Internationales Erb- und Erbverfahrensrecht
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Internationales Erb- und Erbverfahrensrecht
Vortrag von Dr. Otto Wienke
Rechtsanwalt und Notar, Fachanwalt für Erbrecht
Statistisches
• europaweit jährlich 450.000 Erbfälle mit Auslandsbe-rührung, Tendenz: steigend
• Gesamtwert ungefähr 123 Mrd. Euro• Gesamtkosten für die jeweiligen Begünstigten ca.3,7
Mrd. Euro• zunehmende Mobilität der europäischen Bürger und
Unternehmen• ca. 15 % Eheschließungen mit ausländischem Partner• ca. 9 % Ausländeranteil, in Großstädten bis 20 %• Nur ca. 20 % der Bevölkerung hinterlassen Testament
Beispielsfälle
• Ehe eines Deutschen mit einer Französin• deutsche Eheleute mit beweglichem und
unbeweglichem Vermögen im Inland und im Ausland (Finca oder ETW auf Mallorca)
• türkische Staatsangehörige mit jahrelangem Wohnsitz in Deutschland und mit bewegli-chem und unbeweglichem Vermögen in Deutschland und in der Türkei (nicht Europa!)
• Wohnsitzverlagerung im Alter nach Mallorca
Konkret
• Beispielsfälle: • Ehefrau Deutsche, Ehemann Russe, Wohnsitz in
Deutschland, Grundbesitz in Deutschland und Russland, Tochter aus 1. Ehe in Russland
• Ehemann Ägypter, Ehefrau Deutsche, Wohnsitz in Paris und Grundbesitz des Ehemannes in Deutschland Ehemann verstirbt
• Anteil an Grundbesitzgesellschaft im Ausland: bewegliches Vermögen, Anteil am Grundbesitz selbst: unbewegliches Vermögen
Grundlagen und bisherige Rechtslage
• Gesetzliche Grundlagen: EGBGB und BGB• welche Rechtsordnung bei dem konkreten
Erblasser ist anwendbar?• EGBGB: Verweis auf anzuwendendes Recht• nur bei deutschem Erblasser: deutsches BGB• unabhängig von seinem Wohnsitz, dem Wohnsitz
der Erben oder deren Staatsangehörigkeit oder Belegenheit des Vermögens, aber: Art. 3 a II EGBGB
• fünftes Buch des BGB: Erbrecht
Beispiel zu lex rei sitae:
• Für Grundstücke oder ETW eines Deutschen in Spanien gilt deutsches (und nicht spanisches) Erbrecht
• Für Grundstücke oder ETW eines Deutschen in Frankreich gilt französisches (und nicht deut-sches) Erbrecht
• Die Lage der Immobilie bestimmt das anzuwen-dende Erbrecht
• Umgehung: Einbringung der Immobilie in eine Grundbesitzgesellschaft: bewegliches Vermögen!
bisherige Rechtslage• Vorrang internationaler Regelungen und Staatsverträge,
Art. 3 EGBGB: Iran 1929 (zwischen Persien und Deutschem Kaiserreich!!), Türkei 1929, Sowjetunion 1958 !!!
• Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit, Art. 25 EGBGB• Annahme, Rück-und Weiterverweisung, Rechtsspaltung• Regelung für Mehrstaatler, Art. 5 EGBGB• Ordre public, (z.B. Schlechterstellung der Ehefrau oder
anderer Religionszugehöriger) Art. 6 EGBGB• bisher unabhängig vom Wohnsitz• unterschiedliche Rechtslage in vielen europäischen und
außereuropäischen Ländern, meist in Europa aber wie in Deutschland: Staatsangehörigkeit entscheidend
Einzelfall zu Staatsvertrag
• Moldawien• Zwischen Deutschland und Moldawien als
ehemaliger Sowjetrepublik - gilt noch der deutsch-sowjetische Konsularvertrag vom 1958, d.h. es gilt für bewegliche Sachen das Recht des Wohnsitzes für unbewegliche das Recht des Lageorts.
Probleme:
• Nachlassspaltung• Anerkennung von Verfügungen von Todes wegen
länderabhängig unterschiedlich:– z.B. gemeinschaftliches Testament (Spanien: nicht
anerkannt !!!– Fingerabdruck (Mexiko)– Zeugenanwesenheit (englischer Rechtskreis)– schriftlich,handschriftlich,maschinenschriftlich (in
Indien zusammen mit Zeugen wirksam !)– Hinterlegungsnotwendigkeit (Spanien!!!)
Entwicklung• EU-Grünbuch (Internationales) Erb- und Testamentsrecht • - Bericht "Aktuelles aus Brüssel", BNotK-Intern 2/2008, S. 6 • - Entschließung des Europäischen Parlaments mit Empfehlungen an
die Kommission zum Erb- und Testamentrecht (2005/2148(INI) vom 16.11.2006
• Stellungnahmen zum Grünbuch • - Grünbuch KOM (2005) 65 vom 1.3.2005 (= BR-Drucks. 174/05
vom 14.3.2005) • - Anhang zum Grünbuch (nur auf Französisch) • -
DNotI-Symposium Internationales Erbrecht in der EU - Perspektiven einer Harmonisierung, Brüssel 10./11.5.2004
• - DNotI-Studie Internationales Erbrecht 2002 • - franz. Original und Länderberichte zur Studie
Vorgaben aus Brüssel
• Rom IV Verordnung, Kommisionsvorschlag vom 14.10.2009
• derzeit im Rechtsausschuss des Europäschen Parlaments in Brüssel
• technisch schwierigste Projekt im Rahmen der justiziellen Zusammenarbeit der EU-Staaten
• 36 Erwägungsgründe vorangestellt• Ausnahmen für Dänemark und England
Vorgaben aus Brüssel
• Anknüpfung an Status des gewöhnlichen Aufenthaltes, Art. 16 Rom IV VO
• Abkehr vom Staatsangehörigkeitsprinzip• Rechtswahlmöglichkeit für die eigene
Staatsangehörigkeit, Art. 17 Rom IV VO• grenzüberschreitendes europäisches
Nachlass-zeugnis• Inkrafttreten 2012, Handlungsbedarf !!
Einzelheiten
• Frage, welches Erbrecht auf den konkreten Erbfall Anwendung findet:
• letzter gewöhnlicher Aufenthaltsort des Erblassers für das materielle Erbrecht und das Erbverfahrensrecht entscheidend
• Anwendbarkeit auf alle Erbfälle nach Inkraft-treten, keine rechtliche, aber tatsächliche Rückwirkung (Test. aus 2000, Inkrafttreten 2012, Sterbefall 2015)
Gewöhnlicher Aufenthaltsort
• Wahldomizil: • tatsächlicher Aufenthalt an einem Ort verbunden
mit der Absicht, an diesem Ort für immer oder für unbestimmte Zeit zu verbleiben
• Indizien: – Dauer und Regelmäßigkeit des Aufenthalts– Gründe für den Aufenthalt– familiäre und soziale Bindungen
• vielfach nicht eindeutig zu bestimmen
Gestaltungsmöglichkeiten:
• Rechtswahl in Testamentsform !!!• nur Rechtswahl der eigenen Staatsangehörig-
keit möglich• Einzeltestamente bei Auslandsberührung• Verlagerung des gewöhnlichen Aufenthaltes,
um deutsches Erb- und insbes. dt. Pflichtteils-recht zu vermeiden (z.B. Spanien besser !)
• deutlich einfacher als Wechsel der Staatsange-hörigkeit
Einzelheiten
• Regelungen zur internationalen Zuständigkeit der Gerichte zur Nachlassabwicklung:
• Gerichte am letzten gewöhnlichen Aufent-haltsort des Erblassers international zuständig nach § 105 FamFG
• ausnahmsweise kann an ein Gericht des Hei-matstaats des Erblassers verwiesen werden
Einzelheiten
• einheitliches Muster für ein europäisches Nachlasszeugnis für weltweiten Nachlass des Erblassers
• tritt nicht an die Stelle der innerstaatlichen Verfahren
• weiterhin notarielle Beurkundung der eidesstatt-lichen Versicherung der Richtigkeit der gemach-ten Angaben erforderlich
• deutscher Erbschein bisher im Ausland i.d.R. nicht anerkannt
Europaübersicht
• www.successions-europe.eu • Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Würzburg• ENN Das Euröpäische Netz des Notariats• Notare , Fachanwälte für Erbrecht
weitere nützliche Links zum Erbrecht
• www.successions-europe.eu • www.ndeex.de• www.erbrechtsgesellschaft.de• www.erbrecht-erbr.de • www.dvev.de• www.stiftungsrecht-plus.de• www.bnotk.de• www.brak.de• www.notarinstitut.de• www.hoernerbank.de• www.ottowienke.de
Schluss
• Vorsorge und Regelungen treffen !• besser als alles einfach laufen zu lassen !• denken Sie daran: gestorben wird immer,
bleiben Sie gesund !• Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit !