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Henning Nikolaus Johannes Schlaaff Oratio De Celeberrimo Quondam Nobilissimoque Imperii Castro Trifels Rede über die einst hochberühmte und überaus edle Reichsburg Trifels herausgegeben von Anna Tzvetkova-Glaser, Bastian Platte, Jan Keupp im Auftrag des Freundeskreises für mittelalterliche Geschichte und höfische Kultur auf Burg Trifels e.V. online presentation

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Henning Nikolaus Johannes Schlaaff

Oratio De Celeberrimo Quondam Nobilissimoque

Imperii Castro Trifels

Rede über die einst hochberühmte und überaus edle Reichsburg

Trifels

herausgegeben von Anna Tzvetkova-Glaser, Bastian Platte, Jan Keupp

im Auftrag des Freundeskreises für mittelalterliche Geschichte und höfi sche Kultur auf Burg Trifels e.V.

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Henning Nikolaus Johannes Schlaaff

Oratio De Celeberrimo Quondam Nobilissimoque Imperii Castro

Trifels

Rede über die einst hochberühmte und überaus edle Reichsburg Trifels

Herausgegeben von Anna Tzvetkova-Glaser, Bastian Platte, Jan Keupp

Im Auftrag des Freundeskreises für mittelalterliche

Geschichte und höfische Kultur auf Burg Trifels e.V.

Schriften zur Geschichte und Baukunst des Trifels

- Heft 1 -

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Zum Geleit

Dem “außerordentlichen Vorzug der Liebe zur nahegelegenen Burg” - um die Worte Kaiser Friedrichs II. aufzugreifen - ver-dankt dieses Büchlein in dreifacher Hinsicht seine Entstehung. Zunächst war es die Förderung der salischen und staufischen Herrscher, die den Trifels zu einer der bedeutendsten Burgen des Reiches emporwachsen ließ. Auf dieser Grundlage verdiente er sich sodann im Jahr 1725 das Interesse des Johann Philipp Crollius, der als Rektor des Gymnasium Illustre in Zweibrücken den Anstoß zur Abfassung und Drucklegung der vorliegenden Rede seines Schülers Henning Schlaaff gab. Es war drittens die liebe volle Zuneigung des neu erblühten “Freundeskreises für mittelalterliche Geschichte und höfische Kultur auf Burg Tri-fels e.V.” - zu dem ich im weiteren Sinne auch die fachkundi-gen Übersetzer zählen darf -, mit deren Hilfe diese lateinische Druckschrift in eine moderne deutsche Sprachform überführt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden konnte.

Das Vorhaben blickt auf eine längere Reifezeit zurück: Mein lange gehegtes Interesse an der ältesten wissenschaftlichen Abhandlung zur Burg Trifels fand ein freundliches Entgegen-kommen seitens Frau Anna Tzvetkova-Glaser (Universität Hei-delberg), die mir 2012 eine erste Arbeitsübersetzung der Rede zukommen ließ. Als dann im April 2014 der “Freundeskreis” ins Leben trat, gelangte das Projekt rasch auf die Agenda des neu gegründeten Vorstandes. Auf seine Initiative hin erklärten sich im Sommer 2015 die Mittelalterhistoriker Bastian Platte und Jan Keupp (WWU Münster) dazu bereit, das Manuskript einer grundlegenden Überarbeitung zu unterziehen und den Text für

Umschlagbild:

Rudolf Schmelcher, Trifelspanorama (1998)

© 2016 Freundeskreises für mittelalterliche Geschichte und hö-fische Kultur auf Burg Trifels e.V., Annweiler am Trifels

Alle Rechte vorbehalten

Druck: Druckerei Rillman, Annweiler am Trifels

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den Druck vorzubereiten. Ihnen gebührt mein besonderer Dank ebenso wie Herrn Rudolf Schmelcher, dessen Ansicht des Trifels im heutigen Bauzustand mit freundlicher Genehmigung seines Sohnes Ulrich Schmelcher das Titelblatt dieser Ausgabe ziert. Gedankt sei schließlich allen Lesern, die aus ähnlicher Zunei-gung zur Burg dieses Büchlein zur Hand nehmen.

Hans Reither

im Namen des Freundeskreises für mittelalterliche Geschichte und höfische Kultur auf Burg Trifels e.V.

Karte: Peter Pohlit

Inhalt

Jan Keupp

Schlaaffs Weckruf. Zur Einführung in den Text S. 9-21

Henning Nikolaus Johannes Schlaaff

Rede über die einst hochberühmte und überaus edle Reichsburg Trifels S. 23-44

Peter Pohlit

Wie sah Burg Trifels Anfang des 18. Jahr hunderts aus? Ergänzungen zum Vortrag des Henning N. J. Schlaaff S. 45-49

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Schlaaffs Weckruf. Zur Einführung in den TextJan Keupp

Wahrlich ihr müsst wissen, dasszwischen Straßburg, wie ich las

und Speyer dreifach Gipfel ragt.Wie die Gewissheit es besagt,

Trifels ist er darob genannt,in aller Welt bestens bekannt.

In klangvolle Verse gefasst, verkündete um 1250 die Welt-chronik des Rudolf von Ems den Ruhm der hoch aufragenden Reichsburg Trifels.1 Als Aufbewahrungsstätte des Reliquien- und Insignienhortes der römisch-deutschen Könige war sie ihm gedanklicher Ankerpunkt einer von Gott eingerichteten, über alle Zeiten hinweg bestehenden Herrschaftsordnung. Wer die hier sicher geborgene Krone trage, der trete selbst an die Stelle Christi als Gebieter über “Himmel, Erde, Wasser, Stein”.2 Wie verwundert wäre der Dichter daher wohl gewesen, wenn er den Zustand der Anlage fünf Jahrhunderte später gekannt hätte: Die Macht der Elemente nämlich hatte der Bausubstanz

1 Rudolf von Ems, Weltchronik, hrsg. von Gustav Ehrismann (Deutsche Texte des Mittelalters 20), Berlin, 1915, v. 2330-2335: Ouh sunt ir fúr war wizin daz / das zwi-schent Strazburc, als ich las, / und Spire lit ein drilih berc, / als úns seit der warheit werc, / davon er Drivels ist genant / in allen landin wol irchant. Der Text entstand möglicherweise einige Jahrzehnte früher und wurde in die Weltchronik inseriert, vgl. Werner Meyer-Hofmann, Das ‘Lob der rheinischen Städte’. Ein Preisgedicht auf Basel aus dem 13. Jahrhundert, in: Basler Zeitschrift für Geschichte und Al-tertumskunde 73 (1973), S. 23-35.

2 Rudolf von Ems, Weltchronik (wie Anm. 1), v. 2344: himil, erde, wazzir, steine.

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derart zugesetz t, “also daß nichts mehr davon übrig als einiges Gemäuer”, wie der sächsische Polyhistor Johann Ehrenfried Zschackwitz im Jahr 1724 bemerkte.3 Allein: Der Vergessenheit sollte der Trifels dennoch nicht anheimfallen.

“Den Anfang machte Henning Schlaaff ”, so rühmte Jürgen Keddigkeit die burgenkundliche Pionierleistung eines jungen Mannes aus dem pfälzischen Zweibrücken. Anders als dabei angenommen, handelte es sich bei der “erste[n] Monographie, die über eine pfälzische Burg verfasst wurde”4, allerdings nicht um eine akademisch geprüfte Dissertation, sondern um die ge-druckte Rede eines fünfzehn Jahre alten Zöglings des Gymna-siums zu Zweibrücken.

Es muss freilich ein außergewöhnlicher junger Mann (prae-stantissimus adolescens) gewesen sein, der am 20. September des Jahres 17255 anlässlich der halbjährlich statt fi ndenden Schul-feier die Rednerbühne bestieg.6 Im Publikum befand sich der regierende Herzog, Gustav Samuel Leopold von Pfalz-Zwei-brücken. Der begabte Schüler absolvierte seine Aufgabe an-

3 Johann Ehrenfried Zschackwitz , Historisch-Genealogischer Schau-Platz , Lemgo 1724, S. 260. Zur Person siehe Reinhold Brode, Art. Zschackwitz , Johann Ehren-fried, in: Allgemeine Deutsche Biographie 45 (1900), S. 444f.

4 Jürgen Keddigkeit, Den Anfang machte Henning Schlaaff : Burgenforschung im pfälzischen Raum, in: Mitt eilungen des Historischen Vereins der Pfalz 102 (2004), S. 85-101, S. 85. Die Textgestalt entspricht tatsächlich dem damals für Dissertations-schriften üblichen Format.

5 Irrtümlich meist 1726 angegeben, siehe aber richtig auf dem Titelblatt : habita et recitata a.d. XII kal. Octobr. an. MDCCXXV.

6 Fritz Vogelgesang, Die Zweibrücker Matrikel des Herzog-Wolfgang-Gymnasi-ums 1631–1811 (Veröff entlichungen der Pfälzischen Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften 54), Speyer 1967, 221, S. 42, siehe auch: 461, S. 75. Zu den Umständen der Rede siehe Kurt Schöndorf/Ernst Wenzel, Oratio de Biponto. Zweibrückens Geschichte aus der Sicht eines Schülers aus dem 18. Jahrhundert, in: Mitt eilungen des Historischen Vereins der Pfalz 104 (2006), S. 203-237, mit umfangreicher weiterführender Literatur.

scheinend mit Bravour und verdiente sich den Applaus seines illustren Auditoriums.7 Henning Nikolaus Johannes Schlaaff war an seiner Lehranstalt off enbar so etwas wie ein Wunder-kind. Er entstammte einer Familie, deren Angehörige sich über Generationen hinweg als Amtsleute in den Diensten der pfäl-zischen Landesherren nachweisen lassen.8 Im September 1719 trat Henning im Alter von nur neun Jahren als ‘Quartaner’ in die Elementarstufe (quarta) des Gymnasiums ein und teilte drei Jahre später in der ‘Sekunda’ die Schulbank mit Kameraden, die teilweise fünf Jahre älter waren als er.9 Stets strebsam ließ er sich allem Anschein nach - anders als gewisse Mitschüler - nicht von Pfälzer Wein und schönen Frauen in die Irre führen.10

Wenig wissen wir von Schlaaff s Schullaufb ahn: Ob er zu jenen Kindern zählte, die “ohngewaschen oder sonst unge-bührlich”11 zum Unterricht erschienen, ob er sich - wie in der Schulordnung gefordert - zur Sommerszeit des Badens und im Winter des “auff dem eis schleiff en[s]”12 enthielt und daher von

7 So der Brief des Georg Christian Joannis in: Henning Nikolaus Johannes Schlaaff , Oratio de celeberrimo quondam nobilissimoque imperii castro Trifels, Zweibrücken 1726, S. 29: auditorum applausu.

8 Für seine Auskünfte sei Herrn Prof. Dr. Volkhard Huth, Institut für Personen-geschichte (Bensheim), herzlich gedankt, darunter der Verweis auf: Kurt Stuck, Verwaltungspersonal im Herzogtum Zweibrücken (Schriften zur Bevölkerungs-geschichte der pfälzischen Lande, Folge 15), Ludwigshafen 1993, S. 53, S. 113.

9 Vogelgesang, Matrikel (wie Anm. 6), 193, 39 und 461, S. 75: Das Alter der zwölf Klassenangehörigen rangiert zwischen 12 und 17 ½ Jahren.

10 Bei Vogelgesang, Matrikel (wie Anm. 6), 454, S. 74, heißt es über den Schüler Koch: potatoribus et Veneri indulgere visus est.

11 Karl Reissinger, Dokumente zur Geschichte der humanistischen Schulen im Gebiet der Bayerischen Pfalz. 2: Dokumente zur Geschichte der weltlichen Schulen in Zweibrücken, Speyer und kleineren Orten (Monumenta Germani-ae Paedagogica 49), Berlin 1911, Nr. 72: Unterrichts-Instruktion des Schulins-pektors Zepper, S. 235-257, S. 254.

12 Reissinger, Dokumente (wie Anm. 11), Nr. 74: Schulgesetz te 1723, S. 269-272, hier S. 272.

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den Lehrkräften “weder mit stossen, oder haar-rauff en, oder mit umgekehrten ruten”13 traktiert wurde - dies alles lässt sich aus den reichen Quellen zum Schulalltag in Zweibrücken al-lenfalls indirekt erschließen. Seine schulische Ausbildung je-denfalls beschloss Henning Schlaaff exakt ein Jahr nach seinem gefeierten Rednerauftritt .14 Anschließend nahm er – wohl noch als Minderjähriger – ein Studium an den Universitäten Jena (seit 1729)15 und Leipzig (seit 1734)16 auf. Schließlich strebte der Student eine Promotion im Fach Medizin an, die er im Juli 1737 im preußischen Halle mit einer Dissertation über organische Fäulnisprozesse unter der Ägide des prominenten Professors Johann Junker zum Erfolg führte.17 Nur kurz kehrte der vielver-sprechende junge Gelehrte im Anschluss in seine Heimat zu-rück, bereits 1738 übersiedelte er als Mitglied der pietistischen Inspirationsgemeinde mit einer Gruppe Gleichgesinnter ins hessische Homburg, wo er weiter als Arzt praktizierte.18

13 Reissinger, Dokumente (wie Anm. 11), Nr. 73: Ergänzungen zu Zeppers Instrukti-onen, S. 257- 269, S. 268. Das Schlagen war als Disziplinarmaßnahme ausdrücklich erwünscht, allerdings setz te Rektor Crollius auf Strafgelder als kleineres Übel.

14 Vogelgesang, Matrikel (wie Anm. 6), 221, S. 42. Bemerkenswert ist, dass der Di-rektor Schlaaff s weitere Laufb ahn bis zur Promotion festhielt, das Fortkommen seines Schülers also mit Interesse verfolgte.

15 Die Matrikel der Universität Jena, Bd. 3: 1723-1764, hrsg. von Ott o Köhler (Ver-öff entlichungen der Universitätsbibliothek Jena), München/London/New York 1992, S. 119. Schlaaff ist hier als non juratus eingetragen, hatt e also vermutlich den Immatrikulationseid aus Altersgründen nicht ablegen können.

16 Die jüngere Matrikel der Universität Leipzig 1559-1809, hrsg. von Georg Erler, Bd. 3, Leipzig 1909, S. 355.

17 Henning Nikolaus Johann Schlaaff , Dissertatio inauguralis chemico-medica de fermentatione putredinosa seu putrefactione, Halle 1737. Zum zeitgenössischen Verständnis der Fäulnisarten siehe anschaulich Caspar Neumann, Lectiones Pu-blicæ Von Vier Subjectis Diæteticis, Leipzig 1735, S. 271.

18 Siehe etwa Albert Rosenkranz, Zur Geschichte der evangelischen Gemeinde Winterburg, in: Monatshefte für evangelische Kirchengeschichte des Rheinlan-des 5 (1956), S. 129-139, S. 135; Konstanze Grutschnig-Kieser, „Tingire du uns noch mit gött licher Tinctur / Und heile durch und durch Natur und Creatur!“

Allerdings war Henning Schlaaff nicht der einzige Schüler, der rhetorisches Talent bewies. Alleine aus den Reihen seiner zum Jahr 1722 fassbaren Klassenkameraden der ‘Sekunda’ gin-gen drei weitere Festredner der Schulfeiern hervor:19 Im Juni 1725 hatt e der 16-jährige Absolvent Johann Heinrich Siegel Gestalt und Geschichte der Stadt Zweibrücken erörtert, während sein vier Jahre älterer Mitschüler Friedrich Daniel Beuther sich sei-nem Heimatort Bergzabern widmete. Zu Schlaaff s Abschluss-feier am 20. September 1726 trat hingegen Gabriel Brynolph Sundahl mit einer historisch-geographischen Beschreibung Meisenheims hervor.20 Ein solch hohes Maß an Rednerkunst an einer kleinen Lehranstalt besaß zweifellos Me thode, oder besser, einen fähigen Mentor hinter den Kulissen. Als spiritus rector der Schulfeiern fungierte kein anderer als Johann Phi-lipp Crollius, der seit 1721 als “Professor der Eloquenz und Historie”21 die Leitung des Gymnasium Illustre innehatt e.

Zum Wirken des inspirierten Mediziners Johann Philipp Kämpf (1688-1853), in: Medizin- und kulturgeschichtliche Konnexe des Pietismus. Heilkunst und Ethik, arkane Traditionen, Musik und Sprache, hrsg. von Irmtraut Sahmland/Hans-Jür-gen Schrader (Hg.), Göttingen 2016, S. 113–142, S. 132. Ein Todesdatum 1773 ver-merkt dies., Radikaler Pietismus und staatliche Ordnung. Der Landgrafenhof in Hessen-Homburg und der radikale Pietismus zur Zeit Friedrich III. Jacob (1708- 1746), in: Der radikale Pietismus. Perspektiven der Forschung, hrsg. von Wolf-gang Breul/Marcus Meier/Lothar Vogel, Göttingen 2010, S. 249-269, S. 238.

19 Einen Überblick gewährt Vogelgesang, Matrikel (wie Anm. 6), S. 42f., sowie Schöndorf/Wenzel, Oratio (wie Anm. 6), S. 204f. Ein Teil der Festreden des Gym-nasiums liegt dan kenswerterweise in deutscher Übersetz ung vor, vgl. Friedrich Julius Marx, Oratio de Tabernis Montanis. Eine Geschichte von Bergzabern aus dem Jahr 1735, hrsg. von Arno Letz elter/Siegfried Pfannhuber, Bad Bergzabern 2002; Johann Christoph Keller, Oratio de Hornbacho, in: Hornbach. Kleine Stadt mit großer Vergangenheit. Eine Geschichte Hornbachs aus dem 18. Jahrhundert, hrsg. von Bernd Gölzer/Kurt Schöndorf/Ernst Wenzel, Zweibrücken 2006; Adolf Balthasar Euler, Oratio de Cussella/Rede über Kusel, hrsg. von Kurt Schöndorf/Ernst Wenzel, in: Westricher Heimatblätt er 37 (2006), S. 4-32.

20 Gedruckt als: Gabriel Brynolph Sundahl, Oratio de Meisenhemio, Zweibrücken 1727.21 Peter Fuchs, Palatinatus illustratus. Die historische Forschung an der Kurpfäl-

zischen Akademie der Wissenschaften (Forschungen zur Geschichte Mann-heims und der Pfalz. N.F. 1), Mannheim 1963, S. 103. Zur Person: Franz Xaver

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Der Sohn eines renommierten Heidelberger Universität-professors ließ es sich angelegentlich sein, das akademische Ansehen seiner neuen Wirkungsstätt e nach Kräften zu för-dern. In den Reihen seiner Schüler glaubte er das Potential zu erkennen, dem damals gebräuchlichen rein repetitiven Auswendiglernen des Stoff es durch die “verfertigung kleiner orationen und epistolen” eine Note individueller Kreativität hinzuzufügen.22 Unterstütz ung fanden diese Ambitionen beim Schulvisitator Georg Christian Joannis, der Crollius selbst für das Rektorenamt empfohlen hatt e und ihm 1725 die Hand sei-ner Tochter Margarethe Gabriele anvertrauen sollte.23 Der his-torisch versierte Privatgelehrte mit ausgeprägten landeskund-lichen Interessen verfasste um 1723 ein Memorandum, in dem er seine Vorstellungen einer würdigen Schulfeier ausführlich darlegte. Bereits für die Ansprache der Schulleiter empfahl er ein Vortrags thema aus dem Gebiet “der Lands-historie”.24 Überdies sollten auch die Schüler selbst zu Wort kommen, wo-bei freilich darauf zu achten wäre, dass “sie die disposition des thematis selbst begreiff en”.

von Wegele, Art. Crollius, Georg Christian, in: Allgemeine Deutsche Biogra-phie 4 (1876), S. 604f.; Lars G. Svensson, Die Geschichte der Bibliotheca Bipon-tina. Mit einem Katalog der Handschriften (Beiträge zur pfälzischen Geschich-te 21), Kaiserslautern 2002, S. 92, sowie aus der Rückschau des Jahres 1767: Kurt Schöndorf/Ernst Wenzel, Johann Philipp Crollius - eine Biographie von Johann Georg Wentz , in: Mitt eilungen des Historischen Vereins der Pfalz 103 (2005), S. 229-242.

22 Reissinger, Dokumente (wie Anm. 11), Nr. 71: Bericht des Rektors Crollius über das Gymnasium 1723, S. 231-235, S. 234.

23 Zu seiner Person vgl. Klaus Hörner, Georg Christian Joannis (1658-1735). Ein Beitrag zur Historiographie des 18. Jahrhunderts (Mainzer Abhandlungen zur mitt leren und neueren Geschichte 5), Meisenheim 1960; Peter Fuchs, Art. Joannis, Georg Christian, in: Neue Deutsche Biographie 10 (1974), S. 443f.

24 Das Folgende nach: Reissinger, Dokumente (wie Anm. 11), Nr. 73, S. 257- 269, S. 268f.: XIV: Wie es mit den Orationibus bey jedesmaligem Examine zu halten.

Die Themenwahl, so wird es hier wie in der Rede Schlaaff s deutlich, blieb damit Angelegenheit der Pädagogen. Diese hät-ten die Schülerarbeiten, wo immer notwendig, einer Korrektur zu unterziehen. Das letz te Wort lag anschließend beim Rektor: Ihm sei das Manuskript der Rede vorzulegen, “daß er dieselbe durchgehe, und wo es nöthig, verbessere”. Völlige Autonomie, so gab Joannis zu verstehen, sei den jugendlichen Rednern nicht einzuräumen. Gleichwohl habe man darauf zu achten, dass die Themen altersgerecht, gegenwartsbezogen und unter-richtsnah gewählt seien. Abschließend warnt er vor allzu weit-schweifi gen Ausführungen, die für den Redner Anstrengung, die Zuhörer aber “nichts als verdruß und beschwehrlichkeit” bedeuten müssten: “Nicht die menge vieler, zumal überfl üs-siger, wort, sondern die güte der sache, und dero geschickter Vortrag macht eine oration beliebt.”

Diese Ausführungen werfen unweigerlich die Frage auf, in-wieweit wir den jungen Henning Schlaaff nicht bloß als Sprach-rohr, sondern wei terhin auch als den Autor der gedruckten Rede ansprechen dürfen. Tatsächlich mutmaßten bereits zeitgenössi-sche Rezensenten mit aller gebotenen Zurückhaltung, es sei das Bestreben des Rektors gewesen, die zur Publikation bestimmten “Schriff ten noch besser auszuputz en und in den Stand zu setz en, daß sie [die Schüler] sich nicht schämen dürften, den Gelehrten unter die Augen zu treten”.25 Ist bereits die ordnende und berich-tigende Hand des Rektors sicher anzunehmen, so musste auch der Zugriff auf die zahlreich verarbeiteten gedruckten Quellen-zeugnisse dem Gymnasiasten schwer fallen. Eine Schulbiblio-thek nämlich, deren Einrichtung Rektor Crollius spätestens 1723 auf die Agenda gesetz t hatt e, stand allenfalls in rudimentärer Form zur Verfügung. Insofern es zutriff t, dass “vor 1726 keine

25 Neue Zeitungen von gelehrten Sachen, Nr. 49, 1729, S. 456.

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öff entlichen Mitt el für die Schulbücherei”26 eingesetz t wurden, blieb nur ein Ausweichen auf die Privatsammlung der Lehrer oder die Bücherbestände der herzoglichen Residenz. Zumal Ge-org Christian Joannis bereits mehrfach zur historischen Landes-kunde der Pfalz publiziert hatt e,27 wird man seine Bibliothek als den Ursprung der Mehrzahl der sorgsam zusammengetragenen Quellenbelege annehmen dürfen.

Der Anteil Schlaaff s am vorliegenden Redetext sollte den-noch nicht allzu gering veranschlagt werden. Gemäß der da-maligen Doktrin gymnasialer Bildung besaß die Kenntnis der klassischen Sprachen Vorrang vor allen anderen Unterrichts-zielen. Lehrer und Schüler waren gehalten, sich ausschließlich in lateinischer Zunge zu unterhalten. Der Besitz zweisprachi-ger Quellenausgaben war ebenso verpönt wie ein Rückfall in die deutsche Mutt ersprache, der gemäß Crollius’ Weisungen mit einer empfi ndlichen Geldbuße geahndet wurde.28 In den Akten einer Schulvisitation von 1756 haben sich acht Probe-übersetz ungen eines deutschen Textes ins Lateinische erhal-ten:29 Die Qualität selbst der fehlerhaftesten dieser Schüler-arbeiten übersteigt deutlich das Leistungsniveau moderner Lehrpläne. Insofern darf man dem Zögling Schlaaff durchaus einen sub stantiellen Anteil an der Abfassung des vorliegenden Drucktextes zutrauen. Salomonisch wirkt vor diesem Hinter-

26 Svensson, Bibliotheca Bipontina (wie Anm. 21), S. 98.27 Die Rede rezipiert und referenziert immer wieder Joannis’ Erkenntnisse. Zur

Korrektur einer Lesart bei Gott fried Wilhelm Leibniz in Anm. 10 vgl. Hörner, Joannis (wie Anm. 23), S. 87f.

28 Karl Reissinger, Dokumente zur Geschichte der humanistischen Schulen im Ge-biet der Bayerischen Pfalz. 1: Historische Einleitung und Dokumente der bischöf-lichen Schulen in Speyer (Monumenta Germaniae Paedagogica 47), Berlin 1910, S. 180.

29 Reissinger, Dokumente (wie Anm. 11), Nr. 78: Lateinische Schülerübersetz ungen aus Secunda, S. 294f.

grund der Lösungsvorschlag, den Kurt Schöndorfer und Ernst Wenzel in einem vergleichbaren Fall formuliert haben: “Die Frage, wer der verantwortliche Autor der Orationes war, lässt sich nur beantworten, wenn man darin eine Koproduktion von Rektor und Schüler sieht”.30

Dieser fruchtbaren Zusammenarbeit entsprang eine Text-fassung, die bei den Zeitgenossen allgemein positive Resonanz fand: Ihre “zierliche Schreibart”31 glaubte ein Rezensent hervor-heben zu müssen, von “lebhaftem und schnörkellosem Stil”32 ist in einer rückschauenden Betrachtung des Jahres 1767 die Rede. Aus Sicht des modernen Übersetz ers mögen derartige Urteile er-staunen, ist das Elaborat doch sprachlich weit von jener sprich-wörtlichen ‘ciceronischen Klarheit’ klassischer Autoren entfernt. Er verrät jedoch in jedem Satz das Bemühen, Anschluss an die verehrten Vorbilder des Altertums zu gewinnen. So spielt er virtuos und variantenreich auf der Klaviatur syntaktischer Re-geln und grammatikalischer Konstruktionsprinzipien und be-dient sich vielfach altbewährter Wendungen und Gemeinplätz e des lateinischen Schulunterrichts. Vielleicht gerade deshalb fällt es schwer, ihn in eine ansprechende deutsche Sprachform zu überführen und aus ähnlichem Grund mochte man 1756 kri-tisiert haben, die gymnasialen Feierstunden künftig mit einer deutlich als solche erkennbaren “Schul Übung, nicht aber einer e cathedra academica zu haltenden gelehrten Rede” zu bestreiten.33 Die Professorenschaft möchte sich künftig doch bitt e zurück-nehmen und den Schülern das Feld überlassen!

30 So Schöndorf/Wenzel, Oratio (wie Anm. 6), S. 206.31 Neue Zeitungen von gelehrten Sachen, Nr. 49, 1729, S. 456.32 Schöndorf/Wenzel, Crollius (wie Anm. 21), S. 241.33 Nach Reissinger, Dokumente (wie Anm. 11), Nr. 79: Visitationsbericht von 1756,

S. 295-312, S. 300.

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Mag diese Ermahnung aus pädagogischer Sicht ihre Be-rechtigung besessen haben, so ist sie doch aus landeshis-torischer Sicht zu bedauern. Zutreff end nämlich hob die Schulkommission in ihrer Stellungnahme das exzeptio-nelle wissenschaftliche Niveau der Beiträge hervor. Die von Schlaaff und Crollius verfertigte Rede ist auch aus heutiger Sicht allenfalls in marginalen Einzelheiten zu beanstanden. Methodisch bietet sie eine stringent geordnete Stoff samm-lung, deren sorgfältig abwägende Beurteilung stets auf einer akkuraten Sichtung des damals gedruckt vorliegenden Über-lieferungsmaterials gründet. Als wichtigste Orientierungs-punkte konnten Joannis 1709 gedruckte kritische Anmerkun-gen zur “Historia Palatina” des Heidelberger Historikers Karl Ludwig Tolner sowie die ersten beiden Bände seiner Main-zer Geschichte gelten, die von Schlaaff mehrfach referenziert werden.34 Joannis ließ es sich nicht nehmen, auch der Druck-fassung der Trifels-Rede einen Brief mit einigen neueren Quellenfunden anzufügen. Die Fülle der akribisch zusam-mengetragenen Belege beeindruckt, auch wenn es überra-schend erscheint, dass jeder Hinweis auf die Gefangenschaft des Richard Löwenherz fehlt.

Schlaaff s Schrift kann als früher Weckruf für eine wissen-schaftliche Erschließung der Pfälzer Burgenlandschaft gelten. Die von ihm und seinen Mentoren gesammelten Erkenntnisse bildeten spätestens seit ihrer Aufnahme in Zedlers großes Uni-versallexikon den Grundstock jeder historischen Betrachtung der Burg Trifels.35 Bedenkt man, dass die pfalzgräfl iche Ver-

34 Georg Christian Joannis, Rerum Moguntiacarum, 3 Bde., Frankfurt 1722-1727; ders., Animadversionum in Novissimi Historiae Palatinae Scriptoris Caroli Lu-dovici Tolneri, Zweibrücken 1709.

35 Großes vollständiges Universal-Lexikon aller Künste und Wissenschaften, hrsg. von Johann Heinrich Zedler, Bd. 7, Leipzig 1734, Art. Drifels, S. 1459.

waltung kaum zwei Jahrzehnte zuvor Teile des Gemäuers zum Abbruch freigab,36 so markiert sein öff entlicher Lobpreis der Anlage ein bemerkenswertes Umdenken. Entt äuschen muss aus der Rückschau heutiger Landes- und Burgenforschung in-des, dass Schlaaff eine Baubeschreibung der Anlage mit einer schwer verständlichen Abschätz igkeit übergeht. Off enbar lag seiner Rede keine persönliche Autopsie des Platz es zugrunde. Bei seinem Werk scheint es sich demnach um eine antiquarische ‘Schreibtischtat’ zu handeln. Der Trifels jedenfalls bot sich dem Betrachter des 18. Jahrhunderts keineswegs als unansehnlicher, gänzlich “in sich zusammengesunkener” Trümmerhaufen dar, dessen historische Bedeutung allein aus den Schriftz eugnissen zu erschließen gewesen wäre. Glaubt man den - freilich pathe-tisch überformten - Schilderungen des Freiherrn Josef von Laß-berg, der hier am 24. Juni 1796 seinen Ritt erschlag empfi ng, so war der Zugang zur Burg und insbesondere die Kapelle in der-art makellosem Zustand, “als wenn die steinmezen und Werk-meister erst gestern weggegangen wären”.37

So ist es gerade das Bemühen einer romantischen Burgen-renaissance zu verdanken, dass der Trifels nicht auf einen rein literarischen Überrest reduziert wurde. Ihr Bemühen, die Stät-ten der Vergangenheit auch physisch mit neuem Leben zu er-

36 Siehe den Beitrag von Peter Pohlit in diesem Band mit Anm. 1.37 Briefe des Freiherrn Joseph von Laßberg an Jacob Grimm, hrsg. von Albert Leitz -

mann (Sitz ungsberichte der Preußischen Akademie der Wissenschaften, Phil.-hist. Klasse), Berlin 1931, Nr. 11 (1839), S. 1054. Vgl. Volker Schupp, Joseph von Laßberg als Handschriftensammler, in: “Unberechenbare Zinsen”. Bewahrtes Kulturerbe, hrsg. von Hans-Peter Geh/Felix Heinzer, Stutt gart 1993, S. 14-33. Zur berechtigen Quellen kritik siehe Alexander Thon, „… das liecht fällt durch eine runde öff nung im gewölbe herein, über welcher grünes gesträuch vom winde bewegt herab schwankte“. Joseph von Laßberg (1770–1855) und die angebliche Doppelkapelle auf Burg Trifels, in: Vestigiis Historiae Palatinae. FS Karl Scherer, hrsg. von Jürgen Keddigkeit/Jens Stöcker/Alexander Thon (Beiträge zur pfälzischen Geschichte 20), Kaiserslautern 2000, S. 123–134; Klaus Graf, Joseph von Laßberg und sein Ritt er-schlag auf der Burg Trifels, htt p://archiv.twoday.net/stories/6433122/ (26.12.2015).

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füllen, hat dafür gesorgt, dass die Burg als reales Bauwerk ge-mäß den eingangs zitierten Worten des Rudolf von Ems noch heute “bestens in aller Welt bekannt” ist.

Zur Übertragung: Der vorliegende Text verdankt sich mehreren redaktionellen Bearbeitungsstufen. Einen ersten Übersetz ungs-entwurf der Rede legte Frau Tzvetkova-Glaser bereits im Jahr 2012 vor. Das Vorhaben einer Veröff entlichung ruhte freilich bis zum Sommer 2015. Auf Initiative von Hans Reither und mit Un-terstütz ung des “Freundeskrei ses für mitt elalterliche Geschichte und höfi sche Kultur auf Burg Trifels e.V.” wurde der Text an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Mün ster noch mals gründlich redigiert. Die drei Herausgeber haben sich für eine wortnahe Übertragung entschieden, die den rhetorischen Stil des Drucktextes bewahrt. Diese Entscheidung ist im Hinblick auf die Lesbarkeit keineswegs als alternativlos anzusehen. Erst auf der letz ten Etappe der Bearbeitung wurde uns bekannt, dass womöglich auch andernorts ein Übersetz ungsversuch ins Auge gefasst wurde. Wir bitt en darum, hierin keinesfalls eine ärgerliche Konkurrenz, sondern vielmehr eine sinn volle Ergän-zung zu erblicken: Es mag der insgesamt sperrigen Gestalt des Textes und seiner Rezeption in der Gegenwart gerade zugute kommen, auf mehrfachen Wegen in ein modernes Deutsch überführt zu werden.

Ansicht des Trifels um 1850, Aquarell von Ludwig Linden-schmit d.Ä., Graphische Sammlung im Landesmuseum Mainz

Der begabte Sproß einer Künstlerfamilie und Mitbegründer des Römisch-Germanischen Zentralmuseums in Mainz zeigte sich bei der Wiedergabe historischer Bauwerke um besondere Präzi-sion bemüht.

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Redeüber

die einst hochberühmte und überaus edle

Reichsburg

Trifelsvorgetragen und rezitiert

am 20. September des Jahres 1725

aus Anlass der jährlichen Schulfeier des Gymnasiums Zweibrücken

von

Henning Nikolaus Johannes Schlaaff

aus Zweibrücken,

der ersten Klasse angehörig

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Hochverehrter Fürst, gnädigster Vater des Vaterlandes,

Da Du meine bescheidene Rede über die Burg Trifels, die ich im vergangenen Herbst in Deiner erlauchten Gegenwart halten durfte, mit höchstem Wohlwollen gehört hast und Dich keines-wegs belästigt fühltest, hoff e ich, dass Du es nicht als Anma-ßung empfi ndest, wenn ich jene Rede, die nunmehr von mir veröff entlicht wird, mit Deinem durchlauchtigsten Namen ver-sehe. Ich hoff e statt dessen, dass Du sie ebenso gnädig entgegen-nimmst, während ich sie Dir ehrfurchtsvoll zu Füßen lege.

Nachdem Du mir gegenüber aber so viel Gnade bewiesen hast, wie ich kaum zu hoff en gewagt hatt e, kann ich Dich nur ganz verzagt bitt en, dass Du mich auch künftig mit derselben Gnade beständig umfängst und zulässt, dass meine gedruck-ten Ausführungen größten Anklang bei Dir fi nden, der Du ein überaus bücherliebender Fürst bist. Ich will die Schrift freilich immer so handhaben, dass ich mir tagtäglich mehr und mehr Deinen Beifall erwerbe und ich Deine Milde mir gegenüber, von der all das Meinige abhängt, beständig zu steigern vermag.

Weiterhin möchte ich den unsterblichen Gott ganz beson-ders bitt en, dass er Dich und Deine erlauchte Gemahlin bei der Vermehrung aller erstrebenswerten Dinge immer unterstütz e und den anhaltenden Lauf Deines so sehr glänzenden und leuchtenden Ruhms, für den Du allzeit gesorgt hast, nicht en-den lasse, außer nach vielen Jahren erst. Gegeben zu Zweibrü-cken, am 5. April 1726.

Ich bekenne, dass es zwei Gründe gibt, liebe Zuhörer, die vor allem dazu beigetragen haben, dass ich widerspruchslos die mir auferlegten Pfl ichten angenommen habe und zugleich nicht zögerte, voll Zuversicht die Bedeutung dieses Ortes zu

behandeln. Erstens verspreche ich mir von Euch bei meiner Rede gewiss dieselbe Milde und Duldsamkeit, im Großen wie im Kleinen, die meiner Erinnerung nach bislang alle erfahren haben, die sich auf diese Rednerbühne stellten und ähnliche Aufgaben auf sich nahmen. Zweitens – und hiervon hängt Ers-teres größtenteils ab – wurde mir ein solches Vortragsthema zugeteilt, wie ich es selbst mir auch ausgesucht hätt e, wenn mir dazu die Möglichkeit gegeben worden wäre: Es ist unterhalt-sam und eignet sich besonders, mir Eure Aufmerksamkeit zu verschaff en. Auf der letz ten Jahrfeier hatt e nämlich jemand mei-nes Standes über unser aller Heimstatt hier und über all das, was off enkundig zu ihrem Lob und Preis dient, eine feierliche Rede gehalten. Diese Art Thema hat nicht nur euch allen wun-derbar gefallen, sondern war auch unserem erlauchten Fürsten eine große Freude, was die Hauptsache ist. Mir wurde aufgetra-gen, nun auf die gleiche Weise über jene einst berühmte Burg unserer Gegend zu reden, welche Trifels genannt wird. Sie ver-dient, wenn ich einzig von Bergzabern absehe, nächst Zweibrü-cken von uns gefeiert zu werden.

Freilich war die ganze Rede, die über die zuletz t genannte Stadt gehalten wurde, für euch vornehmlich deswegen inter-essant anzuhören, weil sie von einem Ort handelte, der nicht nur die Geburtsstätt e sehr vie ler von euch darstellt, sondern auch uns allen einen höchst angenehmen Wohnsitz bietet. Diese Burg indes, die bereits vor langer Zeit weitgehend zer-stört worden ist, könnte einigen von euch nicht ebenso bedeu-tend für Eure Aufmerksamkeit und Kenntnisnahme erscheinen. Ich glaube jedoch, dass ihr mir nun tatsächlich mit Vergnügen zuhören werdet, dank der Euch gegebenen feinen Intelligenz und der einzigartigen Schärfe eures Urteilsvermögens. Sicher-lich: Einerseits ist es die Beschaff enheit und das Wesen frühe-

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rer Dinge, und zwar insbesondere der Orte und der einstmals namhaften und berühmten Menschen, mögen sie auch schon längst verstorben sein, dass jedes Andenken an sie, das von den Denkmälern des Altertums zutage gefördert worden ist und durch das sie fast wiederhergestellt, erneuert und auferstanden scheinen, gerade die größten und gebildetsten Bewunderer der Wissenschaft erfreut. Dies aber triff t dann umso mehr zu, so oft diese alten und fast vergessenen Relikte, die in der Rede gleich-sam wieder erweckt werden, uns einigermaßen berühren, wie es off enkundig der Fall ist, wenn es sich um das frühere Ausse-hen und den Zustand unseres jeweiligen Vaterlandes handelt. Deshalb besitz e ich in diesem Punkt bereits Sicherheit, und ich bitt e euch ferner immer wieder um eine Sache, liebe Zuhörer: Wenn ich bei euch den Eindruck erwecke, nicht alles ganz rich-tig und würdig darzustellen, so lasst mir mein Alter als Ent-schuldigung gelten, und denkt daran, um es mit den Worten des Dichters [Properz] zu sagen, dass es dem Winzling in gro-ßen Dingen genug ist, den rechten Willen gehabt zu haben.

Fordert von mir nicht, dass ich nun zu Beginn meiner Rede weit schweifi g die Lage und Beschaff enheit unserer Burg be-schreiben soll, und welch Aussehen und Gestalt ihre Überreste heute besitz en. Ich glaube nämlich, dass keiner von euch Ann-weiler gesehen oder gar durchreist hat, dem nicht sogleich ge-genüber der Stadt die auf einer dort steil auf ragenden Anhöhe gelegenen, ehrwürdigen Reste der alten Burg Trifels ins Auge gefallen sind. Wenn man ihre herausragende Lage in Betracht zieht, so kann man hiernach freilich leicht abschätz en, dass kein Ort geeig neter und passender für Zweck und Nutz en einer Burg war. Ich will mir auch die Mühe ersparen, die jemand an-deres, der es möglicherweise allzu genau nähme, bei Nachfor-

schungen zum Gründer und zu seinem Namen1 vergeblich auf-brächte – besonders da die alten Zeugnisse in dieser Hinsicht nichts überliefern, woraus man eine auch nur vage Vermutung zu einem der beiden Punkte ableiten könnte.

Von einigen wird nämlich nach Lügenmärchen die Volks-sage über Tribocus weitererzählt, jenem legendären Praefekten des Drusus in den Nordvogesen: Von ihm soll an diesem Ver-teidigungspunkt als erstes unsere Burg als Schutz wehr gegen den Stamm der Sequaner erbaut worden sein. Ausgehend von diesem Erbauer soll sie Tribochum genannt worden sein, spä-ter aber habe sie von den germanischen Franken den Namen Trifels erhalten, nachdem diese die Römer aus diesem Gebiet

1 An dieser Stelle sollte man zunächst anmerken, dass in den historischen Zeug-nissen eine unterschiedliche Schreibweise des Namens, den unsere Burg trägt, auftaucht; nicht verwunderlich für den Bildungsstand jener alten Epoche, die für gewöhnlich keine weithin gesicherte Schreibweise befolgte und bewahrte, wenn sie einheimische Wörter und Namen ausdrückte. Am verbreitetesten ist Trifels, wie aus den unten anzuführenden Quellen hervorgeht. Dies wird außerdem durch die volkstümliche Aussprache bestärkt. Bei manchen Quellen fi ndet sich anstelle des T ein D und statt i und f die Buchstaben y und v. Der Verfasser der Hildesheimer Annalen, die durch Leibniz in den Scriptores rerum Brunsvicensium herausgegeben worden sind, hat auf Seite 738 „Triveles“ stehen. Dieser Schreib-weise entspricht zum Teil diejenige im Brief Urbans IV. an König Richard, den dieser berühmte Mann ebenso in seinem Vorwort zu seinem Codex Diplomaticus n. XIV, Abschnitt IV als erster veröff entlichte. In diesem Brief liest man nämlich „Treveles“. Ein Mönch aus Kirchgarten, den Johannes Petrus von Ludewig, Stolz und Zierde der Akademie von Halle, herausgegeben hat, schreibt im zweiten Band seiner Reliquiae manuscriptorum omnis aevi, diplomatum ac monumentorum, ineditorum etwas von „Triveld“. Die Egmonder Chronik, welche Antonius Mat-thaeus herausgebracht hat, nennt in Kapitel 43, Seite 52 „Driefvelt“. Aber die handschriftliche Mainzer Chronik, die G. C. Joannis im ersten Band seiner Re-rum Moguntiacarum auf Seite 535, Anmerkung 3 zu § V, lobt, hat die Variante „Trufels“, und Eisengrein im Catalogus Episcoporum Spirensium im Buch 13 für das Jahr 1208 auf Seite 232 wiederum „Treifels“. Der berühmte Gundling, königlich-preußischer Geheimrat, Ausleger der feierlichen Handlungen am Ber-liner Hofe und Zeremonienmeister, spricht in der Lebensbeschreibung des Kai-sers Richard von „Tresfels“. In Ludwigs äußerst umfangreicher Abhandlung De Norimberga Insignium Imperialium tutelari heißt es in Kapitel IV, § 10 litt . gg. „Drei-fuelda“ oder „Driefuelt“. Nun kann man recht genau und ohne Schwierigkeiten sich aus dem Vorhergesagten entscheiden.

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vertrieben hatt en. Wenn es gänzlich an einem Beweis aus alter Zeit und einer ausreichend gewichtigen Bestätigung fehlt, so ist all das tatsächlich eine eit le Lüge einiger Schaumschläger, um es mit den Worten des Plautus in seinen Possen zu sagen. Es sind die Hirngespinste vor allem derjenigen Menschen, die aus blinder Vaterlandsliebe bemüht sind, mit erfundenen Ahn-herren und Ursprungsgeschichten ihres Volkes dasselbe sozu-sagen ehrwürdiger zu gestalten.2

Unbewiesen ist auch das, was einige gebildete Männer, dar-unter insbesondere der gewissenhafte Heimatforscher Tolner3, über den Erbauer der Burg erörtern: Angeblich habe sie zuerst Friedrich, mit dem Beinamen Barbarossa, aus den Reihen der deutschen Kaiser errichtet, und zwar aus Quadersteinen nach

2 Diese ganze Sorte von Geschichten entspringt aus völlig verworrenen Bächlein. Natürlich aus den Antiquitates Palatini, die ein gewisser Jakob Beyrlin aus den Manuskripten des Johannes Agricola, des Kammersekretärs des Kaisers Rupert, und des Jodocus Sabellinus von Weissenburg, des Stallmeisters phantasievol-len Blüten, sowie anderen derartigen Schriften zusammentrug. Diese hand-schriftlich verfasste Sammlung befi ndet sich in den Händen vieler Menschen. Wie viel sie aber wert ist, kann man an dem Beispiel erkennen, welches Ludwig Christian Mieg, ein sehr angesehener und in der pfälzischen Geschichte umfas-send bewanderter Mann, im ersten Teil seinen Collectanea Palatina auf Seite 251 eingebracht hat. Wir zögern nicht, hier zum Teil anzufügen, was in jener noch größeren Sammlung über die Burg Trifels überliefert wird: „Als der edle Roe-mer Drusus die Landschaff t behauptet, erbauet er in derselbigen viel Vestun-gen, Berg-Castell, und wehrliche Flecken, besetz t die Castellen mit Roemischen Land-Voegten, und die Flecken mit gestiff tem Kriegs-Volck. Uff Magedburg, in dem Nieder-Wasgau, ordnet er zum Land-Vogt den kühnmüthigen, sieghaff ten Helden Tribocum. Dieser Land-Vogt Tribocus bauete mit consens des Roemi-schen Hertz ogen Guaei, so damahlen zu Argentorato (Straszburg) sasz, in dem Kirchelberger Thal, uff dem Sonnenberg, ein wehrlich nothvest Berg. Castell, wi-der die Sequanier und Teutschen Gallier, nennete dasselbige Berg-Hausz Tribo-chum. Die Teutschen Francken aber, als sie unter dem Roemer Aetio diese Land-schaff t, grosz das eusser, und klein Gallien den Roemern abgetrungen, setz ten und ordneten sie an statt der Land-Voegt, Graff en und Baronen, und gaben allen Berghausern andere Namen, und nenneten das vorgemeldete Berg-Schlosz Tri-bochum, Triefels.“ Andere solcher Geschichten werden in jener Sammlung über die Burg Trifels erzählt, die freilich, mit den Worten des Dichters [Plautus], „alle Geschwister der Unwahrheit und – bei Pollux! – der Lyra, ja der Lyra“ sind.

3 Siehe bei Belieben seine Historia Palatina, Kapitel II, Seite 83.

der Gestalt und dem Vorbild der ehemaligen Burg Hagenau. Letz teres berichtet fälschlich Martin Zeiler, ein Mann, der bei der Beschreibung wie auch bei der Darstellung der Orte, Städte und Reg ionen zwar ziemlich tüchtig und beharrlich, aber allzu häufi g leichtgläubig war.4 Dies alles wurde schon vorher miss-billigt und abgelehnt,5 da die Burg Trifels bekanntlich hinrei-chend lange vor Hagenau bestand.

Wir werden nur das erwähnen und von überall zusam-mentragen, was in den Aufzeichnungen der Jahrbücher und alten Urkunden der Erinnerung anvertraut worden ist und auf gesicherten Belegen gründet. Darunter sollte ich das so-fort an erster Stelle darlegen, was zu Beginn meiner Rede bei euch eine wohlbegründete Bewunderung für diese Burg hervorrufen müsste: Sie ist ohne Zweifel sehr alt. Man hat ja herausgefunden, dass sie bereits seit der Zeit Heinrichs V. in den Annalen erwähnt und gelobt wurde, d.h. gegen Anfang des 12. Jahrhunderts. Allein diese Tatsache kann uns eindeutig zeigen, wie sehr diejenigen fehlgehen, die sich selbst einreden,

4 Ich möchte erwähnen, was er in seiner Chorographia palatinatus Rheni et vicinarum regionum, ausgeschmückt mit Kupferstichen von Matt häus Merian, auf Seite 11, wo es um die Stadt Annweiler geht, sagt: „Es ist darob das Schloss, Triefels, vom Kayser Friederico Barbarossa, mit hohen gehauenen quadern, gleichvvie die Burg zu Hagenau gebauet“. Folgendes aber überliefert er über einen sehr großen Saal mit den Worten: „Oben in der Hoehe dieses Hauses hat es einen gevvaltigen Saal, darinnen man durch einen Felsen, in vvelchen viel Staff eln gehauen, gehen muss: Derselbe Saal ist auch mit marmelstein geblaett et“. Dies will ich off en lassen. Es war mir nämlich nur möglich, die Burg aus der Ferne zu sehen. Im Übrigen übernimmt diese und frühere Worte Zeilers auf eigene Weise der Nürnberger Johannes Chris-topher Wagner, Autor eines deutschen Buches mit dem Titel Der Pfalz am Rhein Staat-Land-Staedt- und Geschichts-Spiegel. Augspurg 1690. Zvveyter Teil, Seite 51.

5 Dies tat vor allem Georg Christian Joannis, ein bei weitem hochberühmter Mann, als er als erster die Ansicht Tolners in seinen überaus kenntnisreichen Animadversiones zurückwies, in denen er das, was Tolner über die Geschichte Zweibrückens schreibt, mal korrigiert, mal erläutert. Lies, wenn Du willst, seine Miscella historia palatina cum maxime vero Bipontinae inservientia, die zur Herbst-messe vergangenen Jahres veröff entlicht wurden und sein Specimen primum ani-madversionum, n. XVI, S. 78.

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die Burg sei erst von Friedrich Barbarossa gegründet und er-richtet worden.6

Nachdem ich das mit euer aller Zustimmung bewiesen habe, dürfte ich es als gesichert annehmen können, was den-selben Leuten, wenn sie es hören würden, nur ausgedacht und falsch vorkommen würde: Dass nämlich unsere Burg unter die-sem Heinrich noch viel altertümlicher und altehrwürdiger war, da ihr Name während seiner Herrschaft bereits berühmt war und ihr guter Ruf weit verbreitet.7 Es fällt mir nämlich nicht so leicht zu glauben, dass die Burg sich erst unter diesem einen Heinrich erhoben habe und sogleich so vollendet und vollstän-dig gewesen sei, dass ihr – wie erwähnt – weithin ein so guter Ruf anhing.

Ich komme nun aber zu dem Punkt, der vor allem zum Nachweis der Würde und des Ruhms der Burg Trifels beiträgt, wie ihr selbst zugegeben habt, da sie lange Zeit zu den hervor-ragenden und berühmteren Burgen des deutschen Reiches ge-zählt wurde.8

Gewiss wurden in sie so gewaltige Ehrenzeichen und Schutz mannschaften gelegt, dass ihr Besitz für die neu gewähl-ten Kaiser durch aus als notwendig erachtet wurde. Die Gewalt über Burg Trifels zählte zumal zu den Gewohnheiten und Ein-richtungen, welche seitens der neuen Kaiser als erforderlich zur

6 Dies geht eindeutig aus den Quellen hervor, die von einer bereits zur Zeit Hein-richs V. blühenden Burg Trifels sprechen. Diese sind unten aufgeführt.

7 Dies lässt sich aus denselben Quellen ableiten, wenn man sie zusammen in Be-tracht zieht.

8 Insbesondere Trithemius, der berühmte Abt von Sponheim, bezeugt in den Hirsauer Annalen, Bd. 1 zum Jahr 1224, S. 561, dass es sich um eine Reichsburg handelte, und zwar mit den Worten: „Als König Heinrich, der Sohn des Kaisers, von der Ankunft seines Vaters hörte, zog er sich aus Angst vor ihm in die stark befestigte Reichsburg namens Trifels zurück.“

Erlangung und Festigung der Kaiserwürde galten. Ich denke, das wird wohl an Wilhelm, Graf von Holland, deutlich: Papst Innozenz IV. hatt e durch das ungerechte Bestreben einiger Gro-ßer des Reiches dafür gesorgt, dass dieser zum Kaiser erhoben wurde, um den rechtmäßigen Kaiser Friedrich II. zu kränken. Über die Einnahme der Burg Trifels freute sich Willhelm so sehr, wie als wenn ihr Besitz weitaus mehr wiege als die allge-meine Anerkennung, um die angestrebte Herrschaft rechtmä-ßig zu beanspruchen.9 Ja sogar als der römische Papst Urban IV. im Streit um die Kaiserwürde zwischen Richard, Herzog von Cornwall, und Alfons, König von Kastilien und León, sich als Schiedsmann und Richter des Falles annahm, zählte er in seiner Bulle oder in seinem Brief an Richard zu den Dingen, die so-zusagen nach alter Gewohnheit und der Bestimmung des Rei-ches für einen jeden nach Recht und Gesetz eingesetz ten Kaiser erforderlich waren, die Notwendigkeit, über die Burg Trifels zu verfügen, da sie dem gewählten, geweihten und gekrönten Herrscher traditionell zugewiesen werden sollte.10

9 Diese Behauptung stütz t sich auf den Brief des Kaisers Wilhelm persönlich an den Abt von Egmond, seinen Vize-Kanzler. Der Brief ist überliefert in der Egmonder Chronik von Antonius Matt haeus, Kapitel 43. Auf Seite 52 schrieb er aber unter anderem auch Folgendes: „Als Gipfel der Freude erscheint es, dass wir bereits die Burg Driesvelt und die Reichsinsignien in unserer Gewalt haben und friedlich be-sitz en, die Lanze und die Krone, mit vielen Heiltümern in unglaublicher Pracht.“

10 Gott fried Wilhelm Leibniz, ein Mann von Ehre und berühmt durch das Lob sei-ner Bildung, veröff entlicht in seinem Vorwort zum Codex Diplomaticus n. XIV den Brief Urbans. Dennoch irrte er sich in einem Punkt, wie die langjährigen Kenner der gesamten deutschen Geschichte, I. P. von Ludewig in seiner Ab-handlung Norimberga Insignium Imperialium tutelari, Kapitel 5, § 6 litt . pp, Sei-te 79, und G. C. Joannis im ersten Band seiner Rerum Moguntiacarum, S. 536, anmerken: Er glaubte, dass unter der Burg Tre veles, wie sie im Brief Urbans genannt wird, die Kaiserpfalz Trier zu verstehen sei. Im Übrigen lauten die Worte aus dem Brief Urbans unter § 4, die hier von großer Bedeutung sind, wie folgt: „Der Gewählte wird nach seiner oben geschilderten Salbung, der Weihe und der Krönung als König angesehen und seine Untergebenen müs-sen ihm wie einem König Eide leisten, ihm die Städte, Festungen und Burgen, insbesondere die Burg Treveles, und einige andere Gerechtsame des Reiches innerhalb von Jahr und Tag nach der Krönung übergeben.“

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Es scheint aber, dass die Burg diesen ehrwürdigen Rang vor allem zu dem Zeitpunkt erhielt und anfi ng, denkwürdig und berühmt zu werden, als die Kaiser aus dem schwäbischen Haus begannen, häufi g in der Ge gend jenseits des Rheins, in Nach-barschaft zu unserer Burg, zu verweilen und bisweilen ihren Sitz dorthin zu verlegen. Seit dieser Zeit begannen die Kaiser nicht nur die Burg wie ihr eigen Hab und Gut zu bewohnen und zu besitz en, sondern auch als erste für verschiedene, wich-tige Ereignisse und Angelegenheiten zu nutz en, wie die Zeug-nisse der Annalen beweisen. Ich will nicht zögern, kurz aufzu-zeigen, welche Ereignisse die Jahrbücher nennen, während die Burg einst ihre überaus große Erhabenheit und Zweckmäßig-keit zur Schau stellte, sobald ich euch dargelegt habe, was ich zuvor übergangen habe und keineswegs vollständig auslassen kann: Der Ort war nicht nur von Natur und Lage her geschütz t, sondern auch von allen Seiten von Befestigungswerken umge-ben, die ohne Zweifel sehr stark waren.11

Dies ist deshalb hervorzuheben, weil die Kaiser meiner Mei-nung nach dadurch reichlich Beweggründe hatt en, unsere Burg unter den übrigen Burgen und Städten in dieser Gegend auszu-wählen, da sie sie ihren Zwecken nutz bar machen wollten. Zu den Zweckmäßigkeiten aber, welche die Burg bot, schien mir an erster Stelle zu stehen, was meiner Meinung nach keine unbe-gründete Vermutung ist: Hier wurden nämlich manchmal recht

11 Als hinlänglich glaubwürdiger Zeuge für diese Aussage dient mir Trithemius, der Abt von Sponheim. Er bezeichnet nämlich unsere Burg in seinen Hirsauer Annalen mehr als einmal als „stark befestigt“. Bei Interesse schlage deren ersten Teil zum Jahr 1208 auf Seite 515 nach, und Seite 562 für das Jahr 1235, wo vor allem diese Worte ins Auge fallen: „Als der Sohn [Natürlich Heinrich, der Sohn Friedrichs II.] einsah, dass er durch die Klugheit des Vaters eingekreist worden war, klagte er über diesen Umstand und zog sich aus Angst vor dem Zorn des Vaters mit wenigen Leuten zur Burg Trifels zurück, die zugleich durch die Natur und durch Menschenhand stark befestigt war.“

berühmte Gefangene in Verwahrung gehalten und eingesperrt. Vor allem diejenigen aus dem Kreis der deutschen Fürsten, die ohne zu zögern Anschläge planten, einmal auf die Kaiser selbst, dann aber auch gegen das gesamte Reich. Hierfür habe ich ei-nen gewichtigen Zeugen, der eben dieses Schicksal auf bitt ere Weise drei ganze Jahre lang am eigenen Leib erfahren musste: Adalbert, Erzbischof von Mainz, den bei seinem Bestreben nach einem Staatsstreich weder sein bedeutendes und heiliges Amt, welches er bekleidete, noch der führende Rang, welchen die Mainzer Erzbischöfe in der vornehmen Gemeinschaft der Gro-ßen des Deutschen Reiches innehaben, davor bewahren konnte, zweimal auf Befehl Heinrichs V. auf Burg Trifels als Gefangener inhaftiert zu werden.12

Und ich hege keinerlei Zweifel, dass auch Adalberts Gei-seln, die er nach seiner Freilassung an seiner statt in Verwah-rung gegeben hatt e und die er als Bürgen im Laufe eines Jahres an den Kaiser überstellt hatt e, diese harte Gefängnisstrafe, von der sie heimgesucht worden sein sollen, gerade hier hätt en er-

12 Dies bezeugen zunächst vor allem die Worte, die G. C. Joannis aus der hand-schriftlichen Chronik von Mainz im ersten Band seiner Rerum Moguntiacarum, Seite 535, Anmerkung 3, § V, zitiert: „Liesz ihn fangen und auf Schlosz Trufels führen.“ Fernerhin zitierte ebenso ein Geschichtsschreiber aus Magdeburg aus derselben handschriftlichen Quelle folgende Worte: „Gegen Heinrich V. ver-bündeten sich Adalbert, Erzbischof von Mainz, Lothar, Herzog von Sachsen, Markgraf Rudolf und Pfalzgraf Friedrich. Adalbert wurde gefangen genommen, auf den Trifels in Gewahrsam überführt und dort drei Jahre lang festgehalten.“ Daraufh in schreibt der Urheber der Annalen von Hildesheim, den wir oben be-reits zitiert haben, auf Seite 738: „1113: Der Kaiser feiert in Worms das Osterfest. Dorthin wird der Erzbischof von Mainz geführt. Der Triveles wird dem Kaiser zurückgegeben, er wird erneut in Haft genommen.“ Im Übrigen behandelt Ni-colaus Serarius fl üchtig die ganze Verschwörung und Gefangenschaft des Adal-bert in Buch V der Rerum Moguntiacarum, § 5 und das Folgende G. C. Joannis in ausführlicherer Weise in den angefügten Anmerkungen. Dort deckte dieser den Irrtum Leuckfelds auf und berichtigte ihn, der erstere zugleich den eines anderen. Von den beiden war der eine überzeugt, dass Adelbert nach Rustenberg verschleppt worden war, der andere, dass er nach Ehrenfels kam, beides Orte im Machtbereich des Mainzer Kurfürsten.

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tragen müssen; an dem Ort, sage ich, an dem Adalbert sich von neuem einzufi nden gehabt hätt e, wenn er in der Zwischenzeit nicht sein Wort gehalten hätt e.13

Aber die Burg wurde nicht nur als kaiserliches Gefäng-nis zum Gewahrsam recht berühmter Gefangener benutz t, sondern auch um die Insignien des Reiches als an einem sehr sicheren und festen Ort aufzubewahren und zu bewachen, insbesondere vor all denjenigen, die unablässig nach der Herr-schaft trachteten und die Insignien für sich in Anspruch neh-men wollten. In dieser Hinsicht habe ich gar keinen Beweis, um behaupten und nachweisen zu können, dass auch anderen Städten des Reiches und Burgen der Kaiser die gleiche Ehre zuteil geworden sei. Man liest nämlich nicht nur, dass Heinrich V. kurz vor seinem Tode seinen Getreuen befohlen haben soll, die Krone, die übrigen Insignien und königlichen Zierstücke dort aufzubewahren, bis die Großen des Reiches zusammenge-kommen seien.14 Darüber hinaus kann mit völliger Gewissheit bestätigt werden, dass auch Konrad von Scharfenberg, Bischof

13 Von diesen Geiseln Adalberts sprechen die beiden oben erwähnten im angegebenen Buch. Mit welcher Grausamkeit sie aber gehalten worden sind, legt Adalbert selbst in der Privilegien-Urkunde dar, die er den Mainzern aufgrund der großen Kaution, die sie ihm während seiner Gefangenschaft gaben, zugestand und welche Serarius auf Seite 547, § 2 darstellt.

14 Im Magdeburger Geschichtsschreiber, der von Meibom dem Jüngeren ans Licht gebracht und in den zweiten Band der Historici Germanici eingefügt hat. Wenngleich der Propst von Ursperg für das Jahr 1125 auf Seite 284 überliefert, Heinrich habe „angeord net, die königlichen Insignien bis zur Zusammenkunft der Fürsten zur Aufb ewahrung in einer stark befestigten Burg namens Ham-merstein zu hinterlegen“, so überliefert Band 2 dennoch auf Seite 325: „Kaiser Heinrich V. wurde bei Utrecht, wo er lange gelitt en hatt e, von einer Krankheit überwältigt und verschied. Nachdem er die Königin Mathilde, seine Gatt in, und die Söhne seiner Schwester, den Herzog Friedrich von Schwaben, und seinen Bru der Konrad von Rothenburg zu sich gerufen hatt e, erteilte er ihnen Ratschläge über die Lage des Reiches. Gleichsam als seinen Erben vertraute er ihnen seine Besitz tümer und die Königin an. Er befahl zudem, die Krone und die übrigen königlichen Insignien bis zur Zusammenkunft der Fürsten zur Aufb ewahrung auf Burg Trifels zu hinterlegen.“

von Speyer und Metz , die Insignien des Reiches, die er mit sich führte, auf dem Trifels verwahren ließ, als er das Angesicht Kaiser Ott os IV. fl oh.15 Ja sogar einer der gelehrtesten Män-ner, die dieses unser Zeitalter hervorgebracht hat, und einer der größten Kenner vor allem der deutschen Geschichte meint, dass es keinen Zweifel gebe, dass von hier an die deutschen Herrscher mehr als vierhundert Jahre lang einzig Burg Trifels vornehmlich schätz ten. Und sie ließen die ganze Zeit über, die bald ihm, bald sehr vielen anderen als ‚Interregnum‘ bekannt zu werden pfl egt,16 jene Gegenstände in der Burg bewachen und unangetastet bewahren.17

15 Siehe die Belegstellen bei Trithemius und Eisengrein, die Du etwas weiter unten fi nden wirst.

16 Das ist allerdings nicht ganz richtig. Siehe nur, was Jakob Paul von Gundling, ein hochberühmter Mann von Ehre und edlem Geschlechte, im Vorwort zu seiner Historia Ricardi Caesaris unter § 1 und folgende zu bedenken gegeben hat.

17 Das ist die Meinung von I. P. von Ludewig, die er in seiner überaus kenntnis-reichen Abhandlung de Norimberga Insignium Imperialium tutelari, Kapitel 4, § 10 litt . gg. vertritt . In dieser Schrift beruft er sich auf die Worte König Wilhelms, die ich bereits oben auf Seite 12 aus seinem Brief an den Abt von Egmond zitiert habe und die der Leser mühe los betrachten und bedenken möge. Wenn ich aber dem hier etwas entnehmen kann, dann zeigen diese Worte Wilhelms nicht so ein-deutig, wie unser berühmter Mann überzeugt ist, dass die königlichen Insignien gesichert auf dem Trifels aufb ewahrt worden sind, nachdem der König sie ge-wonnen hatt e. Anhand der Tatsache nämlich, dass er sich erfreut zeigte, die Burg und mit ihr zugleich die Insignien in seiner Gewalt zu haben, lässt sich meiner Ansicht nach nicht schlussfolgern, dass diese tatsächlich an eben jenem Ort ver-wahrt waren. Es wäre ja möglich, dass er sie zu fassen bekommen hatt e, obwohl sie an einem anderen Ort aufb ewahrt worden waren. Und was die Burg betriff t, so konnte er sich auch ohne die Insignien ungemein über ihren Besitz freuen. Wie ich oben gezeigt habe, besaß sie nämlich unabhängig vom Gewinn keine geringe Relevanz bei der Inanspruchnahme der Herrschaft. Wenn aber unser berühmter Mann fernerhin schlussfolgert, dass die Großen des Reiches während der gan-zen Zeit, in der es den deutschen Landen an einem einmütig eingesetz ten Kaiser mangelte, die Insignien in dieser unseren Burg aufb ewahrt hätt en, so lässt sich dies meiner Meinung nach dem Brief Wilhelms indes keineswegs entnehmen. Es steht weder mit Sicherheit fest, ob die Insignien in der Gewalt der Fürsten waren, noch, wenn dies vollends der Fall war, ob sie die Insignien nicht in einer anderen Stadt oder Burg des Reiches als auf Burg Trifels aufb ewahren konnten. So viel fürs Erste dazu.

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Zu dieser ungeheuer großen Rang- und Ehrenstellung, wel-che – wie ihr erkennen konntet – mit der Aufb ewahrung der herrschaftlichen Insignien auf Burg Trifels verbunden war, kommt auch noch eine andere, nicht weniger bedeutende und ehrenvolle Sache hinzu, die unserer Burg widerfuhr: Die kaiser-liche Staatskasse wurde gleichfalls dort aufb ewahrt. Nachdem zuvorderst Kaiser Heinrich VI. Palermo unterworfen hatt e, jene vornehme und in höchster Blüte stehende Stadt Siziliens, be-reicherte er jene so sehr durch den königlichen Schatz , dessen er sich an diesem Ort in reicher Form bemächtigte, dass keine andere Kammer zu dieser Zeit so reich angefüllt war.18

Da die Burg aber, wie ihr schon zuvor von mir gehört habt, bei weitem die besten Befestigungswerke besaß, schien sie meistens ein Hafen und Zufl uchtsort für diejenigen gewesen zu sein, die nach einem Versteck und Rückzugsort suchten. Hier beschütz t und geborgen konnten sie sich sicher und furchtlos fühlen. Zumindest der Bischof von Speyer und Metz , den ich gerade erwähnt habe, nutz te, als er sich einst vor Ott o IV. fürch-tete, unsere Burg Trifels als eine absolut sichere Zufl uchtsstätt e. Dorthin begab er sich mit den Reichsinsignien und wartete ab, ob er von Ott o dieselbe Ehrenstellung und denselben Rang er-langen würde, welche er vordem unter Kaiser Philipp innege-habt hatt e.19

18 Beides lässt sich herauslesen aus dem Anhang Ott os von S. Blasien zu Buch VII der Chronik Ott os von Freising, Seite 119. Dort heißt es: „Mit dem unschätz ba-ren Vermögen an Gold und Silber, das man in den königlichen Schatz kammern aufgefundenen hatt e, füllte er üppig die Staatskasse des Trifels und auch andere kaiserliche Kammern be reicherte er daraus kräftig.“

19 Von diesem Zufl uchtsort Konrads in unserer Burg spricht ganz deutlich Trithemi-us in den Hirsauer Annalen, Teil 1 zum Jahr 1208, Seite 515: Er sagt, Konrad von Scharfenberg, „Bischof von Speyer und Metz , ehemaliger Kanzler König Philipps, fl üchtete sich in die stark befestigte Burg Trifels, da er sich zweifellos vor König Ott o fürchtete. Der Bischof wollte weder vor dem Kaiser erscheinen, noch die Reichsinsignien übergeben, die er bei sich hatt e, wenn nicht Ott o verspräche, ihn

Dies war erst recht der Fall bei Kaiser Heinrich, dem Sohn Friedrichs II. und Ältestem der kaiserlichen Kinder: Nachdem der Sohn nicht gezögert hatt e, seinem Vater mit Hilfe einer Ver-schwörung nachzustellen, und nun dessen Angesicht und Ge-genwart zu entgehen suchte, zog er sich, ebenso im Vertrauen auf die Befestigungen an diesem Ort, auf Burg Trifels zurück, um sich dort bis zum Ausgang seiner Sache bedeckt zu halten.20 Sein Schicksal nahm indes folgenden Lauf: Da er unsere Burg, die er bis zu diesem Zeitpunkt besetz t hatt e, entgegen seinem Versprechen und seiner Zusage nicht zurückgegeben hatt e und auch in anderen Fällen sein Wort nicht gehalten hatt e, wurde er ewiger Dunkelheit und Gefangenschaft anheimgegeben.21

Aus dem bisher Gesagten kann aber ein jeder leicht den Schluss ziehen, weshalb die Kaiser unsere Burg besonders hochschätz ten,22 und dass sie sich sehr darum kümmerten,

zu seinem Kanzler zu machen, wie er zuvor der Kanzler König Philipps gewesen war.“ Dasselbe überliefert Eisengrein in seinem Catalogus Episcoporum Spirensi-um, Buch 13 zum Jahr 1208, Seite 232: „(Bischof) Konrad besaß als Kanzler des Kaiserhofs die Insignien in der Burg Trifels, nämlich Krone, Kreuz und Lanze. Deswegen blieb er darin bestehen (in dem Amt nämlich), solange er lebte.“

20 Hier muss ich wieder den Abt von Sponheim zitieren, der zugleich über Hein-reichs Zufl uchtsort im schon erwähnten Band zum Jahr 1235 auf Seite 562 Fol-gendes schreibt: „Als König Heinrich, der Sohn des Kaisers, von der Ankunft seines Vaters hörte und sich vor ihm fürchtete, zog er sich in die stark befestigte Reichsburg namens Trifels zurück, bis er den Ausgang des Geschehens sah.“ Und weiter: „Als der Sohn einsah, dass er durch die Klugheit des Vaters eingekreist worden war, klagte er über diesen Umstand und zog sich aus Angst vor dem Zorn des Vaters mit wenigen Leuten zur Burg Trifels zurück, die zugleich durch die Natur und durch Menschenhand stark befestigt war.“

21 Diesbezüglich kommen meine Informationen von Gott fried Monachus, der in den Rerum Germanicarum scriptores vertreten ist, die zuerst von Marquard Freher her-ausgebracht worden sind und später in Teil 1 von B. G. Struve redigiert wurden. Zum Jahr 1220 überliefert Gott fried aber: „Nach der Ratsversammlung am 3. Juli in Worms erhielt er wieder die Gnade des Vaters. Da er aber nicht erfüllte, was er versprochen hatt e, und die Burg Drivels nicht zurückgab, welche er in seiner Gewalt hatt e, wurde er auf Befehl seines Vaters, des Kaisers, gefangen gesetz t.“

22 Dies scheint mir recht deutlich eine Kaiserurkunde zu zeigen, mit der Friedrich

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sie auszustatt en und zu erhalten. Auch wenn ich dies durch keinen anderen Beleg aus alter Zeit deutlich machen könnte, ließe doch allein die einzigartige Fürsorge des mildtätigen Kaisers Friedrich II. bezüglich Schutz und Ausstatt ung der Burg eindeutig keinerlei Zweifel mehr zu. Den Einwohnern von Annweiler nämlich gestand er das Recht zu, Silbermün-zen zu schlagen, unter der Bedingung, dass die dabei erzielten Einkünfte auf immer zur Ausbesserung der Burg verwendet werden sollten.23 An dieser Stelle scheint sich mir die Frage zu stellen, wann die Kaiser unsere Burg besucht haben. Obgleich sich dies durch die überlieferten geschichtlichen Zeugnisse nicht eindeutig bestätigen lässt, denke ich, dass es dennoch keinesfalls angezweifelt werden kann, da es nachgerade sicher ist, dass die Kaiser einen so ehrenhaften und berühmten Ort häufi g besuchten und bisweilen gerne dort ein wenig verweil-ten, zumal deren Besitz sehr große Bedeutung hatt e, wie ihr bis hierher ersehen konntet.24

II. der Stadt Annweiler im Jahr 1219 mehrere Vorrechte verlieh, als er in zwei be-kannt gewordenen Fällen die Einwohner von Annweiler mit seiner Freundschaft und seiner Milde umschließen wollte bzw. in Bezug auf unsere Burg handelte. Er schreibt Folgendes: „Unser Ort Annweiler wurde gegen den Ort Morsbrunn getauscht. Wir nehmen die Menschen, die jetz t dort leben und in Zukunft dort leben werden, unter unsere besondere Gnade und Obhut und beabsichtigen in vollkommener Aufrichtigkeit, sie aus Ehrfurcht vor der gött lichen Erhabenheit sowie dem außerordentlichen Vorzug der Liebe zur nahegelegenen Burg zu fördern.“ Die Urkunde selbst ist im Tabularum Litt erarumque Veterum Usque Huc Nondum Editarum Spicilegium enthalten, den G. C. Joannis vor gar nicht langer Zeit herausgab.

23 Dies werde ich bestätigen und mit der soeben angeführten Urkunde belegen, in der folgende Worte des Kaisers auftauchen: „Auch habe ich ihnen (den Einwoh-nern von Ann weiler) das Recht gewährt, ihr eigenes Münzgeld herzustellen und zu besitz en, damit der Gewinn unserer Burg Trifels diene.“

24 Dies scheint die Gatt in Kaiser Wilhelms vorgehabt zu haben, über die der oben von uns zitierte Mönch aus Kirchgarten Folgendes berichtet: „König Wilhelm weilte mit seiner Gatt in oft in Worms, und als die Königin sich einst von Worms zum Trifels begab, nahm sie ein gewisser Hermann von Ritberg bei Oderheim gefangen, zusammen mit dem Grafen von Waldach... 1254.“

Was allerdings Friedrich Barbarossa betriff t, hat sich in na-hezu der gesamten Pfalz ein alter Glaube verbreitet, dass er zu-weilen viel Zeit in unserer Burg verbracht habe.25 Da all dies aber durch kein einigermaßen zuverlässiges Zeugnis aus alter Zeit bekräftigt werden kann, befürchte ich, dass die ganze Ge-schichte aus einer ganz ähnlichen, oder eher noch derselben Quelle stammt wie jenes Ammenmärchen, welches ganz und gar voller Aberglaube von jenem Bett handelt, in dem dieser hochberühm te Kaiser liege und sich ausruhe und welches da-her jede Nacht auf dem Trifels bereitet werden müsse.26 Wenn also jemand vermuten würde, dass unsere Burg vor allem von den Kaisern aus dem schwäbischen Hause regelmäßig besucht worden sei, würde ich ihn gewiss, soweit ich selbst es durch

25 Diese Meinung, die eher zum gemeinen Volk passt, vertritt auch jener Schaum-schläger, den ich oben auf Seite 9 zitiert habe. Über die Stadt Annweiler sagt er nämlich in einem Kapitel Folgendes: „Als anno Domini 1152 Kayser Friderich Barbarossa ein gute Zeit uff dem Berg-Schloss Trifels sich uff enthielt, hat er die-ser Stade alte privilegien erneuert.“ Da aber bekannt ist, dass nicht er, sondern sein Enkel Friedrich II. die Einwohner von Annweiler vor allen anderen begüns-tigt hat, sie mit zahlreichen Vorrechten und Vergünstigungen gefördert und aus-gezeichnet hat und sich immer wieder auf dem Trifels aufgehalten hat, kann man vermuten – und ich schließe mich dieser Meinung an –, dass sich zweifelsohne einige unerfahrene und einfache Leute durch den Namen Friedrich täuschen ließen und durch den Gleichklang den Großvater mit dem Enkel verwechselt haben. Darüber hinaus zählt zwar der edle Jakob Paul von Gundling auch unse-re Burg zu den Orten, an denen sich seiner Auskunft nach Friedrich I. zeitweise aufh ielt, sogar dort lebte und gerne seinen Sitz hatt e. Da ich aber bislang keinen ausreichend sicheren Beweis hierfür fi nden konnte, bleibe ich bei meinem Urteil. Siehe das Büchlein dieses berühmten Mannes unter dem Titel Geschichten und Thaten Kayser Richards, Seite 39.

26 Dieses Märchen fasste Martin Zeiler in seiner Topographia Palatinatus Rheni et Vicinarum Regionum, Seite 11, wo er die Stadt Annweiler beschreibt, wie folgt zusammen: „Der gemeine Mann ist beredet vvorden, man müsse gedachtem Kayser Friderico (Barbarossae) in diesem Schloss, vvie auch zu Kaysers-Lautern, alle Nacht ein Bett machen, darinn er ruhe; dann er seye zu Hagenau in der Burg lebendig verzuckt vvorden.“ Die gleiche Geschichte erwähnt auch I. Seobald Fa-bricius, einst Professor für Geschichte an der Universität Heidelberg, in seiner Abhandlung über Kaiserslautern, Abschnitt II, Seite 14 und Abschnitt IV, Seite 22, die ebenso wie diejenige über Mannheim voller Begebenheiten ist, die weder wahr noch wahrscheinlich sind.

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Mutmaßung einschätz en könnte, für einen durchaus fähigen Urteiler halten, da jene Kaiser sich ohnehin ziemlich häufi g in diesem Teile Deutschlands aufzuhalten pfl egten.27

Das aber ist es, meine lieben Zuhörer, was mir berichtens-wert schien, damit ihr hieraus einerseits das Ansehen unserer Burg, andererseits den Nutz en, den sie gewährte, einigermaßen begreifen könnt. Und ich habe zweifellos dafür gesorgt habe, dass ihr ihre Ruine nun mit mehr Bedacht als vorher und neu-gierigeren Augen betrachten werdet, sooft ihr sie zu Gesicht bekommt.

Meine Rede kommt bereits eilends zum Übrigen, das noch nennenswert ist. Erwähnenswert scheint mir darunter vor al-lem der Wechsel der einstigen Herrscher, dem sie unterlag. Denn während sie bis zu diesen Zeitpunkt unter der Herrschaft der Kaiser und des Reiches gestanden hatt e, kam sie vor drei-hundert Jahren in die Hände der Pfalzgrafen bei Rhein. Man könnte vielleicht annehmen, dass Glanz und Ansehen der Burg, welche sie bislang innegehabt hatt e, nach dieser Veränderung der Besitz verhältnisse um einiges geschmälert worden wäre, wenn sie keine solchen Herren gefunden hätt e. Mit Ausnahme des Kaisers waren dies die berühmtesten und glanzvollsten Herren, welche die Burg jemals erhalten konnte. Kaiser Ludwig IV. aber, der als der Bayer bekannt geworden ist, verpfändete

27 Der berühmte Gundling, den ich vor kurzem lobte, erwähnt in der oben genann-ten Biographie auf Seite 29 namentlich unter den Kaisern, denen unsere Burg be-sonders gefallen habe und die nicht nachließen, sie häufi ger zu besuchen, neben Friedrich I. auch Heinrich VI., Philipp von Schwaben und Friedrich II., die einst alle das Haus der Hohenstaufen hervorgebracht hat und die das Deutsche Reich regierten. Ich denke aber, dass man sich an dieser Stelle auf bescheidene Weise davor hüten muss, zu glauben, dass sie sich mitunter lange Zeit und mit großem Gefolge auf Burg Trifels aufgehalten haben. Dies könnte nämlich umso weniger angenommen werden, denn die Beschaff enheit des Ortes steht dem off enkundig entgegen.

die Burg zusammen mit anderen Orten und Ländereien vor fast vierhundert Jahren an Rudolf und Ruprecht, die Söhne seines Bruders, des Kurfürsten Rudolf; zunächst gegen eine beschei-dene Summe an Silbermünzen,28 zu der aber später mehrere Aufschläge hinzugefügt wurden. Nach dem Tode ihres Vaters hatt e er sie in Gnaden aufgenommen und wollte ihnen über-haupt Gutes tun. Seit die ser Zeit blieb die Burg in der Gewalt des Kurfürstenhauses, bis sie bei der Aufteilung des väterlichen Erbes in die Hände von Stephan kam, dem dritt en noch leben-den Sohn Kaiser Ruperts.29 Nach seinem ruhm vollen Tod aber und der Zweiteilung der Ländereien, die er hinterlassen hatt e, kam sie an Ludwig den Schwarzen30 und so begann sie hierauf, mit den übrigen Landen von Zweibrücken für immer verbun-den zu werden.

Da ich selbst glaube, dass ihr es im letz ten Teil dieser meiner Rede von mir erwartet, folgt nun schließlich, liebe Zuhörer, was

28 Die Summe betrug freilich sechstausend Mark, wie man aus den Dokumenten Ludwigs selbst erkennen kann, die in dieser Angelegenheit am 22. Januar 1330 ausgefertigt wurden und welche G. C. Joannis im Specimen primum animadversi-onum in nonnulla loca historiae Palatinae scriptores C. L. Tolneri n. XVI auf Seite 75 herausgibt. Darin befi nden sich aber folgende Worte zur Burg Trifels: „Tryfels die Burg, und vvas darzu gehoeret, besucht und unbesucht.“ Dass aber nicht nur Ludwig, sondern auch Karl IV. in der Folgezeit zur ursprünglichen Pfandsumme viele tausend Mark hinzugefügt hat, lehrt uns derselbe berühmte Mann ebendort auf Seite 77.

29 Im Jahr 1410 freilich, wie aus den Verzeichnissen nach Vollzug der Teilung deut-lich wird, die Tolner in seinen Codex diplomaticus Palatinus Nr. 205 aufgenommen hat. Dort liest man aber auf Seite 154 folgende Worte: „So soll unser Herr Hertz og Stephan haben... Trifels die Veste, Anvviler die Stadt etc.“

30 Nach 34 Jahren, wie G. C. Joannis im Specimen primum animadversionum in non-nulla loca historiae Palatinae scriptores C. L. Tolneri n. XVI auf Seite 17 anhand der Dokumente zur Erbschaftsregelung zeigt, die bekanntlich Herzog Stephan und Friedrich, der letz te der Grafen von Veldenz, angefertigt haben, als sie mitein-ander wegen der Erbschaft übereinkamen, welche dereinst von ihren Enkeln und Söhnen, Friedrich und Ludwig, angetreten werden sollte. Im Folgenden ihr Wortlaut: „Item, so soll unser Sohn Hertz og Ludvvig haben und besitz en... die Veste... Trifels, und Anvviler mit ihren zugehoerden. nust nit ussgenomen.“

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ich ohne euren scharfen Tadel gar nicht auslassen könnte: Und zwar euch natürlich zu erzählen, wann und vor allem durch welche Ungerechtigkeit der Zeiten diese unsere so berühmte und so namhafte Burg begann, zunächst zu verfallen und sich schließlich ihrem Untergang entgegen zu neigen. Allerdings ist diese Angelegenheit so veranlagt, dass ich euch in diesem Punkt gar nicht zufriedenstellen kann, da die Geschichte mich hier im Hinblick auf die Altertumskunde und die zeitgenössi-schen Zeugnisse im Stich lässt. Wenn ihr also dennoch irgend-ein Urteil von mir erhalten möchtet, so wisst, dass ich – soweit man es durch Vermutungen nachvollziehen kann – ganz und gar davon ausgehe, dass die Burg nach dem überaus abscheu-lichen Krieg Schaden nahm, den die Bauern in gott loser Weise in ganz Deutschland zusammen mit ihrer eigenen, gewaltigen Niederlage vor 200 Jahren angestiftet hatt en. Vielleicht wurde sie auch im Dreißigjährigen Krieg, der äußerst hart war und für viele hochberühmte Städte und stark befestigte Burgen den Un-tergang bedeutete, mehr und mehr zu Grunde gerichtet, zumal zu ihrem Wiederaufb au bald das Geld fehlte, bald der richtige Zeitpunkt. Schlimmer noch: Da auch die Besitz er kein Interesse hatt en, sie unter großen Kosten aus ihrem traurigen Zustand herauszuholen, zerfi el sie im Inneren gänzlich. Selbst wenn sie im Krieg davor in die Hände der Bauern gefallen sein sollte,31 so ist dennoch nicht bekannt, dass unserer Burg zu dieser Zeit irgendein Ungemach angetan wurde.32 Gewiß ist, dass in der

31 Dass Burg Trifels von Bauern erobert wurde, berichtet neben Crinitus, dessen Zeugnis ich hierauf anfügen werde, auch Leodius in seiner Historia Seditionis Ru-sticanae auf Seite 191 und zwar mit folgenden Worten: „... Sie nahmen die Burgen Trifels und Neucastel ein.“

32 So schreibt nämlich Petrus Crinitus, oder in unserer heimischen Sprache: Harer, in seiner Historia belli rusticani, Kapitel 47, Seite 257: „Danach forderten sie die Übergabe von Burg Neukastel und Burg Trifels. Nachdem sie in gewisser Anzahl hineingelassen worden waren, machten sie keine Beute (was doch verwunder-lich ist). Und von hier aus zogen sie weiter und schlugen ihr Lager beim Kloster-

Folge die Erinnerung an sie in keiner schriftlichen Quelle seit dieser Zeit auftaucht und rühmenswert herausragt. Gerade diese Tatsache scheint mir am deutlichsten zu zeigen, dass die Burg Trifels einige Zeit nach diesen Kriegen durch die Unbil-den der Stürme und Zeiten so in sich zusammengesunken ist, wie sie nun vor euren Augen darnieder liegt, gleichsam als Ru-ine danieder gestreckt.

Da ihr sehen könnt, dass ich für meinen Teil nun alles er-zählt habe, bleibt mir nur übrig, euch zu danken, liebe Zuhörer, die ihr mir die ganze Rede über mit so off enkundig großer Zu-neigung und Höfl ichkeit nicht nur zuhören, sondern mir gü-tigerweise auch – was am meisten wert ist – Mut machen und Lust aufs Reden machen wolltet, als ich scheu war und fast zit-terte. Aber die unvergängliche Art und Weise dieses eures Bei-stands mir gegenüber ist dergestalt, dass ich glaube, euch mit keinerlei Worten den gebotenen und verdienten Dank abstatt en zu können, selbst wenn ich mich um die ausgesuchtesten Worte bemühte. Daher will ich das tun, was mir, wie ich erkannt habe, als einziges übrig bleibt: Eben diese vorzüglichste Art des Gunsterweises, durch die ihr mich, ohne dass ich es verdiente, zu dieser Stunde beehrt habt, im Herzen und im Gedächtnis zu behalten. Ich werde dies freilich umso gewissenhafter und eifriger tun, je mehr ich merke, dass mir dieser Gunsterweis eh-renvoll und glückverheißend widerfährt, und ich werde dessen stets eingedenk sein, solange ich lebe.

gut Mörlheim bei Landau auf.“

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Wie sah Burg Trifels Anfang des 18. Jahrhunderts aus?

Ergänzungen zum Vortrag des Henning N. J. Schlaaff

Peter Pohlit

Den Anblick einer „im Innern gänzlich zusammengesunke-nen und danieder gestreckten Ruine“, wie sich unser junger Au-tor über den damaligen baulichen Zustand des Trifels äußert, bot die Burg Anfang des 18. Jahrhunderts keineswegs. Schlaaff hätt e sich mit einer Wanderung hinauf zur Burg vom Gegen-teil seiner Behauptung überzeugen können, auch wenn man in Betracht zieht, dass es wegen der herumliegenden Trümmer und verschütt eter Zugänge wohl recht schwierig gewesen ist, überhaupt in die Anlage hineinzukommen. Zudem galten mit-telalterliche Wehrbauten zu jener Zeit als wenig interessant. Sie waren eben noch nicht alt genug, um sich wegen ihrer Erhal-tung Gedanken zu machen.

So erklärt sich auch, dass etwa 50 Jahre zuvor Palas und Ka-pelle all ihrer kunsthistorischen Kostbarkeiten beraubt wurden. 40 Sandsteinsäulen und angeblich eine Marmorsäule wurden aus den Mauern herausgebrochen und fortgebracht. Immerhin wird 1684 berichtet, das Schloss stehe noch ganz gut im „Stein-werk“ da. Es fehlten lediglich Gebälk, Dach, Türen, Fenster und Läden. Als jedoch Steine vom Trifels als Baumaterial benutz t

Die Bearbeiter:

Dr. Anna Tzvetkova-Glaser ist als Lektorin für Altgriechisch an der Universität Heidelberg tätig

Bastian Platt e B.A. studiert Geschichte und Lateinische Philolo-gie an der WWU Münster

Prof. Dr. Jan Keupp lehrt Mitt elalterliche Geschichte und Histo-rische Hilfswissenschaften an der WWU Münster

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wurden1 und man womöglich ganze Mauerzüge niedergelegt hatt e, war der Verfall nicht mehr aufzuhalten. Dennoch zeigen die Abbildungen, die uns über den Trifels aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bekannt sind, dass zumindest Hauptt urm und Brunnenturm sich noch in baulich respektablem Zustand befanden.

Die ersten für authentisch zu haltenden Abbildungen der Ruine sind uns erst aus den frühen Jahrzehnten des 19. Jahr-hunderts bekannt, also etwa erst 100 Jahre nach Schlaaff s Rede entstanden und sicherlich nicht aus Gründen der Dokumenta-tion. Den Künstlern der Romantik kam es eher darauf an, sich in schwärmerischer Mitt elaltersehnsucht zu erbauen. Nichts-destotrotz sind ihre Gemälde und Stiche heute für die Burgen-forschung unersetz lich geworden, lassen sich doch auf ihnen häufi g noch Bauteile erkennen, die inzwischen längst ver-schwunden sind.

Es existiert eine Abbildung über den Trifels, die am Anfang des 18. Jahrhunderts entstanden sein soll, aus der Zeit also, als der damalige Zustand der Burg auch Schlaaff bekannt gewe-sen sein muss. Die recht einfach ausgeführte Zeichnung, eher eine architektonische Skizze, stellt die Burg aus weiter Entfer-nung gesehen dar, wahrscheinlich vom gegenüberliegenden Bannenberg aus, wo heute das Trifels-Gymnasium steht. Die Rötelzeichnung, versehen mit Erläuterungen, befi ndet sich im Landesarchiv Speyer. Der Verfasser ist unbekannt.2

1 Schreiben der königlichen Rentkammer im Herzogtum Zweibrücken vom 18.11.1706: Übergabe der sogenannten Trifelsgüter an die Stadt Annweiler mit der Aufl age, ein Hofh aus mit Scheuer zu bauen, wozu „gnädigste Herrschaft die benöthigte steine vom Triefels und das Bauholz gratis zum anfang hergeben willen“. (Bernhard Meyer, Burg Trifels – die mitt elalterliche Baugeschichte, Kai-serslautern 2001, S. 115)

2 Abgebildet bei: Friedrich Sprater, Der Trifels – die deutsche Gralsburg, Speyer

Gezeigt ist die gesamte Westansicht der Ruine als Schnitt -bild von Nord nach Süd. Schon damals muss sich die Burg zum großen Teil in dem ruinösen Zustand befunden haben, wie ihn die Romantiker vorgefunden haben. Es fällt auf, dass der Hauptt urm bis zu den Fundamenten auf der Ostseite des Felsens dargestellt ist. Er muss noch einen recht massiven baulichen Eindruck gemacht haben. Von der abgebrochenen Südwestkante, wie auf den Bildern des 19. Jahrhunderts zu erkennen ist, zeigt die Abbildung noch nichts. Die doppelt gezeichnete Turmkante lässt eher auf das Gegenteil schlie-ßen. Sie soll anscheinend die Stärke der Mauer wiedergeben. Der Turmabschlusskante wird als durchgehend gerade Li-nie gezeigt. Somit könnte auf eine weitgehende Unversehrt-heit des Turms geschlossen werden. Von der Kapelle ist das

1945; ders., Der Trifels – die deutsche Gralsburg, 2. Aufl age, Speyer o.J., S. 36; Friedrich Sprater/Günter Stein, Der Trifels, Speyer 1980, S. 32; Bernhard Meyer, Burg Trifels, Mainz 1997, S. 87; ders., Burg Trifels (wie Anm. 1), S. 136; ders., Burg Trifels, Regensburg 2004, S. 8. Vorlage befi ndet sich im LA Speyer, Abt. Zweibrü-cken, Akt 675, siehe Meyer, Trifels 2001 (wie Anm. 1), S. 135.

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Westfenster eingezeichnet. Abgebildet ist auch das soge-nannte Wachthaus auf der südlichen Fortsetz ung des Zent-ralfelsens. Es wird als „viereckigt gemäuer“ bezeichnet. Von ihm aus zieht sich eine hohe Mauer bis zum Turm hin, darin eine von einem Rundbogen abgeschlossene Pforte ganz nah am Turm. Dort, wo sie an das Wachthaus anschließt, ist sie bereits eingestürzt. Die ehemalige Verzahnung des Gemäu-ers mit dem Haus ist noch zu sehen. Es muss sich um die ehemalige Mauer an der Ostseite beim Treppenaufgang ge-handelt haben. Auf allen späteren Abbildungen kommt sie nicht mehr vor.

Nicht erkennen lässt sich die ehemalige Zisterne zwischen Wachthaus und Turm. Off enbar war sie schon völlig mit Schutt zugedeckt, obwohl sie bis ins 17. Jahrhundert hinein noch in Betrieb gewesen sein soll.3

Vom großen Saalbau, dem Palas, muss noch der Rest einer Wand gestanden haben. Die Zeichnung gibt nicht eindeutig wieder, ob es sich um die Ost- oder Westwand gehandelt hat. Man sieht zwei Öff nungen mit leichtem Spitz bogen, off en-sichtlich eins der gedoppelten, aber bereits leeren, also aus-gebrochenen spätromanischen oder frühgotischen Fenster. Es wird von einem mehreckigen Rahmen eingefasst, der of-fensichtlich die Fensternische darstellen soll. Sie war jedoch mit Sicherheit rundbogig. Auch fehlt der üblich gewesene Okulus, das kleine Rundfenster zwischen den Fensterbögen. Die Darstellung ist recht dilett antisch ausgeführt und in den Proportionen zu groß gezeichnet. Die Zacken am äußeren Rand sollen womöglich den Mauerausbruch wiedergeben. Die Fensterbänke lassen sich nicht erkennen. Also muss es

3 Sprater, Trifels 1945 (wie Anm. 2), S. 36: „nach den darin gemachten Funden“.

sich doch wohl um die Ostwand handeln, die hinter dem abgearbeiteten Felsen auf der Westseite hervorschaut. Der Mauerrest nah am Turm besitz t, so scheint es, eine Tür. Hier könnte es sich um den Zugang zum Abort handeln. Er war bis in die Zeit vor dem modernen Ausbau noch erhalten. Auch der mit vier Öff nungen versehene obere Abschluss des Abort-schachts ist wiedergegeben, allerdings senkrecht dargestellt. Der Ort wird auf der Zeichnung als „Platz Vor dem gefäng-niß“ bezeichnet.

Eine Doppellinie an der Felskante zum nördlichen Burghof gibt die Verkleidung des Felsens mit Steinwerk an. Der Rund-bogen überspannt noch den Abstand zwischen Brunnenturm und Burgfelsen. Der Übergang aber ist verschwunden. Auch an diesem Turm ist die Mauerdicke durch senkrechte Doppelli-nien gekennzeichnet. Bereits ganz ohne Bebauung erscheint die südliche Felsplatt form. Sie wird „Ebener Platz “ genannt und das äußerste Stück der Felsspitz e als „Dantz felsen“.

Betrachtet man insgesamt die Qualität der Ausführung, so scheint die Skizze von einem im Handwerk geübten Zeichner zu stammen. Aufschlussreicher wäre gewesen, er hätt e sich, an-statt sich mit der Westseite zu befassen, die Ostseite ausgesucht, vor allem des Erkers wegen, und somit die Frage beantwortet, ob der keilförmige Ausbruch, wie ihn die meisten Abbildungen des 19. Jahrhunderts zeigen, schon damals vorhanden war.

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Page 26: online presentation - Trifelsfreundetrifelsfreunde.de/docs/Rede_trifels_keupp-wz.pdf · pektors Zepper, S. 235-257, S. 254. 12 Reissinger, Dokumente (wie Anm. 11), Nr. 74: Schulgesetz

Die im Jahr 1726 im Druck erschienene Rede des Schü-lers Henning Schlaaff aus Zweibrücken darf als Weck-ruf für eine wissenschaftliche Beschäftigung mit der Burgenlandschaft der Pfalz gelten. Mit Unterstütz ung des Gymnasialrektors Johann Philipp Crollius und des-sen landeskundlich versierten Schwiegervaters Georg Christian Joannis trägt sie akribisch die damals ver-fügbaren historischen Daten zur Geschichte des Trifels zusammen und unterzieht sie mit großer Sorgfalt einer kritischen Sichtung. Der Text bietet ein Bekenntnis zum Eigenwert historischer Bauwerke über den praktischen

Nutz en für die Gegenwart hinaus.

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