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376 atw Vol. 59 (2014) Issue 6 | June Treatment of Waste Behandlung C-14-haltiger flüssiger Abfälle mittels elektrochemischer Totaloxidation – erste Ergebnisse und Ausblick Hans–Jürgen Friedrich, Reinhard Knappik, Daniel Zschornack, Dresden, und Wolfgang Müller, Berlin Anschriften der Verfasser: Dipl. – Chem. Hans–Jürgen Friedrich Fraunhofer-IKTS Außenstelle Rossendorf Bautzner Landstr. 300 01328 Dresden/Germany Dr. Reinhard Knappik Leiter Fachbereich Analytik und Monitoring Dipl.-Ing. (FH) Daniel Zschornack Verein für Kernverfahrenstechnik und Analytik Rossendorf e.V. Bautzner Landstr. 300 01328 Dresden/Germany Dipl.- Ing. Wolfgang Müller Geschäftsführer IUT GmbH Justus von Liebig Str. 6 12489 Berlin 1 Einleitung 14 C-markierte Tracerverbindungen finden in zahlreichen Anwendungsgebieten, wie der chemisch-pharmazeutischen und bio- chemischen Forschung nach wie vor viel- fältige Anwendungen. Die bei der Herstel- lung und bei der Anwendung dieser 14 C- Tracer entstehenden Abfallstoffe sind stofflich komplex zusammengesetzt. Häu- fig handelt es sich dabei um wässrige Lö- sungen und Gemische mit höheren Antei- len unterschiedlichster organischer Subs- tanzen, teilweise auch um nichtwässrige organische Flüssigkeiten. Generell ist fest- zustellen, dass solche Abfallstoffe auf- grund ihrer Eigenschaften wie hoher Dampfdruck, Brennbarkeit/Zündfähigkeit und Korrosivität besondere Vorkehrungen bei der Handhabung und Lagerung erfor- dern. Dementsprechend aufwändig gestal- tet sich bislang die Behandlung und Ent- sorgung dieses Typs radioaktiver Abfälle. Der einzige derzeit in Deutschland verfüg- bare Entsorgungsweg besteht in der Ver- brennung in den speziell dafür ausgelegten Anlagen des Forschungszentrums Jülich und der Hauptabteilung Dekontaminationsbe- triebe (HDB) des Forschungszentrums Karls- ruhe. Wegen der aufwändigen Lagerung und Entsorgung flüssiger 14 C-Abfälle lag es nahe zu untersuchen, inwieweit fortschritt- liche elektrochemische Behandlungsver- fahren einen Beitrag zur Verbesserung der Entsorgung leisten können. Dabei sind zwei Aspekte von Bedeutung. Zum einen wird nach derzeitigem Stand die einzula- gernde Gesamtaktivität des sicherheits- technisch bedeutsamen Einzelradionuklids 14 C entsprechend den Endlagerbedingun- gen – Endlager Konrad – auf 4 x 10 14 Bq be- grenzt. Dabei stellen die hier erwähnten Abfälle nur eine Teilmenge des 14 C-halti- gen Gesamtaufkommens dar. Außerdem bestehen Beschränkungen hinsichtlich der 14 C-Aktivität für die Einlagerung pro Ab- fallgebinde je nach Verpackung zwischen 1,8 x 10 8 Bq und 2 x 10 10 Bq (außer Metal- le). Zum anderen wird 14 C zumindest für die nahe Zukunft ein wichtiges Radionuk - lid für die pharmazeutische Forschung bleiben, so dass Recyclingverfahren nicht nur vor dem Hintergrund der Endlagerung chancenreich erscheinen. Vor diesem Hintergrund sollten inner - halb des vom BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung) geförderten FuE- Vorhabens „Elektrochemische Verfahrens- entwicklung zur Reinigung von organi- schen, C-14-belasteten Abfall- und Rest - stofflösungen“ die Anwendbarkeit des Ver - fahrensprinzips der elektrochemischen To- taloxidation für die Behandlung solcher Ab- falllösungen nachgewiesen, der Bedarf und die wirtschaftlichen Potenziale abgeschätzt und die weiteren Schritte zu einer techni- schen Umsetzung beschrieben werden. Im Folgenden wird zunächst ein kurzer Überblick über weitere Möglichkeiten der chemisch-physikalischen Behandlung und das derzeitige Aufkommen flüssiger 14 C- haltiger Abfälle gegeben sowie das zugrun- de liegende Verfahrensprinzip erläutert. Anschließend werden Ergebnisse der elek- trochemischen Untersuchungen an rele- vanten Einzelsubstanzen vorgestellt, bevor schließlich über die Totaloxidation realer Abfallproben berichtet wird. 2 Verfahren zur Behandlung flüssiger 14 C-haltiger Abfälle 2.1 Chemisch-physikalische Verfahren als Alternative zur klassischen Verbrennung Nach wie vor ist die klassische Verbren- nung, chemisch betrachtet die Oxidation der organischen Substanzen mit Luft- sauerstoff, das Standardverfahren zur Be- seitigung 14 C-haltiger Abfälle. Ohne hier auf Details von Verbrennungsprozessen einzugehen lässt sich aber sagen, dass hierbei die größten Herausforderungen darin bestehen, die organischen Substan- zen, in der Regel Kohlenwasserstoffe bzw. Kohlenwasserstoffverbindungen mit Hete- roatomen im Molekül, vollständig umzu- setzen. Schließlich sollten nur CO 2 , Was- serdampf und ggf. einfache Verbindungen von Heteroatomen, wie z.B. Chlorwasser- stoff oder Stickoxide im Abgasstrom ver- bleiben, aus dem schließlich das CO 2 quan- titativ zu entfernen ist. Eine unvollständi- ge Verbrennung kann u.a. zur Bildung von Ruß und CO (Kohlenmonoxid) führen, die entweder zum Aufbau von Kontamination in der Verbrennungsanlage durch Rußab- lagerung beitragen oder im Falle des CO eine Nachbehandlung des Abgasstromes erfordern, da dieses Gas nicht mit den üb- lichen Adsorbentien für CO 2 reagiert. Rest- gehalte von Ruß oder CO im Promillebe- reich, wie sie bei anderen technischen Ver - brennungsprozessen (Verbrennungsmoto- ren, Feuerungsanlagen) durchaus anzu- treffen sind, sind für die Behandlung 14 C- haltiger Abfälle nicht tolerierbar. Es hat in der Vergangenheit nicht an Be- strebungen gemangelt, andere Verfahren als die Verbrennung zur Behandlung 14 C- haltiger Abfalllösungen einzusetzen, ein wirklicher technischer Durchbruch ist aber bislang nicht zu verzeichnen. Diese Ver- fahrensansätze lassen sich wie folgt klassi- fizieren: Chemisch-physikalische Trenn- und An- reicherungsverfahren (Membrantrenn- verfahren), Verfahren mit chemischer Umsetzung zur Immobilisierung (Einkapselung)

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Treatment of Waste

Behandlung C-14-haltiger flüssiger Abfälle mittels elektrochemischer Totaloxidation – erste Ergebnisse und AusblickHans–Jürgen Friedrich, Reinhard Knappik, Daniel Zschornack, Dresden, und Wolfgang Müller, Berlin

Anschriften der Verfasser:Dipl. – Chem. Hans–Jürgen Friedrich

Fraunhofer-IKTSAußenstelle Rossendorf

Bautzner Landstr. 30001328 Dresden/Germany

Dr. Reinhard KnappikLeiter Fachbereich Analytik und Monitoring

Dipl.-Ing. (FH) Daniel ZschornackVerein für Kernverfahrenstechnik und

Analytik Rossendorf e.V.Bautzner Landstr. 300

01328 Dresden/Germany

Dipl.- Ing. Wolfgang MüllerGeschäftsführer

IUT GmbHJustus von Liebig Str. 6

12489 Berlin

1 Einleitung 14C-markierte Tracerverbindungen finden in zahlreichen Anwendungsgebieten, wie der chemisch-pharmazeutischen und bio-chemischen Forschung nach wie vor viel-fältige Anwendungen. Die bei der Herstel-lung und bei der Anwendung dieser 14C-Tracer entstehenden Abfallstoffe sind stofflich komplex zusammengesetzt. Häu-fig handelt es sich dabei um wässrige Lö-sungen und Gemische mit höheren Antei-len unterschiedlichster organischer Subs-tanzen, teilweise auch um nichtwässrige organische Flüssigkeiten. Generell ist fest-zustellen, dass solche Abfallstoffe auf-grund ihrer Eigenschaften wie hoher Dampfdruck, Brennbarkeit/Zündfähigkeit und Korrosivität besondere Vorkehrungen bei der Handhabung und Lagerung erfor-

dern. Dementsprechend aufwändig gestal-tet sich bislang die Behandlung und Ent-sorgung dieses Typs radioaktiver Abfälle. Der einzige derzeit in Deutschland verfüg-bare Entsorgungsweg besteht in der Ver-brennung in den speziell dafür ausgelegten Anlagen des Forschungszentrums Jülich und der Hauptabteilung Dekontaminationsbe-triebe (HDB) des Forschungszentrums Karls-ruhe. Wegen der aufwändigen Lagerung und Entsorgung flüssiger 14C-Abfälle lag es nahe zu untersuchen, inwieweit fortschritt-liche elektrochemische Behandlungsver-fahren einen Beitrag zur Verbesserung der Entsorgung leisten können. Dabei sind zwei Aspekte von Bedeutung. Zum einen wird nach derzeitigem Stand die einzula-gernde Gesamtaktivität des sicherheits-technisch bedeutsamen Einzelradionuklids 14C entsprechend den Endlagerbedingun-gen – Endlager Konrad – auf 4 x 1014 Bq be-grenzt. Dabei stellen die hier erwähnten Abfälle nur eine Teilmenge des 14C-halti-gen Gesamtaufkommens dar. Außerdem bestehen Beschränkungen hinsichtlich der 14C-Aktivität für die Einlagerung pro Ab-fallgebinde je nach Verpackung zwischen 1,8 x 108 Bq und 2 x 1010 Bq (außer Metal-le). Zum anderen wird 14C zumindest für die nahe Zukunft ein wichtiges Radionuk-lid für die pharmazeutische Forschung bleiben, so dass Recyclingverfahren nicht nur vor dem Hintergrund der Endlagerung chancenreich erscheinen.

Vor diesem Hintergrund sollten inner-halb des vom BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung) geförderten FuE-Vorhabens „Elektrochemische Verfahrens-entwicklung zur Reinigung von organi-schen, C-14-belasteten Abfall- und Rest-stofflösungen“ die Anwendbarkeit des Ver-fahrensprinzips der elektrochemischen To-taloxidation für die Behandlung solcher Ab-falllösungen nachgewiesen, der Bedarf und die wirtschaftlichen Potenziale abgeschätzt

und die weiteren Schritte zu einer techni-schen Umsetzung beschrieben werden.

Im Folgenden wird zunächst ein kurzer Überblick über weitere Möglichkeiten der chemisch-physikalischen Behandlung und das derzeitige Aufkommen flüssiger 14C-haltiger Abfälle gegeben sowie das zugrun-de liegende Verfahrensprinzip erläutert. Anschließend werden Ergebnisse der elek-trochemischen Untersuchungen an rele-vanten Einzelsubstanzen vorgestellt, bevor schließlich über die Totaloxidation realer Abfallproben berichtet wird.

2 Verfahren zur Behandlung flüssiger 14C-haltiger Abfälle

2.1 Chemisch-physikalische Verfahren als Alternative zur klassischen Verbrennung

Nach wie vor ist die klassische Verbren-nung, chemisch betrachtet die Oxidation der organischen Substanzen mit Luft-sauerstoff, das Standardverfahren zur Be-seitigung 14C-haltiger Abfälle. Ohne hier auf Details von Verbrennungsprozessen einzugehen lässt sich aber sagen, dass hierbei die größten Herausforderungen darin bestehen, die organischen Substan-zen, in der Regel Kohlenwasserstoffe bzw. Kohlenwasserstoffverbindungen mit Hete-roatomen im Molekül, vollständig umzu-setzen. Schließlich sollten nur CO2, Was-serdampf und ggf. einfache Verbindungen von Heteroatomen, wie z.B. Chlorwasser-stoff oder Stickoxide im Abgasstrom ver-bleiben, aus dem schließlich das CO2 quan-titativ zu entfernen ist. Eine unvollständi-ge Verbrennung kann u.a. zur Bildung von Ruß und CO (Kohlenmonoxid) führen, die entweder zum Aufbau von Kontamination in der Verbrennungsanlage durch Rußab-lagerung beitragen oder im Falle des CO eine Nachbehandlung des Abgasstromes erfordern, da dieses Gas nicht mit den üb-lichen Adsorbentien für CO2 reagiert. Rest-gehalte von Ruß oder CO im Promillebe-reich, wie sie bei anderen technischen Ver-brennungsprozessen (Verbrennungsmoto-ren, Feuerungsanlagen) durchaus anzu-treffen sind, sind für die Behandlung 14C-haltiger Abfälle nicht tolerierbar.

Es hat in der Vergangenheit nicht an Be-strebungen gemangelt, andere Verfahren als die Verbrennung zur Behandlung 14C-haltiger Abfalllösungen einzusetzen, ein wirklicher technischer Durchbruch ist aber bislang nicht zu verzeichnen. Diese Ver-fahrensansätze lassen sich wie folgt klassi-fizieren:•Chemisch-physikalische Trenn- und An-

reicherungsverfahren (Membrantrenn-verfahren),

•Verfahren mit chemischer Umsetzung zur Immobilisierung (Einkapselung)

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Treatment of Waste

•Verfahren mit chemischer und/oder physikalischer Aktivierung von Zerset-zungsprozessen

•Chemische und elektrochemische Oxi-dationsverfahren.

Die beiden erstgenannten Verfahrenstypen bewirken keine Mineralisation der organi-schen Substanz, sodass auf diese hier nicht weiter eingegangen wird.

Ebenso wie die o.g. Membrantrennpro-zesse gehören die Verfahren mit physikali-scher oder chemisch-physikalischer Akti-vierung von Zersetzungsprozessen inzwi-schen zum festen Bestandteil verfahrens-technischer Alternativen für die Behand-lung organisch belasteter Problemabwäs-ser, d.h. solcher, die durch Anwendung konventioneller Prozesse zum Abbau orga-nischer Substanz wie mikrobiologische Be-handlung oder Oxidation mit Luftsauer-stoff gar nicht oder nur unzureichend von der organischen Fracht befreit werden können. Sie bewirken oder erleichtern zu-mindest ein Aufbrechen der chemischen Bindungen im Molekül durch die zuge-führte Aktivierungsenergie.

Zu den für die Behandlung flüssiger or-ganischer radioaktiver Abfälle vorgeschla-genen Prozessen gehören die Anwendung von UV-Strahlung zur Erzeugung von Hyd-roxylradikalen in speziellen Reaktoren [1], die Nutzung von Druck- und Temperatur-schocks bei durch Ultraschall erzeugten Kavitationseffekten [2] und die „Verbren-nung“ im Niedertemperaturplasma [3]. Vorgeschlagen wurde weiterhin die Ver-dampfung der radioaktiven organischen Flüssigkeiten bzw. Substanzen und die nachfolgende katalytische Oxidation in der Gasphase an speziellen Oxidationska-talysatoren [4]. Von BNFL (British Nuclear Fuels) wurde ein Verfahren zur Behand-lung organischer radioaktiver Stoffe ent-wickelt, bei dem die organischen Stoffe zu-nächst in alkalischer Lösung hydrolysiert werden, um sie anschließend mittels z.B. Wasserstoffperoxid oder UV-Oxidation möglichst vollständig in CO2 und Wasser zu überführen [5].

In Zusammenhang mit der Behandlung bzw. Konditionierung organischer radioak-tiver Abfälle wird in der Fachliteratur die Anwendung fortschrittlicher chemischer Oxidationsverfahren angeführt. Hierzu zählt die Oxidation mit Ozon, mit Wasser-stoffperoxid oder mittels Fenton-Prozess. Ozon zählt mit einem Standardredox-potenzial von +2,07 V in saurer Lösung [6] zu den stärksten chemischen Oxidations-mitteln. Auch das Redoxpotenzial von Was-serstoffperoxid liegt mit +1,77 V sehr hoch. Erheblich übertroffen wird die Oxi-dationskraft dieser beiden Oxidationsmit-tel allerdings durch die relativ leicht auf elektrochemischem Wege zugänglichen Spezies atomarer Sauerstoff (+ 2,42 V) und das Hydroxylradikal OH. mit +2,8 V.

Beide entstehen als Intermediate der ano-dischen Sauerstoffentwicklungsreaktion an Anoden mit hoher Sauerstoffüberspan-nung. Hydroxylradikale werden unter be-stimmten Reaktionsbedingungen auch im sog. Fenton-Prozess durch Reaktion von Eisen(II)-Salzen mit Wasserstoffperoxid innerhalb eines engen pH-Wertbereichs gebildet.

In der Literatur finden sich eine Reihe von Hinweisen zur Untersuchung solcher Methoden, wie die Anwendung von Ozon zur Behandlung flüssiger organischer ra-dioaktiver Abfälle [7] oder zum Einsatz von Wasserstoffperoxid (H2O2) z.B. in [8, 9, 10]. Beim Einsatz des Fenton-Prozesses zur Behandlung von radioaktiv kontami-niertem Wäschereiabwasser wurden Um-sätze von 70 bis 85 % bezogen auf den or-ganischen Kohlenstoff erzielt [9]. In [10] werden Umsätze an organischer Substanz bis zu 95 % beschrieben. Die Bildung er-heblicher Anteile von CO (bis zu 10 %) bei der Totaloxidation von 14C-haltigen Verbin-dungen in Elektrolysezellen ohne Separa-tor wird explizit in der US-7,807,040 [11] beschrieben. Ähnliche Probleme sind der Elektrolyse in Chromschwefelsäure [12] absehbar, da keine Separatoren eingesetzt wurden.

2.2 Elektrochemische Totaloxidation

Das Prinzip der elektrochemischen oder „kalten“ Verbrennung, korrekterweise als elektrochemische Totaloxidation zu be-zeichnen, wurde bereits von C.F. Schönbein und von W. Grove im Jahr 1838 entdeckt, als sie erkannten, dass die Umkehrung der Wasserelektrolyse elektrische Energie lie-fert. Exemplarisch anzuführen ist weiter-hin der Einsatz von z.B. Methan oder Me-thanol als Energieträger in Brennstoffzel-len. Dies verkörpert das Grundprinzip der hier zu beschreibenden Verfahrensent-wicklung, der möglichst vollständigen (totalen) Oxidation von Wasserstoff oder von organischen Verbindungen unter mo-deraten Umgebungsbedingungen (T <100 °C, Atmosphärendruck), unter Verwen-dung geeigneter Anoden für die Oxidation und geeigneter Vorrichtungen (Elektroly-sezellen).

Kennzeichnend für die Arbeitsweise sol-cher Anoden ist die Erzeugung möglichst hoher Konzentrationen von Hydroxylradi-kalen (OH.) und von atomarem Sauerstoff auf der Elektrodenoberfläche während der anodischen Oxidation von Wasser, wobei an der Anode im sauren Milieu (verein-facht) folgende Reaktionen ablaufen:

(I) 2 H2O → O2 + 4 H+ + 4 e-

(E0 = 1,23 V, pH = 0)

(II) H2O → O. + 2 H+ + 2 e-

(E0 = +2,42 V, pH = 0)

(III) H2O → OH. + H+ + e-

(E0 = 2,80 V, pH = 0)

Die Bildung von H2O2 ist bei hohen Ano-denpotentialen sowohl auf direktem elekt-rochemischen Wege (>+1,77 V) [13] als auch über die Rekombination von Hydro-xylradikalen gemäß (IV) möglich:

(IV) 2 OH. → H2O2

Die gebildeten Sauerstoffradikale können ebenfalls gemäß (V) rekombinieren, wobei O2 entsteht.

(V) 2 O. → O2

Hydroxylradikale, Sauerstoffradikale, aber auch molekularer Sauerstoff im status na-scendi gehören zu den stärksten bekann-ten Oxidationsmitteln. Ihre Erzeugung setzt den Einsatz von Elektrodenwerkstof-fen mit hinreichend hoher Überspannung (starker kinetischer Hemmung) für die Sauerstoffentwicklungsreaktion (I) voraus und gelingt in nennenswertem Umfang nur an einigen halbleitenden Metalloxi-den, an Platin (PtO/PtO2) und einigen sei-ner Legierungen bei sehr hohen Strom-dichten sowie an verschiedenen Kohlen-stoffallotropen, hier in erster Linie an Bor-dotiertem Diamant. Die Anwendung hoher Stromdichten im Falle der Platin-anoden limitiert zugleich die Einsetzbar-keit in der Umwelt-/Abwassertechnik bzw. in organischen Medien, da diese we-gen zu niedriger elektrischer Leitfähig-keit die erforderlichen Stromdichten meist nicht zulassen. Anoden aus halbleiten-den  Metalloxiden neigen zu stärkerer Korrosion. Über das mit Abstand weites-te „Potenzialfenster“ für anodische Oxida-tionen verfügen die genannten Diamant-anoden.

In der Anodenreaktion werden die or-ganischen Stoffe durch intermediär entste-hende Hydroxyl- und/oder Sauerstoffradi-kale und deren Abbauprodukte letztlich zu CO2 und Wasser oxidiert, im Falle von He-teroatomen im Molekül treten die entspre-chenden oxidierten Säureanionen bzw. auch die Halogene hinzu. Die nachfolgen-de Reaktionsgleichung soll dies am Bei-spiel des Nitrobenzols illustrieren:

(VI) C6H5NO2 + 13 H2O → 6 CO2 + 31 H+ + NO3

- + 30 e-

Als unerwünschte Parallelreaktion tritt da-bei die o.g. anodische Sauerstoffentwick-lung gemäß (I) in mehr oder minder gro-ßem Umfang (Anodenmaterial, Reaktions-bedingungen) auf.

An der Kathode kommt es zur Bildung von Wasserstoff und Hydroxidionen ge-mäß (VII) und (VIII) je nach vorherrschen-dem pH-Wert:

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(VII) 2 H2O + 2 e- → 2 OH- + H2

(VIII) 2 H+ + 2 e- → H2

Der gebildete Wasserstoff sollte nicht in den Anodenraum gelangen, um eine Be-einträchtigung des Wirkungsgrades zu vermeiden. Ebenso wenig sollte das in der Anodenreaktion gebildete CO2 zur Katho-de gelangen, da hier wie bereits erwähnt eine Umsetzung zu unerwünschtem CO möglich ist. Dem ist durch Einsatz geeigne-ter Separatoren zur Trennung von Ano-den- und Kathodenraum abzuhelfen.

3 Untersuchungen zur elektrochemischen Totaloxidation

3.1 Aufkommen und Zusammensetzung C-14-haltiger Abfalllösungen in Deutschland

Eine wichtige Voraussetzung für die Ent-wicklung eines elektrochemischen Total-oxidationsverfahrens bestand in der Ge-winnung von Informationen über Her-kunft, Menge und chemischer Zusammen-setzung 14C-haltiger Abfalllösungen in Deutschland. Zu diesem Zweck wurde eine Recherche bei Unternehmen, Forschungs-einrichtungen und Landessammelstellen durchgeführt. Obwohl der Rücklauf an In-formationen teilweise schleppend war, konnten wichtige Erkenntnisse gewonnen werden, die auszugsweise in Tabelle 1 zu-sammengefasst wurden:

Obwohl eine vollständige Erfassung nicht gelang, kann mit einiger Sicherheit angenommen werden, dass das Aufkom-men 14C-haltiger flüssiger organischer Ab-fälle sich auf mehrere hundert Liter jähr-lich beläuft und die entsprechenden Be-stände in den verschiedenen Zwischenla-gern bei mehreren Kubikmetern dieser schwierig zu entsorgenden Abfälle liegen. Dabei entfallen zwischen ca. 1/6 und ca. 5/6 der zwischenlagernden 14C-Aktivität bei den angefragten Unternehmen und Einrichtungen auf flüssige organische Ab-fälle. Die recherchierte Gesamtaktivität dieser Abfälle liegt bei mehreren 1012 Bq und macht damit jeweils einen erhebli-chen Anteil des Gesamtinventars bei den Besitzern aus. Auf Grund der unvollständi-gen Erfassung ist aber mit einer insgesamt höheren Gesamtaktivität zu rechnen.

In den flüssigen organischen Abfällen dominieren kurzkettige Alkohole, Aldehy-de und Alkansäuren, substituierte Aroma-ten sowie einige Ether.

Basierend auf den Rechercheergebnis-sen wurde eine Reihe von Modellverbin-dungen als typische Repräsentanten der je-weiligen Stoffgruppen für die Untersu-chungen ausgewählt. Dabei handelte es sich um Alkohole, Aldehyde, Carbonsäu-

ren sowie um einfache und um substituier-te Aromaten.

3.2 Elektrochemische Totaloxidation von Einzelverbindungen

Innerhalb umfangreicher Testreihen wur-de die elektrochemische Oxidierbarkeit einer Palette von relevanten Einzelverbin-dungen qualitativ und quantitativ in Ab-hängigkeit von den Reaktionsbedingungen (Konzentration, pH-Wert, Temperatur, Anodenmaterial) untersucht. Für ein ers-tes Screening der Reaktivität dienten u.a. cyclovoltametrische Untersuchungen. Bei dieser Untersuchungstechnik wird das Potenzial der Arbeitselektrode zwischen

konstanten, vorgegebenen Potenzialwer-ten mit konstanter Geschwindigkeit vari-iert. Das registrierte Stromsignal und die zugehörigen Potenzialwerte erlauben es, relativ rasch wichtige Informationen über Art und Geschwindigkeit der ablaufenden Reaktionen zu gewinnen und so z.B. das Auftreten reaktiver Zwischenstufen oder von inhibierenden Deckschichten unter den herrschenden Reaktionsbedingungen zu erkennen. Abbildung 1 zeigt exempla-risch den Verlauf einer solchen Strom-Spannungskurve (SPK) für die elektroche-mische Oxidation von Isopropanol in 1 M Schwefelsäure an der Pt- und an der Bor-dotierten Diamantanode bei T = 298 K. Als Bezugspotenzial dient das der gesättigten

Tab. 1: Herkunft und chemische Zusammensetzung 14C-haltiger flüssiger Abfälle

Abb. 1: SPK für die Oxidation von Isopropanol (i-C3H7OH, 10 g/l) an Pt (blaue Kurve) und an Bor-dotiertem Diamant (grüne Kurve), schwarze Kurve: 1 M H2SO4

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Kalomelelektrode (+241 mV gegenüber der Standardwasserstoffelektrode).

Wie aus Abbildung 1 hervorgeht, setzt die Oxidation des Isopropanols an Platin bereits bei erheblich niedrigeren Potenzia-len (+1,7 V) als an Diamant (+2,05 V) ein und es werden wesentlich höhere Ströme erreicht, d.h. die Oxidation verläuft auch schneller. Hinweise auf das Auftreten von Intermediaten lassen sich nicht erkennen. Obwohl die Verwendung von Platin als Anodenmaterial in diesem Falle offenbar von Vorteil wäre, ist dies, wie noch zu zei-gen ist, in zahlreichen anderen Fällen nicht der Fall.

Nach Auswertung des Screenings wur-den mit wässrigen Lösungen der Einzelver-bindungen mehrere Serien von Batch-Elektrolyseversuchen zur Ermittlung von Umsatz und Stromausbeute durchgeführt. Für diese Versuche wurde eine thermosta-tierbare Laborelektrolysezelle aus Quarz-glas mit getrennten Elektrodenräumen verwendet, wobei ein Platinnetz als Katho-de und als Anode ein 1,0 cm2 großes Stück Platinfolie dienten bzw. eine 2 cm2 große Diamantanode verwendet wurde, die ih-rerseits an eine Gleichspannungsquelle an-geschlossen waren. Elektrolysestrom und Zellspannung wurden mittels Datenlogger registriert. Zur Ermittlung des Umsatzes X und der Stromausbeute eta wurden die Konzentrationen der zu oxidierenden or-ganischen Stoffe vor, während und am En-de der Elektrolyseversuche in Anoden- und Kathodenraum über den chemischen Sauerstoffbedarf (CSB) nach DIN 38109-H41 ermittelt und die Stoffmenge n aus den CSB-Werten errechnet.

In Abbildung 2 werden einige Ergebnis-se für die Durchführung der Elektrolyse in 1 M Schwefelsäure (9,5 %ige H2SO4) vor-gestellt.

Erkennbar ist, dass alle untersuchten Stoffe elektrochemisch oxidiert werden können. Nicht in allen Fällen war inner-halb der Versuchsdauer ein quantitativer Umsatz zu erwarten, da hierfür die zuge-führte Ladungsmenge nicht ausreichend war. Während sich die einfachen Alkohole Methanol und Ethanol sowie Phenol rela-tiv leicht umsetzen ließen, erkennbar auch an der hohen Stromausbeute, erfolgte die Umsetzung von Benzen nur mit niedriger Stromausbeute. Begründet ist dies durch die sehr geringe Wasserlöslichkeit des un-polaren Benzenmoleküls. Wie bereits an-gedeutet, stellte die Oxidation von Isopro-panol an Platin insofern eine Ausnahme dar, als dass in diesem Falle sowohl ein hö-herer Umsatz als auch eine höhere Strom-ausbeute als an der Bor-dotierten Dia-mantanode erzielt werden konnte. In allen anderen untersuchten Fällen erwies sich aber letzteres Anodenmaterial als überle-gen. Einen erheblichen Einfluss übte zu-dem die Art des Elektrolyten aus. Durch

entsprechende Auswahl ließen sich so auch bei Benzen und Nitrobenzen Umsät-ze nahe 100 % erzielen (hier nicht darge-stellt, [14]).

Nachdem der Nachweis erbracht war, dass sich relevante organische Inhaltsstof-fe 14C-haltiger Abfalllösungen bereits im einfachen Batch-Versuch weitgehend elek-trochemisch oxidieren lassen, konnten entsprechende Tests mit realer Abfalllö-sung in Angriff genommen werden.

3.3 Versuchsaufbau und Durchführung

Für die kleinmaßstäblichen Semi-Batch-versuche wurde eine Elektrolysezelle mit je ca. 100 cm2 Anoden-/Kathodenfläche vom Grundtyp „RODOSAN“ gefertigt und verwendet, die mit einer Edelstahlkatho-de, einer Bor-dotierten Anode und einer Ionenaustauschermembran ausgerüstet war. Das Gehäuse bestand aus PVDF. Die

Zelle verfügte über Anschlüsse (Zu- und Ablauf) für Katholyt (1 M NaOH) und Ano-lyt (14C-Abfalllösung) sowie über entspre-chende Stromzuführungen. Aus den jewei-ligen Vorlagebehältern wurden die Lösun-gen bei konstantem Volumenstrom umge-pumpt. Die beiden Behälter waren mit Füllstandssensoren ausgerüstet und wur-den während des Betriebs thermostatiert (30 °C). In den Zuleitungen zur Zelle be-fanden sich Durchflussmessgeräte. Aus den Vorlagebehältern wurden die entste-henden Gase (H2 bzw. CO2 und O2) über Gaswäscher abgeleitet. Zur Adsorption des CO2 wurde Atemkalk verwendet. Als „Poli-zeifilter“ dienten eine Waschflasche mit 1 M NaOH, deren Konzentration regelmäßig titrimetrisch überwacht wurde und eine Waschflasche mit Aktivkohle zum Abfan-gen eventuell flüchtiger organischer Ver-bindungen. Im Anodengasstrom befand sich ein Drucksensor, um den Aufbau eines

Abb. 2: Vergleich der nach 6 h erreichten Stromausbeuten und Umsätze in 1 M H2SO4, 60 °C für Pt und 20 °C für Diamant (DIA), *Phenol/Pt: 1 M Na2SO4

Abb. 3: Versuchsaufbau, schematisch

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unzulässigen Überdrucks im Anodenkreis rechtzeitig erfassen zu können. Die Signa-le der Sensoren wurden auf eine Sicher-heitsschaltung auf Siematic SPS 7-Basis aufgeführt, die so programmiert war, dass bei Über- oder Unterschreiten der vorgege-benen Sollwerte eine Sicherheitsabschal-tung des Versuchsstands erfolgen sollte. Ein Schema des Versuchsaufbaus ist in Ab-bildung 3 dargestellt, Abbildung 4 zeigt den  Versuchsaufbau in Realität (ohne Steuerung).

Vor dem Umgang mit realer 14C-Abfall-lösung wurden mittels Kalterprobung die Dichtheit aller medienführenden Leitun-gen und die korrekte Funktion der Sicher-heitsschaltungen geprüft. Anschließend wurden einige Dauerversuche mit der Ziel-stellung durchgeführt, Methanol und Ace-tationen quantitativ umzusetzen. Die Ent-fernung des CO2 aus dem Anodengasstrom war ebenfalls vorab untersucht und er-probt worden. Als Mittel der Wahl hierfür erwies sich kommerzieller Atemkalk (Drä-gersorb 800+).

Den Abfallchargen mit teilweise unbe-kannter Zusammensetzung wurden nach Bestimmung der 14C-Aktivität via LSC-Messung mittels Quantulus 1220-Liquid Scintillation Counter (Valac Oy) mit Ver-wendung von Ultima Gold Szintillations-cocktails und Auswertung mittels WINQ-Auswerteprogramm (Perkin Elmer) jeweils soviel Leitelektrolytlösung hinzugefügt, dass das Endvolumen 1,0 l betragen hat. Dieses Startvolumen wurde sodann mit der Pumpe im Anodenkreis in den entspre-chenden Vorlagebehälter überführt. Der über ein Dreiwegeventil realisierte An-schluss zum Befüllen diente zugleich als Probenahmeport im Anodenkreislauf. Nachdem der Kathodenkreis mit ebenfalls 1,0 l 1 M NaOH befüllt worden war, wur-den die Vorlagebehälter auf Solltempera-tur gebracht und die Elektrolyse gestartet.

Nach jeweils 8 h wurden aus dem Anoden-kreis Proben für die LSC-Messungen ent-nommen. Nachdem die 14C-Aktivität auf Werte im Bereich von 1 kBq/l abgesenkt worden war, wurden die Versuche beendet und aus dem Kathodenkreis ebenfalls Pro-

ben für die LSC-Analytik entnommen. Die 14C-Aktivität in der Gasabsorbtions-/ad-sorptionsstrecke wurde nach Beendigung der Versuche überprüft.

3.4 Ergebnisse der Totaloxidation realer C-14-Abfallproben

Zu den eingesetzten Abfalllösungen lagen folgende Informationen vor (Tabelle 2).

Der zeitliche Verlauf der Verminderung der 14C-Aktivitätskonzentration wäh-rend  der Elektrolyse im Anodenkreis ist in  Abbildung 5 dargestellt. Tabelle 3 ent-hält weitere Ergebnisangaben zu den Ver-suchen.

Die 14C-Aktivitäten des Katholyten la-gen zu Versuchsbeginn jeweils auf dem Niveau des Blindwerts (330 Bq/l). Am   Versuchsende wurden für Charge 1 550 Bq/l und für Charge 2 11.579 Bq/l ge-messen, sodass der Katholyt aus die-sem  Versuch in den Anodenraum über-führt und als Charge 2a ebenfalls elektro-lysiert wurde. Weder in der NaOH-Lösung der Gaswäsche noch auf der Aktivkoh-le  konnten 14C-Aktivitäten  oberhalb des  Blindwertes festgestellt werden. Die

Abb. 4: Foto des Versuchsaufbaus

Tab. 2: Charakterisierung der elektrochemisch zu oxidierenden Abfalllösungen

Abb. 5: Zeitlicher Verlauf der 14C-Aktivitätskonzentration während der Elektrolyse

E: volumenspezifischer Energieverbrauch

Tab. 3: Ergebnisangaben Elektrolyseversuche mit 14C-Abfalllösungen

Page 6: Treatment of Waste Behandlung C-14-haltiger flüssiger ... · zur Behandlung von radioaktiv kontami - niertem Wäschereiabwasser wurden Um-sätze von 70 bis 85 % bezogen auf den or-ganischen

381atw Vol. 59 (2014) Issue 6 | June

Treatment of Waste

gesamte elektrochemisch umgesetzte 14C-Aktivität war demzufolge an den Atemkalk gebunden worden.

Während die Totaloxidation des 14C-In-ventars von Charge 1 in relativ kurzer Zeit bei einem Energiebedarf von 2,90 kWh/l realisiert werden konnte (14C-Umsatz 99,5 %), war es notwendig, den Katholyten aus der Behandlung der Charge 2 ebenfalls anodisch zu oxidieren, weil mit 11,6 kBq eine nicht unerhebliche Aktivitätsmenge (1,2 %) in den Kathodenraum übergetre-ten war. Da keine Schäden an der Ionen-austauschermembran feststellbar waren, handelte es sich hierbei offenbar um stär-ker polare organische Spezies oder um Intermediate der Oxidationsreaktion, die unter Einfluss des elektrischen Feldes transferiert wurden. Sie erwiesen sich letztlich aber ebenfalls als relativ leicht oxidierbar, wie die Angaben in Tabelle 3 zeigen. Die Umsetzung der Charge 2 war insgesamt mit einem Energieaufwand von  5,15 kWh/l verbunden, wobei der 14C-Umsatz per saldo 97,9 % erreichte. Die erreichten Umsätze von 14C-haltigen Substanzen stehen in Zusammenhang mit der Versuchsdauer. Darauf weisen die Kur-venverläufe in Abbildung 5 hin. Längere Versuchszeiten lassen höhere Umsätze er-warten.

4 Schlussfolgerungen und Ausblick

Die elektrochemische Totaloxidation 14C-haltiger Abfalllösungen verfügt über das Potential, künftig einen Beitrag zur Be-handlung der bislang nur schwierig zu ent-sorgenden flüssigen 14C-Abfälle leisten zu können. Die Behandlung könnte dabei nicht nur verfahrenstechnisch einfacher gestaltet werden, sie könnte darüber hin-aus erhebliche wirtschaftliche Vorteile bie-ten, wie das an Hand der Eckwerte der in Tabelle 4 skizzierten Szenarien erkennbar ist. Als Modellfall wurde die Entsorgung von 10 l 14C-haltiger wässriger Ethanollö-

sung betrachtet. Deren Ablieferung wäre gemäß Kostenordnung der Landessammel-stelle des Freistaates Sachsen mit Kosten von 1.034,70 € verbunden [15].

Wie die beiden Szenarien zeigen, kön-nen die Entsorgungskosten durch die elek-trochemische Überführung des 14C-Koh-lenstoffs in das endlagerfähige Produkt CaCO3 drastisch gesenkt werden. Legt man den Energieverbrauchswert von Char-ge 1 (Tabelle 3) einer Abschätzung zu Grunde, wäre die Umsetzung von 10 l Lö-sung mit 10 g/l Ethanol mit einem Auf-wand von ca. 29 kWh verbunden. Die Kos-ten hierfür sind gegenüber den Entsor-gungskosten für flüssigen Abfall als margi-nal anzusehen.

Da dieses Projekt als „proof of concept“ angelegt war, bleiben trotz positiver Ergeb-nisse natürlich noch zahlreiche Fragen of-fen. So ist eine Optimierung noch nicht er-folgt und die Behandlung von organischen Stoffen mit sehr hohem Dampfdruck oder mit sehr geringer Löslichkeit in wässrigem Elektrolyten ist auch noch näher zu unter-suchen. Ebenso ist eine Maßstabsvergrö-ßerung mit ausreichend langer Testphase unter Berücksichtigung des Umgangs mit wesentlich höheren Aktivitätsmengen nö-tig, um auf dieser Grundlage fundierte Aussagen über die Stabilität des Anlagen-betriebs und die zu erwartenden Betriebs-kosten treffen zu können.

Dieses BMBF-Forschungsvorhabens hat einen vielversprechenden Ansatz geliefert, wie das 14C aus Abfalllösungen emissions-frei und kostengünstig in einen endlage-rungsfähigem Zustand überführt und dar-auf aufbauend ggf. eine Recycling-Verfah-ren entwickelt werden könnte.

Literatur

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[5] Hutson G.V.: The use of oxidation and other processes for the treatment of li-quid organic waste at BNFL, Sellafield, UK, Water Sciences and Technology 35 (1997) 303 – 309

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[7] Russisches Patent RU2010153967, Ba-siev, A.A., Basiev A.G., Seliverstof, A.: Method of processing liquid radioactive wastes

[8] Japanisches Patent JPH02287299, Ofu-ji Yoshihisa, Yagi, Takuro, Watanabe, T.: Treatment of radioactive carbon

[9] Vilve, M. Hirvonen, A., Sillanpää, M.: Ef-fects of reaction conditions on nuclear laundry water treatment in Fenton pro-cess, Journal of Hazardous Materials 164 (2009) 1468-1473

[10] Piccino,T., Saluzzo,A., L. Nardi, L.: Wet oxidation by Hydrogen Peroxide for the treatment of mixed radioactive and to-xic organic wastes and waste waters, Waste Mangement 11 (1991) 125 – 133

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[13] T. Erdey-Gruz: Kinetics of Electrode Pro-cesses, Akadimia Kiado, Budapest 1972, S.236 f.

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[15] Kostenordnung der Landessammelstelle für radioaktive Abfälle des Freistaates Sachsen, VKTA, Dresden 2013

Tab. 4: Vergleich von Entsorgungsszenarien für flüssige organische und feste anorganische radioaktive 14C-Abfälle

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