Sonntag, 11. Dezember 2016 (20:05-21:00 Uhr), KW 49 F R E I S T I L · 2016. 12. 8. · 3 Sprecher3...

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1 Sonntag, 11. Dezember 2016 (20:05-21:00 Uhr), KW 49 Deutschlandfunk Abt. Feature/ Hörspiel/ Hintergrund Kultur F R E I S T I L Edifício Copan - Leben im größten Wohnhaus der Welt Von Tom Noga Regie: Fabian von Freier Redaktion: Klaus Pilger Redaktion im DLF: Klaus Pilger Produktion: DLF 2016 MANUSKRIPT Urheberrechtlicher Hinweis Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Die Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 44a bis 63a Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig. © - ggf. unkorrigiertes Exemplar -

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Sonntag, 11. Dezember 2016 (20:05-21:00 Uhr), KW 49

Deutschlandfunk Abt. Feature/ Hörspiel/ Hintergrund Kultur

F R E I S T I L

Edifício Copan - Leben im größten Wohnhaus der Welt

Von Tom Noga

Regie: Fabian von Freier

Redaktion: Klaus Pilger

Redaktion im DLF: Klaus Pilger

Produktion: DLF 2016

MANUSKRIPT

Urheberrechtlicher Hinweis

Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Die Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 44a bis 63a Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig.

©

- ggf. unkorrigiertes Exemplar -

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O-Ton 1 Jean-Claude Bernadet (0:08min)

“O Copan como símbolo…. do concreto armado.”

Sprecher 3 Voice Over Jean-Claude Bernadet

“Das Copan spiegelt die Geschichte Brasiliens. Und es ist ein

Symbol für die Stahlbetonarchitektur.”

Regie Dono Affonso in der Sicherheitszentrale, weiter.

O-Ton 2 María Delgado (0:03min) “Tem uma gestão … uma gestão um pouco dictatorial, sim.”

Sprecherin 4 Voice Over María Delgado “Für mich… also für mich hat das hier etwa Diktatorisches,

echt.”

O-Ton 3 Renato de Souza (0:13min) “É uma comparação muita duvidosa… é outra historia.”

Sprecher 5 Voice Over Renato “Nee, so kann man das nicht sagen. Wer hat denn schon mal in

einer Diktatur gelebt? Wer so was sagt, hat keine Ahnung, eine

Diktatur ist was ganz anderes.”

O-Ton 4 Jean-Claude Bernadet (0:17min) “Conversei sobre isso… ….do concreto armado.”

Sprecher 3 Voice Over Jean-Claude Bernadet

“Ich habe mal mit einer Architektin aus dem Stab von Jean

Nouvel gesprochen. Sie hat mir erklärt, wie sehr das Werk Óscar

Niemeyers, insbesondere das Copan, aus der Architektur des

Stahlbetons herausragt.”

Ansage Edifício Copan - Leben im größten Wohnhaus der Welt

Ein Feature von Tom Noga

O-Ton 5 Jean-Claude Bernadet (0:15min) “È que São Paulo é uma cidade… ….o Pão de Açúcar.

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Sprecher3 Voice Over Jean-Claude Bernadet

“São Paulo ist immer eine Stadt ohne Wahrzeichen gewesen,

anders als Brasília und vor allem Rio de Janeiro mit der

Christusstatue und dem Zuckerhut.

O-Ton 6 Jean-Claude Bernadet (0:23min) “São Paulo não tem algo… Não tem que dar endereço, nada.”

Sprecher 3 Voice Over Jean-Claude Bernadet

“São Paulo hat nichts, was so weit herausragt, außer dem Copan.

Wenn es nicht schon das Wahrzeichen dieser Stadt ist, wird es

das bald sein. Jeder kennt es. Wenn ich ein Taxi nehme, muss ich

dem Fahrer nur sagen: zum Edifício Copan. Keine Adresse,

nichts.”

Regie Musik 1 “Little Big Bee” von Searchin’ @ Jazz Remix; CD

Brazilectro session 2”, Track 8, SPV 999-71430, LC 10936).

O-Ton 7 Carlos Lemos (0:19min) “Hoje em dia não se faria mas um Copan… … 5 blocos

encostados formando um S:”

Sprecher 6 Voice Over Carlos Lemos

“Heute würde niemand mehr auf die Idee kommen, so etwas wie

das Copan zu bauen Es ist ökonomischer vier oder fünf separate

Gebäude zu errichten. Das Copan dagegen besteht aus fünf

Blöcken, die zusammen ein S bilden.

Erzählerin Carlos Lemos. Er hat das Copan erbaut - nach Plänen von

Brasiliens Star-Architekt Óscar Niemeyer. 32 Etagen sahen die

Pläne vor, mit 1.160 Apartments in sechs separaten Blöcken, mit

72 Geschäften, einem Theater, Kino und Hotel sowie zwei Parks,

der eine vor dem Haupteingang, der andere auf einer Freifläche

im 1. Stock. 5.000 Menschen leben heute im Copan - damit ist es

das größte Wohnhaus der Welt.

Carlos Lemos ist Jahrgang 1925. Er empfängt auf dem Balkon

seiner Wohnung über den Dächern São Paulos - mit Blick aufs

Copan.

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O-Ton 8 Carlos Lemos (0:34min) “Ficou uma construção muita bonita… … surgiram exatamente

essa forma.”

Sprecher 6 Voice Over Carlos Lemos

“Eine sehr schöne Konstruktion. Die Wellenform ist einzigartig -

eine Augenweide. Ihr Entstehen verdankt sie einem Zufall. Als

das Copan geplant wurde, hat die Baugesellschaft vier

Grundstücke im Zentrum von São Paulo gekauft. Zwei von der

katholischen Kirche, das dritte von einem steinreichen Mann und

das vierte von einer Autowerkstatt. Die Lage der Grundstücke

gab die Form eines S vor.” O-Ton 9 Maren Harnack (0:16min)

“Das Copan ist ein Gebäude, das sehr eng mit der Stadt

verbunden ist. Wo es in der Erdgeschoss-Ebene, in der sich auch

Läden und Cafés befinden, eine Verknüpfung gibt von der

Öffentlichkeit, die von draußen kommt, zu den Leuten im Haus.”

Erzählerin Maren Harnack, Architektin, Stadtplanerin und Professorin für

Städtebau an der Fachhochschule Frankfurt am Main. Sie hat

zum Thema architektonische Großprojekte geforscht und

publiziert. Vom Copan ist sie begeistert, spätestens seit sie es vor

ein paar Jahren besucht hat.

O-Ton 10 Maren Harnack (0:30min)

“Es gibt bestimmt Läden, die eher von den Leuten im Haus

frequentiert werden, Wäschereien zum Beispiel Aber es gibt

auch die Bar, in der es angeblich den besten Kaffee von São

Paulo gibt; die wird auch von anderen Leuten frequentiert: das

Café Floresta. Ich habe da auch mehrmals Kaffee getrunken.

Angeblich gibt’s da den besten Kaffee, weil die den Kaffee re-

importiert oder zumindest den Kaffee gekauft haben, der

normalerweise exportiert worden wäre. Weil, die Brasilianer

haben immer den guten Kaffee exportiert, und den schlechten

habe sie immer für ihre eigenen Leute genommen.”

Regie Atmo 16 (Floresta 1). Darüber O-Ton 11: José, der Inhaber,

kassiert. Der Kunde sagt, was er hatte, José zählt zusammen

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O-Ton 11 José Augusto dos Santos (unübersetzt 0:13min) “Fala, doctor - 8 - 14- 22.”

O-Ton 12 Edyr Sabino (unübersetzt, 0:07min)

“Deliro, um cafezinho, por favor.”

Regie Klingeln eines Handys über Atmo 16. Edyrs Vorstellung über

die Pause in OT 13 (wenn die andere Person am Telefon

redet). O-Ton 13 Edyr Sabino (unübersetzt, 1:03min)

“Camí? Tem que esperar todo…… Vocé o expido jà.”

Sprecher 7 Voice Over Edyr Sabino

“Hallo Camí…. Das muss warten, bis ich wieder im Büro bin.”

Erzählerin Edyr Sabino, ein schlaksiger Mann mit zottligen Haaren, grauem

Bart und Nickelbrille. Er trägt Freizeitkleidung, Jeanshemd und

Khaki-Hosen. Edyr Sabino ist Internet-Unternehmer: Seine

Firma handelt mit medizinischen Geräten. Er wohnt in Block D

des Copan, im obersten Stockwerk, dem 32.

Sprecher 7 Voice Over Edyr Sabio

“Noch ein bisschen Geduld, bitte, ich schicks dir gleich.”

O-Ton 14 Edyr Sabino (0:18min) “Eu trabalho no outro lado da rua… … cafezinho preto.”

Sprecher 7 Voice Over Edyr Sabino

“Ich arbeite drüben auf der anderen Straßenseite. Ein paar Mal

am Tag komme ich auf einen Kaffee ins Floresta. Auf einen

cafezinho, typisch brasilianisch. Der Kaffee hier ist sehr gut,

Exportqualität. Ich trinke ihn ohne Milch.”

Regie Evtl. Atmo 17 (cafezinho) über Atmo 16. Wir hören, wie eine

Tasse auf die Theke gestellt wird. Diesen Sound haben wir

auch in OT 15, aber schwächer

O-Ton 15 Edyr Sabino (0:14min) “Obrigado. Mais o quero… … Obrigado”

Sprecher 7 Voice Over Edyr Sabino

“Danke. Kann ich noch weißen Zucker haben? Danke.”

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O-Ton 16 Edyr Sabino (0:14min) “Os Brasileiros tomam com muito açúcar.. Mais eu so um

pouquinho.”

Sprecher 7 Voice Over Edyr Sabino

“Die Brasilianer nehmen viel Zucker, ich nur ein bisschen.”

Regie Dono Affonso in der Sicherheitszentrale. Dann Musik 1.

O-Ton 17 Carlos Lemos (0:31min) “Desde o primeiro dia… … já trabalhava com Óscar.”

Sprecher 6 Voice Over Carlos Lemos

“Ich war vom ersten Tag beteiligt an der Planung des Copan.

Óscar Niemeyer hatte ein Büro in São Paulo, er war mein Boss.

Ich war damals 27, 28 und hatte schon als Student drei Gebäude

für eine Bank entworfen. Er brauchte jemanden, der sein Büro in

São Paulo leitet. So kam es, dass ich dabei war, als das Copan

geplant und entworfen wurde.”

O-Ton 18 Maren Harnack (0:30min)

“Ósacar Niemeyer ist eine schillernde Persönlichkeit, einer der

ganz großen Helden, die immer noch Leute inspirieren. Er ist

sicher auch einer der ganz großen Egomanen, die häufig ihre

gestalterischen Vorstellungen der tatsächlichen Benutzbarkeit

übergeordnet haben. Obwohl er das nie so gesagt hat, er hat

immer gesagt, das ist alles ganz rationell hergeleitet, was er da

tut. Aber ich glaube, heute ist man sich weitgehend einig, dass er

einen ganz starken ästhetischen Gestaltungsanspruch damit

verbunden hat.”

O-Ton 19 Edyr Sabino (0:38min) “Lembro uma vez… … cresceu bastante.”

Sprecher 7 Voice Over Edyr Sabino

“Ich erinnere mich noch, wie wir Kindern mit meinen Eltern

nach São Paulo gefahren sind. Ich war damals 6, 7 Jahre alt und

das Copan noch im Bau. Wir sind hier unten vorbei spaziert, mit

meinen Tanten. Wir kamen vom Land und waren total

überwältigt. So viele Menschen, so viele Autos. Es gab sogar

Straßenbahnen.

Als ein Bus vorbeifuhr, habe ich die Hand meiner Tante ganz

fest gedrückt: “Was ist das denn?” Verrückt, nicht wahr? Das

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war eine ganz andere Welt. Lange bevor São Paulo zum

Großraum mit 22 Millionen Einwohnern geworden ist.”

Regie Atmo 16. Edyr bezahlt. Nur er ist übersetzt

O-Ton 20 Edyr Sabino (0:03min) “Quanto, Deliro?”

Sprecher 7 Voice Over Edyr Sabino

“Was macht das?

O-Ton 21 Joisé (0:01min) “Cuatro.

O-Ton 22 Edyr Sabino (0:02min) “Quanto?”

Sprecher 7 Voice Over Edyr Sabino

“Wie bitte?”

O-Ton 23 Joisé (unübersetzt, 0:14min) “Quatro reais.

12, 14, 15 e 5, 20. Obrigado.”

O-Ton 24 Edyr Sabino (0:14min) “Obrigado.

Até.

Tudo bom?

Sprecher 7 Voice Over Edyr Sabino

“Danke.

Bis dann

Sollen wir”

Regie Edyr hat sich uns zugewandt. Wir verlassen das Floresta,

gehen durch die Galerie und fahren im Aufzug zu seiner

Wohnung. Atmo 18 (Galeria) soll kurz frei stehen. Evtl.

Schritte aus Archiv darüber. Dann Atmo 19 (Elevador).

O-Ton 22 zwischen Ansage “térreo” und “32 andar” bei 0:46.

Die Fahrt des Aufzugs dazwischen bitte verlängern.

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O-Ton 25 Edyr Sabino (0:56min) “Meu pai e meus tios… … com 440 metros quadrados.”

Sprecher 7 Voice Over Edyr Sabino

“Anfang der 70er haben mein Vater und seine Brüder sich

gedacht: Die Kinder werden später in São Paulo studieren, lasst

uns dort ein paar Wohnungen kaufen. Ich komme aus einem

kleinen Dorf, über 1.000 Kilometer entfernt, und São Paulo ist

von dort die nächste große Stadt. Sie haben in Block B gekauft,

dort sind die Wohnungen sehr klein, eher Studios mit weniger als

30 Quadratmetern, insgesamt 20 pro Etage. Als ich geheiratet

habe, wurde uns das zu klein, deshalb haben wir eine größere

Wohnung in Block F gekauft - wir haben sie immer noch, aber

vermietet. Und als auch das zu klein wurde, sind wir in den

obersten Stock von Block D gezogen. Dort sind die Wohnungen

sehr groß, pro Etage gibt es zwei. Wir haben beiden im 32. Stock

gekauft, die Wände herausgerissen und sie zusammengelegt.

Jetzt haben wir die größte Wohnung im Copan, mit 440

Quadratmetern.”

Regie Atmo 20 (chegada). Bei 0:20 Aufschließen der Tür. Atmo aus

der Wohnung ist nicht vorhanden. Muss über Raum gelöst

werden. Wir gehen an Fenster, ein Vorgang wird geöffnet -

dies bitte aus Archiv.

O-Ton 26 Edyr Sabino (0:43min) “Eu gosto muito morar aqui… … uma cidade de concreto, de

pedras.”

Sprecher 7 Voice Over Edyr Sabino

“Mir gefällt es hier sehr. Das Copan ist eine Ikone. Wenn ich

Leuten erzähle, wo ich lebe, heißt es immer: “Wow, im Copan!”

Alles ist um die Ecke. Da unten meine Bank, gegenüber ein

Supermarkt, zwei Häuser weiter mein Büro. Direkt vor dem

Eingang eine Bushaltestelle und einen Block entfernt die U-

Bahn. Alles fußläufig, wie ein kleines Dorf im Zentrum dieser

chaotischen Stadt. Und dann diese Aussicht. Von hier oben liegt

mir die ganze Stadt zu Füßen. Heute ist es leider bewölkt, aber

bei klarem Himmel sind die Sonnenuntergänge atemberaubend -

wow! Aber klar, man sieht nur Beton.”

Regie Szene mit Dono Affonso in der Sicherheitszentrale. Er klickt

sich durch Überwachungskameras.

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O-Ton 27 Maren Harnack (0:22min)

“Es gab in den 20, 30er, auch noch 50er Jahren viele

Architekten, die sich mit der Frage von Automatisierung im

Wohnen beschäftigt haben. Nicht nur in der Reproduktion von

Wohnräumen, sondern auch im Betrieb. Das kommt aus einer

ganz allgemeinen, sehr positiven Sicht auf Maschinen und

Zukunft, wo man sich vorgestellt hat, das nimmt einem sehr viel

Arbeit und viel Mühe ab.

O-Ton 28 Carlos Lemos (0:53min) “O edifício Copan originalmente… … vamos dizer assim: a

metade .”

Sprecher 6 Voice Over Carlos Lemos

“Ursprünglich sollte das Copan eine Touristenattraktion werden,

zum 400. Jahrestag der Gründung São Paulos im Jahr 1954.

Gebaut von der Companhia Pan-Americana de Hoteis e Turismo

abgekürzt: Copan. Damals herrschte Aufbruchstimmung in

Brasilien. Geplant war ein architektonischer Komplex, mit einem

Theater, einem Kino, mit Restaurants, Galerien, Wohnungen und

einem Hotel. Aber wegen politischer und ökonomisch Probleme

ist das Copan erst 1966 eingeweiht worden, zwei Jahre, nachdem

das Militär die Macht in Brasilien übernommen hatte. Und von

unseren Plänen konnten wir vielleicht die Hälfte umsetzen.”

Musik 1

O-Ton 29 Carlos Lemos (0:44min) “Até que chegou ano … até ele morreu.”

Sprecher 6 Voice Over Carlos Lemos

“Im Jahr 1956 oder 1957, ich erinnere mich nicht mehr genau,

bekam Óscar den Auftrag, Brasília zu bauen, die neue

Hauptstadt. Er durfte keine anderen Projekte mehr verfolgen,

weil er einen Exklusivvertrag unterschrieben hatte. Ich habe das

Copan von ihm übernommen und fertig gestellt. Alle

Änderungen sind von mir. Und Óscar und ich sind Freunde

geblieben, bis zu seinem Tod vor ein paar Jahren.”

O-Ton 30 Maren Harnack (0:27min)

“Es ist genau die Vorstellung: Ich habe ein großes Gebäude, das

wie eine Stadt ist. Da gibt es Wohnungen, durchaus

verschiedener Größe. Da gibt’s auf dem Dach Freiflächen für die

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Bewohner und einen Kindergarten. Da gibt es Läden, also alles,.

was man zum Leben braucht. Das kommt aus der Vorstellung,

dass man es organisieren kann wie eine Fabrik. Wohnen, das ist

auch ein bisschen fordistisch gesehen, dient der Reproduktion

der Kräfte, und da braucht man außer der Wohnung noch diverse

andere Sachen.”

Regie Kurz Dono Affonso in der Sicherheitszentrale. Dann

Szenenwechsel in Edyr Sabinos Wohnung. Evtl. Türklingel

aus dem Archiv.

O-Ton 31 Edyr Sabino (0:18min) “Aaaah, chegar as crianças… … dar pra se ver.”

Sprecher 7 Voice Over Edyr Sabino

“Ah, da sind ja die Kinder. Meine Frau Naira. Daniel: Er ist

verrückt nach Fußball und spielt immer hier in der Wohnung.

Das ist Elena, eine echte Abenteurerin. Sie liebt Radfahren.

Komm zeigt uns das mal hier oben.”

Regie Atmo 21 (jogar). Ist mono. Darin O-Ton-Fetzen von Edyr

Sprecher 7 Voice Over Edyr Sabino (0:04-0:06 in Atmo 21)

“Setz dich mal auf dieses Dreirad.”

Sprecher 7 Voice Over Edyr Sabino (0:07-0:10 in Atmo 21)

“Hinter mich. Und jetzt warte einen Moment.”

Sprecher 7 Voice Over Edyr Sabino (0:20-0:22 in Atmo 21)

“Kann mal jemand diesen Lärm ausmachen?”

Sprecher 7 Voice Over Edyr Sabino (0:33-0:37 in Atmo 21)

“Wenn’s woanders nicht geht, müssen die Kinder halt hier oben

spielen.”

Regie Szenenwechsel zu Dono Affonso in der Sicherheitszentrale.

Er wendet sich einer Frau zu, die schüchtern den Raum

betreten hat. Sie soll im Dialog ängstlich und unterwürfig

rüber kommen, er gönnerhaft.

O-Ton 32 Dono Affonso & Lininha (0:23min) Fala Lininha… … Obrigada, Dono Affonso”

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Sprecher 1 Voice Over Dono Affonso

“Sprich Lininha, was gibt es?”

Sprecherin 8 Voice Over Lininha

“Ich habe eine Frage, Dono Affonso

Sprecher 1 Voice Over Dono Affonso

“Was hast Du denn auf dem Herzen?

Sprecherin 8 Voice Over Lininha

“Es gibt eine Sache, die ich nicht verstehe, Dono Affonso.

Sprecher 1 Voice Over Dono Affonso

“Was denn, meine Liebe.”

Sprecherin 8 Voice Over Lininha

“Eine Mitbewohnerin fragt, warum unser Hausgeld um 10.000

Reais erhöht worden ist.”

Sprecher 1 Voice Over Dono Affonso

“Da ist für das Weihnachtsgeld meiner Leute.”

Sprecherin 8 Voice Over Lininha

“Wird das dann im nächsten Monat in der Abrechnung

aufgeführt?

Sprecher 1 Voice Over Dono Affonso

“Aber natürlich.”

Sprecherin 8 Voice Over Lininha

“Ich verstehe.”

Sprecher 1 Voice Over Dono Affonso

“Sonst noch etwas?”

Sprecherin 8 Voice Over Lininha “Nein, vielen Dank, Dono Affonso.”

Regie Szenenwechsel: Atmo 22 (Floresta2)

O-Ton 33 José Augusto dos Santos (unübersetzt 0:15min)

“Fala, querido.

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Todo bom?

Obrigado.”

O-Ton 34 Cristina Peralta (0:24min)

“En el Copan vivimos hace 4 años… … El tráfico era un

problema, no.”

Sprecherin 9 Voice Over Cristina Peralta

“Wir leben seit 4 Jahren im Copan. Ins Zentrum sind wir wegen

der guten Verkehrsanbindung gezogen. Vorher hatten wir in

einem anderen Viertel gelebt, sehr schön und ruhig, mit einem

Park vor der Tür. Aber wir wollten ein Kind, und damit wurden

die Dauerstaus in São Paulo zum Problem.”

O-Ton 35 Gustavo Spandau (0:27min)

“Pasa que, bueno…… Aquí quedamos.”

Sprecher 10 Voice Over Gustavo Spandau

“Im Grunde war’s Zufall. Wir haben im Zentrum gesucht, aber

eher am Rande, in einem Viertel wie Higienópolis. Mal war die

Wohnung zu teuer, mal stimmte etwas mit den Papieren nicht

oder es hat sonst wie nicht gepasst. Bis wir eine Wohnung im

Copan besichtigt haben. Und jetzt sind wir hier.”

Erzählerin Cristina Peralta und Gustavo Spandau leben in Block A des

Copan. Sie ist Spanierin, aus einem kleinen Dorf in Katalonien,

er Argentinier aus Buenos Aires. Beide sind Juristen, arbeiten

aber als Übersetzer und Spanisch-Lehrer. Sie haben sich im

Floresta auf einen Kaffee getroffen. Ihr Sohn Julio fährt im

Eingang des Copan Bobby-Car.

O-Ton 36 Cristina Peralta (0:40min)

“¿Cómo es con un hijo en le Copan… … entonces lo vendimos y

sí.”

Sprecherin 9 Voice Over Cristina Peralta & Gustavo Spandau

“Mit Kind im Copan? Das ist…”

Sprecher 10 Voice Over Gustavo Spandau

“… super einfach…”

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Sprecherin 9 Voice Over Cristina Peralta & Gustavo Spandau

“Echt! Du kannst alles zu Fuß erdledigen, ohne Auto. Alles ist

um die Ecke, zur Kinderkrippe sind’s keine zehn Minuten, zur

U-Bahn fünf, Ärzte sind um die Ecke.”

Sprecher 10 Voice Over Gustavo Spandau

“Bis ins Jahr 2012 hatten wir ein Auto. Aber wir haben es

abgeschafft.”

Sprecherin 9 Voice Over Cristina Peralta & Gustavo Spandau

“Lohnt sich nicht, wir haben es zwei, dreimal im Monat

benutzt.”

Sprecher 10 Voice Over Gustavo Spandau

“Oder mal am Wochenende. Das hat sich nicht rentiert, also

haben wir’s verkauft.”

O-Ton 37 José Augusto dos Santos (unübersetzt 0:15min) “Fala, menino.

Todo bom?

Obrigado.”

O-Ton 38 Cristina Peralta (1:20min)

“Estoy pensando en crear una plaza… … tomar el aire.”

Sprecherin 9 Voice Over Cristina Peralta & Gustavo Spandau

“Aber was fehlt, sind Spielplätze. Im 1.Stock auf den Freiflächen

ist Platz genug. Man könnte Bäume pflanzen und Geräte

aufstellen. Und Bänke für Eltern, damit sie den Kindern beim

Spielen zusehen können. Aber dort darf niemand hin. Vor

Kurzem haben wir in der Gasse neben dem Haupteingang mit ein

paar Kindern Fußball gespielt. Ein Pförtner kam raus und sagte

uns, das sei verboten. Wo gibt’s denn so was, dass Ballspielen

auf der Straße verboten ist.”

Sprecher 10 Voice Over Gustavo Spandau

“Wenn die Hausordnung es nun mal nicht erlaubt…”

Sprecherin 9 Voice Over Cristina Peralta & Gustavo Spandau

“Von Hausordnung hat der Typ nichts gesagt, nur dass es

verboten ist.

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Sprecher 10 Voice Over Gustavo Spandau

“Steht wahrscheinlich in der Hausordnung,.”

Sprecherin 9 Voice Over Cristina Peralta & Gustavo Spandau

“Ich glaube, die sind es nicht gewohnt, dass hier wieder Kinder

leben. Die Altersstruktur im Haus ändert sich gerade. Ihnen

gefällt nicht, dass wir Eltern unseren Kindern viel Freiheit

lassen, sie fänden es besser, wenn die Kinder nur in einem

abgegrenzten Raum spielen würden. Dabei ist diese Gasse doch

einer der Vorteile am Copan. Die Kinder können dort rennen,

Fußball spielen, Radfahren oder Rollschuhlaufen.

Regie Szene mit Dom Affonso in der Sicherheitszentrale. Er erhebt

er sich schwerfällig und schlurft durch den Raum, holt einen

Fotoband aus dem Regal und blättert auf - muss im Studio

gemacht werden.

O-Ton 39 Dono Affonso (0:19min) “Esse é Óscar Niemeyer… … o movimento de aquele projeto pra

ver.”

Sprecher 1 Voice Over Dono Affonso

“Das ist Óscar Niemeyer mit zwei Direktoren der Baufirma. Und

das bin ich, zu Besuch in seinem Studio in Rio de Janeiro. Ich

zeige ihm den Fortgang des Projektes.

Erzählerin Affonso Celso Prazeres de Oliveira, Jahrgang 1938: massige

Figur, förmlich gekleidet in Stoffhose und knitterfreiem Hemd.

Er ist der síndico des Copan, der Verwalter. Seit der Eröffnung

des Gebäudes im Jahr 1966 bewohnt er ein Apartment von 80

Quadratmetern in Block A. Während der Militärregierung hat

Dono Affonso, wie ihn alle nennen, für die Bundesregierung

gearbeitet, nach Brasiliens Rückkehr zur Demokratie im Jahr

1985 für den Staat São Paulo, Er ist studierter Betriebswirt und

hat nach eigener Aussage eine militärische Ausbildung mit

Schwerpunkt Bekämpfung von Terrorismus.

O-Ton 40 Dono Affonso (0:23min) “Esse é o sucesor Óscar Niemeyer… … o movimento de aquele

projeto pra ver.”

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Sprecher 1 Voice Over Dono Affonso

“Das ist Óscars Nachfolger, Carlos Lemos, ziemlich jung, gerade

erst das Studium beendet. Er hat das Copan gebaut. Und das sind

Fotos aus dem Jahr 1955. São Paulo war damals eine Boomstadt:

Man sieht überall am Horizont neue Hochhäuser aufragen.”

Regie Szenenwechsel

O-Ton 41 Carlos Lemos (0:54min) “Eu tirei o teatro… … parece uma gaiola de passarinhos.”

Sprecher 6 Voice Over Carlos Lemos

“Ich habe den Bau des Theaters gestrichen, auch den des Hotels

direkt daneben. Nicht weil ich es wollte sondern weil die Banken

mich dazu gezwungen haben. Die Räumlichkeiten, die fürs

Theater vorgesehen waren, wurden für eine Ladenzeile genutzt.

Auch die Gärten, die wir für den ersten Stock entworfen hatten,

wurden nie gebaut. Stattdessen sind dort Büros. Hinauf führt eine

steile Außentreppe, geplant war aber eine umlaufende Rampe

mit fliegenden Treppen. Alles sollte offen sein. Aber die Rampe

war unmöglich innerhalb des Budgets zu bauen. Deshalb wurde

sie durch die Treppe ersetzt. Anfangs sah sie schön aus, aber

heute ist sie komplett vergittert. Sie sieht aus wie ein Vogelnest.”

Regie Musik 3 (Skyscraper” von Deodato; CD “Deodato 2”, Track

5, Sony 88697569652, LC 00162)

O-Ton 42 Carlos Lemos (1:00min) “Foram outras alterações … …é uma só: classe mediamente.”

Sprecher 6 Voice Over Carlos Lemos

“Manchen Änderungswunsch der Banken habe ich verweigert.

Sie wollten zum Beispiel, dass ich die Wohnungen umplane, alle

sollten vier Schlafzimmer haben. Das habe ich nicht gemacht,

weil wir mit dem Copan ursprünglich etwas schaffen wollten,

was es in Brasilien nie gegeben hatte und bis heute nicht gibt: ein

Gebäude, in dem Menschen aus allen sozialen Schichten leben

und sich begegnen. Menschen aus der oberen und unteren

Mittelschicht, Studenten, Einzelpersonen und große Familien.

Aber als der Verkauf begann, ist etwas passiert, was niemand

vorausgesehen hatte. Das Gebäude wurde überall gefeiert, Óscar

Niemeyer war durch Brasília berühmt geworden. Und die Leute

fingen an, 4, 5, 6, bis zu 10 der kleinen Studios zu kaufen.

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Mit der Folge, dass die untere Mittelschicht, für die diese Studios

vorgesehen waren, leer ausging. Heute gibt es nur eine Klasse im

Copan: die obere Mittelschicht.”

Regie Atmo 23 (bei Gilda)

O-Ton 43 Gilda D’Almeida (0:31min) „É um lugar estratégico… dizer que mora no Copan.”

Sprecherin 11 Voice Over Gilda D’Almeida “Die Lage ist fantastisch. Hier hat man so viele Möglichkeiten.

Das habe ich von Anfang an gemocht. Dafür bin ich gemacht,

nicht fürs Leben auf dem Land. Ich möchte fühlen, wie das

Leben pulsiert, hier im Zentrum. Zu sagen, dass ich im Copan

wohne, macht mich stolz. ”

Erzählerin Gilda d’Almeida: 78 Jahre alt, roter Pagenkopf, faltenfreies

Gesicht. Sie wohnt im 24.Stock von Block D des Copan. Vor

Kurzem hat sie ihre Wohnung von einer Innenarchitektin neu

designen und einrichten lassen. Möbel, Wände und Böden sind in

Weiß und Creme gehalten, alles ist sauber und flusenfrei. Dona

Gilda sitzt am Esstisch, aufrecht und gebieterisch, während ihre

Haushälterin nebenan für noch mehr Ordnung sorgt.

O-Ton 44 Gilda D’Almeida (0:43min) „Em 1968 eu e meu marido… … e assim a gente fez a vida aqui.”

Sprecherin 11 Voice Over Gilda D’Almeida “Im Jahr 1968 haben mein Mann und ich geheiratet, damals war

das noch so, dass man sich kennenlernt und sofort an Heirat

denkt. Im Copan waren ein paar Blöcke bewohnt, in anderen

wurde noch gebaut. Wir haben uns für eine Wohnung in Block A

entschieden. Zwei Jahre später wurde Block D fertig. Wir haben

uns diese Wohnung angesehen und uns sofort in sie verliebt. Und

so haben wir die Wohnung in Block A verkauft und uns hier

eingerichtet.”

Regie Atmo 24 (Escritório). Darüber: Klingel eines Telefons. dann

Atmo 25 (Sérgio teléfono1). Das Telefon klingelt, Sérgio

meldet sich: “Condominio Copan…”. Soll dann unter OT46

auslaufen.

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O-Ton 45 Dono Affonso (0:43min) “Esse aqui es nosso escritório… … é praticamente tudo no

Copan assim.”

Sprecher 1 Voice Over Dono Affonso

“Das ist die Verwaltung, hier schlägt das Herz des Copan. Wir

haben mehr als 100 Angestellte. Es gibt Kaffee rund um die Uhr

Kaffee, weil hier rund um die Uhr gearbeitet wird. Auf diesen

Monitoren kontrolliere ich alles. Hier: der Hydraulik-Raum. Da:

die Generatoren. Meine Telefonzentrale. Und die Tiefgarage. Ich

begleite jeden, der sich dort unten bewegt, jedes Auto, das rein

oder raus fährt. Und hier die Ladenzeile. Wie alles im Copan

überwache ich sie mit etlichen Kameras.”

Regie Atmo 26 (Embalar 1). Ist relativ kurz; wenn ausläuft,

Wechsel zu Atmo 27 (Embalar 2). Soll kurz frei stehen. Wir

hören das Abreissen des Klebebandes.

O-Ton 46 Renato de Souza (0:29min) “Mais uma foto que vai... …como era previsto”

Sprecher 5 Voice Over Renato “Das ist ein Foto, das ich verkaufte habe. Ich verpacke es und

schicke es dem Käufer. Ich habe es aus einem Hubschrauber

gemacht, als ein Vorhang vors Copan gezogen wurde, weil sich

so viele Mosaikfliesen gelöst hatten, gleich in der ersten Woche.

Ich wollte den Moment einfangen, bevor der Vorhang

verwittert.”

Erzähler Renato de Souza: angegraute Haare, Ziegenbart. Er ist Fotograf,

spezialisiert auf Landschaften und Architektur. Er lebt in Block

B des Copan und betreibt in der Ladenzeile im Erdgeschoss eine

Galerie.”

O-Ton 47 Renato de Souza (0:17min) “Essa foto foi pensada... … o fase azul do Copan.”

Sprecher 5 Voice Over Renato “Das Foto ist inszeniert. Ich wollte genau dieses Licht, damit

von den anderen Gebäuden kein Schatten aufs Copan fällt. Das

hast du nur um 2 Uhr nachmittags. Ich nenne es die blaue Phase

des Copan.”

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Regie Atmo 24 (Escritório). Darüber das Klicken von Monitor zu

Monitor.

O-Ton 48 Dono Affonso (0:20min) “Esse é a galeria… … sem ser acompanhado não tem ascenção”

. praticamente tudo no Copan assim.”

Sprecher 1 Voice Over Dono Affonso

“Die Ladenzeile, aufgenommen von einer anderen Kamera. Hier

die sechs Eingänge ins Copan… Ah, der Postbote. Wir kriegen

pro Tag 3.000 Sendungen. Und wir haben eine eigene

Postleitzahl: CEP 01046-924. Hier der Hintereingang… und die

Terrasse ganz oben. Ohne Begleitung kommt man da nicht rauf.“

Regie Atmo 28 (Sérgio teléfono2) als Trenner über Atmo 23

O-Ton 49 Dono Affonso (0:33min) “Tem uma sala de segurança…… eu falo saúde.”

Sprecher 1 Voice Over Dono Affonso “Außer dieser Sicherheitszentrale hat jeder Pförtner ein Monitor-

System für seinen Block. Wir sehen alles, was im Copan

vorgeht, in den Aufzügen, auf den Fluren. Wie viele Kameras

wir haben, sage ich nicht, aus Sicherheitsgründen. Aber wenn

irgendjemand irgendwo niest, wünsche ich ‘Gesundheit.’”

Regie Atmo 26/27 hoch. Endet dann

O-Ton 50 Renato de Souza (unübersetzt 0:01min) “Okay, pronto.

O-Ton 51 Fabia Parreira (0:07min) “Quando o Copan foi construído…. … uma novidade.”

Sprecherin 12 Voice Over Fabia Parreira “Als es gebaut wurde, war das Copan das wichtigste Gebäude der

Stadt, etwas ganz Neues.”

Erzählerin Fabia Parreira, Journalistin: lockige, schulterlange Haare, ernster

Gesichtsausdruck. Sie lebt in Block B und ist Renato de Souzas

Lebensgefährtin.”

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O-Ton 52 Fabia Parreira (0:31min) “O Copan ha estado…. … e bandidos.”

Sprecherin 12 Voice Over Fabia Parreira

“Aber schon bald nach der Fertigstellung entstand im Stadtteil

Paulista ein neues Finanzzentrum. Die großen Unternehmen

zogen dort hin, die Innenstadt verkam. Und mit ihr das Copan.

Viele Bewohner zogen aus, gesellschaftliche Außenseiter ein:

Prostituierte, Drogendealer, andere Verbrecher.” O-Ton 53 Edyr Sabino (0:48min)

“Me lembro uma vez… … dar pra se ver.”

Sprecher 7 Voice Over Edyr Sabino

“Ich erinnere mich an eine Begebenheit aus meiner Studienzeit

in den 70ern, als ich noch in Block B gewohnt habe. Meine

Nachbarin hatte Telefon. Das war ungewöhnlich, das konnte sich

damals kaum jemand leisten. Allein der Anschluss kostete 2.000

Dollar. Eines Tages musste ich dringend telefonieren. Ich klopfe

bei ihr an. Sie öffnet die Tür, mehr nackt als bekleidet. Ich bin im

Boden versunken. Aber klar, sie war eine Prostituierte, sie

brauchte Telefon, sie hatte das Geld dafür. Wenn so etwas heute

noch im Copan existiert, dann viel diskreter. Aber damals

geschah es vollkommen offen.”

O-Ton 54 Fabia Parreira (0:27min) “A gente tinha medo…. … tinha medo de andar nos corredores.”

Sprecherin 12 Voice Over Fabia Parreira

“Die Leute hatten Angst. Wo ich wohne, in Block B, sind die

Korridore sehr lang, und sie beschreiben eine Kurve. Die

Freundin meines Cousins hat damals hier gelebt. Sie hat mir

erzählt, dass die Leute ihren Müll auf den Flur statt in die

Mülltonnen gebracht haben.

Oder sie haben ihn einfach aus dem Fenster geworfen. Und wenn

die Freundin meines Cousins ihre Wohnung verlassen musste, ist

sie zu den Aufzügen gerannt, so groß war ihre Angst.”

O-Ton 55 Edyr Sabino (0:28min) “Antigamente, muito antigamente… … entraram ali os

foragidos..”

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Sprecher 7 Voice Over Edyr Sabino

“Während der Militärdiktatur, haben sich hier viele politische

Flüchtlinge versteckt, vor allem als Teile des Copan noch im Bau

waren. Aber auch später, als viele Wohnungen leer standen. Es

gab hier ein konspiratives Netzwerk: Die Regimegegner wurden

von einer Wohnung zur anderen geschleust und von einem Stock

in den nächsten. Bis ein bestimmter Bewohner des Copan davon

erfuhr und der Geheimpolizei von dem Netzwerk berichtete.”

O-Ton 56 Gilda D’Almeida (0:32min) „Nós tivemos uma epoca… que e Dono Affonso.”

Sprecherin 11 Voice Over Gilda D’Almeida “Der Niedergang war wirklich schlimm. Das Gebäude ist von

innen verfallen. Sein Ruf war so schlecht, dass ich auf Fragen,

wo ich wohne, nur noch gesagt habe: an der Kreuzung Ipiranga

und São Luiz. Die Rettung haben wir nur Dono Affonso zu

verdanken.”

Regie Atmo 24 (Escritório).

O-Ton 57 Dono Affonso (0:34min) “Veja bem, ninguém trabalha sozinho… … É uma questão da

autoridade.”

Sprecher 1 Voice Over Dono Affonso

“Niemand arbeitet allein. Ich hatte Verbindungen, sehr gute

Verbindungen. Und mit der Zeit habe ich eine Organisation

aufgebaut, die dem Copan einen anderen Horizont eröffnet hat.

Aber es war nicht leicht, die Prostituierten loszuwerden und die

Leute, die sich von Drogen angezogen fühlen. Letztlich war’s

eine Frage der Autorität.”

Regie Atmo 29 (Sérgio diálogo) als Trenner über Atmo 24

O-Ton 58 Dono Affonso (0:20min) “Então, todos sabem… … Nós acompanhamos a vida de cada

unidade, separadamente.”

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Sprecher 1 Voice Over Dono Affonso

“Heute kennt jeder im Copan, ob Eigentümer oder Mieter, die

Grenzen seiner Privatsphäre. Wir überwachen alles, auch die

Flure vor den einzelnen Wohnungen.”

Regie Szenenwechsel: Atmo 22 (Floresta2)

O-Ton 60 Cristina Peralta & Gustavo Spandau (1:02min)

“Las cámaras ?… … a las personas les gusta sentirse seguros.”

Sprecherin 9 Voice Over Cristina Peralta

“Die Kameras hier im Copan?”

Sprecher 10 Voice Over Gustavo Spandau

“Die gibt’s doch auch anderswo, egal, wo du hingehst.

Sprecherin 9 Voice Over Cristina Peralta

“Auch auf der Straße.”

Sprecher 10 Voice Over Gustavo Spandau

“Sie gehören zum Leben in einer großen Stadt.

Sprecherin 9 Voice Over Cristina Peralta

“Mir fallen sie gar nicht auf. Ich lebe mein Leben, egal ob da

Kameras sind oder nicht.”

Sprecher 10 Voice Over Gustavo Spandau

“Wir leben im 21.Jahrhundert. wenn sie dich stören, was willst

du machen? Ich mache mir darüber keinen Kopf.”

Sprecherin 9 Voice Over Cristina Peralta

“Du hast sie hier wirklich überall: in der U-Bahn, in Banken,

Einkaufszentren. Überall, in jedem größeren Gebäude. Das ist

typisch für São Paulo. In dieser Stadt gibt es sehr viel Gewalt.

Die Kameras vermitteln den Menschen ein Gefühl von

Sicherheit.”

Regie Atmo 22 als Trenner hoch

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O-Ton 61 Jean-Claude Bernadet (0:20min) “Essas câmaras de segurança… …. julgar que é necessário.”

Sprecher 3 Voice Over Jean-Claude Bernadet

“Die Sicherheitskameras analysieren doch nicht was vorgeht. Sie

zeichnen nur auf, aber reagieren nicht. Es braucht immer noch

einen Menschen, der sich das ansieht und entscheidet, was

notwendig ist.”

Erzählerin Jean-Claude Bernadet. Jahrgang 1936: klein, hager und

weißhaarig. Von Beruf Filmwissenschaftler und Drehbuchautor.

Jean-Claude Bernadet ist Franzose, aber in Brasilien

aufgewachsen. Während der Militärdiktatur von 1964 bis 1985

war er als Linker mit Berufsverbot belegt. Er wohnt in Block C

des Copan.

O-Ton 62 Jean-Claude Bernadet (0:35min) “As câmeras são baratas… …. com os dados.”

Sprecher 3 Voice Over Jean-Claude Bernadet

“Kameras sind billig, billiger jedenfalls als Menschen. Menschen

beziehen ein Gehalt, sie bekommen Weihnachtsgeld, sie nehmen

Urlaub. Von diesen Kosten möchten sich die Eigentümer

befreien, damit das Hausgeld sinkt. Außerdem könnten diese

Menschen direkt auf Geschehnisse reagieren, Kameras eben

nicht. Aber die Frage bleibt: Was passiert mit den Daten?”

Regie Musik 4 (Latin Flute” von Deodato; CD “Deodato 2”, Track

6, Sony 88697569652, LC 00162)

O-Ton 63 Dono Affonso (0:09min) “Secreto. Fala que estão eterno… … já tem como

identificando.”

Sprecher 1 Voice Over Dono Affonso

“Das ist geheim. Sagen wir: Die Daten werden für immer

gespeichert. Und wenn die Polizei mich um irgendeine

Information bittet, kann ich ihr helfen.”

O-Ton 64 Jean-Claude Bernadet (0:55min) “Eu ouvi dizer isso.. …. a gestão dele.”

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Sprecher 3 Voice Over Jean-Claude Bernadet

“Man munkelt, dass Dono Affonso während der Diktatur der

Informant im Copan gewesen sein soll. Ich habe eine Person, die

das verbreitet, nach Beweisen gefragt, aber diese Person sagte,

dass sie es auch nur von anderen gehört hatte. Auf der anderen

Seite wird in einer Diktatur starker Druck auf Menschen

ausgeübt, ihre Nachbarn oder Kollegen auszuspionieren. Deshalb

tue ich mich schwer, Menschen automatisch für etwas zu

verurteilen, was sie damals getan haben mögen. Was Dono

Affonso angeht: Auf Gerüchte gebe ich nichts. Ich schaue auf

seine Amtsführung. Und die ist ehrlich und korrekt.

O-Ton 65 Dono Affonso (0:09min) “Eu vou fazer…. Fala que estão eterno. já tem como

identificando.”

Sprecher 1 Voice Over Dono Affonso

“Jetzt mache ich eine Inspektion - durchs ganze Gebäude. Das ist

meine tägliche Routine.”

Regie Blende zu Atmo 30 (Passeo). Beginnt mit Schritten im

Treppenhaus. Wenn das zu kurz ist, bitte Atmo 31 (Passos)

verwenden. Dann Blende zu Atmo 32 (Corredor). In der

Ladenzeile begegnet ihm eine Dame.

O-Ton 66 Dono Affonso (nur er ist übersetzt; 0:17min) “Bom dia… ….”

Sprecher 1 Voice Over Dono Affonso “Guten Tag.

Machen Sie einen Spaziergang

Ihr Ehemann? Sehr erfreut!”

Regie Atmo 32 als Trenner kurz hoch ziehen

O-Ton 67 Dono Affonso (0:48min) “Em total são 5.000 moradores… ….colete a prova de bala ”

Sprecher 1 Voice Over Dom Affonso “Im Copan leben rund 5.000 Menschen. Damit läge es in der

Liste der größten Städte Brasiliens auf Platz 457.

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Im Grunde ist das Copan eine kleine Stadt, mit den Problemen,

die Städte nun mal haben. Verkehr zum Beispiel: Die Straßen

und Buslinien einer Stadt sind unsere Gänge und Aufzüge.

Dienstleistungen wie die Wasserversorgung müssen

funktionieren. Und wie in jeder Stadt gibt es Gefahren, die man

immer wieder aufs Neue abwehren muss. Ständig versuchen

Verbrecher, im Copan Fuß zu fassen. Aber sie schaffen es nicht.

Sie haben mich oft bedroht und tun es immer noch. Ich bin

vorsichtig, in meinem Schrank habe ich eine kugelsichere

Weste.”

Regie Atmo 33 (Party)

O-Ton 68 María Delgado (0:24min) “Essas questão das câmaras… … ache que que veio com muitas

questões que lá.”

Sprecherin 4 Voice Over María Delgado “Die Kameras sind relativ neu. Als ich vor zehn Jahren ins

Copan gezogen bin, gab es sie noch nicht, zumindest nicht so

viele. Von Besuchern wurden auch keine Fotos gemacht. Das ist

auch neu, eine von vielen Sachen, die ich kritisch sehe.”

Erzählerin María Delgado, Jahrgang 1984: Innenarchitektin von Beruf. Die

gebürtige Portugiesin besucht eine private Weinprobe in Block

D. Sie selbst lebt in Block A des Copan.

O-Ton 69 María Delgado (0:44min) “So que aconteceu… … não combina com o projectodo Copan.”

Sprecherin 4 Voice Over María Delgado “In meinen Augen hat Dono Affonso einen sehr begrenzten

Horizont. Seine Ansichten widersprechen Óscar Niemeyers

Vision. Das Copan sollte ein offenes Gebäude werden, innerhalb

der Stadt und als Teil der Stadt. Aber Dono Affonso schließt

einen Gemeinschaftsbereich nach dem anderen, zuletzt sogar die

Stellplätze für Fahrräder in der Garage. Die Geschichte des

Copan bedeutet ihm nichts. Er ist ein Mann der Rechten, dessen

Ansichten nicht zum Copan passen.”

Regie Atmo 22 (Floresta2)

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O-Ton 70 Jean-Claude Bernadet (0:48min) “Eu devo reconhecer… … uma pessoa se ha que declarar.”

Sprecher 3 Voice Over Jean-Claude Bernadet

“Natürlich sind viele Neuerungen lästig. Jetzt muss man sogar

Mitbewohner bei der Verwaltung anmelden, auch kurzfristige.

Ein Freund hat mal ein paar Wochen bei mir gewohnt. Ich hatte

ihn nicht angemeldet, und eines Tages wollte der Pförtner ihn

nicht reinlassen. Ich musste persönlich mit ihm in der

Verwaltung vorsprechen. Ich verstehe diese Vorschrift,

angesichts der Probleme, die es im Copan gegeben hat. Aber sie

erinnert mich doch an die Jahre der Diktatur. Damals musste

man sich bei der Polizei anmelden, sobald man mehr als zwei

Nächte irgendwo blieb.”

Regie Atmo 22 als Trenner kurz hoch

O-Ton 71 Jean-Claude Bernadet (0:27min) “Veja que eu fiz… … me deu uma pequena satisfação.”

Sprecher 3 Voice Over Jean-Claude Bernadet

“Wissen Sie, was ich gemacht habe? Ich habe die offizielle

Anmeldung mit allen erforderlichen Daten ausgefüllt und

zusätzlich eine zweite, ironische. Mit seiner Größe, seinem

Gewicht, wo er geboren wurde, dass er schreibt und Musik

macht. Die Verwaltung hat nicht darauf reagiert, aber mir hat es

Befriedigung verschafft.”

Regie Atmo 32 (Corredor)

O-Ton 72 Dono Affonso (nur er ist übersetzt; 0:08min) “Bom dia… ….”

Sprecher 1 Voice Over Dono Affonso “Guten Tag

Wie geht es Ihnen?

Das ist schön.”

Regie Atmo 34 (Elevador2)

O-Ton 73 Dono Affonso (0:17min)

“O terraço do prédio… ….a frequência das pessoas ”

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Sprecher 1 Voice Over Dono Affonso “Die Dachterrasse. Sie ist immer noch Gemeinschaftsbereich,

aber man darf sie nur noch mit Sondergenehmigung betreten. Die

Leute haben Sachen runtergeworfen, es gab Selbstmordversuche.

Deshalb mussten wir den Zugang einschränken.”

O-Ton 74 Dono Affonso (0:27min) “Nós tivemos muitos problema…. …a frequência das pessoas ”

Sprecher 1 Voice Over Dono Affonso “Wir hatten ständig Probleme, mit Drogen, mit Frauen, die sich

oben ohne gesonnt haben. Völlig verantwortungslos, so was.

Aber damit habe ich Schluss gemacht. Die

Eigentümerversammlungen unterstützen meinen Kurs. Ohne

diese Unterstützung würde ich nicht weiter machen.”

Regie Blende zu Atmo 33 (Party)

O-Ton 75 María Delgado (0:10min) “Sim creio que as coisas.. … como ele governa.”.”

Sprecherin 4 Voice Over María Delgado

“Er ist seit mehr als 20 Jahren an der Macht - das mutet nicht nur

diktatorisch an, er herrscht hier auch wie ein Diktator.”

O-Ton 76 Renato de Souza (0:33min) “É uma comparação muita duvidosa… … apagando incêndios

em tempo todo.”

Sprecher 5 Voice Over Renato “Ich finde diesen Vergleich sehr zweifelhaft. Wer hat denn schon

mal in einer Diktatur gelebt? Wer so was sagt, hat keine Ahnung,

eine Diktatur ist was ganz anderes. Natürlich gibt es hier eine

gewisse Befehlsordnung, aber die braucht jede Organisation.

Und klar, Sicherheit ist ein großes Thema, gerade in diesen

paranoiden Zeiten. Von Dono Affonso werden Lösungen

erwartet, er muss ständig Brände löschen.”

Regie Atmo 22 (Floresta2)

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O-Ton 77 Jean-Claude Bernadet (0:26min) “Eu sim apoio a política dele… … é uma degradação única.”

Sprecher 3 Voice Over Jean-Claude Bernadet

“Trotz allem unterstütze ich seine Politik. Ich weiß, dass ihn

viele zu autoritär finden. Sie sehen ihn als unseren

Bürgermeister. Seine Entscheidungen mögen manchmal auch

autoritär sein Aber man muss sehen, wie es vor ihm hier

zugegangen ist. Die Verwahrlosung damals, das können sich

viele nicht vorstellen.”

O-Ton 78 Cristina Peralta & Gustavo Spandau (0:50min)

“Fuimos una vez… Es secreto, né.”

Sprecherin 9 Voice Over Cristina Peralta

“Wir waren einmal auf einer Eigentümerversammlung.”

Sprecher 10 Voice Over Gustavo Spandau

“Ich glaube zweimal. Aber was sollen wir da? Klar, man kann

sagen, was man denkt. Aber alles ist schon vorher beschlossen.”

Sprecherin 9 Voice Over Cristina Peralta

“Da gehen nur die Älteren hin, junge Leute wie wir sind in der

Minderheit, wir können nichts machen.”

Sprecher 10 Voice Over Gustavo Spandau

“Es gibt nur einen Kandidaten, der wird immer wiedergewählt.”

Sprecherin 9 Voice Over Cristina Peralta

“Und er diktiert die Bedingungen, zu denen er weiter macht.

Sprecher 10 Voice Over Gustavo Spandau

“So extrem ist das auch nicht.”

Sprecherin 9 Voice Over Cristina Peralta

“Ich sollte mich zur Wahl stellen.”

Sprecher 10 Voice Over Gustavo Spandau

“Finde ich gut, mach das.”

Sprecherin 9 Voice Over Cristina Peralta

Wir müssen das gut vorbereiten, solange bleibt’s geheim.”

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Regie Atmo 36 (Terraço) O-Ton 79 Dono Affonso (0:08min) “Agora aqui é um privilegio… por um trabalho que ha

realizado.”

Sprecher 1 Voice Over Dono Affonso “Was für ein Privileg, hier oben auf der Dachterrasse zu stehen

und diesen Blick zu genießen. Ich bin glücklich, weil hier gute

Arbeit geleistet wird.”

Regie Atmo 36 (Terraço) O-Ton 80 Dono Affonso (0:11min) “Seria bom… … Ninguém fez nada igual ou parecido.”

Sprecher 1 Voice Over Dono Affonso “Es wäre gut, wenn es mal eine Opposition gäbe. Immer nur ja,

ja, ja ist schlecht. Andererseits leiste ich exzellente Arbeit.

Niemand könnte es annähernd so gut wie ich.” O-Ton 81 Gilda D’Almeida (0:31min) „Ele levantou o prédio… … vale mas que um milhão.”

Sprecherin 11 Voice Over Gilda D’Almeida “Er hat das Gebäude wieder auf Vordermann gebracht, er zeigt

der Welt, welche Bedeutung dieses Werk von Oscar Niemeyer

hat. Heute wollen alle im Copan leben. Dadurch ist der Wert der

Wohnungen gestiegen. Vor seiner Zeit waren sie praktisch nichts

wert, heute kostet ein Apartment wie meins weit mehr als eine

Million Real, rund 270.000 Euro.”

O-Ton 82 Gilda d’Almeida (0:12min) “Olha, ultimamente não tem… … sendo bem direccionado.”

Sprecherin 11 Voice Over Gild d’Almeida

“Im Copan gibt es keine Opposition, es braucht auch keine. Alles

ist gut.”

Regie Achtung: unter OT 82 ist eine Sirene.

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O-Ton 83 Jean-Claude Bernadet (0:25min) “Esse é um problema… … ele fica.”

O-Ton 84 Jean-Claude Bernadet (0:06min) “Eu acho que…… … eu pessoalmente lhe apoio.”

Sprecher 3 Voice Over Jean-Claude Bernadet

“Ein Problem haben wir doch: Wir glauben, dass Dono Affonso

ewig ist. Ich bin 80, ich habe ihn neulich gefragt: Dono Affonso,

werden Sie auch mit 80 noch weiter machen? Seine Antwort

lautete: Solange meine Politik unterstützt wird, werde ich

bleiben. Meine Unterstützung hat er auch weiterhin.”

Absage Edifício Copan - Leben im größten Wohnhaus der Welt

Ein Feature von Tom Noga

O-Ton 85 Carlos Lemos (0:13min) “O edifício Copan … …sem dúvida.”

Sprecher 6 Voice Over Carlos Lemos

“Das Copan ist wirklich ein schönes Gebäude. Mir gefällt alles

daran, auch heute noch. Ohne Zweifel.”

Absage Es sprachen

Wolfgang Rüter

Maya Bothe

Camilla Renschke

Justine Hauer

Volker Risch

Frank Meyer

und Jonas Baeck

Übersetzungen: Tays Serra-Noga

Ton und Technik: Ernst Hartmann und Angelika Brochhaus

Regie: Fabian v. Freier

Redaktion: Klaus Pilger

Die Recherchen für dieses Feature wurden durch ein

Stipendium der Filmstiftung NRW gefördert.

Produktion: Deutschlandfunk 2016

ENDE