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FRASSHEMMENDE WIRKUNG VON SAPONINEN AUF TERMITEN 999
Fraßhemmende Wirkung von Saponinen auf Termiten
(Isoptera, Reticulitermes)
R. Tschesche, G. W u l f f und A. W eber
Institut für Organische Chemie und Biochemie der Universität Bonn
und H. S c h m id t
Institut für Holzbiologie und Holzschutz der Bundesforschungsanstalt für Forst- und Holzwirtschaft,Reinbek bei Hamburg
(Z. Naturforsch. 25 b, 999—1001 [1970]; eingegangen am 16. Mai 1970)
An 28 Spirostanol-, Triterpen- und Steroidalkaloid-Glykosiden und -Aglykonen wurde eine z. T. starke fraßhemmende Wirkung auf Termiten beobachtet. Eine mögliche Schutzwirkung der Saponine gegen Termitenfraß bei saponinführenden Pflanzen wird diskutiert.
Saponine sind in zahlreichen Pflanzenfamilien ge
funden worden, wobei diese in allen Teilen dieser
Pflanze in recht unterschiedlicher Konzentration
(0,1 — 10%) Vorkommen können 1_3. Uber die Be
deutung dieser Inhaltsstoffe besteht noch immer Un
klarheit. Wir fanden vor einigen Jahren, daß ins
besondere monodesmosidische Saponine eine erheb
liche antibiotische Wirksamkeit besonders gegen nie
dere Pilze aufweisen. Die in den einzelnen Pflanzen
teilen vorhandenen Saponin-Konzentrationen reichen
für einen Schutz gegen verschiedene Mikroorganis
men aus 3-5.
Weiterhin besteht die Möglichkeit, daß die in z. T.
sehr hohen Konzentrationen vorkommenden Sapo
nine eine insektizide Wirkung erkennen lassen. Be
reits bekannt ist die Wirksamkeit einiger Alkaloid-
Glykoside aus Nachtschattengewächsen (Solanaceen)
gegenüber dem Kartoffelkäfer (Leptinotarsa decem-
lineata) 6i 7 und einiger Saponine gegenüber dem
Tabakkäfer (Lasioderma serricorne) 8. Gegen Ter
miten zeigen Saponine aus Kalopanax septemlobum 9
und aus Ternstroemia japonica10 eine Schutzwir-
kung. Bei Tempelhölzern aus der Maya- und Azte
kenzeit konnte das jahrhundertelange Überdauern
in feuchten, Termiten-verseuchten Gebieten auf in
der Struktur noch unbekannte Saponine zurückge
1 R. T schesche u . G. W u l f f , Planta med. [Stuttgart] 12, 272 [1964].
2 N. K . K o c h e tk o v u . A. J. K h o r l i n , Arzneimittel-Forsch. 16, 101 [1966].
3 G. W u lff , Dtsch. Apotheker-Ztg. 108, 797 [1968].4 R. T schesche u . G. W u lf f , Z. Naturforsch. 20b, 543
[1965].5 B. W o l t e r s , Dtsch. Apotheker-Ztg. 106, 1727 [1966].6 R. K u h n u . I. Löw, Chem. Ber. 94, 1088 [1961].7 K . S c h r e ib e r , persönliche Mitteilung.
führt werden11. Auch einige im Handel erhält
liche Saponin-Präparate weisen deutlich fraßhem
mende Eigenschaften gegenüber Termiten au f11.
Wir haben daher eine größere Anzahl in der
Struktur bekannter Saponine auf die fraßhemmende
Wirksamkeit gegen Termiten untersucht; es sollte
dabei auch die Frage geklärt werden, ob eine Struk
turspezifität für die Wirksamkeit besteht.
Die einzelnen Saponine wurden in verschiedenen
Konzentrationen auf Filterpapier im Fraßzwangver
such getestet. Als Versuchstermitenart diente die
gelbfüßige Bodentermite (Reticulitermes flavipes
Kollar), auch Feuchtholztermite genannt. Jeweils 30
Arbeiter (Arbeitstermiten) wurden 50 bzw. 54 Tage
unter Laboratoriumsbedingungen (bei gleichbleiben
der Temperatur 26 °C und gleichbleibender Feuch
tigkeit) in Petrischalen von 4,5 cm Durchmesser mit
dem behandelten (imprägnierten) Filterpapier ge
halten. Die verschiedenen Saponine wurden in Lö
sung gleichmäßig auf das Filterpapier aufgetragen.
Nach dem Entfernen des Lösungsmittels befanden
sich jeweils 0,05%, 0,5% und 3% Saponin auf dem
Filterpapier. Ausgewertet wurde die Zahl der über
lebenden Termiten nach 54 (50) Tagen bzw. die Wir
kungsdauer bis zum Absterben aller Versuchstiere
sowie die fraßhemmende Wirkung.
8 G. J u r z it z a u. B. W o l t e r s , Z. angew. Entomol. 59, 397[1967].
9 T. K o n d o , S. K u r o t o r i , M. T eshim a u . M. S u m im o to ,
Nippon Mokuzai Gakkaishi 9, 125 [1963] ; C. A. 60, 2273 [1964],
10 N. W a ta n a b e , I. Saek i, M. S u m im o to , T. K o n d o u . S.
K u r o t o r i , Nippon Mokuzai Gakkaishi 12, 236 [1966] ;C. A. 66,102477 [1967].
11 W . S a n d e rm a n n u . H. F u n k e , Naturwissenschaften, im Druck; H. F u n k e , Dissertation, Universitä Hamburg 1969.
1000 R. TSCHESCHE, G. WULFF, A. WEBER UND H. SCHMIDT
Substanz [%] A B C
Steroid saponine
1 Digitonin (Gem.) aus 3 0 11 sehr starkden Samen von 0,5 75 — starkDigitalis purpurea1 0.05 95 — —
2 Lanatasaponin (Gem.) 3 0 19 —aus den Samen von 0,5 13,3 — schwachDigitalis lanata1 0,05 93,3 — —
3 Par ill in aus den 3 25 starkWurzeln von Smilax 0,5 60 — starkaristolochiaefolia3 0.05 85 — schwach
4 Smilagenin-ß-D-glucosid 3 0 45 schwachsynthetisch 0,5 63.3 — schwach
0,05 86,7 — —
5 Sarsaparillosid aus den 3 56,7 — schwachWurzeln von Smilax 0,5 93,3 — —a ristolochiae folia 3 0,05 80,0 — —
6 Convallamarosid 3 0 5 sehr starkaus den Wurzeln von 0,5 0 24 starkConvallaria majalis12 0,05 100 — —
7 Avenacosid A aus 3 66,7 — —Samen und Blättern 0,5 7 — —von Avena sativa13 0,05 96,7 — —
8 Avenacosid B aus 3 0 25 schwachSamen und Blättern 0,5 73,3 — —
von Avena sativa13 0,05 70,0 — —
9 Tigogenin 3 86,7 — —
Aglykon vieler 0.5 63,3 — —
Saponine 0,05 83,3 — schwach
Steroidalkaloide
10 a.-Tomatin 3 0 39 sehr starkSolanum spec.1 0,5 40 — sehr stark
0,05 90 — —
11 a-Solanin 3 0 18 sehr starkSolanum spec.1 0.5 0 36 sehr stark
0,05 86,7 — —
12 ß-Solamargin 3 0 29 sehr starkSolanum spec.1 0.5 0 43 sehr stark
0,05 86,7 — —
13 Tomatidin Aglykon1 3 0 27 sehr stark0,5 0 44 sehr stark0,05 56,7 — —
14 Solanidin Aglykon1 3 0 15 sehr stark
0,5 0 27 sehr stark0,0 63,3 — —
15 Solasodin Aglykon 3 0 31 sehr stark
0,5 0 27 sehr stark0,05 63,3 — —
Triterpensaponine
16 Cyclamin aus den 3 0 10 sehr starkKnollen von Cyclamen 0.5 0 11 sehr stark
europaeum14 0,05 60 — stark
17 Aescin (Gem.) aus den 3 0 7 sehr starkFrüchten von Aesculus 0,5 80 — schwachhippocastanum15 0.05 85 — —
12 R. T schesche , B. T. T jo a , G. W u l f f u . R. V. N o r o n h a ,
Tetrahedron Letters [London] 1968, 5141.13 R. T schesche , M . T a u s c h e r , H.-W. F e h lh a b e r u . G.
W u l f f , Chem. Ber. 102. 2072 [1969].14 R. T schesche , H.-J. M e r c k e r u . G. W u l f f , Liebigs Ann.
Chem. 721,194 [1969].
Substanz [%] .4 B C
18 Aescinol aus 3 90 _ _Aescin15 0,5
0,0583.383.3 _ schwach
19 Theasaponin aus den 3 0 9 sehr starkFrüchten von 0.5 70 — schwachThea smesis16 0,05 55 — —
20 a-Hederin aus 3 25 _ starkHederasaponin C3 0,5
0,058090 I
schwach
21 Hederasaponin C 3 0 30 starkaus den Blättern von 0,5 30 — schwachHedera helix3 0,05 100 — —
22 Primulasaponin (Gem.) 3 0 11 sehr starkaus den Wurzeln von 0,5 70 — schwachPrimula elatior3 0,05 100 — —
23 Musennin aus der 3 0 11 sehr starkW urzelrinde von 0,5 60 — schwachAlbizzia anthelmintica17 0,05 80 — —
24 Glycyrrhizin aus den 3 0 16 starkWurzeln von 0,5 85 — —Glycyrrhiza glabra1 0,05 100 — —
25 Quillajasaponin (Gem.) 3 0 30 sehr starkaus der Rinde von 0,5 95 — —Quillaja saponaria1,3 0,05 100 — —
26 Gypsophilasaponin 3 83,3 — schwach(Gem.) aus den Wurzeln 0,5 80,0 — starkvon Gypsophila pani- culatas
0,05 86.7 — stark
27 Primulagenin 3 0 11 sehr starkAglykon des 0,5 70 — —Primulasaponins 0,05 100 — schwach
28 Glycyrrhetinsäure 3 23.3 — —Aglykon des 0,5 86.7 — starkGlycyrrhizins 0,05 80,0 — stark
Tab. 1. Termitenversuch mit Saponin-imprägnierten Filterpapieren. A: Überlebende Versuchstermiten nach 50 (54) Tagen in Prozent. B: Zeit (in Tagen) bis zum Absterben aller Versuchstermiten. C: Fraßhemmung: schwach, stark (nur halbsoviel gefressen wie normal) und sehr stark (fast nichts
gefressen). Gern = Saponingemisch.
Aus der Tabelle ergibt sich, daß auf die Versuchs
termiten bei einem Prozcntgehalt von 0,05% Sapo
nin im Filterpapier keine deutliche Wirkung festzu
stellen ist; in wenigen Fällen ist lediglich eine ge
wisse Fraßhemmung zu beobachten.
Jedoch bei einem Gehalt von 0,5% ist bei den
meisten Steroid-Alkaloiden sowie beim Cyclamin
und Convallamarosid eine sehr starke tödliche W ir
kung zu erkennen. Eine mehr oder weniger starke
Fraßhemmung tritt jedoch beim größten Teil der
Substanzen auf.
15 G. W ulff u . R. Tsc h e s c h e , Tetrahedron [London] 23, 415[1968].
16 R. T schesche , A. W eber u . G. W u lf f , Liebigs Ann. Chem. 721, 209 [1969].
17 R. T schesche u . F.-J. K äm m ere r, Liebigs Ann. Chem. 724, 183 [1969],
FRASSHEMMENDE WIRKUNG VON SAPONINEN AUF TERMITEN 1001
Bei einer Konzentration von 3% wirken bereits
20 der 28 geprüften Substanzen sehr stark tödlich,
4 weitere zeigen eine deutliche Wirksamkeit und nur
4 Substanzen weisen keine erkennbare Wirkung auf.
Es handelt sich hierbei um Avenacosid A, Tigo-
genin, Aescinol und Gypsophilasaponin. Die man
gelnde Wirksamkeit von Tigogenin könnte auf sei
ner extremen Schwerlöslichkeit in Wasser beruhen.
Aescinol wurde aus dem gut wirksamen Aescin
durch Abspaltung der 2 Moleküle Säure herge
stellt, eine Reaktion, bei der auch andere Saponin
eigenschaften verloren gehen. Die Unwirksamkeit von
Avenacosid A und Gypsophilasaponin läßt sich bis
her nicht erklären. Eine Parallelität der Wirkungs
stärke mit anderen Saponineigenschaften ist nicht zu
erkennen, ebenso ist ein charakteristischer Unter
schied [wie bei anderen Saponineigenschaften 3] zwi
schen mono- und bisdesmosidischen Saponinen nicht
festzustellen. Möglicherweise werden die Bisdesmo-
side durch glykosidspaltende Enzyme im Darmkanal
der Termiten sehr schnell in die Monodesmoside
oder deren Aglykone übergeführt, die dann die
eigentlichen Wirkstoffe sind. So könnte sich die gute
Wirksamkeit der sonst biologisch inaktiven Bis-
desmoside Convallamarosid und Hederasaponin C
erklären lassen. Interessant ist, daß auch die Agly
kone 13, 14, 15, 27 und 28 eine starke Wirksamkeit
zeigen, daß also eine Zuckerkette für die Wirksam
keit nicht erforderlich ist.
Da in vielen Pflanzen die Saponin-Konzentration
in der Größenordnung von einigen Prozent liegt,
dürfte eine fraßhemmende Wirkung gegenüber Ter
miten in der Natur bedeutungsvoll sein. Dabei ist
noch zu berücksichtigen, daß es sich in unserem
Fall um einen Zwangsversuch handelt, in der Natur
jedoch eine größere Auswahl besteht. Da eine Reihe
tropischer Bäume in der Rinde und im Holz Sapo
nine enthalten, kann man eine Schutzwirkung gegen
Termitenfraß vermuten. Auch Bauholz, das aus sol
chen Bäumen zugeschnitten wird, dürfte Termiten
resistent sein, solange die Saponine nicht im Laufe
der Zeit ausgewaschen oder abgebaut werden.
Die beschriebene Aktivität entspricht wohl keiner
direkten insektiziden Wirkung. Vielmehr könnte es
sich entsprechend der starken fungiziden Wirksam
keit der Saponine wie beim Tabakkäfer um einen
Effekt auf die Symbionten handeln 8, oder es liegt,
wie man beim Kartoffelkäfer eindeutig nachgewie
sen hat7, ein „Vergällungs-Effekt“ (Repellent-Wir
kung) vor.
Herrn Professor W. K l o f t , Bonn, danken wir sehr für seine orientierende Voruntersuchung am Theasaponin, deren Ergebnis zur Aufnahme der vorliegenden Arbeit führte. Dem Landesamt für Forschung, Düsseldorf, sei für finanzielle Unterstützung gedankt.
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