Luftfahrt aktuell 01/2016: Wie sicher ist Fliegen?

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Luftfahrt aktuell 1|2016 Fakten und Hintergründe zum deutschen Luftverkehr Wie sicher ist Fliegen? 2015 war ein tragisches Jahr in der deutschen Luftfahrtgeschichte. Das Flugzeugunglück über den französischen Alpen hat die Menschen tief bewegt und nimmt Luftfahrt und Politik in die Verantwortung, die richtigen Konsequenzen daraus zu ziehen. Doch so erschütternd dieses Unglück ist, die Statistik zeigt: Fliegen ist sicher. Der Absturz des deutschen Passagier- flugzeugs über den französischen Alpen im März 2015, bei dem keiner der 150 Insassen überlebte, war eines der dra- matischsten Unglücke in der Geschichte der deutschen Zivilluftfahrt. Ein weite- res großes Unglück im vergangenen Jahr war die Explosion eines Ferienfliegers über dem Sinai mit 224 Toten – mut- maßlich ein Terroranschlag mit islamis- tischem Hintergrund. Nach vorläufigen Zahlen der unabhängi- gen Analysten des Aviation Safety Net- work waren 2015 weltweit insgesamt 493 Todesfälle bei sieben Unglücken von Passagierflugzeugen* mit Todesfolge zu beklagen. Dennoch: Während die Zahl der Passa- giere immer weiter ansteigt, sinkt die geringe Zahl der Verunglückten konti- nuierlich weiter. Das zeigen die Zahlen der UN-Luftfahrtorganisation ICAO und des Aviation Safety Network. Die Fluggesellschaften beförderten im Jahr 2015 weltweit ca. 3,5 Mrd. Passa- giere, also mehr als 11mal so viele wie 1970. Während sich das Passagierauf- kommen vervielfacht hat, ist die Zahl der Todesfälle in der zivilen Luftfahrt drastisch gesunken. Damit hat sich die ohnehin sehr niedrige Wahrscheinlich- keit, durch einen Flugzeugabsturz ums Leben zu kommen, signifikant verrin- gert: Statistisch gesehen war diese in den 1970er Jahren im Durchschnitt etwa 27mal so hoch wie im Jahr 2015. 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 Tsd. 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 Mrd. 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 Todesfälle Passagiere Quellen: Aviation Safety Network 2016, UN-Luftfahrtorganisation ICAO *Passagierflugzeuge mit einer Kapazität von ≥ 14 Passagiere, inkl. Entführungen und Sabotageakte, Stand: 1. Januar 2016 Immer mehr Menschen fliegen – aber die geringe Zahl der Verunglückten geht kontinuierlich weiter zurück Anzahl der Todesfälle in der kommerziellen Zivilluftfahrt* und Entwicklung des weltweiten Passagieraufkommens

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Luftfahrt aktuell 1|2016Fakten und Hintergründe zum deutschen Luftverkehr

Wie sicher ist Fliegen?2015 war ein tragisches Jahr in der deutschen Luftfahrtgeschichte. Das Flugzeugunglück über den französischen Alpen hat die Menschen tief bewegt und nimmt Luftfahrt und Politik in die Verantwortung, die richtigen Konsequenzen daraus zu ziehen. Doch so erschütternd dieses Unglück ist, die Statistik zeigt: Fliegen ist sicher.

Der Absturz des deutschen Passagier­flugzeugs über den französischen Alpen im März 2015, bei dem keiner der 150 Insassen überlebte, war eines der dra­matischsten Unglücke in der Geschichte der deutschen Zivilluftfahrt. Ein weite­res großes Unglück im vergangenen Jahr war die Explosion eines Ferienfliegers über dem Sinai mit 224 Toten – mut­maßlich ein Terroranschlag mit islamis­tischem Hintergrund.

Nach vorläufigen Zahlen der unabhängi­gen Analysten des Aviation Safety Net­work waren 2015 weltweit insgesamt 493 Todesfälle bei sieben Unglücken von Passagierflugzeugen* mit Todesfolge zu beklagen. Dennoch: Während die Zahl der Passa­giere immer weiter ansteigt, sinkt die geringe Zahl der Verunglückten konti­nuierlich weiter. Das zeigen die Zahlen der UN­Luftfahrtorganisation ICAO und des Aviation Safety Network.

Die Fluggesellschaften beförderten im Jahr 2015 weltweit ca. 3,5 Mrd. Passa­giere, also mehr als 11mal so viele wie 1970. Während sich das Passagierauf­kommen vervielfacht hat, ist die Zahl der Todesfälle in der zivilen Luftfahrt drastisch gesunken. Damit hat sich die ohnehin sehr niedrige Wahrscheinlich­keit, durch einen Flugzeugabsturz ums Leben zu kommen, signifikant verrin­gert: Statistisch gesehen war diese in den 1970er Jahren im Durchschnitt etwa 27mal so hoch wie im Jahr 2015.

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Mrd.

1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015

Todesfälle Passagiere

Quellen: Aviation Safety Network 2016, UN­Luftfahrtorganisation ICAO

*Passagierflugzeuge mit einer Kapazität von ≥ 14 Passagiere, inkl. Entführungen und Sabotageakte, Stand: 1. Januar 2016

Immer mehr Menschen fliegen – aber die geringe Zahl der Verunglückten geht kontinuierlich weiter zurückAnzahl der Todesfälle in der kommerziellen Zivilluftfahrt* und Entwicklung des weltweiten Passagieraufkommens

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Auch wenn diese Bilanz durch den Absturz des Germanwings­Flugzeugs belastet wird: Die Sicherheitsstatistik der letzten Jahre zeigt, dass die Passa­giere im europäischen und im nordame­rikanischen Luftraum am sichersten unterwegs sind. Die meisten Unglücke ereignen sich nach wie vor in Afrika, Teilen Asiens und der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS).

Sicherheit ist höchstes Gut

Sicherheit hat für alle am Luftverkehr Beteiligten absolute Priorität. Das gilt sowohl für Sicherheit im eigentlichen Flugbetrieb (Safety) als auch für die Abwehr von gezielten äußeren Gefah­ ren wie Terroranschlägen (Security). Die Behörden sowie die Luftverkehrs­wirtschaft und ihre Beschäftigten tun alles dafür, dass das Fliegen sicher bleibt. Das gelingt einerseits durch die Ver­besserung der Flugzeugtechnik, welche Flugzeuge weniger anfällig gegenüber Störungen macht, sowie andererseits durch die Weiterentwicklung der Flug­hafeninfrastruktur, durch modernste Luftraumüberwachung und durch zuverlässige Technik bei den Passagier­, Gepäck­ und Frachtkontrollen.

Technische Innovationen werden ergänzt durch ein dichtes Netz an be­währten globalen Sicherheitsstandards, etwa für die Zulassung von Flugzeugen, die Durchführung eines Fluges, die Ausbildung des Personals und immer effektivere Sicherheitskontrollen am Flughafen.

Aus Vorfällen immer lernen

Zur Sicherheitskultur im Luftverkehr gehört auch die Überzeugung, dass man in punkto Sicherheit niemals aus­gelernt hat. In der Luftfahrt wird jedes Unglück, jeder Beinaheunfall und jede Unregelmäßigkeit genauestens unter­sucht. Wenn die Ursachen ermittelt sind, werden die geeigneten Schlüsse daraus gezogen. Insofern gilt: Jedes größere Flugzeugun­glück hat den Luftverkehr anschließend immer ein Stück sicherer gemacht, weil aus Katastrophen der Vergangenheit Konsequenzen gezogen wurden. So wur­den zum Beispiel die Sicherheitsvorkeh­rungen nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den Vereinigten Staaten drastisch verschärft. Mit Erfolg: Die Anzahl der Flugzeugentführungen konnte weiter reduziert werden.

Damit Fliegen auch in Zukunft so sicher bleibt, werden Luftfahrt und Politik auch Schlüsse aus den tragischen Un­glücken der vergangenen Jahre ziehen. Da Luftverkehr ein internationaler Ver­kehrsträger ist, sollte dies – wo immer möglich – auf internationaler Ebene und damit verbindlich für alle geschehen.

Umfrage: Luftverkehr ist sicherstes Verkehrsmittel

Das hohe Sicherheitsniveau im Luftver­kehr ist den Menschen in Deutschland bewusst. Das zeigen repräsentative Um­fragen der Forschungsgruppe Wahlen: Auf die Frage, welches Verkehrsmittel im Großen und Ganzen am sichersten ist, entscheiden sich konstant über die Hälfte der Befragten für das Flugzeug. Im Jahr 2015 haben das 56 Prozent so eingeschätzt. Dabei haben selbst Men­schen mit Flugangst zu 51 Prozent dafür votiert, dass man nirgendwo so sicher ist wie im Flugzeug.

Luftfahrt aktuell 1|2016

Über den BDL:Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft wurde 2010 als gemeinsame Interessenvertretung der deutschen Luftverkehrswirtschaft gegründet. Mitglieder des Verbandes sind die Fluggesellschaften, Flughäfen, die Deutsche Flugsicherung und weitere Leistungsanbieter im deutschen Luftverkehr. Die Luftverkehrswirtschaft ermöglicht Mobilität für jährlich über 200 Mio. Fluggäste und trägt mit dem Transport von Waren im Wert von über 200 Mrd. Euro zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland bei. Die Luft­fahrt sichert in Deutschland mehr als 800.000 Arbeitsplätze.

Herausgeber:Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft e.V. Haus der Luftfahrt, Friedrichstraße 79, 10117 Berlin Telefon: 030 520077­100, Telefax: 030 520077­111

Verantwortlich:Matthias von Randow, Hauptgeschäftsführer

Mitarbeit an dieser Ausgabe:Ivo Rzegotta, Leiter Strategie (Redaktionsleitung) Sebastian Dreyer, Leiter Security und Europapolitik Marian Kortas, Leiter Flugbetrieb, Technik und Safety

Stand: Januar 2016

Luftfahrt aktuell:Auf unserer Website können Sie sich für den Infodienst an­ und abmelden. Anmerkungen und Anregungen richten Sie bitte an luftfahrt­[email protected].

www.bdl.aero

Quelle: Aviation Safety Network 2016 *Passagierflugzeuge mit einer Kapazität ≥ 14 Passagiere, Fracht­ und Ambulanzflüge

Quelle: Forschungsgruppe Wahlen (September 2015, n = 1.031) und Vergleichsumfragen aus den Jahren 2011 – 2014

Menschen in Deutschland halten Flugzeug für sicherstes VerkehrsmittelUmfrage: Welches Verkehrsmittel ist im Großen und Ganzen am sichersten?

Fortschritte seit den 1970er JahrenDurchschnittliche Todesfälle pro Jahr*

146

1.465–50%

731

1.319

56

675

1970 – 2001

durch Entführung oder Sabotage

2002 – 2015

durch Unfall oder technischen Defekt

Flugzeug ‘14‘13‘12‘11

53%53%

50%54%

Eisenbahn Auto keine Angabe

VorjahresvergleichSeptember 2015

56%

28%

10%

6%