Leitfaden zum Monat der Weltmission 2016

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Die größte Solidaritätsaktion Leitfaden 23.Oktober 2016 Die Solidaritätsaktion der Katholiken weltweit Sonntag der Weltmission ... denn sie werden Erbarmen finden » « Mt 5,7

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Die größte Solidaritätsaktion der Katholiken weltweit

Leitfaden23. Oktober 2016

Die Solidaritätsaktion der Katholiken weltweit

Sonntag derWeltmission... denn

sie werden Erbarmen finden

» «Mt 5,7

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LUZON

BICOL

VISAYAN ISLANDS

MINDANAO

PALAWAN

MINDORO

Leyte

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Ein philippinisches Dorf an der Küste von Tacloban,die Fischer – Familie Esperas vor ihrer provisorischen Hütte.Ein Taifun – und alles verloren:das bescheidene Haus, die spärliche Habe, das kleine Fischerboot,die ärmliche Existenzgrundlage.Alles verloren.

... sie werden Erbarmen finden:Ermutigung wider die Resignation,Vertrauen in die eigenen Kräfte,Zuversicht, dass es einen Neubeginn gibt.

Das Lächeln von Schwester Celinestrahlt diese Ermutigung aus, Vertrauen und Zuversicht.Sie geht nicht vor der Not in die Knie,sondern auf Augenhöhe mit den Schwächsten.

Der Neubeginn, gemeinsam, mit vereinten Kräften,ein Haus in einem neuen Dorf, sicher vor der Flut,eine Dorfgemeinschaft, in der jeder Verantwortung übernimmt,damit alle leben können.Wege aus der Armut, mit Mut und Vertrauen.

... denn sie werden Erbarmen finden:weil sie an Gottes Barmherzigkeit glauben, an sein Erbarmen, das sie feiern und miteinander teilen,das sie erfahren in einer Hilfe, die ihre Würde respektiert.

Erbarme dich unser, Gott, damit auch wir dein Erbarmen leben.

Irmgard Icking

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Zamboanga

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Manila

Lebendiger Glaube auf den PhilippinenDie Philippinen sind neben Osttimor das einzige Land mit einer überwiegend christlichen Bevölkerung in Asien. Über 80 Prozent der rund hundert Millionen Einwohner des Inselstaates bekennen sich zur katholischen Kirche. Sie leben ihren Glauben mit großer Leidenschaft. An fast jedem Autospiegel baumeln Rosenkränze, viele Autos sind mit Bildern von Jesus oder der Muttergottes bemalt. Auf der Insel Mindanao lebt landesweit die größte Gemeinschaft muslimischer Gläubiger. Ein Video zu den Philippinen finden Sie unter: www.missio-hilft.de/philippinenfilm

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LUZON

BICOL

VISAYAN ISLANDS

MINDANAO

PALAWAN

MINDORO

Leyte

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Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Gemeinden,

für Andy Esperas hat sich in diesem Jahr ein Traum erfüllt. Das missio-Aktionsplakat zeigt ihn noch vor der provisorischen Hütte, in der er seit dem Taifun Haiyan mit seiner Frau und den fünf Kindern leben musste. In dem neu gebauten Dorf „St. Benedikt“ hat die Familie jetzt nicht nur ein festes Dach über dem Kopf gefunden, sondern eine Gemeinschaft, die sie trägt, und Menschen, die ihr zutrauen, ihr Leben wieder in die Hand zu nehmen. Möglich wurde das Projekt durch die Solidarität der Katholiken in Deutschland.

Weltweite Solidarität setzt Zeichen der HoffnungDer Sonntag der Weltmission ist die Solidaritätsaktion der Katholiken weltweit. Sie ermöglicht Hilfe, wo sie am nötigsten ist, aber sie verhilft zu mehr als nur zu einer Bleibe, einer Möglich-keit, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, oder einer Ausbildung. Die Hilfe, die diese Kollekte ermöglicht, ist vor allem Ausdruck der Hoffnung, dass Leben auch unter schwierigsten Bedingungen gelingen kann, selbstbestimmt und in Würde. Wer täglich um das Überleben kämpft, hat kaum Möglichkeiten, sein Leben den veränderten Umständen aus eigener Kraft anzupassen. Er braucht Menschen, die ihm dabei zur Seite stehen.

Familien sind kein Problem, sondern eine ChanceAuf den Philippinen, dem Partnerland der diesjährigen missio-Aktion, sind kirchliche Mitar-beiterinnen und Mitarbeiter, Ordensleute und Priester oft die Einzigen, die sich an die Seite der Ärmsten stellen. Dabei geht es nicht allein um konkrete Hilfe, sondern um die Befähi-gung, Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen. Familien sind nicht ein Problem, sondern in erster Linie eine Chance, schreibt Papst Franziskus in seinem Familien-Schreiben „Amoris laetitia“, und fordert uns auf, das Leben der Familien liebevoll zu hüten. Wie das geht, zeigt das Engagement der Projektpartner, das wir Ihnen in diesem Monat der Weltmis-sion vorstellen.

Die Barmherzigkeit Gottes ist sehr konkret„... denn sie werden Erbarmen finden“ lautet das biblische Leitwort der diesjährigen missio-Aktion. Die biblische Sprache mag abstrakt klingen, die Botschaft ist aber sehr konkret. Es geht um das, was unser Engagement trägt, und um unsere Glaubwürdigkeit als Christen in der heutigen Welt. Nur wer sich selber im Licht der Barmherzigkeit Gottes verstehen kann, wird auch seinen Mitmenschen barmherzig begegnen, wird mit dem Nächsten fühlen, leiden und sich freuen können. Wer aus dieser Haltung lebt, wird selbst beschenkt, wird „Erbarmen finden“. Diese Botschaft feiern wir am Sonntag der Weltmission – gemeinsam mit den Katholiken auf der ganzen Welt.

Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre und viel Freude bei der Vorbereitung des Weltmissionssonntags in Ihrer Gemeinde.

Ihr

Prälat Dr. Klaus KrämerPräsident

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Tacloban

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Asante sana! – Vielen Dank!»Es ist eine wunderbare Erfahrung, mit Ihnen über die Arbeit der Kirche in

Tansania sprechen zu können. Ich habe gespürt, wie sehr sich die Menschen für das interessieren, was wir tun. Da ist so viel Solidarität! Ihre Unterstützung

der Arbeit von missio ermöglicht es uns in Arusha, „sein ,Heil zu verkünden‘ von Tag zu Tag“. Aus dem Dankschreiben von Schwester Leah Kavugho nach ihrem Besuch im Oktober 2015 in Deutschland anlässlich des Monats der Weltmission 2015

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Papst Franziskus in einer Rede an die Menschen auf den Philippinen

Menschen bauen nicht nur Häuser wieder auf, sondern auch Leben.

»

Padayon! – Weitermachen!Gemeinsam den Neuanfang schaffen

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Im November 2013 fegt der Taifun Haiyan über die Philippinen und hinterlässt eine Schneise der Verwüstung. Tausende Menschen sterben. Die Überlebenden stehen vor den Trümmern ihrer Existenz. Die Missionsbenediktine-r innen starten eine Initiative, um Fischerfamilien zu helfen. Langfristige Hilfe, damit sich die Menschen ein neues Leben aufbauen können – selbstbestimmt und in Würde.

Mit solch einer Flutwelle hatten sie nicht gerechnet. In Sekundenschnelle drang das Wasser in das Erdgeschoss des Gebäudes, in dem Andy Esperas und seine Familie Schutz gesucht hatten. Der Wind peitschte über das Haus, zerrte am Dach und riss an den Ver-ankerungen. Unaufhaltsam stieg das Was-ser die Treppe hoch. Bis es den ersten Stock erreichte. Dort harrten sie aus, bangend und hoffend, dass das Wasser nicht weiter stei-gen würde.

Andy Esperas, seine Frau Irish und ihre fünf Kinder stammen aus Kataisan, einem Fischerdorf nahe dem Flughafen von Taclo-ban. Die Familien wohnen in einfachen, zusammengezimmerten Häusern aus Holz und Wellblech nahe dem Strand. Als das Dorf von dem Taifun erfährt, beschließen die Familien, Schutz in einem der wenigen zweistöckigen festen Gebäude, der Polizei-station, zu suchen.

Niemand rechnete mit einer meterhohen Flut. „Doch plötzlich sahen wir das Wasser in drei großen Wellen kommen“, berichtet Andy. „Ich sagte meiner Familie, wir halten uns aneinander fest. Egal was passiert, wir bleiben zusammen.“

Die Philippinen werden jedes Jahr von Taifunen heimgesucht. Doch die Wucht, mit der der Tropensturm Haiyan auf die Inseln Leyte und Samar traf, sprengte alle bis dahin bekannten Ausmaße der Zerstörung. Min-destens 6.300 Menschen starben, 4 Millionen verloren ihr Dach über dem Kopf, mehr als 1.000 werden vermisst.

Gewaltige Zerstörungskraft

Stundenlang harrte Familie Esperas zusam-men mit anderen Familien aus. Bis in den frühen Morgenstunden der Sturm endlich nachließ und das Wasser sich schließlich zurückzog. Als es endlich hell wurde, zeigte sich das ganze Ausmaß der Katastrophe. Der Taifun hatte fast alle Häuser in der Region zerstört. Die Siedlung der Fischer aus ein-fachen Holzbauten mit Wellblechdächern sah aus, als hätte sie eine Planierraupe über-rollt. Doch Familie Esperas war froh. Sie hatte überlebt.

Heute plätschern die Wellen sanft an den Sandstrand des Fischerdorfes Katai-san. Unter Palmen liegen aufgebockt bunte Boote. Kinder springen umher, spielen Fan-gen. Am Morgen nach dem Taifun hatte die

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Reportage: Bettina TiburzyFotos: Hartmut Schwarzbach

Land der TaifuneImmer wieder werden die Philippinen von schweren Tropen-stürmen getroffen. Oft kommt es zu Überschwemmungen, Erdrutschen und Verwüstungen. Jährlich entwickeln sich 80 Taifune über tropischen Gewässern. Rund 20 gelangen in die Region des Inselstaates, sieben bis neun treffen auf Festland. Der Super-Taifun Haiyan gehört zu den vier stärksten jemals gemessenen Wirbelstürmen der Welt.

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Kindertagesstätte

15 Doppelhäuser

Mehrzweckhalle

Nationalstraße

MALI

RON

G R

IVER

GEMEINSCHAFTS-FELDER

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See hier die Leichen der Menschen ange-spült, die weniger Glück hatten als Familie Esperas. „Es waren vielleicht tausend oder mehr“, erinnert sich Andy und zieht sein Auslegerboot an Land. „Manche der Toten hielten sich aneinander fest, wie Bruder und Schwes ter. Wir haben ganze Familien gese-hen, die sich umklammert hielten.“ Für die-jenigen, die überlebt hatten, begann nun ein neuer Überlebenskampf. Es gab kein Trink-wasser und nichts zu essen. Ihre Häuser, die Boote – alles war zerstört.

Ordensfrauen helfen

Andys ältester Sohn Aljun (7) klettert zwi-schen Dutzenden Reusen herum, mit denen sein Vater Krebse fängt. Nina (5), seine Tochter, erhält Unterstützung von Schwester Celine, die ihr auf das hohe Boot hochhilft.

Schwester Celine Saplala gehört zu den Missionsbenediktinerinnen. Gemeinsam mit ihrer Mitschwester Angeline Arceo besucht sie regelmäßig die Fischerfamilien. Schon vor dem Wirbelsturm engagierten sich die Ordensfrauen mit pastoralen Programmen für die Familien von Kataisan, auch mit Bil-dungsprogrammen für die Kinder.

Schwester Celine Saplala ist eine zierliche Frau. Doch geht es um die Fischerfamilien, ist ihr Engagement riesengroß. „Wir wissen, dass wir nicht alle Probleme der Menschen lösen können. Doch wir versuchen zu helfen, wo immer wir können“, erklärt die 71-Jährige.

Der Orden betreibt ein großes Kranken-haus in Tacloban. Nach dem Taifun brachten die Schwestern schnell Hilfe auf den Weg. Am renommierten St. Scholastica‘s College des Ordens in Manila sammelten Schwestern, Schüler und Eltern für die Opfer des Taifuns.

Andy Esperas erklärt der Missionsbene-

diktinerin Angeline Arceo, dass er seine

Familie allein vom Fischfang nicht mehr

ernähren kann.

Große Freude bei der Ein-weihung der neuen Häuser mit missio-Präsident Prälat Dr. Klaus Krämer. Die ersten Familien ziehen ein.

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Kaum noch Fische

Ein Fischer watet mit einer Kiste in den Hän-den durch das seichte Gewässer auf den Strand zu. „Heute kein guter Fang“, seufzt er und zeigt Andy und den beiden Schwes-tern den Inhalt seiner Kiste. Kleine silberne Fischchen bedecken den Boden, ein halbes Dutzend Krebse krabbelt auf ihnen herum. Andy nimmt einen heraus. „Der ist zu klein, um ihn zu verkaufen“, kommentiert er.

Ciriaco Angelo ist Andys Nachbar. Die Enttäuschung über seinen mickrigen Fang ist ihm ins Gesicht geschrieben. Er steckt die Krebse in ein Netz und befestigt es an sei-nem Boot. „Die hol’ ich morgen früh. Viel-leicht kann ich sie doch verkaufen“, erklärt er, greift die Kiste mit den Fischchen und verschwindet zwischen den Mangroven.

Die Fischer von Kataisan, die mit ihren kleinen Booten nur in den seichten Gewäs-sern vor der Küste fischen können, fangen immer weniger Fische und Krebse. Die See ist fast leer gefischt. Der Fang reicht nicht mehr aus, um die Familien zu ernähren.

„Das Leben ist sehr schwer“, erklärt Andy. Frühmorgens geht er fischen, nach-mittags versucht sich Andy als Verkäufer kleiner Reiskuchen, die er in einem großen Topf auf dem Gepäckträger des Fahrrads transportiert. In einer Weiterbildung hat er ge lernt, wie man Elektrokabel verlegt, sogar ein anerkanntes Zertifikat dafür bekommen – aber keine feste Arbeit.

Vor drei Monaten brachte seine Frau Irish ihre kleine Tochter Maria Rose zur Welt. Andys Augen leuchten, wenn er von ihr spricht. „Ich arbeite hart. Ich nehme jede Arbeit an, die ich bekommen kann“, erklärt er entschlossen. „Meine Kinder sollen einmal eine bessere Zukunft haben.“

Das sind nicht die einzigen Probleme der Fischerfamilien, weiß Schwester Celine. Nach dem Taifun haben die Familien mit Holz und

Der Fischer Ciriaco Angelo hat heute nur kleine

Fische gefangen. Die Krebse, die er über Nacht

im Boot ließ, sind ihm gestohlen worden.

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Planen notdürftig ihre Häuser wieder auf-gebaut. Aber das Land, auf dem sie stehen, gehört ihnen nicht. Mal heißt es, dort solle ein Schusswaffenübungsplatz entstehen, dann wieder, das Land werde gebraucht, um einen Park und Boulevard zu bauen. Mit den Dorfbewohnern spricht niemand. Und so bleibt die Ungewissheit.

„Die Familien brauchen einen sicheren Platz, wo sie menschenwürdig leben kön-nen“, erklärt Schwester Celine. „Die beson-dere Herausforderung für die Familien besteht darin, dass auch ihre emotionalen Wunden heilen müssen.“

Nach dem Taifun haben die Ordens-frauen beschlossen, Land an einem vor Über-flutungen sicheren Ort zu kaufen. „Dort soll die Siedlung ,Sambayanan ni San Benito‘, das Dorf ,St. Benedikt‘, entstehen – 30 Häuser für vom Taifun betroffene Familien“, erklärt

» Als ich die Freude der Familien beim Einzug in ihre neuen Häuser in das Dorf „St. Benedikt“ sah, füllten sich meine Augen mit Tränen und mein Herz mit großer Zufriedenheit. Das ermutigt mich, mit den Menschen weiterhin zusammenzuarbeiten, sie beim Aufbau einer neuen Gemeinschaft im Zeichen Christi zu begleiten.

Schwester Celine Saplala OSB Leiterin des Sozialprogramms des St. Scholastica’s College in Manila

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Schwester Celine. Und ganz besonders wichtig ist ihr dabei, dass die Familien auch selbst mit anpacken und sich in das Projekt mit einbringen. Eine starke Gemeinschaft soll entstehen.

Gemeinsames Kochen

Am nächsten Morgen sind die Dorfbewohner bereits früh auf den Beinen. Bei Sonnenauf-gang beginnen sie die Karfreitagsprozession, die einmal um das ganze Dorf führt. Danach treffen sich die Familien an einer überdach-ten Kochstelle. Ein riesiger Kochtopf steht dampfend auf einem Feuer. Andy hat für das ganze Dorf Lugaw gekocht, einen nahr-haften Reisbrei. Die Ordensfrauen haben mehrere Paletten mit Eiern beigesteuert, die Andy in die Suppe rührt.

Dutzende Kinder hocken um den Topf, Plastikschüsseln in der einen, Löffel in der anderen Hand. Ungeduldig warten sie darauf, dass der Brei fertig wird. Endlich teilt Andy ihn aus. Zufrieden löffeln die Kinder ihren Lugaw.

„Das macht satt“, erklärt Schwester Celine, wohl wissend, dass Hunger für einige der Kin-der ein bekanntes Gefühl ist.

Ciriaco Angelo, Andys Nachbar, geht nach dem Essen nach Hause. Mit seiner Frau Jonalyn und seinen fünf Kindern wohnt der 38-Jährige in einem provisorisch errichteten Bretterverschlag. Er hockt sich auf den Boden und beginnt, die kleinen Fische auszuneh-men, die er gestern gefangen hat.

„Meine Mutter hat den Taifun nicht überlebt“, erzählt Ciriaco mit leiser Stimme. „Sie wollte in unserem Haus bleiben. Sie sagte, sie habe schon viele Stürme kommen und gehen sehen. Als wir zurückkehrten, war sie verschwunden. Ihre Leiche haben wir nie gefunden.“

Ciriaco wischt sich die Tränen aus den Augen. Er möchte sich nicht mehr an die Nacht des Taifuns erinnern. Lieber spricht er von seinen Kindern. Alle besuchen die Schule. Darauf legt er Wert. „Ich möchte, dass sie einen Schulabschluss machen. Sie

Andy Esperas (oben) teilt zusammen mit

einem anderen Familienvater den Reisbrei

aus, den er für die ganze Dorfgemeinschaft

gekocht hat.

missio unterstützt den Bau von 30 Doppelhäusern für die 60 Fischerfamilien. Die ersten Häuser stehen bereits. missio-Präsident Prälat Dr. Klaus Krämer überreichte Andy Esperas und seiner Familie zum Einzug persönlich den Schlüssel. Das neue Dorf ist höher gelegen und vor dem Wasser geschützt. Dorf „St. Benedikt“ ist ein Ort, an dem Kinder sicher auf-wachsen können und die Eltern durch Handwerk und Gemüseanbau besser für das Aus-kommen der Familie sorgen können. Helfen Sie den Familien!Spendenkonto missio AachenPax-Bank eG, IBAN DE23 3706 0193 0000 1221 22Stichwort: Fischerfamilien Tacloban

PROJEKT

Auch Ciriaco Angelo (rechts) wird mit seiner

Familie in eines der neuen Häuser einziehen.

Er hofft vor allem auf eine bessere Zukunft für

seine Kinder.

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Jugendaktion 2016: Pilipino Pamilya – einer für alle, alle für einen?

Für die meisten Philip-pinos stellt die Familie den Dreh- und Angel-punkt ihres Lebens dar. Abhängig vom sozia-len Stand der Familie kommen den einzelnen Mitgliedern verschie-

dene Rechte und Pflichten zu. Während in Deutschland im Kindesalter oft die Rechte überwiegen dürften, haben philippinische Altersgenossen sehr früh ihren Teil zu einem gelingenden Familienleben beizutragen. Dies bedeutet Stolz und Bürde zugleich. Gleichzeitig sind viele Eltern sehr bemüht, ihren Kindern einmal ein besseres Leben zu ermöglichen. Dafür sind sie ständig auf der Suche nach einem lukrativen Job: die einen in der Großstadt, die anderen im Ausland.

Die Jugendlichen in Deutschland sollen in der Jugendaktion diese Lebenswirklichkeit kennen- und verstehen lernen. Dabei wird ihnen bewusst, dass die Ausgestaltung des familiären Lebens stark von kulturellen wie wirtschaftlichen Gegebenheiten abhängt. Bei dieser Auseinandersetzung sollen auch die eigenen Familien- und Lebensstrukturen hinterfragt werden.

Zur Vertiefung stehen passgenaue Unterrichtsbausteine zur Verfügung.

Bestellung kostenfrei unter:www.missio-onlineshop.de,Bestell-Nr. 180216

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sollen nicht sein wie ich, ein armer Fischer. Ich konnte die Schule nie beenden“, berichtet er. „Meine Kinder sollen wählen können, was sie später machen wollen.“

Die Familie freut sich auf ihr neues Zuhause. Das Ehepaar möchte dort Gemüse anbauen, vielleicht auch Schweine züchten. Obwohl die Siedlung ein gutes Stück vom Meer entfernt liegt, plant Ciriaco, weiter fischen zu gehen.

Dann erzählt er den beiden Schwestern, dass die Krebse, die er gestern gefangen hatte, heute Morgen aus seinem Boot ver-schwunden waren. Ob er nicht wütend auf den Dieb sei, fragt Schwester Angeline ihn, und Ciriaco antwortet: „Ich weiß nicht, wer sie genommen hat, und ich möchte nie-manden beschuldigen. Wer immer es war, ich bin sicher, er hat sie nötiger gebraucht als ich.“

Frauen-gebetskette

Die diesjährige Frauen-gebetskette „Gerech-tigkeit lieben – Barmher-zigkeit leben – Frieden stiften“ stellt Frauen von den Philippinen in den Mittelpunkt, die in ihrem Einsatz für Menschen-

würde und Frauenrechte beispielhaft sind. Mitten in gewalttätigen Interessenkon-flikten um Bodenschätze und Landrechte auf Mindanao stehen Lory Obal und Sr. Stella Matutina, OSB, an der Seite der indi-genen Bevölkerungsgruppen, die von ihrem Land vertrieben werden.

Sr. Mary John Mananzan, Benedikti-nerin und ehemalige Vorsitzende der Kon-ferenz der philippinischen Ordensoberen, engagiert sich seit Jahren für Frauen, die Gewalt erlitten haben. Sie fordert mehr Schutz vor Ausbeutung für die vielen im Ausland arbeitenden Hausangestellten. Der Einsatz der Frauen für Barmherzig-keit, Frieden und Gerechtigkeit ist Zeugnis ihres Glaubens. Von uns erwarten sie kein Mitleid, sondern dass wir ebenso unsere Stimme gegen Unrecht erheben. Wir laden Sie zum Mitbeten dieser Frauengebetskette ein – verbinden wir uns mit den Frauen auf den Philippinen!

Bestellung kostenfrei unter:www.missio-onlineshop.de,Bestell-Nr. 195716

Auch 30 Jahre nach dem Ende der Militärdiktatur steht der Inselstaat im Pazifik noch vor großen Herausforderungen: Clans beherrschen die Politik, internationale Konzerne beuten das

Land aus, die Kluft zwischen Armen und Reichen wächst. Offen ist die Frage, ob die Präsidentenwahl im Mai 2016 einen politi-schen Neuanfang einleitet. Die politische Situation auf den Philippinen beschreibt Jan Pingel. Die philippinische Kirche bereitet sich auf die 500-Jahr-Feier der Christianisierung des Landes im Jahr 2021 vor und hat sich auf den Weg der Erneuerung gemacht. Über die gegenwärtige Lage der Kirche und die Vision

einer ganzheitlichen Evangelisierung berichtet Kardinal Orlando Quevedo. Amado Picardal stellt die Situation der kirchlichen Basisgemein-den auf den Philippinen vor. Amelita Dayrit-Go und Daniel Pilario berichten, wie Laien und Ordensleute sich für die Bewahrung der Schöpfung einsetzen. Sebastiano D’Ambra geht auf die Herausforderungen des interreligiösen Dialogs auf den Philippinen ein.

Bezogen werden kann dieses Heft zum dies-jährigen Schwerpunktland Philippinen über:Verlag Herder GmbHHermann-Herder-Straße 4, 79104 FreiburgTel.: 0761/271 72 [email protected]

Forum Weltkirche: Philippinen

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Wenn sich die Nacht über Manila senkt, rollt Guillermas Vitmy ihre Fahrradrikscha auf den Bürgersteig und richtet im Beiwagen ein Bett für sich und ihren dreijährigen Sohn Danielo her. Eine andere Übernachtungsmöglichkeit haben die beiden nicht.Tagsüber fährt die 41-Jährige Pedicab, so heißen die Fahrradrikschas in Manila. „Ich bin mit meinem Mann nach Manila gekommen, weil wir hofften, hier gut leben zu können“, erzählt Guillermas. „Wir wollten ein Zimmer mieten. Doch dann kam eine Flut. Mein Mann verlor all seine Papiere und konnte keine gut bezahlte Arbeit mehr finden. Jetzt arbeitet er auf dem Bau.“

Seit 2009 ist die Familie obdachlos. An guten Tagen verdient Guillermas mit dem Padicab 300 Pesos (5,70 Euro). Doch die Rikscha gehört ihr nicht, täglich muss sie 150 Pesos Miete zahlen. Nach dem Abzug für Essen bleibt fast nichts, was sie sparen könnte.

Doch seit sie das Familienzentrum Tuluyan besucht, das obdachlosen Familien hilft, hat Guillermas wieder Hoffnung geschöpft: „Mein Traum ist es, dass sich unsere Familie aus der Armut befreit.“

Mehr dazu: www.missio-hilft.de/tuluyan

Leben auf drei Rädern

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Es gibt viele obdachlose Familien wie die von Guillermas in Manila. Für sie hat die Missionsbenediktinerin Cecille Ido das Familienzentrum Tuluyan gegründet. „Das Haus bietet nicht nur eine vorübergehende sichere Unterkunft“, sagt Schwester Cecille. „Es hilft den Familien auch bei Weiterbildung und beruflichen Qualifizie-rungen. So können die Familien danach ihren Lebensunterhalt verdienen und eine menschenwürdige Unterkunft finden.“ Helfen Sie den Familien!Spendenkonto missio AachenPax-Bank eG, IBAN DE23 3706 0193 0000 1221 22Stichwort: Familienzentrum Tuluyan

PROJEKTSchwester Cecille Ido OSB,Leiterin Familienzentrum Tuluyan

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Floating Houses: Über Leben auf dem Wasser

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» Obwohl die Menschen hier sehr arm sind, halten sie sich in der schwierigen wirtschaftlichen Lage über Wasser. Sie sind sehr fleißig. Sie arbeiten hart, auch wenn sich ihnen leider nur wenige Möglichkeiten bieten. Und sie haben ihren Glauben, der sie überleben lässt. Sie vertrauen darauf, dass Gott ihren Kindern, ihren Familien helfen wird.

Fr. Patricio Hiwatig OP Pfarrer der St.-Lorenz-Ruiz-Gemeinde im Stadtteil Navotas in Manila

Modrig-fauler Geruch, tiefschwarzes Wasser, überall Müll zwischen den Stegen der „Floating Houses“, über die die Bewohner ihre schwimmenden Baracken auf dem Navotas-Fluss erreichen. Diese notdürftig aus Brettern und Plastik zusammengezimmerten Behausungen sind oft die ein-zigen Unterkünfte, die sich die Menschen leisten können, weiß Pfarrer Patricio Hiwatig zu berich-ten. Er ist Pfarrer in Navotas, einem der größten Slums in Manila. Hier leben 100.000 Menschen dicht gedrängt auf einem Quadratkilometer. Die Enge, fehlende sanitäre Anlagen, oft keine Elektri-zität – all das nähmen die Menschen in Kauf, solange sie nur eine bezahlte Arbeit fänden, erklärt er.

Viele der Flusshausbewohner leben vom Fischfang, sammeln Metall oder waschen und putzen in reichen Haushalten. Seit über zehn Jahren kümmert sich Fr. Patricio Hiwatig um die Menschen in seiner Gemeinde, in der Seelsorge, aber auch mit einem Ausbildungszentrum für Frauen und einem regelmäßigen Essensangebot für Kinder.

Mehr zur Situation der Bewohner in den Floating Houses auf: www.missio-hilft.de/flusshaus

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Jose Balaoro Jr. wird den 9. September 2013 niemals vergessen. Es ist der Tag, an dem muslimische Rebellen in die Stadt Zamboanga einmarschieren und ihn als Geisel nehmen. Drei Wochen lang halten sie die im Süden der Insel Mindanao gelegene Stadt besetzt, bevor sie befreit wird. „Um uns herum explodierten Bomben. Ich sah einen zweijährigen Jungen sterben, nachdem er von einem Schuss getroffen wurde“, berichtet der 21-Jährige.

Nach sechs Tagen kommt Jose Balaoro frei. Doch die Tage der Geiselnahme lassen ihn nicht los. Trotz allem hofft er, dass Zamboanga einer friedlichen Zukunft entge-gensieht: „Die Regierung und die Rebellen sollten einen Dialog führen. Sie sollten keine Vorurteile gegenüber der jeweiligen anderen Religion haben. Wir brauchen Frieden, nicht Krieg. Wir wollen Freunde, keine Feinde.“

Für das friedliche Zusammenleben zwischen den Religionen setzt sich in Zamboanga der italienische Pater Sebastiano D’Ambra ein. Sein Name ist auf den Philippinen unverwechselbar mit dem interreligiösen Dialog verbunden. Er hat die Silsilah-Dialog-Bewegung gegründet, eine interreligiöse Initiative, die den Frieden und das gegenseitige Verständnis unterschiedlicher Religionen fördert.

Mehr über Pater Sebastiano D’Ambra und die Silsilah-Dialog-Bewegung finden Sie hier: www.missio-hilft.de/mindanao

Jose hofft auf Frieden

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Die von Pater Sebastiano D’Ambra in Zamboanga gegründete Silsilah-Dialog-Bewegung ist heute eine weltweit anerkannte und geschätzte Friedens- und Dialogbewegung. Teil der Bewegung ist ein Jugendprogramm, das junge Muslime und Christen in Zamboanga zusammenbringt, um Vorurteile ab zubauen, ein gegenseitiges Verständnis zu fördern und sich gemeinsam für den Frieden einzusetzen.Spendenkonto missio AachenPax-Bank eG, IBAN DE23 3706 0193 0000 1221 22Stichwort: Friedensstifter Silsilah

PROJEKT

Pater Sebastiano D’Ambra Gründer der Silsilah-Dialog-Bewegung

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Moderne Sklaverei Können Sie die Lebensbedingungen der Fili-pinos in ihrem Heimatland beschreiben? Zwei Prozent der Bevölkerung der Philippi-nen besitzen und kontrollieren 75 Prozent des Bodens und des Kapitals. Mit anderen Wor-ten: 25 Prozent des Bodens und des Kapitals müssen sich auf 98 Prozent der Bevölkerung verteilen. Auch wenn das Land sehr reich an natürlichen Ressourcen ist, sind die Menschen doch sehr arm. Wir sind eingebunden in die ganze liberale kapitalistische Wirtschaft, und das wird noch verschlimmert durch die Glo-balisierung. Sie macht die Reichen reicher und die Armen ärmer. Durch Globalisierung sind alle produzierenden Gewerbe ausgestorben. Der Boden ist normalerweise im Besitz von Grundeigentümern. Die große Mehrheit der Bauern sind Pächter. Die Situation der Arbeiter ist sogar noch schlimmer. Aufgrund der Globa-lisierung gibt es vertragliche Vereinbarungen, sie dürfen keine Gewerkschaften bilden, nicht in den Streik treten. Es gibt keine andere Mög-lichkeit, als ins Ausland zu gehen, damit ihre Familie überleben kann und die Kinder zur Schule gehen können. Daher arbeiten etwa zehn Millionen Filipinos im Ausland.

Und wie überleben die Menschen, die hier auf den Philippinen bleiben?Es gibt viele Familien, die auf der Straße leben. Selbst wenn man Arbeit hat, kann man damit nicht immer überleben. Wenn man in Beschäftigung ist, sollte man einen Mindest-lohn bekommen. Doch viele Unternehmen halten sich nicht an den Mindestlohn.

Sie haben von einer früheren Hebamme gesprochen, die in Manila 3.000 Pesos, etwa 60 Euro, verdient hat. Ist das das Durch-schnittseinkommen einer Servicekraft auf den Philippinen?Ja, aber man braucht etwa 7.000 Pesos, um eine vierköpfige Familie zu unterhalten. Sie sehen, das ist noch nicht einmal die Hälfte von dem, was sie brauchen. Und daher wür-den die Menschen fast alles machen, was ihnen mehr Einkommen bringt. Darum ist der

Die Missionsbenediktinerin Schwester Mary John Mananzan (78) engagiert sich Zeit ihres Lebens für die Bildung und Rechte von Frauen. Sie arbeitet als Lehrerin, Dekanin und leitete sechs Jahre lang das St. Scholastica’s College, eine der größten Mädchenschulen in Manila. Auf ihre Initiative ent-steht das Institut für Frauenstudien in Manila, dem sie heute als Direktorin vorsteht.Schwester Mary John Mananzan OSB

Zehn Millionen Filipinos arbeiten im Ausland. In der Mehr-heit sind es Frauen, die mit ihrem Lohn als Krankenschwes-ter, Hausangestellte, Kindermädchen oder im Service ihre Familien in der Heimat unterstützen. Mit Schwester Mary John Mananzan sprach missio über die Gründe, warum sich so viele Filipinas Arbeit in der Fremde suchen müssen, und über die menschenunwürdigen Umstände, denen die Frauen dort oft ausgesetzt sind.

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größte Exportartikel der Philippinen unsere menschliche Arbeitskraft.

Wer geht eigentlich ins Ausland, die Armen oder gut ausgebildete Fachkräfte?Das hängt vor allem davon ab, wohin sie gehen. Nach Deutschland gehen vor allem Fachkräfte, meist Krankenschwestern. In der Tat sind viele Arbeitskräfte in den Kranken-häusern in den Vereinigten Staaten und in Europa Filipinos. Diejenigen, die in Saudi-Arabien und im Nahen Osten arbeiten, sind überwiegend auf dem Bau und als Hausan-gestellte beschäftigt.

Wie viel Prozent der Gastarbeiter sind Män-ner, wie viel Frauen? Es hängt davon ab, wo sie tätig sind. In Spa-nien waren früher 95 Prozent Frauen und 5 Prozent Männer. In Saudi-Arabien ist das Verhältnis ausgeglichener. Doch insgesamt sind es mehr Frauen als Männer.

Welche Konsequenzen hat das für die Fami-lien? Sind die meisten Frauen Singles? Oder haben sie auch Kinder und bleiben sie lange fort von ihren Kindern?Sie arbeiten im Ausland als Kindermädchen, und ihre Kinder auf den Philippinen werden nicht betreut – oder sie werden von ihren Großeltern versorgt, was nicht wirklich das Gleiche ist wie die Fürsorge der eigenen Mutter. Durch die Migration entstehen viele soziale Missstände wie beispielsweise zerbro-chene Familien. Die Schüler, die in unseren Schulen zu psychologischen Beratungen gehen, sind zu 90 Prozent Kinder, deren Eltern im Ausland arbeiten.

Sie haben mit vielen Frauen gesprochen, die im Ausland gelebt haben, die misshandelt wurden. Sie haben sogar eine eigene Fern-sehshow, in der solche Schicksale vorgestellt werden. Können Sie einen Fall schildern?Einer der Vorfälle, die ich in meiner Sendung hatte, war dieser Fall über die Frauen aus Riad. In den Medien hieß dieser Fall „Sex

for Flight“. Diese vier Frauen wurden von ihren Arbeitgebern vergewaltigt. Sie entka-men und flohen in eine Polizeistation in Riad. Dort wurden sie von den Polizisten erneut vergewaltigt. Und dann wurden sie zum Konsulat gebracht, doch sogar dort sagten die Beamten den Frauen: „Wir werden Ihnen Rückflugtickets verschaffen, doch Sie müs-sen ,part-time arbeiten‘“, das bedeutete, sie mussten sich prostituieren. Ich traf die Frauen zufällig bei einer Pres-sekonferenz: Sie haben jetzt keine Arbeit mehr, ihre Ehemänner haben sie verlassen, sie haben Kinder, um die sie sich kümmern müssen, und sie verdienen nichts.

Und dann baten Sie missio um Hilfe …Ja, ich rief ein Projekt für sie ins Leben, damit sie ein wenig Kapital haben, damit sie einen kleinen „Sari-Sari-Store“, einen kleinen Kiosk, eröffnen konnten. Und missio gab das Geld, sodass ich jeder von ihnen etwas Kapital geben konnte. Und ich bin glücklich, dass ich sagen kann, dass sie einen Sari-Sari-Store eröffnet haben.

Was muss sich in der Gesellschaft auf poli-tischer Ebene ändern, damit sich die Lage der Gastarbeiter von den Philippinen verbessert?Die eigentliche Ursache der Migration ist öko-nomischer Natur. Die Menschen gehen ins Ausland, weil sie hier keine Arbeit haben. Das Wichtigste, was die Regierung tun muss, ist, Arbeitsplätze auf den Philippinen zu schaffen. Damit unsere Leute nicht ins Ausland gehen müssen, um dort nach Arbeit zu suchen. Sie sollte Wirtschaftszweige schaffen, die durch die Globalisierung verloren gegangen sind.

Hätten die Philippinen die Möglichkeit, Arbeitsplätze für die Einheimischen zu schaffen?Auf alle Fälle! Wenn es den politischen Willen gibt, das zu tun.

Und warum wollen die Politiker das nicht?Weil sie Geld von den ausländischen Inves-

toren bekommen. Da herrscht stets eine gewisse Form von Korruption.

Auf den Philippinen gibt es Agenturen, die diese Arbeitskräfte in Länder wie Katar oder Saudi-Arabien vermitteln. Kann man das als eine Art Menschenhandel bezeichnen?Ja, genau. Unsere eigene Regierung ist am Marketing mit diesen Arbeitskräften beteiligt. Unser größter Exportartikel ist die mensch-liche Arbeit im Ausland. Dafür gibt es die POEA, die Philippine Overseas Employment Administration. Und wir glorifizieren das, indem wir die Arbeitsmigranten als neue Hel-den betrachten. Als Nationalhelden. Doch dann sieht man, wie sie im Ausland miss-handelt werden. Und dass es ihnen seitens der Regierungsbehörden in den jeweiligen Ländern an Schutz mangelt.

Wie werden die Menschenrechte dieser Frauen verletzt? Sie werden vergewaltigt. Nimmt man ihnen auch die Reisepässe weg? Ja, wo immer sie auch hingehen, nehmen ihnen die Arbeitgeber ihre Reisepässe weg, damit sie nicht fliehen können. Das ist eine Art der Menschenrechtsverletzung. Manch-mal machen sie auch Knochenjobs. Eine der Frauen sagte, dass sie nur zwei Stunden innerhalb von 24 Stunden schläft. Sie muss alles machen: Sie kocht, putzt, versorgt die Kinder, bringt sie zur Schule und muss dann auch noch die Autos waschen. Sie macht alles. Und dann versucht der Arbeitgeber viel-leicht noch, sie zu vergewaltigen. Na, was ist das? Das ist moderne Sklaverei.

Schwester Mary John Mananzan hat gemeinsam mit der Gemeinschaft der Leiter verschiedener religiöser Männer- und Frauenorden auf den Philippinen ein Schutz-programm ins Leben gerufen, das Opfern von Gewalt, Ausbeutung und Verfolgung hilft. Dazu gehören finanzielle Starthilfe, um sich eine neue Existenz aufzubauen, Rechtsbeistand und die Unterbringung bedrohter Personen. Helfen Sie den Opfern von Gewalt und Ausbeutung!Spendenkonto missio AachenPax-Bank eG, IBAN DE23 3706 0193 0000 1221 22Stichwort: Hilfe Gewaltopfer

PROJEKTIm arabischen Raum klagen viele Hausangestellte

über Ausbeutung und Gewalt vonseiten ihrer Arbeit-

geber. Schwester Mary John Mananzan spricht in

ihrer Fernsehsendung mit den Filipinas, die in Riad

Opfer von Gewalt wurden.

Das Interview führte Jörg Nowak.Übersetzung aus dem Englischen von Katrin Krips-Schmidt

Page 18: Leitfaden zum Monat der Weltmission 2016

» Wir sind neben Osttimor das einzige mehrheitlich katholische Land in Asien. Für uns ist es von großer Bedeutung, selbst missionarisch zu sein und unseren christlichen Glauben mit unseren asiatischen Nachbarn zu teilen.

Fr. Socrates Mesiona Nationaldirektor des Päpstlichen Missionswerks der Philippinen

Fast die Hälfte der rund 2.500 Diözesen der katholischen Kirche befindet sich in den ärmsten Ländern der Welt. Am Sonntag der Weltmission im Oktober sind alle Katholiken aufgerufen, die Ärmsten durch Gebet und Spenden zu unterstützen.

Mehr als 100 päpstliche Missionswerke auf allen Kontinenten sammeln an diesem Sonntag für die pastorale und soziale Arbeit der Kirche in den 1.100 ärmsten Diözesen. Damit ist die Sammlung die größte Solidaritätsaktion der Katholiken weltweit.

Nahezu alle Gemeinden auf der Welt beteiligen sich an der Solidaritätsaktion. Die USA standen 2015 mit mehr als 29 Millionen US-Dollar an der Spitze der Geberländer. In Deutschland kamen etwa 3,8 Millionen Dollar zusammen, in Indien mehr als 2. Das Päpstliche Missions werk der Philippinen sammelte mehr als 340.000 US-Dollar. Um zu entscheiden, wohin die Gelder fließen, treffen sich die Nationaldirektoren der Päpstlichen Missionswerke jährlich in Rom.

In Deutschland findet die Kollekte in diesem Jahr am Sonntag, dem 23. Oktober 2016, statt.

Die Kollekte zum Sonntag der

Weltmission 2015 erbrachte weltweit

ein Ergebnis von 86.964.295 Euro.

Brasilien

Venezuela

Sonntag der Weltmission – weltweit

18

Page 19: Leitfaden zum Monat der Weltmission 2016

Herausgeber:missio Internationales Katholisches Missionswerk e. V.Goethestraße 43, 52064 [email protected], www.missio-hilft.de

Spendenkonto: Pax-Bank eGIBAN DE23 3706 0193 0000 1221 22BIC GENODED1PAX

ServiceZur Bestellung der Artikel zum Sonntag der Weltmission nutzen Sie bitte den Bestellschein oder: Tel. 0241/75 [email protected]

Redaktion:Bettina Tiburzy (verantwortlich),Katja HeidemannsFotos: Hartmut Schwarzbach/argus© missio e. V. 2016

Weitere Informationen und Anregungen

unter: www.missio-hilft.de

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Irland

Österreich

Chile

Philippinen

USA

Entwicklung der Kollekte zum Sonntag der Weltmission

60

50

40

30

20

10 2012 2013 2014 2015

Europa in Mio. Euro

6

5

4

3

2

1

Afrika in Mio. US Dollar

6

5

4

3

2

1

Asien in Mio. US Dollar

2012 2013 2014 2015

2012 2013 2014 2015

Page 20: Leitfaden zum Monat der Weltmission 2016

Madonna der Elendsviertel

„Madonna of the Slums“ – Madonna der Elendsviertel heißt das Bild des philippinischen Künstlers Vicente Manansala (1910 – 1981). Seine Kunst drückt das Lebensgefühl der Menschen aus, die in der Hoffnung, der Armut entfliehen zu können, vom Land in die Großstadt kommen und in den Elendsvierteln enden.

Obwohl das Bild bereits 1950 entstanden ist, hat das Thema bis heute nichts von seiner Aktualität verloren. Das Bild spiegelt die Gefühle der Angst und Unsicherheit ausdrucksvoll wider. Das schattige Braun betont die Schäbigkeit der Hütten mit ihren löcherigen Dächern. Im Mittelpunkt steht die Mutter, der Blick angespannt und wachsam, die Hand ihres Kindes in einer Geste, die den Schutz vor der Bitterkeit des Lebens andeutet.

Gebet zur missio-JahresaktionGott, Barmherziger,nach deinem Erbarmen rufen wirin einer Welt erbarmungsloser Gewalt,gnadenloser Kriege, unbarmherziger Zerstörung:dein Erbarmenden Verfolgten und Vertriebenen,den Verlassenen und Verlorenen,den Armen, die du liebst.

Dein Erbarmen erkennen wirin der Hoffnung der Notleidenden,in der Kraft der Armen,die auf dich vertrauen,im selbstlosen Dienst der Vielen,die deine Barmherzigkeit bezeugen.

Dein Erbarmen lass uns leben,unser Herz verwundbar halten,unsere Augen offen für die Not, nah und fern,aufstehend für Recht und Würde,und unsere Hände reichen:Deine Barmherzigkeit will zu unserer Tat werden.

Dein Erbarmen wollen wir preisen,von deiner Güte erzählen,weitersagen, was du zusagst:Alle, die ihr Herz den Armen öffnen,werden beschenktmit deinem Erbarmen.

Irmgard Icking

Die Bildkarte mit missio-Gebet kann zur Auslage in der Kirche und für den Gottesdienst kostenfrei – auch in größeren Mengen – bei missio bezogen werden. Bestell-Nr. 600811

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Solidaritätskerze „... denn sie werden Erbarmen finden“ 40 cm hoch, Ø 8 cm,Siebdruckauflagemit Goldverzierung. Bestell-Nr. 74020718,00 €

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