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Originally published as: Grünthal, G., Stromeyer, D., Wylegalla, K., Kind, R., Wahlström, R., Yuan, X., Bock, G. (2007): Die Erdbeben mit Momentmagnituden von 3.1-4,7 in Mecklenburg-Vorpommern und im Kaliningrader Gebiet in den Jahren 2000, 2001 und 2004. - Zeitschrift für geologische Wissenschaften, 35, 1-2, pp. 63—86.

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Z. geol. Wiss., Berlin 35 (2007) 1/2: 63-86, 15 Abb., 4 Tab., 1 Annex

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Die Erdbeben mit Momentmagnituden von 3,1-4,7 in Mecklenburg-Vor-pommern und im Kaliningrader Gebiet in den Jahren 2000, 2001 und 2004

The Mw 3.1-4.7 earthquakes in Mecklenburg-Vorpommern and the Kaliningradarea in the years 2000, 2001 and 2004

GOTTFRIED GRÜNTHAL, DIETRICH STROMEYER, KURT WYLEGALLA, RAINER KIND, RUTGERWAHLSTRÖM, XIAOHUI YUAN (alle Potsdam), GÜNTER BOCK†

key words: seismicity, southern Baltic Sea area, focal mechanisms, stress field, synthetic seismograms, magnitudefrequencies, macroseismics

Kurzfassung

Das Gebiet südlich und östlich der Ostsee weist eine sehr geringe Bebenaktivität auf. Jedoch ist diese nicht vernachlässigbarklein, wie anhand der vier jüngsten Beben gezeigt wird, die Gegenstand dieser Untersuchung sind: in Mecklenburg-Vor-pommern nahe Wittenburg, am 19. Mai 2000, Mw = 3,1 und Rostock am 21. Juli 2001, Mw = 3,4 sowie im Gebiet Kaliningrad(Russland) am 21. September 2004 zwei Beben mit Mw = 4,6 und 4,7. Lokalisierungen, Magnituden (ML und Mw) undHerdflächenlösungen wurden für die ersten beiden genannten Beben berechnet. Für die Kaliningrad-Beben konnte die Herdtiefemittels synthetischer Modellierungen berechnet werden. Die Analyse der makroseismischen Beobachtungen zu den genanntenBeben beruht auf der Anwendung einer neu entwickelten Inversionstechnik, die simultan die Lokalisierung sowie dieBestimmung der Herdtiefe und der Epizentralintensität erlaubt. Die anhand der Herdflächenlösungen erhaltenen Orientierungender maximalen horizontalen Kompressionsspannungen sind in sehr guter Übereinstimmung mit dem bekannten regionalunterschiedlich orientierten krustalen Spannungsfeld; d. h. maximale horizontale N-S Kompressionsspannung für dasWittenburg- und das Rostock-Beben und NNW-SSE für die Kaliningrad-Ereignisse. Mögliche Bruchstörungen, die ursächlichmit den Beben in Verbindung stehen könnten, werden diskutiert. Es wird gezeigt, dass die jüngsten Beben zu keinensignifikanten Änderungen der Magnituden-Häufigkeitsverteilungen führen.

Abstract

The area south and east of the Baltic Sea has very low seismic activity. However, this is not negligible, as shown by four earth-quakes in recent years, which are analysed in this study: in Mecklenburg-Vorpommern near Wittenburg on May 19, 2000,Mw = 3.1 and Rostock on July 21, 2001, Mw = 3.4 as well as in the Kaliningrad area, Russia on September 21, 2004, two eventswith Mw = 4.6 and 4.7. Locations, magnitudes (ML and Mw) and focal mechanism solutions were determined for the first twoshocks. The focal depth could be determined for the Kaliningrad events by applying synthetic modeling. Analysis of the macro-seismic observations of the mentioned events is based on the application of a newly developed inversion technique giving simul-taneously the location, and the determination of the focal depth and epicentral intensity. The orientations of the maximum hori-zontal compressive stresses obtained from the source mechanism solutions are in very good agreement with the known regionaldifferently oriented crustal stress field, i.e., maximum horizontal N-S compressive stress for the Wittenburg and Rostock eventsand NNW-SSE for the Kaliningrad events. Possible faults which could have a causal relation to the events are discussed. It isdemonstrated that the recent earthquakes do not significantly change the magnitude-frequency distributions.

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G. GRÜNTHAL et al.

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1. Einführung

Das Gebiet der südlichen Ostsee sowie die angren-zenden nördlichen Teile Deutschlands und Polensinklusive der benachbarten nördlich angrenzendenRegion gelten i. a. als frei von Erdbeben bzw. aseis-misch. Durch eine weitgehend fehlende Seismizitätsind auch der NW-deutsche Raum, die südlicheNordsee, der zentrale Teil Polens sowie Litauengekennzeichnet.

Die Beben der letzten Jahre haben jedoch ein-drucksvoll aufgezeigt, dass dieses Gebiet nicht aseis-misch ist. Die Beben vom 19. Mai 2000 nahe Wit-tenburg (südwestlich von Schwerin), vom 21. Juli2001 östlich Rostock und vom 21. September2004 nordwestlich von Kaliningrad sowie vom 20.Oktober 2004 von Rotenburg/Wümme (östlichBremen) machten deutlich, dass auch in diesemTeil der kontinentalen Erdkruste neotektonischeProzesse fortdauern und sich sogar als Beben äu-ßern. Die jüngsten intensiven Diskussionen zurhöchstwahrscheinlich nichttektonischen Ursachedes Rotenburg-Bebens 2004 mit dem Bebenherdin einem aktiven Gasfördergebiet (DAHM et al.,2006), worauf hier nicht näher eingegangen wird,haben erneut dieses vermeintlich aseismische Ge-biet in den Focus auch außerhalb der wissenschaft-lichen Diskussionsforen gebracht.

Während die Kaliningrad-Beben von 2004 be-reits Gegenstand aktueller Veröffentlichungen sind(z. B. WIEJACZ 2004, GREGERSEN et al. 2005,JÕELEHT 2005, WIEJACZ et al. 2006), in denen dieProbleme der Bestimmung der Herdparameter unddie Beschreibung der makroseismischen Befundeim Mittelpunkt stehen, konzentrieren wir uns be-züglich der Untersuchung der Kaliningrad-Bebenauf Aspekte, die bisher nicht berührt wurden, wiez. B. die Herdtiefenbestimmung mit instrumentel-len und makroseismischen Methoden und denVersuch der seismotektonischen Einordnung die-ser Beben im südbaltischen Raum, d. h. dem Ge-biet der südlichen Ostsee einschließlich der an-grenzenden Festlandsbereiche.

Um die jüngste, instrumentell beobachtete Seis-mizität des Untersuchungsgebietes, d. h. den Raumder südlichen Ostsee von Mecklenburg-Vorpom-mern im Westen bis nach Kaliningrad und dembenachbarten Litauen im Osten, verstehen zu kön-nen, ist es in einem größeren territorialen Umfeldund im Bezug zur historischen Seismizität zu be-trachten. Erst so erschließen sich die zum Ver-ständnis notwendigen seismotektonischen Zu-sammenhänge und die zeitliche Einordnung der

jüngsten Seismizität. Damit relativiert sich dieSonderstellung dieser Beben bzw. sind diese alsBestandteil einer latenten seismischen Hinter-grundaktivität zu sehen.

Aufgrund der großen Seltenheit von Beben imUntersuchungsgebiet erscheint es von Interesse,die Ergebnisse unserer Untersuchungen zu den ge-nannten Beben vorzustellen. Sie belegen eine tek-tonische Ursache dieser Beben, d. h. Ursachen imZusammenhang mit Salztektonik oder Auslau-gungsprozessen bezüglich der Beben in Mecklen-burg-Vorpommern oder aber eine Beziehung zurÖlförderung im Gebiet Kaliningrad sind auszu-schließen.

Gegenstand dieses Beitrages ist es, (1) die Seis-mizität im Untersuchungsgebiet und dessen Umge-bung darzustellen, (2) die Ergebnisse der seismo-logischen Untersuchungen der Beben von 2000,2001 und 2004 zu präsentieren, (3) der Fragenachzugehen, wie sich die Bebenmechanismen indas regionale Spannungsfeld einordnen, (4) dieZuordnung der Beben zu lokalen tektonischen Stö-rungen zu diskutieren sowie die Frage zu erörtern,(5) ob und in welchem Maße Magnituden-Häufig-keitsverteilungen von Beben durch die neuen Er-eignisse eine Änderung erfahren.

2. Die Seismizität im Untersuchungsgebiet

Die Seismizität im Gebiet der südlichen Ostsee in-klusive der südlich angrenzenden Festlandsberei-che ist außerordentlich gering. Im europäischenMaßstab gehören diese Gebiete zur Region mit dergeringsten Bebentätigkeit. Die Abb. 1 zeigt die Epi-zentren sämtlicher in historischer Zeit bekanntgewordener Erdbeben im Untersuchungsgebiet –eingebettet in einer weiteren Umgebung, in demeine erhöhte Seismizität sowohl in nördlicherRichtung in Skandinavien als auch in südlicherRichtung im Bereich des Niederrheins sowie inMitteldeutschland, genauer in Ost-Thüringen undWest-Sachsen, deutlich wird. Datengrundlage fürdiese Epizentrenkarte ist der Erdbebenkatalog mitMagnituden Mw

1 3,5 von GRÜNTHAL & WAHL-STRÖM (2003) beginnend mit dem Jahr 1300 – hierergänzt durch Beben mit Magnituden Mw < 3,5

1 ML ist die Lokalmagnitude, die auf die ursprüngliche Definition derMagnitude nach Richter zurückgeht und ein logarithmisches Maß fürdie freigesetzte Energie ist. Mw ist die Momentmagnitude, welche aufeinem physikalisch begründeten Konzept beruht. Für Gebiete in Mit-tel-, Nord- und Nordwest-Europa stellen GRÜNTHAL & WAHLSTRÖM(2003) empirische Beziehungen zwischen ML und Mw vor.

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Die Erdbeben mit Momentmagnituden von 3,1-4,7 in Mecklenburg-Vorpommern und im Kaliningrader Gebiet

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und durch Beben bis einschließlich des Jahres2004.

Um die jüngsten Beben in korrekter Weise imhistorischen Kontext zu betrachten, ist zu bemer-ken, dass sowohl die historischen, nur makroseis-misch wahrgenommenen als auch die instrumen-tellen Beben, die für Mitteleuropa erst ab Mitte der1970er Jahre hinreichend gut registriert und inter-pretiert worden sind, unvollständig katalogisiertsind. Für das Baltikum verzeichnen wir quasi bisheute eine nicht befriedigende Überdeckung durchseismische Netze. Die historischen, vor-instrumen-tellen Beben müssen, um erfasst werden zu kön-nen, wenigstens spürbar gewesen sein, d. h. in be-wohnten Gebieten muss mindestens eine IntensitätI = III-IV erreicht worden sein, wobei in weiter zu-rückliegenden Zeiten auch stärkere Erschütterun-gen oftmals nur sporadisch in Chroniken oder an-

deren Quellen erscheinen. Der untere Magnitu-denschwellenwert aktueller Registrierungen liegtfür den Norden Deutschlands seit etwa 1985 beiMw = 2, für den nördlichen Teil Polens und denRaum Kaliningrad hingegen bei ca. Mw = 3.

Die hier untersuchten Beben von 2000, 2001und 2004 erscheinen in der Abb. 1 mit hervorge-hobener Größe ihrer Jahreszahl. Auch das nicht-tektonische Beben von 2004 von Rotenburg/Wüm-me ist in der Abbildung besonders gekennzeichnet.Eine Auswahl weiterer Beben im Gebiet, das dieAbb. 1 überdeckt, sind ebenso mit dem Jahr ge-kennzeichnet, in dem sie sich ereigneten. Die Pa-rameter dieser Beben sind in Tab. 1 zusammenge-fasst.

Zuerst fällt auf, dass sich die singuläre Stellungder hier untersuchten Beben bei Einbeziehung ei-nes weiteren Umfelds und bei Heranziehung histo-

Abb. 1: Seismizität des Untersuchungsgebietes nach dem erweiterten Bebenkatalog von GRÜNTHAL & WAHLSTRÖM (2003).Ausgewählte Beben sind mit ihrer jeweiligen Jahreszahl versehen. Die hier untersuchten Beben von 2000, 2001 und 2004 sindhervorgehoben. Das wahrscheinlich nichttektonische Beben von 2004, das im Text erwähnt ist, erscheint in anderer Signatur.

Fig. 1: Seismicity of the study area according to the expanded earthquake catalogue of Grünthal & Wahlström (2003). Selectedevents are denoted with their respective years of occurrence. The events in 2000, 2001 and 2004 treated in this study are high-lighted. The probably non-tectonic event in 2004 mentioned in the text is marked differently.

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rischer Zeiträume relativiert. Derartige größereGebiete sind im Hinblick auf Seismizitätsbetrach-tungen oder statistischen Analysen für sehrschwach seismisch aktive Regionen in jedem Fallzu betrachten. Ansonsten würde jedes einzelneBeben eine Singularität darstellen. Zu den Bebenvon 2004 im Raum Kaliningrad könnte man ver-sucht sein, zwei zeitgenössisch berichtete Bebenvon 1303 bzw. 1328 im Gebiet des damaligenPreußen (dem späteren Ostpreußen im Bereich derheutigen Exklave Kaliningrad), das Gegenstandverschiedener Veröffentlichungen ist, als möglichehistorische „Vorläufer“ anzusehen. Wie jedochGRÜNTHAL & RIEDEL (2007) zeigen, haben dieseBeben in dem genannten Gebiet nicht stattgefun-den.

Unweit nördlich der Beben von 2000 und 2001

in Mecklenburg ereigneten sich u. a. Beben imZeitraum von 1888 bis 1998. Die Beben von 1997und dasjenige von 1998 – alle in Dänemark (vgl.Tab. 1) – wurden im Rahmen dieser Studie hin-sichtlich Lokalisierung und Magnitude neu inter-pretiert. Vormals hatten zwei von diesen ihre Her-de im Raum des Darß. Der Küste von Süd-Schwe-den (Skåne) vorgelagert, ereignete sich 1930 einBeben, das WAHLSTRÖM & GRÜNTHAL (1994)eingehender betrachteten. Nach SW findet dasdurch sehr geringe Bebentätigkeit gekennzeichneteUntersuchungsgebiet seine Begrenzung durch dieBeben von 1409 (GRÜNTHAL & MEIER, 1995),1612 (VOGT & GRÜNTHAL, 1994) sowie von 1770(MEIER & GRÜNTHAL, 1992).

Eine gewisse Häufung von Beben findet sichim Bereich der Mündung der Oder (GRÜNTHAL,

Tab. 1: Parameter von ausgewählten Beben der Epizentralkarte (Abb. 1).Table 1: Parameters of selected events from the epicentral map (Fig. 1).

Koordinaten Tiefe Int.DatumLat (°N) Lon (°E) (km) I0

Mw Katalogreferenz und/bzw. Quelle

1409 08 24 52,1 11,4 6 4 G&W, 2003*; GRÜNTHAL & MEIER, 19951540 57,7 18,7 5 7 4,2 G&W, 2003*; FENCAT, 20061606 53,3 16,3 5 3,3 PAGACZEWSKI, 19721612 11 07 52,0 8,65 6,5 4,3 G&W, 2003*; VOGT & GRÜNTHAL, 19941616 06 30 56,4 24,2 6 3,6 G&W, 2003*; FENCAT, 20061670 02 01 58,0 24,0 8 7 4,3 G&W, 2003*; NIKONOV, 19921736 11 53,13 14,17 4 2,7 GRÜNTHAL, 2006a1759 12 22 57,7 11,1 5,6 G&W, 2003*; FENCAT, 20061770 09 03 52,5 8,0 6 4 G&W, 2003*; MEIER & GRÜNTHAL, 19921803 02 23 56,9 24,0 3,5 2,1 BOBORIKIN et al., 19931821 02 20 56,6 25,3 6,5 4 G&W, 2003*; BOBORIKIN et al., 19931853 02 05 56,7 25,6 6 3,6 G&W, 2003*; BOBORIKIN et al., 19931888 05 16 54,2 11,45 4 2,7 GRÜNTHAL, 19881907 04 30 54,45 11,17 3 2,1 GRÜNTHAL, 19881907 08 29 53,97 14,58 4 2,7 GRÜNTHAL, 19881908 12 29 56,8 26,3 12 7 4,4 G&W, 2003*; BOBORIKIN et al., 19931908 12 29 55,8 26,7 7 4,4 G&W, 2003*; BOBORIKIN et al., 19931908 12 30 54,3 22,4 3,5 2,4 PAGACZEWSKI, 19721908 12 30 54,6 25,8 7 4,4 G&W, 2003*; BOBORIKIN et al., 19931909 02 11 54,1 15,6 4,5 3 PAGACZEWSKI, 19721909 02 12 56,6 20,9 6 3,6 G&W, 2003*; BOBORIKIN et al., 19931912 12 01 54,7 17,6 3,5 2,4 PAGACZEWSKI, 19721920 09 13 53,65 15,17 4 2,7 GRÜNTHAL, 19881930 10 31 55,3 12,8 5,5 3,4 WAHLSTRÖM & GRÜNTHAL, 19941981 05 05 54,7 13,0 2,4 GRÜNTHAL, 19881988 04 29 56,97 19,53 1 2,8 FENCAT, 20061988 04 29 56,32 21,40 7 2,6 FENCAT, 20061997 05 15 54,77 12,25 21 2,7 WYLEGALLA, 2005 (pers. Mitteilung)1997 08 19 55,53 11,60 2,3 WYLEGALLA, 2002 (pers. Mitteilung)1998 09 15 55,04 10,52 2,3 WYLEGALLA, 2002 (pers. Mitteilung)2000 05 19 53,54 10,97 17 3,1 diese Untersuchung2001 07 21 54,11 12,50 9 4,5 3,4 diese Untersuchung2002 12 18 56,08 18,00 10 5 2,9 FENCAT, 20062004 09 21 54,87 20,14 13 6 4,6 diese Untersuchung, Mw nach ETHZ, 20042004 09 21 54,98 20,29 13 6 4,7 diese Untersuchung, Mw nach ETHZ, 20042004 10 20 53,04 9,54 5 4,4 DAHM et al., 2006* G&W, 2003 = GRÜNTHAL & WAHLSTRÖM, 2003◊ Werte wie 6,5 bedeuten unsichere Intensitätsbewertungen wie 6-7 etc. (vgl. EMS-98, GRÜNTHAL, 1998). Diese Konvention gilt

im gesamten Beitrag.

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Die Erdbeben mit Momentmagnituden von 3,1-4,7 in Mecklenburg-Vorpommern und im Kaliningrader Gebiet

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2006a,b). Die nördlichen Teile Polens sind, abge-sehen vom Beben 1606, durch sehr seltene undschwache Beben gekennzeichnet, die sich aus-nahmslos auf das erste Viertel des 20. Jahrhun-derts beschränkten. Es stellt sich die Frage, ob fürdiesen Raum möglicherweise von einer besonde-ren Lückenhaftigkeit erfasster Bebendaten auszu-gehen ist.

Während das an die russische Exklave angren-zende Litauen frei von Bebenherden ist (entspre-chend der verfügbaren Quellen), findet sich einegewisse Häufung im Grenzbereich von Litauen zuWeißrussland und zu Lettland. Insgesamt ist dieSeismizität Lettlands angesichts dessen Lage aufder Osteuropäischen Tafel durchaus bemerkens-wert. Während das früheste Beben von 1616 da-tiert, zeigt das Jahr 1908 eine deutliche Häufungvon Beben. Diese Clusterbildung für das Jahr 1908ist auch für andere Teile der Welt und im Bereichdes Ausschnittes der Abb. 1 auch für Sachsen be-legt (vgl. GRÜNTHAL, 1988). Besonders erwäh-nenswert scheinen die instrumentell belegten seis-mischen Ereignisse von 1988 und 2002 nördlichund nordwestlich der 2004 Kaliningrad-Beben. Al-

les in allem sind damit die hier speziell behandel-ten Beben von 2000, 2001 und 2004, wenn sie imentsprechenden größeren Umfeld betrachtet wer-den, zwar als relativ stark, jedoch in diesem insge-samt nur sehr schwach seismisch aktiven Gebietals Bestandteil einer latenten Hintergrundseismizi-tät zu betrachten.

Da wir die Seismizität, als Ausdruck der Ak-tuotektonik, mit der großräumigen neotektoni-schen Charakterisierung in Beziehung setzen wol-len, zeigt die Abb. 2 eine neotektonische struktu-relle Untergliederung der Untersuchungsgebietesnach AIZBERG et al. (2001) ergänzt um eine sche-matische Darstellung des ostbaltischen Grabensys-tems nach LUDWIG (2001). Da der Begriff Neotek-tonik hinsichtlich der zeitlichen Ausdehnung nichteinheitlich definiert ist, sei hier erläutert, wie erhier verwendet wird. Im Gebiet nördlich des Alpi-dischen Raumes wird der geologische Zeitab-schnitt ab dem Badenian (15 Ma) bis zur Gegen-wart i. a. als Neotektonik bezeichnet (z. B. KVĚT,1985, 1990; PAVLIDES, 1989). In weiten Teilender Senkungsgebiete, die die Abb. 2 zeigt und indenen die hier untersuchten Beben lokalisiert sind,

Abb. 2: Strukturelle Untergliederungdes Untersuchungsgebietes – verein-facht nach AIZBERG et. al. (2001) - inAbsenkungsgebiete seit dem Beginndes Oligozäns (weiß), Absenkungsge-biete mit anschließender Hebung(weiß/grau gestreift) und Gebiete mitdominierender Hebung (grau). Zusätz-lich sind schematisch der Verlauf derTornquist-Sorgenfrei-Zone (TSZ), derTornquist-Teisseyre-Zone (TTZ) undTeile des ostbaltischen Systems vonGräben nach LUDWIG (2001) darge-stellt. Die Linienführung innerhalb derHebungs- und Senkungsgebiete be-zeichnen neotektonische Strukturen 2.und 3. Ordnung.

Fig. 2: Structural partition of theinvestigated area - simplified afterAIZBERG et al. (2001) – in depressedareas since the beginning of theOligocene (white), depressed areasfollowed by uplift (white-grey stripes)and areas with predominant uplift(grey). In addition the extension of theTornquist-Sorgenfrei Zone (TSZ), theTornquist-Teisseyre Zone (TTZ) andparts of the east Baltic graben systemsare schematically depicted (after LUD-WIG, 2001). The lines within the up-lifted or depressed regions denoteneotectonic structures of the 2nd and 3rd

order.

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bietet sich dagegen der deutlich ausgeprägte post-eozäne Rupelton-Horizont als Bezugshorizont zurAbgrenzung des neotektonischen Zeitraumes an(GARETSKY et al., 2001), womit der Abschnitt seitdem Beginn des Oligozäns (34 Ma) umrissen wird.Wir folgen daher hier GARETSKY et al. (2001) inder post-eozänen Fassung des Begriffs Neotekto-nik.

Die in der Karte der Abb. 2 ausgewiesenenSenkungsgebiete korrelieren mit den Gebieten ge-ringster Bebenaktivität (Abb. 1). Die Kaliningrad-Beben haben ihren Herd im südöstlichsten Rand-bereich des ostbaltischen Systems von Gräbennach LUDWIG (2001).

Der Tornquist-Teisseyre-Zone (TTZ) und derTornquist-Sorgenfrei-Zone (TSZ) kommen im Zu-sammenhang mit der neotektonischen Betrach-tungsweise eine untergeordnete Bedeutung zu.

3. Instrumentelle Auswertungen der Beben2000, 2001 und 2004

3.1 Lokalisierungen und Magnituden

Zur Lokalisierung der beiden Beben bei Witten-burg und Rostock wurden die Ankunftzeiten vonP- und S-Wellen aus den digitalen Seismogram-men von Stationen des GRSN (German RegionalSeismic Network), den dänischen Stationen BSD,COP und MUD sowie der BGR-Station GOR1 be-stimmt. Eine Übersicht zu den hier verwendetenseismologischen Stationen gibt Tab. 2. Die Lokali-sierungen erfolgten mit dem Programm HYPO71(LEE & LAHR, 1972) unter Verwendung einesKrustenmodells, das aus den Ergebnissen des seis-mischen Profils BASIN96 (BAYER et al., 1999)abgeleitet wurde, welches derzeit die genauesteGeschwindigkeits-Tiefenstruktur im Bereich bei-

der Herdgebiete repräsentiert. Zu berücksichtigenist, dass die seismischen Stationen auf unterschied-lichen geologischen Einheiten stehen, wodurch vorallem die Laufzeiten der in der Erdkruste laufen-den Wellen beeinflusst werden. Weiterhin ist dasGeschwindigkeitsverhältnis vp/vs weder in denHerdgebieten noch entlang der Wellenwege zu denStationen bekannt. Das Verhältnis vp/vs ändert sichoffensichtlich signifikant selbst für Wellenwegeinnerhalb des Norddeutschen Beckens, wie dieAnkunftzeiten der Pg- und Sg-Wellen vom Wit-tenburg-Beben bei den nächstgelegenen StationenBSEG und GOR1 zeigen. Obwohl beide Stationenmit 62 km gleich weit von Epizentrum entferntsind, besteht in der Ankunftzeit von Pg eine Zeit-differenz von -0,24 s zu BSEG, während die Sg-Ankunftzeit eine Differenz von 0,18 s aufweist.Die Lokalisierungsergebnisse können dadurchnicht unerheblich vom wahren Hypozentrum ab-weichen. Um die Hypozentren der lokalen Bebenbei Wittenburg und Rostock dennoch möglichstgenau bestimmen zu können und um einen Ein-druck von der Ortungsgenauigkeit zu erhalten,wurden die Berechnungen zum einen nur mit denP-Ankunftzeiten, zusätzlich mit P- und S-Zeitensowie weiterhin mit und ohne Stationskorrekturenausgeführt. Die Stationskorrekturen ergeben sichaus den Stationshöhen und den bekannten Sedi-mentdicken unter den Stationen. Werden auch dieS-Ankunftzeiten herangezogen, so erfolgten dieHypozentralberechnungen mit Variationen vonvp/vs im plausiblen Bereich von 1,65 bis 1,85. DieLokationsergebnisse mit den geringsten RMS (rootmean square) der Laufzeitresiduen der P- und S-Wellen sollten dem wahren Hypozentrum am bes-ten entsprechen.

Die Lokalmagnituden ML sind für die einzelnenStationen mit Standardalgorithmen bestimmt undgemittelt worden.

Netz Station Code Koordinatenlat °N lon °E

DSSN, Dänemark Bornholm BSD 55.1139 14.9147Kopenhagen COP 55.6853 12.4325Mønsted MUD 56.4550 9.1733

GRSN, Deutschland Bad Segeberg BSEG 53.9353 10.3169Clausthal-Zellerfeld CLZ 51.8416 10.3724Collm CLL 51.3077 13.0026Ibbenbüren IBBN 52.3072 7.7566Moxa MOX 50.6447 11.6156Rüdersdorf RUE 52.4759 13.7800Rügen RGN 54.5477 13.3214

Gorleben, Deutschland Trebel GOR1 52.9903 11.3075

Tab. 2: Im Text und den Abbildungs-unterschriften erwähnte seismologischeStationen, die für die instrumentelleAnalyse des Wittenburg-Bebens von2000 und des Rostock-Bebens von2001 verwendet wurden.

Table 2: Seismological stations men-tioned in the text and figures, used forinstrumental analysis of the earth-quakes in Wittenburg 2000 andRostock 2001.

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Wittenburg-Beben 2000Die Fehler der berechneten Epizentren der bestenLokationsergebnisse in der oben beschriebenenWeise betragen ± 2 km und die Herdtiefen sindmit einer Unsicherheit von ± 3 km behaftet. DieFehlerellipsen überlappen einander, so dass daswahre Hypozentrum sicher innerhalb der mittlerenKoordinaten 53,54°N, 10,97°E ±2 km und der Tie-fe 17 ± 3 km liegt. Die relativ zuverlässige Tiefen-bestimmung ist auf die geringe Hypozentralentfer-nung der Stationen BSEG und GOR1 zurückzu-führen.

Kurz nachdem sich dieses Beben ereignet hatte,gingen erste Einschätzungen von einem Einsturz-

beben an einem Salzstock aus, da an den GRSN-Stationen nur deutliche negative P-Einsätze regist-riert wurden (siehe Abb. 3a). Erst die Auswertungder Registrierung der Station Bornholm (BSD),mit einem deutlich positiven Ersteinsatz der P-Welle, und die Bestimmung der Herdtiefe gabendie Hinweise auf ein tektonisches Beben (sieheAbb. 3b).

Fehlende makroseismische Befunde sind einweiteres Indiz für eine relativ große Herdtiefe.

Die Lokalmagnituden ML der einzelnen Statio-nen des GRSN ergeben im Mittel ML = 3,4.

Abb. 3a: Breitbandaufzeichnung-Seismo-gramme der nächstgelegenen GRSN-Statio-nen, Wittenburg-Beben 2000. Die Zeitskalabezieht sich auf BSEG. Die Dilatation derP-Welle (abwärts gerichteter erster Einsatz)ist in den Spuren von BSEG, CLZ, CLLund MOX deutlich sichtbar.

Fig. 3a: Broadband instrument records atthe closest located GRSN stations of theWittenburg event in 2000. The time scalerefers to BSEG. The P wave dilatation(downgoing first motion) is clearly ob-served for the traces BSEG, CLZ, CLL andMOX.

Abb. 3b: Originales und gefiltertesSeismogramm der Station BSD(Bornholm), Wittenburg-Beben 2000.

Fig. 3b: Original and filtered records atthe station BSD (Bornholm) of theWittenburg event in 2000.

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Rostock-Beben 2001Die Lokalisierungen des Rostock-Bebens2 von2001 ergeben stabile Lösungen mit vertretbar ge-ringem RMS, wenn die Ankunftszeiten der P- undS-Wellen von Stationen bis zu einer Epizentralent-fernung von ca. 250 km verwendet werden. Dassind die sechs Stationen RGN, BSEG, GOR1, COP,BSD und RUE, die azimutal gut um das Epizentrum

2 Obwohl sich dieses Beben in einiger Entfernung von Rostock ereig-nete (vgl. Kapitel 4, Abb. 7), hat sich als dessen Bezeichnung derBegriff „Rostock-Beben“ durchgesetzt. Ausschlaggebend hierfür war,dass es sehr intensiv in Rostock verspürt wurde.

verteilt liegen. Als Epizentrum ergibt sich 54,11°N,12,50°E ±3 km. Unter Hinzunahme entferntererStationen verbessert sich die azimutale Verteilungnur unwesentlich, jedoch erhöht sich der Standard-fehler des Epizentrums hierbei auf mehr als 4 km.

Abb. 4 zeigt die drei Komponenten der Breit-bandregistrierungen der drei dem Epizentrum amnächsten gelegenen GRSN-Stationen RGN, BSEGund RUE. Die Ergebnisse für die Herdtiefe diffe-rieren recht stark. Sie liegen im Bereich von 11-24km bei einem Standardfehler von 2-9 km. Einebessere Herdtiefenbestimmung mittels klassischer

Abb. 4: Breitband-Seismogramme der nächst-gelegenen GRSN-Stationen, Rostock-Beben2001.

Fig. 4: Broadband records of the closestlocated GRSN stations of the Rostock eventin 2001.

Abb. 5: Herdtiefenbestimmung mittels syn-thetischer Seismogramme für das Rostock-Beben 2001. Beobachtete und theoretischeSeismogramme stimmen am besten bei einerHerdtiefe von 8-10 km überein.

Fig. 5: Focal depth determinations fromsynthetic seismograms of the Rostock eventin 2001. Observed and theoretical seis-mograms show the best agreement for a focaldepth of 8-10 km.

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Lokalisierung ist nicht möglich, da die Stationenzu weit von Epizentrum entfernt sind. Die nächst-gelegene Station RGN ist ca. 73 km entfernt undBSEG liegt bereits in einer Entfernung von etwa145 km. Zur genaueren Bestimmung der Herdtiefewurden deshalb synthetische Seismogramme derVertikalkomponente für die Epizentralentfernung73 km und Herdtiefen zwischen 2 und 26 km mit-tels der Reflektivitätsmethode (KIND, 1979) be-rechnet und mit der Registrierung der Station RGNverglichen (Abb. 5). Die beste Übereinstimmungdes Wellenfeldes bzw. der Einsatzzeiten der Se-kundärwellen ergibt sich bei einer Herdtiefe von9 km bei einem Fehler von etwa 1 km.

Der Mittelwert der Lokalmagnituden für dieGRSN-Stationen beträgt ML = 3,4. Die ML-Werte

sind im Vergleich mit dem Wert für Mw (vgl. 3.2)gemäß der gut belegten empirischen Beziehung zwi-schen ML und Mw (GRÜNTHAL & WAHLSTRÖM,2003) untypisch klein. Die makroseismisch bestimm-ten ML-Magnituden (Abschnitt 3) ergeben einen um0,6 Magnitudeneinheiten größeren Wert für ML.

Kaliningrad-Beben 2004Die instrumentelle Lokalisierung der Kaliningrad-Beben ist wegen der beträchtlichen Distanzen zunächstgelegenen seismischen Stationen und dergenerell spärlichen seismischen Instrumentierungdes baltischen Raumes mit erheblichen Fehlernverbunden. Diesbezüglich verweisen wir auf dieErgebnisse bei WIEJACZ (2004) und GREGERSENet al. (2007).

Abb. 6a: Seismische Registrierungendes Kaliningrad-Bebens am 21. Sep-tember 2004 um 13:32 UTC an dichtbenachbarten Stationen in Kirgistan(Kyrgyz Seismic Telemetry Network).Nach der zuerst ankommenden P-Welle ist deutlich eine zweite Phase zuerkennen, die als sP-Signal interpre-tiert wurde. Die Amplituden sind fürjede Spur individuell normiert.

Fig. 6a: Seismic records of the Kali-ningrad event on September 21, 2004at 13:32 UTC at densely located sta-tions in Kyrgyzstan (Kyrgyz SeismicTelemetry Network). After the firstarriving P wave a second phase isclearly notable and interpreted as thesP phase. The amplitudes are indivi-dually scaled for each trace.

Abb. 6b: Vergleich theoretischer Seis-mogramme für verschiedene Herd-tiefen mit den Summationsdaten derkirgisischen Stationen. Beobachteteund theoretische Seismogramme stim-men am besten bei einer Herdtiefe von13 km überein.

Fig. 6b: Comparison of theoreticalseismograms for different focal depthswith the added data from the Kyrgyzstations. Observed and theoretical seis-mograms show the best agreement fora focal depth of 13 km.

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Wir konzentrieren uns hier auf die Bestimmungder Herdtiefe mittels tiefer Phasen, die an weit ent-fernten Stationen gut aufgezeichnet werden kön-nen. Damit ist die hier verwendete Methode völligunabhängig von den lokalen Stationen und derenUnzulänglichkeiten.

Abb. 6a zeigt die Registrierungen der P-Einsätzedes Bebens um 13:32 UTC nahe Kaliningrad an ei-nigen Stationen in Kirgistan. Die Unterschiede zwi-schen den Epizentralentfernungen und den Backazi-muten der einzelnen Stationen betragen maximal0,68° (36,64°-37,32°) bzw. ca. 1° (307,9°-309,0°).Dies ermöglicht, die Daten der einzelnen Stationenzur Verbesserung des Signal-Stör-Verhältnisses zusummieren. Die Summationsspur ist als obersteSpur in Abb. 6a eingetragen. Deutlich ist einezweite Phase (hier schon mit sP bezeichnet) etwa5 s nach dem P-Einsatz zu beobachten. Wenn esgelingt, diese Phase tatsächlich als Tiefenphase zuidentifizieren, ist eine sehr genaue Bestimmungder Tiefe des Hypozentrums möglich. Zu diesemZwecke wurden theoretische Seismogramme mitder Reflektivitätsmethode für einen Dislokations-herd in einem geschichteten Halbraum berechnet(KIND, 1978). Als Orientierung der Dislokations-quelle dienten die in 3.2 genannten Parameter. AlsModell für die Struktur im Gebiet der seismischenQuelle wurde das EUROBRIDGE (1999) Modell be-nutzt.

Abb. 6b zeigt die erhaltenen theoretischen Seis-mogramme als Funktion der Herdtiefe. Die stärks-te Tiefenphase ist die sP-Phase. Die Phase pP istebenfalls in den theoretischen Seismogrammen zuerkennen, sie ist allerdings viel schwächer als sP.Eine zusätzliche schwache Phase (Ps) ist ebenfallssichtbar. Diese Phase ist der auf die Vertikalkom-ponente projizierte Anteil der Ps-Konversion ander Moho unter der Station. Sie hat einen relativkonstanten Abstand zu P und hängt nicht von derHerdtiefe ab. Bei einer Tiefe von 13 km stimmendie Wellenformdaten des Summations-Seismo-grammes der Stationen in Kirgistan am besten mitden theoretischen Wellenformen überein. Darauskann geschlossen werden, dass das Kaliningrad-Beben eine aus seismischen Wellenformdaten ab-geleitete Herdtiefe von 13 km hatte. Auch in denRegistrierungen des Yellowknife Arrays in Nord-kanada lässt sich eine gute sP-Phase beobachten,die zur gleichen Herdtiefe führt. Das erste Bebenum 11:05 UTC hat in Kirgistan sehr ähnliche Wel-lenformen wie das zweite stärkere Beben und hatdemzufolge die gleiche Herdtiefe. Der Fehler die-ser Bestimmung der Herdtiefe hängt zunächst von

der richtigen Identifikation der Tiefenphasen ab.Hierzu bestehen keine Zweifel, da der Vergleichder theoretischen Seismogramme mit dem beo-bachteten auf eine sehr klare Interpretation derTiefenphase schließen lässt. Die zweite Fehler-quelle ist die Ungenauigkeit des seismischen Mo-dells im Herdgebiet. Da in der Nähe seismischeMessungen durchgeführt wurden, ist das Herdge-biet relativ gut bekannt (EUROBRIDGE, 1999). O-berhalb der Quelle wurde eine P-Wellengeschwin-digkeit von 6,2 km/s benutzt mit einer 0,5 kmmächtigen Deckschicht (vp = 5,0 km/s). Als vp/vs-Verhältnis wurde 1,73 angenommen. Bei Annah-me einer Modellunsicherheit von 10% oberhalbder Quelle, was sehr groß erscheint, liegt der dar-aus folgende Fehler in der Herdtiefe bei ca. einemKilometer. An dieser Stelle sei erwähnt, dass dieHerdtiefe, die aus den routinemäßig und automa-tisch durchgeführten Momententensor-Lösungennach HARVARD (HMTS, 2004) für das Ereignisum 13:32 UTC mit 20 km bestimmt wurde, wäh-rend mit der gleichen Methodik seitens desSchweizerischen Erdbebendienstes (SED) für bei-de Beben eine Tiefe von 15 km ermittelt wurde(ETHZ, 2000). Für das schwächere der beiden Ka-liningrad-Beben liegt keine Tiefenbestimmungnach Harvard vor.

Ein Zusammenhang mit Ölförderungsaktivitä-ten in der Region (vgl. Abb. 13) ist anhand derTiefe der Kaliningrad-Beben auszuschließen.

3.2 Herdflächenlösungen und Mw Magnituden

Die verfügbaren Polaritäten der P-Welleneinsätzereichten sowohl bei dem Wittenburg-Beben alsauch bei dem Rostock-Beben nicht für eine ein-deutige klassische Bestimmung des Herdmecha-nismus. Wir nutzten daher ein Inversionspro-gramm FPFIT (REASENBERG & OPPENHEIMER,1985), in dem neben den beobachteten P-Pola-ritäten zusätzlich die Amplituden der P- und S-Wellen verwendet werden (BOCK et al., 1994).

Wittenburg-Beben 2000Zur Verbesserung des Signal-Rausch-Verhältnis-ses wurden die digitalen Seismogramme der Stati-onen BSEG, GOR1, CLZ, CLL, MOX und RGNmit einem Bandpass zwischen 0,3 und 2 Hz gefil-tert. Unterhalb von 0,3 Hz waren keine zuverlässi-gen Amplitudenauswertungen möglich. Als Ein-gangsdaten für die Inversion wurden von BSEGund GOR1 die Pg- und Sg-Amplituden, ansonsten

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lediglich Sg verwendet. Bezüglich BSEG undGOR1 erhielten die vier anderen Stationen wegenihrer großen Epizentralentfernung (> 185 km) nurein Gewicht von 12,5%. Die Parameter der Herd-flächenlösung sind in Tab. 3 angegeben. Die Ab-strahlwinkel der Pn-Wellen zu den Stationen CLZ,CLL und MOX liegen sehr nahe der P-Achse, wasdie deutlichen negativen Ersteinsätze an diesenStationen erklärt. Das berechnete seismische Mo-ment basiert auf den Amplitudendaten von BSEG,CLZ und MOX und entspricht einer Momentmag-nitude Mw = 3,1. Die aus der Missfit-Funktion ab-geschätzten Fehler für die Strike- und Dip-Richtungen betragen 10°-20°.

Rostock-Beben 2001Hier erfolgte die Inversion mit den P- und S-Am-plituden der vier Stationen RGN, BSEG, COP undRUE. Die Erhöhung des Signal-Rauschverhältnissesergab optimale Ergebnisse mit einem Bandpass von0,5-3 Hz. Wegen ihrer größeren Epizentralentfer-nungen wurden die Gewichte von BSEG mit 17%sowie von COP und RUE mit nur 12% bezüglichRGN festgesetzt. Das Ergebnis der Inversion ent-hält Tab. 3. Aus dem dort angegebenen seismi-schen Moment errechnet sich mit der Beziehungnach HANKS & KANAMORI (1979) Mw = 3,4.

Kaliningrad-Beben 2004Zu den Kaliningrad-Beben von 2004 existieren be-reits standardmäßig bestimmte Momententensor-Lösungen von verschiedenen seismologischen A-nalysezentren, so dass hierzu keine eigenen Unter-suchungen vorgenommen wurden. Wir verwendenhier die Lösung vom Schweizerischen Erdbeben-dienst mit folgenden Parametern: Hauptstoß: strike26°, dip 86°, slip -5°, rake 26°, Mw = 4,7; Vorstoß:strike 29°, dip 86°, slip -5°, rake 23°, Mw = 4,6(http://www.seismo.ethz.ch/moment_tensor/2004/homepage.html).

4. Makroseismische Auswertungen der Beben

Bestandteil seismologischer Auswertungen vonBeben sind die makroseismischen Analysen, d. h.die Erfassung der flächenmäßigen Verteilung derStärke der Schütterwirkungen und die Ableitungvon Herdparametern, wie das makroseismischeEpizentrum, die Herdtiefe sowie mit Hilfe geeig-neter empirischer Beziehungen verschiedene Ty-pen von Magnituden. Für historische, instrumen-tell nicht oder nur schlecht registrierte Beben las-sen sich diese Parameter einzig und allein makro-seismisch bestimmen. Im Falle jüngster Beben, diesich in schlecht instrumentierten Gegenden ereig-nen, für die aber reichhaltiges makroseismischesBeobachtungsmaterial vorliegt, kommt der Makro-seismik diesbezüglich auch heute eine besondereBedeutung zu. In der vorliegenden Arbeit trifft diesauf die Kaliningrad-Beben zu. Im Falle des Rostock-Bebens wird demonstriert, inwieweit, bzw. wie gut,instrumentell und makroseismisch ermittelte Parame-ter übereinstimmen.

Die Erfassung der makroseismischen Daten er-folgte in Zusammenarbeit mit dem Landesamt fürUmwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommerns.

Wittenburg-Beben 2000Spontane Wahrnehmungsmeldungen zum Beben am19. Mai 2000 um 18:21 Uhr MESZ gingen nicht ein.Dies war erstaunlich, zumal Beben mit Moment-magnituden Mw > 3 in aller Regel in Mitteleuropaverspürt werden. Vorgenommene Recherchen beiGemeindeämtern verliefen negativ (LEYDECKER,pers. Mitteilung) – allerdings war bei diesen Befra-gungen von den ersten Lokalisierungsergebnissendes Epizentrums ausgegangen worden, die im Ver-gleich zu den verfeinerten und erst später erfolgtenAnalysen weiter östlich liegen. Wie sich herausstellte

Wittenburg RostockHerdzeit 19. Mai 2000

19:22:41,5 UTC21. Juli 200116:35:57,8 UTC

Epizentrum 53,54°N, 10,97°E ± 2 km 54,11°N, 12,50°E ± 3kmHerdtiefe 17 km ± 3 km 9 km ± 1 kmseismisches Moment 4,2 x 10**13 Nm 2,2 x 10**14 NmMw 3,1 3,4Herdflächenlösung Strike Dip Rake Strike Dip Rake1. Nodalebene 292° 87° -138° 224° 77° -49°2. Nodalebene 199° 48° -4° 328° 43° -161°Hauptstressachsen Trend Plunge Trend PlungeP-Achse 164° 31° 173° 42°N-Achse 295° 48° 33° 40°

Tab. 3: Instrumentelle Herdparame-ter der Beben bei Wittenburg undRostock.

Table 3: Instrumental source para-meters of the Wittenburg and Rostockevents.

T-Achse 58° 26° 284° 21°

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(s. o.), liegt das Epizentralgebiet in einem dünn be-siedelten Raum zwischen Zarrentin und Wittenburg.Es kann also nicht ausgeschlossen werden, dass (1)nicht doch Wahrnehmungen erfolgten, die nur nichterfasst wurden, bzw. (2) dass in einem dichter be-wohnten Gebiet makroseismische Beobachtungengemeldet worden wären. Dennoch kann aus diesemletztendlichen Negativ-Resultat geschlossen werden,dass die Herdtiefe mindestens 15-20 km betragenund damit relativ groß sein müsste.

Rostock-Beben 2001Das Beben nahe Rostock am 21. Juli 2001 um15:46 Uhr MESZ ist von sehr vielen Personendeutlich wahrgenommen worden. Zahlreiche be-sorgte Anrufe gingen bei Feuerwehr und Polizeiein. Leider wurden in deren Lagezentren keineAufzeichnungen zu Schüttermeldungen gemacht.Von den Personen, die sich zwecks Auskünften anden Norddeutschen Rundfunk, LandesfunkhausMecklenburg-Vorpommern, wandten, sind 19 derAugenzeugenberichte so detailliert, dass sie zur In-tensitätsbewertung herangezogen werden konnten.Entsprechend den Aufrufen zur Mitteilung vonBebenwahrnehmungen in Lokalzeitungen Meck-lenburg-Vorpommerns gingen insgesamt 82 aus-wertbare Beobachtungsberichte aus 31 Orten ein(Ortsteile von Rostock sind hier zur Rostock gehö-rig gezählt). Die weitaus meisten Meldungen lie-gen aus Rostock und Umgebung als dem am dich-testen bewohnten Teil des erschütterten Gebietesvor. Die Intensitätsbewertungen erfolgten mit derseit 1996 von der Europäischen Seismologischen

Kommission verbindlich eingeführten EuropäischenMakroseismischen Intensitätsskala EMS-98 (GRÜN-THAL, 1998). Im Annex 1 sind die einzelnen Datenmit den bewerteten Intensitäten genannt. Die In-tensität IV (in Gelbensande, Thulendorf, Bad Sül-ze und Viecheln) wurde nicht überschritten. DieErschütterungen in Rostock entsprechen insgesamtder Intensität III.

In Abb. 7 sind die makroseismischen Befundekartenmäßig dargestellt. Es fällt auf, dass aus demzentralen Bereich der mit Grad IV erschüttertenFläche keine Beobachtungsmeldungen eingingen,obwohl dem im Hinblick auf die Besiedlungsdich-te nichts entgegen steht. Einleuchtende Gründe fürdas Fehlen der Beobachtungsmeldungen liegennicht vor.

Wesentliche Voraussetzung zur makroseismischenBestimmung von Herdparametern ist eine empirischeIntensitätsdämpfungsrelation. Diese resultiert aus derAnalyse makroseismisch und instrumentell gut unter-suchter Beben der Region mit unterschiedlicher Be-benstärke und Herdtiefe. Für Norddeutschland lagenwegen der geringen Seismizität bisher keine verlässli-chen Daten zur Ableitung einer solchen speziellenDämpfungsbeziehung vor. STROMEYER & GRÜN-THAL (2007) haben aus den IntensitätsdatenpunktenIDP von ca. 30 historischen und jüngeren mitteleuro-päischen Beben die Dämpfungsparameter a und b imempirischen Modell von SPONHEUER (1960)

Abb. 7: Makroseismische Beo-bachtungen zum Rostock-Beben2001.

Fig. 7: Macroseismic observationsfor the Rostock event in 2001.

hhRbh

hRaII

22

2

22

0 log

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präzisiert und deren Fehlerbereiche diskutiert. So-wohl das Rostock-Beben als auch die Kaliningrad-Beben zeigen jedoch eine geringere Intensitätsab-nahme mit der Epizentralentfernung R als die o. g.mitteleuropäischen Beben.

Daher wurden unter der Annahme ähnlicherDämpfungseigenschaften im Schüttergebiet desRostocker und der Kaliningrader Beben mit einemnach STROMEYER & GRÜNTHAL (2007) modifi-zierten Inversionsverfahren aus den IDP spezifi-sche Dämpfungsparameter a = 2,032, b = 0,000und simultan die Epizentren, die Herdtiefen h unddie Epizentralintensitäten I0 ermittelt. Der Betragvon b charakterisiert die Intensitätsdämpfung imFernfeld und kann hinreichend genau nur aus star-ken Beben abgeleitet werden. Er ist für die hieruntersuchten Ereignisse de facto ohne Bedeutung.Die mit diesem Inversionsverfahren berechnetenI0-Werte sind rechnerische Größen und keine In-tensitätsgrade im eigentlichen makroseismischenSinn.

Für die Beurteilung der Genauigkeit der so be-stimmten makroseismischen Parameter ist die An-gabe der formalen Vertrauensintervalle des Inver-sionsverfahrens nicht ausreichend. So ergeben sichgroße Unsicherheiten für I0 (4,6 ± 0,54) und h(6,6 ± 4,6) für das Rostock-Beben, die eindeutigauf die fehlenden Beobachtungen im Epizentralbe-reich zurückzuführen sind. Eine genaue Untersu-chung des gemeinsamen Fehlerbereichs von I0 undh (Abb. 8) ermöglicht wegen der ausgeprägtenKorrelation zwischen beiden Größen eine schärfe-re Eingrenzung der möglichen Wertebereiche. Un-

ter der berechtigten Annahme, dass wegen fehlen-der Intensitätsmeldungen im unmittelbaren Herd-bereich die makroseismische Epizentralintensitätden Wert I0 = IV-V nicht überschritten hat, redu-ziert sich der Fehlerbereich auf den unteren, grauunterlegten Teil in Abb. 8. Damit ergeben sichFehlergrenzen für die numerische Epizentralinten-sität von 4,1 ≤ I0 ≤ 4,6 sowie für die Herdtiefe von7 km ≤ h ≤ 11km. Für Rostock ist damit sowohl dasmakroseismisch bestimmte Epizentrum als auch diemakroseismisch bestimmte Herdtiefe identisch mitden instrumentellen Ergebnissen (Tab. 4).

Aus den Isoseistenflächen AI bzw. den Isoseisten-radien RISO können Magnitudenwerte abgeschätztwerden. Hierfür entwickelte empirische Beziehungenzur Berechnung einer auf ML kalibrierten makro-seismischen Magnitude geben AHORNER (1983),MUSSON (1994) und SPONHEUER (1962). Die Rela-tion nach JOHNSTON (1996) ergibt auf Mw kalib-rierte makroseismische Magnituden. Diese Bezie-hungen gelten vorzugsweise für Beben im typi-schen krustalen Tiefenstockwerk von ca. 7-20 kmHerdtiefe. Herangezogen wurden die Daten fürFlächen bzw. Radien der Isoseisten vom Grad IIIund IV, wie sie in Abb. 7 eingezeichnet sind. Da-nach ergibt sich als Mittelwert für die Lokalmagni-tude ML = 4,0 und für die MomentmagnitudeMw = 3,5. Insbesondere der Wert für Mw ist mitdem instrumentellen Wert von Mw = 3,4 nahezuidentisch.

Kaliningrad-Beben 2004Lediglich das stärkere der beiden Kaliningrad-

Abb. 8: Formale Fehlerellipse von Herdtiefe h und numerischerEpizentralintensität I0 für das Rostock-Beben 2001. Die Mittel-werte der Inversion, h = 6,6 km und I0 = 4,6, bilden das Zentrumder Fehlerellipse. Die graue Fläche markiert den reduziertenBereich für I0 < 4,63, der aufgrund fehlender Intensitätswahrneh-mungen im unmittelbaren Epizentralgebiet zur Abschätzung vonh und I0 (Tab. 4) herangezogen wurden.

Fig. 8: Formal error ellipse of focal depth h and numericalepicentral intensity I0 for the Rostock event in 2001. The meanvalues of the inversion, h = 6.6 km and I0 = 4.6, make up thecentre of the error ellipse. The grey area marks the reduced rangefor I0 < 4.6 which was used to estimate h and I0 (Table 4) due tolack of intensity observations in the immediate epicentral area.

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Beben vom 21. September 2004 um 13:32 UhrUTC wurde innerhalb Deutschlands sehr schwachverspürt. Die Wahrnehmungsmitteilungen in Wol-gast, Waren/Müritz und Ivenack erreichten Inten-sitätswerte von II Grad (EMS-98). Die grenzüber-schreitend harmonisierte Erfassung makroseismi-scher Daten und deren einheitliche Bewertungnach der Europäischen Makroseismischen Skalaerfolgte von GREGERSEN et al. (2005) sowie in ei-ner erweiterten Version von GREGERSEN et al.(2007). Diesen Arbeiten konnten wir freundlicher-weise die Daten entnehmen, die die Grundlage fürdie hier erfolgte weiterführende makroseismischeAuswertung analog zu der des Rostock-Bebens bil-dete. Die gesamte makroseismische Karte desstärksten Bebens mit den Intensitätsdatenpunktenzeigt Abb. 9. Die makroseismische Bestimmungder Epizentren, der Herdtiefen und der Epizentra-lintensitäten basiert auf der in Abschnitt 4.2 disku-tierten Intensitätsdämpfungsrelation. Die Unsi-cherheiten für die Bestimmung des makroseismi-schen Epizentrums sind sicherlich größer als derformale Standardfehler (3 km) im Ergebnis des In-versionsverfahrens. Es gilt hier zu berücksichtigen,dass der gesamte Nordwesten des Nahbereichs,d. h. im Bereich der Ostsee, keine Intensitätsdatenaufweisen kann und auch die landgestützten be-bennahen Intensitätspunkte kein klares homogenesBild ergeben (vgl. Abb. 9). Modellrechnungen mitzufällig ausgewählten Teildatensätzen (80% derKaliningrad-Daten) liefern Epizentrumsunterschie-de von bis zu 11 km. Ein Ortungsfehler von 15 kmin Länge und Breite sollte deshalb eine konserva-tive Abschätzung sein (Tab. 4). Der Fehler dermakroseismischen Ortung ist dennoch kleiner alsder der instrumentellen Lokalisierungen. Als einMaß für den Fehler der instrumentellen Ortung kön-nen die Differenzen zwischen den Resultaten unter-schiedlicher seismologischer Zentren herangezogenwerden. Wegen fehlender bebennaher Stationenbetragen diese Differenzen bis zu 30 km (WIEJACZet al., 2006). Zudem ist zu berücksichtigen, dassim Falle sich zeitlich eng beieinander ereignender

Beben, insbesondere zum Hauptstoß mit denstärksten Intensitäten die zuverlässigeren Intensi-tätsbeobachtungen übermittelt werden und sichschwächere Stöße hinsichtlich ihrer makroseismi-schen Parameter weniger gut analysieren lassen.Die Abschätzung von ML und Mw erfolgte anhandder Schütterflächen und Radien für die Isoseistenvom Grad III und IV, die sich aus der ermitteltenDämpfungsrelation und den makroseismischenBebenparametern in Tab. 4 berechnen lassen. Fürdas Beben um 11:05 UTC ergaben sich ML = 5,3und Mw = 4,5, für das Beben um 13:32 UTCML = 5,8 und Mw = 4,8. Wie schon beim Rostock-Beben zeigt ein Vergleich der Momentmagnituden(vgl. Tab. 1) eine sehr gute Übereinstimmung zwi-schen instrumentellen und makroseismischen Da-ten.

5. Kompressionsspannungsrichtungen der Be-ben und das rezente krustale Spannungsfeld

Angaben zum Spannungsfeld im seismogenen Be-reich der mittleren Erdkruste gehen einzig auf In-formationen zum Herdmechanismus von Bebenzurück. Es ist daher von grundsätzlicher Bedeu-tung, ob bzw. inwieweit die Spannungsangabenaus den hier untersuchten vier Beben sich in dasbisher vorliegende Spannungsbild einordnen.

Die Richtung maximaler horizontaler Kompres-sionsspannung SHmax weist im westlichen Teil desUntersuchungsgebietes die seit Jahrzehnten gut be-legte NW-SE-Richtung auf. Im Norden Deutsch-lands ist ab etwa 10°E in östlicher Richtung einUmbiegen von SHmax in Richtung N-S bis NNE-SSW zu beobachten, was, gestützt durch numeri-sche Modellierungen, bereits erstmals von GRÜN-THAL & STROMEYER (1986) beschrieben wurde.Diese erste Interpretation des Umschwenkens derSHmax-Richtung wurde in GRÜNTHAL & STRO-MEYER (1992, 1994) durch jeweils neue Beobach-tungsbefunde und verbesserte Modellierungennachhaltig bestätigt. Eine wesentliche Erweiterung

Tab. 4: Makroseismische Inversionsparameter der Beben bei Rostock und Kaliningrad.Table 4: Macroseismic inversion parameters of the Rostock and Kaliningrad events.

Datum Zeit Koordinaten TiefeRechnerische

Epizentralintensität(UTC) Lat (°N) Lon (°E) (km) I0

21.07.2001 16:35 54,12 ± 2 km 12,50 ± 3 km 7-11 km 4,1-4,623.09.2004 11:05 54,87 ± 15 km 20,14 ± 15 km 13-17 km 5,7-5,923.09.2004 13:32 54,98 ± 15 km 20,29 ± 15 km 15-19 km 6,1-6,3

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des Untersuchungsgebietes zur Analyse der SHmax-Ausrichtung erfolgte in GRÜNTHAL & STROMEY-ER (2001). Sie konnten eine Vielzahl neuer Beo-bachtungsdaten aus dem Gebiet der BaltischenStaaten und aus Weißrussland einbeziehen. DieKarte aus letztgenannter Arbeit bildete die Grund-lage für die Abb. 10, in der zusätzlich die Herdflä-chenlösungen und die SHmax-Richtungen der hieruntersuchten Beben von 2000, 2001 und 2004 dar-gestellt sind. Die Spannungsrichtungen der jüngs-ten Beben ordnen sich sehr gut in das durch bishe-rige Daten belegte Spannungsbild ein.

Während die Beben von 2000 und 2001 die N-S-Richtung von SHmax im NE Deutschlands bestä-tigen, zeigen die Spannungsrichtungen der Kali-ningrad-Beben eine NNW-SSE-Richtung, die mit

Beobachtungen östlich und westlich dieser Bebenim Einklang stehen.

Einzuräumen ist jedoch, dass die SHmax-Rich-tung des Bebens von 2000 nur eingeschränkt hin-sichtlich der Angabe dieses Parameters herange-zogen werden kann. Die Lage der Herdfläche er-laubt keine eindeutige Zuordnung zu einem tekto-nischen Regime im Sinne der Stresskriterien vonZOBACK (1992).

6. Mögliche Zuordnung der Beben zu tektoni-schen Bruchstörungen

Die Herdflächenlösungen der Beben (vgl. Ab-schnitt 4.3) stellen sowohl die Lage der Herdfläche

Abb. 9: Makroseismische Beobachtun-gen zum stärksten Kaliningrad-Bebenam 21. September 2004 um 13:32 UTC(nach GREGERSEN et al., 2005, 2007).

Fig. 9: Macroseismic observations forthe strongest Kaliningrad event onSeptember 21, 2004 at 13:32 UTC(after GREGERSEN et al., 2005, 2007).

Abb. 10: Richtungen maximaler hori-zontaler KompressionsspannungenSHmax in der Erdkruste anhand ver-schiedener Messverfahren (aktualisiertnach GRÜNTHAL & STROMEYER, 2003).Die Herdflächenlösungen und dieSHmax-Richtungen der hier untersuchtenBeben sind eingetragen. Erläuterungenim Text.

Fig. 10: Directions of maximum hori-zontal compressional stresses, SHmax, inthe Earth’s crust implied from differentkinds of measures (updated after Grün-thal & STROMEYER, 2003). The focalmechanism solutions and the SHmax-directions of the investigated events arespecially indicated. Explanations in thetext.

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im Raum sowie eine dazu senkrecht verlaufendeFläche dar. Im Folgenden soll diskutiert werden,inwieweit sich bekannte krustale Bruchstörungenanhand der Herdflächenlösungen als Herdorte derhier untersuchten Beben identifizieren lassen.

Allen Herdflächenlösungen der hier untersuch-ten Beben ist gemeinsam, dass sie schräge Seiten-verschiebungen mit einer Abschiebungskompo-nente aufweisen. Der Abschiebungsanteil ist beiden Kaliningrad-Beben am wenigsten stark ausge-prägt.

Wittenburg-Beben 2000Eine der beiden möglichen Störungsflächen fürdas Wittenburg-Beben zeigt eine Übereinstim-mung mit einer NNW-SSE-Störung (Abb. 11;nach LANGE et al., 1990), die sowohl im oberflä-chennahen Bereich als auch im Subsalinar nach-gewiesen ist und dort ca. 30 km aushält (GRÜN-THAL & KATZUNG, 2004). Sie kreuzt hier die SW-NE verlaufende Schweriner Störung, die für den

tieferen Untergrund sowohl gravimetrisch als auchgeomagnetisch nachgewiesen ist. Die zweite mög-liche, herzynisch gerichtete Herdfläche zeigt keineEntsprechung mit bekannten Störungsbefunden.Inwieweit überhaupt bekannte Störungsflächendiesem Beben zugeordnet werden können, mussaufgrund dessen Tiefe in ca. 20 km fraglich blei-ben.

Rostock-Beben 2001Das Rostock-Beben mit dem Herd in ca. 9 km Tie-fe weist dagegen bessere Interpretationsmöglich-keiten auf. Zu diesem könnten als mögliche Herd-flächen eine NW-SE- sowie eine NE-SW-Rich-tung ausgewiesen werden. Das Epizentrum befin-det sich im südwestlichen Teil einer etwa 75 kmbreiten Zone mit NW-SE bis NNW-SSE strei-chenden Störungen (Abb. 12; nach LANGE et al.,1990). Der Herd liegt etwa 5,5 km unterhalb derBasis des Zechstein-Salinars, südlich einer 75 kmlangen Störung (der Fortsetzung der Schweriner

Abb. 11: Epizentrum und Herdflächenlösung des Wittenburg-Bebens 2000 in der Karte „Geologische Karte der DeutschenDemokratischen Republik“ nach LANGE et al. (1990). Die mögliche Herdfläche dieses Bebens könnte mit der NNE streichen-den Störungsindikation NNW vom Epizentrum korrespondieren. Weitere Einzelheiten im Text.

Fig. 11: Epicentre and focal mechanism solution for the Wittenburg event in 2000 in the map „Geologische Karte derDeutschen Demokratischen Republik“ after LANGE et al. (1990). The possible focal planes of this event could correspond to theindicated NNE oriented fault NNW of the epicentre. Further details in the text.

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Störung), die hier an der Basis des Subsalinarsnachgewiesen ist (GRÜNTHAL & KATZUNG, 2004).Es kann davon ausgegangen werden, dass an derzur N-S gerichteten maximalen Kompressions-spannung SHmax konjugierend angeordneten Scharvon NW-SE-Störungen das Scherspannungspoten-tial erhöht und damit die Möglichkeit für die Be-

benauslösung gegeben ist.

Die Kaliningrad-Beben 2004Zur möglichen Zuordnung der potentiellen Herd-flächen beider Kaliningrad-Beben verwenden wirzunächst eine leider sehr kleinmaßstäbliche Karteder Bruchtektonik des Baltikums und Weißruss-

Abb. 12: Epizentrum und Herdflä-chenlösung des Rostock-Bebens 2001in der Karte „Geologische Karte derDeutschen Demokratischen Republik“nach LANGE et al. (1990) (Legendesiehe Abb. 11). Die beiden möglichenHerdflächen des Bebens lassen sichmit erfassten Störungsrichtungen inÜbereinstimmung bringen. WeitereEinzelheiten im Text.

Fig. 12: Epicentre and focal mechnismsolution for the Rostock event in 2001in the map “Geologische Karte derDeutschen Demokratischen Republik“after LANGE et al. (1990) (legend cf.Fig. 11). Both possible focal planes areconsistent with the obtained faultdirections. Further details in the text.

Abb. 13: Herdflächenlösungen nachETHZ (2004), verschiedene Lokalisie-rungen der beiden Kaliningrad-Bebenam 21. September 2004 sowie Stö-rungsverlauf nach KARABANOV et al.(2001) als durchgezogene und gestri-chelte Linien sowie nach ZUI et al.(1995) in Form strichpunktierter Li-nienführung. Die kleineren Symbolegehören zum schwächeren Vorstoß um11:05 UTC sowie die größeren zumHauptstoß um 13:32 UTC. SchraffierteFlächen bezeichnen Ölfelder (nachENVOI, 2006).

Fig. 13: Focal mechanism solutionsfrom ETHZ (2004), different locationsolutions for the two Kaliningradevents on September 21, 2004 andfaults after KARABANOV et al. (2001)as full and dashed lines and after ZUIet al. (1995) as dot-dashed lines. Thesmall symbols are related to theweaker foreshock at 11:05 UTC andthe larger symbols to the main shock at13:22 UTC. Hatched areas denote oilfields (after ENVOI, 2006).

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lands von ZUI et al. (1995). Danach queren mehrereESE-WNW-Störungen die Kaliningrad-Exklave,welche schematisch in Abb. 13 übertragen wurden.Leider endet die Karte bei ZUI et al. (1995) unmit-telbar östlich der Herdgebiete der beiden Kalinin-grad-Beben. Dennoch ist zu vermuten, dass sichdiese Störungen weiter nach W bis zur Westküstevon Samland erstrecken. Zumindest stimmt dieAusrichtung der Störungen in etwa überein mit ei-ner der potentiellen Herdflächen der Herdflächen-lösungen.

In einer Karte der post-eozänen (Rupelian) verti-kalen Krustenbewegungen und Bruchstörungen nachKARABANOV et al. (2001), die auf Daten von AIZ-BERG et al. (1997, 1999), GARETSKY et al. (1997)u. a. basiert, wird die etwa in E-W-Richtung in dieOstsee hereinragende Samland-Halbinsel in ihremnördlichen und südlichen Küstenbereich von E-W-bis ESE-WNW-streichenden Störungen eingerahmt(Abb. 13). Diese Störungsrichtung stimmt jedochnicht mit einer der potentiellen Herdflächen überein.AIZBERG et al. (1997, 1999) sowie GARETSKY et al.(1997) prognostizierten beide E-W-Elemente entlangder nördlichen und südlichen Küstenlinie Samlandsnach der Methode von REISNER & JOHANSON(1993) als seismogene Zonen mit einer maximal er-warteten Magnitude von Mmax = 4,0 – ohne jeglichendamaligen Anhaltspunkt für tatsächlich aufgetreteneBeben. Auch ARONOVA (2006) greift diese Ideewieder auf. Immerhin scheinen die oben aufgeführ-ten tektonischen E-W-Elemente sowie die bei 20°EN-S- streichende Störung in Verlängerung der W-Küste des Samlands möglicherweise für den markan-ten Küstenverlauf der Halbinsel verantwortlich zusein (vgl. Abb. 13). Immerhin befindet sich das Kali-

ningrader Gebiet in einer relativ schmalen Zone, inder sich die post-eozäne Absenkung des BaltischenRaumes in eine Hebung umkehrte (AIZBERG et al.,2001).

Es wäre nicht auszuschließen, dass die N-S-und die E-W-Störungen Schwächezonen darstel-len, innerhalb derer die bei ZUI et al. (1995) ge-zeigten ESE-WNW-Elemente, falls sie sich bis indas Herdgebiet der Kaliningrad-Beben weiter ver-folgen lassen, den Herdflächen der Kaliningrad-Beben entsprechen. Weitere Untersuchungen wä-ren nötig, um diese Hypothese verifizieren zukönnen.

7. Magnituden-Häufigkeitsverteilungen

Nachdem sich signifikante Beben sowohl inschwach als auch stärker aktiven Gebieten ereig-neten, stellt sich die Frage, ob bisherige Einschät-zungen der Seismizität oder gar der Erdbebenge-fährdung einer Überarbeitung bedürften. Hierzubetrachten wir die Magnituden-Häufigkeiten vonBeben für die Datensätze vor und nach den hieruntersuchten Beben. Als Bestandteil der Eingabe-parameter von Erdbebengefährdungsanalysen kanndie Magnituden-Häufigkeitsverteilung einer zeitli-chen Änderung unterworfen sein. Eine Erdbeben-gefährdungskarte, die das Untersuchungsgebiet die-ser Arbeit überdeckt, veröffentlichten GRÜNTHAL etal. (1999).

Magnituden-Häufigkeitsverteilungen gemäß derBeziehung nach GUTENBERG & RICHTER (1944)

logN = a – b M

Abb. 14. Seismische Quellregionen fürdas Untersuchungsgebiet, welche eineModifizierung des Quellregionenmodellsbei GRÜNTHAL et al. (1998, 1999) darstel-len. TTZ – Tornquist-Teisseyre-Zone.Bezüglich weiterer Einzelheiten sieheText.

Fig. 14. Seismic source regions for theinvestigated area, displaying a modifi-cation of the source region model byGRÜNTHAL et al. (1998, 1999). TTZ -Tornquist-Teisseyre Zone. See the text forfurther details.

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quantifizieren die Seismizitätseigenschaften einerseismischen Quellregion. Diese werden nach neo-tektonischen, seismotektonischen und Seismizi-tätseigenschaften abgegrenzt, wobei primär diehöher seismisch aktiven Regionen definiert wer-den. Die hier näher betrachteten Beben liegen mitihren Herden dagegen in den schwach bis sehrschwach aktiven Gebieten und damit in seismi-schen Quellregionen, die den „Rest“ ausmachenund quasi als Gebiete verbleiben, nachdem die hö-her aktiven Gebiete abgegrenzt sind. Wie im Ab-schnitt 2 diskutiert (vgl. auch Abb. 2), stimmen dieseismisch schwach aktiven Gebiete weitgehendmit den post-eozänen Senkungsräumen überein.

Die Abb. 14 zeigt das derzeit verwendete seis-mische Quellregionenmodell für das Untersu-chungsgebiet (GRÜNTHAL et al., 2006), welchesaus den Modellen bei GRÜNTHAL et al. (1998 und1999) weiterentwickelt wurde.

Das Wittenburg-Beben hatte seinen Herd in derQuellregion „Central European Subsidence Zone“(CES) (AIZBERG et al., 2001), dem in seinemwestlichen Teil seismisch schwach aktive Regio-nen benachbarter Struktureinheiten zugefügt sind.Das Rostock-Beben gehört nach dieser Einteilungzur Quelle „Danish Embayment and Ringkøbing-Fyn High“ (DE) in der Abgrenzung oligo-miozäner Struktureinheiten nach ZIEGLER (1990).Das Kaliningrad-Gebiet ist Bestandteil der „Baltic-Belarus Syneclise“ (BBS) nach AIZBERG et al.(2001; vgl. auch Abb. 2), deren südwestliche Ab-

grenzung die als seismische Quellregion ausge-wiesene Tornquist-Teisseyre-Zone (TTZ) darstellt.

Um hinreichend gut statistische Auswertungenin Quellregionen schwach aktiver Gebiete vor-nehmen zu können, sind diese, falls deren Anzahlvon Beben sehr klein ist (z. B. < 50), zusätzlich zugrößeren Einheiten zusammenzufassen, was hierdie Seismizitätsdaten einerseits von CES und DEsowie andererseits von BBS und TTZ betrifft.

Betrachtet werden hier die Parameter der nicht-kumulativen, declusterten Magnituden-HäufigkeitN unter Heranziehung der Momentmagnituden Mw

(Abb. 15). Als Datensätze werden verglichen (1) dieDaten bis 1999 sowie (2) der bis einschließlich 2005erweiterte Datensatz. Die Parameter der Magnituden-Häufigkeiten, logN(Mw) = a – b Mw, wurden mit Hilfeder Maximum-Likelihood-Methode bestimmt. Hier-für erfolgte für die westliche Quellregion (CESund DE) die Anpassung der Daten für Mw ≥ 2,5;für die östliche Quellregion (BBS und TTZ), we-gen des weitestgehenden Fehlens von Beben in derMagnitudenklasse von 2,5-2,9, mit einem höherenMagnitudenschwellwert für Mw ≥ 3,0.

Die Parameter der nicht-kumulativen Datenaus-wertung bis 1999 ergeben für die westliche Quellre-gionenkombination: b = 1,19 (± 0,10), a = 2,58(± 0,26), wobei in Klammern jeweils die Standard-abweichungen angegeben sind. Für die Daten biseinschließlich 2005 werden folgende Werte erhal-ten: b = 1,17 (± 0,09), a = 2,53 (± 0,24). Für dieöstliche Quellregionenkombination errechnen sich

Abb. 15: Gegenüberstellung der jährlichen nicht-kumulativen declusterten Magnituden-Häufigkeiten von Beben für die Datenbis 1999 sowie bis 2005 in ihren seismischen Quellregionen: a) „Central European Subsidence Zone“ und „Danish Embaymentand Ringkøbing-Fyn High“ und b) „Baltic-Belarus Syneclise“ und „Tornquist-Teisseyre-Zone“ (vgl. Abb. 14). Dargestellt sinddie Magnituden-Häufigkeiten und ihre Maximum-Likelihood-Anpassungen.

Fig. 15: Comparison of the annual non-cumulative declustered magnitude frequencies of events for the data until 1999 and alsountil 2005 in their seismic source zones: a) „Central European Subsidence Zone“ and „Danish Embayment and Rin gkøbing-FynHigh“ and b) „Baltic-Belarus Syneclise“ and „Tornquist-Teisseyre-Zone“ (cf. Fig. 14). Depicted are the magnitude frequenciesand their maximum likelihood.

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für die Daten bis 1999: b = 0,73 (± 0,11), a = 1,33(± 0,65) sowie für die Daten bis 2005: b = 0,69(± 0,10), a = 1,20 (± 0,61).

Wie von uns erwartet, ergeben sich für die Da-tensätze bis 1999 nur marginal andere Werte für aund b im Vergleich zu den Daten bis 2005. DieAbweichungen in b sind z. B. in etwa um eineGrößenordnung kleiner als deren Schätzfehler unddamit keinesfalls signifikant voneinander ver-schieden. Das bedeutet, dass der Einfluss derjüngsten Beben auf die bisherigen Magnituden-Häufigkeitsrelationen sehr gering ist und diesestabile Langfristaussagen gestatten.

8. Schlussfolgerungen

Die jüngsten Beben in den Jahren 2000-2004 imsüdlichen Randbereich der Ostsee zeigten nach-haltig, dass auch dieses Gebiet sehr geringerSeismizität keinesfalls frei von Erdbeben ist.

Im Rahmen der detaillierten instrumentellenAuswertungen erfolgten Lokalisierungen derBeben von Wittenburg im Jahre 2000 und Ros-tock in 2001, die über die routinemäßig ange-wandten Prozeduren deutlich hinausgehen. Fürdas Wittenburg-Beben wurde eine Lokalisie-rungsgenauigkeit von ± 2 km und für das Ros-tock-Beben von ± 3 km erreicht.

Die Herdtiefe konnte für das Wittenburg-Bebenunter Verwendung herdnaher Registrierstationenzu 17 ±3 km bestimmt werden, womit die tekto-nische Ursache eindeutig belegt ist. Wegen derungünstigeren Stationsverteilung bezüglich desRostock-Bebens erfolgten hierfür numerischeModellierungen des Wellenfeldes mit dem Er-gebnis einer Herdtiefe von 9 ±1 km.

Die Kaliningrad-Beben von 2004 (Vor- undHauptstoß) ereigneten sich in beträchtlicher Dis-tanz zu nächstgelegenen seismischen Stationen,so dass die instrumentelle Bestimmung ihrer E-pizentren prinzipiell mit großen Fehlern behaftetist. Zur Ermittlung der Herdtiefe konnten wir je-doch an weit entfernten Stationen registrierteTiefphasen bestimmen. Anhand der numerischenModellierungen der entsprechenden Wellenfel-dern ließ sich eine Herdtiefe von 13 km ableitenmit einem bemerkenswert kleinen Fehler von± 1 km. Damit ist auch den Kaliningrad-Beben2004 und ebenso dem Rostock-Beben 2001zweifelsfrei eine tektonische Ursache zuzu-schreiben.

Im Hinblick auf die Berechnungen der Herdflä-chenlösungen und Momentmagnituden Mw kon-zentrierten wir uns auf die beiden Beben in Wit-tenburg und Rostock, da für die stärkeren Kali-ningrad-Beben bereits gute Resultate anhand derRoutine-Auswertungen seitens internationalerseismologischer Datenzentren vorliegen. Die ausden Herdflächenlösungen mittels Inversionsana-lyse von P-Polaritäten und P- und S-Wellenam-plituden abzuleitenden Richtungen maximalerhorizontaler Kompression stimmen für die hierbetrachteten Beben sehr gut mit dem regionalvariierenden Spannungsfeld überein. Sie zeigensämtlich als Herdmechanismus schräge Seiten-verschiebungen mit einer Abschiebungskompo-nente.

Die möglichen Störungsflächen anhand der Herd-flächenlösungen lassen sich beim Rostock-Bebenauffällig gut bekannten Störungen zuordnen. We-gen der beträchtlichen Tiefe des Wittenburg-Bebens ist eine solche Zuordnung prinzipiellschwierig. Eine nachgewiesene NNW-SSE strei-chende Störung könnte mit dem Beben ursächlichin Verbindung stehen. Weniger schlüssig lassensich die Kaliningrad-Beben den für das Gebietbeschriebenen, E-W und N-S laufenden Störun-gen zuordnen. Zumindest könnten diese Schwä-chezonen darstellen, die von ESE-WNW strei-chenden Störungen gequert werden. LetztereStreichrichtung stimmt mit einer der potentiellenFlächen der Herdflächenlösung überein.

Die mittels Inversionen erhaltenen Momentmag-nituden repräsentieren homogene Stärkeanga-ben. Sie betragen für das Wittenburg-BebenMw = 3,1, für das Rostock-Beben Mw = 3,4 so-wie für die Kaliningrad-Beben Mw = 4,6 (Vor-stoß) und Mw = 4,7 (Hauptstoß).

Makroseismische Auswertungen erfolgten fürdas Rostock-Beben und die Kaliningrad-Beben.Da das Wittenburg-Beben nicht wahrgenommenwurde, lässt sich aus diesem makroseismischenBefund ableiten, dass es bei der gegebenenMagnitude in einer Tiefe von mindestens 15-20km stattgefunden haben muss.

Zur Ableitung der makroseismisch ermitteltenEpizentren und Herdtiefen konnte eine neu ent-wickelte Methodik zur Anwendung kommen, dienicht, wie sonst üblich, Daten zu wenigen Iso-seisten nutzt, sondern die Vielzahl von sämtli-chen Intensitätsdatenpunkten. Die so gewonnenemakroseismische Lokalisierung des Rostock-Bebens stimmt völlig mit der instrumentellen

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Lokalisierung überein – obwohl aus dem Epi-zentralgebiet keine makroseismischen Datenvorliegen. Auch die makroseismische Tiefenbe-stimmung mit dem neuen Verfahren ergibt 9 km,jedoch mit einem Fehler von ± 2 km. Die makro-seismische Ortung der Kaliningrad-Beben ergibtLösungen innerhalb des Streubereiches der in-strumentellen Ergebnisse. Die makroseismischbestimmten Herdtiefen von 13-17 km (Vorstoß)und 15-19 km (Nachstoß) liegen ebenso im Be-reich der präzise bestimmten instrumentellenWerte.

Die Magnituden-Häufigkeitsverteilungen vonDatensätzen bis 1999 und bis 2005 (d. h. mit denneuen Beben) zeigen eine nahezu vollständigeGleichheit der Parameter bzw. sind ihre Diffe-renzen ca. eine Größenordnung kleiner als ihrestatistischen Schätzfehler. Diese Stabilität derVerteilungen im Hinblick auf neue Beben (auchin den größten belegten Magnitudenklassen) isteine gewünschte Eigenschaft, von denen dieEinschätzungen zur Erdbebengefährdungen pro-fitieren und die damit weitestgehend persistentgegenüber neuen Beben sind.

9. DanksagungDie Autoren sind den Herren Gregersen (Kopen-hagen) und Wiejacz (Warschau) zu Dank ver-pflichtet für die Überlassung der von ihnen publi-zierten Daten der makroseismischen Beobachtun-gen zu den beiden Kaliningrad-Erdbeben von 2004für unsere Untersuchung.Sehr dankbar sind wir den Herren Hemmer, Iff-land und Obst vom Geologischen Dienst Meck-lenburg-Vorpommern für die gute Zusammenar-beit zur Erfassung der makroseismischen Beo-bachtungen der hier untersuchten Beben. Zu Dankverpflichtet sind die Autoren auch den Reviewernder Arbeit, den Herren Kraus und Obst, sowie ei-nem anonymen Reviewer, für ihre ausführlichenund hilfreichen Kommentare.

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Eingereicht am 06.12.2006Angenommen am 18.04.2007

Anschriften der Autoren:Gottfried Grünthal (corresponding author:[email protected]), Dietrich Stromeyer, KurtWylegalla, Rainer Kind, Rutger Wahlström, Xiao-hui YuanGeoForschungsZentrum PotsdamD-14473 Potsdam

Annex 1Ortsliste makroseismischer Auswertungen zumRostock-Beben vom 21. Juli 2001

Ort Intensität EMS-98

Althagen 3Bad Doberan 3-4Bad Sülze 4Barth 3Bergen 3Brodersdorf 3-4Creemower See 2Demmin 3Diedrichhagen 3-4Dummerstorf 3-4Elmenhorst 3Garlitz 2Gehlsdorf 3-4Gelbensande 4Grimmen 3Güstrow 3Heiligendamm 3-4Hucksdorf 3Kösterbeck 3-4Kritzmow 3Laage 3-4Malow 2Markgrafenheide 3Müggenhall 3Niex 2Roggentin 3-4Rostock 3Rostock-Lütten Klein 3Rostock-Reutershagen 3-4Rostock-Süd 3Rostock-Schmarl 3Sievershagen 3Stralsund 3Thulendorf 4Trissow 3Viecheln 4Wardow 3Warnemünde 3