Transkript: Christian Kern in der #zib2 mit Armin Wolf

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    Christian Kern in der #zib2 mit ArminWolf #transkript

    von Dieter Zirnig

    17. Mai 2016

    Transkript zum Gespräch mit Christian Kern (Bundeskanzler) vom 17. Mai 2016 in der

    ZIB2 mit Armin Wolf.

    Dienstag, 17. Mai 2016ORFTranskriptstatus: Dienstag, 17. Mai 2016, 23:30Quelle: ORF TVthekBildquelle: tvthek.orf.at (Screenshot)

    Die Idee hinter dem Transkript ist, ein gesprochenes TV-Interview auch in einem

    zusätzlichen Kanal – und zwar in Textform – zur Verfügung zu stellen. Oft ergeben sichbeim Lesen andere und klarere Zusammenhänge. Strukturen werden erkannt undeigentliche Botschaften, Textbausteine werden noch klarer und können weiterrecherchiert werden. Wir möchten Politik, politische Ideen und Veränderung und denWeg in ein neues, offenes und mitgestaltbares politisches Zeitalter unterstützen. Unddem Gesagten mit dem Transkript einen ernstzunehmenden anderen Zugang sowieeine möglichst breite Reflektion bieten. Danke an die ModeratorInnen und dieTV-Anstalten, dass Interviews transkribiert werden können.

    Idee, Feedback oder Fehler gefunden? Bitte an info [at] neuwal.com schicken! Danke.

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     Armin Wolf: Und Den designierten SPÖ-Vorsitzenden begrüße ich jetzt bei mir im

    Studio. Guten Abend, Herr Kern.

    Christian Kern (Bundeskanzler):  Guten Abend.

     Vielen Dank fürs Kommen. Herr Kern: Inhaltslos, Machtversessen,

    Zukunftsvergessen. Mit einer Sprache, die niemand mehr hören kann . Das war ja

    ein wirklich gnadenloses Urteil über die Arbeit Ihrer eigenen Partei und des

    Koalitionspartners in den letzten Monaten und Jahren. Niemand hat Ihnen

    widersprochen. Aber: Warum sollte das mit den beiden gleichen Parteien jetzt

    plötzlich anders werden?

    Transkript: Die erste Pressekonferenz von Christian Kern

    „Wenn wir dieses Schauspiel weiter liefern, ein Schauspiel der Machtversessenheit und

    der Zukunftsvergessenheit, dann haben wir nur noch wenige Monate bis zum endgültigen Aufprall. Wenige Monate, bis das Vertrauen und die Zustimmung in der Bevölkerung

    restlos verbraucht sind.“

    Transkript: Die erste Pressekonferenz von Christian Kern

    Ich denke, das ist eine Kritik an den bisherigen Vorgehensweisen gewesen. Ich möchte

    allerdings hinzufügen: Damit sind nicht nur die beiden Regierungsparteien gemeint. Das

    ist ja ein Phänomen, das die österreichische Politik generell betrifft. Und wie Sie richtig

    gesagt haben: Ich habe da etwas zum Ausdruck gebracht, das viele Bürger und

    Bürgerinnen in unserem Land so empfinden. Ich kann Ihnen nicht garantieren, dass das

    besser wird. Aber ich kann Ihnen garantieren, dass wir mit einem völlig anderen Zugang

    an die Sache herangehen werden. Ich bin mir da auch mit Reinhold Mitterlehner einig. Wir

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    Dieter Zirnig

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    beide werden das versuchen. Und werden unser bestes daransetzen, dass das dann

    tatsächlich dann Wirklichkeit wird.

    Sie sind – außer vor knapp dreißig Jahren als Studentenvertreter – noch nie für eine

    politische Funktion gewählt worden. Und haben auch bei der letzten

    Nationalratswahl nicht kandidiert. In wie fern sind Sie als Regierungschef eigentlich

    demokratisch legitimiert?

    Die Sozialdemokratische Partei hat einen klaren Wählerauftrag bekommen. Im Zuge

    dieses Wählerauftrags hat sie immer wieder Personal gewählt. Den Bundeskanzler, der –

    haben Sie recht – auf der Liste kandidiert hat, der Spitzenkandidat war, Minister – also

    wesentliches politisches Führungspersonal. Ja, in der Tat ist das so, dass natürlich diese

    Form der Legitimation eine stärkere ist. Aber am Ende des Tages haben wir in Österreich

    bekanntermaßen ein Listenwahlrecht. Das heißt: Sie wählen eine politische Partei und

    nicht eine Person bei einer Nationalratswahl. Das ist ja auch der Unterschied zur

    Bundespräsidentenwahl.

    Es hat in den letzten 50 Jahren erst einen Bundeskanzler in Österreich gegeben, der

    ohne jede Regierungserfahrung ins Amt gekommen ist. Nämlich Alfred Gusenbauer.

    Und er ist bekanntlich nach zwei Jahren gescheitert. Sie hatten überhaupt noch nie

    überhaupt ein politisches Amt inne und werden gleich Chef der Regierung und der

    SPÖ. Sind das wirklich Jobs für einen Quereinsteiger?

    Ich denke, dass das eine Vorgehensweise ist, die Sinn macht. Logischerweise werde ich

    das jetzt natürlich verteidigen. Sie können ja nicht von mir erwarten, dass ich heute

    angelobt werde und dann erkläre: Das alles ist ein großes Missverständnis. Nein, aber

    wenn Sie sich die Herausforderungen ansehen, dann muss man sagen, dass man wirklich

    an einem Punkt angelangt ist, mit dem gesamten politischen System. Aber auch was die

    Zustimmung und das Vertrauen in die Regierung betrifft, wo wir eindeutige eineTrendwende brauchen. Die Art und Weise, wie wir Politik betrieben haben, die Sprache

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    Dieter Zirnig

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    der Politik, die Rituale, die Erscheinungsformen, die finden zunehmend weniger

    Verständnis in der Bevölkerung. Und vor dieser Situation, denke ich, angesichts der

    Dimensionen, Problemen und Herausforderungen, dass es viele Menschen im Land

    verstehen, dass man hier einmal einen neuen Weg geht.

    Das vielleicht bekannteste Zitat über Sie stammt von einer prominenten

    Parteifreundin von Ihnen. Die Sie sehr gut kennt und die Sie auch als ÖBB-Chef

    geholt hat. Und Sie hat gesagt: „  So wie ich keine gute Bahn-Managerin wäre, wäre

    er [Kern] kein guter Politiker.  “ Was weiß denn Doris Bures über Sie, dass wir noch

    nicht wissen?

    Doris Bures hat im Konjunktiv gesprochen. Mein Ehrgeiz ist es jetzt, das zu falsifizieren

    und zu zeigen, dass dem eben nicht so ist.

     Aber warum glauben Sie, dass Sie das können?

    Ich… Sie haben völlig recht. Das ist eine völlig berechtigte Frage. Und der muss man sich

    stellen. Ich bin davon überzeugt, dass wir in diesem Land eine andere Form der Politik

    brauchen. Ich glaube, dass das eine Politik sein muss, die viel stärker faktengestützt ist.

    Die sich viel stärker auf Analysen beruft. Die sich letztendlich aber auch konsequent mit

    der Frage der Erfolgskontrolle auseinandersetzt. Das alles sind Methoden, mit denen Sie

    üblicherweise Unternehmen, große Organisationen führen. Nicht, dass wir uns

    missverstehen.

    Dass das heute eine Situation ist, wo wir neue Wege suchen müssen. Dass das die

    Bevölkerung auch von uns erwartet. Dass letztendlich die Unzufriedenheit so groß ist –

    und da nehme ich die Oppositionspolitik genau so wenig aus -, dass wir hier alle

    miteinander gut beraten sind, uns hinzusetzen, und zu sagen: Was sind die Mitteln, was

    sind die Instrumente und was sind die Denkweisen, mit der wir an Politik herangehen. Ich

    weiß nicht, wie es Ihnen geht. Aber ich habe in den letzten Jahren zunehmend mein

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    Dieter Zirnig

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    Interesse an innenpolitischen Politikberichterstattungen in den Zeitungen zum Beispiel

    verloren. Weil ich immer das Gefühl hatte…

    So ging es mir nicht. Wäre in meinem Beruf auch seltsam.

    Schwierig, ja.

     Aber trotzdem. Gerhard Zeiler war letzte Woche hier im Studio. Und er hat etwas

    ganz Interessantes über die Innenpolitik erzählt. Nämlich, dass seit einem Jahr

    daran gearbeitet worden sei, Werner Faymann zu stürzen. Und dabei hätten Sie

    beide eine Rolle gespielt . Sie haben das heute ein bisserl verspottet in Ihrer

    Pressekonferenz als „House of Cards für Arme“  . Aber Herr Zeiler hat es schon

    etwas detaillierter geschildert. Und er hat wörtlich gesagt: „ Sie hatten in diesem

    Projekt beide eine Rolle zu spielen. “ Was war denn da genau Ihre Rolle?

    Transkript: Gerhard Zeiler in der ZIB2

    Transkript: Gerhard Zeiler in der ZIB2 bei Lou Lorenz-Dittlbacher

     

     Also, da müssen Sie ganz ehrlich den Gerhard Zeiler fragen. Natürlich ist das eine

    großartige Geschichte. Die bedient viele Klischees. Die bedient viele Vorurteile. Gerhard

    Zeiler haben uns vor längerer Zeit darüber unterhalten, dass wir meinen, in diesem Land

    sind Veränderungen notwendig. Er hat mir erzählt, dass er hier kandidieren möchte. Ich

    bin der Meinung gewesen, seine inhaltliche Analyse trifft voll und ganz zu. Aber eine

    Verschwörung oder etwas… da würden Sie uns wirklich sehr überschätzen.

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    Dieter Zirnig

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    Ich habe ja nur wiedergegeben, was Gerhard Zeiler gesagt hat. Aber kommen wir zu

    den Inhalten. Mir ist nach Ihrer Pressekonferenz heute unklar geblieben, wie denn

    nun Ihre konkrete Haltung in der Flüchtlingsdebatte aussieht. Die ÖVP hat ja zur

    Bedingung gemacht, dass es da keine Änderung gibt. Heißt das jetzt, dass diese

    berühmte Obergrenze von 37.500 Asylanträgen in diesem Jahr nach wie vor für Sie

    gilt?

    Ich habe das versucht, an Hand des Beispiels der Bahn zu erklären, wo wir im

    vergangenen Jahr im Sommer aus Menschlichkeit und aus einer humanitären

    Verpflichtung heraus gehandelt haben. Weil da ging es um Menschen, die keine Herberge

    hatten, sind tausende Kilometer weit gereist. Denen ist es nicht gut gegangen. Die zu

    versorgen war ein klarer Fall für uns. Wir sind der Meinung: Respekt vor der

    Menschenwürde kann sich nicht nur auf unsere Bahnkunden beziehen. Sondern, jeder

    der hier ein Bedürfnis hat, sollte in unserem Land entsprechend aufgenommen werden

    und nach den Möglichkeiten – letztendlich die uns zur Verfügung stehen – geholfen

    werden.

     Aber auf der anderen Seite haben wir ganz logisch gesagt: Na gut, wir müssen uns auchdeshalb darum kümmern, weil, wenn diese Menschen weitermarschieren, dann tun sie

    das über die Bahngleise. Und gehen von Stadt zu Stadt. Die Konsequenz wäre ein

    Zusammenbruch des öffentlichen Verkehrs in Österreich gewesen. Und eineinhalb

    Millionen Österreicher wären nicht in der Lage gewesen, zu ihren Arbeitsplätzen, in die

    Schule, zu ihren Familien zu kommen. Und das ist für mich ein gutes Beispiel, wie wir

    damit auch in Zukunft umzugehen haben.

    Ja, wir haben eine Verpflichtung gegenüber den Menschenrechten. Aber auf der anderen

    Seite gibt es im Land ein berechtigtes Sicherheitsbedürfnis. Und es gibt auch ein

    berechtigtes Bedürfnis nach Ordnung. Das erwarten die Bürger von der Politik, dass wir

    diese Sorgen vollumfänglich ernst nehmen. Und aus meiner Sicht heißt es, dass es eine

    Grundlage für die Asylpolitik gibt. Das ist ein intensiv diskutierter Kompromiss zwischen

    den beiden Regierungsparteien. Das ist eine taugliche Grundlage, hier damit umzugehen.

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     Aber heißt das jetzt, dass wenn 37.500 Asylanträge erreicht sind – und so versteht ja

    die ÖVP diesen Kompromiss -, dass dann diese umstrittene Notverordnung in Kraft

    tritt? Und keine weiteren Asylanträge an österreichischen Grenzen mehr

    angenommen werden?

    Das ist der Plan, den die Regierung gefasst hat. Schon vor meiner Zeit. Zu diesem Plan

    stehe ich auch. Das ist überhaupt keine Frage. Aber ich denke, dass wir den Fokus viel

    stärker auf die Frage richten müssen: Wie integrieren wir die Menschen, die schon da

    sind. Und das habe ich mit dem Beispiel der Bahn gemeint. Hier geht es um einen

    vernünftigen Umgang in unserem Interesse. Weil die Menschen sind da.

    Die werden wir nicht aus dem Land bekommen. Das können wir uns wünschen. Wirkönnen Symbolpolitik betreiben so viel wir wollen. Aber die Aufgabe muss sein, dafür zu

    sorgen, dass sie auf den Arbeitsmärkten integriert werden können. Dass ausreichend

    Wohnungen zur Verfügung stehen. Und vor allem, dass das Bildungssystem sie

    aufnehmen muss. Dann gibt es eine Diskussion – die ist ja auch bekannt – oder manche

    sagen: Die Ausländer bekommen das ganze Geld, denen werfen wir alles nach. Meine

    These ist: Ja, natürlich ist das eine Verpflichtung, die wir haben. Das hat mit dem Asylrecht zu tun.

     Aber auf der anderen Seite tun wir das ja auch im Interesse der Österreicher. Weil wir

    können ja kein Interesse daran haben, junge Menschen in die Illegalität abzudrängen, sie

    quasi der Hoffnungslosigkeit auszusetzen und der Kleinkriminalität zuzutreiben. Und

    deshalb meine ich, dass wir gemeinsam auch überlegen müssen, wie diese Zahl an

    Menschen, die vorhanden ist, die in Österreich ist, tatsächlich auch bestens integriertwerden kann. Im Interesse aller.

    Der zweite große Streitpunkt in der SPÖ war zuletzt die Haltung zur FPÖ. Da haben

    Sie jetzt heute gesagt: „Es wird einen Kriterienkatalog für Koalitionsbedingungen

    geben.“ Aber auch – wörtlich: „Die SPÖ wird mit niemandem zusammenarbeiten,

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    der gegen Menschen oder Minderheiten hetzt.“ Deshalb jetzt die konkrete Frage: Ist

    die FPÖ für Sie eine Partei, die gegen Menschen oder Minderheiten hetzt?

    Das entscheidende dabei ist: Wir wollen so stark werden, dass wir in dem Land den

    Führungsanspruch auch in Zukunft stellen werden können. Dann werden sich die anderenParteien an unserer Haltung zu orientieren haben. Diese Haltung werden wir ganz klar

    festmachen an Hand eines Kriterienkatalogs. Da gehört die Absicherung des Sozialstaats

    zum Beispiel dazu – sehr wichtig. Da gehört aber auch dazu, dass bestimmte Prinzipien

    eingehalten werden wie z.B. Minderheitenschutz. Angesichts der Äußerungen und der

    Eskalation – wenn man so will -, der Rhetorik, halte ich die FPÖ auf Bundesebene, so wie

    sich heute darstellt, für keinen Koalitionspartner.

    Das heißt, Sie können sich nicht vorstellen, in einer Regierung mit Herrn Strache zu

    sitzen. Oder mit Herrn Vilimsky?

     Angesichts der Einstellungen, die die Damen und Herren der FPÖ zuletzt verbreitet

    haben, ist das ein langer Weg, bis wir da uns möglicherweise mal zusammenfinden

    können.

    Jetzt ist ja die SPÖ eine gigantische Baustelle. In den letzten Umfragen  – seit

    Monaten – liegt sie weit hinter der FPÖ zurück.   Bei der Bundespräsidenten-Wahl

    haben gerade nochmal elf Prozent den sozialdemokratischen Kandidaten gewählt.

    Wie erklären Sie sich das eigentlich?

    Ja, ich denke, das ist genau Ausdruck dessen, was ich ganz am Beginn gesagt habe und

    auch der Ausführungen in der Pressekonferenz heute. Es gibt einen grassierenden

    Vertrauensverlust, der mit der Art und Weise, wie Politik gedacht, gelebt, auch in die

    Öffentlichkeit getragen wird zusammenhängt.

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    Und trotzdem hat ein Kandidat 35 Prozent, ein anderer 21 Prozent bekommen  . Und

    Ihrer elf.

    Ja, die haben offensichtlich vieles richtiggemacht. Haben offenbar den Nerv getroffen.

    Und, ich glaube, das muss das Ziel sein. Dass wir uns am Ende des Tages nicht mitDiskussionen über Rot-Blau und ähnliches beschäftigen. Weil das interessiert die Leute in

    Wahrheit auch nicht besonders. Das ist interessant für eine kleine Gruppe an

    Politikbeobachtern – ist natürlich eine Prinzipienfrage, die wir ernsthaft angehen und

    einhalten werden. Aber letztendlich geht es darum, wieder klar zu machen, dass wir

    verstehen, dass wir uns um Problemlösungen kümmern. Diese ganzen Diskussionen, die

    nie zu Ergebnissen führen… Ich glaube, das ist genau das, was die Leute überhaben.

    Gut. Machen wir es hier konkret. Sie haben heute sehr viel über die Wirtschaft in

    ihrer Pressekonferenz heute. „  Da muss etwas passieren. Kurzfristig und

    längerfristig. “ Was muss den kurzfristig passieren? Ganz konkret.

    Sie haben vor kurzem – ich glaube, es ist in der vergangenen Woche gewesen – den

    Generaldirektor der VOEST hier zu Gast gehabt. Und der hat seine Probleme mit dem

    Wirtschaftsstandort Österreich geschildert. Und er hat unter anderem gesagt: „Es ist nicht

    klar, ob er in Österreich weiter in Hochöfen investieren wird.“ Mein Ziel ist es, dafür zu

    sorgen, dass 2025 ein Unternehmen wie die VOEST immer noch fünf Hochöfen in

    Österreich hat, bzw. die Wertschöpfung und damit die Arbeitsplätze in Österreich. Das ist

    eine komplexe Fragestellung. Da gibt es keine einfache Antwort. Aber das hat mit

    Energiekosten zu tun. Das hat mit Standortbedingungen in vielfacher Art und Weise zu

    tun, die wir gemeinsam analysieren müssen und da weiterkommen. Und ein zweiter Punkt

    aus meiner Sicht, ist, dass wir viel stärker öffentliche und private Investitionen verzahnen

    müssen.

    Ich musste jetzt vorher mein Telefon draußen abgeben. Aber ich habe ein Apple iPhone.

    Wenn Sie sich die Geschichte dieses Telefons anschauen, dann sehen Sie, dass sowohl

    das Display, das Navigationssystem, das GPS-System, Siri  der Spracherkennungsdienst,

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    Dieter Zirnig

    http://tvthek.orf.at/index.php/program/ZIB-2/1211/ZIB-2/12700013/Voest-Generaldirektor-Wolfgang-Eder/12700230http://tvthek.orf.at/index.php/program/ZIB-2/1211/ZIB-2/12700013/Voest-Generaldirektor-Wolfgang-Eder/12700230https://neuwal.com/2016/05/17/transkript-erste-pressekonferenz-von-christian-kern/https://neuwal.com/2016/05/17/transkript-erste-pressekonferenz-von-christian-kern/http://wahl16.bmi.gv.at/

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    alles aus Forschungsprojekten entstanden sind, die staatlich angetrieben worden sind.

    Die mit öffentlichen Geldern finanziert worden sind. Steve Jobs hat die Teile

    zusammengesetzt und hat ein geniales Produkt daraus gemacht. Das ist eine perfekte

    Kooperation zwischen öffentlichen und privaten Investitionen.

    Wir haben in Österreich übrigens ein perfektes Beispiel. Bei der Bahn funktioniert das

    genauso. Ein ganz ein wichtiger Sektor, wo die ÖBB den Heimmarkt geboten hat, auf

    deren Basis Produkte abgenommen wurden. Exporterfolge sichergestellt worden. Wir

    haben heute österreichische Weichen zwischen Shanghai und Peking liegen.

    Österreichische Schienen, die in Donawitz produziert sind. Zwischen St. Petersburg und

    Moskau.

    Insights: neuwal Positionen

    neuwal.com/positionen ist eine reine Daten-Aggregation aus unterschiedlichen Medien zu

    einem Thema und visualisiert Zusammenhänge.

    neuwal Positionen: Wer war für welche SPÖ-Position medial im Gespräch?

    neuwal Positionen: Wer hat sich für wen als Bundeskanzler ausgesprochen?

     

    Ich muss jetzt schon auf die Zeit schauen, komme zu einem kleineren Thema, das

    aber für viel Unmut in den letzten Jahren bei vielen Kommentatoren gesorgt hat.

    Nämlich eine besondere Politik Ihres Vorgängers Werner Faymanns: Sehr viel Geld

    für teure Inserate – vor allem in Boulevard-Zeitungen – auszugeben. Diese berühmte

    Inseratenpolitik ist nun wirklich viel kritisiert worden. Wird es unter Ihnen auch so

    viele Inserate geben? Bei der ÖBB waren Sie ja da nicht so sparsam.

    Naja, die ÖBB ist ein Unternehmen, das Kunden zu überzeugen hat. Und Menschen fürdie Bahn zu begeistern hat. Und das Angebot zu bewerben. Logischerweise hat das

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    Dieter Zirnig

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    einen Marketing-Etat. Allerdings ist der nicht unter den fünfzig größten in Österreich

    gewesen – die Werbeausgaben der ÖBB. Also, das muss man angesichts der Größe des

    Unternehmens relativieren. Aber offen gesagt: Ich habe mich mit der Frage noch gar nicht

    auseinandergesetzt. Weil ich wüsste gar nicht, wo die Mitglieder der Bundesregierung

    inserieren sollen. Unsere vorderrangige Aufgabe ist es nicht zu inserieren, sondern Politik

    zu machen. Taten zu setzen und klar identifizierbar zu machen, was wir für das Land tun.

    Sie haben heute gesagt, Sie werden am Sonntag bei der Bundespräsidenten-Wahl

     Alexander Van der Bellen wählen . Aber die SPÖ hat als Partei auch heute keine

    Wahlempfehlung abgegeben für den zweiten Wahlgang. Warum eigentlich nicht?

    Wir haben uns heute mit dieser Frage nicht auseinandergesetzt. Das ist nicht zur

    Diskussion gestanden. Ich persönlich habe ein klares Bekenntnis dazu. Ich habe das

    mehrfach und immer wieder gesagt, dass ich Alexander Van der Bellen für einen fähigen

    Bundespräsidenten halte. Ich bin mir nicht sicher, ob der Herr Van der Bellen jetzt großen

    Wert auf eine Wahlempfehlung der SPÖ gelegt hätte.

    Norbert Hofer sagt: Er sehe es als Aufgabe des Präsidenten, der Regierung Ziele

    vorzugeben. Und wenn sie seine Ziele nicht erfüllt – auch nach mehreren

    Gesprächen -, dann wird er die Regierung entlassen. Sehen Sie das auch so, dass

    der Bundespräsident die Ziele vorgibt?

    Heinz Fischer hat heute bei der Angelobung gesagt: Der Bundespräsident ist nicht derChef des Bundeskanzlers. Und der Bundeskanzler ist nicht der Chef des

    Bundespräsidenten. Das ist eine sehr weise Ausführung. Weil wir in unserem Land eine

    Machtbalance haben. Und wir alle gut beraten wären, hier ein Auge auf diese

    Machtbalance zu haben und dafür zu sorgen, dass die Architektur der Verfassung der

    Zweiten Republik mit größter Ernsthaftigkeit betrieben wird. Das ist kein Feld für

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    Dieter Zirnig

    https://www.youtube.com/watch?time_continue=3&v=OKMB9jYWDUYhttps://www.youtube.com/watch?time_continue=3&v=OKMB9jYWDUY

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    Experimente. Das ist kein Feld, wo man einem – wenn man so will – eine

    Machtausübungsüberschreitung ankündigen sollte.

    Gut, möglicherweise ist der Bundespräsident aber doch der Vorgesetzte des

    Kanzlers. Weil er kann den Kanzler entlassen. Sie können den Bundespräsidenten

    nicht entlassen. Jetzt sagt Herr Hofer schon:Wenn er Bundespräsident wird, dann

    rechnet er mit baldigen Neuwahlen. Sie auch?

    Der Vorgesetzte des Bundeskanzlers ist ganz eindeutig der österreichische Wähler und

    die österreichischen Wählerinnen.

    Das beantwortet jetzt aber nicht meine Frage, ob Sie mit baldigen Neuwahlen

    rechnen, wenn Herr Hofer Bundespräsident wird.

    Nein, damit rechne ich nicht. Weil zunächst einmal ist ja so, dass höchst offen ist, wer

    tatsächlich diese Wahl gewinnt. Und wie auch immer der Wahlgewinner aussieht, wird

    man sich dann hinsetzen. Und dann gibt es den Spruch: Es wird wohl nicht so heiß

    gegessen, wie gekocht. Ich glaube, wir haben alle miteinander ein Interesse an der guten

    Entwicklung unseres Landes. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand bereit

    ist, dass ernsthaft, leichtfertig aufs Spiel zu setzen.

    Herr Bundeskanzler Kern, vielen Dank für Ihren Besuch im Studio.

    Danke.

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    Dieter Zirnig

    http://www.heute.at/news/politik/Hofer-Wenn-ich-gewinne-gibt-es-Neuwahlen;art23660,1264967http://www.heute.at/news/politik/Hofer-Wenn-ich-gewinne-gibt-es-Neuwahlen;art23660,1264967