Bienen und Pollen - Deutschland summt

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10 Sommerheft NATUR&Land 97. JG. – Heft 2-2011 Alpenhummel Bombus alpinus auf Steinbrech. Die gefleckten Blütenblätter täu- schen Pollen- reichtum vor, um noch attraktiver zu erscheinen. W W ährend bei ursprünglichen Pflanzen – bei uns vor allem Nadelbäume – und sekun- där auch bei vielen höheren Pflanzen (Laubbäume, Blütenpflanzen) die Rolle der Bestäubung der Wind und in seltenen Fällen auch das Wasser inne- haben, sind höhere Pflanzen in der Mehrzahl der Fälle für die Übertragung ihres Pollens auf Tiere angewiesen. In unseren Breiten sind es vor allem Insekten, die zum Teil als hoch spezifische Bestäuber auftreten. Beson- ders wichtige Bestäuber sind bei uns die vielen Arten von Bienen, von denen die Honigbiene lediglich eine Art ist. WIE ENTSTAND DIE INSEKTENBESTÄUBUNG? Irgendwann im frühen Mesozoikum (Trias, vor etwa 200 Mio. Jahren) etablierte sich eine neue Form der Pollenübertragung, nämlich die durch Insekten. Dies muss man vor dem Hintergrund sehen, dass vor allem Käfer großes Interesse am energiereichen Pollen als Nahrungsgrundlage hatten und sicherlich die ebenso schmackhaften Samen fraßen. Wenn nun diese frühen Nacktsamer oder Gymnospermen einerseits die Käfer für eine Pollenübertragung nutzen wollten, sie anderer- seits dadurch vermehrt ihrer Samenanlagen verlustig gingen, musste in dieser Phase der Evolution zwischen der Gefahr des Samenfressens und dem Nutzen einer Bienen und Pollen Die Mehrzahl aller Blüten- pflanzen benötigt Transpor- teure zur Übertragung ihres Pollens auf die Narbe einer anderen Blüte. Meist borgen sie sich Tiere oder den Wind dafür aus. Ausgenommen bei der Selbstbestäubung, bei der zur Samenbildung auf Bestäu- ber verzichtet wird oder bei der ungeschlechtlichen Fort- pflanzung, die sogar gänzlich ohne Pollen auskommt. VON HANNES F. P AULUS

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10 Sommerheft NATUR&Land 97. JG. – Heft 2-2011

AlpenhummelBombus alpinusauf Steinbrech.Die geflecktenBlütenblätter täu-schen Pollen-reichtum vor, umnoch attraktiverzu erscheinen.

WWährend bei ursprünglichen Pflanzen – beiuns vor allem Nadelbäume – und sekun-där auch bei vielen höheren Pflanzen

(Laubbäume, Blütenpflanzen) die Rolle der Bestäubungder Wind und in seltenen Fällen auch das Wasser inne-haben, sind höhere Pflanzen in der Mehrzahl der Fällefür die Übertragung ihres Pollens auf Tiere angewiesen.In unseren Breiten sind es vor allem Insekten, die zumTeil als hoch spezifische Bestäuber auftreten. Beson-ders wichtige Bestäuber sind bei uns die vielen Artenvon Bienen, von denen die Honigbiene lediglich eine Artist.

WIE ENTSTAND DIE INSEKTENBESTÄUBUNG?

Irgendwann im frühen Mesozoikum (Trias, vor etwa200 Mio. Jahren) etablierte sich eine neue Form derPollenübertragung, nämlich die durch Insekten. Diesmuss man vor dem Hintergrund sehen, dass vor allemKäfer großes Interesse am energiereichen Pollen alsNahrungsgrundlage hatten und sicherlich die ebensoschmackhaften Samen fraßen. Wenn nun diese frühenNacktsamer oder Gymnospermen einerseits die Käferfür eine Pollenübertragung nutzen wollten, sie anderer-seits dadurch vermehrt ihrer Samenanlagen verlustiggingen, musste in dieser Phase der Evolution zwischender Gefahr des Samenfressens und dem Nutzen einer

Bienen und Pollen

Die Mehrzahl aller Blüten-pflanzen benötigt Transpor-teure zur Übertragung ihresPollens auf die Narbe eineranderen Blüte. Meist borgensie sich Tiere oder den Winddafür aus. Ausgenommen beider Selbstbestäubung, bei derzur Samenbildung auf Bestäu-ber verzichtet wird oder beider ungeschlechtlichen Fort-pflanzung, die sogar gänzlichohne Pollen auskommt. VON HANNES F. PAULUS

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Käfer waren dieersten bestäu-benden Insekten,lange bevor Bie-nen, Schmetter-linge, Vögel undSäuger existier-ten. Die ursprünglicheBlütenform warkreisförmig sym-metrisch, wie dieStockrosenblütelinks. BeidseitigsymmetrischeBlüten, wie beider Taubnessel(oben), entwi-ckelten sich erstspäter.

gezielten Pollen-übertragung einKompromiss gefundenwerden. Die selektive Antwort war die Entstehung derBedecktsamigkeit oder Angiospermie, also die Erfin-dung von schützenden Fruchtschalen. Bevor jedoch ei-ne Pollenübertragung sinnvoll möglich war, musste einWeg gefunden werden, auch weibliche Blüten für diePollenfresser attraktiv zu machen. Da Nektar als Beloh-nung erst viel später erfunden wurde, bestand die evo-lutive Lösung darin, weibliche Blüten in die unmittelbareNachbarschaft männlicher Blüten zu bringen und siespäter schließlich zu zwittrigen Blüten zu vereinen.

Das muss man sich so vorstellen, dass immer dieje-nigen Individuen in solchen Pflanzenpopulationen er-folgreicher bestäubt wurden, die solche Schritte bereits

etwas besser etablieren konnten, also entsprechendeMutationen aufwiesen. Diese hatten dann höheren Fort-pflanzungserfolg als ihre Artgenossen. Dadurch reicher-ten sich im Laufe der Generationenfolge immer mehr je-ne erfolgreicheren Genotypen an, bis schließlich dieVorfahren verdrängt waren. Diesen Prozess nennt manseit Darwin Selektion.

Die ersten Insekten, die hier wohl eine Führungsrollein der Stammesgeschichte der Bedecktsamer geführthaben, waren höchst wahrscheinlich Käfer, da andere,auch heute erfolgreiche Blütenbesucher-Gruppen, wieBienen, Schmetterlinge oder in den Tropen Vögel undFledermäuse noch gar nicht existierten. Erst danachkonnten sich weitere spezialisierte Blütenbesuchergrup-pen herausbilden. Dabei entstand die heutige Vielfaltder Blütentypen mit ihren Farben und Düften.

Der funktionelle Vorteil war übrigens, dass auf diesemWeg die „teure“ Produktion von Pollen mehr und mehrverringert werden konnte, da mit Hilfe jener Insekten,

die wesentlich weniger Pollen benötigten, dennochein Maximum an erfolgreicher Befruchtung der Sa-menanlagen erreicht werden konnte. Pollen enthal-ten nämlich viele Aminosäuren, die wiederum vielStickstoff benötigen und Stickstoff ist bis heute fürPflanzen eine Mangelware. Die Verringerung desPollenangebotes ist bis heute ein wichtiger Evoluti-onsschritt in der Blütenmorphologie der Pflanzen

und bildet eine wichtige Grundlage für die Systematikder höheren Pflanzen.

DIE EVOLUTION VON BLÜTENFORMEN

Ursprüngliche Vertreter der Bedecktsamer haben vie-le Staubgefäße (z.B. Magnoliengewächse, Hahnenfuß-gewächse etc.), weiter fortgeschrittene Familien habennur wenige Staubgefäße (z.B. Salbeiarten, die sogarnur zwei haben). Dies musste allerdings einhergehenmit der Entstehung sogenannter Präzisionsblüten, dieso gebaut sind, dass ein Bestäuber in eine bestimmteSitzposition gezwungen wird, um den Pollen dadurchgezielt auf bestimmte Teile des Körpers platzieren zukönnen. Das Ergebnis waren die beidseitig symmetri-schen (zygomorphen) Blüten mit Sitzplattformen. Ur-sprünglich gab es nur radiärsymmetrische Blüten (z.B.Anemonen, Rosen etc.). Beidseitig symmetrische Blü-tenformen entwickelten sich wahrscheinlich erst mit

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dem Aufkommen der Bienen. Sol-che Blüten (z.B. die der Salbei-Ar-ten, Taubnesseln) können ihrenPollen entweder auf dem Rückenihrer Bestäuber oder, wenn esSchmetterlingsblütler sind, auf dieBauchseite deponieren. Bereits diesist eine Methode der Verminderung vonPollenverlust bzw. der Erhöhung der korrek-ten Pollenübertragung auf die Narbe.

Die Insektenblütigkeit verbreitete sichdurch trickreiche Erfindung und Einsatzvon Locksignalen. Dazu entwickeltendie Blüten zunächst einen farbigenSchauapparat, dessen Farben vonden Komplex- oder Linsenaugenihrer Bestäuber schon teilweisewahrgenommen werden konnte.Da in dem Heer der vielen Blüten-arten eine hohe Konkurrenz um Be-stäuber besteht, mussten die Signalevielfältig sein, um an ihnen diese Blü-ten für Bestäuber unterscheidbar undauch leicht lernbar zu machen. Die Motivation,Blüten zu besuchen, besteht im Erlangen vonBelohnungen, z.B. von Nektar, einer Mi-schung aus verschiedenen Zuckern,wie Fructose, Saccharose und Glu-cose. Einige Pflanzen, v. a. in denTropen, bieten auch fettes Öl alsBelohnung für spezialisierte Bie-nen an. Bei uns findet sich diesbeim Gilbweiderich (Lysimachiavulgaris), der von der nur auf diesePflanze spezialisierten Auen-Schenkelbiene Macropis europaeabestäubt wird.

Als Folge dieser Konkurrenz entstandendie vielen Blütentypen und entsprechend viele po-tenzielle Bestäuber. Was soviel bedeutet, alsdass die Vielfalt unserer Schmetterlingeoder Wildbienen ohne ihre Blüten nichtentstanden wäre und natürlich um-gekehrt. Diesen Prozess bezeich-net man als Co-Evolution.

DIE EVOLUTION VONBLÜTENFARBEN

In der immer feineren Trennungauf immer mehr Bestäuberformenmussten auch die Signale immer diffe-renzierter werden. Da Bienen im Allge-meinen nicht nur Farben sehen, sondernauch in der Lage sind, ultraviolettes Licht wahrzu-nehmen, entstanden auch vielfältige UV-Muster auf Blü-

ten, z.B. Linien auf den oder Mi-schungen mit anderen Farben inder Blütenkrone. Diese nehmenwir Menschen nicht wahr, können

aber mit Hilfe spezieller Fotooptiksichtbar gemacht werden. Dies hat

eine interessante Konsequenz für dieFärbung von Blüten zur Folge, je nach-

dem ob UV dabei ist oder nicht. Für mensch-liche Augen stellt die Farbe Weiß die Mischung aller

Spektren dar. Weiße Blüten sind daher füruns auch dann weiß, wenn UV dabei ist.

Für eine Biene ist es aber ein essen-tieller Unterschied, ob UV dabei istoder nicht. Denn für eine Biene isteine Blüte nur weiß („Bienen-weiß“), wenn UV dabei ist und Rotfehlt. Ohne UV haben diese Blü-ten für eine Biene eine gänzlich

andere Farbe. Andererseits könnendie meisten Bienen kein Rot sehen,

so dass rote Blüten für sie schwarzsind. Wenn allerdings UV dabei ist, sind

solche Blüten für unser Auge rot, für die derBienen jedoch ultraviolett. Dies bedeutet, dass

wir in der Beurteilung der Farben von Blü-ten stets hinterfragen müssen, welches

Sehsystem die betreffenden Bestäu-ber haben. Die Blütenfarben sindnämlich in der Evolution für die Au-gen der Bestäuber, nicht aber fürunsere Augen entstanden.

Ähnliches gilt für die vielen Düf-te der Blüten. Auch sie sind Signa-

le an ihre Bestäuber, die daran ihreBlüten oft schon über größere Distan-

zen finden und erkennen können.

WER PASST ZU WEM?

Bestimmte Bestäubergruppen besuchenbestimmte Blütentypen, weshalb sie als

deren Hauptbestäuber gelten. Dieshatte zur Folge, dass diese Tiere

solche Blüteneigenschaften förder-ten, die für sie das Finden und er-folgreiche Bestäuben erleichtern.Es entstand daher ein Set ge-meinsamer Strukturen und Signa-

le, die charakteristisch für die je-weiligen Bestäubergruppen sind. So

können wir auch ohne Kenntnis desBestäubers vorhersagen, wer hier wohl

als Pollenüberträger auftritt. Unterschiedenwird zwischen Vogelblumen, Fledermausblumen,

Nachtfalterblumen, Tagfalterblumen oder Bienenblumen

Ohne die Vielfaltan Blüten wäredie Vielfalt an Be-stäubern und um-gekehrt nicht ent-standen:

v.o.: Öl sammeln-de Biene Macro-pis labiata aufGilbweiderich Ly-simachia vulga-ris.Die GrauweißeHummel Bombusmucidus auf ei-nem Korbblütler.Die Knautien-Sandbiene An-drena hattorfianaist Spezialistinauf Knautien undSkabiosen.Ein Kohlweißlingauf der KleinenHändelwurzGymnadenia co-nopsea, einerTagfalterblume.

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– je nachdem, von welcher Tieren sie bestäubt werden(siehe Tabelle).

In unseren Breiten dominieren Bienenblumen. Dievielen Arten von Bienen sind besonders effektive Be-stäuber, da sie Blüten nicht nur besuchen, um selbstsatt zu werden, sondern auch zum Pollensammelnfür ihre Brut. Die erfolgreiche Evolution der Bienen-artigen besteht nämlich darin, dass sie ihre Brut imZuge einer komplexen Brutfürsorge mit Pollen/Nek-tar füttern. Da sie dadurch auch quantitativ erheblichmehr Blüten besuchen als andere Insekten, sind siebesonders erfolgreiche Bestäuber. Dadurch habenund hatten sie einen erheblichen Einfluss auf die Ent-faltung der vielen Blütentypen. In unseren Breitenspielen hierbei die vielen Hummelarten eine wichtige

Blütenflederfle-dermaus Glos-sophaga sori-cina an derBlüte des Wei-ßen Wollbau-mes (Peudo-bombax septe-natum )

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Man sieht, dass bei Bienenblumen die Blütenfarben gelb oder blauviolett verbreitet sind, bei Tagfalterblumen bläulich rot, bei Nachtfalter-blumen weiß oder bei Vogelblumen in den Tropen vor allem reines Rot verbreitet sind. Häufig sind diese Farben ein Mittel der Konkurrenz-verminderung, da z.B. rote Vogelblumen von Bienen nicht bzw. als schwarz gesehen werden. Fledermausblüten Südamerikas haben garkeine spezifischen Färbungen, da ihre Langzungen-Fledermäuse diese Blüten am Duft oder der Ultraschallreflexion erkennen.

Wer bestäubt welche Blüte (Mitteleuropa)? Syndrom Bestäuber Blütenfarbe Duft Nahrung Beispiele

Käferblütigkeit (Cantharophilie)

Käfer (Blattwespen, Schwebfliegen)

grünlich bräunlich, weiss süßlich Nektar

Viele Doldenblütler (Umbelliferae) Holunder, Liguster, Zweiblatt, Grüne Hohlzunge, Gewürzstrauch Calycanthus etc.

Fliegenblütigkeit (Myiophilie)

Fliegen, kl. Schlupfwespen grünlich, bräunlich schwach süßlich Nektar Weißer und Schwarzer Germer,

Einbeere

Nektar Die meisten Lippenblütler, Fabaceae, Scrophulariaceae, Ranunculaceae etc. Bienenblütigkeit

(Melittophilie) Bienen (Hummeln)

weiß, gelb, purpur, rötlich-grünlich, blauviolett süßlich

Nektarvor-täuschung

Orchis, Dactylorhiza, Cephalanthera, Limodorum

Wespenblütigkeit (Vespophilie) soziale Wespen weißlich, purpur, grünlich,

bräunlich süßlich Nektar Ständelwurz (Epipactis), Braunwurz (Scrophularia)

Schwärmerblütigkeit (Sphingophilie) Schwärmer (Sphingidae) Weiß bis grünlich-weiß stark süßlich viel Nektar Weißblütige Nelkengewächse,

Lonicera, Platanthera bifolia Kleine Nachtfalter (Phalaenophilie) Eulen, Spanner weißlich bis grünlich süßlich Nektar Silene, Saponaria, Platanthera

chlorantha,

Nektar Rote Dianthusarten, Rote Lichtnelke, Sommerflieder (Buddleja), Gymnadenia, Nigritella Tagfalterblütigkeit

(Psychophilie) Tagfalter, Bluts- tröpfchen, tagaktive Schwärmer

purpurrot- oder schwarzrot

ohne oder süßlich Nektarvor-

täuschung Pyramidenorchis (Anacamptis pyramidalis)

Sexualtäuschung (Pseudokopulation)

Bienen-, Wespen- Männchen Weibchenfärbung Imitation der

Sexuallockstoffe keine Ganze Orchideengattung Ophrys (Ragwurz)

Wer bestäubt welche Blüte in den Tropen?

Syndrom Bestäuber Blütenfarbe Duft Nahrung Beispiele

Vogelblütigkeit (Ornithophilie)

Kolibris (Amerika) Nektarvögel (Afrika, SO-Asien) Honigfresser (Australien) Pinselzungenpapageien (Australien) Kleidervögel (Hawaii)

Meist rein rot Bläulich (Hawaii) ohne

Nektar (oft mit Aminosäuren angereichert)

Zahlreiche unserer roten Zimmerpflanzen, Fuchsien, Weihnachtsstern, rotblütige Kakteen, auf den Kanarischen Inseln: Lotus berthelotii, Echium wildpretii etc.

Fledermausblütigkeit (Chirpterophilie)

Langzungenfledermäuse (Amerika). Flughunde (Afrika, SO-Asien)

Grünlich, weißlich, bräunlich; in Afrika und SO-Asien meist weiss

Muffig kohlartiger Duft

Viel Nektar Balsaholzbaum, Bananen, viele Bombacaceae, Glockenrebe (Cobaea), Mucuna, Erythrina fusca, in Afrika: Affenbrot- und Leberwurstbaum etc.

Hoch-Moorgelbling auf Arnika

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Rolle, die ein gutes Beispiel dafür sind, wie Generalistenüber Lernen ein breites Blütenangebot so nutzen, dassnur wenig Konkurrenz zwischen den Hummelarten be-steht.

TÄUSCHUNGSMANÖVER

Das große Angebot an potenziellen Bestäubern er-laubt aber auch Täuschungsmanöver. So gibt es Blüten,die zwar so aussehen wie andere Nektarblumen, abernichts zu bieten haben. Man spricht hier von Nahrungs-täuschblumen. Vor allem bei vielen Orchideenartenkommen solche Fälle verbreitet vor. Unsere Knaben-kräuter der Gattungen Orchis und Dactylorhiza sind fastalle solche Täuscher. Die Bienen fallen darauf zwar oftherein, lernen aber schnell, diese leeren Gasthäuser zumeiden. Die Pflanze hat jedoch erreicht, was sie wollte:die Bestäubung.

Andere Formen von Täuschung bedienen sich be-stimmter Instinkte ihrer Bestäuber und täuschen ihnenz.B. Eiablageplätze oder sogar Paarungspartner vor. Al-le Aronstabgewächse (Araceae) oder Osterluzeige-wächse (Aristolochiaceae) bieten verschiedene vorge-täuschte Eiablagesubstrate an, indem sowohl die Düfteals auch entsprechende Färbungen als Locksignale imAngebot stehen. So werden Aasfliegen oder Aaskäfer,Dungkäfer oder Pilzmücken angelockt, die in Erwartunggeeigneter Eiablageplätze die Blumen besuchen undvielfach sogar versuchen, Eier zu legen. Besonders in-teressant sind Sexualtäuschblumen, die mit ihren Blü-ten alle Signale imitieren, um paarungswillige Männ-chen von überwiegend Bienen oder Wespen anzulo-cken. Diese versuchen tatsächlich diese Weibchenat-trappen zu begatten (Pseudokopulation) und übertra-gen dabei den Pollen der Blüten. Bei uns findet sich diesbei den vielen Arten der Orchideengattung Ragwurz(Ophrys), mit Arten wie die Hummelragwurz, Fliegen-ragwurz oder Spinnenragwurz, die bei uns nur auf wär-

mebegünstigten Standorten vorkommen. Die Arten die-ser Gattung sind vor allem im Mittelmeerraum verbreitetund besitzen auf Grund dieses hochspezialierten Lock-systems für jede Ophrysart einen eigenen Bestäuber.

GENERALISTEN UND SPEZIALISTENUNTER DEN BIENEN

Bienen können in der Wahl der Blüten zum Pollen-sammeln entweder nehmen, was gerade blüht (polylek-tisch: von gr. poly = viel, lektos = gesammelt) oder siesind sehr wählerisch, beschränken sich auf eine oderdie nächstverwandten Pflanzenarten oder auf Arten undGattungen einer Familie (mono- oder oligolektisch). Beider Mehrzahl unserer Bienen ist dieses Wahlverhaltenangeboren, so dass bestimmte Bienenarten stets oderbevorzugt an denselben Blüten angetroffen werden.Zum Nektartrinken können bei Blumenmangel aller-dings auch gänzlich andere Blüten besucht werden.Dies tun vor allem die Männchen der betreffenden Bie-nenarten. Diese Spezialisierung ist gut zur Vermeidungder Konkurrenz zwischen den Bienen selbst, aber auchgut für die effektive Bestäubung der betreffenden Blü-ten. Je blütensteter die Besucher sind, umso sichererwird der Pollen nur innerhalb der jeweiligen Blütenartverbreitet. Ausgesprochene Spezialisten sind bei unsselten – einige Beispiele siehe Kasten rechts.

Text: O. Univ.- Prof. Dr. HannesF. Paulus, Leiter des Departmentsfür Evolutionsbiologie, Althanstra-ße 14, 1090 Wien, T +43/(1)/4277-54490, [email protected]

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Gerissen: Das Holunder-Knaben-kraut Dactylorhiza sambucinatäuscht der Grauweißen HummelBombus mucidus Nahrung vorund bekommt ebenso die Bestäu-bung ohne Gegenleistung.

Raffiniert: DieHummelragwurzOphrys episcopa-lis täuscht einpaarungsbereitesWeibchen vor –und wird von ei-nem pseudo -kopulierendemLanghornbienen-männchen Euce-ra cressa „gratis“bestäubt.

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Sommerheft NATUR&Land 97. JG. – Heft 2-2011

p Andrena hattorfiana – (Knautien-Sandbiene) nur an Witwenblume(Knautia), Bild 1+2

p Andrena florea – (Zaunrüben-Sandbiene) nur an Zaunrübe (Bryonia)p Andrena curvungula und pandellei – (Braun- und Grauschuppige Sand-

biene) nur an Glockenblumenp Andrena marginata – (Sandbiene) vor allem an Scabiosap Andrena symphyti – (Beinwell-Sandbiene) nur an Symphytum (Beinwell)p Andrena vaga – (Weidensandbiene) nur an Weiden, Bild 3p Systropha curvicornis und planidens – (Spiralhornbienen) nur an Acker-

winde, Bild 4p Chelostoma fuliginosum und campanularum – nur an Glockenblumen,

(Scherenbienen); Chelostoma (neuerdings auch Osmia) florisomne(Hahnenfuß-Scherenbiene) – nur auf Hahnenfuß, Bild 5

p Osmia mocsaryi – (Lein-Mauerbiene) nur an Linum (vor allem flavum)p Melitta nigricans (Sägehornbiene) und die Kleine Langhornbiene

Tetraloniella salicariae – nur an Blutweiderich (Lythrum), Bild 6p Tetraloniella macroglossa – (Tetralonia macroglossa – Malven-Lang-

hornbiene) nur an Malvenp Macropis fulvipes – (Schenkelbiene) nur an Gilbweiderich Lysimachia

punctata p Macropis europaea – (Auen-Schenkelbiene) nur an Lysimachia vulgaris,

Bild 7p Hylaeus signatus (Maskenbiene) an Resede (Reseda luteola), Bild 8p Colletes cunicularius – (Frühlings-Seidenbiene) nur an Weiden

p Osmia cornuta (Gehörnte Mauerbiene), Bild 9p Osmia bicornis (Rote Mauerbiene), Bild 10p Andrena flavipes (Gemeine Sandbiene), Bild 11p Andrena nigroaenea (Schillernde Sandbiene)p Andrena cineraria (Graue Sandbiene)p Andrena fulva (Rotpelzige Sandbiene), Bild 12p Andrena thoracica (Sandbiene)p Anthophora plumipes (Gemeine Pelzbiene) und die meisten anderen

Pelzbienen p Fast alle Hummelarten - Ackerhummel, Bild 13p Die meisten Furchenbienen der Gattungen Halictus (Furchenbienen,

H. rubicundus, Bild 14) und Lasioglossum (Schmalbienen)p Anthidium strigatum (Kleine Harzbiene), Große Wollbiene Anthidium

manicatum (schlafend), Bild 15p Die meisten Bauchsammelbienen der Gattung Megachile

(Blattschneiderbienen)p Holzbienen der Gattung Xylocopa (Holzbiene – X. violacea), Bild 16

Bienenarten, die auf eine einzige oder auf die Arten einer Pflanzengattungals Pollenquelle angewiesen sind (mono- oder oligolektisch)

Bienenarten, die als Pollenquelle das wählen, was in ihrem Fluggebiet gerade blüht und häufig ist. Das Spektrum nutzbarer Blüten ist sehr breit

(polylektisch).

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Anmerkungen zur Systematik auf Seite 19 am Ende des Textes: „Was sind Bienen?“