Zum Nähr- und Wirkstoff bedarf von Coprinus...

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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution 4.0 International License. Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz. Um die durch ausgefällte Halogenkohlenwasser- stoffe verursachte Trübung von der durch Hefe- wachstum entstandenen Trübung unterscheiden zu können, wurde für Halogenkohlenwasserstoff- konzentrationen über 0,5 mg in 10,0 cm 3 Würze ein Parallelversuch mit unbeimpfter Würze angesetzt. Nur einige der Halogenkohlenwasserstoffe zeigten bei 0,25 mg eine geringe Trübung. Bestimmung des prozentualen Wachs- tums von Preßhefe. In der Zeitspanne von 24—60 Stdn. wurden die Hefezellen in den einzel- nen Röhrchen gezählt; es war für jede Zählung ein Röhrchen angesetzt worden, um für spätere Zählungen das Wachstum durch Aufschütteln bei der ersten Zählung nicht zu beeinflussen und um Infektionen zu vermeiden. Die Zählung der Zell- zahl wurde nach der gebräuchlichen Leukozyten- Zählmethode ausgeführt, unter Verwendung von Wasser an Stelle von Essigsäure als Verdünnungs- flüssigkeit. Zum Auszählen diente eine Zählkam- mer mit Kreuznetz nach Prof. V. S c h i l l i n g . Prüfmethode für Bakterienversuche. Das Wachstum wurde bisher nur grob quantitativ in der für die Hefeversuche beschriebenen Weise beurteilt, nur mit dem Unterschied, daß auf die Ha- logenkohlenwasserstoffverdünnungen unbeimpfte Traubenzuckerbouillon gegeben und anschließend jedes einzelne Röhrchen mittels Platinöse beimpft wurde. Über nephelerometrische Messungen des Wachs- tums von Bakterien sowie Versuche in vivo wird in einer späteren Mitteilung berichtet werden. Zum Nähr- und Wirkstoff bedarf von Coprinus lagopus Von KÄTHE VODERBERG Aus dem Botanischen Institut der Universität Greifswald (Z. Naturforschg. 3 b, 272—279 [1948]; e i n g e g a n g e n a m 16. J u l i 1948) I. Coprinus lagopus gedeiht nicht in Mistdekoktagar, auch nicht in Glaswolle, Kieselgel oder ähnlichen Substraten, die mit Mistdekokt getränkt sind, sondern allein auf cellulose- haltigen Substraten: Stroh, Fließpapier, Sägespäne, oder in den erstgenannten Substraten bei Zugabe von Strohstaub. Der Pilz ist also eng an die Cellulosebestandteile seines natür- lichen Nährbodens angepaßt, mit einfacheren Kohlenhydraten allein vermag er nicht zu gedeihen. II. Als Stickstoffquelle kann Coprinus lagopus alle anorganischen und organischen N- Verbindungen ausnutzen; er gedeiht am besten auf Pepton, das auch im Mistsubstrat den Hauptanteil an den Stickstoffverbindungen hat. Außerdem wird vermutet, daß Coprinus mit Bakterien seines Substrates vergesellschaftet ist, von denen er organische Stickstoff- verbindungen gewinnt. III. Aneurin allein stellt kein Vitamin für Coprinus lagopus dar. Die fördernde Wir- kung der Hefe ist auf andere in der Hefe enthaltene Wirkstoffe zurückzuführen. IV. Gegen Sulfonamide zeigen sich Kulturen von Coprinus lagopus genau so empfind- lich wie Bakterien, während niedere Pilze weitgehend unempfindlich gegen sie sind. Daraus wird die Vermutung abgeleitet, daß man nicht Coprinus lagopus direkt, sondern die mit ihm vergesellschafteten Bakterien durch Zugabe von Sulfonamiden zum Substrat schädigt. Zu demselben Schluß kommt man auf Grund von Versuchen über den Einfluß verschieden häufiger oder verschieden langer Hitzebehandlung des Nährbodens. W r ährend die Zahl der ernährungsphysiologi- schen Arbeiten bei Hefen und Schimmel- pilzen sehr groß ist, gibt es außer M e 1 i n s Mykorrhiza-Arbeiten nur wenig Untersuchungen über Basidiomyceten. Vines 1 weist in Cham- pignonhüten peptonabbauende Proteasen nach, 1 S. V i n e s , Ann. Botany 18, 289 [1904]. 2 G. L i n d e b e r g , Symb. Bot. Upsala VIII, 2 [19441. * A. W a k s m a n u. J. M. M c G r a t h . Amer. J. Bot. 18, 673 [1931]. Lindeberg 2 studiert den gesamten Nähr- und Wirkstoffhaushalt einiger Marasmiusarten, bei Waksman 3 findet sich die kurze Notiz, daß Agaricus campestris und Coprinus radians Hemi- cellulose, Cellulose und — wenn auch weniger gut — Lignin zersetzen können, bei Rege 4 eine solche, daß Fruchtkörper von Coprinus .^7,82 % Pentosane enthalten, und Weir 5 weist nach, daß 4 R. D. R e g e , Ann. appl. Biol. 14, 1 [1927]. 5 J. W e i r , Flora 103, 87, 263 [1911],

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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution4.0 International License.

Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschungin Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung derWissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz.

Um die durch ausgefällte Halogenkohlenwasser-stoffe verursachte Trübung von der durch Hefe-wachstum entstandenen Trübung unterscheiden zu können, wurde für Halogenkohlenwasserstoff-konzentrationen über 0,5 mg in 10,0 cm3 Würze ein Parallelversuch mit unbeimpfter Würze angesetzt. Nur einige der Halogenkohlenwasserstoffe zeigten bei 0,25 mg eine geringe Trübung.

B e s t i m m u n g d e s p r o z e n t u a l e n W a c h s -t u m s v o n P r e ß h e f e . In der Zeitspanne von 24—60 Stdn. wurden die Hefezellen in den einzel-nen Röhrchen gezählt; es war für jede Zählung ein Röhrchen angesetzt worden, um für spätere Zählungen das Wachstum durch Aufschütteln bei der ersten Zählung nicht zu beeinflussen und um Infektionen zu vermeiden. Die Zählung der Zell-

zahl wurde nach der gebräuchlichen Leukozyten-Zählmethode ausgeführt, unter Verwendung von Wasser an Stelle von Essigsäure als Verdünnungs-flüssigkeit. Zum Auszählen diente eine Zählkam-mer mit Kreuznetz nach Prof. V. S c h i l l i n g .

P r ü f m e t h o d e f ü r B a k t e r i e n v e r s u c h e . Das Wachstum wurde bisher nur grob quantitativ in der für die Hefeversuche beschriebenen Weise beurteilt, nur mit dem Unterschied, daß auf die Ha-logenkohlenwasserstoffverdünnungen unbeimpfte Traubenzuckerbouillon gegeben und anschließend jedes einzelne Röhrchen mittels Platinöse beimpft wurde.

Über nephelerometrische Messungen des Wachs-tums von Bakterien sowie Versuche in vivo wird in einer späteren Mitteilung berichtet werden.

Zum Nähr- und Wirkstoff bedarf von Coprinus lagopus V o n KÄTHE VODERBERG

Aus dem Botanischen Institut der Universität Greifswald (Z. N a t u r f o r s c h g . 3 b, 272—279 [1948]; e i n g e g a n g e n a m 16. J u l i 1948)

I. Coprinus lagopus gedeiht nicht in Mistdekoktagar, auch nicht in Glaswolle, Kieselgel oder ähnlichen Substraten, die mit Mistdekokt getränkt sind, sondern allein auf cellulose-haltigen Substraten: Stroh, Fließpapier, Sägespäne, oder in den erstgenannten Substraten bei Zugabe von Strohstaub. Der Pilz ist also eng an die Cellulosebestandteile seines natür-lichen Nährbodens angepaßt, mit einfacheren Kohlenhydraten allein vermag er nicht zu gedeihen.

II. Als Stickstoffquelle kann Coprinus lagopus alle anorganischen und organischen N-Verbindungen ausnutzen; er gedeiht am besten auf Pepton, das auch im Mistsubstrat den Hauptanteil an den Stickstoffverbindungen hat. Außerdem wird vermutet, daß Coprinus mit Bakterien seines Substrates vergesellschaftet ist, von denen er organische Stickstoff-verbindungen gewinnt.

III. Aneurin allein stellt kein Vitamin für Coprinus lagopus dar. Die fördernde Wir-kung der Hefe ist auf andere in der Hefe enthaltene Wirkstoffe zurückzuführen.

IV. Gegen Sulfonamide zeigen sich Kulturen von Coprinus lagopus genau so empfind-lich wie Bakterien, während niedere Pilze weitgehend unempfindlich gegen sie sind. Daraus wird die Vermutung abgeleitet, daß man nicht Coprinus lagopus direkt, sondern die mit ihm vergesellschafteten Bakterien durch Zugabe von Sulfonamiden zum Substrat schädigt. Zu demselben Schluß kommt man auf Grund von Versuchen über den Einfluß verschieden häufiger oder verschieden langer Hitzebehandlung des Nährbodens.

Wrährend die Zahl der ernährungsphysiologi-schen Arbeiten bei Hefen und Schimmel-

pilzen sehr groß ist, gibt es außer M e 1 i n s Mykorrhiza-Arbeiten nur wenig Untersuchungen über Basidiomyceten. V i n e s 1 weist in Cham-pignonhüten peptonabbauende Proteasen nach,

1 S. V i n e s , Ann. Botany 18, 289 [1904]. 2 G. L i n d e b e r g , Symb. Bot. Upsala VIII, 2

[19441. * A. W a k s m a n u. J. M. M c G r a t h . Amer. J. Bot.

18, 673 [1931].

L i n d e b e r g 2 studiert den gesamten Nähr- und Wirkstoffhaushalt einiger Marasmiusarten, bei W a k s m a n 3 findet sich die kurze Notiz, daß Agaricus campestris und Coprinus radians Hemi-cellulose, Cellulose und — wenn auch weniger gut — Lignin zersetzen können, bei R e g e 4 eine solche, daß Fruchtkörper von Coprinus .^7,82 % Pentosane enthalten, und W e i r 5 weist nach, daß

4 R. D. R e g e , Ann. appl. Biol. 14, 1 [1927]. 5 J. W e i r , Flora 103, 87, 263 [1911],

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Coprinus plicatilis und niveus auf Filtrierpapier, mit Nährlösung getränkt, besser fruchten, wenn der Nährlösung Ca-Salze zugefügt werden, und daß mistbewohnende Coprini holzabbauende En-zyme enthalten.

I. K o h l e n h y d r a t e

Die Anzucht von Coprinus lagopus auf künst-lichen Substraten stieß auf gewisse Schwierig-keiten, da dieser Pilz nicht auf Mistdekoktagar wächst wie einige andere Coprini. Ich führte dies auf mangelnde Durchlüftung des Substrates zu-rück; aber auch in Quarzsand, Glaswolle und Haaren, die mit Pferdemistdekokt getränkt wur-den, fand weder Fruchtung noch Mycelbildung statt. Unter Mist sind immer Pferdeäpfel ver-standen.

Da die Pilze in 5 Stdn. auf 120 ° erhitztem Mist noch fruchteten, konnte dieses negative Ergeb-nis nicht auf der Schädigung der Nähr- und Wirk-stoffe durch den langen Kochprozeß zur Gewin-nung des Dekoktes beruhen. Es blieb somit nur die Erklärung, daß der Pilz die Strohteile seines natürlichen Nährbodens selbst als Nährstoffquelle benötigt. Wurden die reinen Strohteile von Pferde-mist, welche durch 12-maliges Kochen und Aus-waschen vollkommen ausgelaugt worden waren (Zerteilungsgrad wie im natürlichen Substrat!), mit Pferdemistdekokt getränkt, so zeigten die Kul-turen die gleiche üppige Fruchtung wie im unbe-handelten Pferdemist. Fein zermahlenes Stroh, mit Pferdemistdekokt getränkt, gab einen nur wenig schlechteren Nährboden; aber auch Kultu-ren auf anderen cellulosehaltigen Stoffen, wie Fließpapier und Sägemehl, gaben, mit Pferdemist-dekokt getränkt, gute Fruchtung.

Die Coprini brauchen also Cellulose als Koh-lenhydratquelle. Diese Tatsache ist nicht neu. Ab-gesehen davon, daß auch für niedere Coprophy-ten6 (das Xylan für Pilobolus) die Strohbestand-teile als Kohlenhydratquelle nachgewiesen wur-den, haben W a k s m a n und G r a t h 3 bei Psal-liota campestris und Coprjnus radians festgestellt, daß sie Hemicellulose, Cellulose und Lignin zer-setzen. Da Coprinus lagopus auf Filtrierpapier — also auf einem reinen Cellulosesubstrat — gut gedeiht, muß er ebenfalls die Fähigkeit des Cellu-loseabbaues besitzen. Während aber alle anderen

6 E. B e r s a , S.-B. Akad. Wiss. Wien, math.-natur-wiss. Kl., Abt. I, 139, 5/6. Heft [1930].

Pilze auch in Zuckerlösungen gedeihen, ist es mir bei Coprinus lagopus nicht gelungen, ihn in an-deren Kohlenhydratlösungen (Fructose, Glucose, Mannose, Inulin, Dextrin, Stärke, Pektin und Gummi arabicum) zur Fruchtung zu bringen. B e r s a konnte in diesen Kohlenhydraten nach aufsteigendem Molekulargewicht eine bessere Fruchtung der Piloboli gegenüber den Zuckern erkennen, bei Coprinus lagopus jedoch würde keine dieser Kohlenhydratquellen ohne gleichzei-tige Anwesenheit von Cellulose angenommen, und zwar weder in Glaswolle noch in Haaren, Quarzsand oder Kieselgel. Auch Carnaubawachs erwies sich als ungeeignet. Daß hier der Mangel an Cellulose und nicht irgendwelche physikali-schen Substrateigenschaften die Fruchtung auf Glaswolle usw. verhindern, konnte ich eindeutig daran erkennen, daß Kulturen auf Haaren, die mit Mistdekokt oder verschiedenen Nährlösungen getränkt waren, nur dann Fruchtkörper zeigten, wenn man Strohstaub oder auch feine Schnitzel reinen Fließpapiers zugesetzt hatte. Daraus geht hervor, daß nicht Stickstoffverbindungen, die möglicherweise im Strohstaub enthalten sind, oder Wirkstoffe das gute Gedeihen verursachen, sondern allein die • Cellulose. Coprinus lagopus hat sich so eng an die Strohteile seines natürlichen Substrates angepaßt, daß er andere Kohlenhydrat-quellen allein nicht mehr auszunutzen vermag. Der Pferdemist enthält jedoch neben Cellulose und Hemicellulose in etwa der gleichen Menge einfache Kohlenhydrate7. Diese werden vermut-lich auch ausgenutzt, denn in Kieselgel mit Nähr-lösung und wenig Strohpulver fruchteten die Kul-turen reichlicher, wenn die Nährlösung Stärke enthielt, etwas schlechter, wenn sie nur Zucker, und noch schlechter, wenn sie außer wenig Stroh-staub keine Kohlenhydrate enthielt.

In weiteren Versuchen soll festgestellt werden, welche Stoffe Coprinus lagopus außer Cellulose allein zu verwerten vermag, und ob alle Rassen von Copri-nus lagopus dieses ungewöhnliche Verhalten zeigen. Das Ergebnis muß auch an anderen Coprinus-Arten nachgeprüft werden.

II. M i n e r a l s a l z e u n d S t i c k s t o f f

Bei den weiteren Versuchen diente als Kohlen-hydratquelle lediglich fein gemahlenes Stroh. Den Nährlösungen wurde ein Tropfen einer steri-

7 0 . K e l l n e r u. G. F i n g e r l i n g , Die Ernährung der landwirtschaftlichen Nutztiere. Berlin 1920.

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Konzentration

10 X 5 X 1 X

1 / 2 X 1 / 5 X

1 / 1 0 X

Fruchtungsindex8

Nährlösung A

1,6 6,0

14,0 14,4 8,8 8,4

Fruchtungsindex Nährlösung B

1,2 15 ,6 13 ,6 8,8 6,8 5 ,6

Tab. 1. Abhängigkeit der Fruchtung von der Konzen-tration der Nährlösungen.

lisierten Bierhefeaufschwemmung zugefügt, ohne welche die Kulturen nicht oder nur kümmerlich gediehen.

a) M i n e r a l s a l z b e d a r f . Gab ich dem Stroh aus Jenaer Glas destilliertes Wasser zu, so zeigte sich keinerlei Bewuchs. Dagegen ge-dieh der Pilz mit Leitungswasser recht gut, er brachte es in einer langen Fruchtungszeit auf mehrere, wenn auch nur kleine Fruchtkörper. Die geringe Nährsalzmenge des Leitungswassers reicht also für eine genügend dichte Mycel-bildung aus. Zugabe von prim. Kaliumphosphat und Magnesiumsulfat verbesserte das Wachstum. Günstiger war es, in dieser recht sauren Salz-lösung das prim. Kaliumphosphat zur Hälfte durch sek. Kaliumphosphat zu ersetzen. Eine längere, ausgeglichene Mycelbildung und eine reichere Fruchtung erzielte ich durch Zugabe einer Stickstoffverbindung und einer Spur von Eisen- und Calciumchlorid.

b) E i n f l u ß d e r N ä h r s a l z k o n z e n t. r a -t i o n. Als Normalsalzlösung wurde eine Gesamt-konzentration von ungefähr 0,2% zugrunde ge-legt. Die Salze zweier verschiedener Nährlösun-gen ermöglichten noch in 10-facher Verdünnung

8 Der Fruchtungsindex stellt ein Maß für die Stärke der Fruchtung dar. Er wird berechnet aus der Zahl und Größe der geschossenen Fruchtkörper. Da diese hohl sind, gibt die Mantelfläche des Stieles (die Hutgröße entspricht stets der St ie lgröße) ein besseres Bild von der Leistung bei der Fruchtkörperbildung als der Stielinhalt. Deshalb wurde die Summe der Mantelflächen aller Fruchtkörperstiele berechnet. Im allgemeinen wurden -3 X 5 Kulturgefäße mit einem Durchmesser von 2,7 cm und einer Höhe von 3,6 cm den gleichen Bedingungen unterworfen, der Fruch-tungsindex stellt den Durchschnittswert der Mantel-flächensummen von 15 Kulturen dar. Ausführl iche An-gaben über die Methodik sind in einer Arbeit: „Zur Fruchtkörperbildung und Ernährungsphysiologie von Coprinus lagopus" enthalten, die im Jahre 1947 von der Philosophischen Fakultät der Univers i tät Greifs-wald als Habilitationsschrift angenommen wurde.

eine ganz gute Fruchtung, während eine 10-fach höhere Konzentration diese wesentlicher herab-setzte. Die Güte der Fruchtung nahm mit der Ent-fernung von der normalen Salzkonzentration ab. Kulturen mit den mittleren Konzentrationen fruchteten zwei bis drei Tage früher als jene mit sehr hohen oder sehr schwachen Konzentrationen (Tab. 1).

Nährlösung A enthielt 0,1 % prim. Kaliumphosphat, 0,05% MgS0 4 • 7 H 2 0 und 0,1% Ammoniümtartrat, Nähr-lösung B 0,03% prim. Kaliumphosphat, 0,03% Magne-siumsulfat, 0,01% Calciumnitrat und 0,03% Kalium-nitrat. Beiden wurde etwas Bierhefe zugefügt .

c) S t i c k s t o f f q u e l l e n . Zunächst unter-suchte ich folgende Nährlösungen, die von ande-ren Autoren für andere Pilze als besonders ge-eignet erprobt worden waren, in ihrer Wirkung auf die Fruchtung bei Coprinus lagopus:

N I . F r i e s : 8

K H P 0 4 0 , 1 g M g S 0 4 • 7 H 2 0 . . . 0,05 g NaCl 0,01 g CaCl2 0,01 g

FeCl3 (1 °/0) . . . 1 Tropfen Glucose . . . . . . . l g NH4-Tartrat 0,1 g Wasser 100 s

NI . B o a s : 1 0

KHJP04 0,25 g Harnstoff MgS0 4 0,15 g Maltose 5 g

2 g Wasser 100 g

N L H a n s e n : 1 1

K H 2 P 0 4 0,3 g MgS0 4 0,2 g Saccharose 10 g

Pepton l g Wasser ad 100 g

NI . H a y d u c k : 1 1

K H 2 P 0 4 0,25 g Asparagin 0,25 g M g S 0 4 0,09 g Wasser 100 g Dextrose 5 g

NI . B ü n n i n g : 1 2

K H 2 P 0 4 0,27 Wasser 100 g M g S 0 4 • 7 H 2 0 . . . 0,2 g FeCl s ( l ° / 0 ) . . 1 Tropfen Dextrose 5 g

Dazu: 0,27 g NH4C1 oder 0,5 g KNO, oder 0,4 g N H 4 N 0 3 .

Die Kulturen mit Nährlösung Fries brachten im 20° -Thermosta ten durchschnittlich am 17. Tag die ersten Fruchtkörper hervor. Substrate, mit Nähr-lösung Fries getränkt, zeigten keine üppige, aber lang anhaltende Fruchtung: es wurden drei Monate lang gute Fruchtkörper gebildet, Die Kulturen er-reichten einen durchschnittlichen Fruchtungsindex von 7,9. Ein Zusatz von wenigen Tropfen mensch-lichen Harns verbesserte die Fruchtung bedeutend,

8 N. F r i e s , Symb. Bot. Upsala VII, 2 [1943]. 10 F. B o a s , Ber. dtsch. Bot. Ges. 37, 63 [1919]. 11 Zit. nach G. K o s t k a , Praktische Anleitung zur

Kultur der Mikroorganismen. Stuttgart 1924. 12 E. B ü n n i n g , Ber. dtsch. Bot. Ges. 52, 423 [1934].

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d. h. sie trat e twas früher ein, verl ief viel stürmischer und war in vier Wochen beendet. Der Fruchtungsindex erreichte in dieser viel ger ingeren Zeitspanne einen höheren Wert als oben, nämlich 10,4. Die Nährlösung Boas, die als Stickstoffquelle Harnstoff enthält, er-möglichte keine Fruchtung, s ie erwies sich jedoch, mit einer zehnfach geringeren Harnstoffkonzentration auf Stroh gegossen, als guter Nährboden für Copri-nus lagopus. Die Fruchtung verl ief darauf ähnlich wie auf der Nährlösung Fr ie s + Harn; bei dieser trat die Fruchtung immer wesent l ich früher ein als bei allen anderen Nährlösungen (s. auch Tab. 2 u. 5). Es wurden sehr viele Fruchtkörper angelegt, deren Streckung schnell aufeinander fo lg t e , nach drei Wochen waren alle Kulturen erschöpft. Die Frucht-körper zeigten die Eigenart, daß sie meist nicht sehr stark in die Länge geschossen waren, dafür aber un-gewöhnlich dick blieben. Fruchtkörper mit einer Stiel-dicke von 5 mm traten häufiger auf. Dadurch erlangte auch der Fruchtungsindex einen hohen Wert, durch-schnittlich 14,9. Die Hauptmenge der angelegten Fruchtkörper blieb aber in den ersten Stadien stehen und ging darin zugrunde. Die Produktion von Fort-pflanzungsorganen war in keiner anderen Nährlösung so mächtig als in dieser harnstoffhalt igen. Diese Eigenart der Fruchtung beruht wahrscheinlich auf der Bi ldung von freiem Ammoniak. Bei den Substra-ten mit der Nährlösung Vi Boas und solchen, deren Harnstoffkonzentration auf die Hälf te bis ein Viertel herabgesetzt wurde, entwich vie l Ammoniak. Erst bei einer auf Vio herabgesetzten Harnstoffgabe wurde der Geruch weniger auffäl l ig. Das fre ie Ammoniak wirkt kaltsteril isierend auf das Substrat, so daß das Impf-mycel in kurzer Zeit zugrunde geht. In geringerer Konzentration wirkt Ammoniak stimulierend1 3 , wor-auf nicht nur die schnelle, üppige Fruchtung in Harn-stoffsubstraten, sondern auch diejenige in der Fries-schen Nährlösung + Harn zurückzuführen sein dürfte.

Versuche mit anderen Nährlösungen, z. B. der von Hayduck, Hansen und Bünning, zeigten einen Kultur-verlauf, der zwischen den oben gezeigten Extremen lag. Stroh mit Nährlösung Hayduck erwies sich als ein weniger günst iges Substrat als Stroh mit Nähr-lösung Hansen. In beiden wurden — wie in Nähr-lösung Fries — die ersten Fruchtkörper durchschnitt-lich am 17. Tage angelegt, die Fruchtung wurde sechs Wochen fortgeführt , der Fruchtungsindex betrug bei Nährlösung Hayduck 6,6, bei Nährlösung Hansen 12,1.

Da diese Nährlösungen neben verschiedenen Stickstoffquellen die Nährsalze in verschiedener Konzentration enthielten, ich aber die Wirkung der verschiedenen Stickstoffquellen allein prüfen wollte, setzte ich die folgende Versuchsreihe an: Zu einer gleichbleibenden Salzlösung von 0,2% prim. Kaliumphosphat, 0,1 % Magnesiumsulfat und tropfenweise zugegebenem Eisenchlorid fügte ich den einzelnen Kulturen außer dem Tropfen Bier-

13 G. S c h w e i z e r , E inführung in die Kaltsteril isa-tionsmethode. Gustav Fischer, .Jena 1987.

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hefeaufschwemmung jeweils eine organische oder anorganische Stickstoffverbindung in solcher Kon-zentration zu, daß dem Pilz ungefähr die gleiche Menge Stickstoff, in jeder Lösung etwa 0,25%, zur Verfügung stand. Tab. 2 zeigt die Durchschnitts-ergebnisse aus 8 Versuchsreihen.

Nährlösung mit 1 Tropfen Hefe

und

KNO s . NH4C1 . NH4NO s NH4-Tartrat Asparagin Glutamin. Glykokoll Pepton . . Harnstoff.

Tab. 2. Abhängigkeit der Fruchtung von der Art der Stickstoffquelle.

Hefe ist wahrscheinlich nicht nur als Wirkstoff-träger, sondern auch als Stickstoffquelle von Be-deutung. Es ist auch nicht ausgeschlossen, daß die Pilze aus den Strohpartikeln und vielleicht in größerem Maße durch im Substrat vorhandene Bakterien organische Stickstoffverbindungen ge Winnen.

Die Pilze fruchten auf ammoniakhaltigen Nähr-böden etwas besser als auf nitrathaltigen. Das entspricht ihrem natürlichen Vorkommen auf ammoniakhaltigem Substrat. Pepton dürfte des-halb so hervorragende Resultate ergeben, weil es wahrscheinlich Wirkstoffe enthält und die Stick-stoffquelle des natürlichen Substrates darstellt. Im Pferdemist sind nach K e l l n e r und F i n g e r -l i n g 7 Albumosen und Peptone, jedoch keine ein-facheren Aminosäuren enthalten.

Es seien hier die Ergebnisse von Versuchen einge-schoben, die zeigen, wiewe i t der Mycelbewuchs die Acidität des Substrates verändert.

Mit Wulffschen Folien wurde der Säuregrad des frisch steri l is ierten Nährbodens gemessen (1. Kol.), der des Nährbodens am 4. Tage nach Beginn der Fruchtung (2. Kol.) und der auf verödeten Kulturen (3. Kol.) (Tab. 3) .

Tab. 3 zeigt, daß die sauren Nährböden durch den Bewuchs etwas alkalischer werden und nach Auf-hören der Fruchtung, womit wahrscheinlich das Auf-hören regeren Mycelstoffwechsels zusammenfällt , wie-der saurer werden.

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PR Pr PR frisch fruchtend verödet

Nl. Fries . . . 5,3 6,8 6,2 Nl. Hansen. . 5,2 6,2 5,2 Nl. Hayduck . 5,2 5,8 5,2 Nl. v.d.Crone 6,2 7,2 6,2

Tab. 3. Einfluß des Pilzwachstums auf die Acidität des Nährbodens.

Eine Verschiebung der Reaktion zur sauren Seite fand N i k i t i n s k y 14 bei Fütterung von Pilzen z. B. mit NH4C1, wobei durch Ammoniakkonsum anorga-nische Säure frei wird. Unter normalen Bedingungen aber, besonders wenn die Pilze Pepton als Eiweiß-quelle enthalten, fand auch er das Substrat durch Pilzbewuchs alkalischer werdend. Durch Aspergillus geht nach B o a s 1 0 der Abbau von Eiweißstoffen unter Abspaltung von NH3 so stark vor sich, daß die Pilze am ausgeschiedenen Ammoniak sterben, sofern sie nicht reichlich Oxalsäure zur Neutralisation zu bilden vermögen. Nach B o y l e 1 5 sinkt in Richards Nähr-lösung durch den Bewuchs mit Fusarium in 14 Tagen die Acidität von pH 4 auf pH 8.

Da die oben angeführten Nährlösungen kein Ammo-niumsalz einer anorganischen Säure enthalten, ist die während des Bewuchses auftretende Alkalisierung verständlich. Nach der Verödung der Kulturen wird nicht mehr so viel NHS ausgeschieden, das Substrat versäuert wieder.

14 J. N i k i t i n s k y , Jb. wiss. Bot. 40, 1 [1904]. 15 C. B o y l e , Ann. of Bot. 38, 113 [1924]. 16 E. M e l i n , Untersuchungen über die Bedeutung

der Baummykorrhiza. Eine ökologisch-physiologische Studie. Jena 1925.

Auf dem Gebiet des Wirkstoffhaushaltes der Coprini ist bisher noch nicht gearbeitet worden. T r e s c h o w 1 7 gibt eine Notiz über den ver-wandten Champignon, Psalliota hortensis, der nach ihm nur gedeiht, wenn dem künstlichen Sub-strat Bierwürze zugesetzt wird oder ein Gemisch von Biotin, Natriumpantothenat, Nicotinsäure-amid und Aneurin. Die Mycelien fruchten zwar auch mit Biotin allein, aber zu maximaler Ent-wicklung sind alle vier Wirkstoffe nötig.

Es ist anzunehmen, daß Coprinus lagopus einen etwas anderen Wirkstoffbedarf aufweist, da er an frischen Mist angepaßt ist, Psalliota jedoch n u r auf wochenlang zersetztem gedeiht. Da mir die anderen Wirkstoffe nicht zur Verfügung standen, prüfte ich zunächst die Wirkung des Aneurins. Tränkt man gemahlenes Stroh mit Knopscher Nährlösung in aus Jenaer Glas destilliertem Was-ser, so bleibt das Substrat leer, ebenso wenn man in etwa physiologischer Konzentration (0,5 r auf 10 g Substrat) Aneurin zugibt. Dagegen tritt bei Zugabe eines Tropfens Bierhefeaufschwem-mung sofort gute Fruchtung auf. Besonders auf-fällig ist das Verhalten von Frischmistkulturen, denen Aneurin zugegeben wird: unbehandelte Kulturen erreichen den Fruchtungsindex 14,9, da-gegen tritt auf Aneurin-Kulturen (10 g Frisch-mist + 2 y Aneurin) keine Fruchtung ein. Aneurin in niedrigerer Konzentration dem Frischmist bei-gegeben, kann die Fruchtung zwar nicht auf-heben, aber jeder Aneurinzusatz, auch ein solcher unter 0,01 Y, verschlechtert die Fruchtung.

Aneurin allein stellt also für Coprinus lagopus kein Vitamin dar. Dafür sprechen auch andere Beobachtungen. Zunächst fiel auf, daß die Kul-turen, denen als Wirkstoffträger Bierwürze zu-gesetzt wurde, immer hinter den anderen Kulturen zurückblieben. Bierwürze enthält als wesentlichen Wirkstoff das Aneurin. Da dieses, in der Nähr-lösung zugesetzt, für Coprinus lagopus keine Be-deutung zu haben scheint, wirkt Bierwürze weder fruchtungsbeschleunigend noch -verbessernd. Da-gegen machen sich irgendwelche anderen Stoffe hemmend bemerkbar, die bei Psalliota, fü r den Bierwürze einen guten Wuchsstoff darstellt, durch die Aneurinwirkung überlagert sein dürfte. Als Hemmstoff kommt nicht der Hopfenwachs-Hemm-stoff in Frage, da nur ungehopfte Würze verwen-det wurde. Auch der Ausfall der Versuche mit

17 C. T r e s c h o w , Naturwiss. 31, 210 [1943].

Wegen der engen Anpassung an die Cellulose und die Peptone des Mistsubstrates ist es unmög-lich, Coprinus lagopus in Erde zu ziehen. Da-gegen zeigt er in seinem Nährstoffbedarf Ähnlich-keit mit den streu- und holzzersetzenden Boden-pilzen. Auch für diese konnte nachgewiesen wer-den16-2, daß sie alle in ammoniakhaltiger Nähr-lösung gedeihen können, viele jedoch nicht in nitrathaltiger. Organische Stickstoffverbindungen erwiesen sich im allgemeinen als bessere Stick-stoffquellen. Die humuszersetzenden Marasmius-Arten zeigten sich nicht so streng an Cellulose und Lignin angepaßt wie Coprinus lagopus, sie nahmen auch Glucose bis Stärke als Kohlen-hydratquelle gut auf.

I I I . W i r k s t o f f e

Um die feste Bindung von Coprinus lagopus an das Mistsubstrat erklären zu können, muß auch der Wirkstoffbedarf des Pilzes geprüft werden.

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Substrat Beginn der Fruchtung

Fruchtungs-index

NI. Fries + Bierhefe NI. Fries + Bäckerhefe

8. Tag 8. „

15,0 15,3

Tab. 4. Fruchtung nach Zusatz von Bier- bzw. Bäcker-hefe. Mittelwert von je 20 Kulturen aus 5 Versuchs-

reihen.

Bier- und Bäckerhefe steht im Einklang mit der Tatsache, daß Aneurin fü r Coprinus kein Vita-min ist: Bier- und Bäckerhefe unterscheiden sich vor allem durch ihren verschiedenen Aneurin-gehalt, derjenige der Bierhefe ist etwa dreimal so groß als der der Bäckerhefe. Unter sonst gleichen Bedingungen gehalten, fruchten Kulturen mit Bier- und Bäckerhefe am gleichen Tage, und alle Kulturen zeigen etwa den gleichen Fruchtungs-index (Tab. 4).

Infolge des unterschiedlichen, meist für den Pilz nicht optimalen Wirkstoffgehalts des Pferde-mists wirkt ein Hefezusatz oft stark fördernd, manchmal — wenn die Fruchtung auch ohne Hefe üppig verläuft — bewirkt Hefezusatz nur eine unwesentliche Verbesserung. In einer Versuchs-reihe mit Frischmist und Hefe erreichte ich ein-mal den Fruchtungsindex 18 als Mittelwert aus 15 Kulturen, während die Frischmistkulturen ohne Hefe unter sonst gleichen Bedingungen nur den Fruchtungsindex 13,9 aufwiesen.. Eine Über-dosierung mit Hefe ist nicht möglich, Coprinus lagopus wächst selbst in Hefeaufschwemmung allein, die er dann auch als Stickstoffquelle aus-zunutzen scheint. Erstaunlicherweise gedeihen die Pilze auch im fertigen Bier, wieder ein Beweis, daß sie das Aneurin nicht brauchen, denn dieses geht von der Würze wohl in die Hefe über, wird aber im Brauprozeß zerstört, so daß fertiges Bier kein Aneurin mehr enthält.

Hefe begünstigt nicht nur die Fruchtungsgüte, sondern wirkt auch außerordentlich beschleuni-gend auf den Beginn der Fruchtung ein (Tab. 5).

Daß eine Fruchtung ohne Hefe, wenn auch in geringerem Ausmaß, so doch überhaupt eintreten konnte, lag daran, daß diese Kulturen auf einmal sterilisiertem Substrat ohne besondere Sorgfalt gezogen" worden waren, also sicher noch eine Bakterienflora enthielten.

Hefe enthält also die für eine gute Fruchtung notwendigen Wirkstoffe. Sicher sind aber nicht alle in der Hefe enthaltenen Wirkstoffe für

Substrat Beginn der Fruchtungs-Stroh + Fruchtung index

Leitungswasser 32. Tag 2,4 Leitungswasser -f- Hefe . 23. „ 7,4 NI. Fries 30. „ 6,1 NI. Fries + Hefe 18. „ 11,1 NI. Boas 24. „ 8,3 NI. Boas + Hefe 16. „ 13,9

Tab. 5. Einfluß der Hefe auf die Fruchtung 1 8 .

Coprinus lagopus unentbehrlich. Leider stand mir jedoch weder Lactoflavin, das nach B ü n n i n g 1 2

das Wachstum von Aspergillus niger beeinflußt (der auch aneurin-autotroph ist), noch Biotin und die übrigen Wirkstoffe der Hefe, wie Mesoinosit, ß-Alanin, Adermin usw., isoliert zu weiteren Wirk-stoffuntersuchungen zur Verfügung. Diese müs-sen deshalb auf einen späteren Zeitpunkt auf-geschoben werden.

IV. V e r h a l t e n g e g e n ü b e r S u l f o n -a m i d e n

Da die bisherigen Untersuchungen über die p-Aminobenzoesäure und ihre Antagonisten vor-wiegend an Bakterien durchgeführt worden sind und für höhere Tiere keine so überragend lebens-wichtige Bedeutung vermutet wird, interessiert besonders der Einfluß dieser Stoffe auf Pilze, die in vieler Hinsicht mit den Bakterien Ähnlichkeit im Stoffwechselhaushalt haben.

Fü r meine Versuche standen die p-A.mino-benzoesäure, die Sulfanilsäure und die Sulfon-amide Marfanil, Prontalbin und Cibazol zur Ver-fügung. Zunächst prüfte ich die Wirkung jeder dieser Substanzen für sich allein auf die Fruch-tung der Pilzkulturen.

Die p - A m i n o b e n z o e s ä u r e wurde in einer Konzentration von 10—4 bis 10—10 g/cm3 (d .h . auf 1 g Substrat 0,1 mg bis 0,0001 y) zum gemahlenen Stroh, das mit Nährlösung Knop und einem Tropfen Hefe ge-tränkt wurde, zugegeben, doch zeigte sich keinerlei Wirkung. In gleicher Konzentration dem Frischmist beigegeben, verschlechterte es e twas die Fruchtung, wie an Kontrollkulturen erkannt wurde. Jegl icher Zusatz von Chemikalien verschlechtert stets die Fruchtung im Frischmist, immer scheinen mistfremde Stoffe im natürlichen Nährboden Veränderungen her-vorzurufen, die die Fruchtung beeinträchtigen.

Bei S u l f a n i d s ä u r e - Zusatz bis zur Konzentra-tion lO—5 g/cm3 findet im Frischmist und in Stroh, das mit Nährlösung Knop getränkt ist, nur eine geringe

18 Diese Kulturen waren bei 17° gezogen worden, deshalb setzte die Fruchtung erst so spät ein.

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Substanz Konzentration im Substrat

in g/ccra3 Fruchtungs-

index

.p-Aminobenzoesäure

Sulfanilsäure

Marfanil

1 0 - « 10-» 1 0 - ® lO-io

0 1 0 ~ 2

1 0 - 8

1 0 - 4

i o - s

10" 6

i o - 7

i o - 8

i o - 8

i o - 4

i o - 5

1 0 - f i

10~ 7

7.3 5,5 6.4 7,1 6,9

2,8 6,3 4,7 5.5

4,7 5,9 5.6 5.7

Tab. 6. Beeinf lussung der Fruchtung durch p-Amino-benzoesäure und Sulfonamide. Kulturen auf Stroh mit-Knopscher Nährlösung und 1 Tropfen Bierhefeauf-

schwemmung.

Beeinträcht igung der Fruchtung statt. Dagegen wer-den Kulturen bei Zugabe von 1 0 - 4 g/cm3 Sulfanil-säure schon stark gehemmt, so daß keine Fruchtung und auch keine Mycelbildung mehr eintritt.

Bei M a r f a n i l lag die Grenzkonzentration bei IO- 3 g/cm3. Da aber die bakteriostatische Wirkung des Marfanils nicht durch p-Aminobenzoesäure aufgeho-ben wird, interessiert uns sein wei teres Verhalten nicht (Tab. 6).

Die Konzentration der Sulfanilsäure, bei der das Wachstum von Coprinus lagopus unterbun-den wird, ist genau die gleiche, wie für Strepto-bacterium plantarum angegeben wird19-20. Die Sulfanilsäure hat nach diesen Autoren gegenüber den Sulfonamiden nur geringe Hemmwirkung: erst 5000 Mol. Sulfanilsäure machen 1 Mol. p-Aminobenzoesäure unwirksam, während beim Sulfathiazol schon 35 Mol. in Gegenwart eines Mol. p-Aminobenzoesäure genügen, um Wachs-tumshemmung hervorzurufen. Ich prüfte nun die antagonistische Wirkung der p-Aminobenzoe-säure zur Sulfanilsäure und fand, daß 10-* g/cm3

p-Aminobenzoesäure die wachstumshemmende Wirkung von 3 X 10-4 g/cm3 Sulfanilsäure auf-zuheben vermochten. Auch diese Werte entspre-chen genau denen, die K u h n und Mitarbb. bei Streptobacterium plantarum gefunden haben.

B i g g e r 2 1 u. a. legen beim Sulfathiazol eine Konzentration von 10-4 g / c m 3 a l s s t a r k ^akterio-

Gel MFi6^2Öl[i9e4ri]U' * S c h w a r z ' B e r ' d t s c h - <*«n. 20 R. K u h n , E. F. M ö l l e r , G. W e n d t u. H B e i -

n e r t . Ber. dtsch. chem. Ges. 75, 711 [1942].

statisch für Typhusbazillen zugrunde. Allerdings müßte beim Sulfathiazol schon bei einer Konzen-tration von 10-6 g/cm3 eine Wachstumshemmung bei Bakterien nachweisbar sein20, denn Sulfathia-zol hat eine hundertmal stärkere antagonistische Wirkung gegenüber p-Aminobenzoesäure als Sulfanilsäure. Ich gab Sulfathiazol (Cibazol) in der Konzentration 10-4 bis 10-e g/cm3 dem Miste zu: es zeigte sich jedoch in keiner Kultur eine Fruchtung. Die bei Bakterien gefundenen Werte scheinen also auch fü r die Sulfathiazol-Wirkung auf Coprinus lagopus zu gelten.

Da über den Einfluß von Sulfonamiden auf nie-dere Pilze ebenfalls keine Angaben vorliegen, seien hier Ergebnisse wiedergegeben, die ich auf unsteriiisiertem Frischmist oder auf mit Nähr-lösung getränktem Stroh, das mit Frischmist-stückchen beimpft wurde, gewann. Es entwickel-ten sich die üblichen Schimmelpilze, sofern die Kon-zentration der Sulfanilsäure nicht über 10~2 g/cm3

lag. Auf einem Strohsubstrat von 10 g, dem 0,1 g Sulfanilsäure zugemischt war, trat noch präch-tige Schimmelbildung ein. Ebenso fand ich Schimmeldecken auf einem Substrat von 10 g, dem 0,5 g Sulfanilsäure und 1 mg p-Aminobenzoesäure zugegeben worden waren.

Schimmelpilze sind also gegen Sulfanilsäure gänzlich unempfindlich, während Coprinus lago-pus gegen sie ebenso empfindlich ist wie Bakte-rien. Das brachte mich auf den Gedanken, daß die Sulfanilsäure gar nicht auf das Coprinus-lagopus-Mycel direkt wirkt, sondern auf Bakte-rien, die mit dem Mycel vergesellschaftet sind.

Zu dieser Vermutung führten auch Sterili-sierungsversuche. Frischer Pferdemist wurde 20 Min. auf 120° erhitzt und mit Fruchtkörper-stückchen beimpft: bald zeigte sich eine üppige Fruchtung. Dabei waren wohl die fremden Pilz-mycelien und -sporen abgetötet worden, wahr-scheinlich aber nicht die Bakteriensporen des Substrates. Unterwarf man dagegen die Substrate einer 2- bis 5-stdg. Erhitzung oder einer fraktio-nierten Sterilisation, so entwickelte sich das Impf-mycel erst viele Tage später, und die Fruchtung setzte 8 bis 12 Tage verspätet kümmerlich ein. Nach 2 bis 3 Wochen fruchteten die Kulturen ebenso reichlich wie die einmal fü r 20 Min. er-hitzten. Das spricht dafür, daß durch das lange Erhitzen die Bakterienflora weitgehend geschädigt

21 J. W. B i g g e r , Lancet 6386, 81 [1946]; zit. nach Dtsch. Gesundheitswesen 1, 676 [1946],

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worden war; erst nachdem sich diese wieder an-gereichert hatte, trat gute Fruchtung ein. . Eine Stütze dieser Vermutung ist auch die Be-obachtung M. B a d e n s 2 2 , daß Sporen von Copri-nus sterquilinus nur keimen können, wenn eine ganz bestimmte Bakterienart zugegen ist. Diese Bakterien schienen durch das junge Pilzmycel irgendwie verändert worden zu sein, denn wenn die Bakterien allein mit Mucorsporen zusammen waren, hinderten sie diese am Auskeimen, jedoch nicht, wenn Coprinus-sterquilinus-Mycel gleich-

22 M. L. B a d e n , Ann. Botany 29, 135 [1915],

zeitig vorhanden war. Das spricht fü r engere Be-ziehungen zwischen den Bakterien und diesem Pilz.

Es eröffnen sich hier eine Reihe interessanter Fragen über die gegenseitige Beeinflussung der verschiedenen Organismen im Mistsubstrat, deren letzte Lösung jedoch erst dann gefunden werden kann, wenn der Bedarf des Coprinus lagopus an chemisch reinen Wirkstoffen bekannt ist. Dabei wird sich zeigen, ob die Vermutung zutrifft, daß Bakterien für die Stickstoffaufnahme des Copri-nus lagopus von Bedeutung sind, und welche Rolle sie in seinem Wirkstoffhaushalt spielen.

Ober die Erblichkeit des Kopulationsverhaltens bei Chlamydomonas V o n FRANZ M O E W U S

Aus dem Kaiser-Wilhelm-Institut für medizinische Forschung, Institut für Chemie, Heidelberg

(Z. N a t u r f o r s c h g . 3 b, 279—290 [1948]; e i n g e g a n g e n a m 15. J u l i 1948)

Verwendet man ?-Gameten mit Augenfleck, ^-Gameten ohne Augenfleck, dann kann das Kopulationsverhalten genau verfolgt werden. Am primitivsten ist das Verhalten von Lisogama: stets entsteht die Zygote unter Wanderung beider Protoplasten in der Zell-mitte (MiMiMi). Bei f. typica wandert bei mehr als 3 betragenden Größenunterschieden stets der kleinere Partner in den größeren hinein (MiGyAn). Bei f . pseudoanisogama kann der kleinere ?-Gamet nicht mehr in den größeren ^-Gameten einwandern, so daß es zur Bildung von ellipsoidischen Doppelzygoten kommt (MiGyDo). Die f . anisogama hat trotz morphologischer Isogamie ein typisches anisogames Kopulationsverhalten: Sind die Gameten gleich groß, oder ist der $ größer als der $ , dann entsteht die Zygote im ^-Gameten; ist der <J-Gamet größer, so werden Doppelzygoten gebildet (GyGyDo). Rassenkreuzungen ergeben, daß stets das höher entwickelte Kopulationsverhalten domi-niert, so daß sich folgende Reihe ergibt: GyGyDo > MiGyDo > MiGyAn > MiMiMi.

Aus den genetischen Analysen folgt, daß es zwei Serien von gacop-Allelen gibt: bei den $-Diözisten mit F nehmen sie den Locus von M ein (gacop F ) , bei den ^-Diözisten mit M den Locus von F (gacopM). Durch F-M-Crossing-over entstehen Monözisten, die das isogama - Kopulationsverhalten haben. Auch die Monözisten, die aus der diözischen oogamen Art durch F-M-Crossing-over hervorgehen, haben das primitivste Kopulations-verhalten.

Die Austauschvorgänge laufen bei den in dieser Arbeit gebrachten Kreuzungen im Vierstrangstadium ab. Auch Doppelaustausch tritt in erwartungsgemäßer Höhe auf. Es wird die Vermutung ausgesprochen, daß ursprünglich bei Chlamydomonas die Realisato-ren Allele waren und daß durch Inversionen die Trennung erfolgt ist. Dadurch ist es dann zur Entstehung von zwei gacop-Serien g e k o m m e n .

Die vergleichende Betrachtung des Kopulations-vorganges zeigt bei verschiedenen Algen und

Pilzen häufig eine durch Übergänge vermittelte Reihe von der Isogamie über die Anisogamie zur Oogamie. Besonders die Volvocineen liefern dafür zahlreiche Beispiele. So sind die meisten Clnloro-gonium-Arten isogam1, eine Art ist oogam2; bei

1 A. P a s c h e r . Volvocales. Süßwasserflora, Heft 4 [1927].

2 A. P a s c h e r , Jb. wiss. Bot. 75, 551 [1931].

Chlorogonium euchlorum gibt es isogame und anisogame Rassen. Auch unter den Arten der Gat-tung Chlamydomonas sind diese 3 Kopulations-typen vertreten1 '3-4. Besonders eingehend sind im Verlauf von 20 Jahren die zur Chlamydomonas eugametos-Gruppe gehörigen Arten und Rassen untersucht worden. Es gibt nicht nur die durch morphologische Verschiedenheiten von $- und

3 A. P a s c h e r , Beih. Bot. Zbl. 62A, 197 [1943], "4 F. M o e w u s , Ergebn. Biologie 18. 287 [1941].