Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 26.10.2006 Wahrscheinlichkeit...
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Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 26.10.2006
Wahrscheinlichkeit
• „Wahrscheinlich wird morgen die Sonne scheinen“
• „Die Chancen, dass ich die Klausur bestehe, sind 50:50“
• „Das jährliche Risiko, durch einen Blitzschlag zu sterben,
beträgt 1:10 Millionen“
Struktur: Wahrscheinlichkeitsaussagen beziehen sich auf Ereignisse, deren Eintreten unbekannt ist.
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 26.10.2006
Die Wahrscheinlichkeit nach Laplace
Laplace (1749 - 1822):
Zahl der günstigen Fälle
Zahl aller (gleich) möglichen Fälle
Beispiel:
P(„Es wird eine 6 gewürfelt“) = 1/6
P(Es wir eine gerade Zahl gewürfelt) = 3/6
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 26.10.2006
Laplace-Wahrscheinlichkeit (2)
Problem: P(„Morgen scheint die Sonne“)
Möglichkeiten = {Sonne, Regen, bewölkt}
P(Sonne) = 1/3 ????
Definition ist zyklisch
(gleich) möglich = gleich wahrscheinlich
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 26.10.2006
Frequentistischer Wahrscheinlichkeitsbegriff
R. von Mises (1883-1953)
„ Die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses ist die langfristige relative Häufigkeit seines Auftretens“
n
nAP
Alim)(
nA : Anzahl der Erfolge
n : Anzahl der Versuche
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 26.10.2006
Frequentistischer Wahrscheinlichkeitsbegriff
Probleme:
• Einmalige Ereignisse• Grenzwertdefinition• Experimentdurchführung
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 26.10.2006
Subjektivistischer Wahrscheinlichkeitsbegriff
Laplace, Ramsey, de Finetti:
„Die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses ist der Grad der Überzeugung, mit der ein Beobachter aufgrund eines bestimmten Informationsstandes an das Eintreten eines Ereignisses glaubt“
Beispiele:Münzwurf: Einsatz auf Zahl bis zu 0,50 € sinnvollWürfel: Einsatz bis zu 1/3 € auf „5 oder 6“
P(A) ist der Wetteinsatz (€) in , die eine Person höchstens einzugehen bereit ist, falls er bei Eintreten von A 1 € gewinnt.
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 26.10.2006
Subjektivistischer Wahrscheinlichkeitsbegriff
Probleme:
• Subjektiv = Unwissenschaftlich ?
• Wettdefinition
• Informationsstand
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 26.10.2006
Axiomatische Einführung der Wahrscheinlichkeitsrechnung
Kolmogorov (1933): Wahrscheinlichkeit ist Funktion, die gewissen Regeln, den sog. Kolmogorov‘schen Axiomen genügt
Grundlage bildet das Zufallsexperiment: Vorgang, der genau ein Ergebnis liefert, das nicht deterministisch bestimmt ist.
Menge der Ergebnisse:
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 26.10.2006
Zufallsexperimente
Experiment Ergebnismenge
Würfelwurf 1, 2, 3, 4, 5, 6
Münzwurf Kopf, Zahl
Diagnosetest positiv, negativ
Blutwert alles positive Zahlen
EKG-Parameter alle positiven Zahlenpaare (0, ) x (0, )
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 26.10.2006
Ereignisse
Ereignisse sind Teilmengen von
Beispiele: 1. „gerade Zahl“ = {2,4,6} „1 oder 2“ = {1,2} 2. „Kopf“ = {K}3. Blutwert > 90 (90, )4. Beide EKG-Werte >10 {(x, y)|x >10, y >10}
Ereignissen sollen Wahrscheinlichkeiten zugeordnet werden.Wir bezeichnen Ereignisse mit A,B,C...
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 26.10.2006
Ereignisoperationen
A B : Vereinigung = „A oder B“BDurchschnitt = „A und B“ AComplement = „Nicht A“
eispiel:
= {1,2,3,4,5,6}A = {2,4,6} „gerade“ B = {4,5,6} „groß“A B = {2,4,5,6} „groß oder gerade A B = {4,6} „gerade und groß“ AC = {1,3,5} „ungerade“
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 26.10.2006
Axiome von Kolmogorov
mit Ereignissen A,B,C...Eine Wahrscheinlichkeit P hat folgende Eigenschaften
1. 0 P(A) für alle Ereignisse Positivität
2. P(A P(A) + P(B) für disjunkte EreignisseAdditivität
3. P(Normiertheit
Beispiel: Laplace-Wahrscheinlichkeit für Würfel:
P({1,2,3,4,5,6}) = 6/6 = 1P({1,2} P({1,2}) + P({3,4})Positivität ist offensichtlich
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 26.10.2006
Axiome und Wahrscheinlichkeitsbegriff
Die Laplace-Wahrscheinlichkeit und die frequentistische
Wahrscheinlichkeit erfüllen die Axiome. Auch von den
subjektiven Wahrscheinlichkeiten ist die Forderung der
Erfüllung der Axiome sinnvoll.
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 26.10.2006
Wichtige Rechenregeln für Wahrscheinlichkeiten
Gegenereignis: P(AC) = 1- P(A)
Additionssatz : P(A B) = P(A) + P(B) - P(A B) P(A B) = P(A) + P(B) - P(A B)
eispielA = {2,4,6} „gerade“ B = {4,5,6} „groß“A B = {2,4,5,6} „groß oder gerade“ A B = {4,6} „ groß und gerade “
P(A B ) = 4/6 P(A) + P(B) - P(A B) = 3/6+3/6-2/6
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 26.10.2006
Beispiel zur bedingten Wahrscheinlichkeit: „Herzoperation im Krankenhaus“ Überleben der Operation
Alle Fälle Operation überlebt
Operation nicht
überlebt
P (nicht ü)
„Risiko“
Krankenh U 500 500 0.5
Krankenh K 900 100 0.1
Frage:„In welchem Krankenhaus würden Sie sich behandeln lassen?“
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 26.10.2006
Schwere der behandelten Fälle
schwere
Fälle
leichte Fälle
Krankenhaus U 900 100
Krankenhaus K 100 900
Frage: „Bleiben Sie bei Ihrer Entscheidung?“
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 26.10.2006
Überleben der Operation aufgeteilt nach der Schwere der behandelten Fälle
Schwere Fälle Operation überlebt
Operation nicht
überlebt
P (nicht ü)
„Risiko“
Krankenh U 400 500 0.56
Krankenh K 30 70 0.7
Leichte Fälle Operation überlebt
Operation nicht
überlebt
P(nicht ü)
„Risiko“
Krankenh U 100 0 0
Krankenh K 870 30 0.033
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 26.10.2006
Definition der bedingten Wahrscheinlichkeit
In dem Beispiel betrachten wir das Risiko gegeben „schwerer Fall“: Das Risiko wird berechnet durch
)(
)(
schwerAnzahl
überlebtnichtundschwerAnzahl
)(
)(:)|(
AP
BAPABP
Allgemein definieren wir die Wahrscheinlichkeit von„Ereignis B gegeben A“
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 26.10.2006
Im Beispiel
B: nicht Überleben A: Schwerer Fall
%569.0/5.0)|(
5.01000/500)(
9.01000/900)(
5.01000/500)(
ABP
BAP
AP
BP
Krankenhaus U Krankenhaus K
%701.0/07.0)|(
07.01000/70)(
1.01000/100)(
1.01000/100)(
ABP
BAP
AP
BP
Schwere Fälle Operation überlebt
Operation nicht
überlebt
P (nicht ü)
„Risiko“
Krankenh U 400 500 0.56
Krankenh K 30 70 0.7
Leichte Fälle Operation überlebt
Operation nicht
überlebt
P (nicht ü)
„Risiko“
Krankenh U 100 0 0
Krankenh K 870 30 0.033
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 26.10.2006
Beispiel: Würfeln
= {1,2,3,4,5,6}A = {2,4,6} „gerade“ B = {4,5,6} „groß“P(A) = 3/6P(A B) = 2/6P(B|A) = (2/6)/(3/6) =2/3
Interpretation: Wenn bekannt ist, daß die gewürfelte Zahl gerade ist, steigt die Wahrscheinlichkeit für „groß“ auf 2/3.
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 26.10.2006
Beispiel: Test
1000 Tiere werden getestet600 Männlich, davon 450 positiv400 Weiblich, davon 300 positiv1 Tier
Interpretation: Die Ereignisse „Männlich“ und „Positiv“ sind unabhängig
P(M) = 0.6P(W) = 0.4P(Pos) = 0.75P(MPos) = 0.45P(Pos|M) = 0.45/0.6 = 0.75P(M|Pos) = 0.45/0.75 = 0.6
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 26.10.2006
Definition stochastische Unabhängigkeit
)()()(
)()|(
)()|(
BPAPBAP
APBAP
BPABP
Zwei Ereignisse A und B heißen unabhängig, falls gilt:
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 26.10.2006
Beispiel: mehrmaliges Würfeln
Annahme: Zwei Würfel fallen voneinander unabhängig
P(„keine 6“) = P(„1. Würfel keine 6“ und „2. Würfel keine 6“) = P(„1. Würfel keine 6“)* P(„2. Würfel keine 6“) = 5/6* 5/6 = 25/36
Mit der Regel für das Gegenereignis ergibt sich:
P(„mindestens eine 6“) = 1- 25/36 = 11/36
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 26.10.2006
Fehlklassifikation
Ein diagnostischer Schnelltest T prüft, ob ein Symptom vorliegt oder nicht. Anhand eines Standardverfahrens K kann mit großem
Aufwand der Nachweis zweifelsfrei erbracht werden.
Diagnose
Test T
Wahrheit (goldener Standard K)
positiv (=1) negativ (=0)
positiv (=1)
negativ (=0)
richtig falsch positiv
falsch negativ richtig
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 26.10.2006
Fehlspezifikationswahrscheinlichkeiten
(bedingte) Klassifikationswahrscheinlichkeiten
Diagnose:
Klassifikation
wahrer Status
positiv negativ
positiv
negativ
Sensitivität
Empfindlichkeit
P(T+|K+)
Spezifität
Treffsicherheit
P(T-|K-)
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 26.10.2006
Goldener Standard
Ist ein „Goldener Standard“ als „Definition der Wahrheit“bekannt, so können die Diagnosewahrscheinlichkeiten aus einer Stichprobe geschätzt werden.
Diagnose:
Klassifikation
Goldener Standard
positiv (=1) negativ (=0)
positiv (=1)
negativ (=0)
n(+|+) n(+|-)
n(-|+) n(-|-)
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 26.10.2006
Schätzung von Sensitivität und Spezifität
)|()|(
)|(
nn
nSen
Schätzer für Sensitivität:
Schätzer für Spezifität:
)|()|(
)|(
nn
nSpez
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 26.10.2006
Schätzung von Sensitivität und Spezifität „Goldener Standard“: Beispiel
Testwahrer Befund
positiv negativ
positiv
negativ
450 10
50 290
500
450
Bei 500 wahr positiven und 300 wahr negativen Proben wird ein neues Testsystem validiert
Schätzer für Sensitivität:
Schätzer für Spezifität: 300
290