aber Tür nicht abgeschlossen

• Ganz hM: § 311a ist exklusive Anspruchsgrundlage für Fälle dieser Art– Daher Haftung nur unter den Vssgen. des § 311a

• aA: § 311a nur anderer Bezugspunkt des Verschuldens – Aber Ergebnis dasselbe, da vor Vertragsschluss noch keine

Pflicht gegenüber dem Käufer zu Sicherungsmaßnahmen – Gestützt auch durch den Wortlaut: – Haftung „Gilt nicht“, wenn der Schuldner das Hindernis nicht

kannte und die Unkenntnis nicht zu vertreten hattte

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Zweifelsfragen bei § 311a:

• Geltung auch für andere Fälle als Unmöglichkeit? – Sicher bei der Spätleistung:

• Verpflichtung, sich der eigenen Leistungsbereitschaft zu vergewissern, überzeugt auch hier.

– Hinsichtlich der Mangelfreiheit aber zweifelhaft: • Keine generelle Prüfungspflicht des Verkäufers • Schwerpunkt liegt auf der Fehlerhaftigkeit, nicht auf der

Kenntnis davon • Zudem im Kaufrecht fast nur anfängliche Mängel (wegen §

434: „Vor Gefahrübergang“)• Besser daher: Haftung wegen Nichtkenntnis der

Mangelhaftigkeit nur, wenn Prüfungspflicht auf Mängel ausdrücklich oder konkludent übernommen

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Erfüllungsgehilfe:

• Nach § 278 wie eigenes Verschulden zu vertreten – Es gilt der Haftungsmaßstab, der für den Geschäftsherrn gilt

• Erfüllungsgehilfe muss ins Schuldverhältnis eingeschaltet sein – Wortlaut „zur Erfüllung bedient“ – Es muss also schon etwas zu erfüllen geben – Das kann aber auch eine Sorgfaltspflicht im vorvertraglichen

Bereich sein (§§ 311 II, 241 II) • Reine Vorbereitungshandlungen sind nicht genügend

– Str. ist Haftung für den Hersteller weiterverkaufter Ware• Ganz hM: Nein, Herstellung ist keine Pflicht des Verkäufers • Zudem anderweitige Regelung im ProdHG • Es kommt allein Auswahl- und Organisationsverschulden des

Verkäufers in Betracht

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Erfüllungsgehilfe:

• Muss kein Angestellter sein– Weisungsunabhängige Stellung schadet nicht – Bauunternehmer, Notar, Deutsche Bahn

• Einschränkung: Handeln bei Gelegenheit – Pflichtverletzung muss „in Ausführung der

Verrichtung“ geschehen sein – Merkmal wird aus § 31 und § 831 hierher

übernommen – Problem: Vorsatztaten des Gehilfen, völlige

Überschreitung des Aufgabengebiets.

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Organe und gesetzliche Vertreter

• Für die Organe der Körperschaften und juristischen Personen gilt § 31 (ggf. iVm § 89)

• Norm wird auf sonstige Personenvereinigungen angewendet, die verfestigte Organisationsstruktur aufweisen (insbes. OHG, KG, nicht rechtsfähiger Verein)

• Unterschied zu § 278: – Keine Freizeichnung möglich (vgl. § 278 S. 2)

• Vertreter kann man haben, Organe muss man haben • Deshalb unbedingte Einstandspflicht

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