Kennzahlenorientierte Strategieentwicklung für das gesunde...
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© Fraunhofer IAO
Stand: April 2012
Kennzahlenorientierte Strategieentwicklung für das gesunde Unternehmen
Dr. Martin Braun • Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO, Stuttgart
© Fraunhofer IAO Martin Braun | S. 2
Gliederung
Strategisches Gesundheitsmanagement – ein erweiterter Blick
Erfolgskritische Faktoren im »gesunden Unternehmen«
Gesundheitsdefinition
Dimensionen einer »gesunden« Unternehmensstrategie
Die Balanced Scorecard
Ausgewählte Gesundheits-Kennzahlen und Indikatoren
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Die meisten Unternehmen gehen irrtümlich davon aus, dass das zentrale Ziel betrieblicher Gesundheitspolitik die Bekämpfung von Fehlzeiten ist.
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Entwicklungsphasen für die Gesundheitsstrategie
Koordination vongesundheitl. und
wirtschaftl. Unter-nehmenszielen
Statusdes betrieblichen
Gesundheits-managements
Strategische Ausrichtung
Strategische Initiativen
(Maßnahmen-bündel)
ErfolgskritischeKenngrößen des
Gesundheits-managements
Unternehmensziele
Erfolgsfaktoren der Gesundheits-
strategie
Vorgaben für die
Gesundheits-strategie
Ziele desbetrieblichen Gesundheits-
managements
Stärken- / Schwächen-/
Chancen-/Risiken-Analyse
Initiative 1
Initiative 2
Initiative n
……
Markt- und Zukunfts-strategien
Aufgaben- undLeistungsanalyse/Potenzialanalyse
Anforderungs-und Gestaltungs-
bereiche
Indikator 1.1Indikator 1.2Indikator 1.3
……
Einbindung in den Management- undControlling-Prozess
Gesundheits-relevante Trends
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Erfolgskritische Faktoren als Vorgabe für die betriebliche Gesundheitsstrategie
Wirtsch. Wertschöpfung
als Ausdruck von Fähigkeit, effizientem Ressourcen-
einsatz und Kundenorientierung
sowie als Grundlage für Ertrag und Prosperität
Gemeinschaftsordnung
für eine koordinierte, konfliktarme Zusammen-
arbeit der Mitarbeiter unter Berücksichtigung ihrer Interessen, Rechte und
Pflichten
Innovations- und Wandlungsfähigkeit
Erkennen von Markt-potenzialen und stetige
Verbesserung der betrieblichen Abläufe und Leistungen durch Lernen
Wertschöpfung durch Ressourcenverzehr
Ressourcenförderung durch Werteverzehr
Betriebliche Leistungsbereiche
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Arbeitswissenschaftliche Bezüge zu den erfolgskritischen Leistungsbereichen
Wirtschaftliche Wertschöpfung
Gemeinschafts-ordnung
Innovations- und Wandlungsfähigkeit
Ergonomie, menschengerechte Arbeitsgestaltung
Arbeits- und Tarifrecht, Arbeitsschutz und
Arbeitsmedizin
Personal- und Organi-sationsentwicklung,
Change Management
Gestaltung schädigungsloser, aus-führbarer, erträglicher und beeinträchtigungs-freier Arbeitsbeding-ungen.
Umsetzung von Standards sozialer Angemessenheit nach Arbeitsinhalt, Arbeitsaufgabe sowie Entlohnung und Kooperation.
Entfaltung von Handlungs-spielräumen, Erwerb von Fähigkeiten , Entwicklung der Persönlichkeit in Kooperation mit anderen.
Vgl. Kerndefinition der Arbeitswissenschaft (Luczak et al.1987)
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Paradoxe Unternehmensprozesse
Wirtschafts-prozesse
Innovations-prozesse
»Change«: Arbeit am System
»Run«: Arbeit im System
Arbeit im und am System widersprechen sich: Der Wandel hält von der Produktion ab. Durch Beharren auf operativer Arbeit wird die Entwicklungsfähigkeit verspielt. Wird dieser Widerspruch nicht ausgeglichen, so begünstigt dies Stress oder halbherziges Handeln.
Gesund arbeiten bedeutet, den Widerspruch von »Run« und »Change« aufzulösen
Stabilität, Effizienz
Flexibilität, Effektivität
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Prinzipien der Heterostase: Entwicklungsfähigkeit Ausgleichs-/Angleichungsfähigkeit Selbstregulation
Gesundheit ist wie ein Seiltanz …
»Wer im Vorangehen das Gleichgewicht nicht hält, kommt zu Fall.«
Gesundheit als Heterostase, d. h. als Ausgleichsprozess mit Potenzial zur Störungskompensation (Kohärenz und Regeneration)
Salutogenetische Perspektive:
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Welche Ressourcen und Belastungen beeinflussen Gesundheit?
Quelle: SWiNG 2011, www.gesundheitsfoerderung.ch/swing
Evaluationsprojekt mit 8 Betrieben, 3.500 Mitarbeiter. Job-Demands-Resource-Modell nach Backer, Schaufeli, Dimioutri, 2011.
Zeitdruck, Unterbrechungen
Unklare Rollen
Überforderung
Arbeits-belastungen
Wertschätzung, Unterstützung durch Kollegen
Handlungs-spielraum
Arbeits-ressourcen
Wertschätzung, Unterstützung
durch Vorgesetze
Schlafprobleme
Erschöpfung
Schmerzen
Negative Gesundheit
Zugehörigkeit
Begeisterung
Positive Gesundheit
Zufriedenheit
»Pathogenese«
»Salutogenese«
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Wirt. Wertschöpfung Gemeinschaftsordnung Innovationsfähigkeit
Leistung des Unternehmens
Marktorientierung,Qualität, Kosten, Zeit
Gemeinsinn, Zuge-hörigkeit, Rechte und Pflichten, Fairness
Erkennen von Markt-und Innovations-potenzialen
Ermöglichung, Bereit-stellung v. Ressourcen
Leitung, Koordination, Transparenz, Konflikt-lösung, Wertschätzung
Initiative, Lernen, Problemlösung
Kompetenz, Produktivität
Zusammenarbeit, Kommunikation, Unterstützung
Personalauswahl und -entwicklung, Ressourcenförderung
Leistung der Führung
Leistung der Mitarbeiter
Selbststeuerung,autonome Teamarbeit , Handlungsspielraum
Verantwortungsdelega-tion, Dezentralisierung
Hierarchie, Weisungsorientierung, letzte Entscheidung
Angemessene Organisation
Gesundheitsstrategie: Gliederung der Leistungsbereiche
Betriebliche Leistungsbereiche
Benchmarking, Good Practice
Betriebswirtschaftliche Leistungs-Kennzahlen
MitarbeiterbefragungBewertungs-maßstäbe
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Stellung der Kennzahlen in der betrieblichen Strategie
Zielwerte, Vorgaben»Welche Ziele setzen wir uns?«
Kennzahlen/-größen»Wie bewerten wir den Erfolg?«
Initiativen, Maßnahmen»Wie erreichen wir das Ziel?«
»Wohin will das Unternehmen?«Strat. Ziele
Vision und Strategie
StrategischeStoßrichtungen
Ursache-Wirkungs-Ketten
Zielvereinbarungen
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Kennzahlentheorie in Kürze
Zweck der Kennzahlensysteme: Möglichst objektive Unterstützung von
Kommunikation
Entscheidung
Zieldefinition
Kontrolle der Zielerreichung.
Anforderungen: allgemein gültig, valide messbar bzw. reliabel bewertbar.
Im betrieblichen Entscheidungs- und Einflussbereich liegend.
Wirkungen bewert-/messbar, i. S. einer Rückkopplung von Maßnahmen.
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Die Balanced Scorecard (BSC) nach Kaplan/Norton
Finanzperspektive
Potenzialperspektive
ProzessperspektiveKundenperspektiveVision und Strategie
Erwartungen der Eigentümer, wie Kostensenkungen und
Produktivitätsverbesserungen
Auswahl der Zielmärkte bzw. -kunden
Geschäftsabläufe zur Zielerreich-ung in der Kundenperspektive
Voraussetzungen zur Unternehmensentwicklung
Ein mehrdimensionaler Steuerungsansatz zur Kommunikation, Umsetzung und Wirkungsbewertung einer betrieblichen Strategie auf allen Unternehmensebenen.
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Instrumente des Performance Measurements
Performance Measurement
Kennzahlen-system
Mitarbeiter-befragung
BenchmarkingGood Practice
Die Balanced Scorecard verbindet »harte«, ergebnis- und vergangenheitsorientierte Kennzahlen mit »weichen«, potenzialorientierten Kenngrößen.
Berechnung quantifizierbarer, zumeist monetärer Kenngrößen
Momentane Erhebung qualitativer Größen mit Ergebnisrückkopplung
Informationsvergleich, um von den »Besten«
zu lernen
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Quelle: Julia Schneider, Miriam BebloHealth at Work – Indicators and Determinants. A Literature and Data Review for Germany (Discussion Paper 9, Mai 2010)Harriet Taylor Mill-Institut für Ökonomie und Geschlechterforschung - Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin
Kenngrößen für Gesundheit (Indicators of Health and Safety at Work in Germany)
Sickness Absence Occupational Accidents Occupational Diseases Disability Rents Working Conditions, Job Satisfaction and Health OSH Policy and Infrastructure/Measures of
Prevention Enforcement and Compliance with OSH OSH Training OSH Management OSH Costs
Kritik:
Pathogenetische Orientierung.
Statische Kennzahlen beschreiben ein dynamisches Geschehen unzureichend.
Kennzahlen sind überwiegend vergangenheitsorientiert und eignen sich nur bedingt für eine Zukunftsgestaltung.
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Ausgewählte Kenngrößen
BSC-Perspektive Wirtschaftliche Wertschöpfung
Gemeinschaftsordnung(Betrieb und Markt)
Innovativität, Wandlungsfähigkeit
Kunden-Perspektiveim Spannungsfeld von Unternehmen und Markt
Quantitative und qualitative Nachfrage
Absatzquote Reklamations- und
Nachbesserungsquote
Kundenzufriedenheit Dokumentierte Regel-
und Vertragsverstöße (Compliance)
Prognosen Produktinnovationen Sozio-demografische
Daten, Gesundheitsdaten Arbeitsmarktdaten
Prozess-Perspektiveim Spannungsfeld von Individuum und betrieblicher Gemeinschaft
Qualitätskennzahlen Produktivitätskennzahlen Arbeitsunfälle
(FAC, TMQ) Ausfallkosten (LTI, LWC)
Sicherheitsstand Krankenstand Gesetzes- und
Regelverstöße
Prozessinnovationen, Time-to-Market
Betriebliche Bildungs-, Gesundheitsangebote
Potenzial-Perspektiveim Spannungsfeld der Entwicklung und Entfaltung von Fähigkeiten
Mitarbeiterproduktivität(auch bzgl. Unterstützung durch Führung)
Mitarbeiterzufriedenheit, persönliche Zuversicht
Mitarbeiterengagement Qualifikationsniveau Innovationsgrad,
Verbesserungsvorschläge
Finanz-Perspektiveim Spannungsfeld von Leistung und Gegenleistung
Bilanz-Kennzahlen Kosten für produktivitäts-
steigernde Maßnahmen Kosten für gesundheit-
liche Maßnahmen
Ertragslage, Preisniveau der Waren
Entlohnung und Lohngerechtigkeit
Einsparpotenziale durch Innovation (Rationalis.)
Einfluss gesundheitlicher Maßnahmen auf Inno-vation und Produktivität
→ Performance-Kennzahlen → Mitarbeiterbefragung → Benchmarking
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Eine Anmerkung zur Kennzahlenorientierung
Albert Einstein (1879-1955)
»Nicht alles, was zählt, kann gezählt werden –
und nicht alles was gezählt werden kann, zählt.«
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Fazit
Strategisches Gesundheitsmanagement betrachtet die Aktivitäten des Unternehmens in seinem Umfeld umfassend.
Gesundheitsmanagement orientiert sich an erfolgskritischen Faktoren. Gesundheit ist kein Selbstzweck, sondern begünstigt die Erreichung des Unter-nehmenszwecks durch Entwicklung und Entfaltung menschlicher Fähigkeiten.
Gesund kann mit »entwicklungs- und ausgleichsfähig« umschrieben werden.
Ein gesundes Unternehmen hat günstige Voraussetzungen für Erfolg, wenn die eigenständigen Leistungsbereiche ›Wirtschaftliche Wertschöpfung‹, ›Gemein-schaftsordnung‹ und ›Innovations- und Wandlungsfähigkeit‹ in Wechselwirkung betrachtet werden.
Gesundheitliche Interventionen sind nicht zwangsläufig als solche zu explizieren.
Das gesunde Unternehmen zeichnet sich nicht nur durch die Art der Einzelmaß-nahmen aus, sondern durch deren Zusammenwirken. Das Zusammenwirken von Interventionen lässt sich anhand der Balanced Scorecard veranschaulichen.
© Fraunhofer IAO Martin Braun | S. 19
Kontakt
Dr. Martin BraunFraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAOHuman Factors EngineeringNobelstraße 12, 70569 [email protected]