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Lehrstuhl für Feingerätebau und Getriebelehre AKUSTIK UND FLUIDMECHANIK IN KANÄLEN UND DÜSEN VON TINTENSCHREIBWERKEN DIPL.-ING. (UNIV.) WOLFGANG WEHL Vollständiger Abdruck 1 der von der Fakultät für Maschinenwesen der Technischen Universität München zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktor-Ingenieurs genehmigten Dissertation Vorsitzender: 1. Prüfer: 2. Prüfer: Professor Dr.-Ing. E. Blaß Professor Dr.-Ing. J. Heinzl Professor Dr.-Ing. F. Schneider Die Dissertation wurde am 27. Januar 1984 bei der Technischen Universität München eingereicht und durch die Fakultät für Maschinenwesen am 2. Mai 1984 angenommen. 1 Nachdruck der gleichlautenden Dissertation aus dem Jahr 1984

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Lehrstuhl für Feingerätebau und Getriebelehre

AKUSTIK UND FLUIDMECHANIK IN KANÄLEN UND DÜSEN VON TINTENSCHREIBWERKEN

DIPL.-ING. (UNIV.) WOLFGANG WEHL

Vollständiger Abdruck1 der von der Fakultät für Maschinenwesen der Technischen Universität München zur Erlangung des akademischen

Grades eines

Doktor-Ingenieurs

genehmigten Dissertation

Vorsitzender: 1. Prüfer: 2. Prüfer:

Professor Dr.-Ing. E. Blaß Professor Dr.-Ing. J. Heinzl Professor Dr.-Ing. F. Schneider

Die Dissertation wurde am 27. Januar 1984 bei der Technischen Universität München eingereicht und durch die Fakultät für Maschinenwesen am 2. Mai 1984 angenommen.

1 Nachdruck der gleichlautenden Dissertation aus dem Jahr 1984

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Akustik und Fluidmechanik in Kanälen und Düsen von Tintenschreibwerken Vorwort zur vierten Auflage

© TU München (1984) • Wolfgang Wehl 2/78 4. Auflage (Stand 02/2012)

Vorwort zur vierten Auflage Im Zuge meines Promotionsverfahrens an der Technischen Universität München wurden 1984 von dieser Dissertation 170 Exemplare gedruckt. Davon mussten einhundert in der Verwaltung der Technischen Universität abgegeben werden. Fünfzig Drucke wurden über den Lehrstuhl für Feinge-rätebau und Getriebelehre (heute Mikro- und Medizingerätetechnik, www.mimed.mw.tum.de Prof. Tim Lüth) verteilt, der Rest vom Autor, so dass inzwischen nur noch ein paar Belegexemplare vor-handen sind.

1985 kamen die ersten Bubble-Jet-Tintendrucksysteme von Hewlett Packard und Canon auf den Markt. Aufgrund ihrer vorteilhaften Eigenschaften für Bürodrucker, verlor man zunächst das Inte-resse an Tintendrucksystemen mit piezoelektrischen Aktoren.

Inzwischen befassen sich jedoch schon wieder viele Ingenieure und Physiker mit dieser „alten“ Technik. Bubble-Jet-Tintendrucker für Büro- und Privatanwendungen sind ein Massengeschäft ge-worden, das fest in der Hand weniger Großkonzerne liegt. Es gibt indes eine sehr große Zahl von Druck- und Dosieraufgaben, für die Bubble-Jet-Drucksysteme ungeeignet sind oder an denen diese Großkonzerne nicht interessiert sind. Hier können Piezo-Tintendrucksysteme Abhilfe schaffen.

Wir können es uns in Deutschland nicht erlauben, das Rad stets von vorne zu erfinden. Die Neuauf-lage meiner Dissertation möge deshalb allen helfen, die neue, innovative Geschäftsfelder auf dem Gebiet der Tintendrucktechnologien und der Mikrodosierung erschließen und so neue Arbeitsplätze schaffen wollen.

Die Untersuchungen in dieser Dissertation basieren auf dem Tintendrucker PT 80 von Siemens, der 1977 auf den Markt kam. Diese Drucker werden von technischen Laien fälschlicherweise oft auch als Tintenstrahldrucker bezeichnet. Die Druckwerke des PT80 enthalten eine Reihe durch Gießharz geformte Kanäle und röhrchenförmige, piezoelektrische Aktoren. Trotzdem sind viele Erkenntnisse dieser Arbeit auch für andere Aktor- und Kanalformen anwendbar.

Die Dissertation wurde seinerzeit auf einem Commodore CBM 8032 geschrieben, die Zeichnungen von Hand erstellt, die Diagramme mit einem Plotter erstellt und die Bilder fotografiert. Da die ori-ginalen Textdateien nicht mehr verfügbar bzw. lesbar sind, musste der Text per OCR wieder einge-lesen und aufbereitet werden. Ich habe dabei nach bestem Wissen die neuen Rechtschreibregeln be-rücksichtigt. Die Bilder wurden neu eingescannt, die Formeln mit dem Formeleditor neu eingege-ben. Die Dissertation ist jetzt z. B. unter www.hs-heilbronn.de/wolfgang.wehl als PDF unter Litera-tur herunterladbar. Aufgrund dieser Vorgehensweise könnten sich in diese Auflage Fehler einge-schlichen haben, die im Original noch nicht vorhanden waren. Korrekturhinweise können Sie mir gerne, z. B. per E-Mail, an [email protected], schicken.

Am gleichen Lehrstuhl sind zum Thema Tintendrucktechnologie bei Prof. Joachim Heinzl nach Ab-schluss dieses Promotionsverfahrens u. a. folgende Dissertationen veröffentlicht worden: Modell der Formung schnell fliegender Mikrotropfen durch Druckwellen an Düsen (D. Penningsfeld, 1987); Elektrodynamische Mikrowandler zur Tropfenerzeugung (P. Berdelle-Hilge, 1990); Simula-tion und Optimierung von Tintenschreibwerken mit planaren Aktoren (A. Berchtold, 1991); Sensor- und Aktoreigenschaften von Bubble-Jet-Heizelementen in Tintenschreibwerken (J. Pöppel, 1991); Berechnungsmodell thermischer Tintenschreibwerke (W. Runge, 1993); Transiente Messung der thermophysikalischen Eigenschaften von hoch überhitzten Fluiden und von Dünnschichten (B. Hochwind, 1997); Modellierung der Verdampfungs- und Strömungsvorgänge beim Bubble-Jet-Prozess (M. Fähndrich, 1997); Berechnung und Anwendung eines Piezo-Biegewandlers zur Flüs-sigkeitszerstäubung (I. Ederer, 1999)

Heilbronn im Februar 2012 Wolfgang Wehl

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Akustik und Fluidmechanik in Kanälen und Düsen von Tintenschreibwerken Zusammenfassung

© TU München (1984) • Wolfgang Wehl 3/78 4. Auflage (Stand 02/2012)

Zusammenfassung Drop-on-Demand-Tintenschreibwerke sind wegen ihres lautlosen Betriebs und ihrer Zuverlässigkeit inzwischen fester Bestandteil im Lieferprogramm einiger namhafter Druckerhersteller und -vertreiber. In der Literatur gibt es aber bislang nur wenige experimentelle und theoretische Erörte-rungen zur Physik des Tintendrucks. Die bekannten Veröffentlichungen übergehen dabei oft, trotz Einsatz von manchmal sehr aufwendigen Rechenverfahren, wesentliche Teilaspekte oder treffen für Randbedingungen willkürliche Annahmen.

Diese Arbeit soll dazu beitragen, das Verständnis für die Physik des Tintendrucks zu vertiefen. Da-bei geht es speziell um die akustischen und fluidmechanischen Vorgänge in Kanälen und Düsen von Schreibwerken, die nach dem Unterdruckverfahren einzeln abrufbare Tropfen erzeugen können.

Messungen an den ausgestoßenen Tintentropfen und am Nachhall im Kanal über den piezoelektri-schen Wandler werden Rechenergebnissen aus einem Modell mit finiten Kanalelementen gegen-übergestellt. Ausgehend vom piezoelektrischen Druckgeber wird die „Akustik“ im Tintenkanal und die „Fluidmechanik“ in der Düse beschrieben. Für die Übergangsstelle werden die Einflussgrößen ermittelt und entsprechend berücksichtigt.

Wegen der transienten Schallereignisse im Tintenkanal ist die in der akustischen Messtechnik ver-breitete Harmonische Analyse nicht hilfreich. Geschlossene theoretische Beschreibungen sind nur mit stark vereinfachenden Annahmen zur Kanalgeometrie möglich. Es wird deshalb mit den Geset-zen der eindimensionalen Schallausbreitung ein theoretisches Rechenmodell nach dem Prinzip der Finiten Elemente entwickelt.

Am Grenzübergang wird das akustische und fluidmechanische Verhalten von Kanal und Düse durch einen speziellen Ansatz von Energie-, Impuls-, und Kontinuitätsgleichung verknüpft. Zur numerischen Lösung des Problems genügt der Einsatz eines

Tischrechners. Der Reflexionsfaktor an und die Tintenbewegung in der Düse sind voneinander ab-hängig. Damit verhält sich der Kanal akustisch zeitweise wie ein offenes, zeitweise wie ein ge-schlossenes Rohr. Die mit Schallgeschwindigkeit laufenden Druckwellen sorgen für den Massen- und Energietransport.

Wegen seiner extrem hoch liegenden Eigenfrequenzen hat das Piezoröhrchen hervorragende akusti-sche Eigenschaften. Sowohl als Aktor als auch als Sensor wird es stets hochabgestimmt betrieben, was gleichzusetzen ist mit einem linearen, frequenzunabhängigen Verhalten. In Tintenschreibwer-ken ist je Kanal nur ein Piezoröhrchen vorhanden. Das angewandte Impuls-Echo-Verfahren ermög-licht jedoch durch Umschalten des Wandlers vom Aktor- in den Sensorbetrieb eine messtechnische Überprüfung theoretischer Vorhersagen. Dabei wurde ein hohes Maß an Übereinstimmung erzielt. Aus den Ergebnissen lassen sich u. a. die Gründe für Abweichungen der Tropfenfluggeschwindig-keit bei höheren Betriebsfrequenzen ableiten.

Die Kenntnis der akustischen Vorgänge im Tintenkanal und die Möglichkeit, das Piezoröhrchen auch als Sensor zu betreiben, erlauben eine vollständige Diagnose des Gesamtsystems. Unter be-stimmten Voraussetzungen lassen sich Abweichungen der Tropfenfluggeschwindigkeit durch be-sondere Impulse bei höheren Betriebsfrequenzen erheblich reduzieren. über einen mit dem Piezo-röhrchen messbaren Effekt an der Düse kann die Tropfenfluggeschwindigkeit rein elektrisch einge-stellt werden.

Die Ergebnisse dieser Untersuchung beziehen sich weitgehend auf ein Schreibwerk der Firma Sie-mens. Eine Übertragung auf Drucksysteme mit anderen Geometrien, Werkstoffen und Wandler-prinzipien ist oft möglich. Offen bleibt die Frage der Tropfenformung in der Luft und der Einfluss der Viskosität, speziell auf die Tintenbewegung in der Düse.

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Akustik und Fluidmechanik in Kanälen und Düsen von Tintenschreibwerken Inhaltsverzeichnis

© TU München (1984) • Wolfgang Wehl 4/78 4. Auflage (Stand 02/2012)

Inhaltsverzeichnis Vorwort zur vierten Auflage 2 Zusammenfassung 3 Inhaltsverzeichnis 4 Bilderverzeichnis 5 Bezeichnungen 7 1. Einleitung 8

1.1 8 Problemstellung1.2 9 Ablauf der Untersuchungen

2. Die Physik des Piezoröhrchens 10 2.1 10 Allgemeines2.2 10 Das Piezoröhrchen als Aktor2.3 11 Der Wirkungsgrad des Piezoröhrchens2.4 12 Der direkte Piezoeffekt2.5 12 Das Piezoröhrchen als Sensor2.6 13 Eigenschwingungen des Piezoröhrchens2.7 15 Impuls-Echo-Messungen mit Piezoröhrchen2.8 15 Druckerzeugung mit piezokeramischen Röhrchen

3. Die Schalldruckausbreitung im Tintenkanal 18 3.1 18 Experimente mit einem Versuchskanal3.2 21 Mathematische Modellierung3.2.1 21 Das akustische Finite Element3.2.2 25 Anwendung in beliebig geformten Kanälen3.2.3 29 Berechnungen am Versuchskanal3.3 30 Vergleiche zwischen Messung und Rechnungen3.3.1 30 Querschnittsmodell und Impedanzmodell3.3.2 32 Wellendispersion und Dämpfung3.4 36 Übertragung der Ergebnisse auf Tintenschreibwerke3.4.1 36 Diskussion der Sprungantwort3.4.2 37 Fehlererkennung

4. Die Tropfenbildung durch Schalldruckwellen 40 4.1 40 Die Physik der Grenzfläche Kanal – Düse4.1.1 41 Energiegleichung nach Bernoulli4.1.2 41 Impulsgleichung4.1.3 42 Kontinuitätsgleichung4.2 43 Tintenaustritt aus der Düse4.2.1 43 Grenzfläche Düse – Umgebung4.2.2 44 Tropfenbildung

5. Das gesamte Drop-on-Demand-Tintendrucksystem 48 5.1 48 Signalflussplan des Tintenschreibsystems5.2 48 Lösung mit einem Rechenprogramm5.3 51 Diskussion von Messung und Berechnung5.3.1 51 Allgemeines5.3.2 53 Experimentelle Überprüfung der Düsengleichungen5.3.3 60 Elimination von Druckwellen5.3.4 62 Übersprechen5.4 64 Tropfenablösung und Fluggeschwindigkeitseinstellung

6. Zusammenfassung der Ergebnisse 66 7. Literaturverzeichnis 68 8. Physikalische Kennwerte untersuchter Tintenschreibwerke 71 9. Versuchs- und Messeinrichtungen 73

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Akustik und Fluidmechanik in Kanälen und Düsen von Tintenschreibwerken Bilderverzeichnis

© TU München (1984) • Wolfgang Wehl 5/78 4. Auflage (Stand 02/2012)

Bilderverzeichnis Bild 1.1: 8 Drop-on-Demand-TintenschreibwerkBild 1.2: 8 Schematischer Aufbau eines Tintenschreibwerks [63].Bild 1.3: 9 Schema eines Tintenschreibsystems (Technische Daten im Anhang)Bild 2.1: 10 Geometrie des Wandlerröhrchens aus Piezokeramik (Technische Daten im Anhang)Bild 2.2: 13 Der Ladungsverstärker [56]Bild 2.3: 13 Geschützter ElektrometerverstärkerBild 2.4: 14 Prinzip der Impedeanzmessung.Bild 2.5:

14 Theoretischer Impedanzverlauf für das Piezoröhrchen im Bereich der Längsschwingung

Bild 2.6: 15

Prinzip des sequentiellen Piezoröhrchenbetriebs als Aktor und Sensor (Impuls-Echo-Verfahren)

Bild 2.7: 16 Druckerzeugung mit Piezoröhrchen [32]. c , c SchallgeschwindigkeitenR K

Bild 2.8: 16 Allgemeiner Signalflussplan zur Druckerzeugung mit PiezoröhrchenBild 2.9: 17 Reduzierter Signalflussplan:Bild 2.10:

17 40 µs-Impulsanregung und resultierende Druckantwort am Röhrchen-Kanal-Übergang (berechnet)

Bild 3.1: 19 a) Versuchskanal mit zwei PiezoröhrchenBild 3.1: 19 b) schematische Schallausbreitung;Bild 3.2:

20 Messaufbau mit dem Versuchskanal: 1 Oszilloskop, 2 Impulsgenerator, 3 Versuchskanal

Bild 3.3: 20

Sprungantwort von Wandler 2 im Versuchskanal nach einer Anregung von 20 Volt am Wandler 1

Bild 3.4: 22 Finites Kanalelement.Bild 3.5:

23 Zusammenhang zwischen Reflexions- und Durchlassfaktoren sowie dem Impedanzverhältnis

Bild 3.6: 24 Signalflussplan des Finiten Kanalelements.Bild 3.7: a: Kanal mit zwei Querschnittssprüngen. r = 2r = 4r , daraus folgt

Z = ½Z = ¼Z b: Kanal mit einem Querschnittssprung. r ’ = 4r ’, daraus folZ ’ = ¼Z ’; c: Schema der Druckausbreitung. Die in Klammern gesetzten Zahlen im gestrichelten Abschnitt beziehen sich auf b., alle anderen auf a. d: Durchgelassene und reflektierte Druckwellen für bei

1 2 3

1 2 3 1 3 gt

de Kanäle a. und b. 26

1 3

Bild 3.8: 27 Typische Kanalelemente.Bild 3.9: 28 Reflexions- und Durchlassantworten der Kanalelemente nach Bild 3.8Bild 3.10: 29 Signalflussplan des Versuchskanals.Bild 3.11

31 Vergleich zwischen Rechnungen und Messung bei verschiedenen theoretischen Modellen.

Bild 3.12: 32

a) Akustische Impedanz; b) relative Dichte der Finiten-Elemente und c) Reflexionsfaktoren im Versuchskanal

Bild 3.13: 33 Signalflussplan der Dispersionsbeschreibung nach Leonhard [53]Bild 3.14: 34 Rechnung nach dem Impedanzmodell wie in Bild 3.11 b, hier aber ohne DämpfungBild 3.15:

34 Vergleich Rechnung – Messung beim Dispersionsmodell bei Anregung durch einen 10 µs-Rechteckimpuls

Bild 3.16: 37 Gemessene und berechnete Schallausbreitung in einem Tintenschreibsystem.Bild 3.17: 37 Akustische Impedanz im Tintenschreibsystem.Bild 3.18 39 Fehlerzustände im Tintenkanal.Bild 4.1: 40 Die Düse des TintenschreibwerksBild 4.2: 44 Vereinfachte Tintenbewegung im vereinfachten DüsenmodellBild 4.3:

44

Oberflächendruckverlauf in und vor der konischen Düse mit Gleichgewichtslage durch den statischen Unterdruck. Im Rechenmodell wird der vereinfachte gestrichelte Verlauf verwendet.

Bild 4.4: Ableitung der Abreißbedingung anhand eines Zahlenbeispiels 46

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Akustik und Fluidmechanik in Kanälen und Düsen von Tintenschreibwerken Bilderverzeichnis

© TU München (1984) • Wolfgang Wehl 6/78 4. Auflage (Stand 02/2012)

Bild 5.1: 48 Signalflussplan des TintenschreibsystemsBild 5.2: 49 Struktogramm des Rechengangs nach Nassi-Shneidermann [5]Bild 5.3:

51 Bewegung des Tintenmeniskus und reflektierte Druckwellen nach verschiedenen Anregungen

Bild 5.4: 52

Tropfenerzeugung und Tintenbewegung in der Düse bei verschiedenen Eingangsdruckverläufen [32].

Bild 5.5:

54

Berechnete und gemessene Antwortschwingungen des Tintenschreibsystems nach Anregung mit 10 µs-Rechteckimpuls von 60 Volt. Der Wandler ist erst nach 60 µs messbereit.

Bild 5.6: 54

Auf die Tropfenablösespannung normierter Zusammenhang zwischen Impulsspannung und Tropfenfluggeschwindigkeit

Bild 5.7: 55 Tropfenaustritt an der Drop-on-Demand-DüseBild 5.8: 55 Tropfendurchmesser und FluggeschwindigkeitBild 5.9: 56 Fluggeschwindigkeit der Tropfen und Dauer des RechteckimpulsesBild 5.10: 56 Erzeugung einer Testimpulsfolge für intermittierenden BetriebBild 5.11a (neu) Mess- und Beobachtungseinrichtung zur Dokumentation der

frequenzabhängigen Tropfenfluggeschwindigkeit. (in der Originalversion der Dissertation noch nicht vorhanden) 57

Bild 5.11: 57 Handschriftlich aufgenommenes Lageprotokoll für eine Anregung nach Bild 5.10Bild 5.12 59 Restschwingungen und FluggeschwindigkeitBild 5.13:

60 Lauf einer Druckwelle durch das Schreibsystem bis zur ersten Kompensationsmöglichkeit

Bild 5.14: 61 Berechneter und untersuchter KompensationsimpulsBild 5.15:

61 Vergleich von Restschwingungen im Tintenkanal mit und ohne Kompensationsimpuls

Bild 5.16: 62

Einfluss der Folgefrequenz auf die Geschwindigkeit der Tropfen mit und ohne Kompensationsimpuls

Bild 5.17: 62

Übersprechen des 10 µs-Impulses auf einen benachbarten Kanal im Tintenschreibwerk

Bild 5.18: 63 Trennung verschiedener Übersprechmechanismen.Bild 5.19: 63 Messung der Übersprechwirkung auf den TropfenflugBild 5.20: 64 Übersprechen und Fluggeschwindigkeit der TropfenBild 5.21:

65 Schwingungsüberlagerung in den Restschwingungen durch in die Düse zurückfließende Tinte

Bild 9.1: 73 Blockschaltplan für ein KleinsignaltestgerätBild 9.2: 74 Messaufbau mit Kleinsignaltestgerät für zwei SchreibsystemeBild 9.3: 74 Impulsgenerator für Tintenschreibwerke. Funktionsgruppen:Bild 9.4: 75 Blockschaltplan des Impulsgenerators von Bild 9.3Bild 9.5: 77 Optische Messungen am TintenschreibkopfBild 9.6: 77 Gesamter MessaufbauBild 9.7:

78 Aufzeichnung des Tropfenfolgefrequenzganges mit Hilfe der Einspiegelvorrichtung (siehe Bild 9.6)

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Akustik und Fluidmechanik in Kanälen und Düsen von Tintenschreibwerken Bezeichnungen

© TU München (1984) • Wolfgang Wehl 7/78 4. Auflage (Stand 02/2012)

Bezeichnungen a m Abstand b m Abstand A m2 Querschnittsfläche A / Amplitude c m/s Schall-, Phasengeschwindig-

keit C F Kapazität d m Durchmesser d 1 Durchlassfaktor D 1 Lehrsches Dämpfungsmaß E Nm Energie E N/m2 Elastizitätsmodul E V/m elektrische Feldstärke f 1/s Frequenz F N Kraft

F(j) 1 Frequenzgangfunktion

g m/s2 Erdbeschleunigung h m Höhe I Ns Impuls I W/m2 Schallintensität k N/m Federkonstante K N/m2 Kompressibilität 1 m Länge m kg Masse O m2 Oberfläche p N/m2 Druck, Schalldruck P W Leistung q m3/s Schallfluss Q As Ladung r m Radius r 1 Reflexionsfaktor R Widerstand

S m Weg t s Zeit T s Periodendauer, Laufzeit U V Spannung U m Umfang v m/s Geschwindigkeit V m3 Volumen V 1 optische Vergrößerung w 1 Wandfaktor We 1 Weberzahl x m Wegkoordinate y m Wegkoordinate z m Wegkoordinate

ZA Ns/m5 Akustische Impedanz ZØ Ns/m3 Schallkennimpedanz

1 Spannungsfaktor

Vm2/N Umwandlungsfaktor des Piezo-röhrchens

1 Wirkungsgrad

Ns/m2 dynamische Viskosität

m Wellenlänge

1 Phasenwinkel

kg/m3 Dichte

N/m Oberflächenspannung

1/s Kreisfrequenz

Indizes a außen, ausgangs, akustisch, anregungs A Anregung d direkt D Düse, dicken el elektrisch e eingangs E Element F Fluid g gesamt G Gegenkoppel h hinten i innen I Impuls kin kinetisch K Kanal 1 links L längs m Mess M Messung 0 Oberfläche pot potenziell P Piezo- Ph Phasen r reziprok, reflexion, relativ, rechts R Röhrchen, radial stat statisch S Stör-, Schall Str Stroboskop th theoretisch T Tropfen, Tinte U Unterdruck, Spannung W Wand

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Akustik und Fluidmechanik in Kanälen und Düsen von Tintenschreibwerken 1. Einleitung

1. Einleitung Seit Ende der siebziger Jahre bieten einige Hersteller Tintendruckwerke in verschiedenen Ausfüh-rungen an [29]. Bei dieser Drucktechnik werden Tintentropfen gezielt auf Papier geschossen und zu Schriftzeichen oder Bildern mosaikartig zusammengesetzt [69]. Soweit sich die Tropfen einzeln durch elektrische Ansteuerimpulse abrufen lassen, spricht man von Drop-on-Demand-Systemen (Tropfen auf Abruf). Im Schreibwerk steht die Tinte unter leichtem statischen Unterdruck [29] und wird in den engen Düsenöffnungen kapillarisch gehalten, bis durch Druckwellen ein Tropfen abge-löst wird.

Bild 1.1 zeigt das dieser Untersuchung zugrundeliegende Schreibwerk des Tintendruckers PT 80 von Siemens. Wie aus der Schemazeichnung 1.2 hervorgeht, kann dieses Schreibwerk aus insge-samt zwölf Düsen – angeordnet in zwei parallelen Reihen – Tropfen ausstoßen. Die vertikale Tei-lung der Düsenöffnung beträgt 0,26 mm. Mit diesen Tintenschreibwerken lassen sich Buchstaben mit neun Rasterzeilen Höhe und drei Rasterzeilen Unterlänge drucken [63].

Tintendruckwerke vereinen in sich viele Vorteile anderer mechanischer und nichtmechanischer Druckverfahren [63]:

• extrem geräuscharmer Betrieb {< 35 dB(A)}

• farbfähig, auch Mischfarben möglich

• hohe Schreibgeschwindigkeit (300 Zeichen/s)

• Schreiben auf Normalpapier

• große Zeichenvielfalt und graphikfähig durch Matrixdruck

• hohe Zuverlässigkeit

• wartungs- und verschleißfrei

Bild 1.1: Drop-on-Demand-Tintenschreibwerk mit zwölf Schreibsystemen [63]. Vertika-le Düsenteilung 0,26 mm, Druckge-schwindigkeit 300 Zeichen/s, Tintenvor-rat 5 Millionen Zeichen

Bild 1.2: Schematischer Aufbau eines Tintenschreib-werks [63]. 1 Schreibwalze, 2 Abweisschieber mit Antrieb, 3 Düsenplatte, 4 Tintenkanal, 5 Piezoelektri-sches Wandlerröhrchen, 7 Verteiler, 8 Tinte, 9 Filter, 10 Hohlnadel, 11 Gummiverschluss, 12 Tintenüberwachungselektroden, 13 Tintenfla-schen

1.1 Problemstellung Obwohl man Tintendrucker schon seit einigen Jahren fertigt, existieren nur relativ wenige Be-schreibungen zur Physik dieser neuen Technologie. Veröffentlichte Ergebnisse beschränken sich

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Akustik und Fluidmechanik in Kanälen und Düsen von Tintenschreibwerken 1. Einleitung

meist auf Teilaspekte. Obwohl dann mit großem mathematischen Aufwand konkrete Lösungen an-gegeben werden, müssen die Eingangsgrößen frei gewählt werden. Mit Ausnahme von Rosen-stock [69] und Isayama [35] berücksichtigen publizierte Messungen ausschließlich die Parameter fliegender Tropfen.

Mit dieser Arbeit wird der Versuch unternommen, Tintendruck nach dem Drop-on-Demand-Verfahren an einem industriell hergestellten Druckwerk zu beschreiben. Vereinfachungen im theo-retischen Ansatz werden immer dann getroffen, wenn sie – durch Messungen bestätigt – keine ent-scheidenden Fehler verursachen. Die Arbeit ergänzt die Untersuchungen von Heinzl [28-33] und Rosenstock [69].

1.2 Ablauf der Untersuchungen Bild 1.3 zeigt das Schema eines einzelnen Tintenschreibsystems. Die drei wesentlichen Bestandteile sind das Piezoröhrchen als Aktor, der Tintenkanal als Stoff- und Energieübertrager und die Düse als Tropfenerzeuger.

Bild 1.3: Schema eines Tintenschreibsystems (Technische Daten im Anhang)

Die genannte Reihe bestimmt logischerweise den Aufbau dieser Arbeit. Der Wandler erzeugt als Aktor Druckwellen aus elektrischer Energie und umgekehrt als Sensor Ladungsverschiebungen aus Druckwellen. Hierzu werden die physikalischen Übergangsgleichungen bestimmt, Resonanzeigen-schaften untersucht und ein geeignetes Messprinzip erläutert.

Eine theoretische Beschreibung der Akustik im Tintenkanal gelingt anhand eines Finite-Elemente-Modells. Die beteiligten Parameter können durch Vergleich mit Schallmessungen nach Größe und Einfluss ermittelt werden.

Die Düse, modelliert als besonderes Finites Element, bildet das letzte Glied der Übertragungskette. Durch ein Gleichungssystem kann aus den Schallwellen im Kanal die Bewegung der Tinte in der Düse berechnet werden.

Ein abschließendes Kapitel behandelt das Gesamtsystem. Messungen unter Variation einiger wich-tiger Parameter gestatten eine umfangreiche Absicherung der Theorie. Aus den Ergebnissen können Schlüsse gezogen werden, die Wege zur Steigerung

der maximalen Betriebsfrequenz aufzeigen. Weiter können besondere Düsensignale erkannt und gedeutet werden, mit deren Hilfe ein Abgleich der Tropfenfluggeschwindigkeit ohne optische Kon-trolle möglich wird.

Neben den rein formalen Ableitungen zur Physik des Tintendrucks sollen verschiedene Signalfluss-pläne das Zusammenwirken der Teil- und Gesamtsysteme zeigen.

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Akustik und Fluidmechanik in Kanälen und Düsen von Tintenschreibwerken 2. Die Physik des Piezoröhrchens

2. Die Physik des Piezoröhrchens

2.1 Allgemeines Das untersuchte Tintenschreibwerk benutzt für die Druckerzeugung den piezoelektrischen Effekt. Die Druckgeber bestehen aus Bariumtitanat (BaTiO3) oder Blei-Zirconat-Titanat {Pb(ZrxTi1-x)O3}. Ähnlich wie bei der Porzellanherstellung wird diese keramische Grundmasse zu Röhrchen nach Bild 2.1 geformt und gebrannt [79].

Bild 2.1: Geometrie des Wandlerröhrchens aus Piezokeramik (Technische Daten im Anhang)

Die Keramikkristalle sind nach dem Sintern zunächst völlig ungeordnet. Nachdem man auf die Zy-lindermantelflächen eine dünne Silberschicht aufgebracht hat, werden die Röhrchen durch eine ho-he elektrische Feldstärke ( > 3·106 V/m) polarisiert [27]. Dadurch entsteht eine kristalline Vorzugs-richtung, womit die Keramik piezoelektrisches Verhalten bekommt. Unter dem direkten piezoelekt-rischen Effekt sind Ladungsverschiebungen in polarisierten Kristallen zu verstehen, die durch äuße-re Kräfte entstehen. Er ist umkehrbar [75].

Für die Druckerzeugung in Tintenschreibwerken verwendet man den reziproken Piezoeffekt. Grundlegend beschreibt Rosenstock [69] die Herstellung, Wirkungsweise und Anwendung der Pie-zoröhrchen.

Die folgenden Abschnitte behandeln Probleme der Wirkungsgradmessung, den später häufig benö-tigten direkten Piezoeffekt und das Eigenschwingungsverhalten der Röhrchen.

2.2 Das Piezoröhrchen als Aktor Zur Beschreibung der Druckerzeugung mit Piezoröhrchen soll zunächst angenommen werden, dass die beiden Stirnseiten des Wandlers geschlossen sind. Da sich ein eventueller Druckunterschied im Bereich des Röhrchens nur mit Schallgeschwindigkeit aus den seitlichen Öffnungen ausbreiten kann, ist diese Randbedingung nur für sprungartige Anregung zulässig. Die Geometrie des Röhr-chens ist so gewählt, dass sich nach dem Anlegen einer elektrischen Spannung im Wesentlichen nur der Innenradius ri ändert [69]. Die daraus folgende Änderung V des eingeschlossenen Volu-mens V0 führt nach Veit [78] zur einer Druckerhöhung bzw. -verminderung p:

ir

cd

V

KVp

2

0

2 (2-1)

Der Kompressionsmodul K bzw. der äquivalente Elastizitätsmodul E lassen sich aus Schallge-schwindigkeit c und Dichte bestimmen:

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2cEK (2-2)

Im Tintenschreibsystem befindet sich zur Isolierung zwischen Piezoröhrchen und Tinte noch eine dünne Gießharzschicht. Deshalb errechnet sich der Kompressionsmodul Kg in Analogie einer Fe-derreihenschaltung (kg = k · l / l, k = Federkonstante, l = Federlänge) gemäß den Volumenantei-len aus den verschiedenen Kompressionsmoduln Ki von Tinte und Gießharz:

i

iig V

VKK (2-3)

Somit lautet der Zusammenhang zwischen Anregungsspannung UA und erzeugtem Differenz-druck [69]:

AUp 1 (2-4)

Der in dieser Gleichung erscheinende Umwandlungsfaktor fasst alle physikalischen Einflüsse zwischen Spannung und Druck in einer Zahl zusammen. Für die Bestimmung dieses Faktors ist zu-nächst eine Ableitung des Wirkungsgrades, also des Verhältnisses zwischen elektrischer Energie und Druckenergie nötig.

2.3 Der Wirkungsgrad des Piezoröhrchens Die Druckerzeugung mit Piezoröhrchen weist durch den Wirkungsgrad beschreibbare Verluste auf. Verluste entstehen hauptsächlich in der Keramik selbst, durch die Güte der Kopplung zwischen Ke-ramik und Tinte und durch Energieabstrahlung in das Gießharz.

Um den Wirkungsgrad zu ermitteln, lädt man zunächst das Röhrchen elektrisch auf. Da es sich in erster Näherung wie ein Kondensator mit einer Kapazität CR von ca. 880 pF verhält, gilt eingangs-seitig für die elektrische Energie [40]:

E Cel R A 12

2U (2-5)

Das komprimierte Fluid wirkt ausgangsseitig als Speicher für die potentielle Energie Epot Der zu-nächst offensichtliche Lösungsweg über die Analogie einer durch statischen Umgebungsdruck vor-gespannten Feder ergibt für die Energie:

2

20

210

2 c

ppVEpot (2-6)

Versuche zeigen jedoch, dass es durchaus möglich ist, kurzzeitig auch Zugkräfte zu übertragen, de-nen ein unter dem Dampfdruck der Tinte liegender Druck entspräche. Dies lässt sich durch kurzzei-tig wirkende intermolekulare Kräfte erklären, für die Gleichung 2-5 nicht gelten kann. Vielmehr ist ein Vergleich mit der Kraftübertragung in einem ungespannten normalen Festkörperstab möglich. Hierfür lässt sich Gleichung 2-6 umformen zu:

2

210

2 c

pVEpot (2-7)

Die vereinfachte Gleichung 2-7 ist für die Untersuchung der Druckausgleichsvorgänge in Tinten-schreibwerken zulässig, da hohe Drücke immer nur kurzzeitig und örtlich begrenzt vorkommen.

Durch Division von 2-7 mit 2-5 erhält man den Wirkungsgrad des reziproken Piezoeffekts:

2

21

20

ARel

potr U

p

Cc

V

E

E

(2-8)

Damit kann auch der Umwandlungsfaktor bestimmt werden:

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RCc

V

20 (2-9)

Experimentelle Untersuchungen, wie sie mit der Beschreibung im nachfolgenden Kapitel 2.5 ein-fach möglich werden, ergeben einen Wirkungsgrad von 0,2 bis 2 %. Entsprechend liegt der Um-wandlungsfaktor zwischen 3·10-4 und 10·10-4 V·m2 N-1.

2.4 Der direkte Piezoeffekt Für die Druckmessung mit keramischen Röhrchen benutzt man den direkten Piezoeffekt. Die er-zeugte Ladung QM bzw. die durch sie bewirkte Spannung UM ist proportional der Kraft auf die Wandlerelektroden und damit ein Maß für den Druck im Röhrchen. Diese Aussage gilt aus zwei Gründen nur für Relativmessungen: Zum einen fehlt der Startdruck p0 im Messspannungsverlauf und zum anderen verfälschen Leckströme länger dauernde statische Messungen (> 1 s) unzulässig. Für die Untersuchungen an Tintenschreibwerken ist dies jedoch belanglos, da eine Messdauer von einer Millisekunde kaum überschritten wird.

Über die elektrische Kapazität des Piezoröhrchens CR erhält man aus der Ladung QM eine Span-nung UM:

R

MM C

QU (2-10)

Für die im allgemeinen nicht konstante Druckfunktion p(l) im Röhrchen kann allerdings nur ein Mittelwert gemessen werden:

Rl

R

lpl

p0

d11

(2-11)

Der mechanisch-elektrische Wirkungsgrad d (direkter Piezoeffekt) stimmt in seiner Größe mit dem elektrisch-mechanischen Wirkungsgrad (siehe Kapitel 2.3) überein ( = d = r). Allerdings muss man zu seiner Bestimmung aus Messspannung UM und Druck p1 Nenner und Zähler von Gleichung 2-8 vertauschen:

21

2

0

2

p

U

V

Cc MRd

(2-12)

Löst man 2-12 nach U und 2-8 nach p1 auf und setzt die beiden Gleichungen ineinander ein, so er-hält man 2-13. Der Wirkungsgrad ergibt sich daraus dann zu 2-14.

2222AArdM UUU (2-13)

A

M

U

U (2-14)

2.5 Das Piezoröhrchen als Sensor Es gibt zwei prinzipielle Messverfahren mit piezoelektrischen Sensoren: die Messung der Ladung mit einem Ladungsverstärker oder die Messung der durch Ladung erzeugten Spannung mit einem Elektrometerverstärker. Die Entscheidung für ein bestimmtes Verfahren kann erst nach Abwägen der spezifischen Vor- und Nachteile erfolgen.

Bild 2.2 zeigt die grundsätzliche Beschaltung für einen Operationsverstärker zur Umwandlung von Ladungen in Spannungen. Die Ausgangsspannung ist nach 2-15 direkt proportional der gemessenen Ladung [56].

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Bild 2.2: Der Ladungsverstärker [56] C Kapazität des Piezoröhrchens, CK Kabelkapazitäten, CG Gegenkoppelkapazität

Bild 2.3: Geschützter Elektrometerverstärker CR Kapazität des Piezoröhrchens, CK Kabelkapazitäten

G

MM C

QU (2-15)

Beim Ladungsverstärker gehen Kapazitäten des Sensors CR und der Zuleitungen CK nicht in das Messergebnis ein. Andererseits muss die Driftneigung der Ausgangsspannung kompensiert werden und der Gegenkoppelkondensator von hoher Güte sein. Eine Eichung der Ausgangsspannung ist deshalb in jedem Fall erforderlich. Da, wie in Kapitel 2.7 noch genauer beschrieben, das Piezoröhr-chen zeitweise an hohen Spannungen liegt, ist die Messung mit einem Ladungsverstärker wegen Startwertproblemen nur mit großem Bauteileaufwand möglich.

Einfacher in der Handhabung ist der Elektrometerverstärker, auch Spannungsfolger oder Impe-danzwandler genannt. Bild 2.3 zeigt ihn mit der Schutzschaltung vor zu hohen Spannungen.

Durch den Einsatz speziell geschalteter Feldeffekttransistoren, die, verglichen mit gewöhnlichen Dioden, einen extrem niedrigen Sperrstrom aufweisen, erhält man im Nutzspannungsbereich ein Messsignal hoher Güte.

KR

MM CC

QU

(2-16)

Die Messspannung ergibt sich durch Beziehung 2-16. Mit 880 pF ist die elektrische Kapazität des Röhrchens viel größer als die Zuleitungs- und Eingangskapazitäten verwendeter FET-Operations-verstärker, weshalb man CK vernachlässigt. Der nur wenige Picoampere große Eingangsstrom er-gibt Entladezeitkonstanten von mehreren Minuten und ist deshalb vernachlässigbar. Für qualitative Kurzzeitmessungen genügt sogar die Eingangsimpedanz handelsüblicher Oszilloskope (1 M, 25 pF).

2.6 Eigenschwingungen des Piezoröhrchens Das Piezoröhrchen ist ein dickwandiger Hohlzylinder. Seine Länge ist fünfmal größer als sein Au-ßendurchmesser. Nach Armenakas [1] und Bugdayci [14] ist sein Schwingungsverhalten mit auf-wendigen Differentialgleichungssystemen geschlossen beschreibbar. Die vier nachweisbaren Eigen-schwingungen stimmen mit den zugehörigen theoretischen Lösungen von Armenakas gut überein:

Schwingungsmode: (f in MHz) gemessen berechnet nach [1]

Längsschwingung: 0,15 0,14

Umfangsschwingung: 0,66 0,69

1. Dickenschwingung: 3,50 3,52

2. Dickenschwingung: 3,75 3,73

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Rosenstock [69] misst den frequenzabhängigen Impedanzverlauf des Piezoröhrchens über die Paral-lel- und Serienresonanz und leitet daraus den Wirkungsgrad des Wandlers ab. Man kann den mit der Versuchsanordnung in Bild 2.4 gewonnenen Messkurvenverlauf auch theoretisch vorhersagen.

Bild 2.4: Prinzip der Impedeanzmessung. CR Kapazität des Piezoröhrchens, RV Vorwiderstand

Bild 2.5: Theoretischer Impedanzverlauf für das Piezoröhr-chen im Bereich der Längsschwingung (fL = 150 kHz) bei einem Wirkungsgrad von 5 bzw. 10 %. Die Dämpfung D beträgt 0,05.

Untersucht wird Amplitude und Phase der Spannung am Piezoröhrchen, die sich aus Anregungs- und Gegenspannungen nach Kapitel 2.4 zusammensetzen. Die beiden Spannungen überlagern sich phasenverschoben. Im globalen Verhalten zeigt sich ein proportionales Verzögerungsglied 1. Ord-nung (PT1-Glied). über der sich aus RV und CR ergebenden Eckfrequenz fällt die Spannung um 6 dB/Oktave ab [70]. Das Piezoröhrchen kontrahiert sich dabei stets proportional der angelegten Wechselspannung.

Die geringe Dämpfung der piezokeramischen Eigenschwingungen auch für eingegossene Röhrchen bedingt ihre schmale Bandbreite. Deshalb wirkt sich nur im Frequenzbereich um die Resonanzstel-len die Bewegung als Einmassenschwinger merklich aus. Eine mathematische Beschreibung liefert nach Schmidt [70] die Frequenzgangfunktion des Verzögerungsgliedes 2. Ordnung (PT2-Glied):

20

20

20

2

jjD

jF

(2-17)

0 ist die Eigenfrequenz und D das Lehrsche Dämpfungsmaß. Aus Beziehung 2-17 erhält man für eine normierte harmonische Anregung (Amplitude = 1) mit den Gleichungen 2-18 und 2-19 die Amplituden- und Phasenbeziehung der Gegenspannung.

2

0

22

0

21

D

A (2-18)

2

0

0

1

2

arctan

D

(2-19)

Durch phasenrichtige Addition von Anregungs- und Gegenspannung ergibt sich mit 2-20 und 2-21 die zu messende frequenzabhängige elektrische Impedanz des Piezoröhrchens.

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cos1 2 AAAg (2-20)

cos1

sinarctan

g

gg A

A (2-21)

Den berechneten Impedanzverlauf für Wirkungsgrade von 5 und 10 % im Bereich der Röhrchen-längenresonanz zeigt Bild 2.5. Er stimmt gut mit den Messungen von Rosenstock [69] überein.

Die Parameter Dämpfung und Wirkungsgrad beeinflussen die Impedanz so ähnlich, dass eine nach-trägliche Trennung nicht möglich ist. Wenn ein Parameter aber bekannt ist, lässt sich der andere aus der Differenz zwischen kleinster und größter Impedanz im Bereich einer Resonanzfrequenz ermit-teln.

2.7 Impuls-Echo-Messungen mit Piezoröhrchen Das Messverfahren nach Kapitel 2.6 beruht auf der ständigen Erzeugung einer Gegenspannung am Piezoröhrchen. Für den praktischen Einsatz im Tintendrucker eignet sich eine Messung nach dieser Methode jedoch aus mehreren Gründen nicht. Zum einen vergrößert der Vorwiderstand die Zeit-konstante und verhindert damit ein schnelles Umladen der Keramik, zum anderen müsste stets ein Kompromiss zwischen Störabstand und Aufladegeschwindigkeit getroffen werden. Sehr kleine Druckschwankungen im Piezoröhrchen könnte man gar nicht registrieren.

Ein in der elektrischen Messtechnik bewährtes Messverfahren zeigt das Blockschaltbild 2.6. Es lässt sich auch für die Untersuchung von Tintenschreibwerken verwenden.

Gemessen wird mit dem aus der Ultraschalltechnik bekannten Impuls-Echo-Verfahren [68], wobei Aktor und Sensor identisch sind. Nach der Druckerzeugung koppelt man das Piezoröhrchen vom Impulsverstärker hochohmig ab und schaltet es an den Messverstärker. Da man das Röhrchen nur für eine vergleichsweise sehr kurze Zeit als Aktor benötigt, ist fast immer Mess- bzw. Sensorbetrieb möglich.

Bild 2.6: Prinzip des sequentiellen Piezoröhrchenbetriebs als Aktor und Sensor (Impuls-Echo-Verfahren)

Da der Messvorgang abgekoppelt vom Impulsgeber abläuft, kann auch der Impulsverstärker den Er-fordernissen des Aktorbetriebs angepasst werden (Kleiner Innenwiderstand = kurze Umladezeit des Piezoröhrchens). Ohne großen Aufwand lassen sich in der Messung sehr große Störabstände (> 60 dB) erzielen. Grund für dieses gute Ergebnis sind die bis über 1 Volt hohen Messspannungen und die gegenüber handelsüblichen Piezosensoren relativ große Kapazität des Röhrchens.

2.8 Druckerzeugung mit piezokeramischen Röhrchen Eine Sprunganregung am Wandler erzeugt zwei Druckwellen, die nach Bild 2.7 mit der örtlichen Schallgeschwindigkeit aus dem Piezoröhrchen herauslaufen [69]. Das vollständige Systemverhalten des piezoelektrischen Wandlers wird im Signalflussplan nach Bild 2.8 beschrieben.

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Bild 2.7: Druckerzeugung mit Piezoröhrchen [32]. cR, cK Schallgeschwindigkeiten

Bild 2.8: Allgemeiner Signalflussplan zur Druckerzeugung mit Piezoröhrchen 1 Elektrische Eigenschaften in Verbindung mit der Ansteuerung, 2-5 Piezoelektrischer Effekt und mechanisches (Resonanz-) Verhalten, 6-7 Druckerzeugung und ihre Rückwirkung auf das Piezo-röhrchen, 8-11 Druckwellenentstehung, 12-13 Druckausbreitung

Eingangsgröße ist die Impulsspannung UR, Ausgangsgrößen sind die Drücke an den Grenzflächen von Röhrchen zum Kanal (pe und pr) bzw. p1 und p2 an einer entfernten Stelle im Kanal (Bild 2.7). Dieser Signalflussplan gilt, solange man keine Reflexionen, Dämpfung und Dispersion berücksich-tigt. Die zwei Ausgangspfeile des Plans kennzeichnen die stets gleichförmigen, aber antiparallel ge-richteten Druckwellen, die an den beiden Seiten des Piezoröhrchens austreten.

Das PT1-Glied (1) in Bild 2.8 erklärt sich durch die Innenwiderstände des Impulsgebers, der Zulei-tungen und der Kapazität des Röhrchens. Es kann in weiten Grenzen den Erfordernissen angepasst werden. Die parallel geschalteten PT2-Glieder (2-5) beschreiben die messbaren Grundschwingun-gen des Piezoröhrchens nach Kapitel 2.7. Ausgangsgröße ist hier die Veränderung des vom Röhr-chen eingeschlossenen Volumens. Die P-Glieder 6 und 7 beschreiben nach Rosenstock [69] verein-facht die Druckerzeugung durch Kompression und die Gegenreaktion des Drucks auf das Röhrchen. Der Druck wird in den Proportionalgliedern 9 und 11 halbiert (k = 0,5) und wandert in der durch die identischen Totzeitglieder 8 und 10 gegebenen Zeit lR/cR aus dem Röhrchen. Nach einer Laufzeit a1/ck und a2/ck, die durch 12 bzw. 13 dargestellt wird, erscheint der Druck an den Ausgängen 1 und 2.

Ohne die Druckerzeugung im interessierenden Frequenzbereich falsch zu beschreiben, lässt sich der Signalflussplan stark vereinfachen. Dies gilt vor allem für die PT1- und PT2-Glieder 1 bis 7. So kann man die Eckfrequenz des PT1-Glieds (1) fast beliebig hochlegen. Damit bleibt allein der Pro-portionalfaktor übrig.

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Auch die PT2-Glieder (2-7) lassen sich durch ein einziges P-Glied ersetzen, da das in sich sehr stei-fe Röhrchen wegen seiner hoch liegenden Resonanzfrequenzen stets unterkritisch betrieben wird. Wegen der Hochabstimmung folgt auch der Differenzdruck im untersuchten Frequenzbereich linear und zeitgleich dem Spannungsverlauf (2-2). So liegt die erste, zur Kanalmitte gerichtete Eigen-schwingung mit 680 kHz (Umfangsschwingung) weit über der Folgefrequenz der Anregungsimpul-se, die auch im Experiment kaum 10 kHz überschreitet.

In dieser Hochabstimmung liegt auch ein Vorteil gegenüber Tintenschreibwerken, die für die Dru-ckerzeugung Biegeschwinger benutzen. In diesen Schreibwerken kommt die Resonanzfrequenz der Biegeschwingung schon in den Bereich der Tropfenfolgefrequenz. Die Tinte ist hier nicht rückwir-kungsfrei an den Wandler gekoppelt. In diesem Fall darf die Druckausbreitung im Kanal nie ge-trennt von der Druckerzeugung betrachtet werden [10, 25, 34, 39, 60, 67].

Auch im umgekehrten Fall, der Messung durch den direkten Piezoeffekt, erhält man eine dem au-genblicklichen, gemittelten Druck im Röhrchen proportionale Spannung (2-11). Das Eigenleben des Piezoröhrchens ist vernachlässigbar klein.

Die getroffenen Vereinfachungen ergeben einen reduzierten Signalflussplan nach Bild 2.9, in dem die Glieder 1 bis 7 zu einem einzigen Proportionalglied (14) zusammengefasst sind.

Bild 2.9: Reduzierter Signalflussplan: Druckerzeugung mit Piezoröhrchen. Num-mern wie in Bild 2.8 außer: 14 Zusammen-fassung des piezoelektrischen Effekts und der Druckerzeugung

Bild 2.10: 40 µs-Impulsanregung und resultierende Druckantwort am Röhrchen-Kanal-Über-gang (berechnet)

In diesem Signalflussplan kommen nur noch Proportional- und Totzeitglieder vor. Die beschreiben-den Differentialgleichungen reduzieren sich zu Zeitverschiebungen und einfachen Multiplikationen. Damit bleibt als Zusammenfassung des ganzen Plans die Erregerspannung-Druck-Beziehung [32]:

R

RAARK c

ltUtUtp

2

1 (2-22)

Die Gleichung verdeutlicht, dass sich mit Piezoröhrchen kein Gleichdruck erzeugen lässt. Nach ei-ner Laufzeit von Tt= lR/cR überlagert sich immer der gegenphasige Anteil. Ein 40 µs-langer recht-eckiger Anregungsimpuls erzeugt beispielsweise an den beiden Röhrchen-Kanal-Übergängen bei einer Schallgeschwindigkeit von 1300 m/s zwei Druckwellen nach Bild 2.10.

Zusammenfassend ergeben sich durch die Verwendung von Piezoröhrchen – vor allem im bezug auf die noch folgenden Untersuchungen – zwei Vorteile: Zum einen ist die Druckausgangsfunktion wegen der Hochabstimmung einfach zu bestimmen. Zum zweiten verfügt man mit dem Impuls-Echo-Verfahren, ohne dass konstruktive Änderung am Schreibwerk nötig werden, über ein einfa-ches und genaues Messverfahren.

Das Impuls-Echo-Verfahren hat in Verbindung mit den Ergebnissen der nachfolgenden Kapitel auch technische und wirtschaftliche Vorteile. So wird gezeigt, wie man an Tintenschreibwerken oh-ne optische Kontrolle über den vorhandenen Anschlussstecker elektrisch einen umfassenden Funk-tionstest durchführen kann.

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Akustik und Fluidmechanik in Kanälen und Düsen von Tintenschreibwerken 3. Die Schalldruckausbreitung im Tintenkanal

3. Die Schalldruckausbreitung im Tintenkanal

3.1 Experimente mit einem Versuchskanal Das zweite Kapitel befasste sich mit der Druckerzeugung durch Piezoröhrchen. Die Ausbreitung des Drucks durch Schallwellen soll in logischer Folge Thema dieses Abschnitts sein. Aus verschie-denen Gründen erfordert die mathematische Modellierung für den speziellen Fall des Tintendrucks neue Untersuchungs- und Berechnungsmethoden.

In der Akustik beschreiben die Gesetze der Ebenen Wellen die eindimensionale Schallausbreitung. Die grundlegende Wellengleichung lautet [77]:

2

2

22

2 1

t

p

cx

p

(3-1)

Die allgemeine Lösung für den Druck als Funktion von Ort und Zeit gibt Gleichung 3-2. Sie be-rücksichtigt aber keinerlei Dämpfung, Wellendispersion und Reflexionen, die zudem frequenzab-hängig sein können.

p t x f tx

cf t

x

c,

1 2 (3-2)

Wegen der komplexen Gestalt des Tintenkanals und seinen vielfältigen Randbedingungen ist es nicht möglich, ihn ohne Vereinfachungen mathematisch geschlossen zu beschreiben.

Mit der Aufzeichnung eines Amplituden- und Phasengangs durch die Harmonische Schallanalyse in einem Bode-Diagramm besteht die Möglichkeit, reale akustische Systeme frequenzabhängig zu durchleuchten [70]. Obwohl dieses Verfahren in der Technischen Akustik sehr verbreitet und in vie-len Bereichen nicht ersetzbar ist, lassen sich Tintenschreibwerke damit nicht sinnvoll untersuchen. Wie die Bezeichnung Drop-on-Demand schon deutlich machen will, ist die Tropfenerzeugung kein periodisches, sondern ein transientes, zu beliebiger Zeit abrufbares Ereignis. Es liegt deshalb nahe, die Kanäle der Tintenschreibwerke selbst mit transienten Anregungen zu untersuchen.

Zur Analyse eines linearen Systems verwendet man in der Regelungstechnik und Systemtheorie häufig die Sprungfunktion. Aus der Übergangsfunktion lässt sich mit gewissen Einschränkungen ohne großen mathematischen Aufwand das globale Verhalten eines Systems direkt ablesen [70].

Für grundsätzliche Untersuchungen der Druckausbreitung und zur Überprüfung und Verfeinerung der Berechnungsmethoden wurde ein einfacher Versuchskanal mit zwei gleichartigen Piezoröhr-chen nach Bild 3.1 a benutzt.

Bild 3.2 zeigt den Versuchskanal im vollständigen Messaufbau. Hier arbeitet – noch ohne die in Kapitel 2.7 beschriebene Messumschaltung – das linke Röhrchen als Aktor und das rechte als Sen-sor. Der Messspannungsverlauf kann direkt am Oszilloskop angezeigt oder auch digitalisiert über Transientenrecorder in einen Rechner eingelesen werden.

Das erste Piezoröhrchen wird sprungartig mit einer Spannung von 20 Volt aufgeladen. Danach kann man am zweiten, als Sensor geschalteten Röhrchen ein Signal nach Bild 3.3 messen.

Im ersten Bereich der Sprungantwort bis 400 µs fallen zunächst sechs Spannungsspitzen (1 - 6) auf. Nach etwa 500 µs erscheint dann anstelle markanter, diskreter Spitzen eine niederfrequente Schwingung mit 1,7 kHz.

Eine erste Interpretation der Messung ist ohne großen mathematischen Aufwand möglich. Kapitel 2 liefert als Schlussergebnis in Gleichung 2-22 die Druckfunktion an den beiden Röhrchenausgängen, d. h. die Beschreibung der von dort ausgehenden Schalldruckwellen. Da Wellen an Hindernissen reflektiert werden, wird sich auch an den Enden des Versuchskanals (Bild 3.1 a, Punkt 3 und 4) die Schallausbreitungsrichtung umkehren. Die vom Piezoröhrchen 1 erzeugten Druckwellen laufen da-

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durch mehrfach reflektiert mit Schallgeschwindigkeit im Kanal hin und her. Den unterschiedlichen Laufstrecken entsprechend, erscheint eine Druckwelle somit mehrmals an dem als Sensor geschalte-ten Piezoröhrchen 2.

Bild 3.1 b zeigt schematisch die zeitabhängigen Lagen der zwei Druckbereiche im Versuchskanal nach der Sprunganregung. Die durchgezogenen Linien beziehen sich auf vom Röhrchen 1, die ge-strichelten auf vom Röhrchen 2 ausgehende Druckwellen. Zu den Zeitpunkten T1 bis T6 durchlau-fen die Druckwellen das jeweils andere, als Sensor geschaltete Röhrchen (Ablesegerade A1 bzw. A2). Die Abbildung verdeutlicht, dass es für den zu erwartenden Messspannungsverlauf unerheb-lich ist, welches Röhrchen als Aktor und welches Röhrchen als Sensor geschaltet wird. Formal las-sen sich die Zeiten T1 bis T6 aus den Gleichungen 3-3 a-f ableiten:

Bild 3.1: a) Versuchskanal mit zwei Piezoröhrchen (1, 2), einem geschlossenen Ende bei 3 und einem offenen bei 4. (Technische Daten im Anhang);

Bild 3.1: b) schematische Schallausbreitung; bei Anregung von Wandler 1 gilt die Ablesegerade A1, bzw. bei Wandler 2 A2.; c: qualitatives Messsignal nach einer Sprunganregung.

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Bild 3.2: Messaufbau mit dem Versuchskanal: 1 Oszilloskop, 2 Impulsgenerator, 3 Versuchskanal

Bild 3.3: Sprungantwort von Wandler 2 im Versuchskanal nach einer Anregung von 20 Volt am Wandler 1 Die Punkte 1 bis 6 entsprechen denen aus Bild 3.1 c

Tc

l lK

1 1

1 2 (3-3a)

Tc

l lK

2 1

1 2 (3-3b)

Tc

l l lK

3 1 2

12 3 (3-3c)

Tc

l l lK

4 1 2

12 3 (3-3d)

Tc

l l lK

5 1 2

12 3 (3-3e)

Tc

l l lK

6 1 2

12 3 (3-3f)

Die Schallgeschwindigkeit errechnet sich mit den gegebenen geometrischen Größen im Mittel zu 950 m/s.

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Im zweiten Messabschnitt nach Bild 3.3 erklärt sich ab 400 µs die niederfrequente Schwingung durch eine „Stehende Welle“ im Kanal. Ähnlich wie in einer Orgelpfeife befindet sich ein Druck-bauch an der Querschnittsverengung und ein Druckknoten an der Erweiterung. Die Kanallänge ent-spricht einem Viertel der gemessenen Wellenlänge (/4-Schwinger) [68]:

fc c

lK K

00 34

(3-4)

Mit der gemessenen Frequenz von 1,7 kHz ergibt sich im Kanal eine Schallgeschwindigkeit von etwa 890 m/s. Der Unterschied zwischen den abgeleiteten Schallgeschwindigkeiten von 890 und 950 m/s beträgt 6 %.

Diese ersten groben Abschätzungen lassen noch viele Fragen offen. Rosenstock [69] hat geklärt, warum die empirisch ermittelte Schallgeschwindigkeit sehr viel kleiner als der in der Literatur für das Tintenlösungsmittel Glykol angegebene Wert ist. Es können jedoch noch Unterdruckwellen gemessen werden, obwohl die anregende elektrische Sprungfunktion nach Gleichung 2-22 nur zwei Überdruckbereiche erzeugt. Die vor allem im ersten Zeitabschnitt sichtbare Überlagerung höherfre-quenter Druckschwankungen bedarf ebenso einer Klärung wie der Mechanismus, der aus anfänglich diskreten Druckspitzen eine niederfrequente Schwingung werden lässt.

Zur Absicherung der theoretischen Überlegungen wurde ein Rechenprogramm nach dem Prinzip der Finiten Elemente entwickelt. Es liefert für jede Anregungsform und für beliebig geformte ein-dimensionale und verzweigungsfreie Kanäle den zu erwartenden Messspannungsverlauf. Dies ist dann die Voraussetzung für einen einfachen Vergleich zwischen theoretischen und experimentellen Ergebnissen.

3.2 Mathematische Modellierung Die Akustik jedes beliebigen Kanals kann durch einen Finite-Elemente-Ansatz mathematisch ein-fach beschrieben werden. Bei ständiger Aktualisierung der Randbedingungen gilt in diesen Elemen-ten stets Gleichung 3-2. Die Größe der Finiten Elemente kann in Hinblick auf die gewünschte end-liche Genauigkeit des Rechenergebnisses bestimmt werden. Akustische Kanalberechnungen nach diesem Muster sind vor allem mit Computern genau und schnell durchzuführen.

Da der Kanaldurchmesser stets klein gegenüber den vorkommenden Wellenlängen bleibt (d « ), kann man sich in Tintenschreibkanälen auf eine eindimensionale Untersuchung beschränken. Ande-rerseits muss man in den akustischen Finiten Elementen die Dimension Zeit wegen ihres Zusam-menhangs mit der Schallgeschwindigkeit berücksichtigen:

Tct 1

(3-5)

Bevor das mathematische Gesamtmodell näher erklärt werden kann, müssen zunächst die akusti-schen Eigenschaften eines Finiten Elements diskutiert werden.

3.2.1 Das akustische Finite Element Ein Finites Element entspricht geometrisch einem homogenen zylindrischen Rohr. Bild 3.4 zeigt schematisch ein solches Element als Bindeglied zwischen zwei anderen.

Akustisch ist dieses zylindrische Rohr relativ einfach zu beschreiben. Die Beschriftung deutet schon an, dass die Radien (r), Wandstärken (d) und die Stoffwerte von Tinte und Kanalwand elementab-hängig zu berücksichtigen sind. Die Laufzeit einer Welle durch das Element ergibt sich aus seiner Länge lE und der Schallgeschwindigkeit cE.

Schall kann sich nur ungestört ausbreiten, solange die genannten Größen konstant bleiben. Ändert sich aber z. B. die Kanalquerschnittsfläche, so werden die Schallwellen teilweise reflektiert. Außer-dem kann sich die Schallgeschwindigkeit – vor allem unter dem Einfluss des Wandmaterials – än-

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dern, wodurch ebenfalls Reflexionen entstehen. Zur besseren Unterscheidung von der als Stoffgrö-ße konstanten Schallgeschwindigkeit c im unendlich ausgebreiteten Medium wird die im Kanal veränderte Schallgeschwindigkeit cK in der Literatur oft auch als Phasengeschwindigkeit bezeich-net [68, 78].

Bild 3.4: Finites Kanalelement. Zur physikalischen Beschreibung notwendige Größen: E1 Elastizitätsmodul der Wand, F Dichte, di Wandstärke, ri Kanalradius, cF Schallgeschwindigkeit der Tinte, LE Elementlänge, pi/j ein- undauslaufende Druckwellen

Zur Berechnung der Reflexions- und Durchlassfaktoren lassen sich die gegebenen geometrischen und materialabhängigen Größen zu einem kennzeichnenden Wert, der Akustischen Impedanz oder dem Akustischen Wellenwiderstand (ZA), zusammenfassen. Die Akustische Impedanz ist der Quo-tient aus Schalldruck und Schallfluss [68]. Sie ergibt sich aus Dichte der Flüssigkeit T, Phasenge-schwindigkeit und Kanalradius:

Zp

q

c

rAT T

K

2 (3-6)

Während Dichte und Kanalradius einfach zu bestimmen sind, muss man für die Phasengeschwin-digkeit nach Veit [78] auch den Elastizitätsmodul EW des jeweiligen Wandmaterials und die Wand-stärke d berücksichtigen:

11

112

1 2

2

K

K

W

T

K

r

d

r

d

E

K

cc (3-7)

Der Elastizitäts- bzw. Kompressionsmodul der Tinte lässt sich aus Dichte und Schallgeschwindig-keit berechnen (E = c² • , Glg. 2-2). In Tintenschreibwerken ist die Wandstärke stets relativ groß. Es ist deshalb zweckmäßig, die Gleichungsanteile aus 3-7, die die Wandstärke berücksichtigen, durch einen Wandfaktor zu ersetzen:

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w

d

r

d

r

K

K

1 1

1 1

2

2 (3-8)

Dieser Faktor kann dann fast immer zu eins gesetzt werden, womit sich 3-7 vereinfacht zu:

cc

c

E

K

T

W

12 2

(3-9)

Die Phasengeschwindigkeit sinkt nach Gleichung 3-9 vor allem bei weichem, elastischem Wandma-terial ab.

Reflexionsgesetze

Zur Berechnung der Schallausbreitung kann man zunächst mit den Impedanzen die Reflexions- und Durchlasswerte ermitteln. Dabei ergeben sich über die beteiligten Akustischen Impedanzen Z1 und Z2 (s. Bild 3.4) die Reflexionsfaktoren (r) und die Durchlassfaktoren (d) zu [68]:

1/221

122/1 r

ZZ

ZZr

(3-10)

1/221

22/12/1 2

21 d

ZZ

Zrd

(3-11)

Der Reflexionsfaktor durchläuft nach Bild 3.5 den Zahlenbereich von plus bis minus eins. Über-druckwellen können somit auch als Unterdruckwellen zurücklaufen und umgekehrt. Der Durchlass-faktor ist um den Wert eins größer als der Reflexionsfaktor. Bei starker Querschnittsverringerung kommt es dann sogar zu einer Schalldruckverdopplung. Da die Schallenergie aber proportional dem Produkt aus Fläche und Quadrat des Schalldrucks ist, kommt es natürlich zu keiner Energiezunah-me.

Bild 3.5: Zusammenhang zwischen Reflexions- und Durchlassfaktoren sowie dem Impedanzverhältnis

Dämpfung

Neben Reflexionen beeinflussen noch Dämpfung bzw. Absorption die Schallausbreitung. Die Lite-ratur kennt zunächst die „Klassische Dämpfung“ durch innere Reibung [42]. Nach Kurtze existiert

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weiter eine molekulare Dämpfung, die durch Relaxationsprozesse in den Molekülen bei Druckände-rungen entsteht. Das gedämpfte Mitschwingen der Kanalwand führt ebenfalls zu Energieabsorption.

Allen Dämpfungsmechanismen ist gemeinsam, dass sie frequenzabhängig sind und nur über 100 kHz eine nennenswerte Rolle spielen. Die kurzen Druckspitzen verflachen aber nach der Mes-sung in Bild 3.2 sehr schnell, was auf eine sehr hohe Dämpfung schließen lassen würde. Im Kapi-tel 3.3.2 wird dann gezeigt, dass es sich hier um Wellendispersion handelt. In den nächsten Ab-schnitten wird deshalb zunächst, wie schon bei Rosenstock [69], eine fiktive Dämpfung angesetzt, die für das jeweilige Rechenmodell die beste Übereinstimmung mit der Messung ergibt.

Signalflussplan

Die Gleichungen 3-5 bis 3-11 beschreiben die Schallausbreitung in einem Finiten Element (Bild 3.4). Ihre gegenseitige Verkopplung verdeutlicht der aus ihnen abgeleitete Signalflussplan nach Bild 3.6.

Eingangsgrößen sind die Schalldruckwellen p1/2 und p3/2, Ausgangsgrößen die Wellen p2/1 und p2/3. Die einzelnen Blöcke des Signalflussplans – es kommen nur Proportional- und Totzeitglieder vor – sind durch die Beziehungen 3-12 a bis 3-12 g definiert. Die Elemente Tt1, Tt2, r2/1 und r2/3 bilden eine Kreisstruktur. In ihr zeigt sich das gedämpft schwingfähiges Systemverhalten, das Schallwel-len frequenzselektiv passieren lässt. Die Eigenfrequenz und Amplitudenabnahme sind abhängig von Vorzeichen und Größe der Reflexionsfaktoren und von den durch lE und cE bestimmten Laufzeiten einer Schallwelle durch das Element.

Bild 3.6: Signalflussplan des Finiten Kanalelements. Die einzelnen Blöcke symbolisieren die entsprechenden Reflexions- und Durchlassfaktoren bzw. Tt1 und Tt2, die antiparallel gerichteten, aber gleichgroßen Laufzeiten einer Schallwelle durch das Element

Der hier verwendete Ansatz ist einfacher als das Finite-Elemente-Berechnungsverfahren von Re-zanka [67]. Da sich die Ergebnisse – wie noch gezeigt wird – gut mit den Messungen decken, kann stets auf die Ermittlung der Schallschnelle verzichtet werden.

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2

221

E

Ett c

lTT (3-12a)

dZ

Z Z1 22

1 2

2/

(3-12b)

dZ

Z Z2 11

1 2

2/

(3-12c)

dZ

Z Z3 22

2 3

2/

(3-12d)

dZ

Z Z2 33

2 3

2/

(3-12e)

rZ Z

Z Zr2 1

1 2

1 21 2/

/ (3-12f)

rZ Z

Z Zr2 3

3 2

3 23 2/

/

(3-12g)

3.2.2 Anwendung in beliebig geformten Kanälen Die mathematische Modellierung einer Reflexionskammer ermöglicht mit Kenntnis der einlaufen-den Druckwellen und der geometrischen und stoffabhängigen Größen eine genaue Vorhersage der auslaufenden Druckwellen. Ein beliebig geformter, aber verzweigungsfreier Kanal wird aus vielen kleinen Reflexionskammern zusammengesetzt. Die Ausgänge im Signalflussplan des Finiten Ele-ments nach Bild 3.6 werden mit den Eingängen ihres jeweiligen Nachbarelements verknüpft. Durch schrittweises Berechnen kann man damit den Druck als Funktion von Ort, Zeit und Anregungsver-lauf bestimmen.

In Kanälen können auch stetige Querschnittsänderungen vorkommen. Deshalb müssen zur Fehler-minimierung die Finiten Elemente wegen ihres zylindrischen Grundkörpers hinreichend klein ge-macht werden. Weiter ist es zweckmäßig, alle Reflexionskammern in ihrer Länge so anzupassen, dass Schallwellen sie in gleicher Zeit durchlaufen (TE = lE/cE = konst. d. h. lE = TE · cE).

Die elektrische Anregungsfunktion am Aktor muss in eine Treppenkurve zerlegt werden. Die Trep-penzeit entspricht dem Rechenzeitschritt bzw. der Elementelaufzeit (t = TE). Damit herrscht zum Taktbeginn konstanter Druck über die Elementlängen lE. Da die Druckbereiche mit konstanter Taktzeit durch die Finiten Elemente des Kanals wandern, entsteht kein weiterer Rechenfehler.

Unter den genannten Voraussetzungen kann man mit einem Rechenprogramm auf einfache Weise einen Zeitschritt nach dem anderen berechnen. Ein Beispiel sei mit den Kanälen nach Bild 3.7 a und b gegeben.

Von links kommt ein Druckimpuls mit hundert Einheiten. Er läuft nach dem Schema 3.7 c durch diesen Kanalabschnitt. Bild 3.7 d zeigt für die Punkte 1 und 2 die Druckfunktion der durchlaufen-den und reflektierten Wellen.

Bei der einmaligen Querschnittsänderung (Bild 3.7 b) bleibt die Form der einlaufenden Wellen er-halten. Im Gegensatz dazu haben schon zwei aufeinanderfolgende Impedanzänderungen (Bild 3.7 a) die Speicherwirkung einer Reflexionskammer. Damit entstehen aus dem kurzen Druckimpuls am Eingang lang andauernde Druckschwankungen. In der Summe sind die reflektierten und durchge-lassenen Druckanteile für die beiden Fälle 3.7 a und b aber gleich groß.

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Bild 3.7: a: Kanal mit zwei Querschnittssprüngen. r1 = 2r2 = 4r3, daraus folgt Z1 = ½Z2 = ¼Z3

b: Kanal mit einem Querschnittssprung. r

l-.

1’ = 4r3’, daraus folgt Z1’ = ¼Z3’; c: Schema der Druck-ausbreitung. Die in Klammern gesetzten Zahlen im gestrichelten Abschnitt beziehen sich auf b., ale anderen auf a. d: Durchgelassene und reflektierte Druckwellen für beide Kanäle a. und b

Für qualitative Abschätzungen der Schallausbreitung in beliebig geformten Kanälen ist es hilfreich, das globale Verhalten der typischen Kanalelemente nach Bild 3.8 zu kennen. Zu diesem Zweck sol-len die Reflexions- und Durchlassantworten (Bild 3.9) dieser Elemente auf eine von der linken Seite kommenden Sprunganregung kurz diskutiert werden.

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Bild 3.8: Typische Kanalelemente. a, b: einfache sprungartige Querschnittsänderung; c, d: zweifache sprungartige Querschnittsände-rung; e, f: stetige Querschnittsänderung; g, h: Drossel- und Hohlkammer. Eingangs- und Aus-gangsimpedanzen verhalten sich wie 1:4 bzw. wie 4:1. Die Registrierstellen für die reflektierten und durchgelassenen Wellen befinden sich bei R und D.

Eine sprungartige Impedanz (z. B. Querschnitts-Änderung) (Bild: 3.8 a, b bzw. 3.9 a, b)

Entsprechend den aus der Impedanzänderung ableitbaren Reflexions- und Durchlassfaktoren, ver-ändern sich in allen vier Fällen die Amplituden der Druckwellen unter Beibehaltung ihrer Form. Bei der Impedanzverminderung (Fall 3.8 b) wird durch Reflexion aus der Überdruckwelle eine Unter-druckwelle.

Zwei sprungartige Impedanz (z. B. Querschnitts-Änderungen) (Bild: 3.8 c-d bzw. 3.9 c-d)

Diese Kanalform wurde schon zu Beginn dieses Abschnittes in Bild 3.7 behandelt. Durch die zwei Impedanzänderungen entsteht eine Reflexionskammer. Die Druckwellen verändern ihre Form, so dass der stationäre Reflexions- und Durchlassdruck erst nach einigen Einschwingperioden erreicht wird.

Stetige Impedanz (z. B. Querschnitts)-Änderung (Bild 3.8 e, f bzw. 3.9 e, f)

Die in 3.9 c und d erkennbaren Einschwingvorgänge sind hier vollkommen geglättet. Durchgelasse-ne Wellen schwingen über (annähernd PDT1-Verhalten), reflektierte erreichen den stationären Endwert verzögert (annähernd PT1-Verhalten) [70].

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Drossel- und Hohlkammer bzw. harte und weiche Kanalwandabschnitte (Bild 3.8 g, h bzw. 3.9 g, h)

Die reflektierten Druckwellen werden verzögert differenziert (DT1-Verhalten). Durchgelassene Wellen haben annähernd PT1-Verhalten, wobei die Wellenform für beide Fälle 3.8 g und h völlig gleich ist.

Bild 3.9: Reflexions- und Durchlassantworten der Kanalelemente nach Bild 3.8

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3.2.3 Berechnungen am Versuchskanal Das Basiswissen aus den vorangegangenen Abschnitten erlaubt eine spezielle Anwendung an dem Versuchskanal aus Bild 3.1. Da der Kanal – außer an den Enden – keine Querschnittssprünge auf-weist, können Druckerzeugung, Schallausbreitung und die Gewinnung der Messspannung durch ei-nen relativ einfachen Signalflussplan nach Bild 3.10 beschrieben werden.

Der Signalflussplan vernachlässigt in erster Näherung Reflexionen, die durch Impedanzänderungen beim Wechsel des Kanalwandmaterials entstehen. Eingangsgröße ist die Anregungsspannung, Aus-gangsgröße die durch Druckwellen erzeugte Messspannung. In Block A ist die Anregung nach Ka-pitel 2.7, Bild 2.9 bzw. Gleichung 2-22 zusammengefasst. Ausgangsgrößen dieses Blockes sind die Druckwellen p1 und pr.

Bild 3.10: Signalflussplan des Versuchskanals. Eingangsgröße ist die Anregungsspannung. Ausgangsgröße die durch Druckwellen erzeugte Messspannung. Die Spannungs-Druckumsetzung des als Aktor geschalteten Wandlers – hier durch den Block A zusammengefasst – wird im einzelnen im Signalflussplan nach Bild 2.9 be-schrieben Die Messspannung entspricht dem integralen Mittelwert der Druckwellen, die sich im Sensorröhrchen befinden r1 und r2 sind die Reflexionsfaktoren an den Kanalenden. Die Totzeiten Tn entstehen durch Laufzeiten in den verschiedenen Kanalabschnitten.

Die jeweils gleich großen Totzeiten Tna und Tnb entsprechen gleichen Kanalabschnitten, die von den Schallwellen entgegengerichtet durchlaufen werden. Zahlenmäßig können sie durch Einsetzen der Abmessungen und Schallgeschwindigkeiten in Gleichung 3-5 einfach bestimmt werden. Der Refle-xionsfaktor am geschlossenen Ende (r1) beträgt nach Messungen 90 %, der am offenen Ende (r2) fast 100 %. Die Gesamtstruktur als geschlossener Kreis ist durch eine frequenzabhängige Reso-nanzüberhöhung gekennzeichnet – in diesem Fall für die /4-Schwingung.

Parallel dazu ist mit den beiden integrierenden Blöcken und dem P-Glied eine mögliche Darstellung der Messspannungsgewinnung im Signalflussplan angezeigt. Die im Bereich des Piezoröhrchens laufenden Druckwellen können nur summarisch und richtungsunabhängig gemessen werden. Die Summenbildung wird im Signalflussplan dadurch erreicht, dass sowohl die einlaufenden als auch die auslaufenden Wellen mit umgekehrten Vorzeichen aufintegriert werden. Die erzeugte Ladung bzw. Spannung ist nach Kapitel 2.4 direkt proportional dem mittleren Druck, weshalb das P-Glied der nach UA aufgelösten Gleichung 2-2 entspricht.

Nach diesen theoretischen Vorüberlegungen sollen in den folgenden Kapiteln Rechenergebnisse un-tersucht und mit den Messungen verglichen werden.

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3.3 Vergleiche zwischen Messung und Rechnungen Um bei dem Vergleich zwischen Rechnung und Messung die verschiedenen Einflüsse der geometri-schen und materialabhängigen Größen besser trennen zu können, wurde das Rechenmodell stufen-weise erweitert. Dieses schrittweise Vorgehen mit jeweiliger Diskussion der Ergebnisse wird in den folgenden Abschnitten zugrunde gelegt.

3.3.1 Querschnittsmodell und Impedanzmodell Der erste Rechenschritt (Querschnittsmodell) berücksichtigt allein die Geometrie des Versuchska-nals. Da der Kanal keine Querschnittsänderungen hat, werden Rechnung und deren Resultat beson-ders einfach. Im Querschnittsmodell befinden sich also nur zwei Reflexionsstellen an den beiden Kanalenden. An ihnen wird der Druck fast vollständig reflektiert, doch kommt es nach 3-10 am of-fenen Ende zu einer Vorzeichenumkehr. Die Phasengeschwindigkeit cK ergibt sich durch Abstim-mung der Rechnung auf die Messung zu 910 m/s.

Bild 3.11 a vergleicht das Rechenergebnis mit der Messung. Dabei arbeitet das Rechenprogramm, ohne auf die wirklichen physikalische Mechanismen Rücksicht zu nehmen, mit einer linearen Dämpfung (-65 dB/m), für die sich zumindest in den Extremwerten eine gute Übereinstimmung er-gibt. Dies entspricht dem Dämpfungsansatz nach Rosenstock [69]. Die beiden Kurvenzüge stimmen nach Bild 3.3 in den sechs markanten Spitzenwerten sehr gut überein. Die Feinheiten der kleinen Schwingungen und die Ausbildung einer /4-Schwingung erfasst dieses Rechenmodell jedoch nicht.

Der nächste, schon angesprochene Schritt berücksichtigt auch den Einfluss der Kanalwand und er-weitert damit den ersten Ansatz zum Impedanzmodell. Bild 3.12 zeigt die ortsabhängige Akustische Impedanz und die relative Finite-Elemente-Dichte im Versuchskanal. Alle Finiten-Elemente sind so dimensioniert, dass Schallwellen sie in der gleichen Laufzeit passieren. Im Bereich des Piezowand-lers setzt man deshalb der höheren Phasengeschwindigkeit wegen längere Elemente an. Daraus folgt aber, dass bei gleichen Weglängen im Piezoröhrchen relativ weniger Elemente Platz finden. An den Sprungstellen sind zusätzlich die Reflexionsfaktoren eingetragen.

Im Bereich des Piezoröhrchens erreicht die Phasengeschwindigkeit fast den Maximalwert c. Da-mit wird die Akustische Impedanz hier um etwa 50 % größer als im vom Gießharz umschlossenen Kanal. Akustisch wirkt das Röhrchen so, als wäre es kürzer und enger als die anderen Kanalteile. Etwa 15 % des Schalldrucks wird an jeder Übergangsstelle reflektiert.

Die numerische Lösung ergibt – wieder bei optimal angepasster Dämpfung (-20 dB/m) – den Ver-lauf nach Bild 3.11 b. Der direkte Vergleich mit der Messung zeigt, dass bei dem Impedanzmodell bis 300 µs die Kurven auch in Einzelheiten gut übereinstimmen. Wie auch beim Querschnittsmodell versagt die Rechnung bei größeren Zeiten. So erscheint im Ergebnis nicht die Grundschwingung des Kanals. Die Schallgeschwindigkeit cK beträgt im Gießharzkanal 890 m/s, im Piezowandler 1250 m/s. Damit erklärt sich die kleine Diskrepanz (6 %) zur ersten Interpretation in Kapitel 3.1, bei der die Ausbreitungsgeschwindigkeit über die gesamte Kanallänge gemittelt wurde.

In den zwei Rechenmodellen wurde, wie schon erwähnt, der Dämpfungsparameter der Messung so angepasst, dass sich zumindest für die sechs ausgezeichneten Punkte nach Bild 3.2 eine gute Über-einstimmung ergab. Dies ist aber physikalisch nicht richtig, da alle bekannten Dämpfungsmecha-nismen zusammen einen wesentlich kleineren Wert ergeben würden. Außerdem wird durch die sich ausbildende /4-Schwingung deutlich, dass zumindest ein Teil der Schallenergie noch sehr lange im Kanal bleibt. Eine geschlossene physikalische Vorstellung der Kanalakustik ergibt sich erst mit der im folgenden Abschnitt erläuterten Wellendispersion.

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Bild 3.11 Vergleich zwischen Rechnungen und Messung bei verschiedenen theoretischen Modellen. Die Messungen (durchgezogene Linien) sind identisch mit der in Bild 3.3 gezeigten. a: Querschnittsmodell nach Kap. 3.3.1. In der Rechnung werden Reflexions- und Durchlassfakto-ren nur aus der Geometrie abgeleitet. Die Phasengeschwindigkeit ist überall konstant. b: Impe-danzmodell nach Kap. 3.3.1 Die Parameter der Finiten Elemente ergeben sich hier aus der lokalen Akustischen Impedanz. Die Phasengeschwindigkeit wird den tatsächlichen Verhältnissen ange-passt. c: Dispersionsmodell nach Kap. 3.3.2 Zusätzlich zu dem Ansatz in Bild 3.11 b wird die Inter-ferenz der Druckwellen durch Wellendispersion berücksichtigt.

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Bild 3.12: a) Akustische Impedanz; b) relative Dichte der Finiten-Elemente und c) Reflexionsfaktoren im Ver-suchskanal

3.3.2 Wellendispersion und Dämpfung Unter physikalischer Dispersion versteht man nach Pohl [64] die Eigenschaft einer (Schall-) Welle, sich gleichzeitig mit verschiedenen Geschwindigkeiten fortzupflanzen. Die Streuung der Ausbrei-tungsgeschwindigkeit hängt oft nur von der Frequenz ab (z. B. Farbzerlegung durch ein Prisma). Manchmal ist die Wellendispersion auch frequenzunabhängig. In einer mehrdimensionalen Betrach-tung der Kanalakustik kann eine Welle als Summe von Teilwellen aufgefasst werden, die sich auf einem mehr oder weniger direkten Weg durch den Kanal bewegen. Schließlich können gleichzeitig mehrere Ausbreitungsmechanismen nebeneinander existieren.

Rieländer [68] gibt zum Stichwort Phasengeschwindigkeit an, dass sich Wellen in schallweich be-randeten Kanälen im Zickzackkurs dispers fortpflanzen. Man müsste deshalb den eindimensionalen Ansatz korrekterweise durch einen zumindest zweidimensionalen ersetzen. Leonhard [53] stellt den Mechanismus der Dispersion in einem Signalflussplan nach Bild 3.13 als Überlagerung mehrerer Totzeitstrecken dar.

In der Natur ist Dispersion zu beobachten, wenn eine Wasseroberfläche plötzlich angeregt wird (z. B. Steinwurf). Obwohl die Störung ausschließlich sprungartig ist, können schon in geringer Ent-fernung vom Störungszentrum gleichförmige Wellen beobachtet werden, deren Wellenlänge sich vergrößert [64].

Im Tintenkanal wirken alle erwähnten Dispersionsmechanismen gleichzeitig, können jedoch quanti-tativ nicht voneinander getrennt werden. Die Schallkennimpedanz Z0 der Kanalwand, die sich nach 3-13 aus deren Elastizitätsmodul EW und Dichte berechnet [78], ist abhängig von der Frequenz.

Zp

vE fW0

~~ (3-13)

q qia ibi

n

1

q

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Bild 3.13: Signalflussplan der Dispersionsbeschreibung nach Leonhard [53]

Kurtze [42] erklärt die Abhängigkeit damit, dass bei niedrigen Frequenzen die Federkräfte der Wand überwiegen, bei hohen Frequenzen aber die Massenkräfte. Die Wandimpedanz beeinflusst aber nach Gleichung 3-9 die Phasengeschwindigkeit im Kanal.

In Flüssigkeiten kann sich Schall nur in Form von Longitudinalwellen fortpflanzen. Bei weichem Wandmaterial breitet sich ein Teil des Schalls aber auch in der Kanalwand aus. Hier existieren nach Kurtze neben den Longitudinalwellen Dehn-, Rayleigh- und Biegewellen. Die Ausbreitungs-geschwindigkeit dieser Wellen ist frequenzabhängig. Die Literatur macht allerdings keine Angaben, welcher Anteil den einzelnen Wellenarten zukommt.

Einen frequenzunabhängigen Dispersionsmechanismus gibt Rieländer [68] zum Stichwort Phasen-geschwindigkeit an. Danach breiten sich Schallwellen vielfach reflektiert im Zickzackkurs im Kanal aus. Durch die unterschiedlichen Laufstrecken verschiedener Schallanteile kommt es zu Wellendis-persion. Im eindimensionalen Modell wird dies durch eine Streuung der Schallgeschwindigkeit be-rücksichtigt.

Die wahrscheinlichste Verteilung der Schallgeschwindigkeit wurde unter ständigem Vergleich mit der Messung durch die Trial-and-Error-Methode ermittelt. Obwohl dieser Lösungsweg keine spekt-rale Zerlegung berücksichtigt, lassen sich dennoch befriedigende Ergebnisse erzielen. Daraus kann geschlossen werden, dass die spektrale Dispersion nur eine untergeordnete Rolle spielt.

Dispersionsmodell

Das Gesamtergebnis wird im Dispersionsmodell in zwei Teilschritten ermittelt. Der erste Schritt verwendet – wie bisher – das Impedanzmodell, allerdings ohne jede Dämpfung. Im Ergebnis nach Bild 3.14 erkennt man durch gedachte Spitzenglättung die niederfrequente Schwingung ab etwa 500 µs.

Der zweite Rechenschritt wichtet die einzelnen Anteile der Schallgeschwindigkeit und überlagert sie linear:

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p t p c t c f ig ii

,0

mit (3-14)

Das beste Ergebnis liefert eine der Gaußschen Normalverteilung ähnliche Annahme:

p c

c c p e

c c p e

p

t c c c

c

p

t c c cc

p

p

p

p

max

d

max

d

max

max

max

max

0

0

1

2

2

2

(3-15)

Bild 3.14: Rechnung nach dem Impedanzmodell wie in Bild 3.11 b, hier aber ohne Dämpfung

Bild 3.15: Vergleich Rechnung – Messung beim Dispersionsmodell bei Anregung durch einen 10 µs-Recht-eckimpuls

Die Konstanten wurden zu t1 = 1,7·10-4 und t2 = 8·10-4 s²/m² ermittelt, die mittlere Phasenge-schwindigkeit cp max beträgt 890 m/s. Der Anteil der langsameren Geschwindigkeiten ist größer als der der schnelleren. 95 % des Schalldrucks breiten sich mit 750 bis 1000 m/s aus. Die Rechnung überlagert im Gegensatz zur physikalischen Wirklichkeit diskrete Schallgeschwindigkeiten. Durch

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das Raster der Diskretisierung bleibt ein mehr oder weniger starkes „Rechenrauschen“ im Ergebnis erhalten. Bild 3.11 c zeigt ein aus dreißig Einzelgeschwindigkeiten erzieltes Rechenergebnis im Vergleich mit dem Spannungsverlauf bei der Messung.

Das Dispersionsmodell liefert auch für größere Messzeiten ein hohes Maß an Übereinstimmung. Insbesondere gelingt eine Beschreibung für die Entstehung der /4-Schwingung im Kanal aus einer sprungartigen Anregung. Die in diesem Modell zwischen Rechnung und Messung bleibende Pha-senverschiebung von 30 Grad kann nicht erklärt werden. Für die Modellierung der Schallausbrei-tung in Tintenschreibwerken reichen die erzielten Ergebnisse bei weitem aus. Wie in den nächsten Abschnitten noch gezeigt wird, gilt dies um so mehr für eine Anregung durch Rechteckimpulse. Hier wird eine /4-Schwingung gar nicht erst erzeugt.

Mit Berücksichtigung der Wellendispersion löst sich auch das bisherige Dämpfungsproblem. Nach Kurtze [42] ergeben alle Dämpfungsmechanismen im Tintenkanal unter 100 kHz zusammen keinen größeren Wert als -3 dB/m. Mit diesem Wert und der Dispersionsrechnung trifft das Ergebnis die Messung sehr gut. Die Dispersion baut die Spitzen schon durch Welleninterferenz ab. Sie beein-flusst hohe Frequenzanteile (große Druckgradienten) viel stärker als niederfrequente. Da die Schall-energie proportional dem Quadrat des Schalldrucks ist, nimmt auch die Entropie sehr zu. So täuscht die Wellendispersion im Messergebnis eine viel höhere Absorptionsdämpfung vor. Dadurch liefert der theoretische Dämpfungswert von -3 dB/m auch in der Berechnung mit dem Finite-Elemente-Rechenprogramm ein passendes Ergebnis.

Die /4-Schwingung entsteht nur dann, wenn der Gesamtimpuls der Anregung ungleich null ist. Dies ist der Fall, wenn die Anregungsfunktion, wie z. B. bei der Sprungfunktion, das Piezoröhrchen nicht wieder in seine Ausgangslage zurückführt. Kein Restimpuls bleibt dagegen z. B. bei einem kurzen, 10 µs langen Rechteckimpuls übrig. Dieser lässt sich in zwei entgegengerichtete, zeitver-setzte Sprungfunktionen zerlegen. Wegen der Superpositionseigenschaft von Schallwellen kann das Rechenergebnis für die Sprungfunktion gegenphasig überlagert werden. Man erhält dann einen Ver-lauf nach Bild 3.15. Der Zeitversatz von 10 µs wirkt sich bei der /4-Schwingung (T = 0,6 ms) so gut wie nicht mehr aus; die beiden langwelligen Schwingungen interferieren fast vollständig.

Die kurzen Druckspitzen im ersten Messabschnitt bleiben erhalten, doch verschwindet die ver-gleichsweise langweilige /4-Schwingung vollkommen. Die im vierten Kapitel beschriebenen An-regungsimpulse für Tintenschreibwerke haben alle keinen Restimpuls. Somit verliert beim Tinten-druck die /4-Schwingung jede Bedeutung.

Anwendung in Tintenschreibwerken

Die beschriebene Rechenmethode, Wellendispersion durch einen zweiten Rechenschritt zu berück-sichtigen, liefert nur für die Sprunganregung richtige Ergebnisse. Zur Untersuchung länger andau-ernder Impulse in einem Tintenschreibwerk müsste man den ersten Rechenteil für mindestens drei-ßig Schallgeschwindigkeiten getrennt durchführen und die Druckwellen an der Düse aufsummieren. Da dieser Weg den Rechenaufwand bei nur kleinem Genauigkeitsgewinn ungeheuer vergrößert, wurde eine einfachere Lösung gesucht.

Die Dispersion entspricht in ihrer spitzendämpfenden Wirkung annähernd einem in Serie geschalte-ten PT1-Glied. Gute Resultate für beliebige Anregungen – auch im Tintenschreibwerk – ergeben sich, wenn man die Parameter wie im Impedanzmodell verrechnet und regelmäßig mit einer PT1-Ausgleichsrechnung korrigiert.

Zusammenfassung und Genauigkeit

Es ist mit den bisher diskutierten Methoden und Analysen möglich, die Schallausbreitung durch ein einfaches Rechenmodell mathematisch zu beschreiben. Ohne Einschränkungen machen zu müssen, reicht ein Mikrocomputer mit 32 KByte Speicherkapazität für die eindimensionale Kanalberech-nung aus.

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Die Genauigkeit der Ergebnisse hängt von der Größe der Finiten Elemente ab. Allerdings wächst die Rechenzeit quadratisch mit dem Kehrwert der Elementlänge. Mit Elementlängen kleiner dem maximalen Kanaldurchmesser ist kein weiterer Genauigkeitsgewinn mehr erzielbar. Dann nämlich wird der Rechenfehler durch die zweite Dimension (Querausdehnung des Kanals!) bestimmt.

3.4 Übertragung der Ergebnisse auf Tintenschreibwerke Eigentliches Ziel dieser Arbeit ist die mathematische Beschreibung der Physik von Drop-on-Demand-Tintenschreibwerken, wie sie die Bilder 1.1 bis 1.3 in der Einleitung zeigen. Der Tinten-kanal ist etwa 35 mm lang und verjüngt sich nach vorne zur Düse auf ein Viertel der Kanalquer-schnittsfläche am Piezoröhrchen. Die Querschnittsreduzierung ist nötig, da in einem Schreibkopf zwölf Kanäle, dicht gepackt, Platz finden müssen. An der Düsenöffnung bleibt zwischen den Kanä-len eine minimale Stegbreite von 0,2 mm übrig. Die Düse besteht aus einer aufgesetzten 100 µm starken Nickelplatte mit einer 80 µm weiten Öffnung.

Mit den bisher dargestellten Grundlagen zur Schallausbreitung sollen in diesem Abschnitt zunächst die akustischen Eigenschaften des Kanals ohne den Einfluss der Düse untersucht werden. Solange man nur Kleinsignalmessungen durchführt, sind die noch zu zeigenden nichtlinearen Eigenschaften der Düse von geringer Bedeutung. Ersatzweise werden deshalb in den folgenden Berechnungen an der Düse konstant 90 % der Schallwellen reflektiert.

Der Kanal endet hinten mit einer Querschnittserweiterung, an der die Tintenversorgung angeschlos-sen ist. Der eigentliche Tintenvorratsbehälter (in Bild 1.3 sehr viel kleiner gezeichnet) liegt um etwa drei Zentimeter tiefer, so dass im Kanal stets ein schwacher statischer Unterdruck herrscht. Aus die-sem Grund bezeichnet man den Drop-on-Demand-Tintendruck oft auch als Unterdruckverfahren. Der statische Unterdruck im Kanal hat auf die Schallausbreitung keinen Einfluss. Er verhindert le-diglich ein Auslaufen der Tinte aus der Düse. Wegen der entgegengerichteten Kapillarkräfte in der Düse läuft die Tinte trotz des Unterdrucks andererseits nicht in den Vorratstank zurück.

Im Tintenschreibkopf ist pro Kanal je ein Piezoröhrchen eingegossen. Man kann deshalb nur mit dem in Kapitel 2.7 beschriebenen Impuls-Echo-Verfahren messen. Statt eines Impulses wird hier zunächst nur eine negativer Spannungssprung von 4 auf 0 Volt verwendet. Nach der Entladung kann dann ein Echosignal gemessen werden, aus dem sich alle wichtigen Kanalparameter ableiten lassen. Ein Testgerät für diese Kleinsignalmessungen wird im Anhang (Kap. 9.1) beschrieben.

3.4.1 Diskussion der Sprungantwort Da Geometrie und Stoffwerte der einzelnen Kanäle bekannt sind, kann man die Systemantwort auf eine Sprunganregung berechnen. Für den skizzierten Kanal (Bild 1.3) ergibt sich aus Messung bzw. Rechnung ein Verlauf nach Bild 3.16.

Wegen der verzögerten Umschaltung des Piezowandlers in den Sensorbetrieb erscheint die Mess-kurve erst 15 µs nach dem anregenden Spannungssprung. In der Messung ist eine leichte Drift sichtbar. Sie wird nicht durch Schallwellen verursacht, sondern ist auf die langsame Nachentladung des Piezowandlers zurückzuführen [69]. Außerdem erkennt man bis 50 µs noch die 145 kHz-Län-genresonanzschwingung des Röhrchens. Sie wird nicht durch die Schallausbreitung im Kanal verur-sacht.

Die Wellendispersion im Tintenschreibwerk ist im Vergleich zum Versuchskanal noch größer, da die Kanalwände, speziell im Bereich des Konus vor der Düse, dünner sind. Die Wand lässt sich dort wegen der besseren Impedanzanpassung von Druckwellen leichter zum Mitschwingen anregen, weshalb sie einen größeren Anteil der Schallenergie weitertransportiert. Der akustische Abschluss am Kanalende ist in seinem geometrischen und stofflichen Aufbau relativ komplex. Bild 3.17 zeigt den gesamten Impedanzverlauf im Tintenkanal.

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Bild 3.16: Gemessene und berechnete Schallausbreitung in einem Tintenschreibsystem. Der piezoelektrische Aktor wurde mit einem negativen 4 Volt Spannungssprung angeregt.

Bild 3.17: Akustische Impedanz im Tintenschreibsystem. Kanalbereiche: 1 Anschluss an die Tintenversorgung, 2 Rückkanal, 3 Piezoröhrchen, 4 gerader Tintenkanal, 5 konischer Tintenkanal, 6 äußere Umgebung, 7 Düse

3.4.2 Fehlererkennung Für die praktische Anwendung der Schallanalyse nach Sprunganregungen interessiert es vor allem, ob und wie man bei deutlichen Abweichungen vom Messkurvennormal der Kanäle auf bestimmte Eigenschaften und Fehler schließen kann. Fehler entstehen durch Gasblasen im Kanal, leere Kanäle, verlegte Düsenöffnungen und elektrische Störungen. Die Untersuchung zeigt folgende Ergebnisse:

Gasblasen im Tintenkanal

Durch grobe Falschbehandlung eines Tintenschreibwerks können Gasblasen in den Kanal gelangen: So kann der Tintenmeniskus durch äußere Gewalteinwirkung (Stoß!) an der Düse abreißen, oder viel zu hohe Impulsspannungen führen zu Kavitationen im Kanal. Gase haben wegen ihrer geringe-ren Dichte und Schallgeschwindigkeit eine um etwa drei Zehnerpotenzen kleinere Akustische Im-pedanz. Flüssigkeitsschallwellen werden an Gas bei Vorzeichenumkehr des Drucks total reflektiert.

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Je nach Lage einer Gasblase ändern sich die Laufzeiten der Schallwellen im Tintenkanal. Eine typi-sche Sprungantwort zeigt zunächst die obere Kurve in Bild 3.18 a.

Einen anschaulichen messtechnischen Beweis für eventuell vorhandene Gasblasen erhält man nach gasdichtem Verschließen der Düsenöffnung. Erzeugt man jetzt über die noch offene Seite des Sys-tems am Tintenvorratsbehälter einen Überdruck im Kanal, so wird die Gasblase zusammengepresst. Wie die untere Messung in Bild 3.18 a zeigt, ändert dies den Messspannungsverlauf, da sich die Re-flexionsstelle durch die Kompression der Gasblase zur Düse hin verschiebt. Nach Rücknahme des Überdrucks stellt sich wieder das erste – obere – Antwortsignal ein.

Leerer Kanal

Ist der Kanal ganz leergelaufen, so findet wegen der extremen Fehlanpassung an Luft keine messba-re Schallerzeugung und -ausbreitung im Tintenkanal mehr statt. Im Messdiagramm nach Bild 3.18 b erscheint eine fast glatte Kurve mit der schon erwähnten Drift. Nur im ersten Moment bis 40 µs ist eine schnell abklingende, hochfrequente Schwingung sichtbar. Bei vergrößerter Auflösung erkennt man in ihr die Eigenschwingungen des Piezoröhrchens – am stärksten die 145 kHz-Längenreso-nanz. Die niedrigen Signalamplituden dieser Messung zeigen, dass man allgemein bei Aufzeich-nungen flüssigkeitsschallfremde Einflüsse, wie z. B. Körperschall, vernachlässigen kann.

Sonstige Fehler

Eine weitere mögliche Ausfallursache für Tintenschreibwerke entsteht durch Verlegen der Düsen-öffnung mit einem Fremdkörper (z. B. Papierfaser). Obwohl dies an der Düse zu einer großen Im-pedanzänderung führt, ändert sich der Messspannungsverlauf nur wenig. Nur bei direktem Ver-gleich mit dem Normal in Bild 3.18 c fällt die Abweichung auf.

Dies liegt daran, dass der größte Teil einer Druckwelle schon an der Düsenplatte reflektiert wird und deshalb nur ein kleiner Teil der Schallenergie durch die veränderten Zustände vor der Düsen-öffnung beeinflusst wird. Eine Störung durch Verlegen ist auf diese Weise nur schwer zu erkennen.

Zuletzt bleiben noch elektrische Fehlerursachen. Sie können in der Messung leicht erkannt werden, da dann keinerlei Schallschwingungen mehr erscheinen.

Die gemessenen und theoretischen Ergebnisse zur Schalldruckausbreitung im Versuchskanal und in serienmäßigen Tintenschreibwerken liefern die Grundlage für weitere Untersuchungen zur Trop-fenbildung in und vor der Düse. Speziell kann man jetzt nach beliebigen Anregungsimpulsen den Druckverlauf pe(t) an der Düse vorhersagen. Nur wenn aber diese „Aktio“ der Düse bekannt ist, kann man auf die „Reaktio“ schließen, also die Tintenbewegung in der Düse x(t) und die von dort reflektierten Schallwellen pr(t).

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Akustik und Fluidmechanik in Kanälen und Düsen von Tintenschreibwerken 3. Die Schalldruckausbreitung im Tintenkanal

Bild 3.18 Fehlerzustände im Tintenkanal. a: Gasblase im Kanal. Die Sprungantwort (obere Kurve) weicht stark von der Normalantwort (Bild 3.16) ab. Nach Verschließen der Düsenplatte und Kompression im Kanal wandert die Gasbla-se und mit ihr die Reflexionsstelle zur Düse. Dadurch verändert sich auch die Antwortschwingung. b: Leerer Kanal. Kein Flüssigkeitsschall messbar. c: Sprungantwort bei verlegter und offener Tin-tendüse

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Akustik und Fluidmechanik in Kanälen und Düsen von Tintenschreibwerken 4. Die Tropfenbildung durch Schalldruckwellen

4. Die Tropfenbildung durch Schalldruckwellen

4.1 Die Physik der Grenzfläche Kanal – Düse Die Düse im Rechenmodell

Die Düse des Tintenschreibsystems in Bild 3.15 besteht aus einer einfachen Nickelplatte mit 1D = 100 µm. Der Düsenkanal ist nach Bild 4.1 a leicht konisch. Am vorderen Ende beträgt sein Durchmesser (2·rD) 80 µm. Natürlich hat auch die Düse ihre eigene Akustik, die sich analog zu der im dritten Kapitel berechnet. Trotzdem ist es zweckmäßiger, das Verhalten der Tinte in der Düse „fluidmechanisch“ zu beschreiben. So ist die Laufzeit einer Schallwelle durch die Düse – verglichen mit Kanallaufzeiten – mit etwa 60 ns extrem kurz. Eine Welle läuft deshalb in der Düse mehr als 15 mal pro Mikrosekunde hin und her, so dass man in ihr mit einer homogenen Druckver-teilung rechnen kann.

Bild 4.1: Die Düse des Tintenschreibwerks 1 gießharzumschlossener Tintenkanal, 2 Düsenplatte aus Nickel, 3 Tinte, 4 Tintenmeniskus a: Düse in den Originalabmessungen des Schreibsystems b: Düse mit Ersatzabmessungen für das Rechenmodell

Nach Bild 4.1 (4) erzeugen im Ruhezustand Oberflächen- und statische Druckkräfte einen konka-ven Meniskus zwischen Tinte und Luft. Während der Tropfenerzeugung nimmt die Oberflächenge-stalt sehr komplexe Formen an, die in dieser Untersuchung aber unberücksichtigt blieben. Statt des-sen wird die Tintengrenzfläche zur Luft im folgenden immer als ebene Fläche behandelt.

Außerdem werden im theoretischen Modell noch weitere vereinfachende Maßnahmen getroffen. So wird die Viskosität vernachlässigt, weshalb (Wand-) Reibungseinflüsse nicht in das Rechenergebnis eingehen. Ersatzweise wurde in der Berechnung der Düsendurchmesser auf konstant 60 µm redu-ziert. Da auch der Konus nicht berücksichtigt wird, ergeben sich sehr einfache Beziehungen für die Masse und kinetische Energie des Tintenpfropfens in der Düse.

Weiter wird auch die Strömungsgeschwindigkeit im Tintenkanal vernachlässigt. Sie erreicht an der engsten Stelle im Tintenkanal selbst bei einer Folgefrequenz von 10 kHz und 70 µm dicken Tropfen nach der Kontinuitätsbedingung 4-1, bzw. 4-1 a nur einen Wert von vK = 0,03 m/s. In der Düse be-wegt sich die Tinte dagegen mit zeitweise mehr als 10 m/s.

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Akustik und Fluidmechanik in Kanälen und Düsen von Tintenschreibwerken 4. Die Tropfenbildung durch Schalldruckwellen

maxmin fVAv TK (4-1)

2min

max3

3

4

K

TK r

frv

(4-1a)

Unter den genannten Voraussetzungen lässt sich die akusto-fluidmechanische Systemschnittstelle durch einfache physikalische Beziehungen beschreiben.

4.1.1 Energiegleichung nach Bernoulli Der instationäre Ansatz der Bernoullischen Energiegleichung lautet nach [76]:

22222

111

212

1 d2

1

phgvst

vphgv

s

s

(4-2)

Eine inkompressible Rechnung in der Düse ist im Gegensatz zur akustischen Schallausbreitung im Kanal zulässig, da die vorkommenden Spitzendrücke die Tinte nur um 0,004 % zusammenpressen. Aus 4-2 lassen sich für den speziellen Fall der Drop-on-Demand-Tintendüse vier bereichsweise gül-tige Bewegungsgleichungen ableiten [32]:

0 und für 0

0 und für 0

0 und für 0

0 und für 0

221

221

xlxtpxxx

xlxtpxxl

xlxtpxx

xlxtpxl

D

DD

D

DD

(4-3 a-d)

Der an der Systemgrenzfläche wirksame Summendruck p(t) entsteht durch Schall- und Oberflä-chenkräfte. Wegen der geringen Strömungsgeschwindigkeiten im Kanal darf man – wie schon er-wähnt – in diesem Bewegungs- und Beschleunigungsenergien vernachlässigen. Der durch die tiefer-liegende Tintenflasche entstehende statische Unterdruck pU (Höhenterm) wird ebenfalls in den Summendruck p(t) eingerechnet. Auf der Düsenseite existiert dagegen kein Höhenterm, wohl aber ein durch Oberflächenkräfte verursachter Kapillardruck p (x)0 .

Die verbleibenden Gleichungsteile Geschwindigkeits- und Beschleunigungsdruck setzt man fall-weise unterschiedlich an. Wie sich aus der Impulserhaltung ableiten lässt, können aus einer in die Düse gerichteten Strömung keine um Größenordnungen schnellere Schallwellen entstehen (4-3 a bzw. 4-3 b). Weiter wird unter der Annahme, dass Druckwellen nur auf die noch in der Düse be-findliche Tinte Kräfte ausüben können, der instationäre Gleichungsteil je nach Lage des Meniskus verschieden angesetzt (4-3 a, c bzw. 4-3 b, d).

Die Differentialgleichungen 4-3 a-d können nicht explizit gelöst werden. Es gelingt aber, durch In-tegration der Geschwindigkeit ausgehend vom Startwert lØ des im Gleichgewicht befindlichen Me-niskus, die aktuelle Länge des Tintentropfens in der Düse zu berechnen. Zur Ermittlung von Lage, Geschwindigkeit und Beschleunigung des Meniskus benötigt man aber noch den Summen-druck p(t).

4.1.2 Impulsgleichung An der Düse wirken Schallkräfte FS(t), Oberflächenkräfte FO(x) und eine durch den statischen Un-terdruck verursachte Kraft FU (4-4). Die letzten beiden sind aber, verglichen mit den tropfenbilden-den Schallwellen, um mehr als zwei Größenordnungen kleiner.

UOSD FtFtFtF (4-4)

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Die Schallkräfte ergeben sich wiederum additiv aus einlaufenden und reflektierten Druckwellen. Wenn man – wie auch Heinzl [32] – die Kräfte Fi bzw. Drücke pO(t) und pU noch zu pØ(t) zusam-menfasst, errechnet sich der Gesamtdruck p(t) zu:

tptptptp re (4-5)

Das positive Vorzeichen der reflektierten Druckwellen pr(t) kann man über den Impuls als Produkt aus Masse und Geschwindigkeit erklären. Wie ist aber hier eine bewegte Masse anzusetzen und welche Geschwindigkeit hat sie? Zur Herleitung soll eine Überdruckwelle endlicher Länge dienen, wobei alle Beziehungen analog auch für Unterdruckwellen gelten.

Durch Kompression der Tinte nach 2-1 befindet sich im Bereich einer Überdruckwelle relativ mehr Masse als in anderen Kanalabschnitten:

2

2

d

d

c

tpr

l

m eKe

(4-6)

Dieser Bereich wandert mit Schallgeschwindigkeit durch den Kanal. Daraus ergibt sich über 4-7 der Massenstrom und weiter mit 4-8 der zeitliche Impuls m I bzw. die Kraft der einlaufenden Wellen auf die Düsenplatte.

c

tprm eK

e

2

(4-7)

I F m v r p te e e e K e 2 (4-8)

Die Schallwellen werden teilweise an der Düsenplatte reflektiert, wobei für die zurückgeworfenen Wellen natürlich auch die Impulsgesetze gelten:

I F m v r p tr r r r K r 2 (4-8a)

Die Gesamtkraft auf die Düsenplatte FD(t) entspricht somit der zeitlichen Änderung des Impulses einer Schallwelle:

F I m c m c m mD e r e cr

pr

(4-9)

Das Vorzeichen der Schallgeschwindigkeit ändert sich durch die Richtungsumkehr der Wellen und muss dann negativ angesetzt werden. Da sich die negativen Vorzeichen gegenseitig aufheben, müs-sen pe(t) und pr(t) (Fe und Fr), wie schon in 4-5 angenommen, addiert werden. Dieses Ergebnis lässt sich auch aus den Reflexionsgesetzen 3-10 und 3-11 ableiten. So wird der Reflexionsdruck pr bei großer Querschnittsverminderung fast so groß wie der Eingangsdruck pe, während die durchge-lassene Druckwelle pd annähernd die doppelte Amplitude erreicht: pd = 2·pe = pe +

Nach Einsetzen von Gleichung 4-5 in die Energiegleichung 4-3 ergeben sich zwei Unbekannte. Dies sind der Reflexionsdruck pr(t) und die Düsengeschwindigkeit x t . Mit der noch fehlenden Kontinuitätsbeziehung lässt sich ein lösbares Gleichungssystem aufstellen.

4.1.3 Kontinuitätsgleichung In dem Massenerhaltungsgesetz können die Ergebnisse zur Impulsbetrachtung aus dem letzten Ka-pitel weiter verwendet werden. Der Massenstrom durch Schallwellen errechnet sich aus Gleichung 4-7. Die Summe der einfließenden Massenströme muss an der Systemschnittstelle Kanal – Düse gleich der Summe der ausfließenden sein:

me ma (4-10)

In der Düse ergibt sich der Massenstrom zu 4-11, so dass die Kontinuitätsbeziehung mit den aus dem Impulssatz bekannten Massenströmen im Kanal insgesamt mit 4-12 beschrieben wird.

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m r v tD D D 2

(4-11)

r p t

c

r p t

cr vK e K r

D

2 22

tD (4-12)

Diese Gleichung lässt sich vereinfachen zu:

p t p t v t cr

re r DD

K

2

(4-12a)

Die Beziehung beinhaltet den Düsenreflexionsfaktor pr/pe. Er lässt sich nach 4-12 b aber nur in Ab-hängigkeit von der Tintengeschwindigkeit vD und dem Eingangsdruck pe bestimmen.

r

p t

p t

v t c

p t

r

rD Kr

e

D

e

D

K/

1

2

(4-12b)

Durch diesen zustandsabhängigen Reflexionsfaktor unterscheidet sich die Tintendüse grundlegend von den anderen, konstanten Reflexionsstellen. Die Tintenbewegung in der Düse führt dazu, dass der Kanal an der Düse zeitweise „offen“ oder „geschlossen“ ist. Mit dem konstant offenen Ende am rückwärtigen Kanalende ist der Gesamtkanal somit manchmal ein /2-, manchmal ein /4-Schwinger.

Mit dem aufgestellten Gleichungen lässt sich die Strömung in der Düse, ausgehend von bekannten Startwerten numerisch berechnen. Die Startwerte ergeben sich aus den statischen Drücken in der Düse.

4.2 Tintenaustritt aus der Düse

4.2.1 Grenzfläche Düse – Umgebung Neben dem statischen Unterdruck greift an der Tintengrenzfläche zur Luft noch die Oberflächen-kraft an. Sie sorgt dafür, dass die Düse nicht selbständig leer läuft und der Meniskus im Ruhezu-stand stets eine stabile Endstellung einnimmt. Da die Oberflächenkraft aber um Größenordnungen kleiner ist als die Schalldruckkräfte, können zwei Fälle völlig getrennt voneinander theoretisch be-trachtet werden: Während der Tropfenbildung spielt die Änderung der Oberfläche keine Rolle, und anschließend kann man mit einer meniskusförmigen Tintengrenzfläche rechnen, für die sich wie-derum relativ einfach Kräftebeziehungen finden lassen.

Verfolgt man den Weg des Meniskus durch bzw. vor die Düse, so durchläuft er nach dem stark ver-einfachenden Bild 4.2 verschiedene Bereiche. Dazu wird angenommen, dass die Oberfläche wäh-rend der Tropfenentstehung wegen der Massenträgheit ihre Gestalt nicht ändert. Sehr langsam aus-tretendes Fluid würde dagegen an der Düsenöffnung in die Breite laufen und die Düsenplatte benet-zen. Der sich ändernden Tintenoberfläche O zur umgebenden Luft entspricht wegen der Oberflä-chenspannung ein potentieller Energiebetrag EO:

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Bild 4.2: Vereinfachte Tintenbewegung im vereinfachten Düsenmodell 1-3: Weitgehende Oberflächenkonstanz; 4-6: Übergangslagen mit kleinster Oberfläche bei 5; 7-8: Große Zunahme der Oberfläche. Dem Bild liegen schnelle Bewegungen zu Grunde. Wegen der Massenträgheit kann die Tinte ihre Oberflächengestalt nicht ändern. Die Düsenplatte bleibt un-benetzt.

EO O (4-13)

Die Ableitung der Oberflächenenergie nach dem Weg xD ergibt die resultierende Kraft, bzw. mit der wirksamen Düsenquerschnittsfläche den Oberflächendruck. Bild 4.3 zeigt diesen Oberflächen-druckverlauf in einer konischen Düse. Da Oberflächenkräfte um Größenordnungen kleiner als Schallkräfte sind, kann im Rechenprogramm ohne einen merklichen Fehler zu machen, der gestri-chelte Verlauf verwendet werden.

Bild 4.3: Oberflächendruckverlauf in und vor der konischen Düse mit Gleichgewichtslage durch den stati-schen Unterdruck. Im Rechenmodell wird der vereinfachte gestrichelte Verlauf verwendet.

In der Bernoullischen Energiegleichung wird die Oberflächenenergie addiert. Bei x = lD erreicht die Tintenoberfläche und damit auch die Oberflächenenergie ihr Minimum. In diesem Punkt wechselt der Oberflächendruck sein Vorzeichen. Subtrahiert man den statischen Unterdruck (gestrichelte Li-nie in Bild 4.3), so bekommt man im Schnittpunkt die Gleichgewichtslage des Meniskus. Ist das Schreibsystem in Ruhe (keine treibenden Schallwellen im Kanal), so versucht die Tinte diesen Punkt zu erreichen. Dies dauert allerdings, je nach Ausgangslage, wegen der kleinen Oberflächen-kräfte sehr lange. Somit sind diese Kräfte zum Nachfüllen der Tinte in die Düse denkbar ungeeig-net. Die Düse würde erst nach sehr großer Zeit wieder spritzbereit, weshalb nur niedrige Tropfen-folgefrequenzen möglich wären. In Kapitel 5.3.1 wird daher noch gezeigt, wie sich die Tinte schnel-ler nachfüllen lässt.

4.2.2 Tropfenbildung Die aus der Düse austretende Tinte soll sich zu Einzeltropfen formieren und mit ausreichender Ge-schwindigkeit wegfliegen. Zur theoretischen Vorhersage mit einem Rechenprogramm werden zu-nächst einige Annahmen getroffen und formelmäßig angesetzt. Dies betrifft vor allem die Abreiß-bedingungen der Tropfen, bzw. ihre Massen- und Geschwindigkeitsbestimmung.

Abreißen des Tropfens

Ohne die Tropfenformung unter dem Einfluss der angreifenden Kräfte näher zu beschreiben, müs-sen einige anschauliche Überlegungen angestellt werden. Ein Tropfen entsteht demnach, wenn zu-mindest die Energie für seine Oberflächenbildung ausreicht. Dazu muss die Tinte mit einer Min-

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destgeschwindigkeit aus der Düse treten. Anschließend müssen in erster Linie Massenkräfte den austretenden Tintenstrahl ein- und abschnüren.

In erster Näherung lässt sich der wahrscheinliche Abreißpunkt des Tropfens allein aus der aufge-prägten Geschwindigkeit der einzelnen Tintenteilchen und deren Volumen berechnen. Daraus kann man die Kontinuitätsbeziehung – vergleiche Rosenstock [69] – ableiten, mit der die dünnste Stelle – der Abreißpunkt – ermittelt wird.

Das Volumen der einzelnen aus der Düse tretenden Tintenscheibchen ergibt sich mit dem Rechen-zeitschritt t zu:

V v t rTn n D 2 (4-14)

Lässt man alle Kräfte zwischen den einzelnen Tintenteilchen außer acht und nimmt weiter an, dass alle Teilchen für sich zylinderförmig bleiben, so genügt die Formänderung der Elemente der Konti-nuitätsgleichung:

2

12

TnnnnnDn rtvvvtvrtv

Tn2

(4-15)

Mit vn – vn+1 =v erhält man dann 4-15a bzw. rT mit 4-15b:

v t r v t v t rn D n n 2 (4-15a)

r rv t

v tTn Dn

n

1

12

(4-15b)

Der Tintenstrang schnürt sich dort am meisten ein, wo der Quotient v/v am schnellsten große posi-tive Werte erreicht. Die Rechnung nimmt den Abreißpunkt dort an, wo 4-16 b als Ergebnis aus 4-16 und 4-16 a negativ wird.

v v

v

v v

vn n

n

n n

n

1 1

1

2 (4-16)

v

v

v

vn

n

n

n

1

1

2 (4-16a)

v

v

v

vn

n

n

n

1 2

1

0 (4-16b)

Bild 4.4 zeigt in einer Tabelle die Wirkung dieses Abreißkriteriums anhand einer willkürlichen Ge-schwindigkeitsverteilung austretender Tintenscheibchen.

Neben Gleichung 4-16 b muss noch eine zweite Bedingung erfüllt sein, da sonst schon die geringste Unregelmäßigkeit beim Tintenaustritt zum Abreißen des Tropfens führt. Wegen der Oberflächen-kräfte können sich relativ dicke Tintenstränge mit einer dazwischenliegenden etwas dünneren Stelle durchaus noch zu einem runden Einzeltropfen formen. So muss der Quotient v/v erst den empi-risch gefundenen Mindestwert von 0,3·10-6·t überschreiten, bevor der Tropfen abreißt.

Es wurde weiter angenommen, dass der Tropfen abreißt, wenn die Tinte wieder in die Düse zurück-gesaugt, also die Geschwindigkeit vD negativ wird.

Es kann auch vorkommen, dass etwas Tinte zunächst mit relativ großer Geschwindigkeit austritt, ohne dass letztlich die kinetische Energie der gesamten Tintenmasse ausreicht, die nötige Oberflä-che des Tropfens zu bilden. In diesem Fall wird die Tinte ohne abzureißen nach unten fließen und die Düsenplatte benetzen. Ein ähnliches Verhalten ergibt sich, wenn schon in den ersten austreten-den Tintenscheibchen sehr wenig kinetische Energie steckt. Es tritt zwar Tinte vor die Düsenöff-nung, sie wird jedoch sofort durch Oberflächen- oder Schallkräfte wieder in die Düse zurückgezo-gen.

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n

vn

vn

v

vn

n

v

vn

n

1 v

v

v

vn

n

n

n

1 2

1

0?

m/s m/s 1 1

1 8 -2 -0,25 1,25 0,35

2 10 1 0,10 0,90 -0,21 vn/vn zu klein

3 9 -1 -0,11 1,11 0,21

4 10 1 0,10 0,90 0,12

5 9 2 0,22 0,78 0,21

6 7 3 0,43 0,57 0,32 Abreißpunkt

7 4 3 0,75 0,25 -1,75

8 1 -1 -1,00 2,00

9 2

Bild 4.4: Ableitung der Abreißbedingung anhand eines Zahlenbeispiels

Tropfenbeschreibung

Entsteht ein Tropfen, so muss entsprechend seinem Volumen, bzw. seiner äußeren Gestalt, neue Oberfläche gebildet werden. Zum Ausspritzen ist bei Annahme einer kugeligen Oberfläche deshalb insgesamt die in Gleichung 4-17 angegebene Energie aufzubringen:

E E E m v rg kin O T T T 12

2 4 2 (4-17)

Das Verhältnis von kinetischer und Oberflächenenergie drückt man durch die Weberzahl aus [76]:

WeE

E

v l v rkin

O

T T

2 2

6 (4-18)

Die charakteristische Länge in der Weberzahl ergibt sich wegen der kugelförmigen Tropfen zu ei-nem sechstel ihres Durchmessers (l = rT/6). Die mit dem untersuchten Tintenschreibwerk erzeugten Tropfen erreichen mit We > 3 relativ große Werte. Daraus folgt, dass die Tropfen unabhängig von Oberflächenstörungen, z. B. Verschmutzung der Düse, gleichförmig ausgespritzt werden, dass aber auch die Oberflächenspannung umgekehrt nicht für saubere Tropfenbildung benutzt werden sollte. Vielmehr muss schon ein geeigneter Impuls den Tropfen in seiner Grundform richtig erzeugen.

Eine weitere wichtige Energiebeziehung liefert 4-19:

2

2 6

6

E E

E

v rkin O

O

T T (4-19)

Damit erhält man das Verhältnis zwischen Gesamtenergie eines z. B. mit 4 m/s fliegenden Tropfens und seiner reinen Oberflächenenergie. Für konstante Tropfendurchmesser ist dies der Faktor, um den man die Impulsenergie am Piezoröhrchen erhöhen muss, wenn man Tropfen von null auf die gewünschte Geschwindigkeit vergrößern will.

Numerisch berechnete Tropfenwerte

Die numerisch ermittelte Geschwindigkeit der Tropfen ergibt sich nach 4-22 aus Gesamtimpuls und -masse der einzelnen Tintenscheibchen. Masse und Impuls erhält man aus den Gleichungen 4-20, bzw. 4-21.

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m m v t rTn ii

n

i Di

n

1

2

1

I m v v tTn i ii

n

ii

n

1

2

1

(4-20)

(4-21) rD 2

vI

m

m v

mTn

Tn

Tn

i ii

n

ii

n

1

1

(4-22)

Über die Beziehungen dieses vierten Kapitels kann man die Düse mit dem übrigen Teil des Drop-on-Demand-Tintendrucksystems theoretisch verknüpfen. Für den letzten noch folgenden Abschnitt dieser Untersuchung bleibt der Vergleich von berechneten und gemessenen Ergebnissen am Ge-samtsystem und die Darstellung daraus ableitbarer Folgerungen.

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5. Das gesamte Drop-on-Demand-Tintendrucksystem

5.1 Signalflussplan des Tintenschreibsystems Mit der theoretischen Düsenbeschreibung kann nach Bild 5.1 der Signalflussplan des Tintenschreib-systems vervollständigt werden. Wegen der besseren Übersichtlichkeit, beschränkt sich der Plan auf die Grundstruktur. Kleinere Effekte wie z. B. die Wellendispersion und Reflexionen im Konus und an den Röhrchen-Kanal-Übergängen werden nicht berücksichtigt.

Bild 5.1: Signalflussplan des Tintenschreibsystems Dieser Plan berücksichtigt weder Wellendispersion noch kleinere Reflexionsstellen im Kanal. Signalblöcke: 1 Anregung nach Bild 2.10, 2 Reflexion am Kanalende, 3-5 Laufzeiten im Kanal, 6 Düsenfaktor, 7-11 Beschleunigungsenergie (Glg. 4-3), 12-14 Kinetische Energie (Glg. 4-3). Kno-tenpunkte: a,b Druckeinspeisung, c Kontigleichung, d Bernoullische Energiegleichung

Der Plan teilt sich in Kanal- und Düsenelemente. Erstere setzen sich – ähnlich denen aus Bild 3.10 – aus Anregung, Laufzeiten und der Reflexion am Kanalende zusammen; letztere zeigen die Verknüpfung der Düsengleichungen. Durch die Totzeitglieder wird das Tintenschreibwerk zum System mit verteilten Parametern [70].

Frequenzabhängigkeiten werden durch die Kreisstruktur im Kanalteil des Signalflussplanes mit sei-nen Reflexionsstellen und Totzeiten beschrieben. Bild 5.1 verdeutlicht weiter, dass zwar am hinte-ren Ende konstant 80 % der Druckwellen mit Phasenumkehr reflektiert werden, an der Düse aber viele – teilweise sogar stark nichtlineare – Glieder den Reflexionsfaktor zeitabhängig verändern. Die Einflüsse verschiedener Parameter, wie Folgefrequenz, Anregungsform usw. auf die Tropfen-fluggeschwindigkeit sind deshalb nur numerisch zu ermitteln, bzw. durch Messungen aufzuzeich-nen.

5.2 Lösung mit einem Rechenprogramm Für die systematische Untersuchung des Düsenverhaltens mit einem Rechenprogramm muss man die aufgestellten Beziehungen teilweise noch umformen. Durch die Diskretisierung der Differentia-le wird aus x ein v/t. Zur Minimierung der Rechen-fehler muss der Zeitschritt t hinreichend klein sein. Für Tintenschreibwerke liegt der optimale Wert bei t = 1 µs.

Der im dritten Kapitel beschriebene Rechenalgorithmus für die Schallausbreitung im Kanal liefert den Druck pe(t) als Eingangsgröße der Düsenberechnung. Zum Startzeitpunkt tØ sind die Randbe-dingungen bekannt: Die Geschwindigkeit der Tinte in der Düse ist null und die zur Ebene gemittelte

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Grenzflächen Tinte – Luft – der Meniskus – liegt nach Bild 4.3 etwa 1 µm hinter dem vorderen Dü-senkanalende.

Das Struktogramm nach Bild 5.2 zeigt, wie über die Kontigleichung 4-12 aus pe(t) und der augen-blicklichen Tintengeschwindigkeit in der Düse die reflektierte Druckwelle pr(t) berechnet wird. An-schließend liefert die nach x aufgelöste und diskretisierte Bernoulli-Gleichung die Beschleunigung und nach numerischer Integration Geschwindigkeit und Lage des Meniskus in der Düse. Tritt Tinte aus der Düse aus (x > lD), so wird der Tropfen in einem eigenen Unterprogramm berechnet.

Bild 5.2: Struktogramm des Rechengangs nach Nassi-Shneidermann [5]

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Eingangs- und Ausgangsgrößen des Rechenprogramms

Für die numerische Beschreibung des Tintenschreibsystems durch ein Finite-Elemente-Rechenpro-gramm werden folgende Parameter als Eingangsgrößen benötigt:

Geometrische Größen:

Kanaldurchmesser an der Düse, Düsendurchmesser, Düsenlänge, Lage des Aktors im Kanal

Stoffgrößen:

Phasengeschwindigkeit des Fluids in den Elementen, Dämpfung im gießharzumschlossenen Kanal und im Bereich des Aktors, Dichte und Oberflächenspannung des Fluids, Zeitkonstante T1 für die ersatzweise Berechnung der Wellendispersion durch PT1 -Funktion

Abgeleitete Größen:

Akustische Impedanz der Finiten Elemente, Unterdruck, Oberflächendruckfunktion

Sonstige Größen:

Rechenschrittzeit, Taktrate

Anregung:

Verlauf des Anregungsimpulses als Folge von Rechteckimpulsen; die Dauer entspricht jeweils der Rechenschrittzeit

Die Länge der Finiten Elemente ergibt sich automatisch aus Phasengeschwindigkeit und Rechen-schrittzeit. Als Ergebnis liefert das Programm folgende Ausgangsgrößen:

Schalldruckverlauf in einem beliebigen Kanalabschnitt (Richtungstrennung möglich), einlaufende und rücklaufende Druckwellen an der Düse, Bewegungsverlauf des Tintenmeniskus, Geschwindig-keit und Masse der als Tintenscheibchen austretenden Tropfen, Fluggeschwindigkeit und Durch-messer der Tropfen

Rechenbeispiele

Wegen der ausgeprägten Nichtlinearitäten in der Bewegungsgleichung lässt sich der zeitliche Ver-lauf der Ausgangsgrößen, wie erwähnt, nicht explizit angeben. Es sollen deshalb für einige ausge-wählte Fälle die Druck- und Geschwindigkeitsreaktion der Düse in den Bildern 5.3 a-d skizziert werden.

Sprunganregung am Piezowandler nach Bild 5.3 a und b

pr zeigt die nichtlineare Wirkung der Düse. Der Meniskus wird im Fall a. (0,3 bar Unterdruck) weit zurückgezogen und arbeitet sich wegen der schwachen Oberflächenkräfte nur langsam wieder nach vorne. Bei b. (0,1 bar Unterdruck) wirken in der Beruhigungsphase in der Nähe der Ruhelage nach Bild 4.3 etwas stärkere Kräfte. Außerdem ist natürlich die Auslenkung kleiner, weshalb der Menis-kus seine Ruhestellung schneller erreicht.

1 µs-Impulsanregung am Wandler nach Bild 5.3 c und d

Obwohl der über die Zeit gemittelte Eingangsdruck pe genau null ist, erreicht der Meniskus seine Ruhelage erst nach deutlichem Überschwingen wieder.

In den Bildern 5.3 a und b sieht man, dass die Oberflächenkräfte kaum in der Lage sind, den Me-niskus schnell wieder in seine Ruhelage zu ziehen. Diese Tatsache ist von großer Bedeutung für noch folgende Untersuchungen. Denn unabhängig von der Folgefrequenz sollten für die Tropfen-bildung immer dieselben Startbedingungen herrschen. Dies wiederum erfordert, dass sich der Tin-tenmeniskus durch ein Abstimmen aller beteiligten Parameter möglichst schnell in seine Ausgangs-position zurückbewegt und dort sofort zur Ruhe kommt.

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Bild 5.3: Bewegung des Tintenmeniskus und reflektierte Druckwellen nach verschiedenen Anregungen a: Sprunganregung am Piezowandler, entsprechend einer 0,3 bar Unterdruckwelle an der Düse b: wie a., jedoch 0,1 bar Unterdruck; c: 1 µs-Impulsanregung mit positiver Spannung am Piezo-wandler, entsprechend 1 bar Druckwellen an der Düse; d: wie c., jedoch negativer 1 µs-Impuls

Da im Rechenmodell einige Vereinfachungen getroffen werden, ist eine Berechnung ohne die Kon-trolle durch Messungen wenig sinnvoll. Der im Anhang beschriebene Mess- und Versuchsstand er-möglicht universelle Messungen. Optisch können Tropfenbildung und -flug beurteilt werden, elekt-risch werden mit dem Impuls-Echo-Verfahren (s. a. Bild 2.6) die Schallwellen im Tintenkanal ge-messen.

5.3 Diskussion von Messung und Berechnung

5.3.1 Allgemeines Für die Untersuchung von Tintenschreibsystemen wurde der im Anhang beschriebene Impulsgene-rator verwendet. Der Gesamtimpuls kann sich nur aus bipolaren Rechteckimpulsen zusammenset-zen. Trotz dieser Einschränkung der Impulsformen hat dieser „digitale“ Impuls viele Vorteile. So lassen sich zunächst alle Impulse immer wieder genau reproduzieren. Weiter wird der Vergleich mit theoretischen Lösungen einfacher, und nicht zuletzt ist eine saubere und problemlose Tropfenerzeu-gung auch mit Rechteckimpulsen möglich. „Sauber“ ist die Tropfenerzeugung unter folgenden Be-dingungen:

• reproduzierbare Bildung und definiertes Abreißen von schnell fliegenden Tropfen (große Weber-zahl!)

• sofortige Stabilisierung des fliegenden Tropfens ohne Bildung von Satellitentröpfchen

• keine Benetzung der Düsenplatte mit Tinte

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• schnelle Rückkehr des Tintenmeniskus in seine Ruhelage

Grundsätzlich ist eine Tropfenbildung mit dem Eingangsdruckverlauf nach Bild 5.4 a möglich [32]. Durch diese, mit einer Überdruckwelle beginnende, Anregung verändert sich allerdings während der Tropfenbildung die Geschwindigkeit der ausströmenden Tinte (Bild 5.4 b Zeitbereich 2) sehr stark. Die schwachen Oberflächenkräfte reichen dann oft nicht aus, die Tropfen zusammenzuhalten, so dass Satellitentröpfchen entstehen. Der Meniskus zieht sich sehr weit zurück (ZB 3), und da an-schließend Oberflächenkräfte für die Rückführung in die Ausgangslage nötig sind, dauert es sehr lange, bis die Düse wieder spritzbereit ist (ZB 4).

Bild 5.4: Tropfenerzeugung und Tintenbewegung in der Düse bei verschiedenen Eingangsdruckverläu-fen [32]. a: einlaufende und reflektierte Druckwellen nach einfacher Reckteckimpulsanregung b: instabile Tropfenbildung und langsame Rückkehr des Tintenmeniskus in seine Ruhelage nach Anregung durch a c: einlaufende und reflektierte Druckwellen nach zwei abgestimmten Reckteckimpulsen d: stabile Tropfenbildung und schnelle Rückkehr des Tintenmeniskus nach Anregung durch b

Wie schon von Rosenstock [69] gefordert und wie auch Theorie und Messung übereinstimmend er-geben, ist für einen zuverlässigeren Betrieb eine andere Wegfunktion des Meniskus nach Bild 5.4 d nötig. Zunächst muss die Tinte zum Schwungholen zurückgezogen (ZB 1), anschließend stark be-schleunigt (ZB 2), dann teilweise als Tropfen ausgestoßen (ZB 3) werden. Zuletzt reißt der Tinten-strahl durch schnelles Verzögern (ZB 4) ab. Bevor sich der Meniskus aber wieder zurückziehen kann, wird der Tintenpfropfen abgebremst. Damit ist die Düse schon nach 100 µs wieder spritzbe-reit.

Wie aus Bild 5.4 b hervorgeht, ist es zwar möglich, ohne Rückzieh- und Beschleunigungsphase im Düsenschaft Tropfen zu erzeugen, doch sind die beiden Phasen für saubere Tropfenbildung und ho-he Zuverlässigkeit im Alltagsbetrieb von großem Vorteil.

So gelingt es auch durch Beschichten der Düsenplatte (z. B. mit Teflon) nicht, ein Benetzen durch Tinte langfristig zu verhindern. Oft bildet sich ein Tintenwall um die Düse, der beim Tropfenaustritt durchstoßen werden muss (siehe auch Bild 5.7). Die nach der Beschleunigungsphase (ZB 2) schon schnell aus der Düse tretende Tinte hat einen großen Impuls, der sich in einer entsprechend hohen Weberzahl ausdrückt, und durchbricht die Störzone, ohne nennenswert von der Bahn abgelenkt zu werden.

Die Form des gewünschten Wegverlaufes ergibt sich mit dem Druckverlauf pe(t) nach Bild 5.4 c. Da pe(t) direkt nur auf x wirkt, zeigt die Düse integrierendes Verhalten. Kleinere Abweichungen, wie sie z. B. durch den konischen Kanal des untersuchten Tintenschreibwerks (Bild 1.3) entstehen, sind ohne Bedeutung.

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Für die ideale Eingangsdruckfunktion wäre es wünschenswert, einen Kanal ohne Reflexionsstellen – außer an der Düse – zu haben. In solch einem Kanal könnte man das UA(t) für ein gewünschtes p (t)e durch Umkehrung von Gleichung 2-22 schnell bestimmen und müsste sich nicht mit Druck-wellen auseinandersetzen, die (mehrfach) reflektiert an der Düse ankommen. Dies wäre – wie noch gezeigt wird – auch ein Vorteil für kürzeste Tropfenfolgen. Aus Gründen einer kostengünstigen, platzsparenden Konstruktion und der angestrebten Zuverlässigkeit kann dieser Wunschkanal jedoch nicht verwirklicht werden. So zeigten in diese Richtung gehende Versuche, dass lange, dünne Ab-sorptionskanäle den Stofftransport zur Düse erschwerten oder ganz unterbrachen.

Im Rahmen der verbleibenden Möglichkeiten für endlich abgeschlossene Kanäle bietet das unter-suchte Tintenschreibwerk (Bild 3.15 bzw. 5.1) eine relativ gute Lösung. Am hinteren Ende ist die Reflexionsstelle so abgestimmt, dass sich die Phase der Druckwellen hier umdreht. Dort reflektierte Wellen überlagern sich dann mit den direkt nach vorn laufenden, wodurch sich ein optimaler Ver-lauf von pe(t) ergibt. Durch den Vorzeichenwechsel an der Reflexionsstelle gelingt es nach Glei-chung 5-1 schon mit einem einfachen Rechteckimpuls, die drei sequentiellen Zustände für pe(t) nach Bild 5.4 c zu erzeugen.

p t

U tb

cU t

l

c

b

c

r U ta b

c

l

cU t

a b

c

l

c

e

K

R

R K

hK

R

R K

R

R

1

2 2 (5-1)

Gemäß dem Signalflussplan nach Bild 5.1 bezieht Gleichung 5-1 die Laufstrecken (-zeiten) zur Dü-se (b) und zum rückwärtigen Kanalende (a) mit ein. rh ist der Reflexionsfaktor am Ende. Die Glei-chung lässt Wellendispersion, Dämpfung und kleinere Reflexionsstellen unberücksichtigt.

Auch für eine konstante Kanalgeometrie ist es wegen der großen Zahl der verbleibenden Parameter wie Impulsform, Amplitude und Düsenform nicht sinnvoll möglich, alle Kombinationen zu messen, durchzurechnen und zu bewerten. Angestrebt wird allein ein aussagekräftiger Vergleich zwischen Theorie und Messung anhand eines einfachen Rechteckimpulses. Diese Impulsform erzeugt in etwa den gewünschten Druckverlauf an der Düse, weshalb alle folgenden Untersuchungen damit durch-geführt werden können.

5.3.2 Experimentelle Überprüfung der Düsengleichungen Die aufgestellten Düsengleichungen werden durch einen Vergleich zwischen Rechnung und Mes-sung überprüft. Die Lage und die Geschwindigkeit des Meniskus in der Düse kann man zwar nicht direkt feststellen, doch lassen sich die daraus resultierenden Größen – rücklaufende Druckwellen und wegfliegende Tropfen – gut vermessen.

5.3.2.1 Restschwingungen im Kanal Bild 5.5 zeigt im Vergleich die am Piezoröhrchen gemessenen und die nach Rechnung erwarteten Restschwingungen eines Tintenschreibsystems. Angeregt wurde der Wandler – wie das auch bei al-len folgenden Messungen geschieht – mit einem 10 µs-Rechteckimpuls von 60 Volt. Wie die Ähn-lichkeit der beiden Kurven beweist, ließen sich die Düsen-, Kanal-, Aktor- und Tintenparameter gut bestimmen.

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Bild 5.5: Berechnete und gemessene Antwortschwingungen des Tintenschreibsystems nach Anregung mit 10 µs-Rechteckimpuls von 60 Volt. Der Wandler ist erst nach 60 µs messbereit.

5.3.2.2 Tropfenfluggeschwindigkeit und Impulsspannung Die theoretisch nach Gleichung 4-19 erwartete Abhängigkeit der Tropfenfluggeschwindigkeit von der Impulsspannung für eine 10 µs-Rechteckanregung wird durch Messung und Rechnung in Bild 5.6 bestätigt.

Bild 5.6: Auf die Tropfenablösespannung normierter Zusammenhang zwischen Impulsspannung und Trop-fenfluggeschwindigkeit 1: Gemessener Geschwindigkeitsverlauf 2: Numerisch berechneter Geschwindigkeitsverlauf 3: Theoretischer Verlauf ohne Oberflächenspannung

Die asymptotische Annäherung der Graphen (1) und (2) an den theoretischen Verlauf ohne Oberflä-chenenergie (3) verdeutlicht, dass sich der Einfluss der Oberflächenenergie bei hohen Flugge-schwindigkeiten stark vermindert. Theoretisch ergibt sich nach Gleichung 5-2 nur dann ein überein-stimmender Verlauf mit den Messungen, wenn man für die Oberflächenberechnung die nach Bild 5.7 sichtbar komplexe Tropfengestalt während des Tintenaustritts berücksichtigt.

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Bild 5.7: Tropfenaustritt an der Drop-on-Demand-Düse 1 langgezogener Tropfen, 2 Blitzschatten des Tropfens auf der Düsenplatte, 3 Düsenöffnung mit kleinem Tintenwall, 4 großflächige Tintenlachen auf der Düsenplatte, die aber keinen Einfluss auf die Tropfenbildung haben

U

U

E E

EA kin

O

O

U

(5-2)

Nach Bild 5.8 bilden sich mit Erhöhung der Fluggeschwindigkeit auch etwas dickere Tropfen, was in Gleichung 5-2 ebenfalls beachtet werden muss. Für gleiche Größenverhältnisse gilt unabhängig vom Gesamtwirkungsgrad Beziehung 5-3, um die im allgemeinen gewünschte Fluggeschwindigkeit von 4 m/s einzustellen.

U A 145, (5-3)

Bild 5.8: Tropfendurchmesser und Fluggeschwindigkeit

5.3.2.3 Tropfenfluggeschwindigkeit und Impulslänge Die Impulslänge beeinflusst nach Bild 5.9 die Fluggeschwindigkeit der Tropfen. Sowohl aus der Rechnung als auch der Messung ergibt sich eine optimale Impulslänge von 13 µs. Längere Impulse erzeugen zunächst etwas größere Tropfen; eine Impulsdauer über 20 µs führt schließlich zu instabi-len Tropfen. Die Berechnung mit dem Finite-Elemente-Programm bestätigt auch die Messungen von Rosenstock [69].

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Bild 5.9: Fluggeschwindigkeit der Tropfen und Dauer des Rechteckimpulses

5.3.2.4 Folgefrequenz der Tropfen Ein gutes Matrixdrucksystem soll vor allem beliebige Punktmuster mit möglichst hoher Taktrate stabil und zuverlässig erzeugen können. Abhängig von der Folgefrequenz der Tropfen kommt es bei Tintenschreibwerken zu Änderungen der Fluggeschwindigkeit bzw. bei sehr hohen Frequenzen zum vollständigen Ausfall der Schreibsysteme. Da im untersuchten Frequenzbereich der Aktor linear, d. h. hochabgestimmt arbeitet, bleiben nur zwei Ursachen für eine Störung der Tropfenbildung üb-rig: Zum einen der Strömungszustand in der Düse ( ) und zum anderen die akustischen Rest-schwingungen im Tintenkanal. Letztere überlagern sich mit den Druckwellen der nachfolgenden Aktorsignale, wodurch der optimale Eingangsdruckverlauf des Einzelimpulses gestört wird.

xx ,

Der Einfluss der Folgefrequenz wird mit einer Folge von drei Tropfen und einer darauffolgenden (vorhergehenden) langen Pause nach Bild 5.10 untersucht. Mit dieser Tropfensequenz wird man beim Testen des intermittierenden Betriebs eines Drop-on-Demand-Schreibsystems gerecht.

Bild 5.10: Erzeugung einer Testimpulsfolge für intermittierenden Betrieb a: Triggerimpulse des Generators b: systematisches Ausblenden von Impulsen c: Zu beobachtendes Flugbild der angeblitzten Tropfen

Die Geschwindigkeit der Tropfen wird mit der im Anhang beschriebenen Messeinrichtung (neu: Bild 5.11 a) durch Feststellung ihrer Position bei synchronisierter Blitzbeleuchtung bestimmt (Bild 5.l0 c). Bild 5.11 zeigt beispielhaft für ein Schreibsystem die von der Folgefrequenz abhängi-gen Tropfenlagen, wie sie mit Ansteuerung nach Bild 5.10 b von Hand aufgezeichnet wurden.

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Bild 5.11a (neu) Mess- und Beobachtungseinrichtung zur Dokumentation der frequenzabhängigen Tropfen-fluggeschwindigkeit. (in der Originalversion der Dissertation noch nicht vorhanden)

Bild 5.11: Handschriftlich aufgenommenes Lageprotokoll für eine Anregung nach Bild 5.10 Der Wandler wurde mit 10 µs-Reckteckimpulsen von 60 Volt angesteuert. Tropfen, die auf der ge-punkteten Kurve (4) liegen, wurden mit einem anderen Impuls (s. Kap. 5.3.3) erzeugt. Der Lichtblitz wurde 1 ms nach der Auslösung des zweiten Tropfenimpulses (Kurve 2) ausgelöst.

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Wie u. a. Hofer [34] vorschlägt, wird für die Abszisse statt der Folgefrequenz die Taktrate gewählt. Damit liegen alle ungestört fliegenden Tropfen bei synchroner stroboskopischer Beleuchtung im Messprotokoll auf einer Geraden. Da der Abstand der gleich schnell fliegenden Tropfen proportio-nal der Taktrate ist, vereinigen sich die Kurven verschiedener Tropfen bei unendlich hoher Fre-quenz (kurzer Zykluszeit) in einem Punkt. Ein weiterer Vorteil der zeitlinearen Aufzeichnung ist ein möglicher direkter Vergleich zwischen zyklenzeitabhängiger Fluggeschwindigkeit und Restschwin-gungen im Kanal.

Zunächst soll noch Bild 5.11 diskutiert werden. Beim ersten Anregungsimpuls nach der sechsmal längeren Pause liegt zumindest bis etwa 120 µs Taktrate ein gut beruhigtes Tintendrucksystem vor. Der erste Tropfen (1) bildet sich deshalb stets ungestört und fliegt unabhängig von der Taktrate mit gleicher Geschwindigkeit fort.

Indem der erste Tropfen als Referenz dient, lassen sich die Masse-, Form- und Geschwindigkeits-abweichungen des zweiten (2) qualitativ und quantitativ als Störungsmaß erfassen. Da nur der erste Tropfen den zweiten beeinflusst, hält sich die Komplexität der Überlagerungen in Grenzen und kann noch theoretisch nachvollzogen werden. Es zeigt sich, dass der zweite Tropfen schon bei mehr als 300 µs deutlich von seiner Sollposition abweicht. Unter 200 µs erreichen die Störungen ein für „sauberen“ Tintendruck unzulässig hohes Maß.

Die Nachwirkungen der ersten Tropfenbildung sind bei der Erzeugung des dritten Tropfens (3) bis zu einer Zyklenzeit von etwa 160 µs weitgehend abgeklungen. Dieser Tropfen verhält sich deshalb im unteren Frequenzbereich genauso wie der zweite (Ähnlichkeit der Kurven (2) und (3)!).

Die Fluggeschwindigkeit der Tropfen lässt sich aus dem Lageprotokoll (Bild 5.11) ermitteln. Benö-tigt wird nach Gleichung 5-4 noch der Vergrößerungsmaßstab V und die Verzögerungszeit tStr der Blitzauslösung.

vl

V tTStr

(5-4)

Damit erhält man für die Kurve (2) aus Bild 5.11 den taktratenabhängigen Geschwindigkeitsverlauf nach Bild 5.12 a. Das Ergebnis des Finite-Elemente-Programms stimmt trotz der vielen Vereinfa-chungen gut mit der Messung überein.

Restschwingungen und Fluggeschwindigkeit der Tropfen

Bild 5.12 b zeigt die am Piezoröhrchen messbaren Restschwingungen im Tintenkanal. Es dauert rund 300 µs, bis die Schwingungen abgeklungen sind.

Ein qualitativer Vergleich der Kurvenform 5.12 a und b in Bild 5.12 c verdeutlicht die störende Wirkung der akustischen Echoschwingungen auf die Tropfenbildung. Denn obwohl einmal Mess-zeit, das andere Mal die Taktrate in der Abszisse aufgetragen sind und damit beide Kurven ver-schiedene Größen darstellen, besteht zwischen ihnen ein einfacher Zusammenhang. So überlagern sich Druckwellen eines nachfolgenden Impulses bei einer bestimmten Folgefrequenz (Taktrate) mit Nachschwingungen der vorhergegangenen Tropfenbildung, die exakt nach dieser Periodendauer (t = T) durch das Piezoröhrchen laufen.

Trotz der nichtlinearen und integrierenden Düseneigenschaften verlaufen beide Kurven in Bild 5.12 c sehr ähnlich. Da auch der Piezowandler Druckwellen nur richtungsunabhängig regist-riert, überrascht die gute Übereinstimmung.

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Bild 5.12 Restschwingungen und Fluggeschwindigkeit a: Taktrate und Fluggeschwindigkeit der Tropfen b: Restschwingungen nach 10 µs Rechteckimpuls c: Restschwingungen und Geschwindigkeitsabweichungen

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5.3.3 Elimination von Druckwellen Nach Bild 5.4 führen die Druckwellen des 10 µs-Rechteckimpulses den Tintenmeniskus 50 µs nach seiner ersten Auslenkung in die Gleichgewichtslage zurück. Ein störender Einfluss auf die Flugge-schwindigkeit der Tropfen kann deshalb nur noch von den akustischen Restschwingungen im Kanal ausgehen. Somit stellt sich die Frage, ob diese Restschwingungen eliminiert werden können.

Reflexionsfreier Kanalabschluss

Eine Lösung des Problems ist der reflexionsfreie Abschluss des Kanals nach Zoltan [84]. Da keine von hinten reflektierten Druckwellen zur Tropfenbildung beitragen können, müsste der tropfenaus-lösende Spannungsimpuls komplizierter aufgebaut werden. Andererseits könnte man alle nach hin-ten laufenden Wellen außer acht lassen.

Konstruktiv lässt sich ein reflexionsfreier Kanal aber kaum realisieren. Änderungen der akustischen Impedanz verursachen Reflexionen, was z.B. am Übergang Piezo – Kanal schon zu 15 %-iger Re-flexion führt. Theoretisch ist es zwar vorstellbar, eine durch ein gut absorbierendes Wandmaterial reduzierte Schallgeschwindigkeit im Kanal über eine entsprechende Querschnittsänderung aus-zugleichen. In der Praxis lässt sich eine derartige Übergangsstelle aber nicht abgleichen, zumal sich die Impedanz stoffabhängig mehr oder weniger mit der Temperatur ändert. Nachteilig ist auch die räumliche Vergrößerung des Tintenschreibwerks und der erhöhte Fließwiderstand beim Nachfüllen der Düse durch den langen dünnen Dämpfungskanal.

Kompensationsimpulse

Wie auch Kasahara [37] zeigt, lassen sich störende Druckwellen gut durch zusätzliche Spannungs-impulse kompensieren. Die Wellen überlagern sich im Wandlerröhrchen gegenphasig und löschen sich damit aus (Welleninterferenz).

Eine vom Aktor erzeugte Welle durchläuft nach Bild 5.13 die doppelte Kanallänge, bevor sie wie-der mit gleicher Orientierung am Wandler erscheint. Auf diesem Weg verändert sich die Form der Welle durch Wellendispersion, zusätzliche Reflexionsstellen und die nichtlinearen Düseneigen-schaften so stark, dass keine einfache Bestimmung des Kompensationsimpulses mehr möglich ist.

Bild 5.13: Lauf einer Druckwelle durch das Schreibsystem bis zur ersten Kompensationsmöglichkeit

Die nötige Impulsform ist wegen der Richtungsunempfindlichkeit der Röhrchen durch Messung nicht zu finden. Was bleibt ist der Weg über die Trial-and-Error-Methode und die numerische Lö-sung. Aus dem berechneten pRK(t) erhält man durch Auflösen von Gleichung 2-22 nach UA(t) und Umkehrung der Vorzeichen (Gegenkopplung) den Kompensationsimpuls:

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U t p t U tl

ck RKR

R

(5-5)

Da sich die berechnete Anregung nach Bild 5.14 mit dem vorhandenen Impulsgenerator nicht er-zeugen lässt, wird im folgenden der vereinfachte Impuls (gestrichelt) verwendet. Der Kompensati-onsimpuls wird durch seinen zeitlichen Abstand vom tropfenauslösenden Impuls an die verschiede-nen Kanallängen des Tintenschreibwerks angepasst.

Bild 5.14: Berechneter und untersuchter Kompensationsimpuls

Der Vergleich der Restschwingungen in Bild 5.15 zeigt, dass es auch mit dem vereinfachten Impuls gelingt, die Schwingungsamplituden µm mindestens 17 dB zu reduzieren.

Bild 5.15: Vergleich von Restschwingungen im Tintenkanal mit und ohne Kompensationsimpuls

Durch Reduzieren der Restschwingungen erhält man einen verbesserten Folgefrequenzgang der Tropfenfluggeschwindigkeit (Messung nach Kap. 5.3.2.4, bzw. Kurve (4) in Bild 5.11). Unabhän-gig von der Taktrate bis hinunter zu 100 µs kommt es nach Bild 5.16 nur zu geringen Geschwindig-keitsabweichungen der Tropfen (13 % im Vergleich zu 55 % bei nicht kompensierter Anregung).

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Bild 5.16: Einfluss der Folgefrequenz auf die Geschwindigkeit der Tropfen mit und ohne Kompensationsim-puls

Bei kürzeren Taktraten kollidiert zunächst der Startimpuls eines nachfolgenden Tropfens mit der Kompensationsimpulsfolge. Da mit dem im Anhang beschriebenen Impulsgenerator keine lineare Überlagerung möglich ist, ließ sich dieser Bereich nicht untersuchen. Für einige kürzere Taktraten zwischen 50 und 10 µs konnten wieder Tropfen erzeugt werden. Vergleichbare Messungen von Lee [52] zeigen jedoch, dass sich bei solch hohen Frequenzen die Einzeltropfen nicht mehr vonein-ander lösen und das Schriftbild unsauber wird.

5.3.4 Übersprechen Nur beim Betrieb einer einzelnen Düse ist es sinnvoll, Druckwellen zu kompensieren. Sollen aber – wie das normalerweise der Fall ist – alle zwölf Schreibsysteme nebeneinander arbeiten, so überla-gern sich nach Bild 5.17 dem Nachhall des eigenen Schreibsystems Übersprechschwingungen aus benachbarten Kanälen.

Bild 5.17: Übersprechen des 10 µs-Impulses auf einen benachbarten Kanal im Tintenschreibwerk

Übersprechen entsteht durch Flüssigkeitsschall, Körperschall und elektrisch. Eine Trennung ver-schiedener Mechanismen ist einfach möglich: Man erhält den elektrischen Anteil, wenn man nach Bild 5.18 a einen ausgelagerten Wandler ansteuert, aber im Schreibwerk misst.

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Bild 5.18: Trennung verschiedener Übersprechmechanismen. a. elektrisches Übersprechen b. elektrisches Übersprechen und Übersprechen durch Flüssigkeits- und Körperschall

Bei einer Messung in einem entleerten Schreibkopf überlagert sich dem elektrischen Übersprechen der Körperschallanteil. Alle drei Mechanismen sind schließlich gleichzeitig in einem betriebsberei-ten Schreibkopf zu registrieren (Bild 5.18 b).

Im einzelnen misst man folgende Maximalwerte:

Ursache Übersprechmaß

elekrische Kopplung < -40 dB 1 %

Körperschall < -30 dB 3 %

Flüssigkeitsschall < -14 dB 20 %

Die Werte zeigen, dass nur die unerwünschte Schallausbreitung über die Kanalverbindung der Tin-tenversorgung von Bedeutung ist. So werden nur etwa 80 % der erzeugten Schallwellen am Kanal-ende reflektiert. Der beachtliche Rest des Schalls wandert in die Versorgungskanäle und gelangt von dort an die anderen Düsen des Schreibkopfes. Erwartungsgemäß ist das Übersprechen zu be-nachbarten Kanälen stärker als zu weiter entfernten (maximaler Unterschied: 10 dB).

Die Auswirkung des Übersprechens auf den Tropfenflug lässt sich nach dem Messprinzip in Bild 5.19 feststellen. Benötigt werden zwei Impulsgeber und ein verstellbares Zeitglied. Das Ergeb-nis der Messung zeigt Bild 5.20.

Bild 5.19: Messung der Übersprechwirkung auf den Tropfenflug

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Bild 5.20: Übersprechen und Fluggeschwindigkeit der Tropfen

Die Fluggeschwindigkeit der Tropfen weicht auch bei kleinem Zeitversatz teilweise erheblich vom eingestellten Sollwert ab. Der störende Einfluss des Übersprechens ist unabhängig von der Folge-frequenz. Eine gleich große Störung tritt beim Betrieb nur eines Schreibsystems – verursacht durch Restschwingungen – erst über 5 kHz auf.

5.4 Tropfenablösung und Fluggeschwindigkeitseinstellung Aus technischer Sicht ist es sehr interessant, elektrisch über das Piezoröhrchen die Funktionsbereit-schaft des Tintenschreibsystems zu messen. Da der Gesamtwirkungsgrad der Schreibsysteme schwankt, wird weiter auch ein Abgleich der Tropfenfluggeschwindigkeit ohne optische Kontrolle angestrebt. Nach Kapitel 3.4.2 können schon einige Fehlerzustände aus den Echosignalen im Kanal detektiert werden. Der Geschwindigkeitsabgleich soll im folgenden beschrieben werden.

Die Düse eines Schreibsystems verhält sich während des Tintenausflusses stark nichtlinear. Eine zusätzliche sprungartige Änderung des Düsenzustandes entsteht während der Tropfenablösung. Die Antwortsignale am Piezoröhrchen müssen also verschieden verlaufen, je nachdem ob die Impuls-spannung ausreicht, einen Tropfen auszustoßen. Die Unterschiede sind allerdings sehr gering. Zu-dem integriert das relativ lange Piezoröhrchen die Druckwellen, so dass in der Messung kein aussa-gekräftiges Ergebnis erzielt wurde.

Weitere Düseneffekte

Um schnell fliegende Tropfen zu erzeugen, ist neben der geschwindigkeitsabhängigen kinetischen Energie zusätzlich die Energie zur Bildung der Oberfläche durch die Schallwellen bereitzustellen. Sind die Wellen nicht stark genug, so kann zwar schon etwas Tinte aus der Düse treten, doch wird die Energie allein für die Oberflächenbildung verbraucht, ohne dass sich ein Tropfen ablöst. Die in der Oberfläche steckende Energie setzt anschließend – wie bei einer vorgespannten Feder – Kräfte frei, die die Tinte durch die Düse zurück in den Kanal treibt. Dieses Zurückfließen der Tinte erzeugt messbare Schallwellen.

Im Versuch wird bei niedriger Folgefrequenz die Impulsspannung, beginnend mit kleinen Werten, langsam erhöht. Die weitgehend durch die akustischen Verhältnisse des Kanals bestimmten Rest-schwingungen sehen zunächst immer gleich aus. Bald ist aber der Punkt erreicht, bei dem sich schon fast ein Tropfen ablösen kann. Nach Bild 5.21 überlagern sich jetzt die dabei an der Düse entstandenen Schallwellen.

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Bild 5.21: Schwingungsüberlagerung in den Restschwingungen durch in die Düse zurückfließende Tinte

In diesem Bereich der Impulsspannung wächst die Tropfenoberfläche sehr schnell Ent-

sprechend länger dauert es auch, bis die Tinte zurückfließt und die Zusatzsignale am Sensor eintref-fen (Bild 5.21: Kurven a bis d). Nach einer weiteren geringen Erhöhung der Spannung verschwindet der Effekt, da sich die Tropfen ganz ablösen können.

O UTA~ 2

Abgleich der Tropfenfluggeschwindigkeit

Bild 5.6 zeigt den Zusammenhang zwischen Impulsspannung UA und Fluggeschwindigkeit vT der Tropfen. Durch die Normierung auf die Ablösespannung UØ ergibt sich deshalb:

v

OU

U

rT

TA

T

15 1

2

3

,

(5-6)

Die elektrische Messung des Düseneffekts liefert die Ablösespannung. Wünscht man dann z. B. 4 m/s schnelle Tropfen, so genügt beim untersuchten Tintenschreibwerk – unabhängig vom Sys-temwirkungsgrad – eine 1,45-fache Erhöhung dieser Impulsspannung.

In Reihenmessungen konnte die Fluggeschwindigkeit mit dieser Methode ohne optische Kontrolle genauer als 5 % eingestellt werden. Bezugsgröße dieses Messverfahrens ist die Oberflächenener-gie. Für eine reproduzierbare Anwendung in anderen Tintenschreibsystemen sind die Parameter aus Gleichung 5-6 (insbesondere Tropfenradius rT und gebildete Oberfläche OT) jeweils neu zu bestimmen. Für die Oberfläche darf natürlich nicht die minimale Kugelgeometrie des Tropfens an-gesetzt werden; es ist vielmehr die gesamte, während des Tropfenausstoßes gebildete Oberfläche zu berücksichtigen (siehe dazu Bild 5.7: Austretender Tintentropfen).

Der beschriebene Abgleich lässt sich nach Heinzl [33], bzw. Pöppel [65] automatisieren. Die an der Düse entstehenden Schallwellen zeigen die Funktionsbereitschaft des Drop-on-Demand-Tinten-schreibwerks an: Ist der Effekt nicht messbar, tritt er nicht reproduzierbar oder mehrfach während der Erhöhung der Impulsspannung auf, so muss eine Betriebsstörung angenommen werden. Der fehlerfreie Zustand ist an das singuläre Erscheinen der beschriebenen Düsensignale gekoppelt.

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Akustik und Fluidmechanik in Kanälen und Düsen von Tintenschreibwerken 6. Zusammenfassung der Ergebnisse

6. Zusammenfassung der Ergebnisse Lautloser Betrieb, Schreiben auf Normalpapier und Farbtüchtigkeit sind die wichtigsten Vorzüge der Drop-on-Demand-Tintendrucktechnik. Eine theoretische Beschreibung zur Physik des Tinten-drucks gelingt besonders gut anhand des Schreibwerks mit steifem Wandler und einfacher Kanalge-ometrie. So lassen sich die einzelnen Funktionselemente, das Piezoröhrchen als Aktor – hier auch als Sensor –, der Tintenkanal als Energie- und Stoffleitung und die Düse als Tropfenerzeuger ge-trennt, oder doch zumindest aufeinander aufbauend untersuchen.

Das Piezoröhrchen

Der piezokeramische Wandler ist wegen seiner dickwandigen zylindrischen Geometrie sehr steif und deshalb gleichermaßen als Aktor und Sensor geeignet. Die niedrigste in die Kanalmitte weisen-de Eigenschwingung ist mit 680 kHz die Umfangsschwingung. Sie ist um Zehnerpotenzen höher als in vergleichbaren Tintenschreibwerken mit membran- oder zungenförmigen Aktoren [45,61,72]. Impulsspannung und erzeugter Druck sind wegen der Hochabstimmung der Wandler proportional. Umgekehrt lassen sich mit dem u. a. aus der Medizin und Werkstoffprüfung bekannten Impuls-Echo-Verfahren Schallschwingungen im Kanal messen. Die guten Sensoreigenschaften werden nur wenig durch die zur Mittelung führende, relativ große Länge des Piezoröhrchens und die Richtungs-unempfindlichkeit geschmälert.

Der Tintenkanal

Die Abmessungen des Tintenkanals (l : d > 50) erlauben eine nur eindimensionale Betrachtung. Da Schallwellen die Tropfen erzeugen und auch die Strömungsgeschwindigkeit vernachlässigbar bleibt, ist es zweckmäßig, den Kanal akustisch zu beschreiben. Ein nach dem Prinzip der Finiten Elemente arbeitendes Rechenprogramm berücksichtigt abschnittsweise Reflexionen, Dämpfung und unterschiedliche Schallgeschwindigkeiten. Die numerischen Ergebnisse stimmen mit den gemesse-nen gut überein.

Wesentlichen Einfluss auf die Schallausbreitung im Kanal hat die Wellendispersion. Unter ihr ver-steht man eine Streuung der Schallgeschwindigkeit, die zu einer Entropiezunahme der Druckwellen führt. Sie erklärt die schnelle Abflachung von Druckspitzen (bis zu 60 dB/m [69]) und die Entste-hung von stehenden Wellen aus sprungartigen Anregungen in begrenzten Kanälen. Es bleibt eine Absorptionsdämpfung von nur 3 dB/m. Dieser Wert, der die Summe aus „Klassischer“ und Mole-kularer Dämpfung bildet, errechnet sich auch nach Kurtze [42]. Beachtlich ist auch der Einfluss des Wandmaterials. So werden Schallwellen beim Übergang vom Piezokeramik- zum Gießharzkanal zu 15 % reflektiert.

Die Düse

Die Tintenbewegung in der Düse und die daraus folgende Tropfenerzeugung kann mit nur zwei Ü-bergangsgleichungen aus den Schallwellen im Kanal abgeleitet werden. Der instationäre Ansatz der Bernoulli-Gleichung beschreibt die Energie-, die Kontinuitätsgleichung die Stoffbilanz zwischen Kanal und Düse:

p p p x x xe r O D D D

22 Energiegleichung

p p x cr

re r DD

K

2

Kontinuitätsgleichung

Die (De-) Kompression der Tinte durch den Schalldruck erklärt sowohl den Stoff- als auch den E-nergietransport zur Düse mit Schallgeschwindigkeit.

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Akustik und Fluidmechanik in Kanälen und Düsen von Tintenschreibwerken 6. Zusammenfassung der Ergebnisse

Das Gesamtsystem Die theoretischen Ergebnisse können ohne jede technische Veränderung am untersuchten Tinten-schreibsystem an zwei Messstellen überprüft werden: einmal lassen sich die Schallschwingungen im Kanal am Piezoröhrchen und zum anderen die Parameter der fliegenden Tropfen messen. Trotz verschiedener Vereinfachungen im Rechenmodell erreicht man ein hohes Maß an Übereinstim-mung.

Auch mit der zur Ansteuerung geeignetsten Impulsform lassen sich Abweichungen der Tropfen-fluggeschwindigkeit bei hohen Folgefrequenzen nicht vermeiden. Sie entstehen dann aber allein durch den akustischen Nachhall im Kanal. Mit einer (aufwendigen) Kompensation der Mach-schwingungen lässt sich dennoch alle 100 µs ein Tropfen erzeugen.

Geschwindigkeitsabgleich der Tropfen Über den elektrischen Anschluss des Tintenschreibwerks lässt sich die Funktionsbereitschaft fest-stellen. Daneben ist es möglich, auch die Fluggeschwindigkeit der Tropfen sehr genau zu bestim-men. Grundlage dafür ist einmal der Zusammenhang zwischen Fluggeschwindigkeit der Tropfen und der Impulsspannung:

v

OU

U

rT

TA

T

15 1

2

3

,

Geschwindigkeitsgleichung

Die zunächst unbekannte Tropfenablösespannung (UØ) (Minimalspannung zur Tropfenerzeugung) kann dann über ein am Piezoröhrchen messbares Signal ermittelt werden. Kurz bevor die Impuls-spannung ausreicht, einen Tropfen ganz auszustoßen, strömt die ausgetretene Tinte wieder in die Düse zurück und erzeugt damit schwache Schallwellen. Ein elektrisches Abgleichsystem kann die-ses Signal detektieren und aus dem oben genannten Zusammenhang die Impulsspannung für die gewünschte Fluggeschwindigkeit der Tropfen bestimmen.

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Akustik und Fluidmechanik in Kanälen und Düsen von Tintenschreibwerken 7. Literaturverzeichnis

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Akustik und Fluidmechanik in Kanälen und Düsen von Tintenschreibwerken 8. Physikalische Kennwerte untersuchter Tintenschreibwerke

© TU München (1984) • Wolfgang Wehl 71/78 4. Auflage (Stand 02/2012)

ANHANG

8. Physikalische Kennwerte untersuchter Tintenschreib-werke

(Die Werte gelten für 20 °C)

A. Grundgrößen der Teilsysteme

1. Piezoröhrchen

Geometrie: Länge (lR) 9,85 mm Innendurchmesser (d i) 1 mm Außendurchmesser (da) 2 mm

Stoffgrößen: Dichte (R) 7600 kg·m-3 Elastizitätsmodul (ER) 65·109 N·m-2 Schallgeschwindigkeit (cR) 2920 m·s-1

Eigenfrequenzen: Längsschwingung (fL) 0,15 MHz Umfangsschwingung (fU) 0,66 MHz 1. Dickenschwingung (fD1) 3,5 MHz 2. Dickenschwingung (fD2) 3,75 MHz

(Piezo-) elektrische Größen: Kapazität (CR) 880 pF Betriebsspannung (UA) 70 – 200 V Polarisationsfeldstärke (E) 3·106 V·m-1 Anregungsenergie (EA) <10-5 J Wirkungsgrad (vergossen) (R) < 2 % Umwandlungsfaktor () < 10-3 V·m2·N-1

2. Kanalwand

Geometrie: Innendurchmesser (d i) 0,7 mm Wandstärke (dK) > 0,5 mm

Stoffgrößen: Dichte (K) 1100 kg·m-3 Elastizitätsmodul (EK) 3,8·109 N·m-2 Schallgeschwindigkeit (cK) 1850 m·s-1

3. Düse Länge (lD) 100 µm Durchmesser (Kanalseite) (d i) 100 µm Durchmesser (Außenseite) (da) 80 µm

4. Tinte Dichte (T) 1100 kg·m-3 Kompressibilität (KT) 2,9·109 N·m-2 Schallgeschwindigkeit (cT) 1640 m·s-1 Oberflächenspannung (T) 0,05 N·m-1 Dyn. Viskosität (T) 25·10-3 N·s·m-2

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Akustik und Fluidmechanik in Kanälen und Düsen von Tintenschreibwerken 8. Physikalische Kennwerte untersuchter Tintenschreibwerke

© TU München (1984) • Wolfgang Wehl 72/78 4. Auflage (Stand 02/2012)

B. Größen der Gesamtsysteme

1. Versuchskanal Gesamtlänge (l3) 130 mm Länge bis zum ersten Piezoröhrchen (l1) 31 mm Länge bis zum zweiten Piezoröhrchen (l2) 52 mm Kanalradius (rK) 300 µm

2. Tintenschreibkopf PT 80 Gesamtlänge (lg) 35 mm Länge Rückwand – Piezoröhrchen (a) 5 mm Länge Düse – Piezoröhrchen (b) 20 mm Kanalradius am Piezoröhrchen (rR) 300 µm Kanalradius an der Düse (rv) 150 µm

C. Das Piezoröhrchen als Sensor Messspannung (UM) < 2 VSS Spannungsabstände bezogen auf die Impulsspannung: Messspannung -30 dB Erkennung der Tropfenablösung -70 dB Störspannung -90 dB

D. Akustische Größen

1. Schalldruckausbreitung Piezo Kanal Stahl Luft

Schallgeschwindigkeit (c) 1400 890 1500 343 m·s-1 Dichte () 1100 1100 5600 1 kg·m-3 Akustische Impedanz (Z) 4,3 2,5 – 3300 pN·s·m-5 Kanaldämpfung (d) 0,1 3 – – dB·m-1

2. Maximale Schallwerte Schalldruck (p) ±1 bar Schallschnelle (v) 0,1 m·s-1 Schallintensität (I) 10 W·m-2 Schallleistung (P) 0,4 mW akustisches Übersprechen < 15 dB

E. (Maximale) Düsenwerte Tintenbeschleunigung 106 g Geschwindigkeit (vD) 15 m·s-1 Oberflächendruck (pO) 3000 N·m-2 statischer Unterdruck (pU) 300 N·m-2

F. Tropfenwerte für vT = 4 m·s-1 Durchmesser (dT) 80 µm Masse (mT) 3·10-10 kg Kinetische Energie (Ekin) 2,3·10-9 J Oberflächenenergie (EO) 1·10-9 J Weberzahl (We) 2,4

G. Maximale Betriebswerte Gesamtwirkungsgrad (g = T/A) < 2 ‰ Tropfenfolgefrequenz ohne Kompensation 5 kHz Tropfenfolgefrequenz mit Kompensation 10 kHz Tropfenzahl / Joule > 2·105

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Akustik und Fluidmechanik in Kanälen und Düsen von Tintenschreibwerken 9. Versuchs- und Messeinrichtungen

9. Versuchs- und Messeinrichtungen

9.1 Funktionstestgerät für Tintenschreibwerke (Versuchsaufbau zu Kapitel 3.4)

Kleinsignalmessungen an Tintenschreibsystemen mit piezoelektrischen Wandlern lassen sich nach Bild 9.1 schon mit einer sehr einfachen elektronischen Messschaltung durchführen.

Bild 9.1: Blockschaltplan für ein Kleinsignaltestgerät (Angegeben sind die jeweils geeigneten TTL-IC-Nummern: 74LS…)

Die Schaltung besteht aus einem Oszillator, zwei monostabilen Flip-Flops und einem Tri-State-Treiber im TTL-Low-Power-Schottky-Standard. Das Messprinzip beruht auf dem Impuls-Echo-Verfahren [68]. Der Oszillator regt über den Leitungstreiber das Piezoröhrchen mit einer Perioden-dauer von 500 µs mit TTL-Spannungssprüngen (ca. 4 Volt) an. 15 µs nach der abfallenden Flanke wird der Wandler für 200 µs durch den Tri-State-Treiber hochohmig vom Impulsgeber abgekoppelt. In diesem Zeitraum können von dem Sensor Piezoröhrchen empfangene Signale - die Sprungant-wort - direkt auf dem Oszilloskop beobachtet und im Transientenrecorder gespeichert werden.

Das Messprinzip hat folgende Vorteile:

• einfache (billige) Hardware

• keine Bedienungs- und Abgleichvorgänge nötig (abgesehen von der Auswahl des Schreibsys-tems)

• aussagekräftige, gut differenzierbare Messergebnisse über Füllzustand, Wirkungsgrad, elektrische Funktion und andere Parameter

Bild 9.2 zeigt ein Mustergerät für den Funktionstest des PT 80-Schreibkopfes. Das Gerät enthält zwei identische Schaltungen nach Bild 9.1, so dass man über die Umschalter zwei beliebige Syste-me messen und vergleichen kann. Auf dem Oszilloskop sind dazu zwei typische Sprungantworten sichtbar.

9.2 Verwendeter Messaufbau Ein Versuchs- und Messaufbau für Tintenschreibwerke soll folgende Anforderungen erfüllen:

• Ansteuerung des Aktors mit breiter Variationsmöglichkeit von Impulsform, -dauer -amplitude und Folgefrequenz

• Messungen nach dem Impuls-Echo-Verfahren

• Beobachtungs- und Dokumentationseinrichtungen für Tropfenbildung und -flug,

• einfache, handliche Bedienung

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Akustik und Fluidmechanik in Kanälen und Düsen von Tintenschreibwerken 9. Versuchs- und Messeinrichtungen

Bild 9.2: Messaufbau mit Kleinsignaltestgerät für zwei Schreibsysteme 1 Tintenkanaltester, 2 Tintenschreibkopf, 3 Oszilloskop

9.2.1 Impulsgenerator für Tintenschreibwerke Um das umfangreiche Pflichtenheft gezielt erfüllen zu können, musste ein geeigneter Impulsgenera-tor (Bild 9.3) entwickelt werden [83]. Bild 9.4 zeigt seinen Blockschaltplan.

Bild 9.3: Impulsgenerator für Tintenschreibwerke. Funktionsgruppen: 1 Wahl der Impulsform und -dauer durch 108 Schalter 2 Wahl von Impulsspannung, Blitzverzögerungszeit, Folgefrequenz 3 Anzeigen für Impulsspannung, Taktrate, Folgefrequenz , Blitzverzögerungszeit 4 Programmwahl für intermittierende Tropfenfolgen

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Akustik und Fluidmechanik in Kanälen und Düsen von Tintenschreibwerken 9. Versuchs- und Messeinrichtungen

Bild 9.4: Blockschaltplan des Impulsgenerators von Bild 9.3

Die Bedien- und Anzeigeelemente sind in verschiedenen Funktionsgruppen zusammengefasst:

Einstellung der Impulsform und -dauer (Gruppe 1):

Die Funktionsgruppe 1 dient der digitalen Einstellung von Impulsform und -dauer. Dabei wird ab-hängig von einer gewählten Zeitbasis und der Stellung eines Schalters ein positiver, negativer oder kein Impuls von 0,5, 1 oder 2 µs Dauer auf das Piezoröhrchen gegeben. Die Summe aller aufeinan-

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derfolgender Teilimpulse ergibt den Gesamtimpuls. Die Schalterstellungen am Generator und der Strahlverlauf am Oszilloskop zeigen die gewählte Impulsform.

Analoge Einstellungen (Gruppe 2):

Die zweite Bedienungseinheit ist für die analogen Einstellparameter zuständig. Das ist zum einen die positive und negative Impulsspannung, die man ähnlich wie in Stereoaudioverstärkern mit zwei Reglern wählt. Zweckmäßig ist eine Aufteilung in einen Verstärkungs- und einen Balanceregler. Um z. B. beim Umschalten die Impulsstärke an den Wirkungsgrad einer anderen Tintenschreibdüse anzupassen, ist nur ein Drehknopf zu betätigen. Die beiden Impulsspannungen ändern sich dann proportional im gleichen Verhältnis.

Neben den Impulsspannungen kann man den Zeitpunkt tStr der Blitzauslösung zur Düsen- oder Tropfenbeleuchtung analog variieren und so z. B. die Tropfenbildung in jeder Phase im Standbild studieren.

Der vierte Regler bestimmt schließlich die Tropfenfolgefrequenz. Sie kann aber auch extern über je einen analogen und digitalen Eingang eingestellt werden, was die Aufzeichnung des Folgefre-quenzganges fliegender Tropfen erleichtert (siehe auch nächstes Kapitel).

Display (Gruppe 3):

Auf der Displayleiste (3) wird die positive und negative Impulsspannung und die Periodendauer der Triggerimpulse angezeigt. über einen links liegenden monostabilen Kippschalter kann wahlweise statt der Periodendauer auch die Folgefrequenz oder die Verzögerungszeit der Blitzauslösung aus-gegeben werden.

Impulsfolgewahl (Gruppe 4):

Mit der Impulsfolgewahl in der vierten Bediengruppe simuliert man den für Matrixdrucker wichti-gen intermittierenden Betrieb. Aus einer sich stets wiederholende Folge von acht Triggersignalen können beliebige Impulse wahlweise gesperrt oder durchgelassen werden. Siehe auch Bild 5.10 (Seite 100).

Sonstiges:

Nur während der Anregungsphase und bis zur anschließenden vollständigen Entladung ist das Pie-zoröhrchen als Aktor geschaltet, in der restlichen, stets viel längeren Zeit, steht es als Sensor zur Verfügung. Die Impulszuleitung wird damit gleichzeitig zur Messleitung. Um äußere Störungen auszuschließen, wird das Signal aber direkt an der Messstelle nach dem in Kapitel 2.7 erläuterten Prinzip abgenommen und in einem hochspannungsfesten Impedanzwandler (Bild 2.3, S. 27) aufbe-reitet.

An seinen Schnittstellen liefert der Impulsgenerator neben den Spannungsimpulsen für den Aktor noch Triggersignale für Oszilloskop, Transientenrecorder und Blitzgerät.

9.2.2 Optische Messungen Die Bilder 9.5 und 9.6 zeigen ausschnittsweise bzw. vollständig den Messaufbau für Tinten-schreibwerke. In dieser Anordnung kann unter Blitzbeleuchtung die Lage und Gestalt fliegender Tropfen besonders einfach aufgezeichnet werden. So lässt sich vor allem ihre Fluggeschwindigkeit parameterabhängig bestimmen. Dokumentiert wird außerdem die Tropfenbildung an der Düse. Nicht in Bild 9.6 zu sehen sind Transientenrecorder und Rechner. Sie ermöglichen letztlich erst die genaue Auswertung der elektrischen Messungen an den Piezoröhrchen.

Die in Bild 9.5 vom Tintenschreibwerk (1 ausgespritzten Tropfen werden von zwei Selten (2,3) an-geblitzt. Über das Umlenkprisma (4) können die Tropfen durch ein Stereomikroskop (6) im Durch-licht betrachtet werden. Bild 9.6 zeigt weiter die Videokamera (9), die das Bild zur bequemeren Be-obachtung auf einen Monitor (2) liefert.

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Bild 9.5: Optische Messungen am Tintenschreibkopf 1 Tintenschreibwerk, 2,3 Austritt des Blitzlichtes, 4,5 Umlenkprismen, 6,7 Stereomikroskope, 8 Messverstärker

Bild 9.6: Gesamter Messaufbau 1,2 Videomonitore, 3 Einspiegelvorrichtung am Stereomikroskop, 4 Zeichenbrettbeleuchtung, 5 Stereomikroskope, 6 Zeichenbrett, 7 Messverstärker, 8 Impulsgenerator, 9,10 Videokameras

über die Einspiegelvorrichtung (3) des Mikroskops kann man zusätzlich ein Bild - z. B. einen Maß-stab - einblenden, oder was viel wichtiger ist, die Lage und Form der Tropfen durch Abzeichnen festhalten. Das Zeichenbrett (B. 9.6 6) ist mit einem Schiebepotentiometer gekoppelt. So kann durch Verschieben die Tropfenfolgefrequenz kontinuierlich verändert werden und damit auf einfa-che Weise der Folgefrequenzgang der Tropfenfluggeschwindigkeit lückenlos und detailliert aufge-zeichnet werden. Ein so entstehendes Monitorbild mit einem Teil des eingespiegelten Tropfenfolge-frequenzgangs zeigt Bild 9.7.

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Akustik und Fluidmechanik in Kanälen und Düsen von Tintenschreibwerken 9. Versuchs- und Messeinrichtungen

Bild 9.7: Aufzeichnung des Tropfenfolgefrequenzganges mit Hilfe der Einspiegelvorrichtung (siehe Bild 9.6) 1,2,3 Erste drei Tropfen der intermittierten Tropfenfolge, 4 Zeichenstift und Protokollblatt, einge-spiegelt über die Einspiegelvorrichtung, 5 Folgefrequenzgang des zweiten Tropfens, 6 Schatten des Tintenschreibkopfes (Düsenplatte)

Mit dem zweiten Mikroskop (Bild 9.5: 7) kann man die Tropfenbildung an der Düse beobachten. Dazu wird die Düsenplatte durch einen Blitz (B. 9.5: 3) beleuchtet. Das von ihr reflektierte Licht er-reicht über das Umlenkprisma (B. 9.5: 5) das Stereomikroskop. Die Videokamera (B. 9.6: 10) bringt das Bild auf den Monitor (B. 9.6: 1). Neben dem optischen Einrichtungen befindet sich noch der Messverstärker (B. 9.5: 8) für die elektrischen Signale zweier Piezoröhrchen auf dem Messtisch.

© TU München (1984) • Wolfgang Wehl 78/78 4. Auflage (Stand 02/2012)