Zur Zulässigkeit "kritisierender" Domains

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bare Inanspruchnahme es gehe, ko ¨nne den ihm vorge- worfenen Sachverhalt nicht unbefangen beurteilen und sei deshalb ausdru ¨ cklich nicht stimmberechtigt. In dem- selben Maße befangen wa ¨ ren aber auch die Gesellschaf- ter, die mit ihm die Pflichtverletzung gemeinsam began- gen ha ¨tten. Gehe es um den Vorwurf gemeinsamer Ver- fehlungen, so sei die gegen einen Mitta ¨ ter erhobene Be- schuldigung auch „eigene Sache‘‘ der u ¨ brigen Beteilig- ten. Der OGH schließt sich dieser in Deutschland als herr- schend anzusehenden Auffassung und damit im Ergebnis der Rechtsansicht des BerufungsG an. In diesem Zusam- menhang wird allerdings im fortgesetzten Rechtsgang zu beru ¨ cksichtigen sein, dass der Ausschließungsbeschluss unwirksam ist, sobald nur einer der (pauschal) ausge- schlossenen Gesellschafter keinen Ausschlussgrund ver- wirklicht haben sollte. Der BGH hat in der bereits zitier- ten E II ZR 16/73 ausdru ¨ cklich darauf hingewiesen, dass es dann na ¨ mlich an einem Antrag aller „u ¨ brigen Gesell- schafter‘‘ fehlen wu ¨ rde. Sofern also nur ein Gesellschaf- ter keinen Austrittsgrund gesetzt hat, ha ¨ tte diesem das Stimmrecht nicht entzogen werden du ¨ rfen, sondern ha ¨ tte er u ¨ ber den Beschluss mitabstimmen mu ¨ ssen. Die Frage der Wirksamkeit des durch pauschalen Stimmrechtsent- zug aller auszuschließenden Gesellschafter zustandege- kommenen Ausschließungsbeschlusses ist daher davon abha ¨ ngig, ob letztlich sa ¨ mtliche Kl den ihnen vorgewor- fenen Ausschlussgrund verwirklicht haben. Urkunde u ¨ ber In-Sich-Gescha ¨ ft des GmbH-Gescha ¨ ftsfu ¨ h- rers DOI 10.1007/s00718-009-1435-6 § 18 Abs 5 GmbHG: Das Protokoll u ¨ ber eine Tagsatzung zur mu ¨ ndlichen Streitverhandlung, in dem eine in dieser Tagsatzung ab- gegebene rechtsgescha ¨ ftliche Erkla ¨ rung des Alleinge- sellschafters festgehalten wird, ist eine im Sinn des § 18 Abs 5 GmbHG unverzu ¨ glich errichtete Urkunde u ¨ ber das Rechtsgescha ¨ ft. [158] OGH 11. 2. 2009, 7 Ob 256/08k (LG Innsbruck 4. 6. 2008, 4 R 192/08a-15; BG Innsbruck 18. 2. 2008, 35 C 870/07w-11) Vorlagefrage des BG Ried an den EuGH zur Vereinbarkeit des o ¨ sterreichischen Glu ¨ cksspielrechts mit der Niederlas- sungs- und Dienstleistungsfreiheit DOI 10.1007/s00718-009-1450-7 Art 43, 49 EG: Dem EuGH werden gem Art 234 EG folgende Fragen zur VorabE vorgelegt: 1. Ist Art 43 EGV (Vertrag zur Gru ¨ ndung der EG idF vom 2. 10. 1997 zuletzt gea ¨ ndert durch den Beitritt der Republik Bulgarien und Ruma ¨ nien zur EU vom 25. 4. 2005 [ABl L 157, S 11]) dahingehend auszulegen, dass er einer Vorschrift entgegensteht, welche fu ¨ r den Be- trieb von Glu ¨ cksspielen in Spielbanken ausschließlich Gesellschaften in der Gesellschaftsform der Aktienge- sellschaft mit Sitz im Territorium dieses MS, sohin die Gru ¨ ndung oder den Erwerb einer in diesem MS gelege- nen Kapitalgesellschaft, vorschreibt? 2. Sind die Art 43 und 49 EGV dahingehend auszule- gen, dass sie einem innerstaatlichen Monopol auf be- stimmte Glu ¨ cksspiele, wie zum Beispiel Glu ¨ cksspiele in Spielbanken, entgegenstehen, wenn es in dem be- treffenden MS insgesamt an der koha ¨ renten und syste- matischen Politik zur Beschra ¨ nkung des Glu ¨ cksspiels fehlt, weil die innerstaatlich konzessionierten Veran- stalter zur Teilnahme an Glu ¨ cksspielen – wie staatlichen Sportwetten und Lotterien – ermuntern und hiefu ¨ r wer- ben (Fernsehen, Zeitungen, Zeitschriften), wobei die Werbung sogar dahingeht, dass zeitlich kurz vor der Lottoziehung eine Barablo ¨ se fu ¨ r einen Wettschein an- geboten wird („TOI TOI TOI - Glaub’ ans Glu ¨ ck‘‘)? 3. Sind die Art 43 und 49 EGV dahingehend auszule- gen, dass sie einer Vorschrift entgegenstehen, wonach sa ¨ mtliche der in einem nationalen Glu ¨ cksspielrecht vor- gesehenen Konzessionen fu ¨ r Glu ¨ cksspiele und Spiel- banken u ¨ ber einen Zeitraum von 15 Jahren auf der Grundlage einer Regelung erteilt werden, welche (nicht diesem MS angeho ¨ rige) Mitbewerber des Gemein- schaftsraumes von der Ausschreibung ausgeschlossen haben? [159] BG Ried i.I. 13. 2. 2009, 4 U 85/08f (beim EuGH anha ¨ ngig als Rs C-116/09 [An- tonio Formato, Lenka Rohackova, Torsten Kuntz, Gardel Jong Aten, Hubert Kanatschnig, Jarmila Szabova, Zdenka Powerova, Nousia Nettuno]) Wettbewerbsrecht; Domainnamen*) Zur Zula ¨ ssigkeit „kritisierender‘‘ Domains DOI 10.1007/s00718-009-1420-0 § 16 ABGB: 1. „Kritisierende‘‘ Domains sind zula ¨ ssig, wenn der Name als Signal gebraucht wird, um Interessenten auf die Kritik aufmerksam zu machen, und der Benutzer bei Anzeige der Seite diese Umsta ¨ nde unmittelbar er- kennt. Das gilt insb dann, wenn sich bereits aus der Se- cond Level Domain (etwa in Form eines distanzierenden Zusatzes) ergibt, dass es sich nicht um das Angebot des (kritisierten) Namenstra ¨ gers, sondern um dasjenige eines Dritten handelt. Weitere Zula ¨ ssigkeitsvorausset- zung ist, dass dem Namenstra ¨ ger die Mo ¨ glichkeit erhal- ten bleibt, seinen eigenen Namen als Domain registrie- ren zu lassen. Zu pru ¨ fen ist weiters, ob dem Domainin- haber nicht auch andere ebenso geeignete Zeichen als Domain zur Verfu ¨ gung stehen, um kritische Informatio- nen u ¨ ber den Namenstra ¨ ger im Internet anzubieten. 2. Allgemein gilt, dass die Verwendung einer „kritisie- renden‘‘ Domain das Perso ¨ nlichkeitsrecht des Na- menstra ¨ gers nicht verletzt, wenn das Informationsinte- resse ho ¨ her zu bewerten ist als das Interesse des Na- menstra ¨ gers, nicht im Zusammenhang mit kritischen A ¨ ußerungen u ¨ ber seine Waren oder Dienstleistungen genannt zu werden. [160] OGH 24. 2. 2009, 17 Ob 2/09g (OLG Wien 13. 10. 2008, 16 R 72/08p-11; LG St. Po ¨ lten 7. 2. 2008, 1 Cg 57/07x-7) – „Aquapol‘‘ Die Kl ist auf dem Gebiet der Geba ¨ udetrockenlegung/ Mauertrockenlegung ta ¨ tig. Sie tritt unter dem Firmen- schlagwort „Aquapol‘‘ auf, das mit dem Wortbestandteil einer fu ¨ r sie registrierten Gemeinschaftsmarke u ¨ berein- stimmt, und ist Berechtigte der Domain www.aquapol.at. Sie bewirbt das von ihr angewendete Verfahren („Gravo- magnetokinese‘‘) als innovative umweltfreundliche Tech- nologie. Dabei werde unter Nutzung von „Erdenergie‘‘ ein „gravomagnetisches‘‘ Feld erzeugt, das eine Abwa ¨ rts- bewegung der Mauerfeuchte bewirke und das Wasser gleichsam „nach unten dru ¨ cke‘‘, wodurch die Feuchtig- keit wieder in das Erdreich zuru ¨ ckwandere. Zur Wirkung und zum Erfolg dieses Verfahrens bestehen auch unter gerichtlichen Sachversta ¨ ndigen unterschiedliche Ansich- ten. Der Bekl ist Berechtigter der Domain www.aquapol- unzufriedene.at. Die unter dieser Adresse zuna ¨ chst auf- rufbare Website entha ¨lt in der Menu ¨ zeile die vier Subme- nu ¨ s „Aquapol, Elektroosmose, Meinungen, Ratschla ¨ ge‘‘ und wendet sich unter der U ¨ berschrift „Unzufrieden mit Aquapol?‘‘ als Meinungsforum an Personen, die am Rechtsprechung/Unternehmensrecht – Wettbewerbsrecht; Domainnamen wbl 2009, Heft 7 Juli 361 # Springer-Verlag 2009 *) Vgl dazu auch die E Nr 144, in diesem Heft, S 341 ff.

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bare Inanspruchnahme es gehe, koÈnne den ihm vorge-worfenen Sachverhalt nicht unbefangen beurteilen undsei deshalb ausdruÈ cklich nicht stimmberechtigt. In dem-selben Maûe befangen waÈren aber auch die Gesellschaf-ter, die mit ihm die Pflichtverletzung gemeinsam began-gen haÈ tten. Gehe es um den Vorwurf gemeinsamer Ver-fehlungen, so sei die gegen einen MittaÈter erhobene Be-schuldigung auch ¹eigene Sache`̀ der uÈ brigen Beteilig-ten.

Der OGH schlieût sich dieser in Deutschland als herr-schend anzusehenden Auffassung und damit im Ergebnisder Rechtsansicht des BerufungsG an. In diesem Zusam-menhang wird allerdings im fortgesetzten Rechtsgang zuberuÈ cksichtigen sein, dass der Ausschlieûungsbeschlussunwirksam ist, sobald nur einer der (pauschal) ausge-schlossenen Gesellschafter keinen Ausschlussgrund ver-wirklicht haben sollte. Der BGH hat in der bereits zitier-ten E II ZR 16/73 ausdruÈ cklich darauf hingewiesen, dasses dann naÈmlich an einem Antrag aller ¹uÈ brigen Gesell-schafter`̀ fehlen wuÈ rde. Sofern also nur ein Gesellschaf-ter keinen Austrittsgrund gesetzt hat, haÈtte diesem dasStimmrecht nicht entzogen werden duÈ rfen, sondern haÈ tteer uÈ ber den Beschluss mitabstimmen muÈ ssen. Die Frageder Wirksamkeit des durch pauschalen Stimmrechtsent-zug aller auszuschlieûenden Gesellschafter zustandege-kommenen Ausschlieûungsbeschlusses ist daher davonabhaÈngig, ob letztlich saÈmtliche Kl den ihnen vorgewor-fenen Ausschlussgrund verwirklicht haben.

Urkunde uÈ ber In-Sich-GeschaÈ ft des GmbH-GeschaÈ ftsfuÈ h-rers

DOI 10.1007/s00718-009-1435-6

§ 18 Abs 5 GmbHG:Das Protokoll uÈ ber eine Tagsatzung zur muÈ ndlichen

Streitverhandlung, in dem eine in dieser Tagsatzung ab-gegebene rechtsgeschaÈ ftliche ErklaÈ rung des Alleinge-sellschafters festgehalten wird, ist eine im Sinn des§ 18 Abs 5 GmbHG unverzuÈ glich errichtete UrkundeuÈ ber das RechtsgeschaÈ ft. [158]OGH 11. 2. 2009, 7 Ob 256/08k (LG Innsbruck 4. 6. 2008, 4 R 192/08a-15; BGInnsbruck 18. 2. 2008, 35 C 870/07w-11)

Vorlagefrage des BG Ried an den EuGH zur Vereinbarkeitdes oÈ sterreichischen GluÈ cksspielrechts mit der Niederlas-sungs- und Dienstleistungsfreiheit

DOI 10.1007/s00718-009-1450-7

Art 43, 49 EG:Dem EuGH werden gem Art 234 EG folgende Fragen

zur VorabE vorgelegt:1. Ist Art 43 EGV (Vertrag zur GruÈ ndung der EG idF

vom 2. 10. 1997 zuletzt geaÈ ndert durch den Beitritt derRepublik Bulgarien und RumaÈ nien zur EU vom 25. 4.2005 [ABl L 157, S 11]) dahingehend auszulegen, dasser einer Vorschrift entgegensteht, welche fuÈ r den Be-trieb von GluÈ cksspielen in Spielbanken ausschlieûlichGesellschaften in der Gesellschaftsform der Aktienge-sellschaft mit Sitz im Territorium dieses MS, sohin dieGruÈ ndung oder den Erwerb einer in diesem MS gelege-nen Kapitalgesellschaft, vorschreibt?

2. Sind die Art 43 und 49 EGV dahingehend auszule-gen, dass sie einem innerstaatlichen Monopol auf be-stimmte GluÈ cksspiele, wie zum Beispiel GluÈ cksspielein Spielbanken, entgegenstehen, wenn es in dem be-treffenden MS insgesamt an der kohaÈ renten und syste-matischen Politik zur BeschraÈ nkung des GluÈ cksspielsfehlt, weil die innerstaatlich konzessionierten Veran-stalter zur Teilnahme an GluÈ cksspielen ± wie staatlichen

Sportwetten und Lotterien ± ermuntern und hiefuÈ r wer-ben (Fernsehen, Zeitungen, Zeitschriften), wobei dieWerbung sogar dahingeht, dass zeitlich kurz vor derLottoziehung eine BarabloÈ se fuÈ r einen Wettschein an-geboten wird (¹TOI TOI TOI - Glaub' ans GluÈ ck``)?

3. Sind die Art 43 und 49 EGV dahingehend auszule-gen, dass sie einer Vorschrift entgegenstehen, wonachsaÈ mtliche der in einem nationalen GluÈ cksspielrecht vor-gesehenen Konzessionen fuÈ r GluÈ cksspiele und Spiel-banken uÈ ber einen Zeitraum von 15 Jahren auf derGrundlage einer Regelung erteilt werden, welche (nichtdiesem MS angehoÈ rige) Mitbewerber des Gemein-schaftsraumes von der Ausschreibung ausgeschlossenhaben? [159]BG Ried i.I. 13. 2. 2009, 4 U 85/08f (beim EuGH anhaÈ ngig als Rs C-116/09 [An-tonio Formato, Lenka Rohackova, Torsten Kuntz, Gardel Jong Aten, HubertKanatschnig, Jarmila Szabova, Zdenka Powerova, Nousia Nettuno])

Wettbewerbsrecht; Domainnamen*)

Zur ZulaÈ ssigkeit ¹kritisierender`` Domains

DOI 10.1007/s00718-009-1420-0

§ 16 ABGB:1. ¹Kritisierende`` Domains sind zulaÈ ssig, wenn der

Name als Signal gebraucht wird, um Interessenten aufdie Kritik aufmerksam zu machen, und der Benutzerbei Anzeige der Seite diese UmstaÈ nde unmittelbar er-kennt. Das gilt insb dann, wenn sich bereits aus der Se-cond Level Domain (etwa in Form eines distanzierendenZusatzes) ergibt, dass es sich nicht um das Angebotdes (kritisierten) NamenstraÈ gers, sondern um dasjenigeeines Dritten handelt. Weitere ZulaÈ ssigkeitsvorausset-zung ist, dass dem NamenstraÈ ger die MoÈ glichkeit erhal-ten bleibt, seinen eigenen Namen als Domain registrie-ren zu lassen. Zu pruÈ fen ist weiters, ob dem Domainin-haber nicht auch andere ebenso geeignete Zeichen alsDomain zur VerfuÈ gung stehen, um kritische Informatio-nen uÈ ber den NamenstraÈ ger im Internet anzubieten.

2. Allgemein gilt, dass die Verwendung einer ¹kritisie-renden`` Domain das PersoÈ nlichkeitsrecht des Na-menstraÈ gers nicht verletzt, wenn das Informationsinte-resse hoÈ her zu bewerten ist als das Interesse des Na-menstraÈ gers, nicht im Zusammenhang mit kritischenAÈ uûerungen uÈ ber seine Waren oder Dienstleistungengenannt zu werden. [160]OGH 24. 2. 2009, 17 Ob 2/09g (OLG Wien 13. 10. 2008, 16 R 72/08p-11; LGSt. PoÈ lten 7. 2. 2008, 1 Cg 57/07x-7) ± ¹Aquapol``

Die Kl ist auf dem Gebiet der GebaÈudetrockenlegung/Mauertrockenlegung taÈtig. Sie tritt unter dem Firmen-schlagwort ¹Aquapol`̀ auf, das mit dem Wortbestandteileiner fuÈ r sie registrierten Gemeinschaftsmarke uÈ berein-stimmt, und ist Berechtigte der Domain www.aquapol.at.Sie bewirbt das von ihr angewendete Verfahren (¹Gravo-magnetokinese`̀ ) als innovative umweltfreundliche Tech-nologie. Dabei werde unter Nutzung von ¹Erdenergie``ein ¹gravomagnetisches`̀ Feld erzeugt, das eine AbwaÈrts-bewegung der Mauerfeuchte bewirke und das Wassergleichsam ¹nach unten druÈ cke`̀ , wodurch die Feuchtig-keit wieder in das Erdreich zuruÈ ckwandere. Zur Wirkungund zum Erfolg dieses Verfahrens bestehen auch untergerichtlichen SachverstaÈndigen unterschiedliche Ansich-ten. Der Bekl ist Berechtigter der Domain www.aquapol-unzufriedene.at. Die unter dieser Adresse zunaÈchst auf-rufbare Website enthaÈlt in der MenuÈ zeile die vier Subme-nuÈ s ¹Aquapol, Elektroosmose, Meinungen, RatschlaÈge``und wendet sich unter der UÈ berschrift ¹Unzufriedenmit Aquapol?`` als Meinungsforum an Personen, die am

Rechtsprechung/Unternehmensrecht ± Wettbewerbsrecht; Domainnamen

wbl2009, Heft 7Juli 361

# Springer-Verlag 2009

*) Vgl dazu auch die E Nr 144, in diesem Heft, S 341 ff.

Verfahren der Kl interessiert sind oder damit schon Er-fahrungen gemacht haben. Die Leser werden aufgefor-dert, ¹moÈglichst sachlich`` uÈ ber ihre Erfahrungen mitder Trockenlegung von Mauern mittels Aquapol oderaÈhnlichen Verfahren zu schreiben. Die Website fuÈ hrt uÈ berden Link ¹ZUM FORUM`` zu zahlreichen Subseiten mit ±sowohl kritischen als auch positiven ± Artikeln uÈ ber dieKl und deren Trockenlegungsmethode, die zum Teil auchaus anderen Internetforen stammen, zum Teil die Mei-nung von Kunden der Kl wiedergeben, sowie zu Fachar-tikeln und Fachinformationen zu diesem Thema. DerBekl war selbst Kunde der Kl und ist der Meinung, dassder ihm zugesagte Erfolg (Trocknung feuchten Mauer-werks binnen drei Jahren) nicht eingetreten sei.

Die Kl begehrt, den Bekl schuldig zu erkennen, es ihrgegenuÈ ber zu unterlassen, ¹aquapol`` insb zur Kennzeich-nung von Websites ± insb der Website http://www.aqua-pol-unzufriedene.at ± zu gebrauchen und/oder zu ver-wenden und/oder gebrauchen zu lassen und/oder ver-wenden zu lassen und/oder das Keyword ¹Aquapol`̀ imQuelltext der Website http://www.aquapol-unzufriede-ne.at zu verwenden und/oder verwenden zu lassen und/oder das Keyword ¹Aquapol`̀ im Quelltext einer sonsti-gen Website zu verwenden;

hilfsweise ¹aquapol`` insb zur Kennzeichnung von Web-sites ± insb der Website http://www.aquapol-unzufriede-ne.at ± zu gebrauchen und/oder zu verwenden und/odergebrauchen zu lassen und/oder verwenden zu lassen;

hilfsweise ¹aquapol`` insb zur Kennzeichnung von Web-sites ± insb der Website http://www.aquapol-unzufriede-ne.at ± zu gebrauchen und/oder zu verwenden;

hilfsweise ¹aquapol`` kennzeichenmaÈûig zu gebrauchenund/oder zu verwenden.

Das ErstG wies das Klagebegehren ab.Das BerufungsG aÈnderte dieses Urteil dahin ab, dass es

das Hauptbegehren und das erste Eventualbegehren ab-wies, dem zweiten Eventualbegehren stattgab und demBekl verbot, ¹aquapol`` insb zur Kennzeichnung vonWebsites ± insb der Website http://www.aquapol-unzu-friedene.at ± zu gebrauchen und/oder zu verwenden; essprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands20.000 EUR uÈ bersteige und die o Rev zulaÈssig sei.

Die Rev ist zulaÈssig, weil hoÈchstgerichtliche Rsp zurZulaÈssigkeit ¹kritisierender`̀ Domains fehlt; das Rechts-mittel ist auch berechtigt.

EntscheidungsgruÈ nde des OGH:Der Bekl macht geltend, die angegriffene Domain sei

selbst kein Name, sondern verwende das Firmenschlag-wort der Kl mit einem beschreibenden Zusatz, der aufdas Thema der Website verweise. Es liege ein schon ausGruÈ nden der Meinungsfreiheit gerechtfertigter Fall einernotwendigen und damit zulaÈssigen Namensnennung vor,die weder das Firmenschlagwort der Kl ausbeute, nochden Zugang von Interessenten zu Informationen uÈ berProdukte der Kl behindere.

1.1. Dem Markeninhaber ist (nur) der kennzeichenmaÈ-ûige Gebrauch seines Zeichens vorbehalten (§§ 10, 10aMSchG). KennzeichenmaÈûiger Gebrauch liegt vor, wennim geschaÈftlichen Verkehr eine woÈrtliche oder bildlicheBezeichnung zur Kennzeichnung einer Ware oder Dienst-leistung oder in Bezug auf sie so gebraucht wird, dass derdurchschnittlich informierte, aufmerksame und verstaÈn-dige Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren-oder Dienstleistungsart annimmt oder annehmen kann,das Zeichen diene zur Unterscheidung der so gekenn-zeichneten Waren oder Dienstleistungen von gleichenoder gleichartigen anderer Herkunft (4 Ob 79/06f mwN;RIS-Justiz RS0066671). KennzeichenmaÈûiger Gebrauchwird verneint, wenn das Zeichen zweifelsfrei nicht in

diesem Sinn als betriebliches Herkunftszeichen aufge-fasst wird (17 Ob 1/08h mwN).

1.2. Mit zutreffenden GruÈ nden haben die Vorinstanzeneine herkunftshinweisende Verwendung des geschuÈ tztenZeichens in der Domain des Bekl und damit das Bestehenmarkenrechtlicher UnterlassungsanspruÈ che verneint.Der zur Bildung der Domain gewaÈhlte Zusatz ¹-unzu-friedene`̀ im unmittelbaren Anschluss an den Wortbe-standteil der Marke der Kl laÈsst Interessierte zwar ± zu-treffend ± erwarten, dass auf der so bezeichneten WebsiteBerichte und Informationen uÈ ber Waren oder Dienstleis-tungen aufrufbar sind, die unter der Marke der Kl ver-trieben werden; es ist aber geradezu ausgeschlossen, dassNutzer erwarten, mit Hilfe dieser Domain auf Informa-tionen des Markeninhabers selbst zugreifen zu koÈnnen.Bei dieser Art der Verwendung einer Marke wird dieMarke demnach nicht als betriebliches Herkunftszeichenaufgefasst. Die Kl haÈ lt dem in der Revisionsbeantwor-tung ohne naÈhere BegruÈ ndung nur entgegen, der Beklsei ¹ErfuÈ llungsgehilfe oder BeitragstaÈ ter einer marken-rechtlichen Verletzung zu Gunsten von Konkurrentender Kl`̀ . Auch eine solche Begehungsform setzt abereinen ± hier nicht vorliegenden ± kennzeichenmaÈûigenGebrauch der Marke voraus.

2.1. Unter den Schutz des § 43 ABGB faÈ llt nicht nur dervollstaÈndige Name; der Namensschutz erfasst auch Na-mensbestandteile, wenn sie ± in Alleinstellung gebraucht± unterscheidungskraÈ ftig und damit geeignet sind, alsName zu wirken, oder wenn sie als namensmaÈûiger Hin-weis Verkehrsgeltung erlangt haben (4 Ob 213/05k; RIS-Justiz RS0078752). GeschuÈ tzt sind insb auch die Firmaund Firmenschlagworte (Posch in Schwimann, ABGB3

§ 43 Rz 12 mwN).

2.2. Der Schutz des § 43 ABGB setzt voraus, dass ent-weder das Recht zur FuÈ hrung eines Namens bestritten(Namensbestreitung) oder ein Name unbefugt gebrauchtwird (Namensanmaûung) und dieser Gebrauch schutz-wuÈ rdige Interessen des NamenstraÈgers verletzt (RIS-Ju-stiz RS0009446 [T3]). Ein berechtigtes Interesse des Na-menstraÈgers kann darin bestehen, nicht mit einem ande-ren in Beziehung gebracht oder identifiziert zu werden,sondern von ihm deutlich unterschieden zu bleiben (Lan-ge, Marken- und Kennzeichenrecht Rz 2892 unter Hin-weis auf BGHZ 43, 245, 255 ± GdP).

2.3. Nach diesen GrundsaÈ tzen kann im beanstandetenVerhalten des Bekl keine Verletzung des Namensrechtsder Kl durch Namensbestreitung, Namensanmaûungoder sonst unbefugten Namensgebrauch gesehen werden.Der Bekl bestreitet naÈmlich weder das Recht der Kl, un-ter ihrem Firmenschlagwort aufzutreten, noch tritt erDritten gegenuÈ ber unter ihrem Firmenschlagwort auf.Wie bereits oben dargelegt (Punkt 1.2.), besteht fuÈ r dieangesprochenen Verkehrskreise kein Anlass, den Do-maininhaber und Betreiber der Website fuÈ r den TraÈgerdes in der Domain enthaltenen Firmenschlagworts zuhalten. Ebenso wenig kann dem Bekl vorgeworfen wer-den, durch Verwendung der Domain den unzutreffendenEindruck zu erwecken, es bestuÈ nden ideelle oder wirt-schaftliche Beziehungen zwischen ihm als Domaininha-ber und der Kl als NamenstraÈgerin. Auch insoweit ist da-her eine Verletzung schutzwuÈ rdiger Interessen der Kl zuverneinen (vgl 4 Ob 198/00x = OÈ Bl 2001, 35 ± bundes-heer.at mwN). Die Aufnahme eines fremden Firmen-schlagworts in eine Domain begruÈ ndet daher keinenaus dem Namensrecht abgeleiteten Unterlassungsan-spruch, wenn ± wie hier ± die Verwendung des Firmen-schlagworts keine unerwuÈ nschte Identifikation zwischendem NamenstraÈger und dem Domaininhaber und Betrei-ber der Website bewirkt und auch sonst keine Zuord-nungsverwirrung ausloÈst.

Rechtsprechung/Wettbewerbsrecht; Domainnamen

wbl2009, Heft 7

Juli362

# Springer-Verlag 2009

3.1. WaÈhrend bei einer Namensbestreitung, einer Na-mensanmaûung oder einem sonst unbefugten Namensge-brauch eine vom NamenstraÈger verschiedene Person dasRecht zur Identifikation mit dem Namen in Anspruchnimmt, geht es bei der Namensnennung nicht um dieKennzeichenfunktion des Namens, sondern darum, dasseine vom NamenstraÈger verschiedene Person den Na-menstraÈger mit seinem Namen bezeichnet und etwasuÈ ber ihn aussagt (RIS-Justiz RS0109217). Kein Namens-gebrauch liegt daher vor, wenn uÈ ber den NamenstraÈgeretwas Unrichtiges ausgesagt wird oder wenn (zB) eineZeitung gegen den Willen des NamenstraÈgers unter Na-mensnennung uÈ ber dessen TaÈtigkeit berichtet. SolcheAussagen oder Berichte sind nicht geeignet, zu einer Ver-wechslung von Personen oder sonst zu einer Zuord-nungsverwirrung zu fuÈ hren (Habermann in Staudinger,BGB [2004] § 12 Rz 271 f).

3.2. Die bloûe Namensnennung beruÈ hrt mangels Iden-titaÈ ts- oder Zuordnungsverwirrung daher nicht das Na-mensrecht, sondern das allgemeine PersoÈnlichkeitsrecht(§ 16 ABGB; vgl auch Ingerl/Rohnke, MarkenG2 Nach§ 15 Rz 17). Dabei kann es um Fragen des AnonymitaÈts-schutzes gehen (7 Ob 329/97a mwN; Habermann aaORz 272). Das aus dem allgemeinen PersoÈnlichkeitsrechtabgeleitete Recht auf NamensanonymitaÈt untersagt esDritten, den Namen in einem bestimmten Zusammen-hang zu erwaÈhnen, wenn der NamenstraÈger dazu keinenAnlass gegeben hat. Wird der Name in einem Medium ge-nannt, dann sind das in der NamensanonymitaÈt konkre-tisierte PersoÈnlichkeitsrecht und der Schutz der Privat-sphaÈre gegen das Informationsinteresse abzuwaÈgen. Istdie Namensnennung nicht gesetzlich verboten und hatder NamenstraÈger einen sachlichen Anlass zur Nennungseines Namens gegeben, dann wiegt das Informationsbe-duÈ rfnis der OÈ ffentlichkeit regelmaÈûig schwerer als derSchutz der PrivatsphaÈre (7 Ob 329/97a mwN).

3.3. Anders als bei der Verletzung des Namensrechtskommt es bei der Verletzung des allgemeinen PersoÈnlich-keitsrechts durch eine Namensnennung nicht entschei-dend darauf an, ob der NamenstraÈger die Namensnennunggestattet hat. Der NamenstraÈger hat kein uneingeschraÈnk-tes Recht zu entscheiden, ob sein Name in der OÈ ffentlich-keit genannt werden darf (vgl RIS-Justiz RS0009319).Dessen ungeachtet verstoÈût jedoch auch eine Namensnen-nung dann gegen das aus § 16 ABGB abgeleitete PersoÈn-lichkeitsrecht, wenn sie schutzwuÈ rdige Interessen des Ge-nannten beeintraÈchtigt. Dabei kommt es auf den Inhalt dermit der Namensnennung verbundenen Aussage an (4 Ob14/03t mwN; RIS-Justiz RS0009319).

3.4. FuÈ r die ZulaÈssigkeit ¹kritisierender`̀ Domainskann nichts anderes gelten als fuÈ r die ZulaÈssigkeit kriti-scher Auseinandersetzungen in anderen Medien. Dassdie Kritik nicht (zB) in einem Buchtitel oder in der UÈ ber-schrift eines Zeitschriftenbeitrags, sondern in einer ¹kri-tisierenden`̀ Domain ausgedruÈ ckt wird, kann rechtlichkeinen Unterschied bedeuten.

3.5. ¹Kritisierende`̀ Domains sind daher zulaÈssig, wennder Name als Signal gebraucht wird, um Interessenten aufdie Kritik aufmerksam zu machen, und der Benutzer beiAnzeige der Seite diese UmstaÈnde unmittelbar erkennt.Das gilt insb dann, wenn sich bereits aus der Second LevelDomain (etwa, wie im vorliegenden Fall, in Form einesdistanzierenden Zusatzes) ergibt, dass es sich nicht umdas Angebot des (kritisierten) NamenstraÈgers, sondernum dasjenige eines Dritten handelt (Bayreuther in MuÈ n-chener Kommentar zum BGB5 § 12 Rz 182; HabermannaaO Rz 283; Ingerl/Rohnke aaO Rz 73; Jung-Weiser in Fe-zer, Lauterkeitsrecht § 4±S11 Rz 106 je mN zur dtRsp).

3.6. Weitere ZulaÈssigkeitsvoraussetzung ist, dass demNamenstraÈger die MoÈglichkeit erhalten bleibt, seinen ei-genen Namen als Domain registrieren zu lassen (Bayreu-

ther aaO Rz 182; Lange aaO Rz 2893). Zu pruÈ fen ist wei-ters, ob dem Domaininhaber nicht auch andere ebensogeeignete Zeichen als Domain zur VerfuÈ gung stehen,um kritische Informationen uÈ ber den NamenstraÈger imInternet anzubieten (s Jung-Weiser aaO Rz 106 mN zurdtRsp).

3.7. Bei der gebotenen InteressenabwaÈgung ist das all-gemeine PersoÈnlichkeitsrecht des kritisierten Namens-traÈgers dem vom Domaininhaber mit der Wahl seiner Do-main ausgeuÈ bten Grundrecht der Meinungsfreiheit ge-genuÈ berzustellen (s Bayreuther aaO Rz 183; Bettingerin Bettinger, Handbuch des Domainrechts 236; Jung-Wei-ser aaO Rz 106; zur AbwaÈgung zwischen Urheberrechtund MeinungsaÈuûerungsfreiheit vgl 4 Ob 127/01g = MR2001, 304 ± Medienprofessor).

4.1. Wendet man diese GrundsaÈ tze im vorliegenden Fallan, ist der Unterlassungsanspruch der Kl zu verneinen:

4.2. Die Kl tritt im geschaÈftlichen Verkehr unter ihremFirmenschlagwort auch gegenuÈ ber Verbrauchern als An-bieterin einer von ihr als innovativ und umweltfreundlichbeworbenen Methode zur Mauertrockenlegung auf, derenWirkung und Erfolg umstritten sind. Ihre ¹Gravomagne-tokinese`̀ kann sich nicht auf ein naturwissenschaftlichabgesichertes Verfahren stuÈ tzen. Als Anbieterin eines ¹al-ternativen`̀ Verfahrens hat die Kl Anlass fuÈ r eine kritischeAuseinandersetzung mit ihrem Produkt gegeben. Eine sol-che Auseinandersetzung ist ohne Nennung des Namensder Kl nicht moÈglich. Mit der Verwendung ihres Firmen-schlagworts als Bestandteil einer auf die kritische Ausein-andersetzung hindeutenden Domain weist der Bekl ineiner dem Medium Internet angemessenen Weise auf dieZielrichtung seines Internetauftritts hin.

Die vom Bekl gewaÈhlte Domain laÈsst die MoÈglichkeitder Kl unberuÈ hrt, ihr Firmenschlagwort als Domain zufuÈ hren. Es ist auch keine uÈ berzeugende Alternative er-kennbar, wie eine kritische Auseinandersetzung mit derDienstleistung der Kl im Internet unter einer Domain ge-fuÈ hrt werden koÈnnte, die das Firmenschlagwort der Klnicht enthaÈ lt. In einem solchen Fall waÈre nicht sicherge-stellt, dass Kritiker und BefuÈ rworter des von der Kl an-gebotenen Verfahrens die Website finden und ihre Mei-nung und ihre Erfahrungen kundtun koÈnnen. Nur einebreite Beteiligung bietet aber GewaÈhr fuÈ r einen Aus-tausch der verschiedenen Meinungen und Standpunkteund traÈgt damit zu einer fundierten Meinungsbildungbei. Auch das BerufungsG gesteht zu, dass dem Bekl ge-stattet sein muss, das Firmenschlagwort der Kl zu nen-nen, weil die Website andernfalls nicht auffindbar waÈre.Zwischen der ± vom BerufungsG als zulaÈssig erachteten ±Verwendung als Keyword und der Nennung als Bestand-teil der Domain besteht aber kein wesentlicher Unter-schied, weil die Nennung als Bestandteil der Domainkeine Zuordnungsverwirrung ausloÈst und nur sicher-stellt, dass Internetnutzer die Website auffinden, wennsie an Informationen uÈ ber das alternative Mauertrocken-legungsverfahren der Kl interessiert sind.

4.3. Der Gebrauch des Firmenschlagworts der Kl alsBestandteil der Domain ist daher ebenso durch dasGrundrecht der MeinungsaÈuûerungsfreiheit gedeckt wiees der Gebrauch des Firmenschlagworts als Buchtiteloder in der UÈ berschrift eines Zeitschriftenartikels waÈre.

Allgemein gilt, dass die Verwendung einer ¹kritisieren-den`̀ Domain das PersoÈnlichkeitsrecht des NamenstraÈgersnicht verletzt, wenn das Informationsinteresse hoÈher zubewerten ist als das Interesse des NamenstraÈgers, nichtim Zusammenhang mit kritischen AÈ uûerungen uÈ ber seineWaren oder Dienstleistungen genannt zu werden.

5. Soweit die Kl in der Revisionsbeantwortung weiter-hin eine ¹analoge Anwendung`̀ markenrechtlicher Be-stimmungen in Verbindung mit der ¹Gute-Sitten-Klau-sel`̀ des § 1295 Abs 2 ABGB iVm § 879 ABGB verlangt,

Rechtsprechung/Wettbewerbsrecht; Domainnamen

wbl2009, Heft 7Juli 363

# Springer-Verlag 2009

ist sie auf die Ausnahmebestimmung des § 10 Abs 3 Z 4MSchG zu verweisen, wonach die Nutzung einer Markeals notwendige Bestimmungsangabe vom Markenschutzausgenommen ist; diese EinschraÈnkung des Marken-rechts kommt damit im Ergebnis einer zulaÈssigen Na-mensnennung gleich. Anhaltspunkte dafuÈ r, dass der Bekldie Domain fuÈ r eine absichtliche sittenwidrige SchaÈdi-gung der Kl missbrauche, sind dem Sachverhalt nichtzu entnehmen.

Zur Unterbrechung eines Sicherungsverfahrens bis zur Erle-digung eines Vorabentscheidungsersuchens in einem an-deren Verfahren; AÈ nderung der Rsp

DOI 10.1007/s00718-009-1419-6

§ 190 ZPO; § 90a GOG:Bestehen Zweifel, ob die Rechtsgrundlage des zu si-

chernden Anspruchs mit dem Gemeinschaftsrecht ver-einbar ist, droht eine Verletzung von Gemeinschafts-recht, wenn eine eV ungeachtet insofern bestehenderAuslegungszweifel erlassen wird. Wiegen diese Zweifelso schwer, dass sie ungeachtet der in Sicherungsver-fahren auch fuÈ r HoÈ chstgerichte nicht bestehenden Vor-lagepflicht ein Vorabentscheidungsersuchen rechtferti-gen, so muss es auch zulaÈ ssig sein, dieses Verfahrenbis zur Erledigung eines in einem anderen Verfahrengestellten Vorabentscheidungsersuchens zu unterbre-chen. Denn in beiden Fallgestaltungen wird im Siche-rungsverfahren abgewartet, bis die praÈ judizielleRechtsfrage zur Auslegung hoÈ herrangigen Rechts ineinem anderen Verfahren entschieden ist und es kanndaher in gleicher Weise dazu kommen, dass der einst-weilige Rechtsschutz zunaÈ chst versagt wird, obwohlsich die Auslegungszweifel letztlich als unberechtigt er-weisen. Ein sachlicher Grund fuÈ r eine Differenzierungzwischen einem (zulaÈ ssigen) Vorabentscheidungsersu-chen und einer (angeblich unzulaÈ ssigen) Unterbrechungist daher nicht zu erkennen. [161]OGH 24. 2. 2009, 4 Ob 211/08w (OLG Linz 18. 9. 2008, 2 R 142/08b-8; LGSalzburg 22. 7. 2008, 2 Cg 102/08m-3) ± ¹Treuepunkteaktion``

Die Bekl betreibt Einkaufszentren. Im Rahmen einer¹Treuepunkteaktion`̀ bot sie ihren Kunden KuÈ chengeraÈ-te zu Preisen an, die bis zu 87% unter dem jeweiligenMarktpreis lagen. Der Kl beanstandet dies als eine durcheinen Scheinpreis verschleierte Zugabe, als Missbraucheiner marktbeherrschenden Stellung und als unzulaÈssi-ges Vorspannangebot.

Die Vorinstanzen wiesen den mit der Klage verbunde-nen Sicherungsantrag ab. Das RekursG lieû den o RevRe-kurs mit der BegruÈ ndung zu, dass noch keine Rsp zur Be-urteilung von Vorspannangeboten nach neuem Recht vor-liege.

EntscheidungsgruÈ nde des OGH:Das Verfahren uÈ ber den RevRekurs des Kl ist zu unter-

brechen.1. Die E im vorliegenden Verfahren haÈngt davon ab, ob

das Zugabenverbot des § 9a UWG mit der RL uÈ ber un-lautere GeschaÈ ftspraktiken (RL 2005/29/EG) vereinbarist. Trifft das zu, so waÈre eine Umgehung des Zugaben-verbots durch einen bloûen Scheinpreis anzunehmen.Denn bei einem der GeraÈ te lag wegen des Unterschrei-tens des Marktpreises um 87% ein krasses MissverhaÈ ltniszwischen dem Wert der Ware und dem Abgabepreis vor,was die Vermutung eines Scheinpreises begruÈ ndete(RIS-Justiz RS0084658), und die Selbstkosten der Kl wa-ren bei diesem GeraÈ t wegen des Unterschreitens des Ein-standspreises um knapp 50% auch objektiv nicht annaÈ-hernd gedeckt (4 Ob 334/97i = OÈ Bl 1999, 29 ± Jahresabon-nement-Kombiangebot). Eine ¹ordnungsgemaÈûe Kalku-

lation`̀ (RIS-Justiz RS0084631), mit der die Bekl die Ver-mutung eines Scheinpreises haÈ tte widerlegen koÈnnen,war daher zumindest bei diesem GeraÈ t nicht bescheinigt.

2. Der Senat hat die Frage, ob das Zugabenverbot mitdem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, dem EuGH imVerfahren 4 Ob 154/08p (= MR 2008, 315 ± Fuûballerdes Jahres II; EuGH Rs C-540/08) zur VorabE vorgelegt.Die dort geaÈuûerten Zweifel gelten auch hier: Ist die RLuÈ ber unlautere GeschaÈ ftspraktiken dahin auszulegen,dass sie das Verbot bestimmter GeschaÈ ftspraktiken auchdann erfasst, wenn dieses Verbot (auch) mit ErwaÈgungendes Mitbewerberschutzes begruÈ ndet ist, so verstieûe § 9aUWG gegen den taxativen Charakter der Liste jedenfallsunzulaÈssiger GeschaÈ ftspraktiken im Anhang der RL. Dadie zu erwartende VorabE uÈ ber den Anlassfall hinauszu beachten sein wird (Kohlegger in Fasching/Konecny2

II/2, Anh zu § 190 Rz 351 mwN), waÈre ein spaÈ teres Ver-fahren in der Hauptsache nach stRsp aus prozessoÈkono-mischen GruÈ nden zu unterbrechen (10 ObS 188/98i;RIS-Justiz RS0110583; zuletzt etwa 2 Ob 130/03m und8 Ob 64/04a; Kohlegger in Fasching/Konecny2 II/2, Anhzu § 190 Rz 262 mwN).

3. In Sicherungsverfahren hat der erkennende Senateine solche Unterbrechung allerdings in zwei aÈ lteren Eals unzulaÈssig angesehen (4 Ob 2386/96b = EvBl 1997/152; 4 Ob 2391/96p = SZ 70/1). Zur BegruÈ ndung fuÈ hrteer aus, dass eine solche Unterbrechung mit dem Zweckdes Sicherungsverfahrens generell unvereinbar sei. Wei-ters sei nur durch ein im jeweiligen Verfahren gestelltesVorabentscheidungsersuchen gewaÈhrleistet, dass die Vor-lagefrage tatsaÈchlich auch fuÈ r dieses Verfahren bindendentschieden werde; die Unterbrechung sei daher auchnicht zweckmaÈûig iSv § 190 ZPO.

4. An dieser Auffassung ist jedoch nicht festzuhalten.4.1. Das Argument der fehlenden ZweckmaÈûigkeit ist

durch die juÈ ngere Rsp des OGH, wonach Revisionsver-fahren wegen AnhaÈngigkeit eines Vorabentscheidungser-suchens unterbrochen werden koÈnnen (RIS-JustizRS0110583), uÈ berholt; auch der erkennende Senat hatbereits mehrfach idS entschieden (4 Ob 258/00w, 4 Ob70/02a). Dieses Argument kann daher auch nicht mehrfuÈ r die UnzulaÈssigkeit der Unterbrechung eines Siche-rungsverfahrens herangezogen werden.

4.2. Zu pruÈ fen bleibt daher die Frage, ob das Wesen desSicherungsverfahrens einer Unterbrechung entgegen-steht. DafuÈ r spricht zwar der Zweck dieses Verfahrens,rasch einstweiligen Rechtsschutz zu gewaÈhren. Daherwird es im Allgemeinen unzulaÈssig sein, ein Sicherungs-verfahren zu unterbrechen, bis eine dort auftretende Vor-frage in einem anderen Verfahren - dort als Hauptfrage -beantwortet ist; vielmehr wird das Gericht die Vorfrageim Sicherungsverfahren selbst beurteilen muÈ ssen.

Die Rechtslage ist jedoch anders, wenn Zweifel be-stehen, ob die Rechtsgrundlage des zu sichernden An-spruchs mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. Hierdroht eine Verletzung von Gemeinschaftsrecht, wenneine eV ungeachtet insofern bestehender Auslegungs-zweifel erlassen wird. Wiegen diese Zweifel so schwer,dass sie ungeachtet der in Sicherungsverfahren auchfuÈ r HoÈchstgerichte nicht bestehenden Vorlagepflicht(Kohlegger in Fasching/Konecny2 II/2, Anh zu § 190Rz 221 mwN) ein Vorabentscheidungsersuchen rechtfer-tigen (4 Ob 2252/96x = OÈ Bl 1996, 302 ± Silhouette; RIS-Justiz RS0107063), so muss es auch zulaÈssig sein, diesesVerfahren bis zur Erledigung eines in einem anderen Ver-fahren gestellten Vorabentscheidungsersuchens zu unter-brechen. Denn in beiden Fallgestaltungen wird im Siche-rungsverfahren abgewartet, bis die praÈ judizielle Rechts-frage zur Auslegung hoÈherrangigen Rechts in einem an-deren Verfahren entschieden ist und es kann daher ingleicher Weise dazu kommen, dass der einstweilige

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wbl2009, Heft 7

Juli364

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