Grundlagen Der Elektrotechnik

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Strom ist nicht alles, aber ohne Strom ist nichts! Fachbibliothek von HAAG Die Firma HAAG Elektronische Messgeräte GmbH ist Hersteller hochpräziser Messgeräte zur Erfassung und Analyse aller qualitätsbeschreibenden Eigenschaften der Elektroenergie. Zu den HAAG-Kompetenzfeldern gehören u. a. Netzqualitätsmessgeräte und -schreiber Netzanalysatoren und Leistungsmessgeräte HAAG veröffentlicht regelmäßig eigene Fachbeiträge und stellt Seminarunterlagen namhafter Fachspezialisten ins Netz. Zur Auswahl: www.haag-messgeraete.de > Bibliothek Grundlagen der elektrischen Energieversorgung HAAG stellt anschaulich gestaltete Seminarunterlagen über die Grundlagen der elektrischen Energieversorgung zum Download bereit. Die Seminare werden regelmäßig von Dipl.-Ing. Walter Castor, Stadtwerke Erlangen AG, veranstaltet und unterliegen seinem Copyright. Die Vervielfältigung und der Druck dieser Unterlagen ist nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Autors zulässig. Dem Leser wird umfassendes Wissen über Grundlagen, Basistechnologien, Fachausdrücke und Wirkungsprinzipien aus dem Fachgebiet der Energieversor- gung vermittelt. Die Seminare richten sich hauptsächlich an Einsteiger in das Fachgebiet, aber auch Profis finden viele neue Informationen. Diese Unterlagen eignen sich hervorragend zur Auffrischung des Grundlagenwissens. Viele interessante Beispiele beleben den Blick in die Praxis. Textband – Grundlagen und Theorie (ca. 120 Seiten – 1,2MB) Seminar 1 - Grundlagen (ca. 2.2 MB) Seminar 1a - Kraftwerke (ca. 1,5 MB) Seminar 2 - Netze (ca. 1,3 MB) Seminar 3 - Kabel (ca. 3,4 MB) Seminar 4 - Schaltgeräte (ca. 1,7 MB) Seminar 5 - Trafo (ca. 2,2 MB) Seminar 6 - Schaltanlagen (ca. 7,6 MB) Seminar 7 - Fehler (ca. 1,3 MB) Seminar 8 - Netzschutz (ca. 1 MB) Seminar 9 - Arbeitssicherheit (ca. 1,8 MB) Seminar 10 - Störungen, Schaltungen, Kundenanschluss (ca. 2 MB) Seminar 11 - Zusammenfassungen (ca. 0,2 MB)

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Grundlagen Der Elektrotechnik

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Strom ist nicht alles, aber ohne Strom ist nichts!

Fachbibliothek von HAAG Die Firma HAAG Elektronische Messgeräte GmbH ist Hersteller hochpräziser Messgeräte zur Erfassung und Analyse aller qualitätsbeschreibenden Eigenschaften der Elektroenergie.

Zu den HAAG-Kompetenzfeldern gehören u. a.

HASem

Zu

Gru

Netzqualitätsmessgeräte und -schreiber Netzanalysatoren und Leistungsmessgeräte

AG veröffentlicht regelmäßig eigene Fachbeiträge und stellt inarunterlagen namhafter Fachspezialisten ins Netz.

r Auswahl: www.haag-messgeraete.de > Bibliothek

ndlagen der elektrischen Energieversorgung

HAAG stellt anschaulich gestaltete Seminarunterlagen über die Grundlagen der elektrischen Energieversorgung zum Download bereit. Die Seminare werden regelmäßig von Dipl.-Ing. Walter Castor, Stadtwerke Erlangen AG, veranstaltet und unterliegen seinem Copyright. Die Vervielfältigung und der Druck dieser Unterlagen ist nur mit ausdrücklicherGenehmigung des Autors zulässig. Dem Leser wird umfassendes Wissen über Grundlagen, Basistechnologien, Fachausdrücke und Wirkungsprinzipien aus dem Fachgebiet der Energieversor- gung vermittelt. Die Seminare richten sich hauptsächlich an Einsteiger in das Fachgebiet, aber auch Profis finden viele neue Informationen. Diese Unterlagen eignen sich hervorragend zur Auffrischung des Grundlagenwissens. Viele interessante Beispiele beleben den Blick in die Praxis.

Textband – Grundlagen und Theorie (ca. 120 Seiten – 1,2MB)

Seminar 1 - Grundlagen (ca. 2.2 MB) Seminar 1a - Kraftwerke (ca. 1,5 MB) Seminar 2 - Netze (ca. 1,3 MB) Seminar 3 - Kabel (ca. 3,4 MB) Seminar 4 - Schaltgeräte (ca. 1,7 MB) Seminar 5 - Trafo (ca. 2,2 MB) Seminar 6 - Schaltanlagen (ca. 7,6 MB) Seminar 7 - Fehler (ca. 1,3 MB) Seminar 8 - Netzschutz (ca. 1 MB) Seminar 9 - Arbeitssicherheit (ca. 1,8 MB) Seminar 10 - Störungen, Schaltungen, Kundenanschluss (ca. 2 MB) Seminar 11 - Zusammenfassungen (ca. 0,2 MB)

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Der Strom, als Ursache betrachtet, übt sehr auffallende und verschiedenartige Kräfte aus.

MICHAEL FARADAY

Grundlagen der Stromversorgung für spartenfremde Fachkräfte

Dipl.-Ing. Walter Castor, Erlangen

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Das vorliegende Werk wurde sorgfältig erarbeitet. Dennoch übernimmt der Autor für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlägen sowie für eventuelle Druckfehler keine Haftung.

Erlangen, im Januar 2005

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Inhalt Grundlagen der Elektrotechnik ................................................................................... 1

Physikalische Grundlagen....................................................................................... 1 Die elektrische Spannung.................................................................................... 4

Der Widerstand.................................................................................................... 5 Die elektrische Leistung....................................................................................... 6

Die elektrische Arbeit........................................................................................... 8 Das Generatorprinzip........................................................................................... 9

Dreiphasenwechselspannung............................................................................ 10 Schaltungen....................................................................................................... 10

Nicht regenerative Stromerzeugung...................................................................... 11 Brennstoffe ........................................................................................................ 11

Turbinen ............................................................................................................ 11 Wärmeauskopplung........................................................................................... 13

Kühlung ............................................................................................................. 14 Rauchgasentschwefelung.................................................................................. 15

Kleine Einführung in die Kerntechnik................................................................. 17 Regenerative Stromerzeugung ............................................................................. 19

Wasserkraftwerke.............................................................................................. 19 Laufwasserkraftwerke........................................................................................ 20

Speicherkraftwerke............................................................................................ 20 Pumpspeicherkraftwerke ................................................................................... 20

Netze ........................................................................................................................ 21 Spannungsebenen................................................................................................ 21

Netzformen............................................................................................................ 23 Sternpunktbehandlung .......................................................................................... 24

Betriebsmittel ............................................................................................................ 25 Isoliermittel ............................................................................................................ 25

Kabel..................................................................................................................... 28 Hochspannungskabel ........................................................................................ 31

Mittelspannungskabel........................................................................................ 32 Kabelgarnituren ................................................................................................. 33

Kabellegung....................................................................................................... 35 Kabelmess- und Prüftechnik.............................................................................. 36

Freileitungen...................................................................................................... 37

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Schaltgeräte ..........................................................................................................38

Physik der Kontakttrennung...............................................................................39 Trennschalter .....................................................................................................39

Erdungsschalter .................................................................................................42 Lasttrennschalter................................................................................................42

Leistungsschalter ...............................................................................................43 Transformatoren ....................................................................................................47

Kernaufbau ........................................................................................................49 Wicklungsaufbau................................................................................................51

Kessel ................................................................................................................51 Einschalten des Transformators ........................................................................52

Verluste..............................................................................................................53 Geräusche .........................................................................................................53

Wicklungsverschaltung ......................................................................................54 Kühlung..............................................................................................................55

Netztransformatoren ..........................................................................................55 Verteiltransformatoren........................................................................................57

Prüfungen an Transformatoren ..........................................................................58 Überlastung........................................................................................................59

Wandler .................................................................................................................60 Schaltung von Wandlern....................................................................................62

Besondere Anforderungen an Stromwandler .....................................................62 Besondere Anforderungen an Spannungswandler ............................................63

Schaltanlagen ...........................................................................................................65 Umspannwerke......................................................................................................65

Sammelschienen................................................................................................65 Schaltanlagen im UW.........................................................................................66

Ortsnetz- / Kundenstationen ..............................................................................68 Nebenanlagen .......................................................................................................70

Batterieanlagen..................................................................................................70 Rundsteueranlage..............................................................................................70

Erdungsanlagen / Blitzschutz.............................................................................71 Klemmen............................................................................................................72

Emissionsschutz....................................................................................................72 Störlichtbogenschutz..........................................................................................72

Elektro-magnetische Felder ...............................................................................74

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Netzschutz................................................................................................................ 79

Fehlerformen......................................................................................................... 79 Kurzschluss ....................................................................................................... 79

Erdschluss / Erdschlusslöschung ...................................................................... 79 Aufbau der Erdschlusslöschspule...................................................................... 80

Einstellung der E-Spule ..................................................................................... 81 Netzschutz ............................................................................................................ 81

Zeitstaffelschutz................................................................................................. 82 Sicherungen ...................................................................................................... 82

UMZ-Schutz....................................................................................................... 83 AMZ................................................................................................................... 84

Distanzschutz .................................................................................................... 84 Differentialschutz ............................................................................................... 86

Erdschlussschutz............................................................................................... 87 Transformatorschutz.......................................................................................... 88

Netzschutzprüfungen......................................................................................... 89 Leittechnik................................................................................................................. 91

Netzleittechnik....................................................................................................... 91 Stationsleittechnik ................................................................................................. 91

Dokumentation ...................................................................................................... 93 Arbeitssicherheit ....................................................................................................... 95

Begrifflichkeiten..................................................................................................... 97 Schaltungen in Netzen.............................................................................................. 98

Schaltreihenfolgen ................................................................................................ 98 Freischalten einer Ortsnetzstation....................................................................... 100

Parallelschalten von Transformatoren................................................................. 100 Fehlerbehebung...................................................................................................... 102

Entstörungsdienstorganisation............................................................................ 102 Strategien zu Fehlerbehebung............................................................................ 102

Kundenanlagen....................................................................................................... 105 Systemformen ..................................................................................................... 105

Elektrizitätszähler: ............................................................................................... 106

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Grundlagen der Elektrotechnik Jeder von uns bedient sich heute in irgendeiner Form der Elektrotechnik. Der Griff zum Lichtschalter, der Druck auf die Einschalttaste des Fernsehgerätes gehört heute ebenso dazu wie die Bedienung von Staubsauger, Mixer, Kassettenrecorder oder Stereoanlage. Eines jedoch wird immer vorausgesetzt: Elektrizität muss vorhanden sein! Was aber ist „Elektrizität“ eigentlich? Man kann die Frage durch einen Blick in das Lexikon z.B. so beantworten: „Elektrizität ist ruhende oder bewegte Ladung oder die mit Ladung oder Strömen verbundene elektrische Energie“. Damit ist man aber zunächst kaum klüger als vorher. Wir wollen daher versuchen, diese und weitere Fragen mit vielen Abbildungen und allgemein verständlichen Erläuterungen zu beantworten. Natürlich ist dabei manches bewusst vereinfacht dargestellt worden, um das Begreifen der elektrotechnischen Grundlagen und das Einarbeiten in diese Technik zu erleichtern.

Physikalische Grundlagen Schon die alten Griechen bemerkten, dass ein an einem Fell geriebenes Bernsteinstück eine geheimnisvolle Kraft ausübt, nämlich leichte Gegenstände anzieht. Das Wort „elektrisch“ wird daher von der griechischen Bezeichnung für Bernstein abgeleitet: elektron. Zur Erklärung dieser Erscheinung muss kurz auf den Aufbau der Materie eingegangen werden. Auch hier haben die alten Griechen Pionierarbeit geleistet. Schon 400 v. Chr. postulierte Demokrit, dass alle Stoffe aus kleinsten, unteilbaren Bausteinen bestehen müssten (atom = unteilbares (griechisch)). Heute weiß man, das auch Atome aus noch kleineren Bauteilen bestehen. Der dänische Physiker Niels Bohr hat im Jahr 1913 ein Modell für den Aufbau von Atomen angegeben, das ausreicht, den Leitungsmechanismus zu erklären. Alle Stoffe bestehen aus Molekülen, die wiederum aus Atomen zusammengesetzt sind. Atome kann man sich wie ein Sonnensystem vorstellen: um einen elektrisch positiv geladenen Kern kreisen negativ geladene Teilchen, die Elektronen. Die Atome der verschiedenen Elemente unterscheiden sich durch die Größe des Atomkerns und die Zahl der Elektronen. Der Atomkern selber besteht aus Neutronen, das sind Elementarteilchen, die elektrisch neutral sind, und Protonen mit einer positiven Elementarladung (+e = +1,602 x 10-19 As). Das Elektron besitzt die elektrische Elementarladung –e. Die Massen dieser Elementarteilchen Proton und Neutron sind nahezu gleich groß: me = 9,109 x 10-28 g. Die Masse eines Elektrons dagegen beträgt 16726 x 10-28 g. Ein Atom besitzt immer genau so viele Elektronen in der Atomhülle wie Protonen im Kern. Es ist somit nach außen elektrisch ungeladen, d. h. neutral. Die Elektronen bewegen sich auf Kreisbahnen um den Kern, es entsteht eine Fliehkraft. Da sich jedoch ungleichnamige Ladungen anziehen (positiver Kern ⇔ negatives Elektron) entsteht eine der Fliehkraft entgegengesetzte Kraft, die dafür sorgt, dass die Elektronen in bestimmten Bahnen bleiben. Diese Bahnen kann man mit Schalen vergleichen, die mit den Elektronen besetzt ist. Dabei kann jede Schale nur eine bestimmte Anzahl von Elektronen aufnehmen. Man unterscheidet von innen nach außen:

Elektronenschale K L M N O max. Elektronenzahl 2 8 18 32 50

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In einem Atom müssen jedoch nicht alle Schalen besetzt sein. Bei einem Aluminiumatom z. B. besteht der Kern aus 13 Protonen und 14 Neutronen. Um den Kern kreisen auf drei verschiedenen Schalen (K, L und M) 13 Elektronen. Dabei ist die K- und L-Schale vollständig besetzt, die M-Schale jedoch nicht. Das Atom hat jedoch das Bestreben, einen stabilen Zustand zu erreichen. Dieser ist erreicht, wenn sich auf der äußeren Schale acht Elektronen befinden. Wenn dies nicht der Fall ist, werden Elektronen in diese äußere Schale aufgenommen oder abgegeben. Wäre es möglich, aus den Atomen den leeren Raum herauszunehmen und die Elektronen eng an den Kern zu legen, hätte ein Hochhaus die Größe eines Kaffeebohne und diese würde 30 000 t wiegen. Metalle bilden nun im festen Zustand Kristalle, in denen sich die Atome an festen Plätzen in einer räumlichen Anordnung befinden (Vergleich: in einem Flugzeug hat jeder Passagier seinen vorgeschriebenen Sitzplatz, es existiert eine Sitzordnung). Ist ein derart kristalliner Aufbau nicht vorhanden, nennt man einen Stoff amorph. Hier unterliegen die Atome keinem Ordnungsschema (Vergleich: in einem Bus kann sich jeder Fahrgast hinsetzen, wo er möchte). Amorph sind alle Flüssigkeiten, Glas und zum Teil auch Kunststoffe. Bei einem kristallinen Aufbau können nun Metallatome leicht Elektronen abgeben, bilden also Ionen (das sind positiv oder negativ aufgeladene Atome oder Moleküle). Durch die freien Elektronen entsteht ein sogenanntes Elektronengas, in dem die Elektronen frei beweglich sind. Durch Anlegen eines elektrischen Feldes (=Kräfte) werden die Elektronen (Valenzelektronen) bewegt, es kommt zum Ladungstransport im Leiter und damit zum elektrischen Strom. Nach außen hin bleibt der Stoff elektrisch neutral, weil die Elektronen aufgrund der elektrostatischen Anziehung (ungleichnamige Ladungen ziehen sich an) nicht aus dem Metall entweichen können, sondern nur zwischen den Atomen frei verschiebbar sind. Charakteristisch für den Ladungstransport in Metallen ist, dass die Leitfähigkeit mit zunehmender Temperatur abnimmt. Dies kann man damit erklären, dass die Atome die Bewegung der Elektronen um so mehr behindern, je heftiger ihre Wärmeschwingungen sind. In guten Leitern, wie Kupfer, ist der Platz für die freien Elektronen ausreichend groß, bei schlechteren Leitern (Eisen) ist bereits weniger Platz vorhanden und Nichtleiter (Isolatoren ) besitzen überhaupt keine freien Elektronen. Neben dem Ladungstransport durch freie Elektronen (Metallbindung) gibt es noch andere Arten. Die Halbleiter (Germanium, Silizium, Galliumarsenid) leiten zwar auch durch Elektronen, aber hier nimmt die Leitfähigkeit bei wachsender Temperatur zu und verschwindet bei genügend tiefen Temperaturen ganz. Durch Zugabe von Fremdstoffspuren („dotieren“) kann man die Leitfähigkeit jedoch beträchtlich erhöhen. Schließlich gibt es Stoffe, welche durch die Bewegung der elektrisch geladenen Atome (Ionen) leiten. Ihre Leitfähigkeit ist bedeutend geringer als die von Metallen und steigt mit wachsender Temperatur (Beweglichkeit der Moleküle). Der elektrische Strom wird nun definiert als die Ladungsmenge Q, die durch eine Querschnittsfläche während einer bestimmten Zeit t fließt. Als Formel ausgedrückt:

tQI =

Das Verhältnis Stromstärke zur Fläche, durch die der Strom hindurchtritt, nennt man Stromdichte S. Seine technische Bedeutung liegt in der Belastbarkeit des Leiters. Je höher die Stromdichte wird, desto größer ist die Erwärmung des Leiters. Die zulässige Stromdichte eines Leiters (die nicht nur vom Querschnitt abhängt sondern

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auch von der Umgebungstemperatur und der Art der Leiterverlegung) sinkt mit wachsendem Querschnitt, da die wärmeabführende Oberfläche nicht im gleichen Maß anwächst wie der Leiterquerschnitt. Es taucht jetzt die Frage auf, wie schnell sich die Elektronen in einer Leitung fortbewegen, wenn man eine Spannungsquelle anschließt. Die Geschwindigkeit, mit der sich die Elektronen durch den Leiter bewegen (Driftgeschwindigkeit), wird meist überschätzt. Sie beträgt nur einen Bruchteil eines Millimeters in der Sekunde. Trotzdem leuchtet eine Lampe sofort auf, wenn wir den Schalter betätigen. Das hängt natürlich damit zusammen, dass der „Stromtransport" nicht etwa durch Elektronen erfolgt, die aus der Spannungsquelle in eine leere Leitung fließen und nach dem Eintreffen bei der Lampe, die sie dann aufleuchten lassen, sondern weil die Elektronen aus der Spannungsquelle ihre Bewegung sofort an die Leitungselektronen weitergeben und dadurch unmittelbar den Stromfluss auslösen. Dieses Beeinflussen von Elektron zu Elektron geschieht in unvorstellbar kurzer Zeit. Es können dabei Geschwindigkeiten von fast 300.000 km/s auftreten. Allerdings ist das z. B. für moderne Computer gar nicht so furchtbar schnell, wenn sie im Mikro- oder Nanosekundenbereich arbeiten sollen. Da für einen Rechenvorgang zahlreiche Elektronenbewegungen in den Schaltkreisen des Computers notwendig sind, müssen die Elektronenwege extrem kurz sein. Sonst dauert die Übermittlung von Informationen auf den Wegen innerhalb der Anlage länger als der eigentliche Rechenvorgang, weil der Strom beispielsweise in einer Nanosekunde (eine milliardsten Sekunde) „nur" eine Strecke von 30 cm zurücklegt. Deshalb konnten superschnelle Computer erst mit Hilfe von integrierten Schaltkreisen gebaut werden, bei denen die Elektronenwege nur Bruchteile eines Millimeters betragen und sich in großer Anzahl auf engem Raum anordnen lassen. Wie gesagt, der Strom beginnt in allen Teilen des Stromkreises praktisch gleichzeitig zu fließen. Bei Gleichstrom kann es Stunden, ja Jahre dauern, bis ein bestimmtes Elektron den ganzen Stromkreis durchwandert hat, während es bei Wechselstrom entsprechend der Frequenz immer wieder umkehren muss und sich deshalb nur auf ganz winzigen Strecken hin- und herbewegt. Nun könnte man annehmen, dass dann die Elektronen (weil sie sich ja immer um einen Punkt in der Leitung hin- und herbewegen), gar nicht als richtiger Strom durch die Leitung fließen. Natürlich ist diese Meinung falsch, ein Vergleich soll es verständlich machen. Wie im Bild dargestellt, liegen einige Kugeln eng hintereinander in einer geraden Reihe. Wenn die rechte Kugel in Bewegung gesetzt wird, gegen die andere prallt, kommt sie sofort zum Stillstand. Die linke Kugel aber löst sich im gleichen Augenblick von der Reihe und bewegt sich allein weiter. Wenn sie umgekehrt und nun ihrerseits auf die Kugelreihe prallt, spielt sich der gleiche Vorgang in der anderen Richtung ab und die rechte Kugel entfernt sich allein von der Reihe. Damit ist eine Information von rechts nach links und von links nach rechts übertragen worden, obwohl die Kugeln in der Reihe sich praktisch nicht bewegt haben. Trotzdem haben sie die Energie der beiden

aufprallenden Kugeln weitergegeben. In ähnlicher Form können wir uns das Hin- und Herpendeln der (angestoßenen) Elektronen in einer Leitung vorstellen, die an eine Wechselspannungsquelle angeschlossen ist. Mechanisch verdeutlicht durch eine „pendelnde" Stoßfortpflanzung. Nach dieser doch theoretischen Einführung soll nun ein Vergleich mit einem Wassermodell das

Verständnis für die Größen und Einheiten in der Elektrotechnik etwas erleichtern.

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Die elektrische Spannung Wasser kann nur dann durch eine Leitung fließen, wenn es mit einer Pumpe oder aufgrund eines natürlichen Gefälles hineingedrückt wird. Es muss also ein Druck vorhanden sein, der das Wasser durch die Leitungen presst. Trotz des Druckes, den die Pumpe ausübt, können sich die Wasserteilchen nicht bewegen. Erst wenn wir Anfang und Ende einer solchen Leitung miteinander verbinden, so erhält man einen geschlossenen Wasserkreislauf. Wir sehen, dass das Wasser von der Pumpe stets in die gleiche Richtung gedrückt wird. Je größer diese Kraft ist, um so höher ist der

Wasserdruck. Überträgt man diese Verhältnisse auf den elektrischen Bereich, so ergeben sich große Ähnlichkeiten. Die Bewegung der Elektronen wird durch eine Elektronenpumpe, die man Stromquelle nennt (z. B. Batterie), hervorgerufen. Die Spannung der Batterie muss also eine Art Kraft sein und einen elektrischen Druck ausüben. Zwischen den Polen einer Batterie besteht ein Spannungsunterschied, der durch die

Zeichen Plus und Minus ausgedrückt wird. Eine herrschende Spannungsdifferenz heißt aber, dass der eine Punkt stärker mit Elektronen besetzt sein muss als der andere. In der Elektrotechnik ist das stets beim Minuspol der Fall. Dort herrscht also ein Elektronenüberschuss, während am Pluspol ein Elektronenmangel besteht. Um einen Ausgleich zwischen beiden Punkten zu erreichen, um ein Gleichgewicht in der Elektronenverteilung herzustellen, fließen die Elektronen in einen geschlossenen Leitungskreis immer vom Minuspol zum Pluspol. Leider hat man in den Anfängen der Elektrotechnik, als die Elektronen noch nicht bekannt waren, die Stromrichtung aufgrund galvanischer Beobachtungen (Abscheiden von Metall und Wasserstoff am Minuspol) gerade umgekehrt festgelegt und die grundlegenden Gesetze darauf aufgebaut. Bei dieser konventionellen, jedoch physikalisch falschen Stromrichtung, ist der Stromweg außerhalb der Stromquelle von Plus nach Minus angenommen. Diese konventionelle Stromrichtung, die genormt ist, wird heute in der Starkstromtechnik allgemein verwandt und als technische Stromrichtung benannt. Will man eine Spannung messen, so ist das Messinstrument (Spannungsmesser) an den zwei Polen der Schaltung anzuschließen, zwischen denen die Spannungsdifferenz auftritt. Die Maßeinheit für die elektrische Spannung ist das Volt (nach dem italienischen Physiker Volta, 1745-1827), Kurzzeichen: V. Während das Kurzzeichen für Gleichspannung und Gleichstrom aus zwei parallelen Strichen besteht (=), sieht das Zeichen für Wechselstrom und Wechselspannung sinngemäß wie eine Welle aus (≈). Schalten wir in unsere Wasserleitung eine andersartige Pumpe, eine Kolbenpumpe ein, so sehen wir, dass das Wasser ständig hin und herfließt. An den Anschlüssen

SogDruck

Pumpe

A B

A B

Elektronen-überschuß -

Elektronen-mangel +

Batterie

Wasserkreis

Pumpe

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der Pumpe wechseln also ständig Druck und Sog. Entsprechend wechseln im elektrischen Stromkreis die Elektronen dauernd ihre Richtung und pendeln in der Stromquelle und dem Leiter dauernd hin und her. Damit wächst auch an den Anschlüssen der Stromquelle ständig Elektronenmangel (plus) mit Elektronenüberschuss (minus). Wir haben es in diesem Fall mit einem Wechselspannungserzeuger zu tun. Da der Vorgang periodisch verläuft, d.h. er sich laufend wiederholt, nennen wir die Zeit, bis er wieder neu beginnt, eine Periode.

Der elektrische Strom Dieser steht mit der Spannung in einem festen Zusammenhang, denn wie wir eben gesehen haben, gibt es zwar eine Spannung, ohne dass ein Strom fließen muss, aber es kann niemals ein Strom ohne Spannung fließen. Entscheidend für die Größe des auftretenden Stroms ist die Höhe der Spannung. Eine hohe Spannung setzt mehr Elektronen in Bewegung als eine kleine Spannung. Der durch einen Leiter fließende Elektronenstrom ist also abhängig von der Höhe der angeschlossenen Spannung. Vergleiche mit Wasserströmen, die durch Rohre fließen, geben weiteren Aufschluss über das Wesen elektrischer Ströme. Sollen große Wassermengen schnell durch Rohre geleitet werden, so ist dazu ein großer Leitungsquerschnitt erforderlich. Dünne Rohre reichen nur für den Transport kleiner Wassermengen aus. Ähnlich ist es in der Elektrotechnik. Starke elektrische Ströme verlangen große Leitungsquerschnitte, d. h. das Kabel muss dick genug sein. Schwache elektrische Ströme kommen dagegen mit entsprechend dünnen Leitungen aus, ohne das der Elektronenfluss behindert wird. Will man einen Strom messen, so muss das Messinstrument (Strommesser) in die stromführende Leitung eingeschaltet werden, in der sich Elektronen bewegen. Die Bezeichnung „Ampere" (A) ist abgeleitet vom Namen des französischen Physikers Andre Marie Ampère, 1775-1836. Um die Größe des elektrischen Stromes zu ermitteln, muss man zählen, wie viele Elektronen an einer beliebigen Stelle des Leiters vorbeitreiben (driften). Fließen 6,3 x 1018 Elektronen (6.300 Billiarden) in einer Sekunde durch die Leitung, so nennt man diese Stromstärke 1 A. Ähnlich wie der Wasserzähler nicht die Menge der Wassertropfen/s anzeigt, sondern viele Wassertropfen zu einer größeren Menge zusammenfasst z. B. l/s oder m3/Monat, so zeigt der Strommesser nicht die Anzahl der durch das Instrument hindurchtreibenden Elektronen an, sondern fasst viele dieser Elektronen zu einer fassbaren Einheit zusammen.

Der Widerstand Wir haben bisher festgestellt, dass die Stromstärke von der wirksamen Spannung abhängt. Außerdem haben wir festgestellt, dass bei gleicher Spannung dann ein großer Strom fließt, wenn das Leitermaterial viele freie Elektronen und, dass ein kleiner Strom fließt, wenn das Leitermaterial wenig freie Elektronen besitzt. Die Begriffe Spannung, Strom und Widerstand stehen also in einem geschlossenen Stromkreis in einem wichtigen Zusammenhang. Das wird ausgedrückt durch das Ohmsche Gesetz (Georg Simon Ohm, veröffentlicht 1826). Das Gesetz sagt aus, dass der Strom ansteigt, wenn die Spannung größer oder der Widerstand kleiner wird und der Strom abnimmt, wenn die Spannung kleiner oder der Widerstand größer wird.

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In eine Formel gebracht, heißt die Beziehung

RWiderstandUSpannungIStrom =

Oder anders ausgedrückt: Wird die Spannung an dem gleichbleibenden Widerstand verdoppelt, so steigt die Stromstärke auf den doppelten Wert. Mathematisch ausgedrückt: Strom und Spannung sind proportional, der Proportionalitätsfaktor ist der Widerstand R. Wird bei gleicher Spannung der Widerstand verdoppelt, so sinkt die Stromstärke auf den halben Wert. Soll die Spannung errechnet werden, lautet die Formel : IRU ×=

Eine elektrische Spannung von 1 V treibt eine Stromstärke von 1 A durch einen Widerstand von 1 Ohm. Und wenn wir den Widerstandswert ermitteln wollen, erfolgt das mit der Formel:

IUR =

Wenn diese Formeln verwendet werden, so ist darauf zu achten, dass die Werte für U in Volt, l in Ampère und R in Ohm (deutscher Physiker Georg Simon Ohm 1787-1854) eingesetzt werden. Man darf nicht wahllos unterschiedliche Größen verwenden, z. B. Widerstände in Ohm, Spannungen in Millivolt und Strom in Mikroampère. Eine kleine Rechnung macht das deutlich: Bei einem Bügeleisen fließt z. B. ein Strom von 5 A durch die Widerstandsspirale in seiner Sohle, wenn das Gerät an die 230 V Steckdose angeschlossen ist. Wie hoch ist der Widerstandswert der Heizspirale? Wir rechnen nach der Formel: R = U : l und setzen 230 V : 5 A ein. Das ergibt 46 Ohm. Hätte man die Spannung aber in Millivolt eingesetzt, müssten 220.000 : 5 gerechnet werden und das falsche Ergebnis würde rund 46.000 Ohm heißen !

Die elektrische Leistung Wird durch eine Pumpe das Wasser in dem Wasserkreis bewegt, so soll das Wasser nicht nur fließen, sondern es soll auch eine Wirkung haben. Wir können beispielsweise eine Turbine in den Wasserkreis einschalten und die im bewegten Wasser steckende Energie in eine mechanische Bewegung umwandeln. Die Leistung der Turbine ist vom Wasserdruck und der Wassermenge, die pro Sekunde durchfließt, abhängig. Auf den elektrischen Vorgang übertragen bedeutet dies, dass in einem Ohmschen Widerstand Wärme erzeugt wird und die entstehende Wärmeleistung bzw. die hierzu erforderliche elektrische Leistung (P) um so größer ist,

• je größer die Spannung U (Druck) und

• je größer die Stromstärke I (Menge/Sekunde) ist. Da also P proportional U und l ist, ergibt sich die Formel:

IUP ×=

P in Watt (W). Watt ist abgeleitet vom Namen des englischen Ingenieurs James Watt, 1736 -1819. Die Leistung bei Gleichstrom entspricht exakt der oben angegebenen Formel. Bei Wechsel- oder Drehstrom zeigen sich Verhältnisse etwas komplizierter. Liegt in einem Wechselstromkreis ein rein „ohmscher“- Verbraucher (z. B. eine Glühlampe

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oder ein Herd), dann sind die Nulldurchgänge und die Scheitelwerte von Strom und Spannung zeitlich gleich, es tritt keine Phasenverschiebung auf. Bei Verbrauchern, deren Funktion auf Elektromagnetismus beruht ( Motoren, Transformatoren u. ä.) eilt der Strom (Blindstrom) der Spannung um den Phasenverschiebungswinkel ϕ nach, da nach dem Nulldurchgang der Spannung erst das magnetische Feld aufgebaut werden muss. Als Merksatz: Induktion, Induktion, erst die Spannung dann der Strom (oder: Induktivitäten, Ströme sich verspäten). Bei Leitungen, Kabeln, Kondensatoren eilt dagegen der Strom (Blindstrom) der Spannung um den Phasenwinkel ϕ voraus, da vor dem Nulldurchgang der Spannung erst das elektrische Feld aufgebaut werden muß. Bei idealisierten Bauteilen beträgt der Phasenwinkel 90° (bei Induktivitäten +90°, bei Kapazitäten –90°). In der Realität liegt jedoch immer eine Zusammensetzung aus den drei idealen Bauteilen vor. Bei einer Spule kann man sich dies gut vorstellen: neben den magnetischen Erscheinungen besitzt der Draht der Spule auch einen ohmschen Widerstand. Derart zusammengesetzte Widerstände bezeichnet man als komplexe Widerstände mit einer Phasenverschiebung ≠ 90°. Sie setzen Wechselstrom einen weit höheren Widerstand entgegen als Gleichstrom, wobei der Widerstandswert nicht konstant ist, sondern sich mit der Frequenz ändert (xL = ωL, xC= 1/(ωC)). Die in einem solchen Widerstand umgesetzte Leistung wird als Scheinleistung bezeichnet. Ihre Einheit ist das VA, zur besseren Unterscheidung von der Wirkleistung (Watt). Die Bestandteile der Scheinleistung sind die Wirkleistung (die Leistung, welche die Arbeit leistet) und die Blindleistung, die durch den Blindstrom hervorgerufen wird. Die Blindleistung wird also durch die Spule oder den Kondensator erzeugt und an die Stromquelle zurückgegeben. Sie lässt sich nicht praktisch nutzen. Sie wird deshalb auch nicht "verbraucht", sondern pendelt nutzlos zwischen Erzeuger und Stromquelle hin und her. Sie ist gewissermaßen Ballast, der bloß die Leitungswege in Anspruch nimmt. Da sie für die Nutzung des Stroms gewissermaßen blind ist, wird sie - im Unterschied zur nutzbaren "Wirkleistung" - als "Blindleistung" bezeichnet. Die durch Phasenverschiebung bewirkte Blindleistung macht sich im Netz der Stromversorgung überall bemerkbar, wo Induktivitäten (wie bei Trafos und Generatoren) oder Kapazitäten (wie bei längeren Kabeln) eine Rolle spielen. Sie bedeutet, dass Geräte und Leitungen eine geringere Wirkleistung aufweisen, als ihrer konstruktiven Auslegung bzw. der Scheinleistung entspricht. Im Extremfall kann das soweit gehen, dass überhaupt keine Wirkleistung mehr zur Verfügung steht.

Man muss deshalb die auftretenden Blindleistungen "kompensieren", d.h. auf dieselbe Weise beseitigen, in der sie entstehen, nämlich mit Hilfe von entsprechend angepassten Induktivitäten und Kapazitäten. Und zwar möglichst nahe an der Quelle, damit das Netz so weit wie möglich für die Übertragung von Wirkleistung zur Verfügung steht. Zum Beispiel kann ein Kraftwerksgenerator eine Scheinleistung von 15 Millionen VA (oder 15.000 MVA) bei einer Wirkleistung von 12 Millionen W haben. Die Differenz zwischen beiden Werten entfällt auf die Blindleistung. Das Maß für die Blindleistung wird in "Voltampère réactif" (VAR) ausgedrückt. Energie kann man weder erzeugen, noch verbrauchen, noch geht sie verloren. Sie kann nur von einem Zustand in einen anderen überführt werden. Diese Umformung versucht man natürlich mit größtmöglichem Erfolg durchzuführen und die unweigerlichen Verluste kleinzuhalten. Mit anderen Worten: der Wirkungsgrad eines Umformungsprozesses soll hoch sein, damit die Ausbeute groß ist. Der Wirkungsgrad errechnet sich also aus dem

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Indirekte Arbeitsmessung

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57

8

1 0

11

kWh

Direkte Arbeitsmessung

Verhältnis von abgegebener zu zugeführter bzw. aufgenommener Leistung. Die Größe des Wirkungsgrades kann als Dezimalzahl oder in Prozent bestimmt werden.

zu

ab

PP

%100PP

zu

ab ×=η

Er gibt an, wie viel Prozent der aufgenommenen Leistung an einen Verbraucher abgegeben werden. Weil die aufgenommene Leistung einer Maschine immer größer als ihre abgegebene Leistung ist, muss der Wirkungsgrad immer kleiner als 1 sein, bzw. unter 100 % liegen. Größenordnungen von Leistungen: Fahrraddynamo ca. 1W Farbfernseher ca. 150 W GIühlampen 25-150 W Bohrmaschine 500 W Bügeleisen 1 –1,5 kW Waschmaschine 3 kW Kranmotor 40 kW Stromkraftwerk 1300 kW

Die elektrische Arbeit In der Betrachtung über die elektrische Leistung wurde ein wichtiger Punkt bislang nicht erwähnt. Es ist der Faktor Zeit. Wenn eine Glühlampe oder ein anderes Gerät während einer gewissen Zeit mit einer bestimmten Leistung betrieben wird, so bezieht man dadurch vom Elektrizitätswerk elektrische Arbeit. Diese ist abhängig von der aufgenommenen Leistung und von der Zeit, in der die Leistung aus dem Netz entnommen wurde. Somit ergibt sich die Aussage:

Arbeit = Leistung x Zeit.

Die elektrische Arbeit steigt mit der Leistung und mit der Zeit, sie ist also diesen beiden Größen direkt proportional. Hieraus ergibt sich die Formel :

tIUAbzw.tPA ××=×=

Das Ergebnis wird normalerweise in Kilowattstunden (kWh) angegeben. Werden von einem Heizkörper 1 Stunde lang 1000 Watt entnommen, so ist 1 Kilowattstunde (kWh) elektrische Arbeit verbraucht. Soll eine andere Einheit gebraucht werden, so

kann man Wattstunde (Wh) oder Wattsekunde (Ws) verwenden. Nach dem Gesetz über Einheiten im Messwesen entspricht die Wattsekunde der Einheit Joule, deren Zeichen das J ist. Die Kilowattstunde ist demnach 3,6 MJ. Messung der elektrischen Arbeit: Zur Messung der elektrischen Arbeit benötigt man einen Spannungsmesser, einen Strommesser und einen Zeitmesser. Einfacher ist der Einsatz eines Elektrizitätszählers. Er besteht im Prinzip aus einem Spannungspfad (Spannungsmesser) und einem Strompfad

(Strommesser). Beide wirken zusammen auf ein Zählwerk, das die entsprechende Einschaltdauer (Zeit) die Arbeit registriert.

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Grundlagen der Elektrotechnik

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Das Generatorprinzip In der Energietechnik dienen vorwiegend magnetische Kräfte der Erzeugung von Spannungen, weil mit ihrer Hilfe sehr große elektrische Energien umgesetzt werden können. Praktisch alle Kraftwerksgeneratoren nutzen magnetische Kraftwirkungen aus. Kraftwerksgeneratoren arbeiten nach folgendem Prinzip: Auf einem drehbaren Läufer aus Weicheisen sind Kupferdrähte gewickelt (Kupferwicklung). Der Läufer wird durch eine Turbine angetrieben. Er befindet sich in einem magnetfelderfüllten Gebiet (z. B. zwischen den Polen eines Dauer- oder Elektromagneten). Schneiden nun die Wicklungsdrähte die magnetischen Feldlinien (diese kann man bei einem Permanentmagneten durch Eisenspäne sichtbar machen), so wirken auf die freien Elektronen im Leiter Kräfte. Dadurch werden die freien Elektronen von den positiv geladenen Metallteilchen so getrennt, dass an einem Leiterende ein Elektronenüberschuss (minus), am anderen ein Elektronenmangel (plus) herrscht und zwischen den Leiterenden eine elektrische Spannung auftritt. Diese nennt man induzierte Spannung, den Generator Induktionsgenerator. Faraday (Michael Faraday, 1791-1867) erkannte nach zahlreichen Versuchen, dass die erzeugt Spannung proportional ist zur Anzahl der Windungen und zur Änderungsgeschwindigkeit des magnetischen Flusses. Der Generator muss also ständig für weitere Ladungstrennung sorgen, um die Klemmenspannung aufrechtzuerhalten. Sollten in den Verbrauchern große elektrische Energien umgesetzt werden, so entstehen Probleme: Zwischen den Kohlebürsten und den Schleifringen treten nämlich Funken auf, die die Schleifringe beschädigen können. Dieser Nachteil wird beim folgenden, heute meist verwendeten Generatortyp vermieden: Die Spannungen werden hier nicht im Läufer, sondern in den Ständerwicklungen induziert. Dies wird durch Magnete erreicht, die auf dem Läufer angeordnet sind und sich mit diesem drehen. Da der Ständer feststeht, können die Verbraucher direkt ohne Verwendung von Schleifringen und Bürsten angeschlossen werden. Steht die Leiterschleife senkrecht zum Magneten, ändert sich der durch die Schleife gehende Fluss der Kraftlinien beim Drehen zunächst nur wenig. Die erzeugte Spannung ist daher entsprechend klein. Mit zunehmenden Drehwinkel wird die Spannung höher und erreicht ihr Maximum, wenn die Schleife parallel zu den Feldlinien steht. Jetzt ist die Flussänderung beim Drehen am größten. Bei weiterem Drehen nimmt die erzeugte Spannung wieder ab, bis zu Null und geht dann mit vertauschtem Vorzeichen weiter. Nach einer Vollen Umdrehung (360°) ist wieder der Ausgangszustand erreicht und der ganze Vorgang wiederholt sich. Der zeitliche Verlauf der Spannung an den Klemmen des Generators ist sinusförmig. Die Zeit für eine volle Umdrehung der Spule und somit für ein Durchlaufen aller Spannungswerte heißt Periode T. Ihr Kehrwert ist die Frequenz ν (sprich: nü), die in Hertz (Hz, Heinrich Rudolf Hertz, 1857-1894) gemessen wird. Sie gibt an, wie viele Male in einer Sekunde die Spannung den maximalen positiven Wert erreicht. Im europäischen Verbundnetz beträgt die Frequenz 50 Hz. Bei der Beschreibung eines Wechselstromes spielt der Begriff der Phase eine wichtige Rolle. Jedem Punkt im Diagramm, das die Spannung als Funktion der Zeit darstellt, entspricht ein bestimmter Winkel, um den die Spule aus der Ausgangslage senkrecht zu den Feldlinien gedreht wird. Man bezeichnet den jeweiligen Winkel als Phase der Spannung ϕ (sprich: phi). Dem Maximum der positiven Spannung entspricht somit die Phase ϕ = 90°, dem Nulldurchgang die Phase ϕ = 180° usw. Üblicherweise wird der Winkel jedoch nicht in Grad angegeben, sondern in der

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Grundlagen der Elektrotechnik

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UL1

UL2UL3

UL2-L1UL1-L3

UL3-L2

120°

L1

L2L3

NSternpunkt

Länge des Bogens eines Einheitskreises (Kreis mit dem Radius 1), d.h. ein Winkel von 360° entspricht 2π, ein Winkel von 180° entspricht π usw.

Dreiphasenwechselspannung Bei der Erzeugung und Verteilung der elektrischen Energie ist das dreiphasige Wechselspannungsnetz üblich. Es wird auch als Drehstromnetz bezeichnet. Bei einem Drehstromgenerator sind 3 Spulen räumlich um je 120 Grad versetzt. In der Mitte kreist ein Magnet. In allen drei Spulen entstehen Induktionsspannungen gleicher Größe. Da die Spulen um 120 Grad versetzt sind, haben auch die induzierten Spannungen eine Phasenverschiebung von 120 Grad Für die Fortleitung dieser drei Wechselspannungen müssen eigentlich sechs Leiter (je ein Hin- und Rückleiter) zur Verfügung stehen. Man kommt aber mit drei Leitern aus, weil diese durch zeitliche Verschiebung der drei Ströme abwechselnd "Hinleiter" und "Rückleiter" sind. Überlandleitungen benötigen daher nur drei Leiter zur Übertragung von Drehstrom. Bei der Versorgung im Niederspannungsortsnetz wird noch ein zusätzlicher Leiter, der Mittelleiter N, mitgeführt, so dass sich Vier-Leiternetze ergeben. Durch die Mitführung des Mittelleiters wird es möglich, aus einem solchen Netz unterschiedliche Spannungen zu entnehmen. Zwischen dem Mittelleiter, der mit N bezeichnet wird, und jeweils einem der drei Außenleiter (Phasen), die mit L1, L2, L3 bezeichnet werden, besteht eine Spannung von 230 V (UL1, UL2, UL3), zwischen jeweils zwei Außenleitern eine Spannung von 400 V (UL1-L2, UL2-L3, UL3-L1). Die unterschiedlichen Spannungen ergeben sich durch die Verkettung der drei Wechselspannungen: 230 V x √3= 400 V (√3 ist der Verkettungsfaktor). Die meisten Hausanschlüsse sind heute Vierleiteranschlüsse, bei denen also beide Spannungen, nämlich 230 V für Licht und kleinere Geräte sowie 400 V für größere Geräte und Motoren zur Verfügung stehen.

Schaltungen Im folgenden sollen zwei grundlegenden Schaltungsarten anhand von ohmschen Widerständen kurz erläutert werden. Werden zwei Widerständer hintereinander, oder wie man sagt, in Serie geschaltet, ergibt eine Messung von Spannung und Strom, dass sich die Widerstände addieren. Die ist nicht verwunderlich, da man sich die Hintereinanderschaltung wie eine Verlängerung des Widerstandsdrahtes vorstellen kann. Misst man die Spannung, die über einen Widerstand abfällt, so stellt man fest, dass die Teilspannung um so größer ausfällt, je höher der Widerstandswert ist. Der Strom durch beide Widerstände ist gleich groß. Wenn beide Teilwiderstände gleich groß sind, fällt an jedem die halbe Gesamtspannung ab. Dies kann man nutzen, indem man durch einen veränderlichen Widerstand (Potentiometer) eine sich verändernde Spannungsquelle schafft.

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Schaltet man die zwei Widerstände nebeneinander (parallel), liegt an jedem Widerstand die gleiche Spannung; durch die Widerstände fließen jedoch unterschiedliche Ströme. Den Zusammenhang von Reihen- und Parallelschaltung beschreiben die beiden Kirchhoffschen Regeln (Gustav R. Kirchhoff, 1824-1887). Die erste besagt, dass an jedem Verzweigungspunkt mehrerer Leitungen die Summe der auf ihn zufließenden Ströme genau so groß ist wie die Summe der von ihm abfließenden. Die Summe aller Ströme ist also Null. Der zweite Kirchhoffsche Satz besagt: In jedem beliebig aus einem Leiternetz herausgegriffenen geschlossenen Stromkreis ist die Summe der angelegten Spannungen gleich der Summe der Produkte aus den Stromstärken und den Widerständen.

Nicht regenerative Stromerzeugung

Brennstoffe Zu den fossilen Brennstoffen zählen Braun- und Steinkohle, Erdöl und Erdgas. Sie haben ihren Ursprung in organischen Substanzen, die sich vor Millionen von Jahren abgelagert haben. Steinkohle entstand durch die Anhäufung großer Massen abgestorbener Pflanzen - meist durch Farne auf dem Grund von Seen und Sümpfen. Bakterien zersetzten dort die organischen Substanzen. Sauerstoff und Stickstoff entwichen während des Verrottungsprozesses. In den Pflanzenresten reicherte sich währenddessen zunehmend Kohlenstoff an. So entstand zunächst Torf, der durch den Druck sich darauf ablagernder Sedimente (z. B. Sand und Kies) in Braunkohle überging. Infolge von Veränderungen der geologischen Formationen und unter Einwirkung von großer Hitze und Druck (Metamorphose) wandelten sich die Braunkohleschichten schließlich zu Kohleflözen. Die Steinkohlelager entstanden besonders in den Zeitabschnitten Karbon und Perm, aber auch in der Trias und im Jura: also vor mehr als hundert Millionen Jahren. Anthrazit ist die älteste Kohle. Sein Kohlenstoffgehalt beträgt bis zu 98 Prozent. Und reiner Kohlenstoff kommt als Graphit in alten Kohlelagerstätten vor Die Braunkohle oder der Lignit - eine holzige Art der Braunkohle - sind die jüngsten Kohleformationen. Deren Kohlenstoffgehalt liegt zwischen dem von Torf und Steinkohle. Erdöl und Erdgas entstanden vor allem aus den organischen Massen abgestorbenen Planktons, die sich auf dem Meeresgrund ablagerten. Dabei gelangte ein Teil des Planktons unverwest und ohne Verlust darin gespeicherter Sonnenenergie in sauerstofffreie Meerestiefen. Im Laufe der Zeit setzten sich - etwa in Meeresbuchten und Flussmündungen - riesige Mengen Faulschlamm ab und wurden dort von Schlick bedeckt. In einem Jahrtausende währenden Prozess förderten auch hier Bakterien die Zersetzung. Mit Kohlenstoff und Wasserstoff angereichertes Primärbitumen blieb zurück. Ebenfalls durch Hitze und Druck bildeten sich daraus die im Erdölen enthaltenen Kohlenwasserstoffe. Destillationsprozesse infolge der Hitzeeinwirkungen setzten dabei die flüchtigen Bestandteile, das Erdgas, frei.

Turbinen Die Wirkungsgrade der Maschinen und Prozesse wurden über die vielen Jahre hinweg kontinuierlich gesteigert: Von einigen wenigen Prozent zu Anfang der Entwicklung bis auf annähernd 60 % heute. Wirkungsgrade von nahezu 100 %

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Grundlagen der Elektrotechnik

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werden jedoch aus physikalischen Gründen bei der Umwandlung in mechanische Energie auch in ferner Zukunft nicht erreichbar sein. Modernste Kraftwerke mit Dampfturbinen oder Gasturbinen haben Wirkungsgrade bis 45 %, Kraftwerke mit einer Kombination beider Maschinen bis zu 60 % und Automotoren etwa 25%. Das bedeutet, dass selbst in diesen, in langen Entwicklungsprozessen ausgereiften Maschinen die Hälfte bis drei Viertel der Energie verloren gehen. Um das verstehen zu können, ist ein kurzer Ausflug in die Theorie der Thermodynamik notwendig. Dampfmaschine, Dampfturbine, Gasturbine und Automotor nutzen die Energie aus, die in heißen Gasen bzw. im Wasserdampf steckt. Die Grundlagen für die technische Nutzung der Dampfmaschine legte James Watt bereits 1765. Das physikalische Prinzip bei Wärmekraftmaschinen ist dabei immer gleich: Durch Erhitzen wird Energie in das Arbeitsmedium (meist Dampf oder Luft) eingebracht. Dadurch erhöht sich bei gleichbleibendem Volumen - beispielsweise in einem geschlossenen Gefäß sein Druck oder bei gleichbleibendem Druck seine Geschwindigkeit. Das unter Druck stehende Medium hat das Bestreben, sich auszudehnen, bis es sich auf Umgebungsdruck entspannt und sich auf Umgebungstemperatur abgekühlt hat. In der Ausdehnungsphase kann es einen Kolben oder eine Turbine antreiben. Die Wärmeenergie wird also in mechanische Energie umgewandelt. Leider geht bei dieser Umwandlung - wie der französische Physiker Sadi Carnot bereits 1824 ableitete- ein beträchtlicher Teil der Energie durch Wärmeabgabe an die Umgebung verloren. Dieser Verlust ist naturgesetzlich bedingt und unvermeidbar. Wie Carnot zeigte, hängt der Wirkungsgrad einer idealen Wärmekraftmaschine von der Temperaturdifferenz des Gases vor und nach der Ausdehnungsphase ab. Teilt man diese Differenz durch die Temperatur vor der Abkühlung, so erhält man unmittelbar den theoretisch möglichen Wirkungsgrad. Alle Temperaturen sind dabei in Kelvin (K) anzugeben, wobei 0 K der Temperatur von minus 273 °C entspricht. Eine Dampfturbine, deren obere Dampftemperatur bei 280 °C (= 553 K) und deren untere Dampftemperatur bei 30 °C (= 303 K) liegt. kann also einen theoretischen Wirkungsgrad von bestenfalls 45 % erreichen. Dieser Wirkungsgrad wird nur für den idealen Carnotprozeß erreicht. In der Praxis verschlechtert sich der für dieses Beispiel errechnete Wert auf Grund von unvermeidbaren Verlusten in der Turbine und im Generator sowie durch den Energieverbrauch von Hilfsaggregaten wie Pumpen und Lüftern noch deutlich. Hier ist der Ansatzpunkt, um mit fortschrittlichen Konzepten und Komponenten dem Wirkungsgradrückgang entgegenzuwirken. Daneben wird aber ebenso daran gearbeitet, durch Erhöhung der Mediumtemperatur vor der Ausdehnungsphase den Carnotschen Wirkungsgrad zu erhöhen. Die Anforderungen an Dampf- und Gasturbinen sind so extrem, dass bei ihnen schon immer die Entwicklung höchstpräziser Fertigungsverfahren und hochbeanspruchbarer Werkstoffe das Tempo des technischen Fortschritts bestimmt haben. Beispielsweise erreichen die Schaufelenden des Niederdruckläufers (Durchmesser weit über 2 m) einer großen Dampfturbine bei 3 000 Umdrehungen pro Minute eine Umfangsgeschwindigkeit von über 2000 km/h -mehr als die Concorde. Die Schaufelenden legen dabei während der durchschnittlichen Lebensdauer von 200000 Stunden einen Weg von etwa 500 Millionen Kilometern zurück. An den Schaufelfüßen zerren Fliehkräfte von 300 bis 400 Tonnen, das Gewicht von einem halben Dutzend ICE-Lokomotiven. Zusätzlich sind die Schaufeln hohen Temperaturen ausgesetzt - im Hochdruckbereich über 500 °C. Noch sehr viel höher liegen die Temperaturen bei Gasturbinen. Die ersten Kraftwerk-Gasturbinen aus den sechziger Jahren hatten Gaseintrittstemperaturen von 750 °C. Diese

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Grundlagen der Elektrotechnik

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Temperaturen reichen aus, Stahl rot glühen zu lassen. Die Gastemperaturen moderner Gasturbinen von 1200°C und höher würden ihn sogar zur Weißglut bringen und weich werden lassen. Für sie mussten deshalb spezielle Kühlverfahren entwickelt werden, um die Schaufeln vor solch extremen Temperaturen zu schützen. Ganz neue Werkstoffe und besondere Fertigungsverfahren mussten entwickelt werden. Sowohl im Dampfprozess als auch in der Gasturbine wird das Arbeitsmedium Dampf bzw. Gas erhitzt und auf hohen Druck gebracht. Der Dampf für die Dampfturbine wird im Kessel erzeugt. Bei einem großen Kohlekraftwerk sind diese Kessel bis zu 200 Meter hoch. Um einen hohen Wirkungsgrad zu erreichen, muss die obere Dampftemperatur möglichst hoch sein. Hierzu gehört auch ein hoher Druck. Der maximale Druck des Dampfs wird dabei durch die Materialbelastbarkeit begrenzt. Moderne Kraftwerke machen bei Temperaturen von 500 bis 580 °C Drücke von 200 bis 290 bar erforderlich. Die untere Dampftemperatur wird auf etwa 30 °C gesenkt, indem man ein Vakuum im Kondensator erzeugt. Eine weitere Erhöhung der Dampfzustände erlauben die gängigen, kostengünstigen Werkstoffe kaum noch. Dafür sind höherwertige, aber auch wesentlich teurere Werkstoffe notwendig. Parallel zur Erhöhung der Dampfzustände wurde kontinuierlich an der Verbesserung der Turbinenschaufeln gearbeitet, die die Bewegungsenergie des ausströmenden Dampfs in Drehbewegung umsetzen. Der in die Turbine eintretende Dampf wird durch die wie Düsen geformten Leitschaufeln ein wenig entspannt, dabei beschleunigt und auf die Laufschaufeln umgelenkt. Durch den Antrieb der Laufschaufel verliert der Dampf weitgehend seine Geschwindigkeit. Da er aber noch unter hohem Druck steht, kann er ein weiteres Mal entspannt und beschleunigt werden. Deshalb werden Dampfturbinen in mehreren Stufen meist einer Hochdruck-, einer Mitteldruck- und zwei bis drei Niederdruckturbinen gebaut. Da die Dampfmasse in allen Stufen die gleiche ist, das Volumen aber auf Grund der Entspannung immer mehr zunimmt, muss der Querschnitt der Turbinenstufen immer weiter zunehmen. Die letzte Schaufelreihe einer 1000-MW-Dampfturbine hat deshalb eine Querschnittsfläche von etwa 10 Quadratmetern. Auch durch die Formgebung der Schaufeln kann die Strömungsführung in der Turbine verbessert werden. Für jede Duckstufe der Turbine anders geformte Profile sorgen schon heute dafür, dass etwa 90 % der Bewegungsenergie des Dampfs in der Turbine in Drehbewegung umgesetzt werden. Weitere Steigerungen sind deshalb nur noch in kleinen Schritten zu erreichen. Über eine gemeinsame Welle wird der Generator angetrieben, der die mechanische Drehenergie der Turbine in elektrische Energie umwandelt (Energie kann nicht erzeugt werden, sondern wird nur umgewandelt !)

Wärmeauskopplung In einem Kraftwerk mit Kondensationsbetrieb gibt der kondensierende Dampf im Hauptkondensator Wärme an das Kühlwasser ab. Diese Wärme lässt sich -von Ausnahmen abgesehen - nicht nutzen, weil sie auf zu niedrigem Temperaturniveau anfällt. Fernwärme und elektrische Energie können entweder getrennt produziert werden (Fernwärme in Heizwerken, elektrische Energie in Kondensationskraftwerken) oder auch zusammen nach dem Prinzip der Kraft - Wärme - Kopplung in Heizkraftwerken. Für die Kraft - Wärme - Kopplung gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten, den Anzapfbetrieb und den Gegendruckbetrieb.

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Im Anzapfbetrieb wird der Turbine an geeigneter Stelle ein Teil des Dampfes entnommen und zum Heizkondensator geleitet. Er ist so konstruiert, dass bei der Kondensation des Dampfes das Heizwasser im Vorlauf Temperaturen zwischen 100 °C und 150°C annimmt. Der entnommene Dampfanteil steht zur Erzeugung elektrischer Energie nicht mehr zur Verfügung. Die elektrische Leistung des Kraftwerkes wird dadurch verringert. Der andere Teil des Dampfes wird durch den Niederdruckteil der Turbine geleitet und im Hauptkondensator wieder verflüssigt. Die Temperatur dieses Kondensators liegt zwischen 20 und 40°C. Wasser mit so niedriger Temperatur ist für die Fernwärmeversorgung nicht geeignet. Bei einer Kraft - Wärme - Kopplung im Anzapfbetrieb lässt sich das Mengenverhältnis zwischen elektrischer Energie und Fernwärme in bestimmten Grenzen variieren. Bei einer Gegendruckanlage wird der gesamte Dampf nach Durchströmen der Turbine in einen Heizkondensator geleitet. Damit das Heizwasser Temperaturen von 100-150°C erreicht, muss der Dampf die Turbine mit entsprechend hoher Temperatur verlassen. Er darf sich also nicht - wie in einer normalen Turbine - bis auf niedrige Temperaturen entspannen. Im Heizkondensator wird der Dampf bei höheren Temperaturen und entsprechend höherem Druck vollständig verflüssigt. Auch bei dieser Anlage wird also ein Teil der Wärmeenergie nicht zur Erzeugung elektrischer Energie, sondern zur Fernwärmeerzeugung verwendet. Die Anteile können jedoch nicht variiert werden. Eine Besonderheit ist außerdem, dass elektrische Energie nur dann erzeugt werden kann, wenn gleichzeitig auch Fernwärmebedarf besteht.

Kühlung Das wirksamste und einfachste Kühlverfahren ist die Durchlaufkühlung. Ein Teil des Flusswassers wird als künstlicher Seitenarm durch den Kondensator geleitet. Das Wasser erwärmt sich dabei um ca. 10°C. In den Fluss zurückgegeben, vermischt es sich schnell mit dem übrigen Wasser. Je nach Wasserführung erhöht sich dabei die Flusstemperatur geringfügig. Auf dem Weg zum Meer verliert der Fluss die Wärme an die Atmosphäre. Diesem Verfahren sind heute enge Grenzen gesetzt. Industrieanlagen häufen sich und Frischwasser wird knapp. Die Gefahr wächst, dass sich die Flüsse zu stark erwärmen und die Selbstreinigungskraft beeinflusst wird. Für Kraftwerke bedeutet das: Die natürlichen Gewässer scheiden zur Wärmeabführung weitgehend aus. Es bleibt nur die direkte Abgabe der Wärme an die Atmosphäre. Das geschieht durch Kühltürme. Kühltürme haben die Aufgabe, aufgeheiztem Kühlwasser Wärme zu entziehen. Das geschieht durch Übertragung der Wärme an die Luft. Hierzu wird das erwärmte Kühlwasser über einen zwischengeschalteten Kühlturm geleitet, bevor es abgekühlt und stark mit Sauerstoff angereichert in den Fluss zurückgeht. Im wesentlichen gibt es zwei Funktionsweisen bei Kühltürmen: Nass- und Trockenkühlung. Nasskühlung: Wasser und Luft treten in unmittelbaren Kontakt. Die Wärmeabfuhr vollzieht sich hauptsächlich durch Verdunstung von Wasser. Das Kühlwasser wird im Turm auf eine Höhe von etwa 10 m gepumpt. Dann rieselt es, gleichmäßig verteilt, durch ein Plattensystem in ein Auffangbecken. Von unten wird es dabei von einem

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starken Luftzug durchströmt, der je nach Bauart künstlich erzeugt wird: im Ventilator- Kühlturm durch Gebläse oder im Naturzug- Kühlturm durch natürliche Kaminwirkung. Ein kleiner Teil dieses rieselnden Wassers verdunstet und entweicht als Dampf in die Atmosphäre. Bei Rückkühlung muss dieser Verlust ständig ersetzt werden. Gleichzeitig wird immer etwas Wasser aus dem Kreislauf abgeleitet und erneuert. So vermeidet man eine zu große Eindickung der natürlichen Salze im Kühlwasser. Diese Aufkonzentrierung (Eindickung) wäre sonst durch die ständige Verdunstung im Kreislauf unvermeidlich. Aus beiden Verlustquellen ergibt sich ein ständiger Bedarf an Zusatzwasser: bei einem Kernkraftwerk von 1300 MW sind das zum Beispiel rund 1,5 Kubikmeter pro Sekunde oder 5000 Kubikmeter in der Stunde. Etwa die Hälfte des Zusatzwassers geht in den Fluss zurück, frei von Verunreinigungen und fast hundertprozentig mit Sauerstoff angereichert. Die andere Hälfte verdunstet. Trockenkühlung : Wasser und Luft bleiben voneinander getrennt. Das Wasser kreist in Rohren, an denen die Luft vorbeistreicht. Das Wasser kühlt ab und die Luft erwärmt sich. Die Verdunstung wird beim Trockenkühlturm vermieden. Denn hier gibt es einen völlig geschlossenen Kühlkreislauf, in dem nichts verdampfen kann und der also auch kein Zusatzwasser braucht. Da jedoch auf den starken Kühleffekt der Verdunstung verzichtet wird, ist die trockene Kühlung weniger wirkungsvoll. Dieser Nachteil muss durch größere Kühlflächen ausgeglichen werden. Ein Trockenkühlturm muss daher zweieinhalb- bis dreimal größer sein als ein Nasskühlturm gleicher Leistung. Hybridkühltürme sind eine Kombination aus Nass- und Trockenkühltürmen. Nass-, Trocken- und Hybridkühltürme können entweder als Naturzugkühltürme oder als Ventilatorkühltürme ausgeführt werden. Naturzugkühltürme brauchen eine entsprechende Bauhöhe, damit der Zug für die aufsteigende Luft zustande kommen kann. Für Ventilatorkühltürme reicht eine wesentlich geringere Bauhöhe aus. Sie brauchen aber für den Antrieb der Ventilatoren, die den Luftstrom durch den Kühlturm fördern, zusätzlich elektrische Energie. Die verschiedenen Kraftwerks-Kühlverfahren haben spezifische Vor- und Nachteile: Die Frischwasserkühlung verursacht die geringsten Investitionskosten und führt wegen der erreichbaren niedrigen Kühltemperatur zum günstigsten Kraftwerkswirkungsgrad. Sie benötigt aber große Kühlwassermengen. Nasskühltürme sind teurer und führen wegen der etwas höheren Kühltemperaturen zu einer Verringerung des Wirkungsgrades von etwa einem Prozentpunkt gegenüber Frischwasserkühlung. Sie brauchen wenig Kühlwasser. Bei bestimmten Wetterlagen können die Kühlturmschwaden optisch stören. Trockenkühltürme sind noch teurer als Nasskühltürme und führen zu einer nochmaligen Wirkungsgradeinbuße: gegenüber der Frischwasserkühlung immerhin um etwa zwei Prozentpunkte. Dass sich keine Schwaden bilden und kein Kühlwasser benötigt wird, sind die Pluspunkte dieses Verfahrens.

Rauchgasentschwefelung Primärmaßnahmen sind feuerungstechnischer Art, die sich aus den Vorgängen der Stickoxidbildung erklären. Die Oxidation des Luftstickstoffs in der Verbrennungsluft beginnt oberhalb einer Temperatur von 1300 Grad Celsius. Der im Brennstoff gebundene Stickstoff dagegen oxidiert schon bei niedrigen Temperaturen

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Grundlagen der Elektrotechnik

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Durch Herabsetzung der Feuerraumtemperaturen sowie Verkleinerung der Oxidationszonen (Wirbelschichtfeuerung) kann die Entstehung von Stickoxiden schon bei der Verbrennung vermindert werden Das geschieht hauptsächlich mit Stufen-Mischbrennern und durch Trockenentaschung. Sekundärmaßnahmen: Die weitere Reduzierung der Stickoxide erfolgt gleich nach dem Kessel in einem Katalysator. In ihm wandeln sich die Stickoxide unter Zugabe von Ammoniak chemisch zu Stickstoff und Wasserdampf um (SCR-Verfahren = Selective Catalytic Reduction). Dieses Verfahren hinterlässt keine umweltbelastenden Rückstände, da Stickstoff und Wasser zu den natürlichen Bestandteilen der Luft gehören. Die Reaktionsflächen der Katalysatoren bestehen aus einer Speziallegierung, deren Mikrostruktur die Reaktion des Stickoxids mit Ammoniak wirksam unterstützt (häufig Titandioxid TiO2 mit Vanadium- und Wolframverbindungen). Mit diesem Verfahren lassen sich nach den Primärmaßnahmen die Stickoxide effektiv aus den Rauchgasen entfernen.

Reaktionsgleichungen:

4NO + 4NH3 + O2 à 4N2 + 6H2O Stickstoffmonoxid Ammoniak Sauerstoff Stickstoff Wasser 6NO2 + 8NH3 à 7N2 + 12 H2O Stickstoffdioxid Ammoniak Stickstoff Wasser

Die Entschwefelung der Rauchgase geschieht in Wäschertürmen, in denen sie mit einer wässrigen Kalklösung besprüht werden. Schwefel und Kalk verbinden sich; gleichzeitig werden Chlor- und Fluorverbindungen ausgewaschen. Als Endprodukt bleibt Gips, der in der Bauindustrie verwendet wird. Der Entschwefelungsgrad beträgt rund 90 Prozent. Reaktionsgleichungen: 2SO2 + 2CaCO3 à 2CaSO3 + 2CO2

Schwefeldioxid Calciumcarbonat Calciumsulfit Kohlendioxid

2CaSO3 + 4H20 + O2 à 2(CaSO4 + 2H2O) Calciumsulfit Wasser Sauerstoff Calciumsulft-Dihydrat (Gips) Komplettiert wird die Rauchgasreinigung durch hochwirksame Elektrostaubfilter. Sie haIten die in den Rauchgasen enthaltene Flugasche fast vollständig zurück. Flugasche und Verbrennungsasche aus dem Kessel werden als Baustoffe eingesetzt. Elektrofilter bestehen aus einem System paralleler Metallplatten („Niederschlagselektroden“), die gassenförmig angeordnet sind. Dazwischen befinden sich profilierte Metalldrähte („Sprühelektroden“), an denen eine negative Gleichspannung in Größenordnungen zwischen 30 000 und 80 000 Volt liegt. Infolge der hohen Spannung entsteht zwischen den Drähten und den Platten ein starkes elektrisches Feld, das sich an den negativen Elektroden konzentriert und dort ein sprühartiges Austreten von Elektronen bewirkt. Die Staubteilchen werden hierdurch negativ aufgeladen und strömen nun zu den positiven Metallplatten, an denen sie sich niederschlagen. Der Staubbelag, der allmählich entsteht, wird durch ein ständig arbeitendes Klopfwerk entfernt und über den Ascheabzug in Speichersilos geführt. Moderne Elektrofilter bestehen aus mehreren hintereinander geschalteten Reinigungskammern, in denen von Stufe zu Stufe immer feinere Partikel abgeschieden werden. Die äußeren Abmessungen sind je nach Größe des

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U235+

Neutron

Kraftwerkblocks unterschiedlich : für einen 550-MW-Block beansprucht der Elektrofilter eine Grundfläche von etwa 40 x 60 m bei einer Höhe von ca. 40 Metern. Die Menge des abgeschiedenen Staubes ist beträchtlich: etwa 30.000 – 40.000 Tonnen pro Jahr. Aufgrund ihrer chemischen Zusammensetzung kann die Flugasche unter bestimmten Bedingungen als Betonzuschlag oder als Rohstoff für die Zementherstellung verwendet werden.

Kleine Einführung in die Kerntechnik Wie kann man sich den Vorgang der Kernspaltung durch ein Gedankenmodell veranschaulichen? Das Uran in der Tablette besteht zu 3% aus spaltbarem Uran 235 und zu 97% aus nicht spaltbarem U 238. Betrachten wir ein einzelnes Uran 235-Atom.

Es besteht aus einem positiv geladenen Atomkern und 92 darum herumfliegenden (negativen) Elektronen. In der Regel sind in einem Atomkern neben den Protonen genauso viel Neutronen vorhanden (eine Ausnahme bildet das Wasserstoffatom, welches kein Neutron aufweist). Auf die Neutronen wirken keine elektrischen Kräfte; sie werden nur durch Atomkerne gebremst oder aufgehalten. Soll ein solcher Uran 235-Atomkern gespalten werden, muss

man ihn beschießen. Verwendet man dazu negative Geschosse, können diese nicht durch die Hülle in den Atomkern eindringen, da die Hüllelektronen auch negativ sind. Aus dem gleichen Grund können positive Geschosse nicht in den positiven Kern eindringen. Darum werden die Neutronen als neutrale Teilchen für die Geschosse verwendet. Sind die Neutronen zu schnell, durchfliegen sie den Kern ohne ihn zu spalten. Sind sie zu langsam, können sie gar nicht eindringen. Nur wenn sie eine relativ langsame Geschwindigkeit von etwa 2 km/s haben, können sie eindringen und im Kern stecken bleiben (Vergleich: Schießt ein Pistolenschütze aus der Nähe auf einen Fußball, dann fliegt die Kugel glatt durch den Ball. Schießt er dagegen aus großer Entfernung, trifft er den Fußball zwar noch, aber die Kugel hat zu wenig Energie um einzudringen. Nur aus einer bestimmten Entfernung hat die Kugel eine solche Geschwindigkeit, dass sie die vordere Wand des Fußballes durchschlägt, die hintere aber nicht. Die Kugel steckt im Ball.). Wenn nun ein Uran 235-Kern ein Neutron eingefangen hat, wird er instabil und es entsteht ein kurzlebiges Zwischenprodukt U-236. Dieses spaltet sich in zwei Bruchstücke (z. B. Krypton-89 oder Barium-144), die nun aufgrund der Gleichnamigkeit ihrer Ladungen mit großer Geschwindigkeit und Energie auseinanderfliegen. Es entstehen also erstens 2 Bruchstücke (neue Atome) und zweitens Energie ! Dieser Energiegewinn geht mit einem winzigen Masseverlust einher, sie wird in Wärme umgesetzt. Mit der Bewegungsenergie werden im Kristallgitter des Uran die umliegenden Atome angestoßen, die dadurch in Schwingungen versetzt und abgebremst werden. Diese Schwingungen sind aber nichts weiter als Wärmeenergie. Bei der Spaltung von einem Kilo Uran wird die ungeheuer große Menge von 2,8 Mio kWh oder 10 Billionen Joule an Energie frei.

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Grundlagen der Elektrotechnik

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Brennelement

Energie

Energie

A

B

U235+

Ein Neutron dringt inden Kern ein

U235+

Steuerstab

U236+

z. B. Krypton 89

z. B. Barium 144

kurzlebiges Zwischenprodukt

Die Wärme erwärmt das von unten nach oben vorbeiströmende Wasser bis zum Verdampfen. Dieser Dampf treibt die Turbine an. Im Druckwasserreaktor wird Natrium als Kühlmittel zum Wärmetransport verwendet. Nun entstehen bei jeder Uran-Atomspaltung auch noch neue Neutronen, die wieder zur Spaltung neuer Uran-Atomkerne benutzt werden können. Sie sind aber so schnell (ca. 10.000 km/s), dass sie keine Spaltung bewirken können. So fliegen sie ziellos im Reaktorkern herum und stoßen immer wieder an andere Atome. Dabei werden sie gebremst, an meisten, wenn sie gegen Atomkerne stoßen, die ungefähr gleich groß sind wie sie selbst: auf die Atomkerne des Wasserstoffes (H), der ein Bestandteil des umgebenden Wassers ist. Erst wenn die Neutronen die langsame Geschwindigkeit von etwa 2 km/s haben, können sie wieder in spaltbare Uran 235-Atome eindringen und diese spalten (z.B. Neutron A). Die Regulierung der „Trefferquote erfolgt durch den Moderator als aus Graphit oder D2O. Wenn beide bei der Spaltung entstehenden Neutronen je eine weitere herbeiführten, würde sich die Zahl der Spaltungen, die Zahl der Neutronen und die freiwerdende Energie immer mehr erhöhen. Um dies zu vermeiden, enthält jeder Reaktor eine gewisse Menge

neutronenabsorbierender Stoffe, wie z.B. Bor oder Kadmium, die gerade so viele Neutronen verschlucken, dass die Zahl der Neutronen und damit die Leistung konstant bleiben. Jeweils 4 Brennelemente werden durch einen Steuerstab „beschattet", so dass ein Reaktor mit 800 Brennelementen durch etwa 200 Steuerstäbe in seiner Leistung gesteuert werden kann. Das Neutron B zum Beispiel könnte durch einen Steuerstab eingefangen werden. Alle Steuerstäbe können von unten in

den Reaktor ein- oder aus ihm herausgefahren werden. Herausfahren bedeutet: Weniger Neutronen werden absorbiert, es gibt mehr Spaltungen, der Reaktor produziert mehr Leistung. Soll der Reaktor plötzlich abgeschaltet werden, können alle Steuerstäbe automatisch eingeschossen werden, so dass keine Neutronen mehr Spaltungen verursachen können. Man könnte befürchten, dass die Neutronen sich durch Spaltungen vermehren ohne einen Steuerstab zu treffen, weil die Steuerstäbe im Reaktorkern ja relativ große Abstände voneinander haben. Diese Furcht ist unbegründet, weil der Abbremsweg der Neutronen im Mittel länger ist als der Abstand zweier Steuerstäbe voneinander Außerdem würde eine unbeabsichtigte Leistungserhöhung sofort eine erhöhte Verdampfung des Wassers bewirken. In Dampf werden Neutronen aber viel schlechter abgebremst als im Wasser, weil Dampf wesentlich weniger Wasserstoffatome (H) enthält. Schlechtere Abbremsung von Neutronen ist aber

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Grundlagen der Elektrotechnik

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gleichbedeutend mit weniger Spaltungen und geringerer Leistung! (Selbstregulierung!)

Regenerative Stromerzeugung

Wasserkraftwerke Die Nutzung der Wasserkraft ist die älteste Form der Energieanwendung durch den Menschen. Schon in grauer Vorzeit wurde die Kraft des Wassers in drehende Bewegung umgewandelt (Schöpfräder 3000 v. Chr., Mühlen mit unterschlächtigen und oberschlächtigen Wasserrädern) In der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde daran gearbeitet, den geringen Wirkungsgrad zu verbessern und James Francis, Lester Pelton und Viktor Kaplan entwickelten die nach ihnen benannten Turbinen. Da zur gleichen Zeit Werner von Siemens die Dynamomaschine erfand und kurze Zeit später auch das Problem der Stromübertragung über weite Strecken gelöst wurde, bot sich die Wasserkraft zur Erzeugung des elektrischen Stromes fernab der Verbraucher an. Die Turbine entzieht dem Wasser potentielle und kinetische Energie. Sie besteht grundsätzlich aus einer Leitvorrichtung und einem rotierendem Laufrad auf einer Welle, das vom Wasser angetrieben wird. In der Bauweise zur Ausnutzung des Druckgefälles unterscheidet man Aktions- und Reaktionsturbinen. Bei der Aktionsturbine wird die gesamte Energie des Wassers vor dem Eintritt in das Laufrad in einer Düse in Bewegungsenergie umgewandelt. Das Wasser gibt dann seine Energie unter gleichbleibendem Druck, aber unter Änderung seiner Geschwindigkeit und seiner Richtung an die Laufradschaufeln ab. Der Druck im Wasserstrahl ändert sich beim Durchgang durch das Laufrad nicht. Diese Bauart wird daher auch als Gleichdruckturbine oder Freistrahlturbine bezeichnet. Bei der Reaktionsturbine nimmt der Druck des Wassers von seinem Eintritt in der Leitvorrichtung bis zum Austritt nach dem Laufrad ständig ab. Durch die Umsetzung der Druckenergie des Wassers wird eine zusätzliche Kraft auf das Laufrad ausgeübt. Das Wasser tritt mit Überdruck in das Laufrad ein und kommt in den sich allmählich verengenden Raum zwischen den gekrümmten Schaufeln. Da pro Zeiteinheit nicht weniger Wasser aus der Turbine herauskommen kann als oben hineingedrückt wurde, bleibt das Durchflussvolumen konstant. Daher muss bei sich verengendem Raum die Geschwindigkeit größer werden (Bernoulli-Gesetz). Vereinfacht errechnet sich das Arbeitsvermögen des Wassers aus Druck mal Geschwindigkeit, und das bleibt gleich. Erhöht sich die Geschwindigkeit, dann verringert sich der Druck, und diese Druckdifferenz wirkt zusätzlich zu den Ablenkungskräften auf die Laufradschaufeln. Ein weiteres Kriterium bei der Konstruktion von Turbinen ist der Winkel gegen die Umfangsrichtung des Laufrades, unter dem das Wasser in das Laufrad eintritt. Man spricht von der Art der Beaufschlagung der Turbine und unterscheidet Zentrifugalturbinen (mit einem Wasserdurchfluss von innen nach außen, Axial- und Tangentialturbinen (mit einem Durchfluss von außen nach innen oder Radialturbinen, bei denen das Wasser in Richtung der Radien des Laufrades strömt. Bei einer vollbeaufschlagten Turbine strömt das Wasser von allen Seiten aus der feststehenden Leitvorrichtung gegen die Laufradschaufeln. Die teilbeaufschlagte Turbine erhält ihr Wasser aus nur wenigen Leitkanälen oder einer Düse.

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Grundlagen der Elektrotechnik

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Die Kaplanturbine ist eine Flügelradturbine, deren Laufrad sich ähnlich einer Schiffsschraube im Wasserstrom dreht. Die Laufradflügel sind drehbar angelegt, und das Wasser strömt über verstellbare Leitschaufeln in die Turbine ein. Die Kaplanturbine ist als Überdruckturbine ausgelegt. Der Wirkungsgrad liegt zwischen 90 und 95 % im Nennlastbetrieb. Die Francisturbine wird als eine der ältesten Turbinenarten im Kleinwasserkraftwerksbereich verwendet. Sie wird bei geringen Fallhöhen und großen Wassermengen (Volumenströmen) eingesetzt. Bei der Francisturbine lassen sich nur die Leitschaufeln verstellen. Die Francisturbine arbeitet als Überdruckturbine und kann als Pumpturbine im Pumpspeicherkraftwerk eingesetzt werden. Der Wirkungsgrad bei Nennlast beträgt 90 %. Die Peltonturbine ist für große Fallhöhen und kleine Wassermengen geeignet. Über Düsen spritzt das Wasser mit hoher Geschwindigkeit auf halbrunde löffelartige Becher, die auf dem Laufrad sitzen. Die Peltonturbine ist eine Freistrahlturbine. Der Wirkungsgrad bei Nennlast beträgt 90 %.

Laufwasserkraftwerke In Laufwasserkraftwerken wird von der Natur "laufend" dargebotenes Wasser verwertet. Meist werden diese Kraftwerke an einem Flusslauf als Niederdruckkraftwerke ausgelegt und arbeiten mit wenigen Metern Fallhöhe.

Speicherkraftwerke Beim Speicherkraftwerk wird das zufließende Wasser nicht unmittelbar genutzt. Es kann im Speicherbecken angesammelt werden. Speicherkraftwerke dienen zur Deckung des Spitzenbedarfs. Speicherkraftwerke nutzen die potentielle Energie des im Speicherbecken gesammelten Wassers bei meist größeren Fallhöhen zur elektrischen Energieerzeugung. Die Kraftwerke arbeiten i. d. R. als Mittel- und Hochdruckanlagen. Im Gebirge bieten sich hochgelegene natürliche und künstliche Seen an, um das Wasser zu speichern.

Pumpspeicherkraftwerke Eine besondere Variante des Speicherkraftwerkes ist das Pumpspeicherkraftwerk. In lastschwachen Zeiten wird Wasser mit Hilfe elektrischer Energie in ein höhergelegenes Speicherbecken gepumpt. Bei Spitzenbedarf kann elektrische Energie ins Netz abgegeben werden. Das Pumpspeicherkraftwerk dient zur Energiespeicherung und zur Deckung des Stromspitzenbedarfes.

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Netze

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Freq.schwankungen im europ. Verbundnetz

<0,1 Hz, da Eingriff der Primärregelung

Netze Die elektrische Energie weist als maßgebendes Charakteristikum auf, dass sie an ein Leitungsnetz gebunden ist und nicht in nennenswertem Maß gespeichert werden kann wie Gas oder Öl. Strom muss im selben Augenblick erzeugt werden, in dem er gebraucht wird.

Spannungsebenen Ein Netz ist die Gesamtheit der elektrisch miteinander verbundenen Leitungen und Anlagenteile gleicher Nennspannung. Es kann nach Aufgaben, Betriebsarten, Span-nungen, nach Besitzverhältnissen oder nach den technischen Netzformen (Ringnetz, Strahlennetz) benannt sein. Besondere Netze sind:

• Verbundnetz: Es dient dem überregionalen, grenzüberschreitenden Austausch von Elektroenergie auf Höchstspannungsebene im elektrischen Verbundbetrieb. Die Nennspannung beträgt > (220) 380 kV, die Kurzschlussleistung ca. 50 GVA.

• Transportnetz: Dieses Übertragungsnetz dient der Übertragung zu nachgeordneten Verteilnetzen. Die Nennspannung beträgt 110 kV - 220 kV (Hochspannung), die Kurzschlussleistung zwischen 8 und 20 GVA.

• Verteilnetz: Verteilt die Energie innerhalb einer begrenzten Region zur Speisung von Transformatorstation. Die Nennspannung beträgt 10 kV - 30 kV (Mittelspannung), in Ballungsgebieten bis 110 kV, die Kurzschlussleistung 250 - 500 MVA.

Zur Erhöhung der Betriebssicherheit, zum ökologisch und ökonomischen optimierten Einsatz der Primärenergien wurde 1951 die UCPTE (Union für die Koordination der Erzeugung und des Transports elektrischer Energie) gegründet, der mittlerweile nahezu alle westeuropäischen Staaten (Großbritannien, Skandinavien und einige Länder Osteuropas über Gleichstromkupplungen (HGÜ) angehören. Durch sie ist der Austausch der Energie über Ländergrenzen hinweg ohne komplizierte Formalitäten möglich. Besonders wichtig ist dies bei der Regelung der Kraftwerksblöcke im Verbundnetz. Bei Ausfall eines großen Kraftwerkblocks, z.B. 2500 MW, soll die stationäre Netzfrequenzabweichung durch Deckung der Mehrbelastung durch die Bewegungsenergie der rotierenden Massen der verbleibenden Generatoren auf rund 0,150 Hz begrenzt bleiben. Die automatische Primärregelung sorgt nun für den sofortigen Anstieg des Dampfdurchsatzes in den Turbinen, so dass im deutschen Verbundnetz innerhalb 30 sec die vereinbarte Reserveleistung von 2,5% der augenblicklichen Erzeugung zur Verfügung steht (50% der Reserveleistung innerhalb 5 sec !). Unterstützend

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Netze

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50,00

49,98

49,96

49,94

49,92

-2 0 2 4 6 8 10 12 14

SekundärregelungPrimärregelung

Störungsanfang

∆f

Zeit (min)

Freq

uenz

(Hz)

Frequenzverlauf nach einer Störung

Tagesbelastung eines Überlandwerkes um 1910

wirkt hierbei auch der frequenzabhängige Rückgang der Verbraucherlast im gesamten Verbundnetz. Da diese Sekundenreserve jedoch zeitlich begrenzt ist, wird gleichzeitig mit der Primärregelung die Sekundärregelung veranlasst, die nach spätestens 15 Minuten die Primärregelung ablöst. Sie regelt die durch die Primärregelung aufgetretenen Abweichungen als proportional-integral wirkender Regler wieder zurück und stellt das Gleichgewicht zwischen Erzeugung und Verbrauch wieder her. Ein Leistungs-Frequenz-Regler kontrolliert den Leistungsfluss an den Kuppelstellen und vergleicht ihn mit den vereinbarten Übergabewerten. Bei einem Leistungsdefizit steuert der Regler die Kraftwerke und führt die Netzfrequenz wieder an den Normwert von 50 ± 0,05 Hz heran. Für die deutschen Verbundpartner übernimmt die RWE Energie in Brauweiler bei Köln die Sekundärregelung an allen Kuppelstellen zum UCPTE-Netz. (Ein Wort zur Niederspannung: Mit der Übernahme der internationalen Norm DIN IEC 38 im Mai 1987 wurde die Nennspannung von 220/380 V durch den neuen Wert 230/400 V ersetzt. Für die Umstellung ist eine Übergangsfrist bis zum Jahr 2003

vorgesehen. Während dieser Zeit soll die Betriebsspannung des Netzes die Werte 230/400 V +6% -10% (244 V und 207 V) am Hausanschluss nicht überschreiten. Nach 2003 gilt ein Toleranzbereich von ± 10 %, d.h. 207 / 253 V).

Im allgemeinen werden Netze redundant nach dem sogenannten n-1-Prinzip ausgebaut. Hiernach gelten die Übertragungs- und Verbundnetze als hinreichend zuverlässig, wenn sie den

Ausfall eines beliebigen Betriebsmittels ohne Überlastung der verbleibenden und ohne Inselnetzbildung verkraften. Das gleichzeitige oder unmittelbar aufein-anderfolgende Auftreten mehrere Ausfälle gemeinsamer Ursache bleibt wegen der äußerst geringen Wahrscheinlichkeit unberücksichtigt. Vorübergehende Spannungsgrenzwertverletzungen und Überlastungen werden dabei zugelassen, wobei die Überstromanregung der Schutzorgane die Grenzen vorgibt.

Für die Netzplanung gilt es, neben der Zuverlässigkeit, der Kostenoptimierung bei Investitionen und Betriebskosten und der Umweltverträglichkeit eine Vielzahl von Randbedingungen zu vereinen: Spannungshaltung und Blindleistungsbilanz, Lastfluss und Netzverluste sowie die flexible Reaktion auf kurzfristige Änderungen der Planungsvoraussetzungen seien hier stellvertretend genannt.

Der Belastungsverlauf wird von den menschlichen Lebensgewohnheiten, abhängig vom Rhythmus von Tag und Nacht und von den Jahreszeiten, aber auch vom Verlauf der wirtschaftlichen Entwicklung bestimmt. Unter

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Netze

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Belastung versteht man die von den Abnehmern in Anspruch genommene Leistung, die über einen Zeitraum ( z. B. eine Viertelstunde) gemittelt wird.

Netzformen Mittelspannungsverteilnetze übertragen die elektrische Energie von den Einspeise-punkten bis zu den Mittelspannungs-Kundenstationen (Abnehmerstationen, ASt.) und den Ortsnetzstationen (NSt.).

Typische Formen dieser Netze sind: • Geschlossen betriebene Netze • Offen betriebene Netze

Geschlossen betriebene Netze können sowohl in Vermaschungen als auch in Ringstrukturen gefahren werden. Die Vorteile der Maschennetze liegen in der großen Verfügbarkeit und Spannungsqualität sowie in den geringen Netzverlusten und in den einfachen Erweiterungsmöglichkeiten. Als Nachteile sind der hohe Investitions- und Netzschutzaufwand zu verzeichnen. Dazu kommt die Tatsache, dass ein Maschennetz in der Regel aus nur einem Hochspannungsnetz gespeist wird, so dass bei Ausfall dieses Netzes eine Wiederinbetriebnahme schwierig wird. Wegen der großen Kurzschlussleistung ist diese Netzform meist auf Niederspannungsnetze beschränkt. Geschlossen betriebene Ringnetze werden aus mehreren Einspeisestellen versorgt, so dass bei Ausfall einer Anschlussleitung alle Kunden ohne Versorgungs-unterbrechung weiterversorgt werden können. Auch hier wirkt sich der hohe Netz-schutzaufwand nachteilig aus; gestörte Kabelabschnitte lassen sich nicht durch Kurzschlussanzeiger feststellen.

Der einfachste Fall eines offen betrieben Netzes ist das Strahlennetz. Es zeichnet sich durch seinen übersichtlichen Aufbau, den minimalen Schutzaufwand und seine geringen Investitionskosten aus. Als Nachteile stehen dagegen die geringe Ver-sorgungssicherheit, die großen Leitungsverluste und die hohen Spannungsfälle an den Leitungsenden.

Vielfach durchgesetzt haben sich offen betriebene Ringnetze, die die Vorteile der zuvor beschrieben Netzformen vereinen. Bei der Belastung der Halbringe muss be-achtet werden, dass sie nur bis maximal 60% der Kabelnennlast ausgelastet werden dürfen, um als Störungsreserve die andere Ringhälfte weiterversorgen zu können. Die Wahl einer optimalen Normal-Trennstelle ist nicht nur vom Lastverlauf innerhalb eines Ringes abhängig (Minimierung der Netzverluste), betriebliche Anforderungen wie einfache Zugänglichkeit und Erreichbarkeit, die Qualität der Schaltanlage und die Netzstruktur (Überschaubarkeit des Netzes) spielen hier eine große Rolle. Ebenfalls ist an eine Optimierung bei der Fehlereingrenzung zu denken.

Neben der „reinen“ Netzform gibt es zur weiteren Erhöhung der Versorgungs-sicherheit auch die Möglichkeit, wichtige Stationen (z. B. Gegenstationen) mit Re-servekabeln auszustatten oder Querverbindungen im Netz zu schaffen.

Die Spannungshaltung der Netze erfolgt in den speisenden Umspannwerken durch regelbare Transformatoren. Die Ströme der aus diesen Anlagen führenden Mittel-spannungsleitungen werden gemessen und ihre Höchstwerte registriert. In den Netzstationen wird der Höchstwert der Belastung durch Bimetallmesswerke mit

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Netze

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Schleppzeiger gemessen. Daneben werden zum „Qualitätsnachweis“ regelmäßige und über das Netz verteilte Messungen von Spannung und Leistung mit beweglichen Messeinrichtungen durchgeführt.

Die Übertragung und Verteilung elektrischer Energie ist wie jeder physikalische Vor-gang mit Verlusten verbunden. Die Gesamtverluste eines Netzes setzen sich aus den Stromwärmeverlusten, den Verlusten infolge der Magnetisierung, den Ableit-verlusten und dem Eigenverbrauch der Zähler und Messwandler zusammen. Die Stromwärmeverluste stellen den Hauptanteil dar. Sie sind von der Stromhöhe ab-hängig und lassen sich durch die Erhöhung der Spannung, durch größere Quer-schnitte und durch Blindstromkompensation verringern. Im Gegensatz dazu sind die Magnetisierungsverluste in den Umspannern vom Energiedurchfluss praktisch unab-hängig. Ableitverluste aus den Dielektrika und den Isolationen sowie Koronaverluste an Höchstspannungsfreileitungen stellen den kleinsten Anteil dar.

Sternpunktbehandlung Die optimale Versorgung der Kunden stellt viele Anforderungen an die Netze: • Betriebs- und kundenabhängige Forderungen:

- praktisch unterbrechungsfreie Versorgung aller Kunden – Verträglichkeit mit industriellen Prozessen der Kunden – Fehlererfassung ohne betriebliche Schalthandlungen – Wirtschaftlichkeit bei späterem Netzausbau

• Stromabhängige Forderungen: - kleine Fehlerstromstärken – geringe Auswirkung des Störlichtbogens, selbständiges Erlöschen – geringe Beeinflussung anderer Leitungsnetze – kleine Schritt- und Berührungsspannungen

• Spannungsabhängige Forderungen: - geringe Anhebung der betriebsfrequenten Spannungen in fehlerfreien Leitern – Vermeidung von Erdschlussfolgefehlern, z. B. Doppelerdschlüssen – Vermeiden von Überspannungen als Folge von Zünden des Lichtbogens oder von Schalthandlungen – Vermeidung von Kippschwingungen

Dabei zeigt sich, dass zur Erfüllung dieser Forderungen die Behandlung des Sternpunktes eine wesentliche Rolle spielt. Bei symmetrischem Bau und Betrieb der Netze weisen die Sternpunkte des Generators und des Verbrauchers gleiches Potential auf. Sie dürfen folglich beliebig miteinander verbunden oder getrennt werden.

Weit verbreitet in Deutschland ist die Erdschlusskompensation. Hierbei wird der Sternpunkt des Transformators über eine Spule mit Erde verbunden. Im Erdschlussfall nehmen die beiden gesunden Leiter die Außenleiterspannung an, der Erdschlussstrom wird jedoch bis auf seine Wirkanteile kompensiert und sein Lichtbogen erlöscht im Strom-Nulldurchgang. Ein solchermaßen betriebenes Netz wird „gelöschtes Netz“ genannt.

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Betriebsmittel

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Prüfspannung min. Schlagweite

Max. Betriebsspg. Bei 50 Hz Stoßspannung Innenraum Freiluft

12 kV 35 kV 75 kV 110 mm 150 mm

24 kV 55 kV 125 kV 180 mm 225 mm

36 kV 75 kV 170 kV 260 mm 330 mm

123 kV 230 kV 550 kV 800 mm 1000 mm

420 kV 630 kV 1550 kV

Schlagweiten

Betriebsmittel

Isoliermittel Bei den Bauelementen und Geräten der Hochspannungstechnik kommt den Isolier-stoffen eine zentrale Bedeutung zu, da sie oft Konstruktion und Form bestimmen. Eine Größe zur Beschreibung der elektrischen Festigkeit ist die Durchschlagspan-nung Ud. Sie ist die Spannung, bei einem bestimmten zeitlichen Verlauf, bei dem das isolierende Dielektrikum durch einen Entladungsvorgang vorübergehend oder bleibend seine Isolierfähigkeit verliert. Wird es durch den Entladungskanal vollständig überbrückt (niedriger elektrischer Widerstand) spricht man von einem vollkommenen Durchschlag. Bei einer örtlich begrenzten Überbeanspruchung des Dielektrikums spricht man von einem unvollkommenen Durchschlag. Die Spannung, bei der ein unvollkommener Durchschlag eintritt, wird Einsetzspannung Ue genannt. Bei Er-reichen dieser Spannung treten Teilentladungen auf, die durch die zunehmende Ausbreitung zum vollkommenen Durchschlag führen können. Ein Beispiel für einen unvollkommenen Durchschlag ist die Koronaentladung auf Hochspannungs-freileitungen. Einfluss auf den Durchschlag haben Luftdichte, Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Bei festen Isolierstoffen können Werte für die Durchschlagsfestigkeit von 100 kV/cm er-reicht werden; in Luft unter normalen atmosphärischen Bedingungen kann ein Wert von 1 kV/cm angenommen werden. Für die Dimensionierung von Mindest- und Schutzabständen ist die Kenntnis der

größten Schlagweite von großer Wichtigkeit. Die in der Hochspannung wichtigsten Isolierstoffe sind Luft, SF6, Porzellan, Mineral-öle und Kunststoffe. Unter den Naturgasen besitzen Luft und Stickstoff die höchsten Durchschlagsfeld-stärken. Zur Erhöhung der Festigkeit wird Druckgas eingesetzt, häufig mit trockenem Stickstoff gemischt zur Verhinderung von Oxidationen (Gasinnen- und -außendruck-kabeln). Die elektrische Festigkeit steigt bis ca. 10 bar proportional zum Druck, da-nach werden Unregelmäßigkeiten der Elektrodenoberfläche zunehmend wirksam. Als Isoliergas wird in metallgekapselten Hochspannungsschaltanlagen nur noch Schwefelhexafluorid (SF6) verwendet. Dieses Gas hat eine hohe dielektrische

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Betriebsmittel

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Festigkeit. Sie ist bei Normaldruck etwa 3 mal so hoch wie die von Luft. Daher sind nur geringe Drücke nötig, um das entsprechende Isolierniveau zu erhalten, wobei quasihomogene Felder vorausgesetzt werden. Als Nennisolierdrücke in den Anlagen werden Werte zwischen 2,5 und 5 bar gewählt. Die dielektrische Festigkeit von SF6 ist bei gleichbleibender Dichte unabhängig von der Temperatur konstant. Daher be-stimmt die Dichte und nicht der Druck die elektrische Dimensionierung. Die Eigen-schaften des SF6 können von seiner Molekülstruktur abgeleitet werden. Das Gas hat durch den hexagonalen Aufbau seines Moleküls einen edelgasartigen Charakter. Es ist farblos, geruchlos, geschmacklos, nicht brennbar, ungiftig und physiologisch un-gefährlich. SF6 ist elektronegativ und etwa 5mal schwerer als Luft. Unter Atmosphä-rendruck. ist es bis -63°C gasförmig, seine Verflüssigungstemperatur ist druckab-hängig. Das Gas ist chemisch inaktiv bis 500°C, oberhalb 2000°C tritt völlige Dissoziation ein. Durch die große Dissoziationsenergie bei verhältnismäßig geringen Dissoziationstemperaturen ist SF6 auch ein geeignetes Löschmittel für Hochspannungsleistungsschalter. Im Lichtbogen des Löschvorgangs bilden sich schwefel- und fluorhaltige, gasförmige Verbindungen wie SOF2, SO2, F2SOF4, HF und staubförmige Verbindungen wie WF6, CuF2. Diese Spaltprodukte sind chemisch aktiv und wirken zusammen mit Wasser zum Teil aggressiv. Feuchtigkeit muss daher aus den Schalträumen ferngehalten oder im Innern gebunden werden. Falls nach einem Lichtbogenkurzschluss zersetztes SF6 austritt, müssen Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden. Porzellan ist ein Aluminiumsilikat, bestehend aus 50% Kaolin, 25% Feldspat und 25% Quarz. Die typische Durchschlagfeldstärke beträgt 20 - 40 kV/mm. Es ist gasdicht, licht- und korrosionsbeständig gegen Säuren und Laugen (Ausnahme: Flusssäure HF), temperaturbeständig und lichtbogenfest. Seine Unempfindlichkeit gegen Fremdschichten lassen einen Freilufteinsatz zu. Wegen der Materialspröde besteht eine Empfindlichkeit gegen lokale mechanische Überbeanspruchungen; ein Bruch erfolgt spontan ohne vorheriges Fließen. PVC ist ein harter, weißer Stoff, der zum Einsatz als Kabelisolierung mit Füllstoffen (Kreide, Kaolin), Stabilisatoren (basische Bleiverbindungen), Weichmachern und Gleitmitteln vermischt wird. Bedingt durch die hohen dielektrischen Verluste ist die Anwendung von PVC-Kabeln auf den Spannungsbereich bis 5,8/10 kV begrenzt. Aufgrund ihrer Teilentladungsbeständigkeit (Störstellen werden durch die leitfähigen Zersetzungsprodukte bei Teilentladungen elektrisch abgekapselt) kann bis zu einer Nennspannung von 6 kV auf Leitschichten verzichtet werden. Bei sehr hohen Temperaturen wirkt die Entstehung von Chlorwasserstoff brandhemmend, er ist jedoch giftig und korrosionsfördernd. Da PVC chemisch sehr beständig und wasserunempfindlich ist, können die Kabel ohne metallischen Mantel in Erde gelegt werden. Die zulässige Betriebstemperatur liegt je nach Nennspannung zwischen 65 bis 70°C, die Kurzschlusstemperatur bei 150°C. Bei der Herstellung wird das granulatförmige Material geschmolzen und nahtlos auf den im Extruder durchlaufenden Leiter aufgebracht. Polyethylen (PE) wird als teilkristallines Material (d. h. räumlich geordnete [=kristalline] Bereiche, unterbrochen durch ungeordnete [=amorphe] Bereiche) in reiner Form, versehen mit Alterungsschutzmitteln, verarbeitet. Es weist gute elektrische Eigenschaften wie niedrige dielektrische Verluste auf, ist jedoch empfindlich gegen Teilentladungen. Weitere Nachteile sind seine Brennbarkeit, die Wasserempfindlichkeit und die Unbeständigkeit gegen UV-Strahlung. Bei der Herstellung mit Schneckenpressen bei 200°C muss es langsam zur Raumtemperatur abgekühlt werden, um Schrumpflunker zu vermeiden.

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Betriebsmittel

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Zur Verbesserung des Temperaturverhaltens kann PE durch energiereiche Bestrahlung mit γ-Strahlen oder durch chemische Reaktionen (Peroxyd) vernetzt werden. Oberhalb der Schmelztemperatur der Kristalle verhält sich VPE mechanisch wie weicher Gummi, daher die Bezeichnung „Thermoelast“. Da durch die Vernetzung ein Riesenmolekül entsteht, wird die Beständigkeit gegenüber oberflächenaktiven Flüssigkeiten verbessert. Im Vergleich zu PE ist die Fertigung komplizierter: Es wird mit Extrudern bei ca. 130°C in ein Dampfrohr unter 16 - 20 bar Druck gepresst. Der Werkstoff lässt Leitertemperaturen bis 90°C und Kurzschlusstemperaturen bis 250°C zu. Bei der heute üblichen dreifachen Extrudierung werden innere Leitschicht, Isolierung und äußere Leitschicht in einem Arbeitsgang zur Verminderung von Störstellen fest miteinander verschweißt. Anders als bei den papierisolierten Kabel, bei den das geschichtete Dielektrikum Fehlerstellen mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließt und die Isolierflüssigkeit in entstehende Hohlräume nachwandert, fehlt bei den extrudierten Kabeln dieser Selbstheileffekt; der Nachteil kann nur durch äußerste Sauberkeit und hohe Präzision bei der Fertigung ausgeglichen werden. Inhomogenitäten im mikroskopischen und makroskopischen Bereich bleiben ortsfest und können sich zu Fehlerstellen entwickeln. Da dieses Kabel ohne schützenden Metallmantel in Erde gelegt werden, ist ihre Isolierung ständig der Bodenfeuchte ausgesetzt. Dabei spielt das noch nicht hinreichend geklärte Phänomen der Bildung von Wasserbäumchen eine besondere Rolle. Eine Einteilung dieser „Bäumchen“ erfolgt in die Klassen

• elektrische Entladungsbäumchen (electrical tree, ET) • Wasserbäumchen (vented tree (an den Isolieroberflächen) und bow-

tie-tree (im Inneren der Isolierung), VT) • elektrochemische Bäumchen (electrochemical tree, ECT)

Ihnen ist gemeinsam, dass sie an Störstellen mit einer hohen Feldkonzentration bei gleichzeitigem Wassereinfluss entstehen und mit der Zeit bis zum vollkommenen elektrischen Durchschlag führen können. Isolierpapiere: Ein wichtiges Hochspannungsisoliermittel bis 60 kV ist Ölpapier. Es wird aus ölimprägnierter Zellulose hergestellt und kommt in Transformatoren, Wandlern, Durchführungen und Kabeln zum Einsatz. Die Zellulose wird aus Holzzellstoff (nicht aus Lumpen) gekocht und als Rohstoff in Wasser gelöst und zermahlen. In der Papiermaschine entsteht durch Druck das Trafopapier in Stärken von 0,05 bis 0,08 mm und das Kabelpapier von 0,08 bis 0,2 mm. Durch seine hygroskopischen Eigenschaften nimmt Papier in normaler feuchter Atmosphäre Wasser auf, wodurch sich der Durchgangswiderstand und die Alterungsbeständigkeit rapide verschlechtert. Betriebsmittel mit Ölpapierimprägnierung werden bei der Herstellung im Vakuum zum Erreichen einer geringen Restfeuchte bei Temperaturen über 100°C je nach Dicke der Isolierung über Tage und Wochen getrocknet. Ebenfalls unter Vakuum wird anschließend das aufbereitete und erwärmte Mineralöl zugesetzt. Das Öl löst im Papier verbliebene Restgase, während das nun stark hygroskope Papier dem Öl noch vorhandene Restfeuchtigkeit entzieht. Die Viskosität des Öles ist für Ölkabel niedrig, bei Massekabeln wird ein eingedicktes, mit Harzzusatz versehenes Mineralöl verwendet. Mineralöle: Die heute als Isolier und Kühlflüssigkeiten verwendeten Öle, die man als Isolieröle bezeichnet, werden aus dem Destillat geeigneter Erdöle mit einem Siedebereich von 250 bis 400°C gewonnen. Sie besitzen einen tiefen Stockpunkt sowie die von einer Isolier- und Kühlflüssigkeit geforderte Fließfähigkeit bei tiefen

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Betriebsmittel

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Temperaturen. Die wichtigsten Kriterien für die Verwendbarkeit eines Isolieröls sind: • Niedrige Viskosität in Verbindung mit ausreichend hohem

Flammpunkt. • Hohe chemische und dielektrische Reinheit (niedrige Säurezahl,

niedriger Verlustfaktor, hohe Durchschlagspannung) . • Hohe Alterungsbeständigkeit, um eine lange Lebensdauer des

Isolieröls zu erreichen. Die ohnehin gute natürliche Oxidationsbeständigkeit kann durch synthetische Zusätze, wie Inhibitoren oder Passivatoren, über das natürliche Maß hinaus noch erhöht werden.

Gas-in-Öl-Analyse: Viele Fehler in ölgefüllten Betriebsmitteln gehen mit einer Freisetzung von Gasen einher, z. B. Teilentladungen, Funkenentladungen, Lichtbögen oder lokale Überhitzungen. Diese Gase, die aus dem Abbau der Isolierstoffe – Isolieröl, Papier, Pressspan - herrühren, lösen sich ganz oder teilweise im Öl. Dabei ist zu beobachten, dass die Zusammensetzung der Gase für die Fehlerart charakteristisch ist (Schlüsselgas SG und Begleitgas BG), die Menge für die Intensität des Fehlers und die zeitliche Zunahme für die Dauer. Sie Gas-in-Öl-Analyse führt zu einem frühzeitigen Erkennung von Schwachstellen und erleichtert die Störaufklärung. Zum Erkennen von Alterungserscheinungen sollten regelmäßige Untersuchungsintervalle eingehalten werden, für deren Zeitfolge aufgrund von stark unterschiedlichen Betriebs- und Umgebungsbedingungen nur annähernde Angaben gemacht werden können. Bei Netztransformatoren ist ein Intervall zwischen drei und fünf Jahren sinnvoll, bei Erdschlusslöschspulen und bei Stichprobenprüfungen von Ortsnetztransformatoren von zehn Jahren.

Kabel Das Wort „Kabel“ stammt aus dem Arabischen und bedeutet Seil oder Tau. Im frühen Mittelalter übernahmen Seeleute den Begriff (vgl. Kabellänge = 185,2 m) und die ersten elektrischen Kabel wurden von Seilmachern (Reepschlägern) hergestellt. Im deutschen Sprachgebrauch wird (historisch bedingt) zwischen „Kabeln“ und „Leitungen“ unterschieden. Während Leitungen im allgemeinen für

Verdrahtungen, Installationszwecke und zum Anschluss ortsveränderlicher Geräte benutzt werden, dienen Kabel zur Übertragung der elektrischen Energie in Netzen der Energieversorgungsunternehmen und der Industrie mit erhöhten Anforderungen an die Zuverlässigkeit. Als Faustregel gilt: Kabel werden in Erde verlegt, Leitungen ausschließlich in Luft. Flexible Bauarten, z. B. Baggertrommelleitungen auch mit Nennspannungen über 1 kV, gehören stets zu den Leitungen. Das erste Starkstromkabel wurde 1880 von Werner von Siemens für den Betrieb von elektrischen Bogenlampen hergestellt. Es hatte sieben mit Guttapercha isolierte Kupferleiter von je 4 mm2, eine Umhüllung der Adern aus asphaltierter Jute sowie galvanisierte Drähte zur Bewehrung. Die Betriebsspannung betrug 220 V, die Stromstärke 7 A. Die Aufbauelemente eines Kabels sollen nun näher erläutert werden. Für die Leiter werden Kupfer (E-Cu) oder Leitaluminium (E-Al) verwendet. Kupfer besitzt einen außerordentlich hohen Leitwert, der nur noch von Silber übertroffen wird, sowie ein ausgezeichnetes Kontaktverhalten. Aluminium wurde erstmals im

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Betriebsmittel

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Ersten Weltkrieg wegen der Kupferknappheit verwendet und hat sich seitdem aufgrund kostenmäßiger Überlegungen behauptet. Bei gleicher elektrischer Leitfähigkeit

• wiegt ein Aluminiumleiter nur etwa die Hälfte eines Kupferleiters, • beträgt der Querschnitt eines Aluminiumleiters etwa das 1,6-fache des

Kupferquerschnittes, • ist der Leiterdurchmesser bei Aluminium etwa 1,27 mal größer als bei

Kupfer. Bei beiden Werkstoffen kann der Leiter kreis- oder sektorförmig sowie ein- oder mehrdrähtig sein. Damit ein Leiter größeren Querschnittes über ausreichende Biegsamkeit verfügt, wird ein weicheres Aluminium als für mehrdrähtige Leiter verwendet. Öl- und Gasdruckkabel haben besondere Leiter, wie Hohlleiter und ovale Leiter. Die angegebene Querschnittsfläche bezieht sich nicht auf den geometrischen Querschnitt, sondern auf den elektrisch wirksamen Querschnitt. Er ist neben dem spezifischen Leiterwiderstand abhängig von der Schlaglänge und von der Leiterverdichtung. Der Nennquerschnitt bestimmt die maximale Strombelastbarkeit und damit die Erwärmung eines Kabels. Zur verlustarmen Energieübertragung wählt man jedoch den sog. wirtschaftlichen Querschnitt, der ein Optimum von Kabelkosten und jährlicher Verlustleistung darstellt. Obwohl dieser größere Querschnitt einen erhöhten Materialaufwand erfordert ist die damit verbundene Einsparung an Verlusten bezogen auf eine 30jährige Betriebsdauer erheblich größer. Auf den Leitern der Mittel- und Hochspannungskabel wird eine innere leitende Schicht (auch Leiterglättung genannt) aufgebracht, die bei einem mehrdrähtigen Leiter das elektrische Feld an der Oberfläche zur Vermeidung von Teilentladungen homogenisiert. Die hierfür verwendeten Gewebebänder oder Kunststoffschichten (aus Polymer-Compound, das durch Rußzusatz leitfähig gemacht wird) mindern bei Kurzschlüssen die mechanische und thermische Beanspruchung des Kabels. Bei papierisolierten Kabeln besteht sie aus mehreren Lagen von leitfähigem Papier (Carbonpapier oder Rußpapier genannt). Für die Isolierung werden Ölpapiere oder Kunststoffe eingesetzt. Die seit Jahr-zehnten in allen Spannungsebene bewährten ölgetränkten Papiere bestehen aus getrocknetem Isolierpapier (Restwassergehalt 0,1 %) und dem mit Alterungsschutz-mitteln versehenen Isolieröl, das die Hohlräume ausfüllt und damit zu einer gleich-mäßigen elektrischen Belastung der Isolierung beiträgt. Das Öl hat schwierigen An-forderungen zu genügen:

• dünnflüssig bei Imprägniertemperatur (130°C) • dickflüssig bei Betriebstemperatur (50 - 60°C) • kein Kristallisieren bei tiefen Temperaturen (kein brüchig werden)

Bei der Umwicklung des Leiters wird mit einem 3-5 mm breiten Spalt gewickelt, der von der nächsten Papierlage abgedeckt wird. Damit kann das Kabel ohne Faltenbil-dung des Papiers gebogen werden und die Bildung von Durchschlagkanälen wird erschwert. Die maximal zulässige Kurzschlusstemperatur beträgt 140 - 180°C. Bei Kunststoffisolierungen werden vornehmlich Polyvinylchlorid (PVC) und Polye-thylen (PE) als Thermoplaste oder als Thermoelaste vernetzte Polyethylene (VPE) eingesetzt. Bedingt durch die hohen dielektrischen Verluste ist die Anwendung von PVC-Kabeln auf den Spannungsbereich bis 5,8/10 kV begrenzt. Bei sehr hohen Temperaturen wirkt die Entstehung von Chlorwasserstoff brandhemmend, er ist

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jedoch giftig und korrosionsfördernd. Da PVC chemisch sehr beständig und wasserunempfindlich ist, können die Kabel ohne metallischen Mantel in Erde gelegt werden. Die zulässige Betriebstemperatur liegt je nach Nennspannung zwischen 65 bis 70°C, die Kurzschlusstemperatur bei 150°C. Polyethylen wird als teilkristallines Material in reiner Form, versehen mit Alterungsschutzmitteln, verarbeitet. Es weist gute elektrische Eigenschaften wie niedrige dielektrische Verluste auf, ist jedoch empfindlich gegen Teilentladungen. Weitere Nachteile sind seine Brennbarkeit, die Wasserempfindlichkeit und die Unbeständigkeit gegen UV-Strahlung. Zur Verbesserung des Temperaturverhaltens kann PE durch energiereiche Bestrahlung mit γ-Strahlen oder durch chemische Reaktionen (Peroxyd) vernetzt werden. Der Werkstoff lässt Leitertemperaturen bis 90°C und Kurzschlusstemperaturen bis 250°C zu. Die äußere Leitschicht bewirkt eine gleichmäßige Belastung des Isolierstoffes, so dass lokale Feldstärkeüberhöhungen nicht auftreten. Bei papierisolierten Kabeln besteht sie aus metallisiertem Papier (Höchstädter Folie) oder aus einer Kombination von Aluminiumbändern und leitfähigem Papier. Bei kunststoffisolierten Kabeln wird sie vorzugsweise zusammen mit der Isolierung als eine leitfähige Polymer-Compound-Schicht aufgebracht und vernetzt. Bei der Montage muss sie mit einem Werkzeug abgeschält werden. Für die Kabelmäntel stehen neben Blei und Aluminium auch die Werkstoffe PVC und PE zur Verfügung. Kabelblei (schwachgekupfertes Blei) ist das älteste Mantelmaterial und besitzt mit seiner chemischen Stabilität und seiner guten Biege-fähigkeit viele Vorteile. Aluminiummäntel erfordern einen beständigen Korrosions-schutz, besitzen jedoch eine hohe Elastizität und eine gute elektrische Leitfähigkeit. Kunstoffmäntel aus PVC werden vornehmlich bei Niederspannungskabeln einge-setzt. Im Mittelspannungsbereich sollen Mäntel ausschließlich aus PE bestehen, da neben den guten mechanischen Eigenschaften auch die geringe Wasserdampf-diffusion zum tragen kommt. Zur Verbesserung der UV-Beständigkeit werden PE- Mäntel schwarz ausgeführt. Die Druckschutzbandage dient dazu, bei Öl-Papier-isolierten Kabeln das Aufweiten des Bleimantels zu verhindern. Das in der Regel wendelförmig aufgebrachte Druckschutzband besteht bei dreiadrigen Kabeln aus unmagnetischem Werkstoff. Der Kabelschirm, bestehend aus Kupferdrähten mit Querleitwendeln dient als Berührungsschutz und zum Leiten der Ableit- und Fehlerströme. Wenn unter erschwerten Bedingungen damit zu rechnen ist, dass Wasser durch Mantelbeschädigungen in das Kabel eindringen und sich auf größere Länge ausbreiten kann, ist der Einsatz eines längswasserdichten Schirms zweckmäßig. Hierbei werden im Schirmbereich saugfähige Pulver oder Bänder angeordnet, die bei Feuchtigkeitseinbrüchen aufquellen, so dass sie alle Hohlräume und Spalten ausfüllen und eindringendes Wasser sich nur begrenzt ausdehnen kann. Die Bewehrung schützt das Kabel gegen mechanische Schäden. Bei Papierblei-kabeln besteht sie in der Regel aus einer Stahlbandbewehrung. Kunststoffkabel werden ohne Bewehrung verwendet. Als Schutz gegen chemische und elektrolytische Schäden erhalten Metallmantel-kabel eine Schutzhülle aus getränkten Faserstoffen. Um ein Verkleben auf der Kabeltrommel zu vermeiden wird sie mit Schlämmkreide getränkt.

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Kurz- zeichen Bedeutung Beispiel Kurz-

zeichen Bedeutung Beispiel

A Äußere Schutzhülle aus Faserstoffen NAKBA KLD Gepreßter, gewellter

Aluminiummantel NÖKLDEY

A Leiter aus Auluminium NAKBA M Mehrdrähtiger Leiter 1x95 RM

B Bewehrung aus Stahlband NAKBA N Normenkabel nach VDE NA2YSY

C konzentrischer Leiter aus Kupfer NYCY -O Kabel ohne grün-gelben Schutzleiter NAYY-O

CW wellenförmig aufge-brachter Leiter (Ceander) NYCWY Ö Ölkabel NÖKUDEY

D Druckschutzbandage NÖKUDEY P Gasaußendruck-Kabel NAPKDvFSt2Y

E eindrähtiger Leiter 4 x 16 RE R Leiter mit kreisförmigen Querschnitt 1x95 RM

E Mehrmantelkabel NEKEBA R Bewehrung aus Stahlrunddrähten NHKRA

E Schutzhülle je Ader mit Kunststoffolien NEKEBA S Schirm aus Kupfer NA2YSY

F Bewehrung aus Stahlflachdraht NIVFStA S Leiter mit sektorförmigen Querschnitt 3x50 SM

Gl Gleitdrähte aus unmagnetischen Stoffen ÖIGLUSt2Y St Stahlrohr NPKDvFSt2Y

H Schirmung bei Höchstädter-Kabel NHKRA U unmagnetisch NÖKUDEY

I Gasinnendruckkabel NIVFStA V verdichteter Leiter 3x150 RM/V

-J Kabel mit grün-gelben Schutzleiter NAYY-J 2X Isolierung aus VPE NA2XSY

K Bleimantel NAKBA Y Isolierung aus PVC,

Mantel aus PVC NAYY

Kl gepreßter, glatter Aluminiummantel NAKLEY 2Y Isolierung aus PE NA2YSY

Kabelbezeichnungen

Als Nennspannung eines Kabels werden die Spannungen U / U0 angegeben, wobei U die Spannung zwischen den Außenleitern eines Drehstromsystems ist und U0 die Spannung zwischen Leiter und metallener Umhüllung bzw. Erde. Die Kabel nach VDE-Bestimmungen werden durch bestimmte Angaben gekenn-zeichnet:

• Buchstabenkurzzeichen entsprechend dem Aufbau Nach dem Anfangsbuchstaben „N“ (Norm) folgt die Reihenfolge des Aufbaus, beginnend am Leiter, wobei ein Leiter aus Kupfer keinen besonderen Kennbuchstaben erhält.

• Aderzahl mal Nennquerschnitt der Leiter in mm2 • Leiterform R (rund) bzw. S (sektorförmig) • Leiteraufbau E (eindrähtig) bzw. M (mehrdrähtig) • Nennspannung U / U0

Die wichtigsten Kurzzeichen für Kabel:

Hochspannungskabel Im Folgenden sollen ein in städtischen Netzen vielfach gelegtes und bewährtes 110-kV-Kabel kurz beschrieben werden: Gasaußendruckkabel

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Feldlinien VPE

Die Leiter eines Gasaußendruckkabels aus Kupfer oder Aluminium sind mehrdrähtig aufgebaut. Sie sind verdichtet und besitzen eine ovale Form. Zur Glättung des elektrischen Feldes ist der Leiter mit schwach leitfähigem Papier (Rußpapier) umwickelt. Die darüber liegende Isolierung von etwa 10 mm Dicke bei 110-kV-Kabeln besteht aus von innen nach außen in ihrer Dicke zunehmenden Hochspannungspapieren. Hierdurch wird eine gute Anpassung der elektrischen Festigkeit an die am Leiter vorliegenden hohen Feldstärken erreicht. Als äußere Ab-schirmung wird eine leitfähige Bewicklung aufgebracht. Die Kabelader wird mit hochviskosem Kabelöl, heute vornehmlich synthetischem Öl, getränkt und erhält im Anschluss einen nahtlosen Bleimantel. Danach wird eine Druckschutzbandage von zwei unmagnetischen Stahlbändern Über die zuvor aufgebrachten Polster aus bituminiertem Papier mit zähflüssiger Masse gewickelt. Weitere Lagen bituminierten Papiers bilden einen schützenden äußeren Abschluss. Jeweils drei Adern werden mit Zwickeltrensen verseilt und mit einem Jutepolster umgeben. Zur Aufnahme der Zugkräfte beim Einziehen in die zuvor verlegten Stahlrohre erhält die Kabelseele noch eine Bewehrung aus Stahlflachdrähten, die mit einer offenen Gegenwendel zusammengehalten werden . Die Gegenwendel wird vor dem Ein-ziehen entfernt. Die hohe Festigkeit der Flachdrahtbewehrung erlaubt je nach Durchmesser der Kabelseele und Trassenführung das Einziehen von Kabellängen bis zu 1000 m. Mittlere Längen liegen jedoch unter 500 m. Als Rohrleitungen werden heute nahtlose Stahlrohre nach DIN 2448 oder längs-geschweißte Stahlrohre nach DIN 2458 eingesetzt. Gegenüber früheren Konstruktionen werden die Stahlrohre heute grundsätzlich mit Polyethylen ( PE ) -Ummantelung verwendet. Die Dicke der PE-Ummantelung beträgt in der Regel 2 - 2,5 mm. Der gute Isolationswiderstand des PE-Mantels ist für die Anwendung eines kathodischen Schutzes besonders vorteilhaft, da hierbei schon sehr kleine Schutz-ströme ausreichend sind. Nach vollständiger Installation des Kabels im Stahlrohrsystem wird das Stahlrohr mit Stickstoff geflutet und mit einem Druck von etwa 1,6 MPa beaufschlagt. Der hohe Druck und die ovale Form der Ader führen bei thermischen Wechseln über die Membranwirkung des Bleimantels zu einer starken Kompression des Dielektrikums und verhindern damit sicher das Auftreten von Hohlräumen. Gasaußendruckkabel sind die am weitesten verbreiteten Rohrdruckkabel in den alten Bundesländern. Aufgrund ihrer außerordentlichen mechanischen Wider-standsfähigkeit gegenüber äußerer Beeinflussung und der Möglichkeit, in kurzen Abschnitten Teile oder das gesamte System vor dem Einziehen der Kabel zu verrohren, haben sich Gasaußendruckkabel vor allem in Großstädten durchgesetzt. Gasaußendruckkabel können auch bei totalem Druckabfall zumindest einen Teil der maximal zulässigen Last über mehrere Stunden übertragen. Ein weiterer Vorteil ist auch die niedrige induktive Beeinflussung z. B. auf parallel liegende Fernmeldekabel (Reduktionsfaktor).

Mittelspannungskabel Den Hauptanteil in den bestehenden EVU-Netzen bildeten bisher papierisolierte Kabel, wobei sich im 10-kV-Bereich die kostengünstigen Gürtelkabel (z. B. NKBA, NAKBA)

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UM kV

Type ∅ mm2

IN A

SN MVA

R´ Ω/km

X´ Ω/km

IE´ A/km

G´ kg/km

125 NAPKDVFSt2Y 3 x 500 om/v 524 99,8 0,061 0,1221 22,68 983000 12 NAKBA 3 x 120 SM 229 3,97 0,253 0,0968 1,36 6050 3 x 185 SM 296 5,13 0,164 0,0920 1,52 7900 3 x 240 SM 343 5,94 0,125 0,0892 1,69 9100

12 NA2XS(F)2Y 3x1x185/25 RM 358 6,20 0,164 0,1062 2,22 1350 3x1x240/25 RM 415 7,19 0,125 0,1062 2,49 1550 3x1x500/35 RM 603 10,40 0,061 0,0961 3,33 2550

Feldlinien NAKBA

bewährt haben. Die Isolierung der Leiter besteht aus gewickelten Lagen von dünnem Isolierpapier. Die verseilten Adern erhalten eine weiter Bewicklung mit Isolierpapier, die sogenannte Gürtelisolierung. Diese Kabelseele wird unter Vakuum getrocknet und mit einer zähflüssigen Masse auf Ölbasis (Kabelmasse) getränkt. Als Schutz gegen Feuchtigkeit und Austreten der Tränkmasse befindet sich darüber ein Bleimantel mit Korrosionsschutz aus Krepp-Papier in Bitumenmasse. Als mechanischer Schutz dient eine Bewehrung aus zwei Lagen Stahlband mit bituminierter Jutehülle. Massekabel können Höhenunterschiede nur

bedingt überwinden; wenn die Gefahr der Masseabwanderung gegeben ist, sind Spezialisolierungen (Haftmasse) erforderlich. Bei Neuanlagen und dem Ausbau der Netze werden überwiegend einadrige Kunststoffkabel mit VPE-Isolierung eingesetzt. Bei der Spannungsreihe 6/10 kV beträgt ihr Anteil mehr als 80%, bei 12/20 kV und 18/30 kV nahezu 100% aller Neuverlegungen. Der Aufbau besteht aus Leiter in Kupfer oder Aluminium, Leitschicht aus Rußpapier, Isolierung aus VPE, Schirm aus Kupferdrähten mit Kupfer-Querleitwendel, ggf. längswasserdichter Ausfüllung des Schirmbereiches mit Quellband und dem PE-Außenmantel (z. B. NA2XS(F)2Y). Einige Kabeldaten (Verlegung in Erde):

Kabelgarnituren Unter dem Begriff Kabelgarnituren werden Muffen und Endverschlüsse verstanden, die an die Starkstromkabel montiert werden; sie müssen so betriebssicher wie das Kabel selbst sein. Muffen verbinden als sogenannte Verbindungsmuffen Kabel gleicher Bauart, als Übergangsmuffen Kabel ungleicher Bauart (z. B. NAKBA mit NA2XS(F)2Y). Endmuffen dienen dem Abdichten von Kabelenden in der Trasse (zeitlich begrenzter Einsatz). Die Leiterverbindungen in den Muffen werden für die Stromübertragung und die thermische und dynamische Kurzschlussbeanspruchung ausgelegt. An ihre Güte werden hohe Ansprüche gestellt, da sie weder kontrolliert noch gewartet werden können. Die Verbindungen werden meist als mechanische Verbindungen mit Schrauben (lösbar; ggf. Abrissschrauben zum Erzielen eines definierten Drehmomentes) oder als Pressverbindungen (hexagonal) ausgeführt. Thermische Verbindungen durch Löten oder Schweißen sind selten geworden, da ihre sichere

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Verbindung von der Geschicklichkeit des Monteurs abhängt. Besonders bei Aluminiumleitern sind die physikalischen und chemischen Eigenschaften zu beachten:

• Nachgeben unter Kontaktdruck (Kaltfließen) • Oxydschichtbildung • Wärmeausdehnung

Die Isolation und Abdichtung erfolgt durch Vergussmasse (klassische Heißvergusstechnik), durch Schrumpfmaterialien (Heiß- und Kaltschrumpftechnik mit Feldsteuerelementen) und durch Gießharze (Zwei-Komponenten-Verfahren). Bei Gürtelkabel ist zusätzlich zum gusseisernen Muffengehäuse eine mit Ölmasse gefüllte Innenmuffe als Feuchteschutz üblich. Die Verbindung der Kabelmäntel bzw. Schirme über die Muffe hinweg muss zur Berührungssicherheit durch geeignete Maßnahmen (Verlöten des Bleimantels, Aufbringen eines Geflechtschirmes mit Rollfeder o.ä.) sichergestellt sein. Die Wickeltechnik wird vorwiegend für Muffen an papierisolierten Kabeln und an Kunststoffkabeln mit höherer Nennspannung eingesetzt. Dabei werden Wickel aus Bändern zu Isolation (getränkte Wickelpapiere bzw. Hochspannungsisolierbänder) und zur Feldsteuerung (metallisierte und leitfähige Wickelbänder) hergestellt. Die Isolierbänder für Kunststoffkabel werden mit etwa 8-facher Dehnung aufgebracht und verschweißen nach dem Wickeln zu einer hohlraumfreien Isolierung, deren Elastizität auch bei Betriebstemperaturen erhalten bleibt. Bei der Aufschiebetechnik werden Fertigteile verwendet, die über das vorbereitete Kabel aufgeschoben werden und dort durch ihre Elastizität dichten. Die Fertigteile erfüllen die Funktionen Isolierung, Feldsteuerung und mechanischer Schutz. Endverschlüsse (EV) schließen das Ende eines Kabels ab und verbinden es mit einem anderen Anlagenteil, z.B. der Schaltanlage. Die druckfesten Endverschlüsse für Massekabel sind mit Kabelimprägniermasse („Kabelblut“) gefüllt und müssen durch Schläuche abgedichtet werden. Bei Kunststoffkabel finden die gleichen Techniken - Warm- und Kaltschrumpfen sowie Aufschiebetechnik - wie bei den Muffen Verwendung. Die kleinste Bauweise (z.B. an SF6-Anlagen) bietet die Steckertechnik, bei der eine Aufschiebegarnitur mit einer lösbaren Steck- oder Schraubvorrichtung kombiniert ist. Verwendet werden Winkel-, T- und gerade Stecker mit Innen- oder Außenkonus; je nach Anwendungsfall können sie berührungssicher (Metallumhüllung) sein. Gasaußendruckkabel sind für einen Betriebsdruck von 16 bar ausgelegt, d. h. das Endverschlußdielektrikum muss gasdicht vom Stickstoff der Stahlrohrleitung getrennt sein. Als Füllmasse des Isolators, der nach der Montage evakuiert wird, wird hochviskoses Kabelöl verwendet. Der Volumenausgleich bei Lastwechseln zwischen Stickstoff und Kabelöl erfolgt in einem Stahlbehälter mit einer Trennmembran. Bei der Montage von Kabelgarnituren ist auf eine saubere, schädliche Umwelteinflüsse ausschließende (ggf. Zelt mit Heizung) und ausreichend große Arbeitsstelle (Muffenloch) zu achten. Bei Muffen ist eine genügende Überlappung der Kabelenden vorzusehen. Geschnittene Kabel sind baldmöglichst zu verschließen, um ein Eindringen von Feuchtigkeit in die Isolierung zu vermeiden. Sowohl papierisolierte als auch kunststoffisolierte Kabel sind auf ihren Feuchtigkeitsgehalt hin zu untersuchen (Spratzprobe). Eine mechanische (Biegeradien !) und thermische (Löt- und Schrumpftemperatur !) Überbeanspruchung ist ebenso zu vermeiden wie die Verletzung von untereinanderliegenden Schichten beim Absetzen der

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Kabelgraben

Material zul. Zugspannung

Kupfer 50 N/mm2

Alu 30 N/mm2

Stahl 160 N/mm2

zul. Zugspannungen

Kabelenden. Selbstverständlich müssen neben den elektrischen Sicherheitsregeln auch die Vorschriften für Propangasgeräte (Flasche immer außerhalb des Muffenlochs etc.) und den Verbau eingehalten werden. Da Kabelmonteur kein Lehrberuf ist, müssen die notwendigen Fähigkeiten in Lehrgängen und Wiederholungskursen vermittelt werden.

Kabellegung Kabel sind so zu legen, dass ihre Betriebseigenschaften nicht gefährdet sind. Dazu ist zu beachten, dass die Wärmeabfuhr auch in Bodenschichten verschiedener Wärmeleitfähigkeit gewährleistet bleibt, dass eine mechanische Beschädigung, auch durch Bodenbewegungen und Erschütterungen, ausgeschlossen bleibt und dass die zulässigen Biegeradien nicht unterschritten werden. In der Regel besitzen im Erdreich liegende Kabel eine Legungstiefe von 0,8 m. Bei der Grabenbreite ist die Mindestbreite nach DIN 4124 und ein eventueller Verbau zu berücksichtigen. Der Behandlung des Kabels ist eine besondere Sorgfalt beizumessen, um später nicht aufwendige Instandsetzungsarbeiten durch nicht erkannte Beschädigungen bei Transport und Legen durchführen zu müssen. Zum Transport sind Kabeltransportwagen zu verwenden, von dem die Kabel in richtiger Lage (d.h. von oben) abgespult werden können. Der auf der Trommel aufgemalte Pfeil muss gegen die Abrollrichtung zeigen. Kabel dürfen nicht über harte und scharfe Kanten gezogen werden und die Mindestbiegeradien sind einzuhalten. Gegebenenfalls sind Eck- und Führungsrollen zu verwenden, die gegen die auftretenden Kräfte verankert werden müssen. Für das Ausziehen mit Maschinen ist ein Ziehstrumpf (zieht sich bei Zug fest um den Kabelmantel) oder ein Ziehkopf (wird an allen Leitern befestigt, wenn der Kabelmantel die Zugkräfte nicht aufnehmen kann) zu verwenden, um die Kräfte der Seilzüge auf das Kabel zu übertragen. Dabei sind zulässigen Zugkräfte durch eine stufenlos einstellbare und auslösende Zugkraftbegrenzung strikt einzuhalten; die Messeinrichtung für die Zugkraft sollte mit einem Schreibwerk ausgerüstet sein. Um zu vermeiden, dass beim Biegen Isolierung oder Mantel beschädigt werden, dürfen Mindesttemperaturen nicht unterschritten werden. Sie betragen für kunststoffisolierte Kabel -5°C, für papierisolierte Kabel +5°C. Müssen Kabel bei niedrigen Außentemperaturen gelegt werden, so sind sie mindestens 36h in einem Aufwärmraum bei +20°C vorzuwärmen. Ältere Massekabel sind im Kabelgraben so wenig wie möglich zu bewegen, da die Gefahr besteht, dass die Tränkmasse verharzt ist und die Papierlagen verklebt sind. Besonders empfindlich sind Muffen; sie sind zugentlastet in Schalen oder auf Brettern hochzubinden. Zur besseren Ableitung der Verlustwärme und zum Schutz gegen mechanische Beschädigungen (Steine !) sind Starkstromkabel in Sand zu betten. Über die

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eingesandeten Kabel können zusätzlich Kunststoffplatten und/oder Trassenwarnband (als Folie oder als Netz) gelegt werden. Maschinelle Verdichtungsgeräte dürfen erst bei einer Mindestüberdeckung von 30 cm zum Einsatz kommen. Selbstverständlich müssen Kabelgräben und Muffenlöcher vor dem Verfüllen von Abfällen und Reststoffen gesäubert werden. Damit die Kabel der einzelnen Hersteller voneinander unterschieden werden können, ist bei Kunststoffkabeln nach VDE auf dem Mantel in Abständen von höchstens 50 cm das Firmenzeichen das VDE-Zeichen und das Herstellungsjahr angegeben. Bei Kabeln mit einem Durchmesser ≥ 10 mm ist zusätzlich eine Längenmarkierung vorgeschrieben. Bei papierisolierten Kabeln ist in Abständen von ca. 30 cm unter der obersten Decklage der Isolierung der VDE-Kennstreifen aufgesponnen, der den Ursprung erkennen lässt.

Kabelmess- und Prüftechnik Bei der Trassenortung mit Tonfrequenz (Drallmethode) werden am fernen Ende zwei Adern kurzgeschlossen und am Kabelanfang mit einer Tonfrequenz im 1-kHz-Bereich beaufschlagt. Der Stromfluss des Tonfrequenzgenerators erzeugt ein elektromagnetisches Feld, das mit Hilfe von Auslesespulen und dem dazugehörigem Empfänger gemessen werden kann. Dabei werden die einzelnen Kabel mit der Kabelauslesespule umfahren, wobei sich jeweils nach 90° ein Wechsel von Minima zu Maxima ergibt. Sollte es unmöglich sein, die Spule um das Kabel herum zu führen, so kann sie auch dem Kabel entlang geführt werden, in Abhängigkeit der Schlaglänge der Kabelverseilung tritt ebenfalls ein Maximum-Minimum-Verlauf ein. Diese Erscheinung erfolgt nur am eingespeisten Kabel, an Nachbarkabeln ist nur ein leiser Dauerton zu hören. Vor Beginn von Kabelarbeiten ist die sichere Auslese eines Kabels eine unverzichtbare Forderung. Zur zweifelsfreien Identifizierung eines Kabels muss es freigeschaltet und spannungsfrei sein. Von einem Sender werden dann Gleichspannungsimpulse auf das am Ende geerdete Kabel gegeben. Bei den auszulesenden Kabelabschnitten muss dann die mit einem Richtungspfeil versehene Stromzange so angelegt werden, dass der Pfeil zum geerdeten Kabelende hin zeigt. Beim gesuchten Kabel ist dann am Empfänger ein deutlicher Ausschlag nach rechts, an parallel liegenden Kabeln ein kleinerer Ausschlag nach links zu erkennen. Zur Fehlerortsbestimmung wird insbesonders das Impulsechoverfahren (Vorortung) eingesetzt. In periodischer Folge werden hierbei elektrische Impulse geeigneter Form und Größe zur Fehlerstelle gesendet. Der Sendeimpuls wird bei jeder Wellenwiderstandsänderung reflektiert und kehrt als Echoimpuls zum Kabelanfang zurück. Auf der Zeitachse einer Braun´schen Röhre sind der Sendeimpuls und -zeitlich verschoben- auch der Echoimpuls sichtbar. Die zeitliche Verschiebung gibt die Laufzeit vom Kabelanfang bis zur Fehlerstelle und zurück an. Mit der Kenntnis der Ausbreitungsgeschwindigkeit im jeweiligen Kabeltyp lässt sich dann die Fehlerentfernung berechnen. Die punktgenaue Nachortung erfolgt dann über ein akustisches Stoßspannungsverfahren, bei dem sich ein mit Gleichspannung aufgeladener Kondensator über die defekte Ader zur Fehlerstelle entlädt. Die steile Impulsstirn löst an der Fehlerstelle ein starkes Entladungsgeräusch aus, das oberirdisch mit Hilfe eines Körperschallmikrophons gehört werden kann. Wird die Stoßspannungsmethode im Niederspannungsnetz angewendet, sind alle Hausanschlusssicherungen zu entfernen, um Schäden in den Hausinstallationen vorzubeugen.

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UN Systemzahl Querschnitt therm. Grenzstrom 110 kV 1 2 x 435/55 1800 A (343 MVA) 380 kV 1 4 x 275/35 1790 A (1178 MVA) 380 kV 1 4 x 805/102 3812 A (2509 MVA)

zum Vergleich: Ölkabel 380 kV 3 x 1000 536 MVA

Übertragungsleistung von Freileitungen

Zur Prüfung von Kabeln und Garnituren nach Montagen wird bei Massekabeln die Gleichspannungsprüfung (Vermeidung von Blindleistung ⇒ kleine, transportable Prüfeinrichtung) mit 6 x U0 durchgeführt. Dazu werden die Phasen gegeneinander und gegen Erde für 30 Minuten mit dieser Spannung beaufschlagt und der Ableitstrom im mA-Bereich gemessen. Nicht an die Gleichspannungsquelle angeschlossene Adern werden geerdet. Bei Kunststoffkabel ist diese Prüfmethode wegen der Bildung von Raumladungen im Isolationsbereich und der Gefahr von Schädigungen nicht durchführbar. Neben der Mantelprüfung, bei der eine mechanische Beschädigung des Kabelaußenmantels festgestellt werden kann, werden zur Zeit zwei Messverfahren angewendet: die VLF-Methode mit 0,1 Hz (Very Low Frequenzy) und die Messung des Verlustfaktors tan δ. Daneben findet auch die Teilentladungsmessung Verwendung.

Freileitungen Insbesonders im Hoch- und Höchstspannungsbereich dominieren Freileitungen gegenüber den Kabeln, da die Kosten pro MW zu übertragender Leistung nur ca. 15 – 20% derjenigen Kosten einer Kabelanlage betragen. Die Auslegung einer Freileitung ist nach Festlegung der zu übertragenden Leistung und der zur Verfügung stehenden Trasse vornehmlich eine mechanische Aufgabe. In Deutschland werden bevorzugt mehrere Systeme auf einen Mast gelegt (begrenzter Trassenraum); auf der Spitze des Mastes wird zum Schutz gegen direkten Blitzeinschlag das Erdseil geführt. Freileitungsseile sind grundsätzlich aus mindestens sieben Einzeldrähten aufgebaut, wobei einzelne Massivleiter nicht zulässig sind. Als Werkstoffe kommen Kupfer, Aluminium und Aluminiumlegierungen (Aldrey) zum Einsatz. Grundsätzlich sind zu unterscheiden:

• Einwerkstoffseile, bei denen alle Einzeldrähte aus demselben homogenen Werkstoff bestehen.

• Bimetallseile, bei denen Metalldrähte mit einem anderen Metall umhüllt sind, z.B. aluminium-ummantelter Stahl.

• Verbundseile, bei denen homogene Drähte aus unterschiedlichen Metallen verwendet werden, z.B. innere Lage aus Stahl, äußere Lage aus Alu.

Die Zahlenangaben bei den Verbundseilen geben das Querschnittsverhältnis der unterschiedlichen Materialien an. Eine Angabe Al/St 305/40 bedeutet, dass das Leiterseil einen Alu-Querschnitt von 305 mm2 und einen Stahlkern von 40 mm2 besitzt.

Bei der Bestimmung des Seilquerschnittes ist nicht allein die Stromtragfähigkeit zu beachten, sondern bei Betriebsspannungen über 110 kV die elektrische Randfeldstärke am Leiterseil. Überschreitet sie einen bestimmten Betrag (16 kV/m), so kommt es zu Glimmentladungen an der Oberfläche des Leiterseils (Korona-

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Entladung) welche hörbare Geräusche und Störfelder im Bereich bis 1,6 MHz (Mittelwelle) verursacht. Zusätzlich erhöhen sich die Übertragungsverluste. Um nicht zu unwirtschaftlich großen Querschnitten greifen zu müssen, verwendet man sogenannte Bündelleiter mit zwei, vier oder mehr Teilleitern, die durch Abstandhalter auf einen konstanten Abstand (Zweierbündel für 220 kV, Dreier- und Viererbündel für 380 kV mit einem Teilleiterabstand von 400 mm) gehalten werden. Die Überlagerung der elektrischen Felder kann als scheinbare Vergrößerung des Radius des Gesamtleiters interpretiert werden, so dass die Randfeldstärke vermindert wird. Das Erdseil wird ausschließlich nach den zu erwartenden Kurzschlussströmen ausgelegt; da hier Randfeldstärken ohne Bedeutung bleiben ist der Seildurchmesser geringer als jener der Leiterseile (z. B. für 110 kV Al/St 50/30, 44/32 oder 95/55). Durch Auskreuzen der Leiter wird erreicht, dass die Induktivitäten und Betriebskapazitäten auch bei unsymmetrischer Leiteranordnung im Mittel gleich bleiben. Die Abstände der Leiter gegeneinander und gegenüber geerdeten Teilen wie Mast und Traverse müssen so gewählt werden, dass ein Zusammenschlagen oder eine Annäherung bis zum Überschlag auch bei Wind nicht zu befürchten ist. Allgemein üblich sind ff. Leiterabstände: Die Seile werden am Mast durch Isolatoren (Stützisolatoren in der Mittelspannung, Hängeisolatoren in der Hochspannung) und Armaturen gehalten, an die große mechanische und elektrische Ansprüche gestellt werden. In Deutschland werden hauptsächlich Glaskappenisolatoren (in Ketten), Vollkernisolatoren (VK) und Langstabisolatoren (L) aus Porzellan, Kunststoff oder Silikonkautschuk mit

Glasfaserverstärkung verwendet. Die Armaturen verbinden Mast. Seil und Isolator als Abspannklemme (reibschlüssige Verbindung) oder als Tragklemme (pendelnde Aufhängung). Die Lichtbogenschutzarmaturen übernehmen den Lichtbogen im Überschlagfall und schützen so den Isolator; fernerhin tragen sie zur Potentialsteuerung bei und vermeiden einen frühzeitigen Glimmeinsatz. Bei den Masten unterscheidet man Tragmaste, die lediglich die Leiterseile tragen und in gerader Strecke verwendet werden und Abspannmaste, die Festpunkte in der Freileitung schaffen. In der Mittelspannung werden Holz-, Rohr- oder Stahlbetonmaste verwendet, während in der Hochspannung fast ausschließlich Stahlgittermaste aus Winkelprofilen eingesetzt werden. Im Mittelspannungsbereich werden anstelle der Freileitungen immer mehr (isolierte) Spannkabel verlegt. Sie bieten den Vorteil, dass es nicht zu Kurzschlüssen bei Seiltanzen und durch Astschlag kommt.

Schaltgeräte Schaltgeräte werden eingesetzt, um die elektrische Energie in Stromkreisen bedarfsmäßig zu steuern, bei Störungen schnellstmöglich das fehlerbehaftete Betriebsmittel auszuschalten und bei Wartungs- oder Reparaturarbeiten eine sichere Arbeitsstelle sicherzustellen. Einrichtungen, die die Schaltstücke in die Stellungen „EIN“ oder „AUS“ bewegen, werden nach ihrem Wirkungsprinzip unterschieden. Handantriebe wirken durch die

Nennspannung 110 kV 220 kV 380 kV

Leiterabstand in m 3,4 ... 4,1 5,0 ... 6,5 6,0 ... 9,0

Leiterabstände

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menschliche Kraft, z. B. mittels Schaltkurbel, Schalthebel oder Schaltststange. Federspeicherantriebe werden durch Hand, durch einen Hydraulikantrieb oder durch einen Elektromotor aufgezogen und gespannt gehalten. Durch einen Magneten wird bei einer Schaltung die Halteklinke ausgelöst und die Federenergie kann sich zur Kontaktbewegung entladen. Beim Sprungantrieb erfolgt der Entladen des Energiespeichers (Feder) zwangsläufig mit der Schalterstellung, wohingegen beim Speicherantrieb eine Hilfseinrichtung (Hand, Hilfsauslöser, HH-Sicherungsschlagstift) nötig ist. Im Allgemeinen haben sich folgende Bezeichnungen in Stromlaufplänen und Unterlagen durchgesetzt:

Q1; Q2: Sammelschienentrenner Q0: Leistungsschalter Q9: Abgangstrennschalter Q8: einschaltfester Erder Q51: Q52: Arbeitserder

Physik der Kontakttrennung Elektrische Kontakte Die elektrischen Kontakte sollen –neben dem Öffnen und Schließen des Stromkreises- im geschlossenen Zustand die elektrische Energie möglichst verlustfrei übertragen Die Oberfläche der Kontakte ist, mikroskopisch betrachtet, nicht glatt, sondern besteht aus vielen kleinen Teilflächen, die mit mehr oder weniger dicken Fremdschichten bedeckt sind. Wenn die Kontaktstücke mit einer ausreichenden Kraft aufeinandergedrückt werden, wird ein großer Teil der Spitzen verformt und die makroskopisch gesehene scheinbare Kontaktfläche wird auf die tragende Kontaktfläche reduziert. Ein Teil dieser Kontaktfläche ist jedoch mit einer Fremdschicht überzogen (die durch die hohe Kontaktkraft aufreißen oder in angrenzende Vertiefen verdrängt werden kann); die Stromleitung findet nur in einem Bruchstück dieser Fläche, der wahren Kontaktfläche, statt. Für den gesamten Kontakt betrachtet setzt sich die wahre Kontaktfläche also aus vielen metallischen Einzelflächen, den a-spots, zusammen. Der elektrische Widerstand eines Kontaktes RK setzt sich aus den Anteilen Engewiderstand RE und Fremdschichtwiderstand RF additiv zusammen. Die Stromlinien werden in den a-spots eingeschnürt und verursachen den Engewiderstand. Er ist von der Anzahl, der Größe und der Verteilung der Spot-Flächen abhängig. Da die Anzahl von der Kontaktkraft abhängt, ist zu erwarten, daß der Engewiderstand in der Regel nicht konstant ist. Lediglich bei hohen Kontaktkräften wie sie beispielsweise bei Schraub- oder Klemmverbindungen erzeugt werden, kann er als Konstante angenommen werden. Bei einem fremdschichtfreien Kontakt unter wachsendem Stromfluß wird die Joulsche Wärme so hoch, daß die kaltverfestigten Mikrospitzen zu fließen beginnen und damit die tragende Kontaktfläche vergrößern. Der Kontaktwiderstand nimmt ab. Bei weiterer Stromzunahme wird der Spannungsfall am Kontakt den Grenzwert der Schmelzspannung des Kontaktmaterials erreichen. Die den Umwelteinflüssen ausgesetzten Kontakte sind immer mit einer mehr oder minder dicken Fremdschicht bedeckt. Sie kann aus Verunreinigungen (metallischer Abrieb, Öl- und Fettrückstande), Staubpartikeln, Oxiden, Sulfiden, organischen Schichten durch Ausgasen von Kunststoffen oder einfach aus Handschweiß

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bestehen. Ist diese Schicht extrem dünn (d. h. < 3 nm) dann dringen die Elektronen infolge des Tunneleffektes nahezu verlustfrei hindurch. Bei dicken Schichten wird der gesamte Kontaktwiderstand hauptsächlich durch die Fremdschicht bestimmt (RF » RE). Ein elektrischer Kontakt kann nur durch eine mechanische, thermische oder elektrische Zerstörung (Fritten) der Schicht erreicht werden. Bei ausschaltenden Kontakten beansprucht die Bogenentladung den Oberflächenbereich der Kontakte thermisch, so daß diese vom festen über den flüssigen in den gasförmigen Zustand übergehen. Das an einer Elektrode verdampfte Material wird im engen Spalt zwischen den Kontakten zur Gegenseite transportiert. Beim Schalten von Gleichstromkreisen kann es dabei zu Kraterbildung bzw. Materialverlust kommen, wobei diese Gebilde sich mechanisch verhaken können und die Lebensdauer des Kontaktes stark herabsetzen. In Wechselstromkreisen wird die Lebensdauer eines Kontaktes im wesentlichen durch den Materialverlust beim Abbrand bestimmt. Dabei verdampft oder verspritzt das Kontaktmaterial und reagiert zum Teil mit dem Schaltmedium. Während des Einschaltvorganges kommt es vor der ersten Kontaktberührung bereits zu Lichtbogenvorzündungen, bei UM= 12 kV in einem Kontaktabstand von ca. 6 mm , bei UM = 24 KV bei ca. 12 mm. Nach der ersten Kontaktberührung stellen sich infolge der hohen kinetischen Energie des Antriebes meistens Prellungen, d. h. Abhebungen der Kontakte, ein. Dabei wird jedesmal ein Lichtbogen gezündet, der in seinen Fußpunkten das Kontaktmaterial zum Aufschmelzen bringt. Ein Teil des Materials geht an die Umgebung als Abbrand verloren; sind nach der letzten Prellung noch flüssige Oberflächenbereiche vorhanden, dann besteht die Gefahr, daß die Kontaktstücke miteinander verschweißen. Konstruktiv sind die Kontakte und der Antriebsapparat mechanisch so auszuführen, daß die Rückprellungen bei Schalten im stromlosen Zustand oder bei Schalten mit geringem Strom nicht dazu führen, daß die Kontaktpaare geöffnet bleiben (z. B. durch Dämpfungspuffer aus Kunststoff). Andererseits muß die Einschaltkraft so groß sein, daß die der EIN-Bewegung entgegengerichtete Kraft des Last- oder Kurzschlußstromes überwunden wird. Bei hohen Strömen über die geschlossene Kontaktbahn werden die oben beschriebenen a-spots thermisch bis in den Schmelzbereich belastet; die in der Stromenge entstehenden elektrodynamischen Kräfte heben die Kontaktbahn kurzzeitig ab. Auch hier kann es, wie vor beschrieben, beim Schließen der Kontakte zu Verschmelzungen kommen. Bevor sich in Stromkreisen quasistationäre Abläufe einstellen können, sind Schaltvorgänge von transienter Natur nötig. Dabei ist zu berücksichtigen, daß eine Stromunterbrechung nur im Nulldurchgang des Stromes möglich ist. Dieser kann natürlich sein oder durch eine Gegenspannung oder Lichtbogenspannung erzwungen werden. Während der Kontakttrennung wird die Anzahl der Kontaktstellen an den Schaltstücken immer kleiner, so daß die Stromdichte im Gebiet der Stromenge sehr groß wird. Es bildet sich eine Schmelzbrücke, die den Beginn des Lichtbogens darstellt. Die thermische Gasbewegung im Bereich der sich öffnenden Kontakte steigt durch die Aufheizung so stark an, daß eine Stoßionisation auftritt, durch die die Atome in Ionen und in freie Elektronen zerlegt werden. Das Gas wird als Plasma bei Temperaturen zwischen 15.000 und 40.000 K elektrisch leitfähig. Der entstehende Lichtbogen zerfällt in drei Hauptteile, dem Kathodenfallgebiet mit dem Spannungsfall UK, der Säule mit US und dem Anodenfallgebiet mit UA, wobei die

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Spannungsgradienten UK und UA von den verwendeten Kontaktwerkstoffen und der Kühlung abhängig sind. Der Stromkreis bleibt solange geschlossen, wie der Lichtbogen brennt. Die dazu erforderliche Lichtbogenspannung steigt mit zunehmender Schaltstückentfernung an, so daß die Wiederzündung des Lichtbogens bei wiederkehrender Spannung durch die Erhöhung des Spannungsbedarfs verhindert werden kann. Durch Energieentzug von außen wird die Schaltstrecke entionisiert und elektrisch verfestigt. Da aber der Strom vom äußeren Kreis nahezu konstant gehalten wird, muß die Lichtbogenspannung ansteigen. Reicht die Netzspannung nicht mehr aus, um diesen Bedarf zu decken, erlischt der Lichtbogen und der Ausschaltvorgang ist beendet. Die klassische Methode (= Gleichstrom-Löschprinzip) zur Beherrschung der Schaltlichtbögen ist es, den Lichtbogen während des Abschaltprozesses so in die Länge zu ziehen, daß seine Spannung während der Abschaltzeit größer als die treibenden Netzspannung ist. Die Folge davon ist eine ständig wachsende Lichtbogenkühlung und Deionisation, durch die ein sofortiges Ansteigen der Lichtbogenspannung erreicht wird. Die Kühlung wird durch Beblasung quer zur Längsachse des Lichtbogens mit Gas oder Öl oder durch Löschbleche erreicht. Je größer die am Leistungsschalter auftretende Spannung ist, desto schneller erfolgt die Unterbrechung des Stromes. Dieses Löschprinzip ist mit vertretbarem Aufwand nur in Nieder- und Mittelspannungsgleichstromkreisen anwendbar. Während der Abschaltung treten Überspannungen auf, die die Isolation des Schaltgerätes erheblich beanspruchen. Beim Wechselstromprinzip (meistens bei Hochspannungsschaltgeräten angewendet) sorgen intensive Kühlung durch flüssige oder gasförmige Löschmittel (Öl, Druckluft, SF6 oder ein Vakuum) für eine schnelle Entionisierung der Schaltstrecke bei Nulldurchgang des Stromes und für eine elektrische Wiederverfestigung. Dies bedeutet, daß der Strom nach der Kontakttrennung bis zu seinem natürlichen Nulldurchgang unbeeinflußt fließt. Die Strömungsgeschwindigkeit der Löschmittel muß so bemessen werden, daß einerseits auch bei großen Strömen eine sichere Unterbrechung des Stromes stattfindet, andererseits darf die Lichtbogensäule bei kleinen Strömen nicht so stark aufgeweitet werden, daß wie bei der Gleichstrom-Löschung hohe Überspannungen auftreten. Konstruktiv setzen sich Strömungsschalter daher aus einer stromabhängigen und einer stromunabhängigen Löschmittelbewegung zusammen. Die wiederkehrende Spannung baut sich an der Schaltstrecke auf, und zwar durch die stets im Netz vorhandenen Induktivitäten, Kapazitäten und Dämpfungswiderstände als freie, gedämpfte Schwingung. Es muß also dafür gesorgt werden, daß die Anstiegsteilheit der wiederkehrenden Spannung unter dem Spannungsfestigkeitsanstieg der Schaltstrecke liegt. Damit liegt praktisch ein Wettlauf zwischen der steigenden elektrischen Festigkeit und der Wiederkehrspannung an der Schaltstrecke vor. Der Ausschaltvorgang wird um so schwieriger, je größer der Amplitudenfaktor ûw / ûn und die Einschwingfrequenz fe = 1/(2π√LC) sind. Sind jedoch Strom und Spannung um ϕk < 90° phasenverschoben, so schwingt die wiederkehrende Spannung nicht mehr auf den Scheitelwert ûn der Netzspannung ein und der Ausschaltvorgang wird erleichtert. Die Spannungsüberhöhung infolge dieser Ausgleichsvorgänge liegt über der Betriebswechselspannung der Anlage und hängt von den Netzdaten und von den Verläufen von Strom und Spannung während der Anregung (Unterbrechung) ab. Reißt bei kleinen Lichtbogenströmen durch Instabilität des Lichtbogens der Strom ab, so spricht man von „Chopping“. In den Netzschwingkreisen werden dann zusätzliche Ausgleichsvorgänge angeregt, die mit höheren Überspannungen einhergehen.

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Trennschalter Trennschalter sind mechanische Schaltgeräte, die beim Ausschalten eine Trennstrecke mit den erhöhten Isolationsbedingungen gegen Stoßspannungen herstellen. Sie sind fähig, einen Stromkreis zu öffnen oder zu schließen, wenn entweder ein vernachlässigbarer Strom (< 0,5 A, z. B. kap. Ladeströme von Durchführungen, Sammelschienen, sehr kurze Kabellängen und Ströme von Spannungswandlern) geschaltet wird oder wenn keine wesentliche Änderung der Spannung zwischen den Anschlüssen der Pole eintritt. Im eingeschalteten Zustand muss ein Trennschalter Betriebs- und Kurzschlussströme führen können. Das Vorhandensein der Trennstrecke muss für den Schutz des Bedienpersonals zuverlässig erkennbar sein. Bei SF6-Schaltern wird dies durch eine direkt mit dem Schaltgerät verbundene (z. B. über Zahnstangen) Schaltstellungsanzeige erreicht.

Erdungsschalter Erdungsschalter sind Schalter zum annähernd stromlosen Schalten für das Erden und Kurzschließen von Betriebsmitteln und Anlagenteilen. Ihr Abschaltvermögen entspricht dem der Trennschalter. Zum Einschalten auf Kurzschlüsse oder kapazitiv aufgeladene Betriebsmittel (Kabel) werden Schnellerder (Erdungsdraufschalter) eingesetzt, die durch ihre schnelle Kontaktbewegung (mit Sprungfederantrieb) und besonders ausgestaltete Kontaktvorrichtungen kurzschlussfest sind.

Lasttrennschalter Lasttrennschalter schalten Betriebsmittel im ungestörten Zustand, d. h. Ströme bis zur Höhe ihres Bemessungsstromes bei cos ϕ ≥ 0,7 sowie kleine induktive oder kapazitive Ströme. Sie müssen Kurzschlüsse einschalten können und den Kurzschlussstrom im eingeschalteten Zustand führen, jedoch nicht unterbrechen können. Beim Ausschalten stellen sie eine Trennstrecke her. Beim Ausschalten öffnet zunächst -angetrieben über Schalterwelle und Isoliergestänge- das Trennmesser den Hauptkontakt. Gleichzeitig kommutiert der Strom auf das noch durch einen Haltekontakt in seiner Einschaltstellung verbleibende Nacheilmesser, und es wird eine inzwischen gespannte Feder in Ausschaltstellung gebracht. Der entstehende Lichtbogen zwischen Haltekontakt und Abreißspitze des Nacheilmessers wird in der gasabgebenden Löschkammer gelöscht. Die Ströme werden durch Ausnutzung der Wandkühlungswirkung der großflächigen Kunststoffwandungen unterbrochen. Die Lichtbogenenergie wird durch Zersetzung und Wärmeaufnahme der obersten Schichten des Kunststoffs gebunden. Die Löschkammern bestehen aus Acrylharzen, Melaminharzen oder Polyacetaten und werden entweder als Flachlöschkammer oder als Rohrkammern ausgeführt. Die ausgeworfenen Löschgase sind so in Richtung Sammelschiene oder Schalterdrehpunkt zu führen, dass zwischen den Schalterpolen keine Querionisation der Isolierstrecke auftritt. Beim Einschalten erfolgen die Zündvorgänge nur zwischen den Hauptkontakten, so dass die Löscheinrichtung auch bei hohen Strömen unbeschädigt bleibt. In SF6-Schaltanlagen werden sehr kompakte Dreistellungsschalter eingesetzt, bei denen die drei Schalterpole auf einer Welle sitzen. Im vorliegenden Beispiel vereint der Mehrkammerschalter die Funktion eines Lastrennschalters mit der eines einschaltfesten Erders. Der sich mit der Schalterwelle bewegende Kompressionsflügel teilt die Schaltkammer in zwei veränderliche Teilkammern. Damit

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wird durch die Schaltbewegung eine Druckdifferenz erzeugt, die das verdichtete SF6 durch eine Düse ausströmen lässt und den Lichtbogen kühlt. Durch die gerichtete Gasströmung werden sowohl Lastströme als auch kleine Leerlaufströme beherrscht. Während des Einschaltvorgangs gewährleistet der Sprungfederantrieb eine schnelle Einschaltung und einen sicheren Eingriff der Hauptstrombahnen. Die Vorzündung des Lichtbogens erfolgt auf die Vorkontakte der feststehenden Schaltstücke, so dass der Abbrand der Hauptstrombahn gering bleibt. Der Schalter besitzt die Stellungen EIN – AUS – GEERDET, die gegeneinander nicht verriegelt sein müssen, da ein Durchschalten von EIN nach GEERDET konstruktionsbedingt nicht möglich ist. Die Überschaltung von AUS nach GEERDET wird durch eine entsprechende Aussparung in der Schaltkulisse erreicht. Der Schalter kann während eines Schaltspiels entweder als Lasttrennschalter oder –nach Umstecken des Betätigungshebels- als einschaltfester Erder verwendet werden. Die nach dem Ausschalten hergestellte Trennstrecke muss die Trennstreckenbedingungen erfüllen. Die Wartung von Trennschaltern und Lasttrennschaltern in luftisolierten Schaltanlagen sollte in Abhängigkeit der Einsatzbedingungen und der klimatischen und atmosphärischen Einflüsse alle 4 – 7 Jahre (VBG 4: vier Jahre) erfolgen. Dabei sind die Geräte trocken zu reinigen, bei festsitzendem Schmutz kann ein Sicherheitsreiniger verwendet werden. Die Anschlusskontakte, die Schaltmesser und die beweglichen mechanischen Antriebsteile sind gründlich zu entfetten und nach Herstellerangaben neu zu schmieren. Dabei müssen unbedingt die Herstellerempfehlungen zur Auswahl der geeigneten Schmierstoffe beachtet werden, anderenfalls ist eine ordnungsgemäße und leichtgängige Funktion nicht mehr gewährleistet. Unbedingt ist eine Verbindung zwischen Paraffin und Fett zu vermeiden, ein damit abgeschmierter Schalter mit Freiauslösung löst nach kurzer Zeit nicht mehr aus! Die Verbindungsschrauben sind auf festen Sitz zu prüfen, Hilfs- und Auslösegestänge sowie Koppelstangen dürfen keine übermäßige Lose haben. Die Löscheinrichtung ist auf Abbrand und ordnungsgemäße Funktion zu überprüfen. Abschließend ist der Schalter mehrmals zu schalten, wobei auf den einwandfreien Eingriff der Löscheinrichtung zu achten ist. Die HH-Sicherungsauslösung wird mit einer Prüfsicherung mit definierter Auslösekraft getestet.

Leistungsschalter Leistungsschalter sind fähig, die unter normalen und abnormalen Betriebszuständen (Kurzschlüsse) im Stromkreis auftretenden Ströme ein- und auszuschalten und sie über eine festgelegte Zeit zu führen. Dabei kann der Antrieb auch eine Reihe von Schaltfolgen speichern (z. B. für Kurzunterbrechung KU). Bei einer Kurzunterbrechung mit Schnellwiedereinschaltung lautet der Schaltzyklus: 0 - 0,3 s - C0 3 min - C0 mit C = Einschaltung mit Nennkurzschlusseinschaltstrom 0 = Ausschalten mit Nennkurzschlussausschaltstrom Bei den Druckluftschaltern wird das Löschmittel Luft in Behältern gespeichert, wobei es vielfach zusätzlich auch als Antriebsmedium für die Schaltkontakte dient. Die Arbeitsdrücke liegen zwischen 15 und 33 bar. Durch das überkritische Druckverhältnis zwischen Hoch- und Niederdruck erreicht die Luft in den Schaltdüsen während des Ausschaltvorganges Schallgeschwindigkeit; entsprechend laut ist die Lärmemission des Schalters. Zur Erzeugung der benötigten Drücke werden mehrstufige Kolbenverdichter mit Luftkühlung eingesetzt. Dabei wird zur

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Erzeugung möglichst trockener Luft der physikalische Zusammenhang ausgenutzt, dass bei der Kompression über den Sättigungspunkt hinaus bei gleichbleibender Temperatur Wasser ausgeschieden wird. Umgekehrt verringert sich die Luftfeuchtigkeit, wenn bei gleichbleibender Temperatur verdichtete Luft entspannt wird. Die Luftkühlung wird durch Kühler erreicht, die jeder Druckstufe nachgeschaltet werden. Bei der Wahl des Entspannungsverhältnisses von 1:4 bis 1:6 ergeben sich Erzeugerdrücke von bis zu 180 bar. In der zentralen Drucklufterzeugungsanlage wird die Luft auf Verteilungsdruck (ca. 60 bar) reduziert und über ein Rohrleitungsringsystem an die Verbraucher verteilt, wo eine erneute Druckreduktion auf Betriebsdruck erfolgt. Im Gegensatz zur Gleichstromtechnik, bei der die Luftströmung quer zum Lichtbogen geblasen wird, wird hier in Längsrichtung des Bogens geblasen, so dass im Strom-Nulldurchgang die dünne, langgezogene Lichtbogensäule ihre Wärmeenergie an die vorbeiströmende Druckluft verliert. Die Löschmittelströmung ist immer vom Strom unabhängig. Nachteilig wirkt sich der fehlende Wasserstoffeffekt aus, so dass hohe Einschaltfrequenzen nicht gut beherrscht werden. Als Wasserstoffeffekt werden die guten Lösch- und dielektrischen Eigenschaften des Wasserstoffes bezeichnet, dessen Wärmeleitfähigkeit 17mal so groß wie die von Luft und dessen Lichtbogen-Spannungsfall 13,5mal so groß wie der von Luft ist. Daher werden oft niederohmige Widerstände parallel zur Ausschaltstrecke angeordnet, die die Amplitude der Einschaltfrequenzen verringert. Der SF6-Schalter hat als Gasströmungsschalter gegenüber dem Druckluftschalter einen geschlossenen Kreislauf. Nach der Kontakttrennung entsteht ein Gasplasma, das das umgebende SF6-Gas weiter erhitzt und einen Überdruck erzeugt. Durch das Magnetfeld des Stromes in einer in Reihe geschalteten Spule wird eine Rotation des Lichtbogens hervorgerufen, die einerseits ständig kaltes Gas heranführt und zusätzlich den spezifischen Abbrand an den Kontaktstücken reduziert. Wie im Druckluftschalter erreicht das Gas Überschallgeschwindigkeit; die laminare Strömung in der Düse reißt am Ende ab und expandiert. Die dadurch entstehenden Turbulenzen mischen das Bogenplasma mit dem relativ kühlen Umgebungsgas. Die Lichtbogenlöschung wird dann durch die guten Wärmeeigenschaften des SF6 bei niedrigen Temperaturen (Stromnulldurchgang) und die Fähigkeit, freie Elektronen an das Gasmolekül zu binden (elektronegatives Verhalten) erleichtert: die Schaltstrecke wird schnell dielektrisch wiederverfestigt. Bei kleinen Strömen (~ 100 – 200 A) ist zusätzlich ein Kompressionskolben erforderlich, um ausreichende Druckverhältnisse zu erzielen. Die benötigte Schaltarbeit ist gering; die Gefahr des Abreißens kleiner Ströme (Chopping) wird verringert. Nach dem Ausschaltvorgang wird das Löschgas nicht ausgestoßen, sondern die durch den Lichtbogen zersetzten Moleküle rekombinieren zum größten Teil. Die Restpartikel (Metallfluoride) werden in Filtern gebunden. Zusätzlich zum Vorteil der Unabhängigkeit von Umwelteinflüssen bringt der geschlossene Kreislauf eine große Geräuschreduzierung mit sich. Bei Leistungsschaltern für Hoch- und Höchstspannung wird die wiederkehrende Spannung durch eine Mehrfach-Reihenunterbrechung beeinflusst. Durch diese Aufteilung eines Schalterpoles entfallen auf die Schaltstrecken nur Teilbeträge der die wiederkehrenden Spannung, so dass sich eine reduzierte Spannungsbeanspruchung ergibt. Eine gleichmäßige Aufteilung der Teilspannungen wird über eine Parallelschaltung aus Kondensatoren und Widerständen zur Schaltstrecke. Als Kontaktmaterial der für die Führung der Betriebsströme zuständigen Hauptkontakte wird in den selbstfedernden Kontakttulpen eine Mischung

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aus Kupfer-Chrom-Zirkon (CuCrZr) oder Silberbronze (CuAg) eingesetzt. An den Kontaktstellen wir dann eine ca. 20 µm dicke Schicht aus Silber (Ag) galvanisch aufgebracht. Bei den heute fast ausschließlich eingesetzten SF6-Schaltern bestehen die Abbrandkontakte aus extrem abbrandfesten Wolfram-Kupfer-Tränkwerkstoffen (WCu). Je höher der zu beherrschende Kurzschlussstrom ist, desto fester muss das gesinterte Wolframgerüst sein. Durch die Kühlung, die durch das Verdampfen des Kupfers bei ca. 2200°C entsteht, wird das erst bei weitaus höheren Temperaturen schmelzende Wolframgerüst thermisch entlastet; zusätzlich der Umgebung Verdampfungsenergie entzogen. Beim ölarmen Leistungsschalter befindet sich die Löschkammer in einem Ölgefäß. Durch die hohe Temperatur des Lichtbogens verdampft das Öl und wird zersetzt: Es bildet sich eine Gasblase aus Nassdampf (außen) und Heißdampf, Kohlenwasserstoff, Wasserstoff in molekularer und atomarer Form (innen, 5000 – 10000 K) sowie Acetylen. Die hohe Wärmeleitfähigkeit und die hohe spezifische Wärme des Wasserstoffs ermöglichen die guten Löscheigenschaften, d. h. die Kühlung des Lichtbogens. Der entstehende hohe Gasdruck erzeugt durch eine speziell gestaltete Löschkammerform (Ringkanal) eine heftige, quer auf die Lichtbogensäule gelenkte Strömung, die dem Lichtbogen Energie entzieht und die Plasmasäule entionisiert. Das entstandene Gas – in der Menge proportional zur Lichtbogenarbeit – sammelt sich im Schalterkopf, wird gekühlt und entweicht über Entlastungsventile. Da die Intensität der Löschmittelströmung von der Größe des auszuschaltenden Stromes abhängig ist, sorgt bei kleinen Strömen eine Pumpeinrichtung für eine ausreichende Strömung. Durch die relative sanfte Lichtbogenbearbeitung sind die entstehenden Schaltüberspannungen gering. Nachteilig wirkt sich aus, dass die entstehenden Schaltgase in die Umwelt abgeleitet werden müssen und dass ein Teil des Schalteröles irreversibel verändert wird. Gegenüber SF6- bzw. Vakuumschaltern sind die Revisionsintervalle daher kurz. Im Störungsfall kann das austretende Schalteröl in Brand geraten. Der Lichtbogen im Vakuum löscht völlig anders als ein Lichtbogen im Gas. Die Schaltkammer besteht aus einem hochevakuiertem Gehäuse mit Keramikzylindern. Darin stehen sich zwei Elektroden gegenüber, von denen eine mit Hilfe eines außerhalb der Kammer befindlichen Antriebs bewegt werden kann. Ein Metallfaltenbalg, einerseits fest mit dem Stempel des Kontaktes und andererseits fest mit dem Keramikzylinder verbunden, bildet den hermetischen Abschluss zwischen Außenluft und dem Innern der Kammer. Ein isoliert angebrachter Zylinder bildet den Kondensationsschirm. Zur Funktion der Kammer ist ein Druck von weniger als 10-4 mbar erforderlich (bei der Herstellung wird ein Anfangsdruck von 10-9 mbar erzeugt; bei einer angenommenen Leckrate von 3 x 10-13 mbar mal Liter pro Sekunde würde bei einem Schaltgefäß von einem Liter Inhalt in ca. 20 Jahren der zur Funktion erforderliche Druck erreicht sein. Tatsächlich liegt die Leckrate von Schaltkammern bei 10-15 mbar mal Liter pro Sekunde). Beim Öffnen der Kontakte werden im Vakuum aus dem verdampfenden Kontaktmaterial der Schaltstücke eine Metalldampf-Bogenentladungen eingeleitet, über die der Strom bis zum nächsten Nulldurchgang fließt. Bei kleinen Strömen brennt der Bogen als diffuse Entladung mit vielen Kathodenflecken; erst ab etwa 10 kA kontrahiert er zu einer konzentrierten Bogenentladung. Die hohe dielektrische Festigkeit von Vakuum erlaubt kleine Kontaktabstände von ca. 10 mm und somit ist die umgesetzte Energie des Lichtbogens wegen seiner geringen Länge, seiner hohen Leitfähigkeit (Brennspannung zw. 20 - 200 V) und der Vielzahl der Teilbögen sehr klein. In der Nähe des Stromnulldurchgangs erlöschen die Lichtbögen und

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kondensieren innerhalb weniger Mikrosekunden wieder zum größten Teil auf den Metallflächen der Elektroden. Die Schaltstrecke ist somit sehr schnell wiederverfestigt, was insbesonders beim Schalten von kapazitiven Strömen von Vorteil ist. Durch geeignete Abschirmungen werden die schweren Partikel des Metalldampfs von der Isolierung ferngehalten. Dadurch, durch den geringen Schaltstückabbrand, die kurzen Lichtbogenzeiten (< 15 ms) und dem geringen Energieumsatz ist die Schaltkammer wartungsfrei. Bei Strömen größer als ca. 10 kA wird der Lichtbogen durch das Eigenmagnetfeld stark komprimiert. Um beim Ausschalten solcher Strömen eine lokale Überhitzung an den Kontakten zu vermeiden, sind diese durch Schlitze in den Kontaktträgern so ausgebildet, dass der Lichtbogen nicht an einer einzigen Stelle stehenbleibt, sondern durch das Eigenmagnetfeld mit einer Rotation beginnt. Eine andere Möglichkeit zur Verhinderung von Aufschmelzungen und Kontaktbeschädigungen besteht darin, dass axiale Magnetfelder die Bogenkontraktion erschweren. Der Ausschaltvorgang gestaltet sich schwierig, wenn der zu schaltende Strom so gering ist, dass die Metalldampf-Bogenentladung nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Jetzt reißt der Strom schon vor dem natürlichen Nulldurchgang ab und bei Schalten von induktiven Strömen droht die Gefahr von unzulässigen Schaltüberspannungen. Durch konstruktive Maßnahmen (z. B. voreilende Kontaktöffnung eines Schalterpoles) und durch Verwendung von geeignetem Kontaktmaterial ist der Abreißstrom auf möglichst kleine Werte (5 ... 10 A) zu begrenzen. Die im Vakuum erforderlichen Ladungsträger zum Aufbau eines Lichtbogens (Vakuumbogen) müssen vom Kontaktmaterial gestellt werden. Der Werkstoff der Kontakte bestimmt daher in starkem Maße das Schaltverhalten; aus diesem Grund müssen hohe Anforderungen an die Kontaktwerkstoffe gestellt werden, z. B. geringer Gasgehalt, hohe Reinheit der Komponenten, hohe Abbrandfestigkeit und hohe Verschweißresistenz. Eine gute Kombination für diese Anforderungen stellen Kupfer-Chrom-Verbundwerkstoffe (CuCr) dar. Im Hochvakuum der Leistungsschalterröhre wird der Gültigkeitsbereich des Paschen-Gesetzes verlassen und die Durchschlagspannung ist von der Mikrostruktur der Elektrodenoberfläche abhängig. Das Isoliervermögen der offenen Schaltstrecke ist nach einer Einschaltung mit einem kleinem Strom und nachfolgender stromloser Ausschaltung herabgesetzt, da sich auf der Kontaktoberfläche winzige Verschweißungen des Kontaktmaterials bilden. Mechanisch sind sie ohne Einfluss und werden bei einer Ausschaltung mit höherem Strom „weggebrannt“ (Konditionierung der Kontaktflächen). Eine physikalische Eigenschaft der Vakuumisolation ist die Möglichkeit der Emission von Röntgenstrahlung bei geöffneter Schaltstrecke. Die Feldstärkeerhöhung kann die vorhandenen Elektronen beschleunigen, so dass Ionisierungen erleichtert werden und Moleküle bzw. Atome angeregt werden, kurzwellige Lichtquanten zu emittieren. Bei ordnungsgemäßen Betrieb, d. h. Anlegen der Bemessungs-Stehwechselspannung und Nennwert des Kontaktabstandes, wird die Ortsdosis von 1µSv/h in 10 cm Abstand (Forderung bei der Typprüfung bei PTB) nicht überschritten. Die Wartungstätigkeiten bei Vakuum-Leistungsschaltern beschränken sich bei gewöhnlichen Betriebsbedingungen alle vier Jahre auf die Kontrolle des äußeren Allgemeinzustandes und einer Inspektion des Antriebes. Dabei ist eine Sichtprüfung der Schmierstellen durchzuführen und durch mehrere Leerschaltungen (insbes. an

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betriebsmäßig selten geschalteten Schaltern) den ordnungsgemäßen Ablauf der elektrischen und mechanischen Funktionen zu prüfen. Weitergehende Wartungen des Antriebes nach den vom Hersteller vorgeschriebenen Schaltspielzahlen umfassen den Austausch von mechanisch hochbelasteten Teilen sowie umfangreiche elektrische Funktionsprüfungen und sind nur nach gründlicher Schulung durch den Hersteller durchzuführen. Die Vakuum-Schaltkammer im Schalterpol ist bis zur zulässigen Schaltspielzahl bzw. der Summenstromgrenze wartungsfrei. Eine Kontrolle des Vakuums (mindestens erforderlich bei äußerer mechanischer Krafteinwirkung auf einen Schalterpol) kann durch eine Gleichspannungsprüfung über die offene Schaltstrecke erfolgen. Die Höhe der Prüfspannung hängt von der Nennspannung des Schalters ab (Anhaltswerte: UN = 12 kV Uprüf = 25...40 kV; UN ≥ 24 kV Uprüf = 57 kV). Eine Prüfung mit höheren Spannungen ist unbedingt zu vermeiden, da sonst eine Röntgenstrahlung entstehen kann. Die Isolierstrecke des Schalters wird mindestens dreimal für eine Dauer von fünf Sekunden mit Hochspannung beaufschlagt. Vor der Messung sind die Isolatoren und Stützer gründlich von Fremdschichten zu säubern, um Fehlmessungen vorzubeugen (Riso>109Ω). Bei der ersten Messung können die oben beschriebene Feldströme aus den Kontaktflächenspitzen ein schlechtes Isoliervermögen vortäuschen. Wird bei jeder Messung ein Durchschlag festgestellt, weist dies auf einen zu hohen Innendruck in der Schaltröhre hin; sie ist unbrauchbar und auszutauschen. Im Anschluss an Leistungsschalterwartungen wird im allgemeinen eine Funktionsprüfung der angeschlossenen Netzschutzrelais durchgeführt, um eventuelle Fehler im Schutzkreis, die durch die Schalterrevision hervorgerufen wurden, auszuschließen. Gelegentlich finden sich vereinzelt in älteren Schaltanlagen noch Expansin-Schalter, deren Löschmedium aus einer Mischung von Wasser mit Glykol besteht. Die hohe Lichtbogentemperatur erzeugt hier um den Bogenkern einen Mantel aus überhitztem Wasserdampf. Im Nulldurchgang des Stromes wird die Lichtbogenleistung und der Druck reduziert, so dass an der Grenzschicht zwischen Dampf und Flüssigkeit das Gleichgewicht Druck ⇔ Temperatur gestört wird. In der explosionsartig auftretenden Nachverdampfung entstehen Flüssigkeitstropfen, die den Lichtbogen intensiv kühlen. Diese Erscheinung wird Expansionseffekt genannt. Der hohe konstruktive Aufwand hat dazu geführt, dass dieser Schalter auch in den angelsächsischen Ländern, in denen er häufig vertreten war, immer weniger anzutreffen ist.

Transformatoren Für den Betrieb elektrischer Netze stellt der Leistungstransformator ein wichtiges Anpassungsglied dar. Er passt Spannung und Strom an die Erfordernisse der Erzeuger, Verbraucher und Übertragungseinrichtungen an, sorgt für die notwendige Spannungshaltung, beeinflusst den Wirk- und Blindleistungsfluss und bestimmt wesentlich die Kurzschluss- und Erdschlussströme im Netz. Seine wichtigsten Kenngrößen sind die Nennleistung (Wirkleistungsbedarf und Leistungsreserve), die Nennübersetzung und Einstellbereiche (Spannungshaltung) sowie die Impedanzen (Kurzschluss und Erdschluss). Diejenige Wicklung, der die Energie zugeführt wird, heißt stets die Primärwicklung (unabhängig davon, ob sie die höhere Spannung (Oberspannung) oder die niedrigere (Unterspannung) aufweist), die Wicklung, die die Energie abgibt, wird Sekundärwicklung genannt. Die bewickelten Teile des Eisenkerns heißen Schenkel, sie werden durch die Joche verbunden. Zur

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Ringkerntrafo von Zipernowsky, Déri und Bláthy, 1885

Umspannung sind mindestens zwei Wicklungen oder Wicklungsteile erforderlich, die i.a. ineinander gewickelt sind. Aus isolationstechnischen Gründen ist die Unterspannungswicklung meistens innen, d.h. nahe dem Eisenkern und die Oberspannungswicklung außen angeordnet. Die Anschlüsse an der OS-Wicklung werden mit 1U1, 1V1, 1W1 und N bezeichnet, die der US-Wicklung mit 2U1, 2V1, 2W1 und n. Die – i.a. nicht zugänglichen - Wicklungsenden tragen an der jeweils letzten Stelle die Ziffer 2, z. B. 1U2, 1V2 und 1W2. Das Prinzip des Transformators beruht auf dem im Jahre 1831 von Michael Faraday (1791-1867) und Joseph Henry (1797-1878) entdeckten Induktionsgesetz. Aber erst 1856 wurde der erste eisengeschlossene Transformator von S. Varley gebaut. Im Jahre 1885 erhielten die Herren Károly Zipernowski, Miksa Déri und Otto Titus Bláthy aus Ungarn ein Patent für ein Stromverteilungssystem mit Ringkerntransformator. Nachdem Friedrich August Haselwander 1887 ein Dreiphasen-Wechselstromsystem angab, gelang 1891 der Schritt zum heute üblichen Drehstromtransformator in Dreischenkelbauform nach grundlegenden Veröffentlichungen von Gisbert Kapp (1888). Der Oberingenieur von AEG, Michael von Dolivo-Dobrowolsky, entwickelte 1890 einen Transformator, mit dem es möglich wurde, die elektrische Energie mit Hochspannung über weite Strecken zu transportieren (1891: erste Drehstromübertragung von Laufen am Neckar nach Frankfurt mit Yy-Trafos, Transport von ca. 100 kW über 175 km bei 8,5 kV, η = 72,5%; Sternpunkte niederohmig geerdet). Faraday entdeckte, dass bei Stromänderung in einer Spule, z.B. bei Ein- oder Ausschalten, zwischen Anfang und Ende einer zweiten Spule eine Spannung gemessen werden kann. Der Strom baut mit der ersten Spule ein Magnetfeld auf, welches auch die zweite Spule durchsetzt. Die Summe aller geschlossenen Flusslinien bilden den Gesamtfluss Φ1. Aber nicht alle Flusslinien durchsetzen auch die zweite Spule; einige schließen sich über Luft außerhalb der zweiten Spule. Man nennt den verketteten Fluss den Nutz- oder Hauptfluss Φh , den Fluss, der nicht die zweite Spule durchdringt, den Streufluss Φσ. Die Richtung der magnetischen Kraftlinien merkt man sich nach der „rechten Handregel“: Legt man die rechte Hand so um eine Spule, dass die Finger in Stromrichtung zeigen, dann zeigt der abgespreizte Daumen die Feldlinienrichtung im Innern der Spule an. Die induzierte Spannung ist um so höher, je größer die Windungsanzahl, die Flussänderung und je kleiner die Zeit ist, in der die Flussänderung stattfindet. Mathematisch wird dieses Verhalten für den idealen Transformator durch folgende Gleichungen ausgedrückt:

U nt1 1= ∗

∆Φ∆

U nt2 2= ∗

∆Φ∆

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Bez. Dicke

mm

Ummagnet.-verluste bei 1,5T, 50 Hz

W/kg Anmerkung

M097-30S 0,3 0,88 norm. kornorientiert

M105-30P 0,3 0,78 Hi-Bi

M090-23P 0,23 0,65 Hi-Bi

M085-23P 0,23 0,62 Hi-Bi + Laser

Kernbleche

Bereich der Sättigung

ungesättigtEisen

LuftFl

ußdi

chte

B →

Feldstärke H → Magnetisierungskurven

UU

nn

1

2

1

2=

Unter Vernachlässigung der inneren Verluste ist die Leistung der Ausgangswicklung so groß wie die der Eingangswicklung. Daraus kann gefolgert werden:

U I U I1 1 2 2∗ = ∗ ⇒ UU

II

1

2

2

1=

II

nn

1

2

2

1=

Als Maß für den Innenwiderstand wird die Kurzschlussspannung angegeben. Sie ist die Spannung, die bei Nennfrequenz und kurzgeschlossener Ausgangswicklung an der Eingangswicklung liegen muss, damit diese den Nennstrom IN aufnimmt und wird in der Regel nicht in Volt, sondern als bezogene Größe uZ in % der Nennspannung angegeben. Transformatoren mit niedriger Kurzschlussspannung besitzen einen kleinen Innenwiderstand, sie sind spannungssteif und die Ausgangsspannung sinkt bei Belastung nur wenig ab. Umgekehrt sind Transformatoren mit hoher Kurzschlussspannung spannungsweich und erhöhen den Blindleistungsbedarf. Der sich nach einem Kurzschluss einstellende Dauerkurzschlussstrom Ikd ist bei Transformatoren mit kleiner Kurzschlussspannung groß.

Zkd u

II ∗=100

Durch unterschiedliche Wicklungsanordnungen kann die Streuung und damit die Höhe der Kurzschlussspannung beeinflusst werden.

Kernaufbau

Durch die Wahl von geeigneten Dynamoblechen (Vergrößerung von µr ⇒ Vergrößerung von B bei gleichem Strom) lässt sich die induzierte Spannung steigern. Im Gegensatz zur eisenlosen Spule ist das Verhältnis von Spulenstrom und Flussdichte nicht mehr linear, sondern bei steigendem Strom richten sich die

Elementarmagnete im Eisenkern bis zur magnetischen Sättigung aus. In diesem Kennlinienbereich ist der Eisenkern als magnetischer Leiter vollkommen wirkungslos. Im Transformatorenbau werden seit den fünfziger Jahren ausschließlich kornorientierte, kaltgewalzte Bleche mit einer Stärke von 0,3 mm eingesetzt

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Betriebsmittel

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(Entdeckung durch Goss in USA 1934). Zur Minimierung von Wirbelströmen zwischen den Blechen sind sie mit einer dünnen Silikat-Phospat-Beschichtung versehen. Gegen die Ausbildung von Wirbelströmen innerhalb der Bleche werden hauptsächlich Zusätze aus Silizium verwendet, wodurch aber die gute magnetische Leitfähigkeit etwas leidet. Durch die Walzrichtung erhält das Blech eine Vorzugsrichtung, in der der Magnetisierungsstrombedarf um etwa 30% geringer ist als in Querrichtung. Daher müssen die Bleche an den Stoßstellen von Schenkeln und Jochen Schrägschnitte (45° bzw. 90°) aufweisen. Ende der sechziger Jahre wurde in Japan Bleche mit einer schärferen Kornorientierung und einer verbesserten Oberfläche (geringere Empfindlichkeit gegenüber mech. Beanspruchungen beim Trennen und Ablängen) entwickelt. Sie werden in Weiterentwicklung durch Laserstrahlbehandlung heute als Hi-Bi-Bleche in Stärken von 0,23 - 0,3 mm eingesetzt. Eine weitere Verbesserung wird dadurch erzielt, dass an den Stoßstellen die Bleche nicht mehr einfach übereinander liegen, sondern in fünf bis sieben Positionen gegenseitig gestaffelt sind (Step-Lap-Kern). Eine Verlustreduktion um ca. 5%, eine Geräuschreduktion um rd. 5 dB(A) und ein deutlich verringerter Leerlaufstrom, allerdings nur bei Induktionen zwischen 1,4 und 1,6 T, ist die Folge. Um die notwendige mechanische Festigkeit zu erzielen, werden die Schenkel durch Bandagen und durch Verkeilungen gegen die innenliegende Wicklung gesichert. Die früher übliche Bolzenpressung, bei der der magnetische Fluss eingeschnürt wird und quer zur Walzrichtung ausweichen muss, wird so vermieden. Der Pressdruck für Schenkel und Joche ist aber relativ gering, da bei kornorientierten Blechen die Leerlaufverluste und die Geräusche durch mechanische Spannungen erhöht werden. Ebenso ist auf eine geringe Welligkeit der gelieferten Bleche, eine vollkommene Isolation der Bleche untereinander, eine gleichmäßige Pressung und auf eine verspannungsfreie Schichtung zu achten. Um den Innendurchmesser der Transformatorwicklungen möglichst gut auszunutzen, nähert man durch eine 5- bis 15fache Stufung der Blechbreiten den Eisenquerschnitt an die Kreisform an. Die nachfolgenden Zahlen verdeutlichen die Menge der verbauten Bleche: SN= 400kVA: 4520 Stck. Bleche mit einer Gesamtlänge von 2633,9 m und einem Nettogewicht von 497,6 kg SN=630 kVA: 5000 Stck. Bleche mit einer Gesamtlänge von 3297 m und einem Nettogewicht von 675 kg Der übliche Kerntyp für dreiphasige Transformatoren aller Leistungsgrößen ist der Dreischenkelkern. Werden bei Großtransformatoren besondere Anforderungen hinsichtlich der Transporthöhe gestellt, kommt der Fünfschenkelkern zu Einsatz. Dabei werden die Joche der drei Hauptsäulen durch zwei zusätzliche Rückflussjoche verbunden. Damit werden alle Jochquerschnitte, die Jochhöhen und die Kernbauhöhen im Vergleich zum Dreischenkelkern verringern.

Dreischenkelkern

100

%

100 %

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Wicklungsaufbau Bei der Auslegung der Wicklungen müssen besonders berücksichtigt werden:

• die mechanische und thermische Festigkeit muss so gewählt werden, dass die auftretenden Kurzschlussströme sicher beherrscht werden.

• die elektrische Festigkeit für Wechsel- und Stoßspannungsbeanspruchungen muss so hoch sein, dass die geforderten dielektrischen Prüfungen sicher bestanden werden.

• die Wirbelstrom-Zusatzverluste müssen gering sein Die Wicklungssysteme aus Kupfer oder Aluminium werden mehrfach konzentrisch zu den Schenkelachsen angeordnet. Durch eine Presskonstruktion wird erreicht, dass innerhalb des Wicklungsaufbaues kein freies Spiel entsteht, in dem die radialen und axialen Kurzschlusskräfte (resultierend aus den Radialkomponenten des magnetischen Streufeldes) zur Geltung kommen (schlagartige Beanspruchung und Lockerung des Isolationsaufbaues). Axiale Kräfte werden durch einen möglichst symmetrischen Wicklungsaufbau und durch sorgfältige Vortrocknung minimiert, die Beanspruchungen durch radiale Kräfte werden durch Distanzleisten und Isolierzylinder zwischen den Wicklungen und dem Kern aufgenommen. In diesem Zusammenhang ist besonders der Zusammenhang zwischen Wicklungslänge und Presskraft von Bedeutung um bei gemeinsamer Pressung von Ober- und Unterspannungswicklung die Presskraftverteilung optimal zu gewährleisten. Der Aufbau der Wicklungen orientiert sich an der geforderten Spannungsfestigkeit hinsichtlich Betriebsspannung und Stoßspannungsbeanspruchung. Bei der Betriebsspannungsbeanspruchung ist besonders die Lagenspannung zwischen zwei benachbarten Windungen und die Windungsspannung zwischen aufeinanderfolgenden Windungen zu beachten. Beim Eindringen von Stoßspannungswellen mit steiler Spannungsstirn (Blitzeinschläge) wird die Isolation des ersten und letzten Wicklungsstranges durch hohe Windungsspannungen stark beansprucht. Typische Wicklungsarten sind für Hochspannungswicklungen sind Schrauben-, Scheiben- und Lagenwicklungen in Einzel- und Doppelspulen- bzw. lagenschaltung. Im Spannungsbereich bis ca. 45 kV überwiegen die Lagen- und Schraubenwicklungen. Bei Ortsnetztransformatoren werden auf der Unterspannungsseite Bandwicklungen aus Kupfer oder Aluminium bevorzugt, da sie neben geringen Fertigungszeiten im Kurzschlussfall keine Beeinträchtigung durch axiale Kontraktionskräfte erfahren. Die Oberspannungswicklungen werden hauptsächlich als Lagenwicklung mit lackdrahtisolierten Runddrähten ausgeführt.

Kessel Die Öltransformatoren besitzen einen Ölkessel (Glattblechkessel, Wellblechkessel, Harfenrohrkessel), in dem Kern und Wicklung untergebracht sind. Das sich bei Erwärmung ausdehnende Transformatorenöl ist gegen Sauerstoffzufuhr (Gefahr der Verharzung) und Feuchtigkeitszutritt (Verminderung der Durchschlagspannung) zu schützen (der Transformator atmet). Aus diesem Grund wird das sich oberhalb des Kessels befindende Ölausdehnungsgefäß nur teilweise mit Öl gefüllt. Über dem Ölspiegel befindet sich getrocknete Luft, die über eine

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Störprotokoll eines Diff-Relais bei Einschalten eines 110-kV-Trafos

Trocknungsanlage mit der Außenluft in Verbindung steht. Traditionell wird hierbei die statische Trocknung (Luftentfeuchter) eingesetzt, bei der die Ölfüllung über eine Ölvorlage (zur Filterung von Staub- und Schmutzteilchen) und feuchtigkeitsadsorbierende Trockenperlen nach außen abgeschlossen wird. Die regenerierbaren, porösen Trockenperlen besitzen bei einer Korngröße von 3 bis 6 mm eine sehr große spezifische Oberfläche. Nach einer Wasseraufnahme von ungefähr 5 Gewichts-% setzt eine Verfärbung aus dem ursprünglichen Orange in durchscheinend ein. Die Entfärbung beginnt in der unteren Schicht und setzt sich nach oben hin fort. Tritt jedoch in der obersten Schicht eine Entfärbung ein, so liegt eine Undichtigkeit zwischen Luftentfeuchter und Ausdehner oder am Glaszylinder vor; sie ist umgehend zu beheben. Bei der Regenerierung in einem Trockenschrank mit Luftumwälzung erhalten die klaren Perlen bei 120 – 150°C in einigen Stunden ihre orange Farbe zurück1. Vor der Wiederverwendung muss das Trocknungsmittel abgekühlt sein. Moderne Transformatoren bis etwa 2,5 MVA ohne Ölausdehnungsgefäß besitzen einen ausreichend elastischen Faltwellenkessel, der einen hermetischen Abschluss des Transformators gegenüber der Außenluft erlaubt (Hermetik-Trafo). Bei Wandlern im Hochspannungsbereich wird entweder eine Druckdose in die Flüssigkeit eingebracht, die sich dem Druckverlauf entsprechend zusammendrückt oder auf der Öloberfläche wird ein Gaspolster (meist N2) eingesetzt. Mit der Ölniveauänderung steigt oder fällt auch der Druck im Gaspolster. Zur Verringerung der Brandgefahr können (Verteil-)Transformatoren mit Silikonöl gefüllt werden (Ersatzstoff für die verbotenen Askarele [PCB]). In Wohn- und

Geschäftshäusern werden oft

Trockentransformatoren, z.B. Gießharz

Folientransformatoren ohne Ölfüllung, aufgestellt. Bei Gießharztransformatoren

sind die Wicklungen fest in Gießharz eingebettet. Sie können auch dort verwendet werden, wo aus Sicherheitsgründen Öltransformatoren nicht zulässig sind (Einzelfälle regelt die EltBauVo der Länder bzw. DIN VDE 0105 Anhang).

Einschalten des Transformators

Beim Einschalten eines Transformators, auch im unbelasteten Zustand, können Einschaltstoßströme bis zum 10-fachen des Nennstromes auftreten (Einschaltrush). 1 Die früher verwendeten blauen Entfeuchterperlen sind wegen des karzinogenen Indikators Cobalt-II-Chlorid CoCl2 verboten!

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Sie finden ihre Ursache im Restmagnetismus (remanente Flussdichte) des Eisenkernes. Beim Einschalten muss sich der Fluss ändern, um eine Spannung zu erzeugen. Hat der Remanzfluss dieselbe Richtung wie der entstehende magnetische Fluss, so ist das Eisen bald gesättigt, und nur sehr große Magnetisierungsströme können die erforderliche Spannung erzeugen. Der ungünstigste Einschaltaugenblick ist der Nulldurchgang der Netzspannung. Die Zeit, in der der Rushstrom auf die Hälfte seines Spitzenwertes abgeklungen ist, beträgt bei Verteiltransformatoren acht bis zehn Perioden, bei großen Netztransformatoren bis zu 3600 Perioden (72 sec).

Verluste Ein realer Transformator stellt leider kein ideales elektrisches Betriebsmittel dar, sondern ist mit lastabhängigen (Kurzschluss) und lastunabhängigen (Leerlauf-) Verlusten behaftet. Die Kurzschlussverluste PK bzw. Pcu bestehen zum größten Teil aus Verlusten in den Wicklungen (Gleichstrom- oder ohmsche Verluste und geringe Wirbelstromverluste) und sind abhängig von der Belastung des Transformators. Die Leerlaufverluste P0 bzw. PFe

finden ihre Ursache in der Magnetisierung des Eisenkerns; sie sind bei nicht schwankender Betriebsspannung konstant. Für die Berechnung der Verluste bei einer beliebigen Belastung gilt:

PS

SP PV

nennCu Fe=

∗ +

2

Bei der Beschaffung der Transformatoren ist dies durch eine Verlustkapitalisierung nach der Barwertmethode zu berücksichtigen. Derjenige Transformator, dessen Summenwert aus Anschaffungspreis und kapitalisierten Verlusten am niedrigsten ausfällt, ist der günstigste. Aus den Berechnungen zum Wirkungsgrad und den Verlusten eines Transformators lässt sich die wirtschaftlich optimale Belastung ermitteln:

knennopt P

PSS 0×=

Geräusche Bei den von Transformatoren erzeugten Geräuschen handelt es sich in erster Linie um magnetische Geräusche. Jedesmal, wenn die Induktion positive oder negative Werte annimmt, werden die Eisenbleche gestreckt, bei 50 Hz also 50 mal pro Sekunde bei den positiven Halbwellen und 50 mal bei den negativen Halbwellen. Es entsteht das charakteristische Brummen des Transformators mit 100 Hz, dem sich Oberwellen mit 200 Hz usw. überlagern. Die Streckung der Bleche beträgt nur wenige µm, erzeugt aber schon erhebliche Lautstärken, die über den Kessel auf das Fundament übertragen werden können und zu Belästigungen führen. Die Lautstärke ist nicht von der Belastung abhängig (bei der Kurzschlussmessung mit Nennstrom treten nahezu keine Geräusche auf, sehr wohl dagegen bei der Leerlaufmessung, insbesonders, wenn die Spannung über ihren Nennwert gesteigert wird). Eine Verbesserung der Geräusche lässt sich neben der Induktionssenkung im Eisenkern auch durch konstruktive Maßnahmen erreichen: Pfeilschnitt der Eisenbleche im Mittelschenkel und Schrägschnitt an den Außenschenkeln, bolzenlos ausgeführte Kerne und nicht zuletzt versteifte Kessel, so dass auch Eigenresonanzen vermieden werden. Die Körperschallübertragung vom Transformator auf sein Fundament kann

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durch ein Masse-Feder-System positiv beeinflusst werden, welches zusammen mit der Masse des Transformators auf eine niedrige Resonanzfrequenz abgestimmt wird. Für Verteiltransformatoren sind derartige Schwingungsdämpfer im Handel zu erwerben. Bei geräuscharmen Transformatoren mit ONAF-Kühlung spielen die Lüftergeräusche eine entscheidende Rolle. Sie sind stark von der Drehzahl und der Flügelradgestaltung abhängig; um bei reduzierter Drehzahl eine ausreichende Fördermenge zu erhalten muss die Lüfteranzahl erhöht werden.

Wicklungsverschaltung Entsprechend der Wicklungsverschaltung sind drei Schaltungsarten (Schaltgruppen) gebräuchlich. Zur Kennzeichnung der Schaltung benutzt man Kurzzeichen, die angeben, in welcher Art die Wicklungen zusammengeschaltet sind und welchen Phasenwinkel die Außenleiterspannungen von Primär- und Sekundärwicklung miteinander bilden. Bei herausgeführtem Sternpunkt ist in den Schaltungsbuchstaben ein n (US) bzw. ein N (OS) anzuhängen. Die Phasenverschiebung zwischen Ober- und Unterspannung wird als Kennzahl angegeben, die aus der Stundeneinteilung des Uhrenziffernblattes zu erklären ist. Der Verschiebungswinkel berechnet sich aus der Multiplikation der Kennzahl mit 30° (z. B. Dyn 5 : Verschiebungswinkel zwischen OS und US = 150°). Stern-Stern-Schaltung (Bez.: Y / y ... (d)): Die Strangwicklung einer Sternschaltung ist nur für die 1/√3-fache Außenleiterspannung zu bemessen. Sie erfordert daher kleinste Windungszahl, die geringste Isolation und somit die niedrigsten Herstellungskosten. Gebräuchlich sind Transformatoren dieser Schaltgruppe, wenn zwei Hochspannungsnetze galvanisch voneinander getrennt betrieben werden müssen. Stern-Dreieck-Schaltung (Bez.: D / y n ...): Obwohl die Isolation für die volle Netzspannung auszulegen ist, besitzt diese Schaltgruppe den Vorteil, dass der Strangstrom auf das 1/√3-fache des Außenleiterstroms zurückgeht. Die Magnetisierung ist bei dieser Schaltgruppe immer natürlich, selbst bei unsymmetrischer Lastverteilung. Das Einsatzgebiet dieser Schaltgruppe sind Ortsnetztransformatoren. Stern-Zickzack-Schaltung (Bez.: Y / z n ...): Bei kleinen Verteiltransformatoren, deren niederspannungsseitiger Sternpunkt trotz Sternschaltung auf der OS belastbar sein muss, findet man diese Schaltung. Die Bauleistung muss um rund 7,5 % höher gegenüber einem normalen Trafo ausfallen; er wird größer. Aus diesem Grund werden Yz-Transformatoren nur bis ca. 200 kVA gefertigt. Die Sternpunktbelastbarkeit kennzeichnet die Fähigkeit eines Transformators, seinen Nennstrom im zugehörigen Sternpunkt der Wicklung zu führen. Sie hängt wesentlich vom Verhältnis der Nullreaktanz zur Mitreaktanz X0/X1 ab, welches durch den Transformatoraufbau geprägt wird. Transformatoren der Schaltgruppe Yy und Yz in Dreischenkelkernausführung besitzen ein X0/X1 von drei bis zehn, als Fünfschenkelkern oder bei Transformatorbänken mit drei Einzeltrafos ein X0/X1 von 10 bis 100.

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Kühlmittel Kühlmittel bewegung

Mineralöl O nat.

Askarel L Bewegung N

Gas G

Wasser W erzwungene

Luft A Bewegung F

Kühlungsarten

3

1

35

4

3 14

10

11

2

7

6

5

4

1312

9876

Stufenschalter

Kühlung Die Höhe der Leistung eines Transformators ist in erster Linie durch seine therm. Grenzen (Öl- und Kupfertemperaturen) festgelegt. Die Ölfüllung eines Transformators dient neben der Isolierung auch als Kühlmedium, welches die im Betrieb entstehende Wärme nach außen abführt. In einem geschlossenen Kreislauf nimmt das Isoliermittel die Wärme auf und transportiert sie in die äußere Kühlanlage (Radiator, Wärmetauscher). Das abgekühlte Öl strömt dann wieder in den Transformator zurück. Die Kühlungsarten von Transformatoren werden durch Buchstaben für Kühlmittel und für die Kühlmittelbewegung bezeichnet. Die Kurzzeichen werden dabei so angeordnet, dass die ersten beiden Buchstaben die Kühlmittel für die Wicklung, der dritte und vierte Buchstabe die Kühlmittel für die äußere Kühlung kennzeichnen, z. B. OFAF für die Kühlungsart eines Öltransformators mit erzwungener Öl und Luftkühlung. Unterschiedliche Kühlungsarten werden durch einen Schrägstrich getrennt, z. B. ONAN / ONAF Transformatoren tragen, entspr. den Spannungsebenen, die Namen: Verbundkuppler verbindet 380-kV-Ebene mit 220-kV-Ebene Direktkuppler verbindet 380-kV-Ebene mit 110-kV-Ebene Netztransformator verbindet 110kV-Ebene mit dem 10- oder 20-kV-Netz Ortsnetztransformator verbindet das Mittelspannungsnetz mit dem Verteiltransformator Niederspannungsnetz Maschinentrafo transformiert die Blocktrafo Generatorspannung (max. 27 kV) auf eine höhere Spannung Eigenbedarfstrafo versorgt die Pumpen, Lüfter, Kohlemühlen, Beleuchtung

Netztransformatoren Der Netztransformator weist in der Regel einen Stufenschalter auf, dessen Funktion im folgenden kurz beschrieben werden soll. Die beidem beweglichen Kontakte des Feinwählers sind jeweils mit zwei benachbarten Anzapfungen der Feinstufenwicklung verbunden (Anzapfungen 10 und 11). Im Dauerbetrieb ist nur eine vom ihnen stromführend (im dargestellten Fall Anzapfung 11). Der Lastumschalter kann nun den stromführenden Pfad von der Anzapfung 11 auf die vorgewählte Anzapfung 10 umschalten. Bei der eingestellten Vorwählerverbindung 3-4 wird dadurch die effektive Windungszahl der Wicklung verringert. Soll sie jedoch - ausgehend vom Betrieb auf der Anzapfung 11 - erhöht werden, muss zunächst der stromlose Feinwählerkontakt mit der Anzapfung 12 verbunden werden. Dann wird der

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Betriebsmittel

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Nennleistung 40 MVA Nennspannungen OS / US 110.000 V / 11.000 V Nennstrom OS US

210 A 2100 A

Schaltgruppe YNyn6 (d) Leistung der Ausgleichswicklung 13,3 MVA 44 A Anzapfungen 1 127.550 V 181 A

10 110.000 V 210 A 19 92.450 V 250 A

uZ 17 % P0 16,5 kW PK 135 kW L0 72 dB(A) Abmessungen LxBxH 9175 x 2930 x 3820 mm Gewichte Öl

Aktivteil Kupfer

15.300 kg 43.100 kg 17.800 kg

Versandgewicht 79.800 kg Preis ca. 0,5 Mio €

Trafodaten 110 / 10 kV

Betriebsstrom durch den Lastumschalter auf diese Anzapfung umgeschaltet. Der Vorwähler ermöglicht durch Umschaltung der gesamten Feinstufenwicklung (von Kontakt 4 auf Kontakt 14 oder umgekehrt) eine Verdoppelung des Anzapfungsbereiches. Die Umschaltung erfolgt, wenn der stromführende Wählerkontakt auf dem mit dem Ende der Stammwicklung verbundenen Feinwählerkontakt 3 steht und somit die gesamte Feinstufenwicklung stromlos ist. Die Umschaltung von Fein- und Vorwähler kann verhältnismäßig langsam (innerhalb einiger Sekunden) erfolgen. Somit sind die hier auftretenden mechanischen Beanspruchungen relativ gering. Da stets stromlos geschaltet wird, ist die Lebensdauer der Kontakte von Fein- und Vorwähler hoch. Die Umschaltung von der stromführenden Anzapfung m auf die vorgewählte benachbarte Anzapfung n erfolgt in mehreren Zwischenstufen unter Verwendung der ohmschen Überschaltwiderstände, wodurch eine Stromunterbrechung vermieden wird. Die Energie für den Umschaltvorgang bezieht der Lastumschalter aus zuvor gespannten Federn, die direkt an ihn angebaut sind. Dadurch ist gewährleistet, dass eine einmal eingeleitete Lastumschaltung auch dann ordnungsgemäß zu Ende geführt wird, wenn der Motorantrieb, z. B. infolge Spannungsausfalls, stehen bleibt. Der Lastumschalter muss in relativ kurzer Zeit unter Strom umschalten (je nach Schalterausführung innerhalb von 50 bis 100 ms) . Diese Schaltungen sind mit Lichtbogenbildung und Kontaktabbrand verbunden. Der Vorteil von Lastumschaltern mit ohmschen Überschaltwiderständen besteht nun darin, dass sowohl an den Schaltkontakten als auch an den Widerstandskontakten der Lichtbogenstrom und die nach der Lichtbogenlöschung auftretende Wiederkehrspannung in Phase sind. Die Einschwingspannung am schaltenden Kontakt ist somit netzfrequent. Das erleichtert die Lichtbogenlöschung, führt zu hohen Kontaktlebensdauern sowie langen Wartungsintervallen und ermöglicht die Beherrschung hoher Stufenleistungen bei relativ geringem Aufwand. Bei den Schaltzahlen, die in der elektrischen Energieversorgung eingesetzte Transformatoren erreichen, ist die Lebensdauer der Lastumschalterkontakte derjenigen des Transformators angepasst. Der Lastumschalter ist in einem druckdichten Isoliergefäß (in der Regel ein Hartpapier- oder Kunststoffrohr) eingebaut. Dadurch wird eine zuverlässige Trennung des Isolieröls im Hauptkessel von dem Isolieröl im Lastumschaltergefäß erreicht. Die bei den Schaltungen entstehenden Lichtbögen verunreinigen nämlich das Isolieröl im Lastumschaltergefäß und sättigen es mit Schaltgasen. Eine Verbindung mit dem Isolieröl des Transformatorkessels würde somit zu dessen Verunreinigung sowie Trugschlüssen bei Analysen der im Isolieröl des

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Tieflader zum Transport

Transformators gelösten Gase führen. Die vom Lichtbogen gebildeten Schaltgase werden aus dem Lastumschaltergefäß über eine Rohrleitung zum separaten Ausdehnungsgefäß nach außen abgeleitet. Die Erneuerung des Schaltöls ist abhängig von Nennstrom, Nennspannung und Schaltzahl; eine allgemeine Festlegung geht von 4 - 6 Jahren bzw. nach 40.000 bis 80.000 Lastumschaltungen aus.

Der Regelbereich beträgt i.A. ±16% in 19 Stufen. Die Zuschaltung eines Transformators sollte nur auf niedriger Stufenschalterstellung (max. Stellung 3)

erfolgen, um die auftretenden Einschaltströme klein zu halten. Der Transport eines Netztransformators erfolgt vorwiegend auf der Schiene. Wird das Lademaß der DB eingehalten, kann der Transport ohne weitere Prüfung des Transportweges auf allen Strecken im Netz der DB auf Tiefladewagen mit gekröpfter Brücke durchgeführt werden. Transformatoren mit Leistungen größer 80 MVA werden grundsätzlich auf Balkenwagen transportiert. Da nicht alle Umspannwerke Gleisanschluss bis zum Trafofundament besitzen, muss der Transformator auf einen Schwerlastwagen umgeladen werden. Hierbei wird der Straßenrollen neben das Schienenfahrzeug gefahren, der Transformator auf Holzschwellen hochgebockt und auf das Landfahrzeug verzogen. Der innerstädtische Transportweg ist sorgfältig unter Berücksichtigung von Brückenhöhen und Kurvenradien in Absprache mit den Behörden zu planen. Zur Kupplung von 380-kV- und 220-kV-Netzen werden einphasige Transformatoren zu einer Trafobank zusammengeschaltet. Die Bemessungsscheinleistungen liegen dabei im europäischen Verbundnetz zwischen 660 MVA (3 x 220 MVA) und 1000 MVA (3 x 333 MVA). Transformatoren in Kraftwerken (Blocktransformatoren) werden an die Leistung des Generators angepasst. Ihre Schaltgruppe ist immer YNd5 mit einer Bemessungsscheinleistung bis zu 1200 MVA bei 380 kV.

Verteiltransformatoren Drehstromtransformatoren großer Leistung haben meist einen Ölkessel, in dem Kern und Wicklung untergebracht sind. Das Öl kühlt besser als Luft, es isoliert besser und verhindert Feuchtigkeitszutritt. Transformatorenöl dehnt sich bei Erwärmung aus. Es

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darf in warmem Zustand nicht mit Luftsauerstoff in Berührung kommen, weil es sonst verharzt. Deshalb ist oberhalb des Kessels ein Ölausdehnungsgefäß angebracht, das nur teilweise mit Öl gefüllt ist. Wegen der Verbindung zur Außenluft über die Entlüftungsöffnung muss die Luft bei Freilufttransformatoren entfeuchtet werden. Moderne Transformatoren bis etwa 2,5 MVA ohne Ölausdehnungsgefäß haben einen elastischen Faltwellenkessel, der sich ausdehnen kann wie eine Ziehharmonika. In Wohn- und Geschäftshäusern werden aus Brandschutzgründen oft Trockentransformatoren, z.B. Gießharz Folientransformatoren ohne Ölfüllung, aufgestellt. Bei Gießharztransformatoren sind die Wicklungen fest in Gießharz eingebettet. Sie können auch dort verwendet werden, wo aus Sicherheitsgründen Öltransformatoren nicht zulässig sind (Einzelfälle regelt die EltBauVo der Länder bzw. DIN VDE 0105 Anhang). Bei Verteiltransformatoren erfolgt die Änderung der Ausgangsspannung wie bei Netztransformatoren auf der OS, wobei die Anzapfungen meistens in der Wicklungsröhre sitzen, und zwar meistens räumlich und elektrisch in der Wicklungsmitte. Die gebräuchlichen Umsteller (Schiebe- oder Drehumsteller) gestatten jedoch eine Umschaltung nur im spannungsfreien Zustand. Üblich sind Werte von ±5 %. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Einstellung auf +5% eine Spannungsabsenkung auf der US bewirkt. Da der Umsteller in aller Regel selten betätigt wird, ist vor der Einstellung auf die neue Anzapfung ein mehrmaliges Durchfahren aller Stellungen ratsam. Dadurch werden eventuelle Verkohlungen beseitigt und ein einwandfreier Kontakt hergestellt. Auch bei der regelmäßigen Wartung des Transformators sollten alle Stellungen überfahren werden, um der Fremdschichtbildung vorzubeugen. Technische Daten von 400- und 630-kVA-Transformatoren (DIN 42500) UM

400 kVA 12 kV 24 kV

630 kVA 12 kV 24 kV

Schaltgruppe Dyn5 Dyn5

UZ 4 bzw. 6 % 4 bzw. 6 %

Anzapfungen ± 4% ± 4%

P0 600 W 600 W 850 W 850 W

PK 4600 W 4600 W 6500 W 6500 W

Schalleistung 58 dB(A) 58 dB/A) 60 dB (A) 60 dB (A)

Gewicht Aktivteil Ölgewicht

680 kg 250 kg

870 kg 250 kg

1270 kg 340 kg

1280 kg 340 kg

Gesamtgewicht 1150 kg 1340 kg 1920 kg 1940 kg

Abmessungen LxBxH 1370 x 830 x 1420 mm

1300 x 820 x 1630 mm

1470 x 820 x 1550 mm

1520 x 820 x 1600 mm

Prüfungen an Transformatoren Die Funktionstüchtigkeit und Betriebssicherheit sowie die Einhaltung der garantierten Verlustwerte eines Leistungstransformators müssen vom Hersteller in elektrischen Schlussprüfungen vor Auslieferung an den Abnehmer unter Beweis gestellt werden. Die Prüfungen sind in Normen genau festgelegt und unterscheiden sich in Stückprüfungen (denen jeder Transformator unterzogen werden muss)

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Typprüfungen (die an einem Transformator durchgeführt werden und nachweisen, dass andere gleiche Einheiten die Anforderungen erfüllen) Sonderprüfungen (die zwischen Hersteller und Abnehmer vereinbart werden) Zu den Stückprüfungen gehören die Messung des Wicklungswiderstandes, der Messung des Übersetzungsverhältnisses und der Kontrolle der Schaltgruppe, die Messung der Kurzschlussspannung, die Messung der Kurzschluss und Leerlaufverluste, die Fremdspannungsprüfung (Wicklungsprüfung zum Nachweis der Hauptisolation zwischen Wicklungen und Erde), die Prüfung mit induzierter Wechselspannung (Windungsprüfung zur Prüfung der Spannungsfestigkeit zwischen benachbarten Windungen und Phasen; sie wird, da die Prüfspannung die zweifache Nennspannung des Prüflings übersteigt, zur Vermeidung der Übersättigung des Eisenkerns meist mit doppelter Nennfrequenz durchgeführt) und bei Großtransformatoren die Teilentladungsmessung. Zu den Typen- und Spezialprüfungen werden die Messung der Erwärmung (zum Lebensdauernachweis bei Dauerbelastung), die Blitz- und Schaltstoßprüfung (Blitzstoß 1,2/50 µs als Nachweis der Hauptisolation bei unlinearer Spannungsverteilung längs den Wicklungen), die Messung der Nullimpedanz, die Messung des Oberwellengehaltes des Leerlaufstromes, der Messung der Geräusche und die Kurzschlussprüfung gezählt. Bei ausgefallenen Transformatoren kann vor Ort mit wenig Aufwand eine Schnelldiagnose durchgeführt werden.

1. Isolationsmessung mit 5 kV Dabei wird jeweils Oberspannungswicklung gegen Erde (Kessel), die Oberspannungswicklung gegen die Unterspannungswicklung mit 5 kV eine Minute und die Unterspannungswicklung gegen Erde mit 2,5 kV eine Minute beaufschlagt. Die resultierenden Isolationswiderstände müssen mindesten 10MΩ / kV betragen, d.h. bei UN = 10 kV ⇒ RISO = 100MΩ.

2. Eine Widerstandsmessung ist wegen der niedrigen und instabilen Widerstandswerte schwierig und nur mit einer im Messbereich angepassten Messbrücke möglich. Mit einem Ohmmeter kann lediglich eine Prüfung auf Durchgang oder Unterbrechung durchgeführt werden.

3. Spannungs-Verhältnis-Messung Damit ist ein Erkennen von Windungsfehlern möglich. Auf der Niederspannungsseite wird dreiphasig mit Niederspannung eingespeist. Aufgrund des bekannten Übersetzungsverhältnisses kann die zu messende Spannung auf der Oberspannungsseite berechnet werden. Das Rechenergebnis sollte vom Messergebnis um nicht mehr als ±0,5% abweichen. Beispiel: ü = 10 kV / 0,4 kV = 25, Usoll = 400 V / 25 = 16 V

Überlastung Die thermische Beanspruchung ist – neben Feuchtigkeit und Teilentladungen- das wichtigste Kriterium für den Qualitätsnachlass von festen und flüssigen Isolierstoffen. Die thermische Auslegung für einen Transformator ist auf seine Bemessungsleistung unter Berücksichtigung der Aufstellhöhe und der Kühlmittel- und Umgebungstemperatur erfolgt. Die Erfahrung zeigt, dass die normale Lebensdauer eines Transformators einige Jahrzehnte beträgt. Sie lässt sich nicht genauer

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angeben, da sie selbst bei identischen Geräten durch Betriebseinflüsse, die von einem Transformator zum anderen verschieden sein können, unterschiedlich ist. Da die maximale Kühlmitteltemperatur jedoch selten auftritt, ist für eine wirtschaftliche Betriebsführung durchaus ein größerer Strom als der Bemessungsstrom zulässig, solange eine thermische Überbeanspruchung und damit ein erhöhter Lebensdauerverbrauch nicht auftritt. Dabei sind neben der Wicklung auch die angebauten Betriebsmittel wie Durchführungen und Stufenschalter zu beachten. VDE 0536/3.77 nennt als thermische Belastungsgrenzwerte:

• Die Heißpunkttemperatur der Wicklung (oben) darf 140°C nicht überschreiten

• Die obere Öltemperatur (= max. Öltemperatur) darf nicht höher als 115°C werden.

• Bleibt der Belastungsstrom unter dem 1,5fachen Bemessungsstrom, so ist von einem normalen Lebensdauerverbrauch auszugehen.

Allgemein lässt sich sagen, dass im Bereich zwischen 80°C und 140°C der Lebensdauerverbrauch sich jeweils verdoppelt, wenn die Heißpunkttemperatur in Stufen von 6 K steigt. Als Basiswerte gelten hierbei eine Lebensdauererwartung von 25 Jahren und eine Heißpunkttemperatur von 98°C. Für den Langzeitnotbetrieb nennt DIN VDE 0532 Teil II für viele Fälle Eckwerte für den Lebensdauerverbrauch. Der kurzzeitige Notbetrieb, der eine ungewöhnlich schwere Belastung für den Transformator darstellt, soll nach Möglichkeit eine halbe Stunde nicht überschreiten. In IEC 354/1991 ist in diesem Fall für Groß- und Mittelleistungstransformatoren eine Heißpunkttemperatur von 160°C genannt (keine Angaben für Verteiltransformatoren). Da bereits ab 140°C mit Gasblasenbildung zu rechnen ist, sollten ältere Transformatoren nicht dieser Betriebsart ausgesetzt werden. Kurzschlussströme von einigen Sekunden erzeugen eine quadratisch mit der Stromdichte und linear mit der Zeit anwachsende Erwärmung, die zunächst im Wicklungskupfer gespeichert wird. Durch die hohe Wärmekapazität der Wicklung wird jedoch keine lebensdauerschädliche Temperatur für die Isolation erreicht. In den o.a. Normen wird als Grenzwert für die Wicklungstemperatur 250°C für Kupfer bei Öltransformatoren der thermischen Klasse A genannt. Wird ein Transformator bei extrem niedrigen Temperaturen zugeschaltet, so sollte er, wenn seine Öltemperatur unter –5°C gefallen ist, einige Stunden im Leerlauf angefahren werden. Wird er nach dem Einschalten sofort mit dem vollen Bemessungsstrom belastet, wird die Wärmeenergie zunächst gespeichert und an das unmittelbar anliegende Öl abgegeben. Die Viskosität des Öl ist jedoch temperaturabhängig und wirkt linear auf den Reibungswiderstand ein. Dieser ist jedoch Null, da keine Anfangsgeschwindigkeit vorliegt. Nach ungefähr 30 Minuten hat sich eine stabile Ölströmung eingestellt. Da die Wicklungszeitkonstanten zwischen ca. 10 und 15 Minuten liegen, gibt es eine kurze Zeitspanne, in der die Differenz zwischen Wicklungs- und Öltemperatur etwas über den rechnerischen Bemessungswert hinausgehen kann (Kupfersprung).

Wandler Die Sicherheit der Energieversorgung verlangt eine ständige messtechnische Erfassung der im Netz wirksamen Größe von Strom und Spannung. Den Wandlern kommen daher für die Messung, die Verrechnung und den Schutz eine besondere Bedeutung zu. Insbesonders müssen sie die Aufgaben erfüllen:

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Betriebsmittel

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• maßstab- und winkelgetreue Abbildung der Primärwerte im Normalbetrieb in bequem weiterverarbeitbare Sekundärwerte, wobei genormten Primärwerten genormte Sekundärwerte gegenüberstehen.

• maßstab- und winkelgetreue Abbildung der Überströme zum Betreiben der Schutzsysteme und Begrenzung der Sekundärströme für Messungen

• elektrische Isolierung der Systeme gegenüber der Hochspannung • magnetische Isolierung der Systeme gegenüber den

Hochstromanlagen • Speisung von Hilfsanlagen wie Wandlerstromauslösungen und Aufzug

von Leistungsschaltern Induktive Wandler teilen sich in die Gruppen Spannungswandler und Stromwandler. Ihnen ist das transformatorische Prinzip gemeinsam. Beim Spannungswandler ist es sofort zu erkennen, der Stromwandler benutzt die kleine Spannungsdifferenz zwischen den beiden Primäranschlüssen. Neue Entwicklungen in der Wandlertechnik berücksichtigen passive optische Verfahren, wie den Faraday-Effekt, bei dem linear polarisiertes Licht in einem optischen Medium einen stromführenden Leiter umläuft. Die dabei erfolgende Phasendrehung des Lichtes ist proportional zum Strom. Beim Pockels-Effekt nutzt man die Tatsache, dass die Phasendifferenz zweier Lichtwellen sich abhängig von der angelegten Spannung ändert. Die bereits realisierte Rogowski-Spule zur Strommessung misst die Stromänderungsgeschwindigkeit di/dt. Wandler sollen stets sekundärseitig geerdet sein, um eine potentialmäßige Festlegung zu garantieren und um bei Durchbruch der Wicklungsisolation eine Gefährdung des Betriebspersonals auszuschließen. Bei Spannungswandlern sind die Belastungen (Messgeräte, Schutzrelais etc.) parallel zu schalten, bei Stromwandlern in Reihe. Stromwandler dürfen sekundärseitig nie offen betrieben werden. Da dem Wandler der Primärstrom netzseitig aufgedrückt wird, wird bei sekundärseitig offenem Betrieb der gesamte Primärstrom notgedrungen als Magnetisierungsstrom verwendet, da kein Sekundärstrom zur Kompensierung der Primär-Ampèrewindungen vorhanden ist. Die Folge sind hohe sekundäre Spannungsspitzen (mehrere kV), die eine Gefährdung der Isolation und des Menschen darstellen. Ferner wird es zu „Eisenbrand" kommen. Bei Stromwandlern ist auf die richtige Einbaurichtung zu achten. Die Bezeichnungen K= „Kraftwerk“ und L = „Leitung“ geben eine Möglichkeit an, wie man Stromwandler generell einbauen kann, nämlich K in Richtung Sammelschiene und L in Richtung Leitungsabgang. Zur richtigen Funktionsweise von Richtungsrelais ist eine Prüfung der Einbaurichtung erforderlich. Bei den meisten Schutzrelais sind einfache Laschen für einen Richtungswechsel am Relais vorhanden. Stromwandler haben als sekundäre Nennstromstärke normalerweise 5 A bzw. 1 A. Die erstere ist im Mittelspannungsbereich vorherrschend. Bei Hochspannungsanlagen werden meist 1-A-Wandler verwendet, damit die langen Zuleitungen vom Wandler zur Warte keine zu hohe Wandlerbürde ergeben (Eigenbedarf der Zuleitung = Stromquadrat mal Widerstand). Der Leistungsbedarf von Stromwandlermessleitungen beträgt je 10 m Doppelleitung 4 mm2 bei 5-A-Wandlern 2,24 VA und bei 1-A-Wandlern 0,09 VA. Die 1-A-Wandler haben jedoch den Nachteil, dass bei sekundärseitig offenem Wandler bedeutend höhere Spannungsspitzen entstehen als bei 5-A-Wandlern.

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Betriebsmittel

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Bei Spannungswandlern sind die Sekundärspannungen 100 V und 100/√3 Volt genormt. An Ausführungsformen gibt es neben den induktiven Wandlern die kapazitiven Wandler, die ab 110 kV eine wirtschaftliche Lösung darstellen und gleichzeitig zur TFH-Ankopplung verwendet werden können. Sie sind jedoch nur einpolig zu benutzen. Eine wichtige Größe für Wandler stellt die Nennleistung in VA dar, in deren Belastungsbereich die Klassengenauigkeit eingehalten wird. Bei Stromwandlern sind 30 VA, bei Spannungswandlern 180 VA üblich. Es sind Zusammenstellungen über den Leistungsbedarf der Messgeräte und Relais erforderlich, um eine Überlastung der Wandler zu verhindern. Für Messzwecke wird eine Genauigkeit von Klasse 0,2 bis 1 und für Schutzzwecke von Klasse 1 bis 3 gefordert.

Schaltung von Wandlern Bei Stromwandlern ist die einpolige Ausführung vorherrschend. Andere Ströme als Leiterströme können daher nur durch verschiedene Schaltungen erreicht werden. Solange keine Nullströme vorhanden sind, kann bei der Sternschaltung auch auf einen Stromwandler verzichtet werden. Zur Gewinnung des Nullstromes wird die Holmgreen-Schaltung angewendet, die davon ausgeht, dass im Normalfall die Summe der Leiterströme, d. h. der Nullstrom, gleich Null ist. Zur Vermeidung von Fehlauslösungen werden für den Erdschlussschutz jedoch üblicherweise getrennte Schutzkerne verwendet. Bei Kabeln ist zur Gewinnung des Nullstromes dagegen meist der sogenannte Kabelumbauwandler gebräuchlich, der eine magnetische Summenbildung bewirkt. Es ist dabei notwendig, den Mantelstrom mit in die Messung zu integrieren indem die Erdleitung durch den Wandler rückgeführt wird. Ferner muss der Kabelendverschluss isoliert montiert werden, da sonst bei Erdberührung des Kabelmantels bzw. des Endverschlusses die richtige Summenbildung der Ströme nicht mehr gewährleistet ist. Bei Spannungswandlern gibt es die einpolige Ausführung, bei der nur eine Seite voll für Hochspannung isoliert ist, die zweipolige Ausführung, bei der beide Seiten voll isoliert sind und eine Schaltung Leiter-Leiter möglich ist, sowie die dreipolige Ausführung (Kerntype nur bei isoliertem Mittelpunkt, Manteltype universell). Die oft gebräuchliche V-Schaltung besitzt den Vorteil niedrigerer Kosten; dem steht der Nachteil gegenüber, dass nur die Dreieckspannungen einwandfrei gemessen werden können. Die Sternspannungen werden nur bei gleichbelasteten Wandlern richtig erfasst. Die Nullspannung gewinnt man mit aus der offenen Dreiecksschaltung.

Besondere Anforderungen an Stromwandler Bei Messwandlern für Betriebsmessungen und Verrechnung besteht die Forderung, dass die Messgrößen im Betriebsbereich, d.h. im Bereich von 0 bis Nennstrom, möglichst exakt wiedergegeben werden. Es wird in diesem Bereich eine hohe Klassengenauigkeit (0,2 bzw. 0,5 für Verrechnungsmessungen, 1 für Betriebsmessungen) verlangt. Die Genauigkeit im Überlastbereich ist nicht erforderlich; sie ist sogar zur Schonung der Messgeräte nicht erwünscht. Für diese Wandler wurde in der VDE-Vorschrift 0414 Teil 2/12.70 festgelegt, dass bei einem Nenn-Überstromfaktor 5 oder 10, d. h. beim 5- oder 10-fachen Nennstrom, der Gesamtfehler größer als 15% sein soll. Der Gesamtfehler wird als Effektivwert der Differenz der Momentanwerte von Soll- und Istwert des Stromes gemessen, wobei Stromfehler und FehIwinkel je etwa 10% betragen. Damit entsprechen die Überstromfaktoren 5 oder 10 den in der früheren

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Betriebsmittel

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kap. Stützer

C1

C2U2 = 90 V

U1

U= 4 kV

2,5 µA

36M

L

HO-System

VDE-Vorschrift 0414/7.56 verwendeten Überstromziffern < 5 oder < 10, die besagten, dass beim 5- oder 10-fachen Nennstrom der Stromfehler –10% sein musste. Wandler bzw. Kerne, die für Schutzzwecke verwendet werden, müssen dagegen eine exakte Transformierung besonders bei hohen Fehlerströmen durchführen. Zusätzlich werden diese Wandler deshalb mit einem Nenn-Überstromfaktor gekennzeichnet, der besagt, dass bei einem Primärstrom gleich Nenn-Überstromfaktor x Nennstrom (primärer Nennfehlergrenzstrom) der Gesamtfehler den durch das Klassenzeichen 5 P... bzw. 10 P... festgelegten Grenzwert von 5 bzw. 10% nicht überschreiten darf. Im normalen Betriebsbereich bis zum thermischen Nenn-Dauerstrom entsprechen die Fehlergrenzen der Schutzwandler mit den Klassen 5 P bzw. 10 P denen der Klassen 1 bzw. 3 der Messwandler. Für die Überstromfaktoren werden in der VDE-Vorschrift feste Werte von 5, 10, 15, 20, 30 genannt. So lautet die vollständige Klassenangabe für einen Schutzstromwandler z. B. 10 P 20, d.h. beim 20-fachen Nennstrom muss der Gesamtfehler kleiner als 10% sein. Die Angaben gelten für den stationären Kurzschlussstrom ohne Berücksichtigung des Einschaltvorganges.

Besondere Anforderungen an Spannungswandler Spannungswandler arbeiten für Messzwecke im Bereich der Nennspannung. Nach den Vorschriften ist demnach die für Messzwecke geforderte Genauigkeit auch nur im Bereich der Nennspannung (0,8 bis 1,2 x Nennspannung) gefordert. Für Schutzzwecke dagegen muss auch bei kleineren Spannungen eine genügende Genauigkeit vorhanden sein. Diese wird von den normalen Wandlern jedoch ohne weiteres erfüllt. Primärseitig werden Wandler bis 30 kV Betriebsspannung meist mit HH-Sicherungen geschützt. Bei höheren Nennspannungen entfällt dieser Schutz, da Sicherungen dann nicht mehr einwandfrei funktionieren. Ganz besondere Beachtung verdient der weitverzweigte Niederspannungskreis des Spannungswandlers, den man mit Sicherungen oder Schutzautomaten schützen kann. Diese werden nach der Grenzleistung des Wandlers, die er thermisch noch dauernd verträgt, bemessen. Für den Anschluss von Schutzeinrichtungen ist es aber wichtig, dass die Spannung nie wegbleibt. Hierzu werden die besonderen Schutzautomaten der Wandlersekundärseite mit Hilfskontakten versehen, die bei Fallen dieses Automaten eine Meldung geben.

In Mittelspannungsanlagen (besonders bei SF6-Anlagen) wird zum Feststellen der Spannungsfreiheit eine vereinfachte kapazitive Wandlerausführung eingesetzt. Hierbei wird die Hochspannung U jedes Leiters durch einen kapazitiven Teiler geteilt und die kleinere Teilspannung den Messbuchsen zugeführt. Dort kann ein Anzeigegerät eingesteckt werden, das anzeigt, ob Spannung vorhanden ist oder nicht (ja/nein-Aussage). Wegen der kleinen Kapazität C1 besteht an den Messbuchsen keine Berührungsgefahr. Der Koppelteil mit den Kapazitäten C1 und C2 (meist von der Kapazität der geschirmten Verbindungsleitung zu den

Messbuchsen gebildet) ist oft in Rippenstützer

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Betriebsmittel

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teilentladungsfrei eingegossen. Der Stützer muss zusätzlich allen mechanischen Umbruchkräften und thermischen Belastungen entsprechen. Als Ansprechschwelle müssen durch das Anzeigegerät mindestens 2,5 µA bei 40% Nennspannung fließen.

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Schaltanlagen

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Schaltanlagen Schaltanlagen müssen so gebaut werden, dass sie dem Betreiber und Bediener ein hohes Maß an Sicherheit geben. Dazu gehören ausreichender Schutz gegen Berühren, Sicherheit gegen Fehlbedienungen, unterbrechungsfreier Dauernormalbetrieb und im Fehlerfall die Begrenzung auf den Entstehungsraum.

Umspannwerke

Sammelschienen Die Sammelschiene stellt den Netzknotenpunkt dar. Sie ist als Rückgrat das verbindende Element aller Einspeise- und Abgangsfelder einer Schaltanlage. Sie muss daher für den größtmöglichen Betriebsstrom ausgelegt werden; ihre mechanische Festigkeit muss auch bei Betrieb mit mehreren Transformatoren ausreichend sein. Als Sammelschienenabschnitt kennzeichnet man Unterteilungen von Einfach- oder Mehrfachsammelschienen, die über einen nicht mehr auftrennbaren Teil der Schaltfelder verläuft. Die Verbindung zwischen zwei Sammelschienensystemen wird über die Querkupplung erreicht. In großen Anlagen finden sich auch Kombinationen aus Längs- und Querkupplung, z. B. für Verbindungen von Netzgruppen. In kleinen Anlagen (z. B. Ortsnetzstationen) genügen kostengünstige Einfachsammelschienen, in der Regel ungeteilt. Bei größeren Verzweigungen mit mehr Energiedurchsatz empfiehlt es sich, die Sammelschiene mehrfach zu unterteilen, und zwar nach dem Prinzip: ein Abschnitt für jede Einspeisung. Die Unterbrechungsstellen in der Sammelschiene werden dabei entweder mit einem Lasttrennschalter (ergibt eine Längstrennung) oder mit einem Leistungsschalter (ergibt eine Längskupplung) bestückt. Die Längstrennung bietet sich an, wenn die Sammelschienenabschnitte normalerweise stets getrennt oder durchverbunden werden sollen und nur zur Durchführung geplanter Arbeiten geschaltet werden. Der Einbau des Lasttrenners auf einem Schaltwagen ermöglicht seine Wartung, ohne die gesamte Anlage außer Betrieb zu setzen, wie es bei einem Festeinbau nötig wäre. Die Längskupplung ist sinnvoll, wenn die Sammelschienenabschnitte häufig getrennt oder geschlossen werden. Die Frage, ob die Kupplung im Normalfall offen oder geschlossen betrieben werden soll kann nur durch betriebliche Belange beantwortet werden. Dabei spielen Aspekte wie Ausfall nur von Teilnetzen im offenen Betrieb oder der Lastausgleich bei geschlossenem Betrieb oder die eindeutige Teilung einer Anlage in Einspeisungs- und Abnehmerteil eine Rolle. Größere Anlagen, die ohne Betriebsunterbrechung überholt werden müssen, erfordern mindestens Doppelsammelschienen oder Hilfsschienen. Für den Einsatz einer Doppelsammelschiene spricht die Aufteilung der Kurzschlussleistung (z. B. zur Begrenzung der Kurzschlussströme bei bereits installierten Betriebsmitteln), die Aufteilung in Erzeuger- und Verbraucherschiene bei Erzeugungsanlagen und die Aufteilung von empfindlichen Verbrauchern, z. B. bei Laststößen im Netz. Die klassische Doppelsammelschiene besitzt eine Querkupplung, mit der ein Sammelschienenwechsel ohne Unterbrechung des Energieflusses durchgeführt werden kann (Achtung bei Anlagenverriegelungen: nicht nur feldintern, sondern auch zur Kupplung erforderlich). Zusätzlich kann der Kuppelschalter als Ersatzschalter für jeden anderen Leistungsschalter dienen kann. Voraussetzung dazu ist, dass eine Sammelschiene betriebsmäßig für die Ersatzschaltung frei ist. Hilfssammelschienen

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Schaltanlagen

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und Umgehungsschienen, die über einen Reserveleistungsschalter angeschlossen werden, besitzen den Vorteil, dass jeder Leistungsschalter ohne Betriebsunterbrechung freigeschaltet und überholt werden kann ( unterbrechungsfreier Betrieb unter allen Umständen), benötigen aber zusätzlich einen höheren Aufwand im Netzschutz. Die Sammelschienen und die erforderlichen Verbindungsleitungen zu den Betriebsmitteln können als Seil, Rohr (bei Strömen über 3000 A), Vollmaterial (Cu bzw. Al) oder als SF6-isoliertes Bauteil ausgeführt werden. Blanke Leiter werden vielfach mit festen Isolierschicht überzogen, die zwar nicht gegen die volle Nennspannung isoliert, die aber doch den Bereich der höchsten vorkommenden Feldstärke überdeckt und so einer Koronaentladung vorbeugt. Sammelschienenräume können so kleiner dimensioniert werden. Bei sehr hohen Strömen werden vollisolierte, kondensatorgesteuerte Stromschienen (Duresca) verwendet. Durch die Vollisolation sind keine Phasenkurzschlüsse möglich, es erfolgt eine erhebliche Platzeinsparung bei hoher thermischer und dynamischer Festigkeit und aufgrund der hohen Eigenkapazität wirkt die Schiene dämpfend auf einlaufende Überspannungswellen (Ableitungen an Transformatoren). Wirbelstromverluste werden durch Al-Schutzrohre und durch Glasfaser-Polyester-Rohre vermieden. Aufgrund der besseren Biegesteifigkeit werden im Mittelspannungsbereich hauptsächlich Flachschienen eingesetzt, die horizontal oder vertikal befestigt werden. Dabei ist eine genügende thermische Abstrahlung und die Längenausdehnung bei Erwärmung zu berücksichtigen. Sammelschienensysteme werden mit „SS 1“ bis „SS n“ bezeichnet; die Leiter im System mit „L1“, „L2“ und „L3“, wobei die Anordnung der Leiter vom Bediengang aus von vorn nach hinten bzw. von links nach rechts erfolgt. In älteren Anlagen findet sich auch noch die Bezeichnung „U“, „V“ und „W“. Vielfach sind die Sammelschienenleiter farblich gekennzeichnet und zwar gelb für L1, grün für L2 und violett für L3.

Schaltanlagen im UW In Umspannwerken werden für die 110-kV-Schaltanlage in der Regel SF6-isolierte Anlagen eingesetzt, da sie nur einen Bruchteil des Platzes einer luftisolierten Schaltanlage beanspruchen. Dabei gibt es zwei Konstruktionsgrundprinzipien: Einpolige und dreipolige Kapselung. Anlagen mit einpoliger Kapselung sind wirtschaftlich herstellbar, da die Zahl der unterschiedlichen Behälter minimiert ist und eine automatische Fertigung ermöglicht wird. Die Mantelströme erfordern jedoch eine Kapselung, die praktisch den Bemessungsbetriebsstrom der Anlage führen kann. Bei den üblichen Aluminium-Kapselungen ist das problemlos möglich. Die Anzahl der Dichtungen ist sehr groß. Fehler in der Anlage bleiben einpolig begrenzt und sind meist stromschwach, so dass sie im SF6 von selbst erlöschen. Anlagen mit dreipoliger Kapselung können wegen er geringen Mantelströme aus Stahlblech gebaut werden. Bei einem Kurzschluss wird die dynamische Beanspruchung der Bauteile wegen der geringen Abstände sehr hoch. Jeder Fehler in der Anlage weitet sich fast sich zu einem dreipoligen Fehler aus. Für die Gasüberwachung gibt es verschiedene Prinzipien:

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Schaltanlagen

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Einpolige Kapselung • Kapselungsmaterial vorwiegend Aluminium

(Kapselungsströme)

• Anzahl der Schotträume groß; Volumina eher klein

• dielektrische Verhältnisse im geraden Rohrleiter Radialfeld mit konzentrischen Äquipotentialflächen

• nur einpolige Erdschlüsse möglich, bei gelöschtem Netz: länger anstehender Lichtbogen denkbar, besondere Schutzeinrichtung erforderlich

• bei Lichtbogeneinwirkung steiler Druckanstieg bei kleinen Schottraumvolumina

• im Kurzschlußfall wirken praktisch keine dynamischen Kräfte auf koaxiale Leiter

Dreipolige Kapselung • Kapselungsmaterial Aluminium oder Stahl

• Anzahl der Schotträume klein; Volumina eher groß

• dielektrische Verhältnisse im geraden Rohrleiter: sich überlagernde Radialfelder

• einpoliger Fehler weitet sich immer zum dreipoligen Kurzschluß aus; Schutzabschaltung

• größere Volumina führen bei Lichtbogeneinwirkung zu weniger steilen Druckanstiegen

• Beanspruchung von Leiter, Durchführungen und Zwischenwänden durch dynamische Kurzschlußkräfte muß konstruktiv berücksichtigt werden

Kapselungsarten

• Direkte Druckmessung

• Differenzdruckmessung

• Indirekte Messung Bei der direkten Messung zeigt ein Manometer den tatsächlichen Druck an. Dieser ist aber Schwankungen aufgrund von Temperaturunterschieden durch die Strombelastung der eingebauten Geräte und durch die Außentemperatur unterworfen. Daher wird häufig eine Temperaturkompensation verwendet und man erhält eine Gasdichtmessung. Die Differenzdruckmessung ist eigentlich nur eine Bereitschaftsanzeige, da sie nur eine qualitative Aussage ermöglicht, ob der Druck im zulässigen oder im unzulässigen Bereich ist. Angezeigt wird eine Druckänderung zwischen dem Behälterdruck und einem Vergleichsdruck in der Druckdose. Die Anzeige ist temperaturkompensiert. Die indirekte Messung überprüft die dielektrische Festigkeit des Gases durch eine Messung der Spannungsfestigkeit zwischen zwei Elektroden mit definiertem Abstand. Im einfachsten Fall können dazu modifizierte Zündkerzen verwendet werden.

Die 10-kV-Schaltanlage wird unabhängig davon als luft- oder SF6-isolierte Anlage ausgeführt. Der Aufbau ist aufwendig, da in der Regel eine Mehrraumschottung zur Begrenzung von Lichtbogenschäden verwendet wird. Bei Doppelsammelschienenanlagen bestehen mehrere Möglichkeiten der Aufstellung: klassisch mit einem festeingebauten Trennschalter oder Lasttrennschalter je Sammelschiene. Der Leistungsschalter ist entweder fest eingebaut oder auf einem Fahrwagen oder Einschub montiert. In einer Zweileistungsschalteranlage enthält jede der beiden Zellenreihen (jeweils mit Sammelschienensystem) Wandler und Kabelanschlüsse, der Leistungsschalter ist aber nur einmal je Abzweig vorhanden. Dieser Typ bietet sich an, wenn ein Sammelschienenwechsel nicht häufig durchgeführt werden muss (der Fahrweg kann besonders bei Rücken an Rücken-Aufstellung sehr lang sein). Auf eine Querkupplung kann hierbei verzichtet werden, da ein vorzuhaltender Reserveschalter diese Aufgabe übernehmen kann. Eine Fernsteuerung ist nur mit

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Schaltanlagen

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Schaltanlage in einer Plakat-

säule, Köln 1891

großem Aufwand möglich, da jeder Fahrwagen mit Motorantrieb ausgerüstet werden muss. Bei der Rücken-an-Rücken-Anordnung liegt der Vorteil in der kurzen Verbindung zwischen den feststehenden Teilen eines Abzweiges. Er kann für höhere Ströme auch mit einem Schienensystem ausgeführt werden. Die Kabelanschlussräume bieten viel Platz für Parallelkabel, Ableiter usw. Ein Nachteil besteht neben der Umständlichkeit des Sammelschienenwechsels im großen Grundflächenbedarf. Bei einer Gegenüber-Anordnung liegt der wesentliche Vorzug in der klaren räumlichen Trennung der beiden Sammelschienensysteme und der Überschaubarkeit der Anlage. Ungünstig stellt sich die Verbindung zwischen den zum selben Abzweig gehörenden Zellen dar. Für kleinere Ströme reicht eine Kabelverbindung aus (mit einer großen Zahl an Endverschlüssen), bei hohen Strömen ist eine aufwändige Schienenverbindung (entweder in Kanälen (Kreuzungen!) oder als isolierte Schienen) notwendig. Störungen im Verbindungsbereich werden nicht durch den Abzweigschutz erfasst, sondern durch den Sammelschienenschutz, so dass bei einer Störung mindesten ein ganzer Sammelschienenabschnitt ausfällt. Die Verriegelung der Erdungsschalter ist ebenfalls aufwendig. Zum Aufrechterhalten des Personenschutzes bei Arbeiten in der Anlage werden die Schaltzellen in Schotträume aufgeteilt. Sind Sammelschienensysteme, Hauptschaltgeräte und Kabelanschlussraum in metallisch getrennten ( und geerdeten) Zwischenräumen, so bezeichnet man die Anlage als metallgeschottet. Bestehen die Zwischenwände aus Isolierstoff, so wird sie als geschottet bezeichnet. Die Schaltanlage ist teilgeschottet, wenn weniger Teilräume als bei einer Vollschottung nötig wäre vorhanden sind oder keine Unterteilung durch Zwischenwände vorhanden ist. Besonders ist die Quer-Schottung der Sammelschiene zu beachten. Durch sie wird die Arbeitssicherheit nicht erhöht, da bei Arbeiten an der SS das ganze System freigeschaltet werden muss. Im Störlichtbogenfall läuft der Störlichtbogen bei Anlagen ohne Querschottung mit ca. 100 m/sec die Schiene entlang von der Einspeisung zum Endfeld und brennt dort bis zum Ausschalten des Fehlers. In der Regel wird dabei nur das Endfeld beschädigt, die restliche Sammelschiene bleibt bis auf Rußspuren intakt. Bei einer Querschottung wird der Fehler im auslösenden Feld aufgehalten. Ein Schaden bleibt auf das Feld begrenzt (wenn die Schottung es aushält). Bei Zellen in der Mitte einer Anlage kann jedoch die Reparatur schwieriger werden als bei einem Endfeld. Für die Einspeise-, Abgangs-, Kuppel- und Messfelder hat sich die Gerätefolge Sammelschienentrennschalter - Leistungsschalter (ggf. auf Fahrwagen) - Stromwandler - ggf. Kabelabgangstrenner durchgesetzt.

Ortsnetz- / Kundenstationen Ortsnetzstationen (ON oder Netzstationen NSt.) versorgen Niederspannungsnetze, wobei sie ihre Energie aus dem Mittelspannungsnetz beziehen. Der Anschluss von Kabeln ist gerade in städtischen Bereichen vorherrschend, in ländlichen Gebieten findet man oft Maststationen mit Freileitungsanschlüssen.

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Schaltanlagen

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Die Anlagen werden in vorhanden Gebäude oder in Baukörper aus Beton, Leichtmetall oder Kunststoff untergebracht. Das Lüftungssystem muss dabei so ausgelegt sein, dass es die Verlustwärme des Transformators abführen kann, aber auch die Betauung bei Temperaturschwankungen in Grenzen bleibt. Weiterhin muss die Belüftung im Störlichtbogenfall die auftretende Druckerhöhung ableiten. Sind die Anlagen nicht begehbar und von außen zu bedienen, spricht man von Kompaktstationen. Aufgrund ihrer kleinen Abmessungen lassen sie sich leicht in eng bebauten Gebieten aufstellen. Die Zuluftöffnungen sollen in Bodennähe oder unter dem Transformator vorgesehen werden (nicht über der Mitte des Trafos), die Abluftöffnung möglichst hoch in einer gegenüberliegenden Wand, so dass eine Querlüftung erreicht wird. Die Wirksamkeit der Lüftung nimmt mit größerwerdendem Höhenunterschied zwischen Zu- und Abluft zu. Die erforderliche Größe der Abluftöffnung in m2ohne stochersicheres Gitter lässt sich einfach Abschätzen:

hPA V

×=

8,5

Dabei ist PV = P0 + k x PK mit k = 1,06 für Öltransformatoren und k = 1,2 für Gießharztransformatoren und h der Höhenunterschied in m. Zu diesem errechneten Wert sind für einfache Gitter 10%, für Gitter mit Jalousien ca. 50% hinzuzurechnen. Die Größe der Zuluftöffnung kann etwa 10% kleiner ausfallen als die Abluftöffnung. Gießharztransformatoren werden dann eingesetzt, wenn Sicherheit und Umweltverträglichkeit dies erfordern oder wenn die dafür erforderlichen baulichen Erfordernisse für Öltransfomatoren zu aufwendig sind. Die Aufstellung der Schaltanlagen in einer abgeschlossenen elektrischen Betriebsstätte regelt DIN VDE 0101. Dort wird die Gangbreite von 1000 mm festgelegt, die auch durch in den Gang hineinragende Teile wie Antriebe oder Schaltwagen nicht unterschritten werden darf. Die Schaltfeldtüren müssen in Fluchtrichtung zuschlagen oder sich soweit öffnen lassen, dass die verbleibende Gangbreite mindesten 500 mm beträgt. Für Montagegänge hinter der Schaltanlage genügt eine Gangbreite von 500 mm. Die Ausgänge in einer Schaltanlage sind so zu wählen, dass der Rettungsweg innerhalb des Raumes nicht länger als 40 m ist. Die Mindestdurchganghöhe unter Abdeckungen beträgt 2000 mm, unter aktiven Teilen entsprechend der Tabellen, jedoch nicht unter 2500 mm. Bei der Planung einer Station sind neben der EltBauVO (als Anhang in DIN VDE 0105) auch weitere Richtlinien wie AGI und WHG zu beachten. Wichtige Punkte daraus sind: Transformatoren müssen so aufgestellt werden, dass austretendes Isolieröl keine Umweltschäden hervorrufen kann. Dies kann durch eine ausreichend dimensionierte Ölwanne erreicht werden. Bei SF6-Anlagen dürfen Überdrucksicherungen keine Personen beim Bedienen gefährden. In Bodennähe soll eine natürliche Lüftung angebracht sein. Räume unter Erdgleiche benötigen eine technische Lüftung, falls sich dort Gase in gefährlicher Menge ansammeln können (darauf kann verzichtet werden, wenn das Gasvolumen des größten Gasraums bei Atmosphärendruck maximal 10% des Raumvolumens beträgt). Eine oft gewählte Standardvariante, sowohl in Luft als auch in SF6-isolierten Schaltanlagen ist die Einschleifung der Kabel über Lasttrennschalter. Der Transformator wird über Lasttrenner mit Sicherungsunterteil und Freiauslösung angeschlossen. Manchmal wird ein zusätzliches Kabel- oder Transformatorfeld projektiert. Unter Inkaufnahme einer geringeren Selektivität kann diese Schaltung

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Schaltanlagen

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noch weiter vereinfacht werden, indem die Kabelschalter und der Transformatorschalter einschließlich Sicherung weggelassen werden. Kabelverteilerschränke für Niederspannung werden in der Regel aus glasfaserverstärktem Polyester (UV-lichtbeständiges Härtersystem) im Baukastensystem (Gehäuse und Sockel) hergestellt. Bei der Konstruktion wird auf ausreichende Belüftung Wert gelegt, die labyrinthartig ausgeführt wird, um das Eindringen von Fremdkörpern zu verhindern. Bei Fest-/Marktplatz- und Baustromverteilern erfolgt die Kabelzuführung stets von unten an die NH-Sicherung im EVU-Eingangsmessfeld. Zum Einführen der Abnehmerkabelhaben die Sockel groß bemessene Einführungsschächte mit Zugentlastungen.

Nebenanlagen

Batterieanlagen Für die Antriebe der Leistungsschalter und für die Sekundärtechnik (Schutz, Leittechnik, Regelung) sowie für die Notbeleuchtung ist eine Stromquelle erforderlich, die jederzeit unabhängig von der Drehstromversorgung einsatzbereit ist. Bewährt haben sich hierbei Bleiakkumulatoren, die im Bereitschaftsparallelbetrieb die Hilfsnetze speisen. Hierbei deckt ein Gleichrichter den gesamten Energiebedarf der Verbraucher und bringt zusätzlich die Ladungserhaltungsströme für die Batterieanlage auf, die so auf vollem Füllungsgrad gehalten wird. Sie wird nur zur Stromabgabe herangezogen, wenn das Netz oder der Gleichrichter ausfällt und dabei auf drei Stunden bemessen. Als Batteriespannungen sind 24 V und 60 V für die Melde- und Fernsteuerspannung und 110 V oder 220 V als Betätigungsspannung gebräuchlich. Die Batterien selbst werden ungeerdet betrieben und mit einer Erdschlussüberwachung ausgerüstet. Die Lebensdauer einer Batterie beträgt bei regelmäßiger Wartung bis zu 20 Jahren. Der Stellenwert einer Batterieanlage darf nicht unterschätzt werden; ohne sie kann ein Umspannwerk nicht betrieben werden !

Rundsteueranlage Die Rundsteueranlage dienst zur Fernsteuerung von Verbrauchern im Versorgungsnetz. Als Übertragungsweg wird das normale Energienetz verwendet. Die Übertragung der Steuerbefehle erfolgt durch Impulsfolgen im Bereich von 167 ... ca. 2000 Hz, die der 50.Hz-Spannung mit einer Amplitude von ca. 1 ... 8% der jeweiligen Nennspannung überlagert sind. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Signale im Versorgungsnetz je nach Höhe der Sendefrequenz unterschiedlich stark gedämpft werden. Die Tonfrequenz wird zur Übertragung nach einem Code (Impulsraster) ein und ausgeschaltet, wodurch ein „Telegramm entsteht. Dem fernzusteuernden Verbraucher ist ein spezieller Empfänger („Rundsteuerempfänger“) vorgeschaltet, der die Impulstelegramme wieder aus dem Netz herausfiltert und daraus die gewünschte Steuerinformation ableitet. Die Wahl der Tonfrequenz ist stark von der Netzkonstellation abhängig; VDEW empfiehlt für Netze mit großer Ausdehnung und mehreren Spannungsebenen Frequenzen unter 250 Hz, bei Netzen mit begrenzter Ausdehnung Frequenzen über 250 Hz. Die Sendeanlage besteht aus einer Sendezentrale (meist in der Netzleitstelle), der Übertragungseinrichtung zur Einspeisestelle, einem Rundsteuersender mit Kommandogerät sowie der Ankopplung an das Energienetz.

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Schaltanlagen

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Die Sendezentrale ist heute ein normaler PC, in dem die Schaltprogramme für die verschiedenen Schaltprogramme verwaltet werden. Diese erzeugen aus Datum und Uhrzeit sowie Benutzereingaben die zeitrichtigen Sendungen an die Rundsteuersender in den Anlagen. Die Rundsteuersender bestanden früher aus Tonfrequenzgeneratoren mit Synchron- und Asynchronmaschinen, deren Ausgangsspannung von Tastschützen im Takt des Rundsteuertelegramm ein- und ausgeschaltet wurde. Heute werden ausschließlich statische Umrichter mit Thyristor- oder Transistortechnik verwendet. Die Ankopplungen gestatten die Überlagerung der Tonfrequenzspannung in das 50-Hz-Netz, schützen die Sendeanlage aber auch gegen Rückwirkungen (Oberwellen) aus dem Netz. Dabei existieren zwei Grundvarianten: die Serienankopplung (Reihenankopplung) und die Parallelankopplung. Bei einer Einspeidung von der Mittelspannungsseite an aufwärts werden nur dreiphasige Ankopplungen eingesetzt. Die Wahl des Kopplungssystems hängt stark von der gewählten Rundsteuerfrequenz und vom Aufbau der über- und untergelagerten Netzes ab. Im unteren Frequenzbereich bis etwa 200 Hz überwiegt die Serienankopplung, darüber hinaus die Parallelankopplung.

Erdungsanlagen / Blitzschutz Unter Erdung versteht man eine leitende Verbindung zwischen leitfähigen, normalerweise spannungsfreien Teilen einer elektrischen Anlage und dem Erdreich. Die Erdungsanlage wird dabei für die zu erwartenden Ströme ausgelegt. Dabei ist nicht nur auf eine ausreichende thermische Auslegung zu achten, sondern es dürfen auch die zulässigen Erder- und Berührungsspannungen nicht überschritten werden. Die richtige Erdung bestimmt die Sicherheit von Mensch und Betrieb ! (Die VDE-Bestimmung VDE 0141 über Erdungsanlagen geht auf das Jahr 1924 zurück). In der Praxis haben sich Stab- und Banderde sowie ihre Kombinationen als Strahlen-, Maschen- oder Ringerder durchgesetzt. Erder bestehen aus feuerverzinktem Stahl, Kupfer oder Edelstahl (V4A). Staberder werden als Rohr- oder Kreuzprofil soweit senkrecht ins Erdreich getrieben, bis die Erdung den erforderlichen Wert erreicht (Tiefenerder). Durch die Ausbringung von Banderdern in Mehrfachringen und Maschen (Tiefe > 0,5 m) wird eine Potentialsteuerung erreicht, die die Schritt- und Berührspannung verringert. Besonderes Augenmerk ist auf die Verbindungsstellen der Erder zu legen, da hier Korrosion am ehesten angreift. Ursache der Korrosion ist vielfach die Bildung eines elektrochemischen Elementes aufgrund unterschiedlicher Erdbodenzusammensetzungen (pH-Wert, spez. Bodenleitfähigkeit). In Gebieten mit geschlossener Bebauung kann nicht zwischen Schutzerde und Betriebserde unterschieden werden, da sich die Erder gegenseitig beeinflussen und keine neutrale (= unbeeinflusste) Zone mehr vorhanden ist. Hier wirken die Fundamenterder und die Erdungen der Versorgungseinrichtungen in ihrer Gesamtheit wie ein Maschenerder. Zur klassischen Schutzerde zählt die Verbindung aller nicht zum Betriebsstromkreis gehörenden Metallteile; die Betriebserde definiert das Erdpotential eines Betriebsstromkreises. Für die zulässige Erderspannung gilt:

• innerhalb einer Anlage: UEB ≤ 125 V • außerhalb einer Anlage: UEB ≤ 50 V

Eng verbunden mit den Erdungsanlagen ist der Blitzschutz. Bewährt hat sich hierbei das Blitzschutz-Zonenkonzept, da sich bei komplexen Anlagen herausgestellt hat, dass die klassische Aufteilung in „Inneren und Äußeren Blitzschutz“ nicht mehr alle Aufgaben befriedigend lösen kann. Nunmehr wird die zu schützende Anlage

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Klemmleiste für Stromwandler

Druckverlauf

strukturiert und in Schutzzonen aufgeteilt, für die jeweils elektromagnetische Verträglichkeitsbedingungen definiert werden können. Die einzelnen Schutzzonen werden durch Schirmen des Gebäudes, der Räume und der Geräte gebildet. Von der Feldseite (Blitzschutz-Zone BSZ 0) aus, in der direkte Blitzeinschläge und ungedämpfte elektrische und magnetische Felder des Blitzes (LEMP = Lightning Electromagnetic Pulse) gegeben sind, folgen Schutzzonen mit abnehmender Gefährdung hinsichtlich leitungsgebundener Störungen und LEMP-Einwirkungen. Jeweils an den Stellen, an denen Kabel und Leitungen Blitzschutzzonen durchdringen, sind Maßnahmen zu treffen und örtliche Potentialausgleiche einzurichten. An der Schnittstelle zwischen Schutzzone 0 und 1 sind alle von der Feldseite kommenden Leitungen in den Blitzschutz-Potentialausgleich einzubeziehen, und zwar mit blitzstromtragfähigen Komponenten (Ableiter für Stoßströme bis 100 kA bei Wellenform 10/350 µs). Für jede weitere Schnittstelle sind Überspannungsableiter erforderlich, die die Störspannung bis unter 1000 V herunterpegeln. Zwischen den Geräten ist auf eine Entkopplung zu achten, die durch zusätzliche Drosseln oder entsprechende Leitungslängen herzustellen ist.

Klemmen Die Anschlüsse der Wandler, Schutz- und Messgeräte werden auf Klemmleisten geführt, die durch ihren Aufbau als Trenn- oder Durchgangsklemme den sicheren Anschluss erlauben. Stromwandlerklemmen können den Wandler sekundärseitig kurz schließen und gestatten so den Anschluss von externen Mess- und Prüfgeräten. Trennklemmen zum Anschluss von Spannungswandlern besitzen ein schaltbares Brückenstück. Sie können untereinander mit Querbrücken verbunden werden.

Emissionsschutz

Störlichtbogenschutz Die Hauptursache für die Entstehung von Störlichtbögen ist menschliches Fehlverhalten. Daneben können Störlichtbögen auch durch Verschmutzung,

Betauung, atmosphärische Überspannungen, Isolationsfehler und nicht zuletzt durch Kleintiere ausgelöst werden. Tritt in einem Schaltfeld einer gekapselten Schaltanlage ein Lichtbogenkurzschluss auf, dann wird die Luft innerhalb der Zelle stark erwärmt (ca. 4000°C) und es kommt rasch zu einem hohen Druckanstieg (Kompressionsphase). Um den Druck abzubauen, sprechen nach ca. 3 - 10 ms die Druckentlastungsklappen oder

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Berstscheiben einer Schaltanlage an und die heißen Gase strömen in dieser Expansionsphase in die Schaltanlage. Im Schaltfeld entsteht ein Unterdruck. Die Emmisionsphase schließt sich an (20...150 ms). Der Druck im Feld ist nur wenig höher als im Anlagengebäude; hier hat bereits ein Druckanstieg stattgefunden, so dass ggf. Maßnahmen zum Schutz des Gebäudes zu treffen sind. In der thermischen Phase (150...1000 ms) werden verdampfte Stromschienenmaterialien mitsamt Isolierung aus dem Feld geworfen. Um das Bedienpersonal und Passanten in unmittelbarer Nähe des Anlagengebäudes zu schützen sind geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Um den Nachweis des Verhaltens von Mittelspannungsanlagen bei inneren Fehlern zu erbringen, wurde 1969 in Frankfurt/Main die „Prüfstelle für elektrische Hochleistungsapparate“ (PEHLA) gegründet. In ihrer Richtlinie Nr. 2, die im Wesentlichen von DIN VDE 0670, Teil 601 übernommen wurde, werden sechs Kriterien bei zwei Zugänglichkeitsgraden gefordert:

Zugänglichkeitstyp A: zugänglich nur Elektrofachleuten und unterwiesenen Personen (Bedienerschutz) Zugänglichkeitstyp B: uneingeschränkte Zugänglichkeit (Passantenschutz)

Kriterium 1: Ordnungsgemäß gesicherte Türen, Abdeckungen usw. dürfen sich nicht öffnen

Kriterium 2: Teile der metallgekapselten Schaltanlage, die eine Gefährdung verursachen können, dürfen nicht wegfliegen.

Kriterium 3: Durch Lichtbogeneinwirkung dürfen keine Löcher in den frei zugänglichen äußeren Teilen der Kapselung infolge Durchbrennens oder aufgrund anderer Effekte entstehen.

Kriterium 4: Indikatoren (Stücke aus Baumwollstoff), die senkrecht aufgebracht sind, dürfen sich nicht entzünden. Indikatoren, dir durch brennende Farbanstriche oder brennende Aufkleber entzündet werden, werden nicht zur Beurteilung herangezogen.

Kriterium 5: Indikatoren, die waagrecht angebracht sind, dürfen sich nicht entzünden. Sollten sie während der Prüfung zu brennen beginnen, ist das Beurteilungskriterium dennoch als erfüllt anzusehen, falls nachweisbar sichergestellt ist, dass die Zündung durch glühende Partikel und nicht durch heiße Gase erfolgte.

Kriterium 6: Alle Erdverbindungen müssen noch wirksam sein.

Diese Störlichtbogenfestigkeit ist bei allen Schaltfeldern zu erreichen. Durch die Prüfung soll nachgewiesen werden, dass Personen in der Nähe der Schaltanlage durch nach außen tretende dampf- oder gasförmige Zersetzungsprodukte nicht gefährdet werden können. Konstruktive Maßnahmen wie ein ausreichend großer Kabelendverschlussraum oder hinreichend bemessende Isolationskoordination können die Störlichtbogenfestigkeit ebenfalls verbessern. Die Prüfung selbst ist an einem fabrikneuen, komplett bestücktem Schaltfeld durchzuführen, wobei die späteren Aufstellungsbedingungen (Raumnachbildung,

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Der Mensch im homogenen

magn. Wechselfeld

Der Mensch im homogenen elektrischen Wechselfeld

elektr. Werte, Zeit) möglichst getreu sein sollen. Der Lichtbogen wird durch einen ca. 0,5 mm dicken Metalldraht zwischen den Leitern (oder bei Einzelschottung zwischen Leiter und Erde) gezündet. Der Ort der Zündung muss so gewählt werden, dass die Auswirkung des Lichtbogens die größte Beanspruchung im Schaltfeld hervorruft. Damit sich der Fehler zu einem dreipoligen Kurzschluss entwickeln kann, muss die Einspeisung ebenfalls dreiphasig vorgenommen werden. Die Auswirkungen des Lichtbogens außerhalb der Schaltanlage werden mit definiert aufgestellten Indikatoren aus schwarzem Baumwolltuch (150 x 150 mm) gemessen. Sie sind so angeordnet, dass ihre Schnittkanten nicht zum Schaltfeld gerichtet sind. Beim Zugänglichkeitsgrad A werden die Indikatoren (150 g/m2) an allen leicht zugänglichen Stellen im Abstand von 30 cm senkrecht angebracht, wobei Stellen, an denen Gase austretenden können, besonders berücksichtigt werden müssen. Können die Gase durch Leitbleche oder Decken umgeleitet werden, sind zusätzliche Indikatoren waagerecht in einer Höhe von 2 m über dem Fußboden in einem Abstand zwischen 30...80 cm erforderlich. Beim Zugänglichkeitsgrad B werden die Indikatoren (40 g/m2) an allen Seiten der Schaltanlage in einem Abstand von 10 cm senkrecht angebracht.

Für die Umlenkung der Gase gelten die Maßnahmen unter A in einem korrigierten Abstand von 10...80 cm.

Elektro-magnetische Felder Vielfach ist eine gesundheitliche Beeinträchtigung durch elektrische und magnetische Felder („Elektrosmog“) in die Diskussion geraten. Deshalb soll im Folgenden eine kurze Einführung in diese Problematik gegeben werden. In der Physik und der Technik wird der Begriff „Feld“ generell benutzt, um Zustände und Wirkungen im Raum zu beschreiben. Felder können durch schematische Darstellung ihrer Kraftlinien anschaulich gemacht werden. Bekannte Felder sind das elektrische und das magnetische Feld. Die Ursache für das elektrische

Feld (Formelbuchstabe E, Einheit Volt/m) sind elektrische Ladungen, also z. B. spannungsführende Leiter. Es beschreibt die Kräfte, die zwischen den Ladungen auftreten. Für das Feld gilt: Je höher die Spannung, desto größer ist auch die Feldstärke, die aber stark mit der Entfernung zur Quelle abnimmt. In der Skizze ist der Verlauf der elektrischen Feldlinien zweier paralleler Drähte dargestellt. Die Feldlinien führen von einer positiven zu einer negativen Ladung, ihre Dichte ist ein Maß für die Feldstärke. Freie Ladungsträger, die sich in leitenden Gegenständen oder Körpern befinden, trennen und verschieben sich unter dem Einfluss der Feldkräfte. Diese Influenz genannte Erscheinung polarisiert den Leiter, der zu einem Dipol wird. Die Körperoberfläche wird dadurch aufgeladen und das Innere praktisch feldfrei. Elektrische Felder sind demnach gut durch leitende Materialien abzuschirmen. Eine Hauswand kann ein von außen wirkendes elektrisches Feld um ca. 70 - 90% verringern.

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Gewitter3000 - 20000 kV/m

Schönwetter100 - 500 V/m

IonosphäreElektrisches Feld

MagnetischesFeld

30 A/m

Natürliche Felder

Seit jeher gibt es natürliche elektrische Felder: durch die Luftbewegung in der Atmosphäre wird bei normalem Wetter eine elektrostatische Feldstärke von 100...500 V/m erreicht; bei Gewitter können Werte bis zu 20.000 V/m = 20 kV/m auftreten. Die direkten und indirekten Wirkungen eines elektrischen Feldes hat wohl jeder schon bemerkt:

• Haarsträuben

• Aufladung einer Person beim Gang über einen Kunststoffteppich mit späterer Entladung

Die Wahrnehmung und die Bewertung der elektrischen Felder ist subjektiv. Bei einer Testserie zeigte sich, dass ca. 60% aller Probanden bei einem ungestörtem Feld bis zu 20 kV/m ohne Empfindung blieben, nur 5% der Testpersonen erkannten ein Feld von 8 kV/m.

Der vom elektrischen Feld durch Influenz (d. h. von außen) erzeugte Strom in einem leitfähigen Objekt ist von der Frequenz, von der Höhe der Feldstärke und von der Form und Größe des Objektes, jedoch nicht von der inneren Leitfähigkeit des Objektes abhängig. In metallischen Körpern erfolgt der Stromfluss im wesentlichen durch freie Elektronen, während in biologischen Geweben der Stromfluss hauptsächlich über den Transport von Ionen (z. B. in der Blutbahn) zustande kommt. Da der menschliche Körper gut leitend ist (die elektrische Leitfähigkeit ist um den Faktor 1012 größer als die von Luft), werden die elektrischen Felder an der Körperoberfläche geführt und dringen nicht tief ein. Dafür

wird jedoch das Feld, das einen Menschen umgibt, stark verzerrt, so dass im Kopfbereich – bedingt durch die Körpergeometrie - eine vielfache Verstärkung auftreten kann. Als Näherung gilt im Kopfbereich eine vierzehnfach höhere Feldstärke als im ungestörten Feld. Ein Beispiel für ein magnetisches (Gleich-) Feld ist das natürliche Magnetfeld der Erde, dass die Kompassnadel in Nord-Süd-Richtung auslenkt und Zugvögeln und Fischen zur Orientierung dient. In unseren Breiten beträgt seine Stärke etwa 40 A/m (ca. 50 µT). Ursache des (technischen) magnetischen Wechselfeldes sind bewegte elektrische Ladungen. Ein

Magnetfeld entsteht also, sobald Strom fließt. Als Beispiel sei ein gerader Draht gezeichnet, der von einem Strom durchflossen wird: ihn umgibt ein Magnetfeld, dessen Kraftlinien den Draht als geschlossene Kreise mit dem Mittelpunkt im Draht umgeben und in Ebenen verlaufen, welche den Draht senkrecht schneiden. Je

H

I

magn. Feld

+ _

elektr. Feld

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größer die Stromstärke ist, desto größer ist das magnetische Feld. Magnetfelder durchdringen Hauswände, fast alle Metalle sowie organische Gewebe und den menschlichen Körper. Sie verringern sich, sobald man sich von ihrer Quelle entfernt, und zwar gilt im absoluten Nahbereich (0 – 0,3 m) B ∼ 1/r, im unmittelbaren Nahbereich (0,3 m – 1 m) B ~ 1/r2 und im Fernfeld (> 1 m) B ~ 1/r3. Die magnetische Feldstärke (Formelbuchstabe H) wird in Ampère/m gemessen. Oft wird jedoch anstelle von H ein Maß für die Dichte der Feldlinien angegeben: die magnetische Induktion B mit ihrer Einheit Tesla (T). Da 1 T ein sehr hoher Wert ist, werden Felder im Haushaltsbereich in Millitesla (mT = Tausendstel Tesla), Mikrotesla (µT = Millionstel Tesla) oder Nanotesla (nT = Milliardstel Tesla) angegeben. Dabei gilt also: 1 mT = 10-3T = 0,001 T, 1 µT = 10-6T = 0,000 001 T und 1 nT = 0,001 µT = 0,000 001 mT = 10-9T = 0,000 000 001 T. Im Vakuum und in Luft verhalten sich beide Größen zueinander proportional: 1 A/m = 1,257 µT.

Magnetische Felder induzieren im menschlichen Körper Wirbelströme, der Größe von der Frequenz, von der Höhe der magn. Feldstärke, von der felddurchsetzten Fläche und von den Materialeigenschaften abhängig ist. Aus Modellrechnungen lässt sich für homogene Magnetfelder eine Abschätzung für die mittlere Stromdichte im Körper ermitteln:

S ≈ 2,0 µA/m2 je µT ungestörte magnetische Flussdichte B bzw. für den Summenstrom

I ≈ 1 µA je µT ungestörte magnetische Flussdichte B

Im niederfrequenten Bereich von 0 ... 30 kHz müssen elektrisches und magnetisches Feld getrennt betrachtet und gemessen werden. Hier findet eine Energieabstrahlung in Form von elektromagnetischen Wellen nicht statt. Im Hochfrequenzbereich oberhalb 30 kHz treten die Felder gekoppelt auf; sie besitzen hier größere Reichweiten (Rundfunksender, Mobiltelefone) und andere Wirkungsmechanismen (z. B. Erwärmung in der Mikrowelle oder ionisierende Strahlung beim Röntgen). Bei elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln mit hohen Betriebsspannungen (> 110 kV = 110 000 V) ist für die Beurteilung der Auswirkungen im wesentlichen das elektrische Feld entscheidend. Im Niederspannungsbereich spielen elektrische Felder als Einflussgröße auf die „Normalbevölkerung“ kaum eine Rolle, hier überwiegt im allgemeinen das magnetische Feld. Aus diesem Grund wurde auf eine Messung des elektrischen Feldes verzichtet. In der DIN-Norm VDE V 0848-4/A3 vom Juli 1995 sind die bei uns gültigen Sicherheitsgrenzwerte für elektrische und magnetische Felder festgelegt Sie empfiehlt unterschiedliche Expositionsbereiche: Der Expositionsbereich 1 umfasst:

• kontrollierte Bereiche, z. B. Betriebsstätten, vom Betreiber überprüfbare Bereiche

• allgemein zugängliche Bereiche, in denen aufgrund der Betriebsweise oder aufgrund der Aufenthaltsdauer sichergestellt ist, dass eine Exposition nur kurzzeitig erfolgt.

Die Werte für diesen Bereich orientieren sich am Konzept der Vermeidung von Gefährdungen unter Berücksichtigung von Sicherheitszuschlägen (Sicherheitskonzept). Es sind Effekte berücksichtigt wie Reizung von Sinnesorganen, Nerven- und Muskelzellen, Beeinflussung der Herzaktion. Für kurze

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Expositionszeiten von 1 h/d und 2 h/d werden gegenüber dem Wert für Dauerexposition höhere Werte zugelassen, wodurch lediglich der Sicherheitsfaktor verringert wird, was wegen der Größe der beinhalteten Sicherheitsfaktoren für diese kurzen Zeiten zulässig ist.

Der Expositionsbereich 2 umfasst alle Bereiche, in denen nicht nur mit Kurzzeitexposition gerechnet werden kann, wie z. B.:

• Gebiete mit Wohn- und Gesellschaftsbauten,

• einzelne Wohngrundstücke,

• Anlagen und Einrichtungen für Sport, Freizeit und Erholung,

• Betriebsstätten, in denen eine Felderzeugung bestimmungsgemäß nicht erwartet wird.

Die gegenüber Expositionsbereich 1 nochmals abgesenkten Werte für diesen Bereich berücksichtigen die Schutzbedürftigkeit besonderer Personengruppen und vermeiden wesentliche Belästigungen infolge von Feldeinwirkungen.

DIN VDE V 0848-4/A3, 1995 50 Hz

Kurzzeitexposition Dauerexposition

Expositionsbereich 1 • elektrische Felder • magnetische Felder

30 kV/m bis 2 Std. / Tag 2,55 mT bis 2 Std. / Tag 4,24 mT bis 1 Std. / Tag

20 kV/m 1,36 mT

Expositionsbereich 2 • elektrische Felder • magnetische Felder

6,7 kV/m 0,424 mT

Daneben gibt es Grenzwerte für 50 Hz, die von der Strahlenschutzkommission (SSK) bzw. der Internationalen Kommission für den Schutz vor nicht ionisierender Strahlung (ICNIRP) für die allgemeine Bevölkerung empfohlen werden (Orientierung an den IRPA/WHO-Richtwerten):

Elektrisches Feld: < 5 kV /m

magnetische Flussdichte: < 100 µT (80 A/m)

Diese Werte finden sich auch in der „Verordnung über elektromagnetische Felder“ vom 01. Januar 1997 (26. BImSchV) wieder. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass diese Verordnung nur für ortsfeste Anlagen mit einer Spannung von mehr als 1000 V = 1 kV zutrifft. Im Anschluss an eine Entschließung des Europäischen Parlamentes aus dem Jahr 1994 empfiehlt der Rat ein System von Grundbeschränkungen und Referenzwerten zur Exposition der Bevölkerung durch elektromagnetische Felder für den breiten Frequenzbereich von 0 Hz – 300 GHz. Es entspricht weitgehend dem der 26. BImSchV.

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In Feldern der Niederfrequenz ist die im menschlichen Körper auftretende Stromdichte das bestimmende Kriterium für die Ermittlung von Grenzwerten. Von Natur aus sind im menschlichen Körper Stromdichten zwischen 1 mA/m2 und 10 mA/m2 anzutreffen. Akute Gesundheitsgefahren durch elektrische und magnetische Felder sind nach derzeitigen Erkenntnissen auszuschließen, wenn die felderzeugte Körperstromdichte auf Dauer nicht größer als 2 mA/m2 ist. Dies ist bei den obigen, fett gedruckten Werten der Fall. Im Verordnungsentwurf vom Mai 1994 empfiehlt das Umweltministerium und das Bundesamt für Strahlenschutz (Institut für Strahlenhygiene) einen Eingreif-Richtwert um 2,5 kV/m und 20 µT bei 50 Hz. Hintergrund dieser Werte ist die Beeinflussbarkeit von Herzschrittmachern, wobei jedoch zu berücksichtigen ist, dass derart niedrige Werte experimentell gesichert nicht verlangt werden. Herzschrittmacher, die einem europ. Normungsvorschlag entsprechend störfest sind, bleiben in Feldern unter 7 kV/m und 50 µT unbeeinflusst. Hinsichtlich der Beeinflussung von Monitoren, z. B. Flimmern, werden in der Literatur Werte von 0,5 µT genannt, bei deren Unterschreitung ein störungsfreier Betrieb anzunehmen ist. Repräsentative Werte magnetischer Flussdichten und elektrischer Felder (Abstand 30 cm) von Haushaltsgeräten:

Haarfön 0,01 – 7 (6 – 2000 in 3 cm) 80 Trockenrasierer 0,08 – 9 (15 – 1500 in 3 cm) Staubsauger 2 – 20 50 Küchenherd 0,15 – 7 8 Magn. Flussdichte [µT] elektr. Feldstärke [V/m] Kühlschrank 0,01 – 0,25 120 Fernsehgerät 0,04 – 2 (0,01 – 0,15 in 1 m) 60 PC < 0,01 Monitor 0,45 – 1,0

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Netzschutz

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Netzschutz

Fehlerformen

Kurzschluss Die elektrischen Betriebsmittel müssen den dynamischen und thermischen Wirkungen der Kurzschlussströme grundsätzlich standhalten. Die größten Kurzschlussströme sind dabei für die Auswahl der Betriebsmittel, die kleinsten Kurzschlussströme für die Auswahl und Einstellung der Schutzmittel maßgebend. Die Höhe des Kurzschlussstromes ist von vielen Faktoren abhängig, so z. B.

• vom Aufbau der Netze und dem Schaltzustand • dem Einsatz von Generatoren und Motoren • von der Höhe der Betriebsspannung • vom Einfluss der Spannungsregler der Netzgeneratoren • von der rel. Kurzschlussspannung der Transformatoren • von der Stellung der Stufensteller der Transformatoren

An einer Kurzschlussstelle kann es also nicht nur den größten oder den kleinsten Kurzschlussstrom geben, sondern in beiden Fällen liegt ein breites Streuband vor.

Charakteristisch für den zeitlichen Verlauf des Kurzschlussstromes bei generatorfernen Kurzschlüssen ist das abklingende Wechselstromglied; im Gegensatz dazu steht das wenig oder gar nicht abklingende Wechselstromglied beim generatornahen Kurzschluss. Wie oben bereits gesehen ändert sich der auftretende Kurzschlussstrom z. B. bei Netzumschaltungen, so dass es im Schaltanlagenbau vielfach nicht darauf ankommt, ihn bis zur letzten Dezimale genau zu berechnen. Für eine überschlägige Berechnung reicht es aus, mit der Methode der Ersatzspannungsquelle an der Kurzschlussstelle und den Widerständen in der Kurzschlussbahn eine hinreichend genaue Abschätzung zu erreichen. Dabei ist lediglich zu berücksichtigen, dass die Widerstände auf die jeweilige Bezugsspannung umgerechnet werden.

Erdschluss / Erdschlusslöschung Die elektrischen Einrichtungen der Kraftwerke und Unterstationen sowie die Netze leiden unter unangenehmen und kostspieligen Betriebsstörungen, die in der Mehrzahl der Fälle ihren Ursprung im Durchbruch oder der Überbrückung der Isolierung eines Leiters gegen Erde (Erdschluss) haben. Auch mehrphasige Fehler sind oft auf Erdschlüsse zurückzuführen. Es ist daher verständlich, dass seit jeher der Bekämpfung des Erdschlusses große Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Das Potential eines mit freiem Sternpunkt betriebenen Drehstromnetzes gegen Erde besitzt bei symmetrischer Belastung und Betrieb Erdpotential (vgl. Teil 1, Kap. 10). Tritt in einem solchen Netz ein Erdschluss auf (d. h. ein Außenleiter berührt das Erdpotential), dann werden die beiden vom Erdschluss nicht betroffenen Leiter auf die Dreieckspannung gegen Erde angehoben. Dabei bleibt das aus den drei Dreieckspannungen gebildete Spannungsdreieck praktisch erhalten. Von den gesunden Leitern fließen die beiden kapazitiven Ströme I2 und I3 zur Erde ab und kehren geometrisch addiert über die Fehlerstelle als Erdschlussstrom le in das Netz zurück.

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Netzschutz

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Der Erdschlussstrom bildet an der Fehlerstelle, soweit es sich nicht um einen metallischen Erdschluss handelt, einen äußerst beweglichen und oft bis zu größerer Länge sich ausdehnenden Lichtbogen, der zu erheblichen Zerstörungen führen kann. Beim Nulldurchgang des Erdschlussstromes erlischt der Lichtbogen, zündet aber sofort wieder, da im Augenblick des Erlöschens die an der Fehlerstelle liegende Spannung wegen des kapazitiven Charakters des Erdschlussstromes ihr Maximum aufweist. Durch das periodische Erlöschen und Wiederzünden des Erdschlusses (intermittierender Erdschluss) können Oberspannungen erzeugt werden. Diese ziehen in das Netz ein und können die Isolierung auch von der Fehlerstelle weit entfernter Anlagenteile gefährden.

Die skizzierten Auswirkungen eines Erdschlusses können vermeiden werden, wenn man den Erdschlussstrom an der Fehlerstelle durch Überlagerung eines Kompensationsstromes gleicher Größe, aber mit um 180° gedrehter Phasenlage zu Null ergänzt. Das Mittel hierzu ist die E-Spule, d. h. eine Reaktanz, die zwischen Netzsternpunkt und Erde geschaltet wird. Diese wird auch nach ihrem Erfinder, Prof. Dr.-Ing. Petersen, AEG 1916, „Petersen-Spule“ genannt. Bei Erdschluss steht an den Klemmen der E-Spule die (am Fehlerort verschwundene) Leitererdspannung UL1 des fehlerhaften Leiters an, unter deren Einfluss der E-Spulenstrom Ip zur Fehlerstelle fließt und über Erde zur E-Spule zurückkehrt. Bei genauer Kompensation, d. h. gleicher absoluter Größe des E-Spulenstromes und des Erdschlussstromes ist die Fehlerstelle theoretisch stromlos.

Aufbau der Erdschlusslöschspule Eine Spule, die allen Netzbedingungen auch bei veränderten Leitererdkapazitäten, genügen soll, muss einstellbar sein. Je nach Art und Weise der Einstellbarkeit unterscheidet man in Stufen einstellbare E-Spulen und solche, die eine kontinuierliche Einstellbarkeit aufweisen. Zur Änderung der Induktivität (d.h. des E-Spulenstroms) werden bei der stufig einstellbaren Spule im spannungslosen Zustand Wicklungsanzapfungen umgeschaltet. Bei einer stufenlos einstellbaren Spule besteht der magnetische Kreis aus einem geschichteten, stabförmigen Eisenkern, der über eine Spindel den Luftspalt zwischen den beiden Kernteilen einstellt. Der Eisenkern wird von einer Wicklung umgeben, die ohne Anzapfung wie eine normale Transformatorenwicklung ausgebildet ist. Bei voll herausgezogenem oberen Eisenkern ist die Induktivität der Anordnung ein Minimum und damit der Spulenstrom ein Maximum. Der Antrieb der Spule erfolgt durch einen Motor mit Handkurbelnotantrieb. Grundsätzlich sind in jeder Spule Stromwandler mit 5 A sekundär und 15 VA eingebaut, z. B. für den Anschluss von Stromschreibern. Außerdem erhalten sie Hilfswicklungen zur Messung, 3 A und 100 V, ggf. umschaltbar.

Für den Anschluss von E-Spulen eignen sich die Sternpunkte der Transformatoren, vorausgesetzt. Bei Transformatoren in Yy-Schaltung mit Ausgleichswicklung (ausgelegt für 33% der Bemessungsleistung) kann ein Sternpunkt mit dem Bemessungsstrom des Trafos belastet werden. Bei Yy-Transformatoren ohne Ausgleichswicklung kann der Sternpunkt nur mit 10% dieses Stromes bzw. mit 30% bis höchstens zwei Stunden belastet werden. Steht kein geeigneter Transformator zur Verfügung, so kann ein Sternpunktbildner oder ein Sternpunkttrafo (Kombination aus Mittelspannungstrafo und Sternpunktbildner) eingesetzt werden.

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Netzschutz

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Auslöser

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Wandlerstromauslösung

Einstellung der E-Spule Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Erdschlusskompensation ist die jederzeit einwandfreie Abstimmung der E-Spule auf die Leiter-Erdkapazitäten des jeweils galvanisch zusammenhängenden Netzes.

Ein einfaches Verfahren, ohne besondere Hilfsmittel die Abstimmung während des Betriebes festzustellen, ist das Beobachten der Sternpunkt-Erdspannung bei gesundem Netz. Man schließt dabei an die Dreieck-Erdschlußwicklung der Spannungswandler ein Voltmeter an, dessen Messbereich man bei Freileitungsnetzen etwa 3 bis 30 V wählt, bei Kabelnetzen etwa 0,3 bis 3 V. Stellt man jetzt die Petersenspule der Reihe nach auf ihre verschiedenen Spulenstellungen ein, so muss man in jedem Fall eine ausgeprägte Resonanzkurve erhalten. Aus betrieblichen Gründen wird vielfach eine leichte Überkompensation vorgezogen.

Auch wenn man ein gelöschtes Netz mit einem Erdschluss weiterhin eingeschränkt in Betrieb halten kann, sollte jede Erdschlussstelle schnellstens vom Netz getrennt werden. Aufgrund der Spannungsanhebung der gesunden Phasen wird die Isolation bei anderen Betriebsmitteln zusätzlich beansprucht, wodurch ein weiterer Erdfehler und damit ein Doppelerdschluss entstehen kann, der den bereits entstandenen Störungsumfang erweitert. Als Faustregel gilt, dass die Gefahr des Doppelerdschlusses quadratisch mit der Netzgröße wächst.

Netzschutz Der Netzschutz, oder besser der Selektivschutz, hat die Aufgabe, jeden anormalen Betriebszustand oder jedes gestörte Element innerhalb eines Netzes selektiv und genau zu erfassen und je nach Fehlerart einen Auslösebefehl zu geben. Eine Störung in einem fehlerhaften Netzteil darf gesunde Netzteile nicht beeinflussen oder sogar die Stabilität des Netzes gefährden. Zur Begrenzung der Fehlerauswirkungen und zur Verhinderung des Fehlerwechsels (z.B. Erdschluss zu Doppelerdschluss) muss das Schutzsystem schnell sein. Es muss einerseits gegen Überlastung unempfindlich sein, andererseits aber empfindlich genug sein, um niedrige Fehlerströme zu erkennen. Die Verfügbarkeit des Netzschutzsystems muss hoch sein, da nach der Inbetriebnahme ein Schutzgerät jahrelang nicht beachtet wird und doch im Fehlerfall im Millisekundenbereich messen und entscheiden muss. Bei allen hohen Anforderungen ist jedoch auch zu beachten, dass die Schutzeinrichtungen in einer richtigen, wirtschaftlichen Relation zu den zu schützenden Anlagen stehen müssen. Für die Betätigung des Relais wird entweder eine Fremdspannungsquelle (Gleichstrombetätigung, z. B. Batterieanlage im UW) oder die Stromwandlerenergie (Wandlerstrombetätigung) benutzt. Bei Gleichspannungsauslösung muss die Anschaltung des Auslösers über einen Hilfskontakt des Leistungsschalters geführt werden, damit zum einen bei einem AUS-Dauerkommando die Auslösespule nicht verbrennt und zum anderen damit der Auslösestrom von ca. 5 ... 15 A nicht von den schwachen Relaiskontakten vorgenommen wird.

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In kleinen Stationen im Mittelspannungsnetz ohne Batterieanlage bietet sich die Wandlerstromauslösung an. Hier wird die nötige Energie dem Stromwandler über einen Zwischenwandler mit Sättigungscharakteristik entnommen, der so bemessen sein muss, dass er bei offener Sekundärwicklung betrieben werden kann. Als Voraussetzung für diese Auslösung muss der Kurzschlussstrom immer über dem Nennstrom liegen.

Zeitstaffelschutz

Sicherungen HH-Sicherungen werden im Zeitalter der digitalen Schutzes vielfach als einfaches und zu vernachlässigendes Bauteil in der Energieversorgung angesehen. Sie sind jedoch hochwirksame und sowohl technisch als auch physikalisch aufwendige Bauelemente. Aus diesem Grund soll im nachfolgenden ausführlich auf Schmelzsicherungen eingegangen werden. Unter einer Sicherung versteht man in der Elektrotechnik eine Schutzvorrichtung, die einen Stromkreis bei Auftreten eines Fehlerstromes selbsttätig abschaltet. Kennzeichnende Merkmale sind:

• das Ansprechen nur im Fehlerfall, • das irreversible Abschalten, d.h. es besteht keine

Wiedereinschaltmöglichkeit.

Der Aufbau der heutigen Sicherungen ist prinzipiell noch so wie bereits 1880 von Th. A. Edison angegeben. Im Zuge einer Leitung wird eine „Sollbruchstelle" eingebaut, die den Stromkreis durch Abschmelzen vor unzulässig hohen Fehlerströmen schützt. Das Material für diese Sicherungen und die erforderlichen Abmessungen wurden in den Anfängen rein empirisch ermittelt. Blei und Blei/Zinn-Legierungen wurden zu dieser Zeit als Schmelzleitermaterial bevorzugt. In den Anfangsjahren standen die Probleme des Aufheizens der Sicherungsdrähte bis zum Schmelzen im Vordergrund. Grundlegende physikalische und mathematische Erkenntnisse brachten die Untersuchungen von G. J. Meyer aus dem Jahre 1906. Bereits damals wurde erkannt, dass bei adiabatischer Erwärmung das Schmelzintegral eine reine Materialkonstante ist. In dieser Zeit wurden die noch heute gültigen Begriffe geprägt, Berechnungsunterlagen angegeben und das Verhalten verschiedener Schmelzleiterwerkstoffe untersucht. Mit steigender Leistungsfähigkeit der Versorgungsnetze nahm die Kurzschlussleistung stark zu, so dass an das Abschaltvermögen der Sicherungen immer höhere Anforderungen gestellt wurden. Dieses führte zur Entwicklung der Hochleistungssicherungen zunächst im Niederspannungsbereich (NH) und sehr bald darauf auch im Hochspannungsbereich (HH). Die Entwicklung der Hochspannungssicherungen mit großer Schaltleistung fällt etwa in die Zeit von 1927 bis 1937. Die Sicherungen werden allgemein nach verschiedenen Kriterien klassifiziert:

• nach ihrem Einsatzgebiet: Geräteschutz, Halbleiter, NH-Sicherungen, HH-Sicherungen

• nach der Wirkungsweise der Sicherung: Lotsicherungen, Ausblassicherungen, gekapselte Sicherungen, strombegrenzende Sicherungen

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Netzschutz

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Das Anforderungsprofil für die Hoch- und Niederspannungs- Hochleistungs-sicherungen wie folgt definiert werden;

• Schutz vor thermischen Auswirkungen von Überlast- und Kurzschlussströmen,

• Schutz vor dynamischen Auswirkungen von Netzkurzschlussströmen, • beim Abschalten dürfen keine gefährlichen Überspannungen

auftreten, • die Ausschaltcharakteristik darf sich während des Betriebes nicht

verändern, • Personen oder andere Anlagenteile dürfen durch den

Abschaltvorgang der Sicherung nicht beeinträchtigt werden. Prinzipiell sind alle strombegrenzenden Sicherungen folgendermaßen aufgebaut: Die Schaltaufgabe übernimmt im Inneren der Sicherung ein Schmelzleiter, der beim Überschreiten einer bestimmten zugeführten Energie verdampft und dadurch den Strom unterbricht. Die Schmelzleiter werden auf einen keramischen Wickelkörper spiralförmig aufgewickelt und an den Enden mit Anschlussbändern verschweißt. Als Werkstoffe hierfür haben sich Keramiken mit hoher Temperaturfestigkeit und hohen elektrischen Festigkeiten bewährt. Die Wickelkörper werden vorwiegend sternförmig ausgebildet. Das gesamte System ist innerhalb eines äußeren Hüllrohres befestigt und in reinem Quarzsand eingebettet, der als Kühlmittel für die Lichtbogenenergie dient. Er wird in speziell abgestufter Körnung sehr sorgfältig eingefüllt und verdichtet. Um absolute Trockenheit zu erreichen, wird er unmittelbar vor dem Einfüllen auf hohe Temperaturen aufgeheizt. Die elektrischen Anschlüsse erfolgen über Kappen auf beiden Seiten des Körpers, mit denen der Schmelzleiter innen elektrisch verbunden ist. Da alle elektrischen Verbindungen üblicherweise durch Schweißen hergestellt werden, ergibt sich dadurch eine völlig alterungsfreie Konstruktion der Sicherung, sofern keine Lotauftrag-Sicherungen verwendet werden. Bei den meisten HH-Sicherungen ist für die Anzeige des Schaltzustandes und für die mechanische Auslösung eines zugehörigen Lastschalters ein Schlagstiftsystem mit eingebaut, das im wesentlichen aus einer Antriebsfeder und einem Stift besteht. Die Feder wird über einen Haltedraht gespannt. Der Haltedraht ist mit der einen Kappe elektrisch verbunden und auf der anderen Seite über einen Parallelschmelzleiter im Inneren des Isolierkörpers mit der gegenüberliegenden Kappe der Sicherung ebenfalls kontaktiert. Nach Abschmelzen des Hauptschmelzleiters kommutiert der Strom auf den Nebenschmelzleiter und fließt damit über den Haltedraht, der sehr schnell ebenfalls schmilzt und dadurch die Feder freigibt. Die Öffnung für den Schlagstift wird zusätzlich mit einer speziellen Folie abgedeckt.

UMZ-Schutz Für einen einfachen Kurzschlussschutz von Netzen und Anlagen wird in Deutschland hauptsächlich eine Relaiskombination aus Überstromrelais und Zeitrelais benutzt. Daraus wird das „Unabhängige-Maximalstrom-Zeitrelais“, kurz UMZ-Relais, gebildet (im englischen Sprachgebrauch D.T.Relay = Definite Time Relay). Prinzipiell besteht der Relaisaufbau aus drei einstellbaren Überstromanregesystemen und einem Zeitwerk (mechanisch, elektrisch, elektronisch) als Hemmzeitwerk. Ggf. sind drei weitere unverzögert arbeitende Überstromrelais vorhanden, die die Schnellauslösung bewirken (auch

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0,5" 1,0" 0,5" 0,5"

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1 2

Distanzschutzkennlinien

„Hochstromstufe“, „Kurzschluss-Schnellauslösung“ oder „Grenzstrom-Sofortauslösung“ genannt). Als weiteres Kriterium kann die Richtung der Kurzschlussleistung hinzugenommen werden, so dass ein gerichteter UMZ-Schutz entsteht. Die Selektivität wird bei Zeitstaffelschutzeinrichtungen dadurch erreicht, dass die Kommandozeit der hintereinander in der Kurzschlussbahn liegenden Relais so gestaffelt wird, dass das der Kurzschlussstelle am nächsten liegende Relais die kürzeste Auslösezeit hat und so die Fehlerabschaltung veranlasst. Die Reichweite des Überstromzeitschutzes wird nur durch den Widerstand in der Kurzschlussbahn bestimmt, so dass ggf. der Schutz sich auch in andere Spannungsebenen erstrecken kann. Der Nachteil ist sofort ersichtlich: Bei mehreren Stationen hintereinander ergeben sich hohe Abschaltzeiten, wobei die längste Zeit an der Einspeisestelle, also am Ort des größten Kurzschlussstromes, benötigt wird. In geringfügig verwickelten Netzen, z. B. mit Doppelleitungen, ist eine selektive Staffelung auch mit gerichteten Relais nicht mehr möglich. Die grundlegenden Forderungen nach Selektivität und Schnelligkeit können nicht erfüllt werden. Eine Verbesserung in Strahlennetzen kann durch die „rückwärtige Verriegelung“ erreicht werden. Dabei wird die Auslösung von vorgeordneten Leistungsschaltern verhindert. Nachteilig wirkt sich hierbei zum einen die Erfordernis von Signaladern und deren Überwachung aus und zum anderen die Notwendigkeit, die Schutzzeiten aus Sicherheitsgründen etwas zu überhöhen.

AMZ Neben den UMZ-Relais gibt es auch Relais, deren Auslösezeit von der Höhe des Stromes abhängig ist. Sie werden als „Abhängige Maximalstrom-Zeit-Relais“ (AMZ) bezeichnet (eng. I.T.Relais = Inverse Time Relay) und werden in Deutschland – im Gegensatz zum Ausland – selten zum Leitungsschutz eingesetzt, sondern dienen gut dem Überlastschutz von Motoren und Transformatoren.

Distanzschutz Der Distanzschutz ist seinem Prinzip nach ein widerstandsabhängiger Zeitstaffelschutz, d. h. die Auslösezeit des Distanzrelais ist nicht konstant, sondern nimmt mit

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wachsender Fehlerentfernung zu, und zwar mit stufenförmigen Kennlinien sprungweise. Die Fehlerentfernung wird vom Relais durch Messung des Widerstandes zwischen Relaisort und Fehlerstelle bestimmt. Bei dem Distanzschutz sprechen also sämtliche Relais, die im Zuge der Kurzschlussbahn liegen, an und führen die Widerstandsmessung durch. Dasjenige Relais, das dem Fehlerort am nächsten liegt, misst die kürzeste Fehlerentfernung, hat dadurch die kürzeste Kommandozeit und löst deshalb vor allen anderen Relais aus. Nach Abschaltung des Fehlers fallen alle übrigen Relais sofort wieder in ihre Ruhelage zurück. Dieses Schutzprinzip hat einerseits den großen Vorteil, dass auch Sammelschienenkurzschlüsse selektiv mit erfasst werden und andererseits bei einem Versagen der Auslösung an der dem Fehler zunächst gelegenen Schaltstelle das nächstfolgende Distanzrelais die Abschaltung automatisch übernimmt. Damit in einer im Zuge der Kurzschlussbahn liegenden Station nur das Relais in dem zur Kurzschlussstelle gerichteten Abgang auslöst bzw. als Reserverelais eingreift, müssen die Relais mit Richtungsgliedern versehen sein. Die Arbeitsweise der Distanzrelais im Netzbetrieb soll an Hand von einigen Netzbeispielen noch etwas näher erläutert werden. Das Bild zeigt ein an einer Stelle eingespeistes Ringnetz. Die einzelnen Strecken sind absichtlich verschieden lang angenommen, wie dies in der Praxis fast stets der Fall ist. Es ist weiter angenommen, dass in den Stationen B, C, D und E noch Stichleitungen abgehen, die durch Überstromzeitrelais mit festen Zeiten von 0,5 bzw. 1,0 s geschützt sind. Im Zuge der eigentlichen Ringleitung sind in allen Abgängen Distanzrelais eingebaut. Die Einstellung dieser Distanzrelais hinsichtlich der Impedanz- und Zeitwerte der einzelnen Stufen wird am einfachsten graphisch mit Hilfe eines Staffelplanes übersehen, wie er unter dem Netzplan gezeichnet ist. Darin sind in Abhängigkeit von der Kurzschlussentfernung die Auslösezeiten der Distanzrelais dargestellt. Der Einfachheit halber ist angenommen, dass die Leitungsquerschnitte im ganzen Ring die gleichen sind. Dann entsprechen den Leitungslängen im anderen Maßstab auch ihre Leiterimpedanzen. Der Staffelplan wird durch seine Abszisse in eine obere und eine untere Hälfte unterteilt. Über der Abszisse sind in üblicher Weise die Auslösezeiten der Relais in Richtung A-B-C-D-E-A, also der Distanzrelais 1, 3, 5, 7 und 9, unter der Abszisse die Auslösezeiten der in der anderen Richtung A-E-D-C-B-A wirkenden Distanzrelais 2, 4, 6, 8 und 10 gezeichnet. Man erkennt, dass die stufenförmigen Zeit-lmpedanzkennlinien der Relais so gelegt sind, dass sich nirgends zwei Kennlinien schneiden. Dies ist nötig, damit im Falle des Versagens der Abschaltung der der Kurzschlussstelle am nächsten liegenden Schaltstelle nur das nächstfolgende Relais als Reserve-Relais eingreift, also kein weiter zurückliegendes Distanzrelais diesem vorgreift. Tritt z. B. an der Stelle 1 ein zwei- oder dreipoliger Kurzschluss auf, so werden sämtliche Distanzrelais durch die von beiden Seiten des Rings zufließenden Kurzschlussströme angeregt. Die Auslösung der Relais 2, 4, 7 und 9 wird durch die sperrenden Richtungsglieder verhindert. Bei ordnungsgemäßem Arbeiten des Schutzes lösen die beiden Relais 5 und 6 mit Schnellzeit aus. Unterbleibt jedoch aus irgendeinem Grunde (Hängenbleiben des Schalters, Unterbrechung im Auslösestromkreis usw.) die Abschaltung durch das Relais 5, so würde das Relais 3 abschalten, und zwar mit 1,5 s. Versagte auch diese Abschaltung, so würde als letztes Netz-Reserverelais das Distanzrelais 1 eingreifen und die Abschaltung, und zwar wiederum mit höherer Kommandozeit nämlich 2 s - durchführen. Im gleichen Sinne wirken auf der anderen Seite der Kurzschlussstelle als Reserve für das Relais 6 die Relais 8 und 10.

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Netzschutz

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Differentialschutz Als Transformatorschutz gegen äußere Kurzschlüsse und Doppelerdschlüsse wie auch gegen Kurz- und Windungsschlüsse innerhalb des Kessels, also als Reserveschutz für das Buchholzrelais, hat sich der Stromdifferentialschutz durchgesetzt und bewährt. Er wird heute in der Regel bei allen größeren Transformatoren von etwa 2...5 MVA an vorgesehen, oft aber auch schon bei kleineren, wenn die Wichtigkeit der Anlage es z. B. nicht erlaubt, dass äußere Transformatorenfehler als Sammelschienenfehler behandelt und parallellaufende gesunde Transformatoren mit abgeschaltet werden. Bei dem Strom-Differentialschutz werden die Ströme beiderseits des Schützlings nach Größe und Phasenlage miteinander verglichen. Dazu werden die Stromwandler beiderseits des Transformators so miteinander verbunden, dass sich im gesunden Betrieb, bei dem die Ströme auf beiden Seiten gleich groß und gleichgerichtet sind, die beiderseitigen Ströme „absaugen“, also kein Strom über das in der Brücke liegende Differentialrelais fließt. Dabei ist vorausgesetzt, dass die primären Nennströme der beiderseitigen Stromwandler umgekehrt proportional dem Spannungs-Übersetzungsverhältnis des Transformators sind. Bei einem Fehler innerhalb des von den beiderseitigen Stromwandlergruppen begrenzten Schutzbereiches, z. B. bei einem mehrpoligen Kurzschluss, fließt von der Speiseseite, bei zweiseitiger Speisung entgegengerichtet von beiden Seiten, Kurzschlussstrom zu, der seinen Ausgleich nur über das Differentialrelais finden kann und dieses zum Ansprechen bringt. Theoretisch müsste man bei einem Stromvergleichsschutz als Differentialrelais ein Stromrelais mit beliebig hoher Empfindlichkeit verwenden können. Praktisch treten aber bereits im ungestörten Betrieb Differenzströme (Fehlströme) auf, deren Größe durch den Leerlaufstrom des Transformators und die individuellen Stromfehler und Fehlwinkel der auf den Ober- und Unterspannungsseiten des Transformators verwendeten Stromwandler, deren magnetisches Verhalten u. U. stark voneinander abweicht, gegeben ist. Diese Fehlströme steigen im allgemeinen mit zunehmender Belastung des Transformators an und erreichen besonders große Werte, wenn die Stromwandler bei stromstarken Kurzschlüssen außerhalb des Schutzbereiches in das Sättigungsgebiet kommen. Zusätzliche Fehlströme entstehen weiterhin bereits im gesunden Betrieb bei Stelltransformatoren, bei denen die Stromwandler-Übersetzungsverhältnisse dem sich ändernden Spannungsübersetzungsverhältnis bei Umstellung nicht angepasst werden, weil dies zu aufwendig und auch störanfällig wäre. Gegen Fehlansprechen infolge dieser Fehlströme muss das Differentialrelais stabilisiert werden. Diese Stabilisierung erfolgt üblicherweise durch ein Haltesystem, das vom Durchgangsstrom durchflossen wird und dem Auslösesystem entgegenwirkt. Der Vergleich der Stromsumme I1 + I2 mit dem Differenzstrom Id erfolgte bei den früheren Differentialrelais durch ein mechanisches Waagebalkensystem, bei dem Halte- und Auslösesystem in Form von Elektromagneten an einem Waagebalken gegensinnig angreifen. Mit einer derartigen Anordnung erhält man einen praktisch proportionalen Verlauf zwischen dem zum Ansprechen des Relais erforderlichen Differenzstrom Id und dem Durchgangsstrom ID. Der Strom-Differentialschutz eines Transformators muss gegen eine Störgröße stabilisiert werden, nämlich gegen den Einschaltstrom des unbelasteten

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Transformators. Ein Transformator nimmt beim Einschalten einen Magnetisierungsstrom auf, der beim Zuschalten in einem besonders ungünstigen Momentanwert der Spannung, z. B. im Nulldurchgang, erhebliche Werte annehmen kann und erst nach einer gewissen Zeit auf seinen kleinen stationären Wert abklingt. Besonders bei modernen Transformatoren mit kornorientierten Blechen kann der Einschaltstrom Werte annehmen, die den Transformator-Nennstrom um ein Mehrfaches übersteigen. Diese hohen, einseitig zufließenden Einschaltströme wirken auf das Differentialrelais in voller Größe auslösend, falls es nicht dagegen besonders stabilisiert wird. Das Prinzip des Differentialschutzes ist ebenso anwendbar auf Leitungen und Generatoren. Da beim Leitungsdifferentialschutz die Ströme am Eingang und am Ausgang des Kabels miteinander verglichen werden müssen, sind zwischen den beiden Stellen zu überwachende Hilfsadern erforderlich. Große Entfernungen zwischen den beiden Stellen verbieten den unmittelbaren Vergleich der Wandlerströme über die Hilfsleitungen (Bürde). Aus diesem Grund werden die Ströme in Spannungen oder eingeprägte Ströme umgesetzt, die dann über die Hilfsleitungen verglichen werden.

Erdschlussschutz Erdschlusswischer-Relais Der Erdschlussstrom beginnt stets mit einem mittelfrequenten Stromstoß, der durch das Aufladen der gesunden Leiter auf die erhöhte Leiter-Erdspannung hervorgerufen wird. Dieser Stromstoß wird ausgewertet und das Relais meldet jedes Entstehen eines Erdschlusses, unabhängig davon, ob es sich um einen Dauerfehler oder nur um einen kurzzeitigen Isolationsdurchbruch handelt. Es misst dazu die Richtung der Stromwelle gegenüber der auftretenden Sternpunkt-Spannung an einem Brücken-Richtungsrelais. Vorteile der Erdschlusswischer-Relais sind:

• keine Stomwandlerprobleme (großer Stromstoß der Zündschwingung) • Erfassung der Wischer als Vorläufer eines Dauererdschlusses • Einsatz des Relais unabhängig von der Sternpunktbehandlung

Als Nachteile müssen aufgeführt werden: • keine Kontrolle ob ein Dauererdschluss ansteht • für jeden Abgang ist ein eigenes Relais erforderlich • bei Erdschlusseintritt in der Nähe des Spannungsnulldurchgangs nur

kleiner Signalpegel • keine eindeutige Anzeige bei Doppelerdschlüssen; es wird immer die

Richtung des ersten Wischer erfasst. Die Einstellung des Ansprechwertes für die Verlagerungsspannung muss mit Sicherheit größer sein als die Verlagerungsspannung im nicht gestörten Netz. Allgemein ist eine Einstellung auf 25-30% der Nennspannung ausreichend. Der Ansprechwert des Stromes wird in Abhängigkeit von der Größe des Netzes, d. h. von dem kapazitiven Erdschlussstrom, auf ca. 5 ... 10 % des Nennstromes eingestellt.

E-Wischer Anzeige

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Die Rücksetzung der vom Relais gespeicherten Erdschlussrichtung ist vor Ort, von fern (z. B. NLS), nach einer im Relais eingestellten Zeit oder bei Eintritt eines neuen Fehlers möglich. Wichtig ist, dass alle Wischerrelais zeitgleich zurückgesetzt werden.

Transformatorschutz Der Transformator ist eines der wichtigste Betriebsmittel für den Aufbau und das Betrieben eines Netzes. Daher kann sein Schutzsystem für innere und äußere Fehler recht aufwendig werden. Es ist bestimmt durch die Größe des Transformators und seine Bedeutung im Netzverband, wobei Technik und Wirtschaftlichkeit natürlich in einem günstigen Verhältnis stehen müssen. Verteiltransformatoren im Ortsnetz bis 1000 kVA werden in der Regel lediglich durch HH- und NH-Sicherungen bzw. einem Niederspannungsleistungsschalter geschützt. Wird ein größerer Transformator eingesetzt, erfolgt der Schutz meist durch einen Leistungsschalter mit einem UMZ-Relais auf der OS, da die Nennausschaltleistung einer HH-Sicherung nicht mehr ausreicht. Bei ölgekühlten Transformatoren mit Ausdehnungsgefäß kann das weiter unten beschriebene Buchholzrelais zusätzlich zum Einsatz kommen. Netztransformatoren werden durch ein Schutzsystem geschützt, das in der Regel wie folgt aufgebaut ist:

Zusätzlich wird die Drehrichtung des Motorantriebes und die Stufenschalterlaufzeit überwacht. Das Buchholzrelais ist ein mechanisches Schutzrelais für flüssigkeitsisolierte bzw. -gekühlte elektrische Betriebsmittel, die mit einem Ausdehnungsgefäß versehen sind. Die Funktion beruht auf einem Schwimmerprinzip und einem Stauklappenprinzip. Durch langsame Gasentwicklung oder bei Flüssigkeitsverlust im zu schützenden

Spannungsebene Relaistyp Ausschaltung AUS- Meldung

Anregung bzw.

Warnung

Bemerkung

OS UMZ OS und US x x Reserveschutz Diff-Relais OS und US x Hauptschutz

US Distanz-Relais oder UMZ

US x x Vorwärts und rückwärts gestaffelt; Reserveschutz für Abgänge

OS Buchholzschutz OS und US x x Für Kessel, Ausdehner und Durchführungen

OS Lastumschalter-schutz

OS und US x Stauklappenrelais

Temperatur-überwachung

x z. B. bei 70°C und 80°C für Kessel und Ausdehner

Temperatur-überwachung

US x z. B. bei 90°C

Lüftersteuerung x z. B. 1. Stufe der Ventilatoren bei 60°C EIN, bei 40°C AUS 2. Stufe bei 70°C EIN, bei 40°C AUS

Transformatorschutz

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Netzschutz

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Betriebsmittel sinkt der Flüssigkeitsspiegel im Relais. Die Schwimmer werden dabei in die Ansprechlage bewegt. Bei stürmischer Gasentwicklung bzw. durch die bei einem Lichtbogenfehler im Transformator entstehende Druckwelle wird die Flüssigkeit in das Ausdehnungsgefäß gedrückt. Der Flüssigkeitsstrom bewegt dabei eine Stauklappe in die Ansprechlage. Die obere Grenze der Wirksamkeit des Buchholzschutzes ist abhängig von der Laufzeit der Druckwelle bzw. der Gasblase, von der Kesselkonstruktion und von der Eigenzeit des Buchholzrelais. Die untere Grenze kann nur unsicher bestimmt werden. Sie ist abhängig vom Alter und von der Gasaufnahmefähigkeit des Öles, die wiederum von der Öltemperatur abhängig ist. Hauptanwendungsgebiet des Buchholzrelais ist der Transformator. Das Buchholzrelais erfasst hier Lichtbogenfehler, Undichtheiten oder Lufteintritt. Einen Kesselschutz kann es jedoch nicht bilden, da die bei einem Fehler auftretende Druckwelle sich nach allen Seiten mit gleicher Geschwindigkeit ausbreitet und dabei das Relais nicht früher von der Druckwelle erreicht wird als die Kesselwandungen. Die Spitze der Druckwelle wird vorher sogar noch reflektiert. Der Druck am Transformatordeckel entspricht etwa dem Druck, der sich zum Ausdehnungsgefäß ausbreitet. Die Funktion des Buchholzschutzes hat Fehler im Transformator zur Voraussetzung. Dieser Schutz arbeitet sozusagen im Nachlauf des Fehlers. Trotzdem ist nachgewiesen, dass der Buchholzschutz in vielen Fällen schneller arbeitet als der Differentialschutz. Die zum Schutz von Transformatoren meist verwendeten Zweischwimmer-Buchholzrelais unterscheiden zwischen zwei Signalen. Das Stauklappensystem und der untere Schwimmer erfassen die schweren Fehler und lösen die Leistungsschalter aus. Der obere Schwimmer erfasst leichte Fehler und dient der Warnung. In unbesetzten und nicht überwachten Stationen kann allerdings auch der Warnkontakt eine Auslösung herbeiführen. Der Stufenschalter, der in einem separaten Ölgefäß untergebracht ist, benötigt ein eigenes spezielles Überwachungsrelais, das ebenso wie das Buchholzrelais auf Ölströmungen reagiert. Es besitzt jedoch nur eine Stauklappe mit wählbaren Ansprechwerten der Strömungsgeschwindigkeit von 0,9 bis 2,5 m/s. Ein Ansprechen dieses Relais führt ohne Warnung direkt zur Auslösung. Die Temperaturüberwachung von Transformatoren und Spulen übernimmt der Thermoschutz. Hierbei wird ein Kontaktthermometer in die obere Isoliermittelschicht eingetaucht. Die Warntemperatur wird auf 80°C, die Auslösung auf 90°C eingestellt. Weitere Kontaktthermometer mit unterschiedlichen Ein- und Ausschaltkontakten können zur Lüftersteuerung erforderlich sein.

Netzschutzprüfungen Die Besonderheit der Schutzsysteme, nämlich als selbst vorwiegend inaktive Betriebsmittel aktive Betriebsmittel schützen zu müssen, bedingt eine spezielle Prüftechnik. Im wesentlichen unterscheidet man drei Arten der Prüfung:

• Inbetriebsetzungsprüfung • Hauptprüfung • Funktionsprüfung

Die Inbetriebsetzungsprüfung schließt die beiden anderen Prüfungen mit ein und ist als umfangreichste Prüfung Quelle aller späteren Vergleichswerte. Zu ihr gehören die Überprüfung der Spannungs- und Stromwandler mit ihren Sekundärverdrahtungen,

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Netzschutz

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die Funktionsprüfung der Melde- und Steuerstromkreise, die Einstellung und die Prüfung de Schutzrelais, der messtechnische Nachweis der Betriebswerte nach Einschaltung und Belastung (Richtungsprüfung unter Last) sowie die Erstellung eines Prüfprotokolls. Die Hauptprüfung schließt die Funktionsprüfung ein und umfasst die elektrische Prüfung der vorgegebenen Ansprechwerte (Anregung/ Abfall, Kommandozeit, Empfindlichkeit, Impedanzkippstufen), einschließlich der Protokollerstellung. Die Funktionsprüfung ist lediglich eine Bewegungsprüfung aller Geräte und Bauteile von der Anregung bis zur Auslösung. Sie wird in der Regel nur statistisch erfasst. Sämtliche Prüfverfahren werden heute als Sekundärprüfungen bevorzugt (Ausnahme: Wandlerüberprüfung während der Inbetriebnahme), da diese genauer und nicht so aufwendig in Bezug auf Personal und Geräte ist. Die turnusmäßigen Hauptprüfungen können mit einer Außerbetriebsetzung des zu schützenden Betriebsmittels durchgeführt werden (bei EVU bevorzugt); der dabei auftretende Nachteil für die Versorgungssicherheit wird dabei in Kauf genommen. Der Prüfturnus zwischen zwei Hauptprüfungen wird unternehmensspezifisch festgelegt und kann auch statistisch begründet werden. Im Regelfall beträgt er:

elektromechanische Relais 1... 2 Jahre

Distanzschutz 2 Jahre

Vergleichsschutz 2 Jahre

UMZ- Schutz 2 Jahre

kompletter Transformatorschutz 3 ... 4 Jahre Prüffristen

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Leittechnik

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Leittechnik

Netzleittechnik Die Netzleitstellen haben sich von der einfachen Fernsteuerstelle kontinuierlich zu zentralen Führungsstelle entwickelt, in der auch große und laststarke Netze sicher geführt werden können. Für die Mitarbeiter der Leitstellen, die überwiegend im Schichtdienst eingesetzt werden, hat sich noch kein einheitlicher Name durchgesetzt (der früher übliche Begriff des „Schalttafelwärters“ wird der erforderlichen Mitarbeiterqualifikation nicht gerecht). Gebräuchlich, wenn auch nicht optimal, ist der Begriff „Netzführer“. An ihn werden besondere Anforderungen gestellt:

• Der reguläre Betrieb mit den vielen planmäßigen Schaltungen muss effizient, d.h. ohne unnötige Wartezeiten für die Arbeitsausführenden, durchgeführt werden.

• Die Versorgungssicherheit der Kunden muss sichergestellt bleiben

• Bei Annäherung an die Höchstleistung müssen eine Reihe von Maßnahmen eingeleitet werden, um diese möglichst nicht zu überschreiten.

• Bei einer Störung müssen in kürzester Zeit aus den vorliegenden Informationen Ursache und Umfang festgestellt werden und die ersten Maßnahmen zur Wiederaufnahme der Versorgung eingeleitet werden.

• Oft werden in großer Zahl Berichte und Statistiken erstellt

• Der oft erforderliche Schichtdienst bedeutet eine hohe gesundheitliche Belastung.

Die erforderliche Qualifikation, insbesonders Verantwortungsgefühl, Betriebserfahrung, Netzkenntnisse und Belastbarkeit wird in der Regel durch Techniker oder Meister, in größeren Leitstellen auch Ingenieure, erreicht. Aus den Übertragungsnetzen werden alle wichtigen Meldungen und Messwerte übertragen. Wichtige Schaltgeräte, insbesonders in Umspannwerken sind fernsteuerbar, bei Schalthandlungen in Ortsnetzstationen wird der Netzzustand vielfach handnachgeführt. Niederspannungsnetze werden kaum fernwirktechnisch erfasst und in der Leitstelle geführt.

Stationsleittechnik Sowohl die konventionelle Nahsteuerung als auch die digitale Leittechnik werden zur zentralen Überwachung und Steuerung von Schaltanlagen eingesetzt. Sie übernehmen dabei ff. Aufgaben:

• Steuern von Schaltgeräten

• Rückmelden der Schaltzustände

• Messung und Zählung

• Erfassen von Warn- und Gefahrenmeldungen

• Trafosteuerung und –regelung

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Leittechnik

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Darüber hinaus ermöglicht die digitale Leittechnik automatische Abläufe wie Lastabwurf und Wiederzuschaltung oder Sammelschienenwechsel sowie die Massenspeicherung von Daten und ihre Auswertung. Herkömmliche Systeme basierten auf Direktsteuerungen mit Steuerquittungsschalter (der Schaltbefehl muss durch Drehen eines Leuchtknebels in die Endstellung (Blinklicht) aufrechterhalten werden, bis eine Ruhiglicht-Rückmeldung die Endstellung des Schalters anzeigt) oder der Relaissteuerung aus Mosaik-Steuertafeln, einschließlich der dazu erforderlichen Rangierverteiler. Nachdem die inzwischen bereits sehr ausgereifte Mikroprozessortechnik sowohl in der Fernwirk-, Steuerungs- und Regeltechnik als auch im digitalen Netzschutz eingeführt worden ist, besteht der Wunsch, für die verschiedenen Aufgaben eine einheitliche Systemstruktur der Leittechnik zu finden. „Integrierte Leittechnik" bedeutet aber nicht, dass alle Funktionen der digitalen Sekundärtechnik in einem Gerät kombiniert werden. Letzteres wäre schon aus Sicherheitsgründen nur sehr eingeschränkt vertretbar, außerdem würde jede nicht vorher berücksichtigte Änderung auch nur einer Komponente den gesamten einwandfreien Funktionsablauf in Frage stellen. Vielmehr werden für unterschiedliche Aufgaben wie Schutz, Messung, Regelung, Steuerung, Schaltfehlerschutz (Verriegelung) usw. jeweils autarke Komponenten verwendet, die durch Verwendung einheitlicher Hardwaresysteme und Standardsoftwaremodule einen abgestimmten Informationsaustausch ermöglichen. Wesentlich ist hierbei, dass die Autonomie und Redundanz erhalten bleibt, also Fehler in einem Bereich keinen Einfluss auf die Funktionsweise anderer Komponenten nach sich ziehen. Da die gleichen Eingangsdaten für Schutz, Messung, Regelung usw. benötigt werden, liegt es nahe, die Sekundärtechnik zusammenzufassen. Der Vorteil der so integrierten Leittechnik liegt im Ersatz der aufwendigen Parallelverdrahtung zwischen den einzelnen Geräten oder Komponenten durch serielle Datenverbindungen (Bus-Ankopplung). Hierbei müssen mitunter in bestehenden Anlagen bereits vorhandene Sekundäreinrichtungen mit der neuen Technik kombinierbar sein. Die Stationsleitebene übernimmt mit ihren Einrichtungen alle zentralen, die ganze Schaltanlage betreffenden Aufgaben der Leittechnik, die Feldleitebene beinhaltet die dem jeweiligen Hochspannungsfeld zugeordneten Komponenten wie Schutz, Steuerung, Überwachung und Bedienung. In der Feldleitebene sind dem jeweiligen Hochspannungsfeld eine FeIdeinheit "Steuerung/Überwachung" sowie eine oder mehrere Feldeinheiten "Schutz" zugeordnet. Die AbriegeIung dient zur Ankopplung an die Hochspannungsanlage, sorgt für PotentiaItrennung und riegelt die Elektronik gegen Störbeeinflussung ab. In der Eingabe-/Ausgabe werden Messwerte erfasst und über einen Analog-Digital-Wandler digitalisiert; außerdem werden Meldungen eingegeben und Befehle ausgegeben. In der Mikroprozessoreinheit des Datenverarbeitungsteiles laufen die Anwenderprogramme ab. Der Kommunikationsprozessor steuert den seriellen Datenaustausch auf der Verbindungsleitung zwischen der jeweiligen Feldeinheit und der übergeordneten Stationseinheit; ein Buskoppler dient zur physikalischen Ankopplung an diese Verbindungsleitung, die vorzugsweise ein Lichtwellenleiterkabel ist. Die Feldeinheiten „Schutz" übernehmen außer den eigentlichen Schutzfunktionen auch Fehlerortung, Betriebsmesswerterfassung und Störwerterfassung mit Echtzeit.

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Leittechnik

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Um auch bei Netzspannungsausfall noch eine funktionierende Leittechnik aufrechterhalten zu können werden USV-Anlagen eingesetzt. Dabei speist der vom öffentlichen Netz versorgte Gleichrichter im Dauerbetrieb den Gleichstromzwischenkreis, dem der Wechselrichter seine Energie entnimmt und von dem aus die Batterie geladen und erhaltungsgeladen wird. Der Wechselrichter erzeugt ein neues Drehstromsystem, welches die sichere Schiene und die daran angeschlossenen Verbraucher versorgt. Bei kurzen Netzeinbrüchen und bei Netzausfall gibt die Batterie gespeicherte Energie ab, so dass die Verbraucher nicht unterbrochen werden.

Dokumentation Die zeichnerische Darstellung einer Schaltanlage erfolgt durch den Übersichtsschaltplan, der in vereinfachter, einpoliger Darstellung die Primärtechnik abbildet. Er enthält Angaben über Spannung, Stromart und Frequenz, über die Anzahl, Art und die technischen Daten aller Betriebsmittel sowie die Kennzeichnung mit Kennbuchstaben und einer Zählnummer. Diese Kennzeichnung zieht sch über alle weiten Schaltpläne fort. In großen, unübersichtlichen Anlagen (mehr als vier Abgänge) muss der stets aktuelle Übersichtsplan aushängen. Der Stromlaufplan zeigt die Funktionen für Steuerung, Meldung, Schutz und Messung. Die verwendeten Schaltzeichen entsprechen DIN 40719. Die örtliche Lage der Bauteile oder ihre Zusammengehörigkeit hat keinen Vorrang in der Darstellung; wichtig ist die Funktion. Die Schaltzeichen selber sind immer im spannungs- oder stromlosen Zustand gezeichnet. Mechanisch betätigte Bauteile sind in der Null- oder Aus-Stellung dargestellt. Weitere Pläne in Starkstromanlagen sind:

• Verdrahtungspläne (Anschlussplan für externe Anschlüsse oder Bauschaltplan für die interne Verdrahtung)

• Installationspläne für die räumliche Lage der Geräte und Betriebsmittel

• Kabel- und Leitungspläne mit genauen örtlichen Angaben der Legung

C Kondensatoren Q Schaltgeräte

F Sicherungen, Schutzrelais R Widerstände

G Generatoren, Batterien T Schalter, Steuergeräte

H Opti. u. akk. Meldesysteme, Anzeigeelemente T Transformatoren, Wandler, Drosseln

K Schaltschütze, Relais V Dioden

M Motoren X Klemmleisten

P Messgeräte, Anzeigegeräte A Baugruppen

Neben den technischen Plänen ist die Nachweisführung ein wesentlicher Bestandteil der Dokumentation. Ein ordnungsgemäßer Nachweis aller Ereignisse dient nicht nur der Sicherung des Betriebsablaufes, sondern auch juristische oder versicherungstechnische Erfordernisse bedingen eine ausführliche Aufzeichnung. Dazu gehören u.a.:

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Leittechnik

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• Verzeichnis der schaltberechtigten Personen Nur dieser Personenkreis, der sorgfältig ausgewählt und geschult sein muss, darf Schalthandlungen im Netz durchführen.

• Verzeichnis der schlüsselberechtigten Personen Nicht jede Schlüsselberechtigte Person ist auch schaltberechtigt! Unterwiesene Personen haben zur Ablesung der Zählerstände ebenfalls Zutritt zu den abgeschlossenen elektrischen Betriebsstätten.

• Stationsbuch In kleinen Stationen braucht kein aufwendiges Betriebstagebuch geführt zu werden. Das Stationsbuch dient als Besucher- und Mängelbuch. Die Einträge sind mit Datum und Uhrzeit, Namen und Grund des Besuches anzugeben.

• Betriebstagebuch alle zu Betrieb eines Netzes notwendigen Ereignisse werden in zeitlicher Reihenfolge dokumentiert. Die Einträge enthalten Datum und Uhrzeit, Name, Schaltbefehle, Veränderungen des Schaltzustandes, Name der vor Ort schaltenden Person, Schutzanregungen, Stufenstellungen usw. Die Dauer der Aufbewahrung ist betrieblich zu regeln, zwei Jahre scheinen jedoch empfehlenswert. Einträge sind dokumentenecht nur mit Kugelschreiber oder in Tinte durchzuführen, gelöschte Einträge sind nur durchzustreichen, so dass sie noch lesbar bleiben.

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Arbeitssicherheit

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Arbeitssicherheit Bedingt durch die hohen Spannungen und großen Ströme wird der Arbeitssicherheit ein hoher Stellenwert eingeräumt. Sie wird durch die strikte Einhaltung der „Fünf Sicherheitsregeln“ gewährleistet.

1. Freischalten 2. Gegen Wiedereinschalten sichern 3. Spannungsfreiheit feststellen 4. Erden und Kurzschließen 5. Benachbarte, unter Spannung stehende Teile abdecken oder

abschranken Die Einhaltung dieser Regeln ist lebenserhaltend, so dass nicht akzeptiert werden kann, dass sie abgelesen werden; Schaltberechtigte müssen sie auswendig können !

Die Durchführung der fünf Sicherheitsregeln geschieht selbstverständlich mit der dazu vorgesehenen Persönlichen Schutzausrüstung (PSA).

Genaue Festlegungen sind in den Unfallverhütungsvorschriften VBG 1 und VBG 4 (Vorschriftenwerk der Berufsgenossenschaften) sowie in DIN VDE 0105 Teil 1 (Betrieb von Starkstromanlagen) nachzulesen. Durch die Aufnahme wichtiger VDE-Bestimmungen (u.a. DIN VDE 0100, DIN VDE 0101, DIN VDE 0105) als elektrotechnische Regel ins VBG werden diese anerkannten Regeln der Technik zur Unfallverhütungsvorschrift erhoben und besitzen quasi Gesetzescharakter.

Zu 1: Im Mittel- und Hochspannungsbereich werden die erforderlichen Trennstrecken durch die Trenner oder Lasttrenner bzw. den Fahrwagen des Leistungsschalter hergestellt. Dabei ist zu beachten, dass das Fehlen der Spannung kein Zeichen der Freischaltung ist ! Auch die Vereinbarung eines Zeitpunktes, an dem die Anlage als freigeschaltet angesehen werden kann, ist unzulässig. Die eindeutige mündliche, fernmündliche oder schriftliche Bestätigung bleibt immer abzuwarten.

In der Niederspannung reicht es nicht aus, bei einer Beleuchtungsanlage lediglich den Schalter auszuschalten, sondern der Leitungsschutzschalter ist auszuschalten oder die Sicherungseinsätze herauszuschrauben. Kondensatoren müssen nach der Freischaltung mit geeigneten Entladevorrichtungen entladen werden (nicht kurzschließen!).

Zu 2: Alle Betätigungsvorrichtungen, mit denen freigeschaltet wurde, sind irrtümliches Wiedereinschalten zu sichern. Stets ist ein Schaltverbotsschild so zu befestigen, dass es nicht abfallen kann. Antriebe mit Kraftantrieb sind zu entspannen (Steuerspannung ausschalten, Feder entlasten, Druckluftzufuhr sperren, Druckkessel entlüften). In ferngesteuerten Anlagen kann in der Regel die Fernwirkeinrichtung auf Lokal gestellt werden, so dass keine Schaltungen aus der Ferne mehr möglich sind. Gegebenenfalls sind in der Leitstelle Befehlssperren einzulegen.

Zu 3: Oft wird vergessen, dass auch von der Einspeiseseite her freigeschaltete Anlagenteile durch unbekannte Verbindungen Rückspannungen aufweisen können. Daher ist vor Arbeitsbeginn unbedingt die Spannungsfreiheit festzustellen. Das

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Arbeitssicherheit

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Feststellen der Spannungsfreiheit darf nur durch eine Elektrofachkraft oder durch eine elektrotechnisch unterwiesene Person durchgeführt werden. Dabei muss immer allpolig, d. h. an jedem einzelnen Leiter geprüft werden. Vor und ggf. nach der Benutzung des Spannungsprüfers ist dieser auf einwandfrei Funktion zu testen.

In der Niederspannung werden in der Regel zweipolige Spannungsprüfer mit Glimmlampe, Tauspulmesswerk oder Leuchtdioden verwendet. Hiermit lässt sich auch die Höher der anstehenden Spannung ermitteln. Es gibt auch einpolige Geräte bis 250 Volt, meist mit Schraubendreherklinge, bei den durch ungünstige Umgebungsbedingungen (Helligkeit, isolierender Standort) die Ablesung nahezu unmöglich sein kann. Ein zweipoliger Prüfer ist immer vorzuziehen.

Spannungsprüfer in Hochspannungsanlagen sind immer einpolig. Eine vorhandene Spannung wird optisch oder akustisch angezeigt. Sie dürfen nur im Nennspannungsbereich und unter den Umgebungsbedingungen (Innenraum/Niederschläge) eingesetzt werden, die am Gerät angegeben sind. Damit an jeder Arbeitsstelle die Funktionsfähigkeit des Prüfgerätes festgestellt werden kann, besitzen moderne Spannungsprüfer Eigenprüfvorrichtungen. Die Spannungsfreiheit darf auch durch Beobachten der Veränderung eines Messgeräteausschlages oder durch Einlegen fest eingebauter Erdungsvorrichtungen geprüft werden.

Bei Arbeiten an Kabeln lässt sich an der Arbeitstelle in der Regel das Feststellen der Spannungsfreiheit durch Spannungsprüfer nicht feststellen. Daher ist vor Beginn der Arbeiten das ausgelesene Kabel durch ein geerdetes hydraulisches Kabelschneidegerät mit Sicherheitsschlauch zu durchtrennen.

Zu 4: Vor der Aufnahme der Arbeiten sind alle Anlagenteile, an denen gearbeitet werden soll, zu erden. Eine dazu verwendete, frei geführte Einrichtung (EuK) ist zuerst mit der Erde und dann erst mit dem Anlagenteil zu verbinden. Dabei reicht es nicht aus, die EuK-Vorrichtung lediglich auf die Kugelanschlussbolzen lose aufzulegen, sind stets fest anzuziehen, um einer dynamischen Belastung bei Kurzschluss standzuhalten. Kabel sollten wegen der Ladungsspeicherung vor dem festen Anschluss „abgetippt“ werden. Die EuK-Vorrichtung ist mit einer geeigneten Erdungsstangen an die Leiter heranzuführen.

Die Arbeitsstelle muss so abgesichert werden, dass zum einen ein Schutz bei versehentlichem Wiedereinschalten und zum anderen ein Schutz gegen unzulässig Beeinflussungsspannung (durch Induktion, Influenz oder Restspannungen (lange, parallel geführte Sammelschienen !)) erreicht wird. Die EuK-Vorrichtung muss den zu erwartenden Kurzschlussströmen standhalten, daher ist ein ausreichender Querschnitt zu wählen (Beispiele: bei max. Kurzschlussdauer von 1sec: IK ≤ 13,8 kA ∅ = 70 mm2 Cu, IK ≤ 18,7 kA ∅ = 95 mm2 Cu). Erdung und Kurzschließung müssen von der Arbeitsstelle aus sichtbar sein. Bei Arbeiten an einer Unterbrechungsstelle sind beide Seiten zu erden und kurzzuschließen.

An Freileitungen über 30 kV muss zusätzlich zu den Arbeitsstellen an jeder Ausschaltstelle, an Freileitungen über 1 bis 30 kV mindestens an einer Ausschaltstelle geerdet und kurzgeschlossen werden.

Zu 5: Gefahrenbereiche müssen ausreichend und eindeutig gekennzeichnet werden. In offenen Innenraumanlagen sind benachbarte, unter Spannung stehende Felder

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Arbeitssicherheit

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durch ausreichend isolierende und mechanisch standfeste Abdeckungen zu sichern. Bei Trennschaltern, bei denen auf der einen Seite noch Spannung ansteht, sind oft in der Schaltzelle Führungsschienen für isolierende Trennplatten angebracht. Damit wird gewährleistet, dass die Platten nicht auf spannungsführenden Metallteilen des Trenners aufliegen. Diese Maßnahme gilt nicht als Schutz gegen Wiedereinschalten.

Arbeitsgrenzen sind deutlich durch Gitter, Ketten oder Flatterleinen kenntlich zu machen. Auf verschlossene, unter Spannung stehende Schaltfelder neben der Arbeitsstelle sollte deutlich durch eingehängte Warnkreuze oder Ketten hingewiesen werden.

In Anlagen bis 1000 V kann eine Abdeckung der unter Spannung stehenden Teile durch Gummitücher oder isolierende Formstücke erreicht werden.

Das Anbringen der Abdeckungen gilt als Arbeiten unter Spannung. Daher muss hier die entsprechende persönliche Schutzausrüstung getragen werden.

Begrifflichkeiten Elektrofachkraft: Eine Elektrofachkraft ist, wer die fachliche Qualifikation für das Errichten, Ändern und Instandsetzen elektrischer Anlagen und Betriebsmittel besitzt. Die Qualifikation wird in der Regel durch den erfolgreichen Abschluss einer Fachausbildung als Geselle, Meister , Techniker oder Ingenieur erworben. Eine mehrjährige Tätigkeit in einem bestimmten Arbeitsgebiet der Elektrotechnik begründet die Qualifikation zur Elektrofachkraft für begrenzte Aufgabengebiete. Die Elektrofachkraft muss mögliche Gefahren erkennen und die ihr übertragenen Aufgaben eigenverantwortlich beurteilen können, sie trägt Fachverantwortung. Elektrotechnisch unterwiesene Person: Dieser Personenkreis gilt als ausreichend qualifiziert, wenn er über die ihm übertragenen Aufgaben und die möglichen Gefahren bei unsachgemäßen Handeln und über die notwendigen Schutzeinrichtungen und Schutzmaßnahmen unterwiesen wurde. Änderungen und Instandsetzungen elektrischer Anlagen dürfen nur unter Aufsicht von Elektrofachkräften durchgeführt werden. Elektrotechnische Laien: sie dürfen nicht verantwortlich eingesetzt werden. Ihre Tätigkeiten beschränken sich auf das bestimmungsgemäße Verwenden elektrischer Anlagen und Betriebsmittel mit vollständigem Berührungsschutz und dem Mitwirken bei der Errichtung, dem Ändern und dem Instandhalten unter Leitung und Aufsicht einer Elektrofachkraft.

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Schaltungen in Netzen

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Schaltungen in Netzen Schalthandlungen dienen dazu, den Schaltzustand von elektrischen Anlagen aufgrund Neubau-, Umbau-, Erweiterungs- und Instandhaltungsmaßnahmen gewollt zu ändern. Sie können von verschiedenen Orten wie z. B. der Netzleitstelle (Fernsteuerung), einer Nahsteuerstelle (Ortswarte, Nahsteuerung) oder am Betriebsmittel bzw. seinem Steuerschrank (Vor-Ort-Steuerung) durchgeführt werden. Welcher Ort für die jeweilige Schaltung gewählt wird richtet sich nach den Unternehmens-Betriebsanweisungen und den örtliche Gegebenheiten. Grundsätzlich sollte jedoch folgende Reihenfolge gewählt werden:

1. Fernsteuerung 2. Nahsteuerung

3. Vor-Ort-Schaltung Eine Schaltung muss nicht unbedingt durch zwei Personen vorgenommen werden. Wenn allerdings das Schalten als „Gefährliches Arbeiten“ im Sinne BGV A1 §362 angesehen wird, sind alte Schaltungen von zwei Personen durchzuführen. Die zweite Person hält sich sinnvollerweise in Sichtweite, jedoch außerhalb der unmittelbaren Gefahrenzone auf.

Schaltreihenfolgen Um Bedienpersonal und Anlagen vor den Folgen von Fehlschaltungen zu schützen, ist es notwendig, Schaltgeräte nur in logischer Reihenfolge zu betätigen. Dazu trägt in erster Linie ein gut ausgebildetes Schaltpersonal bei, das durch Schaltfehlerschutzgeräte unterstützt werden kann. Zur richtigen und sicheren Funktionsweise muss die Rückmeldung der Schaltgerätestellungen (Hilfsschalter) sichergestellt sein. Der Meldeschalter darf die Stellung „EIN“ erst dann rückmelden, wenn die Hauptkontakte zu 50% im Eingriff sind; entsprechend darf die „AUS“-Meldung erst kommen, wenn 4/5 des Schaltweges zurückgelegt ist. Bei nicht eindeutiger Stellungsmeldung ist ein weiteres Schalten zu blockieren. Diese Forderungen sind, besonders in Freiluftanlagen, wegen Reibung und Lose in den mechanischen Antrieben nicht leicht zu erfüllen.

Durch die technologische Einteilung der Schaltgeräte in Leistungsschalter/Lasttrennschalter und Trennschalter ergibt sich die Schaltreihenfolge:

- Stromunterbrechung durch Leistungsschalter bzw. Lasttrennschalter - Herstellung der elektr. Festigkeit durch Trennschalter (bei Lasttrennschalter autom.

gegeben)

Die wichtigsten Bedingungen für den Schaltfehlerschutz sind:

• Trennschalter dürfen nicht unter Last gezogen werden (I< 0,5 A)

2 „Gefährliche Arbeiten sind zum Beispiel solche, bei denen eine erhöhte oder besondere Gefährdung aus dem Arbeitsverfahren, der Art der Tätigkeit, den verwendeten Stoffen sowie aus der Umgebung gegeben sein.“

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Schaltungen in Netzen

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• Leistungsschalter dürfen nicht eingeschaltet werden, wenn im gleichen Stromkreis ein Trennschalter in Störstellung steht.

• Leistungsschalter, die eine parallele Stromschleife zu einem anderen Trennschalter bilden (Sammelschienenkupplung), dürfen nicht ausgeschaltet werden, wenn in einem anderen Abzweigfeld mehr als ein Sammelschienentrenner eingeschaltet ist oder in Störstellung steht.

• Erdungsschalter dürfen nur eingeschaltet werden, wenn das zu erdende Anlagenteil spannungsfrei ist

Davon abweichende Schalthandlungen dürfen nur unter Verantwortung eines Schaltberechtigten vor Ort mit Hilfe von Entriegelungseinrichtungen (Schlüsselschaltern) ausgeführt werden.

Der klassische Schaltfehlerschutz bildet seine Verriegelungsbedingungen aus der Bool´schen Algebra. Bei großen Anlagen mit vielen Abgängen über mehrere Spannungsebenen ist es nicht mehr möglich, alle zulässigen Schalthandlungen nachzubilden. Aus diesem Grund ist hier eine topologische Verriegelung notwendig, bei der, von den Einspeisestellen ausgehend, Stromschleifen gebildet werden, die dem Schalterstellungsabbild entsprechen.

Für den Betrieb sollte trotz Schaltfehlerschutz immer gelten:

Schalte so, als ob keine Verriegelung vorhanden wäre ! Kontrolliere den Eingriff von Trenn- und Lasttrennschaltern !

Nachfolgend einige Beispiel zur richtigen Reihenfolge von Schalthandlungen: 1. Schalten von Kabeln bzw. Leitungen

Zum Ausschalten werden zunächst die Leistungsschalter bzw. die Lastrennschalter ausgeschaltet. Die Wahl des ersten Ausschaltortes ist grundsätzlich egal und kann nach Netzgegebenheiten gewählt werden. Eventuell vorhandene Ladestrom-Spulen sind vorher auszuschalten. Das Freischalten erfolgt durch alle Trennschalter (bei Lasttrennschalter von Hause aus gegeben) in der Strombahn. Eine empfehlenswerte Reihenfolge hierbei ist von der spannungsführenden Sammelschiene zu Kabeltrenner. Das Wiedereinschalten erfolgt in umgekehrter Reihenfolge.

2. Schalten von Transformatoren Die Leistungsschalter der Unter- und Oberspannungsseite werden nacheinander ausgeschaltet. Durch diese Reihenfolge werden eventuell auftretende Spannungsspitzen auf das nachgeschaltete Netz vermieden. Vor dem Ausschalten sind Ladestromspulen und Erdschlusslöschspulen (nur im erdschlussfreiem Zustand!) auszuschalten. Die Reihenfolge der Trenner orientiert sich am Ausschaltvorgang eines Kabels, d.h. zunächst die Sammelschienentrenner und danach alle anderen Trennschalter. Zur Vermeidung der durch den Rush-Strom hervorgerufenen Spannungseinbrüche auf der Unterspannungsseite sollte der Transformator von der einspeisenden Seite (i. d. R. die OS, jedoch Vorsicht bei Kraftwerkseinspeisungen: hier ist es die US) eingeschaltet werden. Danach wird der zweite LS eingeschaltet.

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Schaltungen in Netzen

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3. Schalten von Kupplungen Für das Schalten von Längs- und Querkupplungen gelten die üblichen Reihenfolgen von Trennschaltern und Leistungsschaltern. Werden beim Kuppeln verschiedene Netze verbunden, so sind die Bedingungen zu erfüllen: - Spannungsdifferenzen max. ± 10% UM

- Frequenzdifferenz < ± 0,1 Hz - Phasenwinkeldifferenz < ± 15° Synchronisiereinrichtungen und Parallelschaltgeräte verwenden !

Freischalten einer Ortsnetzstation An einem Beispiel soll die Freischaltung einer Ortsnetzstation gezeigt werden: Zur Stationswartung ist die Netzstation (NSt.) Juistweg 33 im Stadtteil Isselhorst freizuschalten. Dazu sind Schaltgespräche, in denen Einzelschaltungen aber auch ganze Schaltsequenzen beauftragt werden, notwendig. Zur Vermeidung von Missverständnissen sind sie kurz, sachlich und exakt zu führen. Die Schaltungen sind exakt in der im Schaltgespräch festgelegten Reihenfolge durchzuführen; ist dies nicht möglich, ist die Schaltung abzubrechen und die Leitstelle zu verständigen. Aus Sicherheitsgründen ist es notwendig, einen einheitlichen Sprachgebrauch zu verwenden. Zu Beginn der Arbeitszeit wird die Freischaltung von der Arbeitsgruppe mit ihren Einzelheiten in der Netzleitstelle (NLS) angemeldet und durchgesprochen. Aufgrund der Steckenquerschnitte, der Kabellängen und der momentanen Belastung der zugehörigen Abgänge in der Einspeisestation „Übergabe Isselhorst“ ist nicht mit einer Überlastung von Betriebsmitteln zu rechnen. Daher kann die Freischaltung mit der 0,4-kV-seitigen Vermaschung beginnen. Im Anschluss daran wird der 630-kVA-Transformator unter- und oberspannungsseitig im Juistweg 33 ausgeschaltet und gegen Wiedereinschalten gesichert. Die Meldung über Funk an die NLS lautet: „Umspanner in Station 509 Juistweg ausgeschaltet.“ Die NLS wiederholt zur Bestätigung. Danach kann zur Trennstelle in der Station Postdamm / Haller Str. gefahren werden: „In der Station 534 Postdamm / Haller Str. wird die Trennstrecke 1048 in Richtung NSt. Zum Brinkhof 16-18 eingeschaltet.“ Nach Wiederholung und Bestätigung durch die NLS wird die Schalthandlung durchgeführt. Der bislang offen betriebene Ring ist nun geschlossen. Um die Vermaschungszeit möglichst kurz zu halten, wird nun die Station Helgolandweg 9 angefahren. Die Schaltmeldung über Funk lautet: „In der Station 508 Helgolandweg 9 wird die Strecke 1009 in Richtung NSt. Juistweg 9 ausgeschaltet.“ Auch jetzt wird die Meldung von der NLS wörtlich wiederholt, die Schalthandlung dann durchgeführt und der Schalter gegen Wiedereinschalten gesichert. Die Fahrt führt weiter zur Station Haverkamp / Niehorster Str.: In der Station 519 wird die Strecke 1044 in Richtung NSt. Juistweg 33 ausgeschaltet und gegen Wiedereinschalten gesichert.“ Die Station ist nun mittelspannungsseitig ausgeschaltet; nach Feststellen der Spannungsfreiheit und Meldung an die NLS wird die Strecke 1044 geerdet. Anschließend wird die Strecke 1009 in der NSt. Helgolandweg auf Spannungsfreiheit geprüft und nach Meldung in der NLS geerdet. In der zu wartenden Station können jetzt vor Aufnahme der Arbeiten die Arbeitserden vor Ort eingelegt werden. Selbstverständlich ist hier die Messung der Spannungsfreiheit und die Rückmeldung an die NLS.

Parallelschalten von Transformatoren Bei der Parallelschaltung von Transformatoren ist zu beachten:

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Schaltungen in Netzen

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• gleiche Netzspannung • gleiche Schaltgruppenkennzahl (sonst: Ausgleichsstrom im Leerlauf) • Gleiches Übersetzungsverhältnis • Abweichen der Kurzschlussspannungen um nicht mehr als 10% vom

Mittelwert der parallel zu betreibenden Einheiten (sonst: ungleichmäßige Leistungsaufteilung)

• Nennleistungsverhältnis kleiner 3:1 Die Leistungsaufteilung berechnet sich zu:

ZI

ZII

IIN

II

IN

I

uu

SSSS

=

Werden Transformatoren mit ungleichem Übersetzungsverhältnis (oder mit ungleicher Stufenstellungszahl) im Parallelbetrieb eingesetzt, so treibt die der Übersetzungsabweichung proportionale Spannungsdifferenz ∆u einen Kreisstrom (Ungleichheit der Kurzschlussphasenwinkel vernachlässigt). Er berechnet sich zu:

NII

ZII

NI

ZIa

Iu

Iu

uI+

∆=

Dieser Ausgleichsstrom überlagert sich den Transformatornennströmen; er addiert sich zu dem Strom, dessen Transformator die größere sekundäre Leerlaufspannung hat. Werden in Ortsnetzstationen Transformatoren parallel geschaltet, sind bei Schaltgruppen gleicher Kennzahl gleichnamige Klemmen auf der OS und der US miteinander zu verbinden. Transformatoren mit Kennzahl 5 können mit solchen der Kennzahl 11 nach einem bestimmten Schema zusammengeschaltet werden.

Bei der Parallelschaltung von Netztransformatoren sind ggf. die Traforegler auf Handbetrieb zu schalten und die Spannungen manuell anzugleichen, so dass nur ein geringer Ausgleichsstrom fließen kann. Werden mehrere Transformatoren nacheinander eingeschaltet, so sollten wegen des Ruh-Stromes zwischen den Schaltungen einige Sekunden vergehen. Nach dem Einschalten ist die Belastung der Transformatoren zu kontrollieren.

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Fehlerbehebung

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Fehlerbehebung

Entstörungsdienstorganisation Der Netzbetrieb erfordert eine ununterbrochene Präsenz von qualifiziertem Fachpersonal. Um außerhalb der Regelarbeitszeit Schäden unmittelbar zu beheben, sind Fachinstandhaltungstrupps mit Werkstattwagen erforderlich. Bei Eintritt einer Störung werden sie durch den Schaltdienst oder durch den diensthabenden Meister eingesetzt. Außer dem im Rufdienst arbeitenden Mitarbeitern ist es ratsam, weiteres Personal in Arbeitsbereitschaft zu haben. Bei der Zusammensetzung der Gruppen sollten die Fachbereiche der Monteure berücksichtigt werden (z. B. Kabelmonteur zusammen mit Anlagenmonteur). Daneben ist es notwendig, auch Personal aus den Fachbereichen Fernmeldetechnik, Materialwirtschaft und Fuhrpark in einem Entstörungsdienst organisiert zu haben. Erforderliche Sonderfahrzeuge wie Hubsteiger bei Freileitungstörungen, Kabelmesswagen zum Einmessen der Fehlerstelle oder Notstromaggregate zur Versorgung ausgefallener Netzbezirke oder sensibler Kunden müssen mit eingewiesenem Personal vorgehalten werden. Bei Störungen sollte das eingesetzte Personal in regelmäßigen Abständen (max. 60 min) Rückmeldungen bzw. Anweisungen aus der Leitstelle einholen.

Strategien zu Fehlerbehebung Jede ungewollte Änderung des normalen Betriebszustandes ist eine Störung. Der normale Betriebszustand ist gekennzeichnet durch eine ausreichende Spannung, einen intakten Isolationszustand, von intakten Betriebsmitteln und von einem Schaltzustand, der von der betriebsführenden StelIe gewollt ist. Als Störung wird der gesamte Vorgang bezeichnet, der mit einem Fehler beginnt und mit der Wiederherstellung des normalen Betriebszustandes bzw. der normalen Versorgungsverhältnisse endet. Da jede Störung unterschiedlich ist, lassen sich nur grobe Richtlinien geben.

• Es ist sich ein möglichst vollständiger Überblick über das Störungsausmaß zu verschaffen (,,Erst notieren, dann quittieren !")

• Die eingegangenen Informationen durch Kunden, Polizei, Feuerwehr, Tiefbauunternehmen sowie aus den Netzzustandsänderungen sind zu bewerten.

• Eine Stelle koordiniert die Maßnahmen zur Entstörung (Prioritäts- und Zuständigkeitsliste).

• Die Behebung einer Störung hat zur Begrenzung des Umfangs sofort zu beginnen. Dabei darf der Entstörende sich selbst nicht in Gefahr bringen.

• Nach einem Netzzusammenbruch wird es von der höheren Spannungsebene wieder aufgebaut.

• Nach Beendigung der Störung sind Anlagenkontrollen im betreffenden Netz unerlässlich.

• Zur Auswertung der Störereignisse alle Schutzanregungen, Schreiberstreifen etc. notieren bzw. einsammeln

Unabhängig vom Umfang und vom Ausmaß einer Störung muss Ruhe bewahrt werden und es dürfen keine übereilten, unbedachten Handlungen durchgeführt werden.

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Fehlerbehebung

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In vielen Fällen ist der Kunde ein wichtiges Informationssystem. Daher ist es wichtig, Name, Anschrift und Uhrzeit zu notieren. Aus der Lage des Wohnortes lassen sich Rückschlüsse auf den Fehlerort ziehen. Meldet sich nur ein Kunde, ist anzunehmen, dass der Fehler in seiner Anlage liegt, oder – bei einem Einfamilienhaus- in der Hauszuleitung. Bei mehreren Kundenanrufen ist dagegen von einem Netzfehler auszugehen. Bei einem Kurzschluss ist der auslösende Leistungsschalter in der speisenden Station in der Regel ferngemeldet. Ist dies nicht der Fall, so erfährt die betriebsführende Stelle erst durch Kundenanrufe von der Versorgungsunterbrechung. Nach Auswertung aller ferngemeldeten Informationen ist das Anfahren der Netzstationen und Ablesen der Kurzschlussanzeiger durch einen oder mehrere Entstörtrupps erforderlich, um die Fehlerrichtung zu ermitteln. In der Regel ist der Fehler nur durch sukzessives Verkleinern des möglichen Fehlerbereiches auf einen Leitungsabschnitt oder eine Station. Nach Freischaltung der Fehlerstelle erfolgt die Wiederversorgung durch Schließen der Trennstelle im Ring. Bei Fehlern in Stichkabeln und bei Stationsfehlern ist eine weitere Versorgung nur durch Niederspannung oder durch ein mobiles Notstromaggregat möglich. Es ist einleuchtend, dass die Reihenfolge, in der die Stationen angefahren werden, großen Einfluss auf die Wiederversorgungszeit hat. Dabei werden im Regelfall zwei Grundstrategien angewendet:

• sequentielle Suche • binäre Suche

Bei der sequentiellen Suche wird von der Einspeisestelle aus die jeweils folgende Station zum Ablesen der Kurzschlussanzeiger angefahren. Dies hat den Vorteil, dass eventuelle Folgeschäden durch den Kurzschlussstrom sofort erkannt werden. Bei der sequentiellen Suche wird der betroffene Halbring aufgeteilt, diese Station angefahren und kontrolliert, der vom Kurzschluss betroffene nächste ,,Viertelring" gebildet und so fort. In der Praxis besitzen Netze jedoch nicht immer diesen Modellcharakter, sondern weisen Verzweigungen und Quereinspeisungen auf. Es ist sinnvoll, diese Stationen ("Dreibeine"") bevorzugt anzufahren, da von hier aus der Fehler in mehrere Richtungen eingegrenzt werden kann bzw. ein fehlerfreies Teilnetz kann wiederversorgt werden. Ein weiteres Kriterium zur bevorzugten Kontrolle und Wiederversorgung sind wichtige Kunden wie z. B. Krankenhäuser. Nach grober Fehlereingrenzung ist es möglich, gewisse Teilnetze vom Restnetz abzutrennen und wieder zu versorgen, bevor der Fehler exakt lokalisiert ist. Die Erkennung eines Erdschlusses erfolgt durch ferngemeldete Erdschlusswischerrelais oder durch wattmetrische Relais. Zusätzlich sind die meistens ebenfalls überwachten Phasenspannungen der Sammelschiene zu beachten. Nach der Ermittlung des betroffenen Abgangs erfolgt die Fehlerlokalisierung ähnlich der Kurzschlusssuche. Da hier jedoch kein Pendant zum Kurzschlussanzeiger zur Verfügung steht, sind in den Netzstationen Schalthandlungen zur Ermittlung der Fehlerrichtung notwendig. Auch hier stehen zwei Strategien zur Verfügung:

• Kurzzeitunterbrechung • Kurzzeitkupplung

Bei der Kurzzeitunterbrechung wird die Fehlerrichtung durch kurzzeitiges Öffnen (mind. 1 Min.) des Schalters zur nachfolgenden Station hin ermittelt. Wenn damit der Fehler abgeschaltet wird, kehren die Phasenspannungen wieder in die Normallage zurück. Der Nachteil liegt in der ggf. mehrmaligen Abschaltung von Netzstationen.

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Fehlerbehebung

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Bei der Kurzzeitkupplung wird zusätzlich vor dem kurzzeitigen Öffnen zunächst die Trennstelle geschlossen. Eine Versorgungsunterbrechung wird vermieden und die Erdschlussrichtung wird durch die Beobachtung der Erdschlussanzeige in beiden Einspeisepunkten ermittelt. Der Nachteil besteht in der Gefahr der Fehlerausweitung zum Doppelerdschluss oder zum Kurzschluss. Welche Strategie gewählt wird, hängt jeweils von der Gewichtung einer kurzzeitigen Versorgungsunterbrechung gegenüber der Gefahr der Fehlerausweitung ab. Schaltungen im Netz sind zum Schutz des Bedienpersonals nur in PEHLA-geprüften Schaltanlagen vorzunehmen; ist dies nicht möglich, wird durch den vorgelagerten Leistungsschalter zuerst ausgeschaltet.

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Kundenanlagen

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Kundenanlagen

Systemformen In DIN VDE 0100 werden drei sicherheitstechnisch unterschiedliche Systemformen genannt:

• TN-System

• TT-System

• IT System Der erste Buchstabe bezieht sich dabei auf die Erdungsverhältnisse der Stromquelle. „T“ bedeutet eine direkte Erdung eines Betriebspunktes (Betriebserde), „I“ für die Isolierung aller aktiven Teile von Erde oder die Verbindung eines Punktes mit Erde über eine Impedanz (z. B. Isolationswächter). Der zweite Buchstabe kennzeichnet die Erdungsverhältnisse der Körper der elektrischen Anlage. Werden die Körper direkt geerdet, so steht hierfür das „T“, und zwar unabhängig von der eventuell bestehenden Erdung eines Punktes der Stromquelle. Werden die Körper direkt mit dem Betriebserder verbunden, so dient der Buchstabe „N“ zur Kennzeichnung des Systems. In TN-Systemen ist in der Regel der Sternpunkt direkt geerdet. Die Körper der elektrischen Anlage sind über den Schutzleiter bzw. PEN-Leiter mit dieser Betriebserde verbunden. Entsprechend der Anordnung von Neutral- und Schutzleiter findet man drei Arten des TN-Systems: Im TN-S-System sind Neutralleiter und Schutzleiter vollständig getrennt. Diese Netzform wurde früher als moderne Nullung bezeichnet und hat den Vorteil, dass eine Unterbrechung des Schutzleiters keine Gefahr bringt. Es müssen zwei Fehler, die Unterbrechung und ein Körperschluß eintreten, bevor ein Unfall geschieht. Da der N-Leiter gegen Erde isoliert ist, kann der Betriebsstrom seinen Rückweg nicht über Erde wählen und die Brandsicherheit wird erhöht. Nach DIN VDE 0108 ist diese Systemform in feuer- und explosionsgefährdeten Betriebsstätten sowie in medizinisch genutzten Räumen vorgeschrieben. Als Leitungsfarbe ist für den PEN- und den Schutzleiter grüngelb zu wählen, für den Neutralleiter die Farbe hellblau. Im TN-C-System ist der PEN-Leiter gleichzeitig Schutzleiter. Daher ist es sehr einfach aufzubauen. Es genügt, an der Steckdose ein kurzes Drahtstück an den Schutzleiter zu führen (sog. klassische Nullung). Der gravierende Nachteil besteht jedoch in der Gefahr, dass ein Metallgehäuse im Fehlerfall unter der vollen Spannung gegen Erde steht. Daher ist ein TN-C-System nur zulässig bei fest verlegten Leitungen von mindestens 10 mm2 Cu oder 16 mm2 Al. Ausgenommen sind lediglich bewegliche Leitungen ab 16 mm2 Cu für Einspeiseleitungen von Notstromaggregaten oder für das Überbrücken von herausgetrennten Netzteilen in Niederspannungsnetzen. In allen anderen Fällen ist nur das TN-S-System zulässig. Die Mischform TN-C-S-System ist die wohl in der Praxis am häufigsten vorkommende Netzform. Dabei sind in dem Teil des Netzes, die die obige Querschnittsform erfüllen, Neutral- und Schutzleiter zu einem PEN-Leiter zusammengefasst, bei den übrigen kleineren Querschnitten sind sie aufgeteilt. Der PEN-Leiter ist hinsichtlich seiner Verlegung wie ein Außenleiter zu behandeln und mit diesem in einer gemeinsamen Umhüllung zu führen. Er darf unter keinen Umständen unterbrochen werden, nicht gesichert werden und nicht für sich allein schaltbar sein. Die Klemmstellen sind mit großer Sorgfalt herzustellen, wobei

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Kundenanlagen

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unbedingt vermieden werden sollte, viele Kabel in eine Klemmstelle unterzuklemmen. Nach der Aufteilung des PEN in N- und PE-Leiter darf der Neutralleiter (N) weder mit dem PE, noch mit geerdeten Teilen in Verbindung kommen. Der Querschnitt des N-Leiters ist wie ein Außenleiter zu bemessen. Als Schutzeinrichtungen können in TN-Systemen Überstromschutzeinrichtungen oder Fehlerstromschutzeinrichtungen (nur in TN-S-Systemen) verwendet werden. Die Schutzeinrichtungen müssen im Fehlerfall innerhalb von 5 sec., bei Stromkreisen bis 35 A Nennstrom mit Steckdosen oder solche, bei denen ortsveränderliche Betriebsmittel angeschlossen werden, in 0,2 sec., abschalten. Das TT-System wird von vielen EVU, gerade im außerstädtischen Bereich, vorgegeben. Ein Punkt der Stromquelle, in der Regel der Sternpunkt des Transformators, ist direkt geerdet. Der Erdungswiderstand sollte 2 Ω nicht überschreiten, um bei einem Erdschluss eines Außenleiters den Spannungsanstieg in den gesunden Leitern gegen Erde zu begrenzen. Die Körper der elektrischen Anlage sind mit dem Schutzerder RA verbunden, der vom Betriebserder getrennt ist. Der Ausbreitungswiderstand der Schutzerde muss so klein sein, dass ein Fehlerstrom die automatische Abschaltung der Schutzeinrichtung bewirkt, bevor die Berührungsspannung den zulässigen Wert (50 V) überschreitet. IT-Systeme können gegen Erde isoliert oder über eine ausreichend hohe Impedanz geerdet sein. Der Fehlerstrom bei Auftreten nur eines Körper- oder Erdschlusses ist gering und hat keinen Einfluss auf die Funktion der angeschlossenen Betriebsmittel. Daher findet man IT-System meist in der Grossindustrie mit 500- oder 600-V-Netzen. Im 230/400-V-Netzen werden sie mit Isolationsüberwachung dort eingesetzt, wo erhöhte Anforderungen an die Versorgungssicherheit gestellt werden, z. B. in Krankenhäuser für die OP-Einrichtung oder für die Sicherheitsbeleuchtung.

Elektrizitätszähler Die Zähler werden zum Messen der von einem Erzeuger abgegebenen oder von einem Verbraucher aufgenommenen Arbeit eingesetzt. Sie lassen sich nach ihrem Messprinzip in zwei Gruppen unterteilen, in Induktions-Motorzähler und statische Zähler für Dreh- und Wechselstrom. Am häufigsten werden Induktions-Motorzähler nach dem Ferraris-Prinzip eingesetzt. Dabei liegt ein wicklungsloser Läufer (eine Aluminiumscheibe) im Wechselfeld zweier Elektromagneten (Strom- und Spannungsseite) und wird durch das erzeugte Drehmoment angetrieben. Ein als Permanentmagnet ausgelegter Bremsmagnet dämpft die Bewegung der Läuferscheibe und erlaubt die Eichung. Drehstromzähler besitzen zwei oder drei Triebsysteme, die räumlich versetzt angeordnet sind und auf zwei Läuferachsen wirken. Die Integration der Leistung über die Zeit, d. h. die Bildung der elektrischen Arbeit, erfolgt durch Addition der Läuferumdrehungen durch ein Zählwerk. Dieses Rollenzählwerk ist mit sechs bis sieben Ziffernrollen ausgerüstet; die rechte Rolle wird über eine Schnecke und Übersetzungsräder vom Läufer angetrieben. Gegebenenfalls muss die vom Zählwerk angezeigte Ableseeinheit mit einem auf dem Ziffernblatt angegebenen Faktor multipliziert werden. Im Haushaltsbereich werden die Zähler üblicherweise direkt in den zu messenden Stromkreis geschaltet. Bei höheren Strömen oder Spannungen sind Messwandler erforderlich. Wird das Übersetzungsverhältnis der Wandler im Zählwerk berücksichtigt, so nennt man dies ein Primärzählwerk. Bei Sekundärzählwerken

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Kundenanlagen

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muss die jeweilige Spannungs- und Stromübersetzung berücksichtigt werden, um die primäre Messgröße zu ermitteln. Der Verbrauch eines Elektrogerätes kann auch mit Hilfe der Zählerkonstanten c, die auf dem Leistungsschild aufgedruckt ist, ermittelt werden. Sie gibt an, wie viel Umdrehungen des Läufers (messbar durch die rote Markierung) einer Kilowattstunde entspricht. Bei einer Zählerkonstanten von c= 75/kWh führt der Läufer 75 Umdrehungen aus damit das Zählwerk 1 kWh notiert. In der Praxis kann so die Leistung eines (größeren) Verbraucher ermittelt werden (dabei darf natürlich nur der zu ermittelnde Verbraucher eingeschaltet sein !). Mit der Stopuhr werden mehrere Umdrehungen des Läufers gemessen und daraus die Zeit für eine Umdrehung gemittelt. Mit der Formel

[ ] UmdrehungeinefürZeittmitkWct

P ss

=××

=36001000

kann nun die Leistung des eingeschalteten Verbraucher errechnet werden. Statische Zähler sind elektronisch arbeitende Geräte, die hochpräzise sind und eine große Unabhängigkeit von Umgebungsbedingungen besitzen. Im Gegensatz zu Ferraris-Zählern können sie auch Messdaten (Lastprofile) speichern. Neben den visuellen Ausgängen (LC-Display) besitzen sie in der Regel auch Schnittstellen für optische Ausgänge (LED) und Impulsausgänge für die Weitergabe an Fernzähleinrichtungen. Die Zähler werden überwiegend von staatlich anerkannten Prüfstellen beglaubigt – ein Vorgang, der der Eichung rechtlich gleichwertig ist. Sie arbeiten mit PTB-geprüften Messeinrichtungen und werden regelmäßig von den Eichämtern überwacht. Die Eichgültigkeitsdauer beträgt für - Zähler mit Induktionsmesswerk 16 Jahre - Zähler mit Induktionsmesswerk mit Messwandlern 12 Jahre - Zähler mit elektronischem Messwerk 8 Jahre Jedes Messgerät altert oder wird im Laufe der Zeit durch Verschleiß ungenauer. Aus diesem Grund ist die Eichgültigkeit für Messgeräte begrenzt. Um die Eichgültigkeitsdauer zu verlängern genügt eine Stichprobenprüfung. Die Verlängerung der Eichgültigkeitsdauer beträgt dadurch - bei Induktionszählern 4 Jahre - bei elektronischen Zählern 5 Jahre

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Literatur- und Quellenverzeichnis

Quellen- und Literaturnachweis: VDEW: Netzverluste, VWEW-Verlag, Frankfurt/Main, 3. Aufl. 1978, ISBN 3-8022-0007-1

Ameling: Grundlagen der Elektrotechnik I, Bertelsmann Universitätsverlag, 1974, ISBN 3-571-19149-8

Kind, Kärner: Hochspannungsisoliertechnik, Vieweg Verlag, Braunschweig, 1982, ISBN 3-528-03812-8

AEG Hilfsbuch der Elektrotechnik Bd. 2, AEG Verlag, 11. Aufl. 1979, ISBN 3-87087-115-6

Hütte: Elektrische Energietechnik, Springer Verlag Berlin, 29. Aufl. 1988, ISBN 3-540-15359-4

Flosdorff, Hilgarth: Elektrische Energieverteilung, Teubner Verlag, Stuttgart, 4. Aufl. 1982, ISBN 3-519-36411-5

Schwickardi: Elektroenergietechnik Bd. 1 - 3, AT-Verlag, Aarau,1979, ISBN ...; 3 85502 032 9; 3 85502 083 3

Gremmel (Hrsg.): ABB Schaltanlagen, Cornelsen Verlag Schwann-Giradet, Düsseldorf, 10. Aufl. 1999, ISBN 3-464-48235-9

Heinold et. al.: Kabel und Leitungen für Starkstrom, Teil 1 und 2, Siemens Verlag, München, 4. Aufl. 1987-89, ISBN 3-8009-1472-7, 3-8009-1524-3

Siemens, Günther Seip: Elektrische Installationstechnik, Teil 1 und Teil 2,Siemens Verlag, München, 3. Aufl. 1993, ISBN 3-8009-4138-4, 3-8009-1420-4

Siemens Fachwörterbuch industrielle Elektrotechnik, Energie und Automatisierungstechnik, Deutsch/Englisch Bd. 1, 4. Auflage 1998, Publicis MCD-Verlag, ISBN 3-89578-077-4 English/German Bd. 2, 4. Auflage 1998, Publicis MCD-Verlag, ISBN 3-89578-079-0

VDEW: Kabelhandbuch, VWEW-Verlag, Frankfurt/Main, 4. Aufl. 1986, ISBN 3-8022-0000-4

Friedrich: Tabellenbuch Elektrotechnik, Elektronik, Dümmler-Verlag, Bonn, 579. Aufl. 1998, ISBN 3-427-53025-6

Metz, Naundorf, Schlabbach: Kleine Formelsammelung Elektrotechnik, Fachbuchverlag Leipzig, München, 1996, ISBN 3-446-18626-3

Rose (Hrsg.): Basiswissen für Fachkräfte energietechnischer Berufe, VDE-Verlag, 2002, ISBN 3-8007-2594-0

Kiwitt, Wanser, Laarmann: Hochspannungs- und Hochleistungskabel, VWEW-Verlag, Frankfurt/Main, 1985, ISBN 3-8022-0075-6

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Literatur- und Quellenverzeichnis

Fleck, Kulik: Hochspannungs- und Niederspannungs-Schaltanlagen, Giradet Verlag, Essen, 4. und 6. Aufl. 1974, ISBN 3-7736-0262-6

Dietrich: Transformatoren, Stand der Technik und Tendenzen, VDE-Verlag, 1986, ISBN 3-8007-1365-9

Kraaij, Schemel, Wegscheider: Die Prüfung von Leistungstransformatoren, Buchverlag Elektrotechnik, Aarau (CH)

Vosen: Kühlung und Belastbarkeit von Transformatoren, VDE-Schriftenreihe 72, VDE Verlag, Berlin 1997 ISBN 3-8007-2225-9

Ölbuch Teil 2: Isolierflüssigkeiten, 6. Aufl. 1983, VDEW-Verlag, Frankfurt/M, ISBN 3-8022-0063-2

VDEW-Ringbuch „Schutztechnik“, VWEW-Verlag, 1987, ISBN 3-8022-0054-3

Maßnahmen in Betriebsgebäuden von Hochspannungsanlagen zur Reduzierung transienter Überspannungen in Sekundäreinrichtungen, RWE Energie AG

Böhme: Mittelspannungstechnik, Verlag Technik, Berlin, 1. Aufl. 1992, ISBN 3-341-00973-6 Doemeland: Handbuch Schutztechnik, VDE-Verlag, Berlin, 7. Aufl. 2003, ISBN 3-8007-2713-7 Zobel / Markgraf: Der Netzmeister, VDE-Verlag, Berlin 1995, ISBN 3-8007-2138-4 Pusch: Schaltberechtigung für Starkstromanlagen und Netze, VDE-Verlag, Berlin, ISBN 3-8007-1873-1 Hösl / Ayx: Die neuzeitliche und vorschriftsmäßige Elektro-Installation, Hüthig-Verlag, Heidelberg, 15. Auflage 1992, ISBN 3-7785-2134-9 G. Kiefer: VDE 0100 und die Praxis, VDE-Verlag, Berlin, 6. Auflage 1994, ISBN 3-8007-2001-9 Klimpke/Güttler: Fehlerortung, Bd. 7 Anlagentechnik für elektrische Verteilungsnetze, VWEW-Verlag Frankfurt/Main, 1996, ISBN 3-8022-0495-6 Altmann, Jühling et. al.: Elektrounfälle in Deutschland, FB 941, Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, 2. Aufl. 2002, Wirtschaftsverlag NW, ISBN 3-89701-798-9 Lipmann: Schalten im Vakuum, VDE-Verlag, Berlin, 2003, ISBN 3-8007-2317-4 Karger et. al.: Messen und Regeln in Starkstromnetzen, Firmenpublikation a-eberle, 2003 Niemand, Sieper, Dürschner: Errichten von Starkstromanlagen mit Nennspannungen über 1 kV, VDE-Schriftenreihe Bd. 11, VDE-Verlag, Berlin, 8. Aufl. 2000, ISBN 3-8007-2537-1 DKE: Betrieb von elektrischen Anlagen, VDE-Schriftenreihe Bd. 13, VDE-Verlag, Berlin, 8. Aufl. 2001, ISBN 3-8007-2556-8 Hochbaum: Schadenverhütung in elektrischen Anlagen, VDE-Schriftenreihe Bd. 85, VDE-Verlag, Berlin, 2. Aufl. 2002, ISBN 3-8007-2635-1

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Literatur- und Quellenverzeichnis

Vogt: Potentialausgleich, Fundamenterder, Korrosionsgefährdung, VDE-Schriftenreihe Bd. 35, VDE-Verlag, Berlin, 2. Aufl. 1987, ISBN 3-8007-1512-0 Schlabbach: Elektroenergieversorgung, VDE-Verlag, Berlin, 1995, ISBN 3-8007-1999-1 Knies, Schierack: Elektrische Anlagentechnik, Hanser-Verlag, München, 4. Aufl. 2003, ISBN 3-446-22378-9 Spring: Elektrische Energienetze, VDE-Verlag, Berlin, 2003, ISBN 3-8007-2523-1 Heuck, Dettmann: Elektrische Energieversorgung, Vieweg Verlag, Braunschweig, 2002, ISBN 3-528-48547-7 // Alber: Verteiltransformatoren und EMV, etz Bd. 115 (1994) Heft 20 // Alber / Pfeiffer: Das Geräuschverhalten von Verteiltransformatoren, Elektrizitätswirtschaft 71 (Jg. 1972), Heft 8 // Thörner / Siekmann: Untersuchung niederfrequenter Felder an ortsfesten Netzstationen nach 26. BImSchV, Diplomarbeit FH Bielefeld, 1997 // Dr. Pigler: Druckbeanspruchung der Schaltanlagenräume durch Störlichtbögen, Energiewirtschaftliche Tagesfragen 26.Jg. (1976), Heft 3 // Hollmann / Beese: Begrenzung von Störlichtbögen in elektrischen Schaltanlagen, etz Heft 7-8, 1998 // Vinaricky: Elektrische Kontakte, EVU-Betriebspraxis 10/95, 11/95 // Sander: Verhalten von Aluminium-Massivleiter-Kabeln in Schraubklemmen, etz-A, Heft 8 1972 // Kindler / Schels: Systematische Untersuchungen zur Störlichtbogensicherheit von Schaltfeldern und Schaltanlagen, Technische Mitteilungen AEG-Telefunken, 65 (1975), S. 24 ff // Kox, Fehlerortung und Wiederversorgung in Mittelspannungsnetzen, Aachener Beiträge zur Energieversorgung, Jahresbericht 1997 // Sandner, Handys – Wegbegleiter mit Störpotential, de 14/98 // Script TAR-Seminar Elektromagnetische Felder und Strahlungen am Arbeitsplatz und in der Umwelt, Köln, 1996 // Elektrische und magnetische 50-Hz-Felder, Forschungsstelle für Elektropathologie der Universität Witten – Herdecke, 1991 // Stegmüller, Schaltprinzipien der Mittelspannungsleistungsschalter, Elektrizitätswirtschaft Jg. 81 (1982), Heft 22 // VDE-Tagungsband Fachtagung Mittelspannungsanlagen 1983 // VDE-Tagungsband Planung und Betrieb gasisolierter Mittelspannungs-Schaltanlagen 1999 // H. J. Müller: Anleitung zum nachträglichen Feststellen der Störungsursache im Niederspannungsnetz durch Diagnose des Schmelzverhaltens des abgeschalteten Sicherungseinsatzes

Page 119: Grundlagen Der Elektrotechnik

Literatur- und Quellenverzeichnis

VDE- und DIN- Regelwerk: DIN VDE 0100 Bestimmungen für das Errichten von Starkstromanlagen bis 1000 V DIN VDE 0101 Errichten von Starkstromanlagen mit Nennspannungen über 1 kV DIN VDE 0102 Berechnung von Kurzschlussströmen in Drehstromnetzen DIN VDE 0103 Bemessung von Starkstromanlagen auf mechanische und

thermische Kurzschlussfestigkeit DIN VDE 0105 Betrieb von elektrischen Anlagen DIN VDE 0111 Isolationskoordination für Betriebsmittel in Drehstromnetzen über 1

kV DIN VDE 0141 Erdungen für Starkstromanlagen DIN VDE 0185 Blitzschutzanlagen Der Autor dankt vielen Firmen, die ihm Druckschriften und Fotografien freundlicherweise zur Verfügung gestellt haben. Insbesonders gilt der Dank folgenden Firmen: ABB, Mannheim und Bad Honnef Alstom, Regensburg und Frankfurt Driescher, Wegberg Siemens, Erlangen und Kirchheim Felten & Guilleaume, Köln îD-Technik, Kastellaun Vetter GmbH, Lottstetten Haag Messtechnik, Waldbrunn F. Huseman GmbH, Gütersloh VATech Elin, Graz SGB, Neumark May Elektronik, Bohl-Iggelheim Gesellschaft für elektrische Anlagen Heinrich Georg GmbH, Kreuztal Leitungsbau Nord GmbH, Dortmund KEMA, Arnheim (NL) Peter Vollborth, BSE-Seminare, Berlin Mein rein persönlicher, subjektiver Vorschlag für eine kleine elektrotechnische Buchsammlung (Preisangaben von Februar 2005, www.amazon.de): a. Energieversorgung, allgemein: Gremmel (Hrsg.): ABB Schaltanlagen, Cornelsen Verlag Schwann-Giradet, Düsseldorf, 10. Aufl. 1999, ISBN 3-464-48235-9 45,00 € b. Kabel: Heinold / Stubbe: Kabel und Leitungen für Starkstrom, Teil 1, Wiley VCH Verlag, Berlin, 1999, ISBN 389578088X 99,-- € CD-ROM, Publicis Mcd, ASIN: 3895781118 79.-- € c. Übersichtsbücher, Formelsammelung:

Rose (Hrsg.): Basiswissen für Fachkräfte energietechnischer Berufe, VDE-Verlag, 2002, ISBN 3-8007-2594-0 41,90 €

Page 120: Grundlagen Der Elektrotechnik

Literatur- und Quellenverzeichnis

Metz / Naundorf / Schlabbach: Kleine Formelsammelung Elektrotechnik, Hanser Fachbuchverlag Leipzig, 2003, ISBN 3-446-225455 12,90 €

d. Hausinstallation: Hösl / Ayx / Busch: Die vorschriftsmäßige Elektro-Installation, Hüthig-Verlag, Heidelberg, 18. Auflage 2003, ISBN 3-7785-29099 39.-- € e. für weitergehende Studien: Hosemann (Hrsg.): Elektrische Energietechnik, Springer Verlag Berlin, 2000, ISBN 3-540-67343-1 279.-- € Heuck, Dettmann: Elektrische Energieversorgung, Vieweg Verlag, Braunschweig, 2002, ISBN 3-528-48547-7 43,90 €

f. über techn. Entdeckungen allgemein: Segré, Emilio: Die großen Physiker und ihre Entdeckungen

1. Band: Von Galilei bis Boltzmann, ISBN 3-492-21174-7 2. Band: Von Röntgen bis Weinberg, ISBN 3-492-21175-5

jeweils Piper-Verlag, München, 2. Auflage 2002 je 12,90 €