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Der vom Verein Deutsche Sprache gemeinsam mit der Eberhard-Schöck- Stiftung verliehene Jacob-Grimm-Preis geht dieses Jahr an die Ehefrau des russischen Staatspräsidenten, Ludmila Putina. Putina ist studierte Philologin, Leiterin des Instituts für russische Sprache in Moskau, und Mitorganisato- rin einer deutsch-russischen Sprach- olympiade, deren Endrunde im Mai in Moskau und Berlin stattfand. Dieser Wettbewerb soll an den Schulen und Universitäten beider Länder Kenntnisse des jeweils anderen Landes und seiner Sprache vertiefen und ausdehnen. „Frau Putina wird ausgezeichnet für die Pege und Weiterführung der großen Tradition des Deutschen als Fremdsprache in Rußland, die mehrere Jahrhunderte zurückreicht“, schreibt Professor Glück, Sprecher der Jury und Vorsitzender des Wissenschaftli- chen Beirats des VDS, zur weiteren Begründung. „Frau Putina hat durch diesen Sprachwettbewerb neues Inter- esse an der deutschen Sprache in Rußland geweckt und den russischen Deutschlehrern und Germanisten gezeigt, daß ihre Arbeit geschätzt wird, weil das Deutsche als Fremdsprache in Rußland attraktiv geblieben ist und Zukunft hat. Sie erhält den Jacob- Grimm-Preis für ihre konstruktive kulturpolitische Arbeit zugunsten der deutschen, aber auch der russischen Sprache in einer Zeit, in der weltweite ökonomische und kulturelle Vereinheit- lichungstendenzen die Vielfalt der Spra- chen und der Kulturen durch Gleich- macherei und Kahlschlag ernsthaft bedrohen.“ Der Jakob-Grimm-Preis ist mit 35 000 Euro dotiert und Teil des Kulturpreises Deutsche Sprache. Frau Putina wird das Preisgeld einem Kinderkrankenhaus zukommen lassen. Der mit 5000 Euro dotierte Initiativpreis Deutsche Spra- che im Kulturpreis Deutsche Sprache geht an den Verein zur pädagogischen Förderung ausländischer Kinder in Osnabrück, vertreten durch seine Vor- sitzende, Professorin Dr. Christa Röber- Siekmeyer. Dieser Verein setzt sich seit 25 Jahren für die sprachlich-kulturelle und die soziale Integration von Kindern aus Einwandererfamilien ein. Er hat in diesem Zeitraum in inhaltlicher wie in quantitativer Hinsicht vorbildliche Arbeit geleistet und in vielen Fällen Schul- und Berufskarrieren möglich gemacht, die ohne seine Arbeit an der Sprachbarriere gescheitert wären. Die Auszeichnung gilt einer Bürgerinitiative, die durch Sprachförderung Tausenden von Kindern und Jugendlichen bessere Lebenschancen verschafft und damit einen bedeutenden Beitrag zur Demo- kratie, zum sozialen Frieden und zur Pege unserer Landessprache geleistet hat. Der undotierte Institutionenpreis im Kulturpreis Deutsche Sprache geht an die Gemeinnützige Hertie-Stiftung für das Projekt „Jugend debattiert“. Mit ihrem im Jahre 2000 begonnenen Pilotprojekt hat die Stiftung gezeigt, daß es bei Schülerinnen und Schülern ein großes Interesse an sachgerechter und fairer Debatte in der deutschen Sprache gibt. Im Jahr 2002 haben bereits 1400 Frankfurter Schüler aus 31 Schulen an dem Projekt teilgenommen. Die Stiftung versteht den Wettbewerb als Methode der Erziehung zur Demokratie, als Vorbereitung auf das Berufsleben in der Kommunikationsgesellschaft - und als Beitrag zur deutschen Sprachkultur. Der Erfolg des Projekts „Jugend debattiert“ bei Lehrern, Schülern, bei Bildungspo- litikern und bei den Medien ist auch ein Erfolg für die Bewahrung und Weiter- entwicklung der deutschen Sprache. Die Preise werden am 19. Oktober 2002 in Kassel überreicht. sprach nachrichten Russische Präsidentengattin Ludmila Putina erhält Jacob-Grimm-Preis 2002 Fremdsprache Deutsch hat Zukunft »Gleichmacherei und Kahlschlag gefährden die Vielfalt der Spra- chen und Kulturen.« Helmut Glück Nr. 2 / Juni 2002 • Verein Deutsche Sprache e.V. • www.vds-ev.de • 0,80 Ludmila Putina und Doris Schröder-Köpf - die Schirm- frauen des deutsch-russischen Jugendforums im Mai in Berlin. Auf diesem Jugendforum wurden die Sieger der deutsch-russi- schen Spracholympiade ausgezeichnet. Warum brauchen wir noch eine Wissenschaftssprache Deutsch? Ihre lingua franca „befreit“ die Wissenschaft aus ihrer gesellschaftlichen Verantwortung. 10 Verein Deutsche Sprache e.V. • Postfach 104128 • 44041 Dortmund »Untermieter und Bürger zweiter Klasse« Hans-Joachim Meyer über Werbefuzzis und journalistische Schnösel. 3 100 000 Unterschriften gegen Denglisch sind gesammelt. Ein Bericht von der Protestfront. 8 »Hilfslinguistische Erkenntnis-Rockefeller« Sprache und Politik 2-4 Aus den Regionen 5 Do you speak Denglisch? 6 Aktionen 7-8 Meinung 9-11 Bücher 12-13 Blick zurück 14 Blick ins Ausland 15 Zu guter letzt 16 Rubriken

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Der vom Verein Deutsche Sprache gemeinsam mit der Eberhard-Schöck-Stiftung verliehene Jacob-Grimm-Preis geht dieses Jahr an die Ehefrau des russischen Staatspräsidenten, Ludmila Putina. Putina ist studierte Philologin, Leiterin des Instituts für russische Sprache in Moskau, und Mitorganisato-rin einer deutsch-russischen Sprach-olympiade, deren Endrunde im Mai in Moskau und Berlin stattfand. Dieser Wettbewerb soll an den Schulen und Universitäten beider Länder Kenntnisse des jeweils anderen Landes und seiner Sprache vertiefen und ausdehnen.

„Frau Putina wird ausgezeichnet für die Pfl ege und Weiterführung der großen Tradition des Deutschen als Fremdsprache in Rußland, die mehrere Jahrhunderte zurückreicht“, schreibt Professor Glück, Sprecher der Jury und Vorsitzender des Wissenschaftli-chen Beirats des VDS, zur weiteren Begründung. „Frau Putina hat durch diesen Sprachwettbewerb neues Inter-esse an der deutschen Sprache in Rußland geweckt und den russischen Deutschlehrern und Germanisten gezeigt, daß ihre Arbeit geschätzt wird, weil das Deutsche als Fremdsprache in Rußland attraktiv geblieben ist und Zukunft hat. Sie erhält den Jacob-Grimm-Preis für ihre konstruktive kulturpolitische Arbeit zugunsten der deutschen, aber auch der russischen Sprache in einer Zeit, in der weltweite ökonomische und kulturelle Vereinheit-lichungstendenzen die Vielfalt der Spra-chen und der Kulturen durch Gleich-macherei und Kahlschlag ernsthaft bedrohen.“

Der Jakob-Grimm-Preis ist mit 35 000 Euro dotiert und Teil des Kulturpreises Deutsche Sprache. Frau Putina wird

das Preisgeld einem Kinderkrankenhaus zukommen lassen. Der mit 5000 Euro dotierte Initiativpreis Deutsche Spra-che im Kulturpreis Deutsche Sprache

geht an den Verein zur pädagogischen Förderung ausländischer Kinder in Osnabrück, vertreten durch seine Vor-sitzende, Professorin Dr. Christa Röber-Siekmeyer. Dieser Verein setzt sich seit 25 Jahren für die sprachlich-kulturelle

und die soziale Integration von Kindern aus Einwandererfamilien ein. Er hat in diesem Zeitraum in inhaltlicher wie in quantitativer Hinsicht vorbildliche Arbeit geleistet und in vielen Fällen Schul- und Berufskarrieren möglich gemacht, die ohne seine Arbeit an der Sprachbarriere gescheitert wären. Die Auszeichnung gilt einer Bürgerinitiative, die durch Sprachförderung Tausenden von Kindern und Jugendlichen bessere Lebenschancen verschafft und damit einen bedeutenden Beitrag zur Demo-kratie, zum sozialen Frieden und zur Pfl ege unserer Landessprache geleistet hat.

Der undotierte Institutionenpreis im Kulturpreis Deutsche Sprache geht an die Gemeinnützige Hertie-Stiftung für das Projekt „Jugend debattiert“.

Mit ihrem im Jahre 2000 begonnenen Pilotprojekt hat die Stiftung gezeigt, daß es bei Schülerinnen und Schülern ein großes Interesse an sachgerechter und fairer Debatte in der deutschen Sprache gibt. Im Jahr 2002 haben bereits 1400 Frankfurter Schüler aus 31 Schulen an dem Projekt teilgenommen. Die Stiftung versteht den Wettbewerb als Methode der Erziehung zur Demokratie, als Vorbereitung auf das Berufsleben in der Kommunikationsgesellschaft - und als Beitrag zur deutschen Sprachkultur. Der Erfolg des Projekts „Jugend debattiert“ bei Lehrern, Schülern, bei Bildungspo-litikern und bei den Medien ist auch ein Erfolg für die Bewahrung und Weiter-entwicklung der deutschen Sprache.

Die Preise werden am 19. Oktober 2002 in Kassel überreicht.

sprachnachrichten

Russische Präsidentengattin Ludmila Putina erhält Jacob-Grimm-Preis 2002

Fremdsprache Deutsch hat Zukunft

»Gleichmacherei und Kahlschlag gefährden die Vielfalt der Spra-chen und Kulturen.« Helmut Glück

Nr. 2 / Juni 2002 • Verein Deutsche Sprache e.V. • www.vds-ev.de • 0,80 €

Ludmila Putina und Doris Schröder-Köpf - die Schirm-frauen des deutsch-russischen Jugendforums im Mai in Berlin. Auf diesem Jugendforum wurden die Sieger der deutsch-russi-schen Spracholympiade ausgezeichnet.

Warum brauchen wir noch eine Wissenschaftssprache Deutsch?Ihre lingua franca „befreit“ die Wissenschaft aus ihrer gesellschaftlichen Verantwortung. 10

Verein Deutsche Sprache e.V. • Postfach 104128 • 44041 Dortmund

»Untermieter und Bürger zweiter Klasse«Hans-Joachim Meyer über Werbefuzzis und journalistische Schnösel. 3

100 000 Unterschriften gegen Denglisch sind gesammelt. Ein Bericht von der Protestfront. 8

»Hilfslinguistische Erkenntnis-Rockefeller«

Sprache und Politik 2-4Aus den Regionen 5Do you speak Denglisch? 6Aktionen 7-8Meinung 9-11Bücher 12-13Blick zurück 14Blick ins Ausland 15Zu guter letzt 16

Rubriken

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s p r a c h n a c h r i c h t e nWWW.VDS-EV.DE . VEREIN DEUTSCHE SPRACHE . JUNI 2002 . NR. 22 sprache und politik.

der vorsitzende meint

Liebe Sprachfreunde,es wird gewählt! Natürlich im Sep-tember unser neuer Bundestag. Rechtzeitig davor werden wir allen Freunden der deutschen Sprache das Ergebnis unserer Aktion „Sprachprüfsteine“ mitteilen. Darin fragen wir unsere Bundes-tagskandidaten, wie sie es denn mit ihrer Muttersprache halten.

Und vorher wählen wir wie jeden Sommer seit 1998 den „Sprach-panscher des Jahres“. Ein Wahl-zetttel liegt dieser Zeitung bei. Stimmberechtigt sind nur VDS-Mitglieder. Damit auch Nicht-mitglieder wählen können, denen angesichts der beeindruckenden Kandidatenliste die Lust ankommt, einer dieser Personen per Stimm-

zettel eins auszuwischen, fi ndet sich auf der Rückseite dieser Stimmzettel gleich ein Beitrittsfor-mular. Bitte kopieren und weiterge-ben! Nutzen Sie diese Gelegenheit, weitere Sprachfreunde zu uns ins Boot zu holen.

Der „Sprachpanscher des Jahres“ ist immer einer unserer besten Werbeträger. Es gibt kaum eine Zeitung in Deutschland, die sich nicht letztes Jahr über den Erfi n-der der „funeral masters“ belustigt hätte. Könnte Herr Zocher, der Vorsitzendes des Bundesverbandes Deutscher Bestatter e.V., der letz-tes Jahr von uns ausgezeichnet worden ist, nochmals entscheiden - ich glaube, er würde bei dem guten alten Totengräber bleiben.

Und auch seine jährliche Bestatter-messe nicht als „eternity“ verkau-fen.

Die letztjährige Wahl hat gezeigt, wie wir diese „Amerikaner mit deutschem Paß“ (O-Ton Staatsmi-nister Meyer) am besten treffen:

indem wir sie der Lächerlichkeit preisgeben. Wer hindert uns daran, das „away shirt“, in dem die Bay-ern-Kicker auf Anweisung von Uli Hoeneß künftig ihre Auswärts-spiele bestreiten sollen, „Wegwerf-hemd“ zu nennen? Was wir brau-chen, ist „fröhliche Aggressivität“, keine verbiesterten Strategiedebat-ten. Bringen wir die Lacher auf unsere Seite!

In diesem Sinn wünsche ich uns allen noch einen fröhlichen Sommer.Ihr

Prof. Dr. Walter Krämer

Die AG Wahlprüfsteine des Vereins Deutsche Sprache will von allen Bundestagskandidaten wissen:I: Wie würden Sie den Deutschunterricht an den Schulen in Zukunft gewichten?II: Halten Sie es für nötig, den sprachlichen Ver-braucherschutz in Deutschland zu stärken?III: Halten Sie es für nötig, unsere Landessprache als Wissenschaftssprache zu fördern?IV: Sollte der 15. Deutsche Bundestag einen „Rat für die deutsche Sprache“ einsetzen?V: Soll die deutsche Sprache als Arbeitssprache der EU gestärkt werden?VI: Brauchen wir mehr öffentliche Sprach-loyalität in Deutschland?Es ist unmöglich, alle der mehreren 1000 Kan-didaten anzuschreiben. Deshalb befragt die Ver-einszentrale in Dortmund die jeweils fünf ersten Kandidaten der 16 Landeslisten von SPD, Bündnis 90/Grüne, CDU/CSU, FDP und PDS per Post. Die Regionalvorstände der Landeshauptstädte ver-schicken den Fragebogen an möglichst viele weitere Wahlkreiskandidaten ihres Bundeslandes. Zentrales Anschreiben, Fragebogen und eine kurze Anleitung zur Benutzung des Anschreibens werden von der Dortmunder Zentrale in ausrei-chender Menge ab Juli an die Regionalvorstände verschickt. Und natürlich sind alle Mitglieder herz-lichst aufgefordert, in möglichst vielen Wahl-

versammlungen die obigen Fragen nochmals mündlch vorzutragen. Antworten bitte zur Auswer-tung an Prof. Dr. Hermann Dieter, Dorfstr. 30a, 14959 Blankensee.

Wahlprüfsteine: Löchern Sie Ihre Kandidaten

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s p r a c h n a c h r i c h t e nNR. 2 . JUNI 2002 . VEREIN DEUTSCHE SPRACHE . WWW.VDS-EV.DE 3sprache und politik.

Wird Deutsch eine Eingeborenenspra-che? Diese provozierende Frage will ich an den Beginn meines Vortrags stellen. Und damit jedermann klar ist, in welcher Richtung die Provokation gehen soll, frage ich ausführlicher: Wird Deutsch hier in Deutschland eine Eingebore-nensprache in einer Gesellschaft mit angloamerikanischer Kultur? Diese Frage richtet sich nicht gegen das Englische oder gegen die englischsprachige Welt. Wie könnte ich als Mensch, der mitten im Leben steht, wie könnte ich als Anglist so töricht sein, gegen die internationale Stellung des Englischen anrennen zu wollen. Es geht auch nicht in erster Linie um ein paar mehr oder weniger Fremdwörter aus dem Englischen, obwohl vieles von dem, was man da neuerdings hört und liest, überflüssig und albern ist und überdies gelegentlich im Englischen selbst gar keinen Sinn macht.

Diese Frage richtet sich vielmehr an uns selbst und an alle, deren Mutterspra-che Deutsch ist und die täglich deutsch reden, schreiben und denken. Wollen wir uns in unserer Sprache nach dem Modediktat von Werbefuzzis, journali-stischen Schnöseln, sich aufblähenden Wirtschaftskapitänen, akademischen

Wichtigtuern, Möchtegern-Intellektuellen und opportunistischen Politikern richten, die meinen, wenn sie etwas auf Englisch sagen oder in Englisch benennen, sie hätten damit das Gütesiegel des Neuen und Kreativen sicher? Und die auf diese Weise das Ansehen der deutschen Sprache immer mehr auf den Hund bringen? Wollt Ihr, so müssen wir unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger fragen, wollt Ihr diese Sprache auf ein Küchen- und Alltagsidiom herunterbringen, während ihr zugleich versucht, eine vom American way of life dominierte englischsprachige Kultur zu imitieren? In dieser Kultur werdet Ihr immer nur Untermieter und Bürger zweiter Klasse

sein. Denn Sprache und Denken, Sprache und Kultur, Sprache und Lebensweise gehören zusammen, und nur in dieser Einheit sind sie kreativ. Wer sich also nicht völlig aufgeben und sich nicht selbst durch eine englische Kopie ersetzen will, der darf die gegenwärtige Entwicklung gegen die deutsche Sprache nicht treiben lassen oder gar selbst betreiben, son-dern muß sich diesem Modetrend entschlossen widersetzen.

Menschen ohne Stil Durch die immer stärker zunehmende Neigung von Deutschen, alles, was neu ist und modern oder so aussehen soll und was als innovativ oder modisch gilt, in Englisch auszudrücken, wird Deutsch zur Spra-che von gestern. Man stiehlt dem Deutschen die Lebenskraft, in dem man es nicht mehr nutzt und weiterentwickelt. Man schämt sich des Deutschen und hängt sich ein internationales, in aller Regel ein ameri-kanisches Mäntelchen um. Meistens sitzt das Mäntelchen nicht, aber was macht das schon aus unter Menschen ohne Stil und Geschmack und ohne Gefühl für Würde und Selbstachtung. Was mit der Sprache der Werbung begann und sich dann auf das gesamte Wirtschaftsleben ausdehnte, hat inzwischen alle Lebenssphären erfaßt einschließlich der Politik und der Kirchen. Keine Partei glaubt, ohne englischsprachige Mätzchen auskommen zu können. Und wer in der Kirche mit der Zeit gehen will, singt Englisch. Inzwischen gab es sogar den Einfall, das Losungswort des Ökumenischen Kirchentages, „Ihr sollt ein Segen sein“, durch das Englische „Be a Blessing“ zu ersetzen. Vielleicht meinte man wie der Hauskaplan des Kardinals von England in Shaws Stück „Heilige Johanna“, Gott spräche nur Englisch. Jedenfalls wird man schwerlich in der Welt noch eine andere Gesellschaft finden, die ihre eigene Sprache so schamlos mißachtet und so hemmungslos aufgibt, wie die

deutsche Gesellschaft.Bemerkenswert scheint mir, daß dies

insbesondere im letzten Jahrzehnt domi-nierend geworden ist. Gewiß ist dies zum Teil ein Ergebnis der fortschreitenden Globalisierung. Aber die typisch deutsche Exzessivität dieser Tendenz scheint mir eher die Reaktion auf die wiederge-wonnene nationale Einheit. Jetzt, wo der durch die Revolution von 1848 begonnene Weg durch die friedliche Revolution vom Herbst 1989 endlich zur Vereinigung von Nation und Bürgerfreiheit in ganz Deutschland geführt hat und niemand mehr behaup-ten kann, die Verfolgung nationaler Anlie-gen gefährde Frieden und Demokratie, wir aber jetzt vor der Herausforderung stehen, die gesamte deutsche Gesellschaft zu erneuern, versuchen viele, insbe-sondere aus der erfolgsverwöhnten

bundesdeutschen Gesellschaft, der deut-schen Geschichte und der deutschen Gegenwart zu entkommen, in dem sie als amerikanisierte Weltbürger posieren. Statt sich der Herausforderung zu stellen, eine zukunftsfähige deutsche Gesellschaft zu schaffen, glauben sie ihre je eigene Chance zu sichern, in dem sie sich der deutschen Gesellschaft nicht mehr länger zugehörig fühlen, sondern geklonte Amerikaner sein möchten.

Charakterlose GesellschaftDie Situation ist keineswegs neu in Deutschland, so wie ja auch der Hang zum Extremismus unsere ganze deutsche Geschichte durchzieht. Man braucht im folgenden Zitat aus Lessings Hamburgi-scher Dramaturgie nur das Französische und die Franzosen durch das Englische und die Amerikaner zu ersetzen, um eine treffende Beschreibung der Charakterlo-sigkeit auch der gegenwärtigen deutschen Gesellschaft zu erhalten. Denn was den Charakter der Deutschen anbetrifft, so meint Lessing scharfzüngig:

„Fast sollte man sagen, dieser sei: keinen eigenen haben zu wollen. Wir sind noch immer die geschwornen Nachah-mer alles Ausländischen, besonders noch immer die untertänigen Bewunderer der nie genug bewunderten Franzosen; alles was uns von jenseits dem Rheine kömmt, ist schön, reizend, allerliebst, göttlich; lieber verleugnen wir Gesicht und Gehör, als daß wir es anders fi nden sollten; lieber wollen wir Plumpheit für Ungezwungen-heit, Frechheit für Grazie, Grimasse für Ausdruck, ein Geklingle von Reimen für Poesie, Geheule für Musik uns einreden lassen, als im geringsten an der Superiorität zweifeln, welche dieses liebenswürdige Volk, dieses erste Volk in der Welt, wie es sich sehr bescheiden zu nennen pfl egt, in allem, was gut und schön und erhaben und anständig ist, von dem gerechten Schicksale zu seinem Anteile erhalten hat.“ (Hundertunderstes, -zweites, -drittes und -viertes Stück)

Nachdem zwischenzeitlich, aber doch schon vor einer beträchtlichen Weile, jene in Deutschland das Sagen hatten, denen alles Welsche ein Greuel war und die am deutschen Wesen die Welt genesen lassen wollten, badet jetzt die deutsche Gesellschaft schon geraume Zeit und mit ständig wachsender Hingabe in Amerikaseligkeit und trägt Sorge, daß nicht einmal ihre Badehose noch ein deutsches Etikett trägt. Der fortschrei-tende Statusverlust des Deutschen ist eine Gefahr für unsere Gesellschaft: für unsere geschichtliche Erinnerung, für unsere geistige Stabilität in einer Zeit raschen Wandels und für unsere künftige Fähigkeit, in Deutsch Neues zu denken und wirkungsvoll zu formulieren.

Hans-Joachim Meyer über Werbefuzzis und journalistische Schnösel

»Untermieter und Bürger zweiter Klasse«

»Wollt Ihr diese Spra-che auf ein Küchen- und Alltagsidiom her-unterbringen, während ihr zugleich versucht, eine vom American way of life dominierte englischsprachige Kultur zu imitieren?« Hans-Joachim Meyer

Prof. Dr. Hans-Joachim Meyer ist Historiker und Anglist. Von April bis Oktober 1990 war er Minister für Bildung und Wissenschaft in der DDR, von November 1990 bis April 2002 Staatsminister für Wissenschaft und Kunst des Freistaates Sachsen. Der hier abgedruckte Text ist ein Auszug einer mit viel Beifall begleiteten Rede, die er am 25. Mai auf der Delegiertenkonferenz des VDS in Bautzen gehalten hat. Der vollständige Redetext wird demnächst in einem Tagungsband erscheinen.

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s p r a c h n a c h r i c h t e nWWW.VDS-EV.DE . VEREIN DEUTSCHE SPRACHE . JUNI 2002 . NR. 24 sprache und politik

In einem der letzten Hefte der VDI-Nach-richten hat sich Peter Glotz, vormals par-lamentarischer Geschäftsführer der SPD und Rektor der Universität Erfurt, jetzt Professor für Medienwissenschaften in St. Gallen, unter dem Titel „Besser Denglisch als dümmlich!“ selbst sehr dümmlich über die moderne Anglizismenschwemme aus-gelassen. Ihm antwortet Prof. Dr. Johannes Heinrichs, Berlin, VDS-Mitglied und Professor für Philosophie und Sozialökologie.

Glotz unterstellt denen, die sich für Vermeidung unnötiger Anglizismen einsetzen, kurzerhand einen dümmlichen Reinheitsfi mmel. Dabei weiß er selbst, daß heute alle zwei Wochen eine kleinere Sprache ausstirbt und bedauert es sogar - womit wir schon auf einem anderen Niveau sind als auf dem eines bloßen Reinheitsgebotes für die Sprache wie für das Bier.

„Daß sich aber eine Sprache als Lingua Franca durchsetzt, so daß es möglich wird, daß sich Politiker, Geschäftsleute, Wissenschaftler und Touristen in weiten Teilen der Welt verständigen können, ist ganz und gar nicht kritikwürdig.“ Nein, ganz und gar nicht. Aber muß das die völlig undiskutierte, machtmäßige Durchsetzung der Sprache der neolibe-ralen Globalisierungsmacht sein? Ist das ein Naturgesetz? Wir stoßen hier auf ein Problem, das vielleicht sogar in Kreisen des Vereins Deutsche Sprache noch nicht überall bewußt ist. Ist das amerikanische Englisch erstens neutral und unbelastet genug, um auf Dauer als Weltsprache anerkannt zu werden? Und ist es zweitens einfach und durch-sichtig genug, um eine gleichwertige, symmetrische Kommunikation zwischen allen Weltbürgern zu schaffen? Hat der Sozialdemokrat Glotz vergessen, daß es zusammen mit der neokapitalistischen Globalisierung (im Medium Geld), die heute mit vollem Recht von den sog, Globalisierungskritikern in Frage gestellt wird, mehr als je einen Kulturimpe-rialismus (im Medium Sprache) gibt? Dieses Wort gehört keineswegs in die Klamottenkiste des Kalten Krieges und der Spätmarxisten, wie Globalisierungs-gewinnler und deren Mitläufer uns gern glauben machen möchten.

Wir werden das Sprachensterben bzw. Verkümmern auch großer Kulturspra-chen wie Französisch und Deutsch nur vermeiden können, wenn man sich zu einer einfachen und neutralen Weltver-kehrssprache durchringt, z. B. zu einer Weiterentwicklung des Esperanto (das keineswegs geschichtlich gescheitert ist, sondern „gescheitert wurde“). Nur unter dieser Voraussetzung bleiben - trotz einer Weltverkehrssprache - die gewachsenen Kultursprachen unangetastet! Auch in Kreisen des VDS sollten wir uns über

diese kulturpolitische Dimension (zusam-men z. B. mit den Franzosen) klarer werden. Ein wie gestörtes Verhältnis der Medien- und Kommunikationsmanager Glotz zur Sprache als dem grundle-genden Kommunikationsmedium von (nationaler) Kultur und Geschichte hat, zeigt nicht zuletzt seine verächtliche und klischeeverhaftete Bewertung der „Reden an die deutsche Nation“ des überragenden Philosophen Johann Gott-lieb Fichte als „Basistext des deutschen Nationalismus“. Fichte ist nicht natio-nalistischer als der von Glotz zuvor positiv angeführte Herder. Aber er hat seine Rolle als Gegner der französischen Hegemonie wacher und wirksamer wahr-genommen als Herder und Goethe. Hätte Glotz diese Reden Fichtes (mit

Verständnis) studiert, müßte ihm klar geworden sein, daß gerade in ihnen eine kulturelle Begründung von Nation vorgenommen wird - im Unterschied zu einer rassischen oder einer bloß machtpolitischen. (Näher dazu vom Verf.: „Nationalsprache und Sprachnation. Die Gegenwartsbedeutung von Fichtes ‚Reden an die deutsche Nation“, in: Fichte-Studien 2, 1991.)

In der Dominanz der Machtpolitik, in gewissen Zeiten kurzgeschlossen mit rassistischen Gedanken, liegt die wahre Tragik Deutschlands, nicht im kultur- und sprachbewußten Nationenverständnis. Diese Politik-Dominanz und Tragik setzt sich bis heute fort in der ständigen Verwechslung kultureller Identität mit dem Ethnisch-Blutmäßigen, eine Ver-

wechslung, die sowohl über der Einwan-derungsfrage wie über der Sprachenpo-litik liegt. Bei dieser geht es eben nicht bloß um ein sprachliches Reinheitsgebot, sondern um die Erhaltung der Vitalität der Sprache als des grundlegenden Mediums der Kultur.

Peter Glotz irrt sehr, wenn er diese Vitalität trotz amerikanischer Lingua franca nicht gefährdet sieht. Das „schicke“ Denglisch ist die unausweich-liche Folge einer globalen Dominanz und ihres deutschen Mitläufertums! Von einem Medien- und Kommunikati-onswissenschaftler könnte man mehr Sensibilität für diese Zusammenhänge erwarten als vom einstigen Parteipolitiker! „Besser Denglisch als dümmlich“ ist in der Tat dümmlich.

Deutsch für Schimpansen. Karikatur: C. Barthold (aus Focus vom 3.4.99)

»Denglisch oder dümmlich?«Eine Antwort auf Peter Glotz‘ Äußerungen zur »Anglizismenschwemme«

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s p r a c h n a c h r i c h t e nNR. 2 . JUNI 2002 . VEREIN DEUTSCHE SPRACHE . WWW.VDS-EV.DE 5aus den regionen.

1. Grußwort von Landrat Michael Harig

2. Bemerkenswerte und immer wieder von Beifall unterbro-chene Rede von Staatsminister Prof. Dr. Hans Joachim Meyer (Auszüge auf Seite 3).

3. Übergabe der Bautzener Sprachpreise 2001

4. Auszeichnung der Kreissparkasse Bautzen für die Aktion „Wir sprechen die Sprache unserer Kunden.“

5. Endgültige Festlegung der Tagesordnung: Satzungsdebatte wird vorgezogen

6. Rechenschaftsbericht des geschäftsführenden Vorstandes. W. Krämer: Der VDS hat allein im letzten Jahr mehr neue Mitglieder gewonnen als der nächstgrößere deutsche Sprach-verein, die Wiesbadener GfdS, überhaupt aufweist.

7. Bericht der Kassenprüfer und Entlastung des Vorstandes (1 Gegenstimme durch Dr. Schumacher, Stuttgart)

8. Nachwahl von drei Vorstandsmitgliedern: Dr. Gerd Schram-men, 2. Vorsitzender (einstimmig), Erika Braunshausen, Schatzmeisterin (einstimming), Eva-Maria Kieselbach, Beisitze-rin (einstimmig)

9. Nachwahl eines Kassenprüfers: Wolfgang Bock (1 Gegen-stimme, 1 Enthaltung)

10. Aufstellung der Kandidaten für den Sprachpanscher 2002. Der in Bautzen verabschiedete Wahlzettel liegt dieser Zeitung bei.

11. Verabschiedung der neuen Satzung: Der Vorstandsentwurf wird mit einer kleinen Änderung verabschiedet.

Kurzprotokoll der Delegiertenversammlung in Bautzen

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Stefan Junge: Gerade einmal

acht Jahre alt war der wohl

jüngste Besucher unserer Delegier-

tenkonferenz in Bautzen. Hier

unterhält sich der Schriswaldener mit der neuen

VDS-Schatz-meisterin, Erika Braunshausen.

Hiphopper-DiskussionIn der Zeitschrift Energie und Co. diskutierte Regionalleiter Dr. Hermann Neemann in Han-nover mit den Hiphoppern Björn Schulze und Andre Roegglen über „Wortsalat“ und Jugendsprache. Es ergaben sich überraschende Gemeinsamkeiten. Auch und gerade Jugendli-che finden sprachliche Anbiederung peinlich!

Bürgerantrag erfolgreichDie Stadt Herford hat am 11.6.2002 den Bürgerantrag des Vereins Deutsche Sprache mit einigen Einschränkungen positiv beschieden. Von den von uns genannten Beispielen für eine Vermischung von Deutsch und Englisch sollen jedoch zwei Ausdrücke beibehalten werden, nämlich die angeblich „in das Bewusstsein der Herforder Bürgerinnen und Bürger seit Jahren eingeprägten Bezeichnungen wie ‚Info-Center‘ und ‚City-Kirmes‘.“ Dagegen meint auch die Ver-waltung, dass die Bezeichnung „Dog Stations“ für die Hundetoiletten auf dem Wall und in den Grünanlagen der Stadt „sicherlich weder erfor-derlich noch sinnvoll“ sei. Gerd Büntzly

aus den regionen

Der Verein Deutsche Sprache ist der diesjährige Empfänger einer Spende von 500 Euro, welche die Volksbank Dortmund jedes Jahr einem gemeinnützigen Verein zukommen läßt. Der Verein Deutsche Sprache wie auch die Stiftung Deutsche Sprache unterhalten die

Mehrzahl ihrer Konten bei der Volksbank Dortmund. Für die Wahl war auch die Art und Weise ausschlagge-bend, wie die Bank mit Ihren Kunden umgeht, die sich klar vom schnöseligen und sprachlich rücksichtslosen Imponiergehabe vieler Konkurrenten unterscheidet.

Großzügge Spende: Die Lei-terin der Zweig- stelle Dortmund-Universität, Frau Katja Fiedler, über- gibt den Scheck an den VDS-Vorsitzen-den Walter Krämer und unsere neue Schatzmeistern Erika Braunshau-sen. Auch mit dabei: unsere „Guten Geister“ aus der VDS-Zen-trale, Anke Brey-mann Mbitse und Mladena Pucigaca(rechts) und Frau Nina Riedel von der Volksbank Dort-mund (links).

Volksbank spendet an VDS

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s p r a c h n a c h r i c h t e nWWW.VDS-EV.DE . VEREIN DEUTSCHE SPRACHE . JUNI 2002 . NR. 26 do you speak denglisch?

stilblüten

Compliance erschwert das RunningSie wollen Aktien zeichnen, allen Unkenru-fen zum Trotz? Dann wissen Sie ja sicher-lich, daß die Bookspanne für das Ipo zwi-schen 32 und 38 Euro liegt. Sollte das all-gemeine Interessse sehr hoch sein, können Sie auf ein Greenshoe hoffen. Alle Infor-mationen zum Börsengang bekommen Sie am leichtesten bei den Global Coordina-tors, die als Supervisor die Neueröffnung von Aktien begleiten. Das verstehen Sie nicht? Trösten Sie sich damit, daß wenigstens dem Insiderhandel ein Riegel vorgeschoben ist, weil weit-reichende Compliance-Regelungen inzwi-schen das Running erheblich erschweren. Vielleicht rufen Sie einfach mal bei dem Bank Call-Center an, da bekommen Sie dann genau die Tips, was zur Zeit ganz hipp ist und welche Orders man für Sie posten soll. Diese teilen Sie dann Ihrem Broker mit, der dann alles für Sie byt. Heiner Schäferhoff

Ostfriesenwitz:Ocean WaveDas Marketingkonzept für das neue Nord-deicher Bad sogt für Aufregung bei den Bürgern. Kein Bezug zur Region Ostfries-land, zu viele Anglizismen. Am meisten stört der neue Name „Ocean Wave“. Den zuständigen Marketing-Fachmann Rainer Linnig beeindruckte das nicht son-derlich. Leicht verständliches Populär-Eng-lisch, sagte er, sei längst Bestandteil der Alltagssprache geworden. Wer diesem Werbefuzzi gern einmal zeigen will, was eine Harke ist - hier ist die Adresse: Wer-beagentur Linnig und Partner, Mainzer Str. 49, 56068 Koblenz, Tel. (0261) 10003-0, Fax (0261) 10003-24.

Stars, Promis, Kaviar für Young GenerationVom 24. bis 26. Mai fand in Schwerin die mecklenburgische Jugendmesse statt. Sie trug den Titel „young:generation.mv“. Man wollte über Bildung, Jobs, Trends, Sports, Lifestyle informieren und darüber hinaus zum Mitmachen und Ausprobieren animie-ren. Am Freitag gab es eine Start-up-Werk-statt mit dem Internet-Planspiel für Schüler, am Samstag „Stars, Promis und Kaviar“. Eines der Highlights der gesamten Messe war die Autogrammstunde des weiblichen VIVA-VJ‘s Sarah Kuttner. Mit etwas Glück konnte man ein „Meet&Greet“ mit dem VIVA-Star gewinnen. Wem das aber nicht reichte und wer selbst entdeckt und vielleicht sogar berühmt werden wollte, konnte an einem großen Casting und Fotoshooting teilnehmen. Zum ersten Mal gab es dieses Jahr im Outdoor-Bereich eine riesige „Chill-Out-Zone“, wo die angesagtesten DJ‘s und frische Drinks zum Entspannen bzw. Rela-xen einluden. Live-Bands und Breakdancer traten auf, und man wählte die Miss „young:generation.mv 2002“. Auch Com-puterfreaks und Sprayer kamen auf ihre Kosten. (Gadebuch-Rehnaer Zeitung, 6. Mai 2002)

Beknacktes »Pick Up«

Die Firma Bahlsen in Hannover hat sich um die deutsche Sprache verdient gemacht. Das kann man von keiner anderen Keksfabrik sagen. Worin liegt ihr Verdienst? In dem Wort Keks, das sie vor etwa hun-dert Jahren der Sprachgemeinschaft schenkte. Es geht zurück auf den Plural des englischen Worts für Kuchen, nämlich „cakes“. Weil man damals in der Grundschule noch kein Englisch hatte, sprachen die Bahlsen-Leute „cakes“ nicht wie „Keiks“, sondern norddeutsch-schlicht wie Keks aus. So schufen sie Bleibendes.

Die Firma „Kölln“ in Köln suchte vor wenigen Jahren nach-zuziehen und druckte auf eine Haferfl ockentüte das Wort „Hafer-

Fleks“, weil Flocke auf Englisch „fl ake“ heißt. Das hat sich zu Recht nicht durchgesetzt, weil wir ja schon ein Wort für Flocken aus Hafer haben.

Bahlsen hat jüngst einen Keks auf den Markt geworfen, der aus zwei Keksen mit einer Lage Schoko-ladenmasse dazwischen besteht und einzeln in Plastikfolie verpackt ist. Auf dieser sehr bunten Folie steht „Pick up. Die Macht des Knack.“ Mit dieser Namengebung will Bahlsen ganz offensichtlich die junge Gene-ration wieder an den Keksgedanken heranführen, der zwischen all den Schokoriegeln, Lila Pausen und matschigen Zwischendurch-Snacks, die beim Reinbeißen weder stauben

noch bröseln, etwas verblaßt ist. Die niedersächsischen Großbäcker hätten ins Wörterbuch schauen sollen, bevor sie ihren Keks so nannten.

„Pick up“ heißt zwar Erholung, aber auch Ansteigen, zum Beispiel bei den Preisen, sowie Abtastapparatur, Flittchen, polizeiliche Verhaftung und Beschleunigungsvermögen. Pick-me-up hingegen heißt Schnäpschen, alkoholische Stärkung - vielleicht hat das eine Rolle gespielt, als dieser Name geschaffen wurde. Auch der Untertitel ist mißlungen. Wahrschein-lich hofft man bei Bahlsen, daß die Kundschaft an großes Kulturgut denkt, wenn sie die Kekse im Regal liegen sieht: „Ich bete an die Macht der Liebe“. Helmut Glück

Nehmen Sie in Leserbriefen Stellung zur aktuellen Sprachverhunzung. Leser-briefe in Zeitungen und Zeitschriften werden häufiger gelesen als redaktionelle Beiträge. Ein anonymer Spender hat für den erfolgreichsten Leserbriefschreiber des Jahres 2002 wieder eine Wochen-endreise für zwei Personen nach Paris gestiftet. Für jeden Leserbrief in einer überregionalen Zeitung oder Zeitschrift (FAZ, Welt, Süddeutsche, Spiegel, Stern usw.) gibt es drei Punkte, für jede regio-nale Tageszeitung oder überregionale Fachzeitschrift gibt es zwei Punkte und für

lokale Werbeblätter einen Punkt. Belegex-emplare bitte an G. Schrammen schicken.

Nachlese 2001: Verschollene Briefe sind aufgetaucht. Sie wurden in der FAZ, in den Westfälischen Nachrichten, in der Münsterschen Zeitung usw. veröffentlicht und stammen von Oliver Muschiol aus Münster. Ihm werden nachträglich 13 Punkte gutgeschrieben. Damit wird er Zweiter nach Dietmar Kinder. Eva-Maria Kieselbach (Kassel) mit 12 und P. O. Net-tesheim (Köln) mit acht Punkten belegen Platz drei und vier.

Aktion Leserbriefe - auf nach Paris

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s p r a c h n a c h r i c h t e nNR. 2 . JUNI 2002 . VEREIN DEUTSCHE SPRACHE . WWW.VDS-EV.DE 7aktionen.

»Fogging Effect im Town & Country-Fertighaus«

SEPTEMBER

AUGUST

AM PRANGER: Dr. Alexander Erdland, Vorsitzender der Bausparkasse Schwäbisch Hall

Die Häuslebauer haben „the other dimension“ entdeckt und ihrer Kundenzeitschrift einen „frischen Look“ verpaßt. Die heißt nun „house and more“. Wir lesen „Specials“ und „News“ über „Trends“, den „Fogging effect“ im Neubau, das „Town & Country-Fertighaus“, über Summer jobbing für den Housebuilder, über die Kellerwerkstatt als a Man‘s world, über Fun colors, das Fitness feeling unter der Brause ... and more ... and more ... and more ... Alles powered by Schwäbisch Hall, der Bausparkasse für sprachliche Bruchbuden.

Dr. Alexander Erdland, Vorsitzender der Bausparkasse Schwäbisch Hall, Crailsheimer Straße 52, 74520 Schwäbisch Hall, Fax (0791) 464446

(Vorschlag: Hermann Schweickert, Heidenheim - und nach ihm viele andere)

AM PRANGER: Bärbel Höhn, Ministerin für Umwelt und Natur-schutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen

In einem Faltblatt des Ministeriums wird die neue Agrarpoli-tik mit dem Spruch „Get up“ vorgestellt. Die regionale Ver-marktung heißt „Home Run“, die artgerechte Tierhaltung „Easy Going“. Gesundes Fleisch gibt es zur „Happy Hour“,

Obst und Gemüse als „Flower Power“. Und die Landwirte werden „Energiewirte“ und betreiben „Modern Art“. Warmherzige Werbung für die heimische Region, fürsorglicher Umgang mit Tieren und Planzen, aber kalte und verächtliche Behandlung der Muttersprache: Die Saure Sprachgurke für die grüne Ministerin!

Bärbel Höhn, Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Schwannstraße 3, 40476 Düsseldorf, Fax (0211) 4566388

(Vorschlag: Hans-Günther Lübke, Blomberg)

AM PRANGER: Peter Boide, Leiter der Herderschule Weimar

An seiner Schule hat er ein Begegnungszentrum für Weimarer Jugendliche eingerichtet. Name: „Herderpoint for kids“. Der Mann schaut in die Zukunft. So werden unsere Kinder der deutschen Sprache entwöhnt und die Grundlagen für die nächste PISA-Studie geschaffen.

Peter Boide, Leiter der Herderschule, Bonhoefferstraße 46, 99427 Weimar, Fax (03643) 418974

(Vorschlag: Edith Pohl, Göttingen)

»Herderpoint for Kids«

Aktion Protestbriefe an »Sprachhunzer«Neben dem „Sprachpanscher des Jahres“ wählen wir jeden Monat eine Person, Firma oder Einrichtung aus, die sich besonders schwer-wiegend an unserer Sprache ver-griffen hat. Dieser „Sprachhunzer des Monats“ soll massiert und konzentriert mit Protesten überzogen werden. Auf seinem Schreibtisch soll sich viel Papier türmen. Deshalb sind Briefe oder Faxe besser geeignet als elektronische Mitteilungen oder Anrufe. Sprechen Sie auch das Ver-kaufsperonal oder andere Mitarbei-ter persönlich an. Bitte massenhaft beteiligen! Es macht mehr Eindruck, wenn eine Firma 1000 Briefe erhält, als wenn bei 1000 Firmen jeweils nur einer protestiert. Und bitte daran denken: Witz und Spott wirken besser als Wut und wüste Beschimpfungen. Verzichten Sie auch auf Englisch oder Deng-lisch. Das verwenden die Empfänger gegen uns. Ein Spender, der nicht genannt sein will, hat dem VDS ein Preisgeld von jährlich 250 Euro für den witzigsten Protestbrief an einen „Sprachhunzer des Monats“ überlassen. Senden Sie Kopien an die Jury: G. Schrammen und H.-J. Grobe.

Schreiben Sie jeden Monat einen energischen Protestbrief an die genannten Verhunzer der deutschen Sprache. Benutzen Sie das in den beiden letzten Nummern unserer Zei-tung vorgestellte Aktionspaket für unterschiedliche Formen des Pro-tests. Es kann in der Zentrale ange-fordert werden. Gerd Schrammen dankt für die vielen Vorschläge, die ihn als Brief, Fax oder ePost erreicht haben. Weitere Ideen für den Sprachhunzer des Monats - mit Belegen - nimmt er gern entge-gen: Gerd Schrammen, Mohnstieg 5, 37077 Göttingen, Fax (0551) 2097285, [email protected].

JULI

am pranger

»Easy going: Home Run in die artgerechte Tierhaltung«

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s p r a c h n a c h r i c h t e nWWW.VDS-EV.DE . VEREIN DEUTSCHE SPRACHE . JUNI 2002 . NR. 28 aktionen.

Aktion „Unterschriften gegen Denglisch“: 100 000 Unterschriften haben wir schon gesammelt. Bis zur Bundestags-wahl wollen wir diese Zahl verdoppeln! Bitte die Liste, die dem letzten Heft der Spachnachrichen beilag, im Freundes- und Bekanntenkreis, und warum nicht auch unter wildfremden Leuten, herumrei-chen. Was einem dabei so alles zustößt, schildert unser Berliner Mitglied Harald Spruth.

Unterwegs im Mai, Protest-Unter-schriften gegen „Denglisch“ hereinzu-holen: Verehrte Anglo-Strangolierte! Sagt nicht, es sei leicht, alberne 48 Namenszüge zu ergattern. Hut ab vor denen, die‘s so nebenbei auf 200 oder mehr bringen. Von angesprochenen zehn Häuptern sagen ungefähr vier JA und zeichnen.

In meines Sohnes Fußballverein - wie man weiß, Ort nicht stets allerhöchstgepflegten Gedankenaus-tauschs - hast du dir von der soeben sprachkritisch umbuhlten Jungmutti um die 30 dann aber auch anzuhören, wie mir widerfahren: „Da müßte ich mich ja total umstellen!“, was ihre stringente, wie sie wohl meint, Absage umreißt. Nicht die so druckreif defizitäre Gedankenführung verleitet zum Wei-tergehen, eher ihr nunmehriges Basalt-gesicht, das kaum zu weiterer Akquise

lädt. Gegenteilig ist die Neuköllner Woolworth-Kassenmutti (#9) gepolt. Merkwürdige Zustimmung entfährt ihr, nachdem die Aktionsgrundaussage überfl ogen ist: „Geil!“, und während sie unterschreibt, bestärkt sie der meinungs-forschende Chronist: „Statt ‚Wow!‘ wenigstens ein deutsches Kompliment, oder?“ Lächeln zum Abschied, denn mit den jugendsprachlichen Bestand-teilen ihres Vokabulars wollen wir die immerhin Endvierzigerin einstweilen allein lassen.

Ganz heiß aber bei #15, dito Fußball-Jungmutti, welche - ganz nebenbei auf ihres Knaben Vornamen „Jason“ angesprochen - ausgezeichnet deutsch prononcierend vorbringt: „Ich stamme von Cheltenham. Es ist grauenhaft, wie viele Ausdrücke im Deutschen englisch sind. Peinlich, man kann das gar nicht ernst nehmen, wirklich ein Drama! Ich unterschreibe sofort!“

Ramona (#33), die junge Schlecker-Verkäuferin, ihre Paraphe binnen 15 Sekunden plazierend, ernst: „Eine gute Aktion! Es wird Zeit, daß da was geschieht.“ Ihr schmales, objektiv hübsches Antlitz verleiht ihrer Aussage nicht unbeträchtlichen Zusatzglanz.

Der absolut unerwartete Oberham-mer allerdings im Zentrum aller

H e i m w e r k e r -betriebe, Bau-haus, Berlin-Mari-enfelde: „Steckt da etwa Professor Krämer aus Dort-mund hinter?“ Die Antwort „Na, und ob!“ veran-laßte den Ge-s ch ä f t s f ü h r e r (#28), in Sekun-den seinen „Wil-helm“ (realiter: Heiko) zu For-mular zu brin-gen, ja, strahlend zu ergänzen: „Ich habe sämtliche seiner Bücher ge-lesen.“

Schließlich, so man sich am sichersten wähnt, folgt Enttäuschung oft auf dem Fuße: Fünf Damen einer r.-k. Kita gleichen Bezirks, allesamt dem „Meinungsforscher“ nebst Sohn bestens bekannt, lehnen kollektiv ab! Begründet doch Malgorzata, zu deutsch Margarete, charmant grinsende Schle-sierin polnischer Abkunft, ausdrücklich im Besitz deutchen Passes, glatt: „Je

blumiger eine Sprache..!“ Alles lacht befreit.

Eines begegnet dem Abfrager unter Garantie: Quer durch alle Kreise das Abbild unglaublicher Gespaltenheit in Sachen Sprachstellenwert an sich! Wer noch keinen Beruf hat - hier kann er als Soforteinsteiger zum hilfslinguistischen Erkenntnis-Rockefeller werden!

»Hilfslinguistische Erkenntnis-Rockefeller«

100 000 Unterschriften gegen Denglisch sind gesammelt, 200 000 sollen‘s bis zur Bundestags-wahl werden. Ein Bericht von der Protestfront.

Fleißige Sammelaktion: Überall in den Innenstädten sam-meln VDS-Mitglieder Unterschriften gegen Denglisch.

Unterschrift Nummer 100 000 kommt von Brigitte Linde-mann aus Bokeloh bei Hannover. „Ich ärgere mich seit langem über die vielen englischen Brocken, die ich täglich beim Einkau-fen lesen und hören muß“, sagt Frau Lindemann als Grund für ihre Unterschrift. „Wenn das so weitergeht, werden wir über kurz oder lang zu einem Volk von Nachäffern.“ Foto: Giebel

Überzeugungsarbeit: Quer durch alle Kreise zieht sich das Abbild unglaublicher Gespaltenheit in Sachen Sprachstellenwert.

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s p r a c h n a c h r i c h t e nNR. 2 . JUNI 2002 . VEREIN DEUTSCHE SPRACHE . WWW.VDS-EV.DE 9meinung.

Schön für uns, daß wir seit Mitte des letzten Jahrhunderts große Freiheiten genießen. Wir haben die Freiheit, in der ganzen Welt zu schauen, wo etwas besser gemacht wird, und wir haben die Freiheit, anderes nachzuahmen oder daraus für uns zu lernen.

Die englische Sprache mit ihren kurzen und prägnanten Wörtern und vor allem die selbstbewußte Kreativität der englisch Sprechenden kann man bewundern. Leider neigen wir dazu, nachzuahmen und nachzu-plappern, anstatt zu analysieren und daraus zu lernen. Bei uns, in den deutschsprachigen Ländern, gibt es wenig sprachliches Selbstbewußtsein und bedauerlicherweise auch keine Institution, die für die Weiterentwick-lung der Sprache verantwortlich ist. Wir übernehmen englische Wörter, auch wenn sie noch so fremd klingen und gar nicht in unsere Sprache passen. Wir übersetzen sie nicht und integrieren sie auch nicht mehr in unsere Sprache.

Dabei haben wir im Deutschen die wunderbare Möglichkeit, Wörter zusammenzusetzen, und so für alles Neue eine treffende Bezeichnung zu fi nden. Diese Wörter müssen aber unser Gefühl ansprechen, dürfen auch originell und witzig sein, und das gelingt nicht immer. Ein sehr praktisches Gerät ist z. B. der Anruf-beantworter. Für ein Gerät, das wir täglich benutzen, dessen Bezeichnung wir fast täglich aussprechen, ist

das Wort „Anrufbeantworter“ aber viel zu lang und zu umständlich. Zum Glück ist die amerikanische Bezeichnung „answering-service“ auch umständlich und lang, sonst hätten wir sie schon längst übernom-men. Meine Frau und ich verwenden das Wort „Band“. Wir sagen: „Spre-chen Sie bitte auf unser Band.“

Wenn wir heute übers Land fahren, sehen wir immer mehr „Windkraftan-lagen“. Dies ist die offi zielle Bezeich-nung. Wenn wir aber mit jemanden ein Gespräch darüber führen, werden wir als Laien kaum dieses lange Wort verwenden. Man spricht von Windmühlen, ist aber verunsichert, weil man weiß, daß es sich nicht um Mühlen handelt. So verwendet man das Wort „Windrad“ o. ä. Wir brau-chen jemanden, der diesen wichti-gen, in der Landschaft auffallenden Propellertürmen einen kurzen und wohlklingenden Namen gibt.

Wörter für ähnliche Dinge sollten auch vom Klang her unterscheidbar sein. Wie war es möglich, den zwei wichtigsten parlamentarischen Insti-tutionen Deutschlands zum Ver-wechseln ähnliche Namen zu geben: Bundestag und Bundesrat. Wenn ich das Wort Bundesrat höre, brauche ich heute noch einen Augenblick, um mir klarzumachen: „Halt! Hier wird nicht vom Bundestag gesprochen, sondern von der Länderkammer oder dem Länderrat.“ Wie sollen Ausländer dies unterscheiden kön-

nen? Es waren sicher ehrenwerte Leute, die im Jahre 1948 diese beiden Institutionen schufen, aber auf die sprachliche Seite achteten sie nicht!

Schon als Student habe ich mich über das Wort „Geschwindigkeit“ geärgert. In meinen Protokollen schrieb ich stets dafür das Wort „Schnelle“, weil es kurz ist und sein Klang zum Ausdruck bringt, was es bedeutet. Geschwindigkeit ist für mich ein konstruiertes Wort. Ähnlich könnte man für Echtheit „Echte“ sagen, wie man schon für Feuchtig-keit „Feuchte“ sagt.

Wir brauchen deshalb ein offi ziel-les oder halboffi zielles Gremium, z.B. einen Deutschen Sprachenrat oder eine Sprachakademie, welches diese Weiterentwicklung unserer Sprache antreibt. Die Aufgabe einer solchen Institution sollte es sein, unsere Sprache aus ihrer relativen Starre zu lösen, für Neues deutsche Bezeich-nungen zu finden und englische Wörter in unsere Sprache aufzuneh-men. Es müßten erfi nderische und mutige Damen und Herren darin mitarbeiten, neben Sprachwissen-schaftlern auch Künstler, Musiker, Psychologen, Werbefachleute und Journalisten.

Stellen Sie sich vor, die Firma Bahl-sen hätte das schöne Wort „Keks“ nicht aus dem englischen „cake“ abgeleitet und eingeführt, dann müßten wir heute noch „Bröseliges Kleingebäck“ dafür sagen.

Eberhard Schöck hat Vorschläge für eine schöpferisch-lebendige deutsche Sprache

Bröseliges Kleingebäck

Zusammen mit den USA und Großbritannien gehört Deutschland zu den drei Staaten, die am meisten ausländische Studenten anziehen. Momentan studieren 190 000 Ausländer an deutschen Hochschulen, und es werden immer mehr. Allein in den letzten sieben Jahren hat sich die Zahl um 50 000 erhöht. Die Bildungshungrigen aus aller Welt sind in Deutschland sehr willkom-men, weil durch sie sehr viele neue wirt-schaftliche, kulturelle und wissenschaftliche Auslandskontakte entstehen. Auf die Frage, was die Hochschulen in der Bundesrepublik so attraktiv macht, antwortet die Wirtschafts-studentin Tolgonay Kudaibergenowa aus Kir-gistan mit dem Hinweis „Das Niveau an deutschen Universitäten ist viel höher als in meiner Heimat!“. Vom russischen Infor-matikstudenten Sergei Kolewatow bekommt man erfreut die Antwort: „Hier gibt es keine Studiengebühren!“. (IMH)

Studienstandort Deutschland

Eindeutschungen sind nach Ansicht von Prof. Gisela Zifonun vom Institut für Deutsche Sprache (IDS) ein schlechtes Mittel gegen die Zunahme von Anglizismen in der deut-schen Sprache. Deutsche Varianten engli-scher Ausdrücke träfen nur in seltenen Fällen den gemeinten Sinn oder seien zu kompli-ziert. „Wenn man statt Raver Massentänzer sagt, hört sich das lächerlich an“, erklärte Zifonun. Insgesamt bewerte sie Anglizismen positiv, weil sie zu einem größeren Wort-reichtum der Sprache führten.

Eberhard Schöck ist VDS-Mitglied und erfolgreicher Unternehmer. Die von ihm begründete Eberhard-Schöck-Stiftung verleiht gemeinsam mit dem Verein Deutsche Sprache den „Kulturpreis Deutsche Sprache“.

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Münchener Handelsrichter haben den Pro-duktnamen „Nighteye“, mit dem ein deut-scher Lampenhersteller seine Leuchten an den Mann bzw. an die Frau zu bringen gedachte, aus dem Verkehr gezogen. Grund war allerdings nicht die englische Bezeich-nung, sondern die Verwechslungsgefahr mit einem Produkt namens „Nite Ize“ eines ame-rikanischen Konkurrenten. Wenn man beide Namen englisch ausspricht, hört es sich in einem Fall wie „nait-ais“ an und im anderen wie „nait-ai“. Die „Nighteye“-Leute müssen sich nach diesem Urteil nicht nur einen neuen Produktnamen suchen, sondern sie werden ihren „NiteIze“-Konkurrenten auch noch Schadenersatz bezahlen müssen. (Süddeutsche Zeitung vom 13. Mai 2002)

IDS-Professorin findet Anglizismen gut

Erleuchtung: Aus für Münchener »Nighteye«

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s p r a c h n a c h r i c h t e nWWW.VDS-EV.DE . VEREIN DEUTSCHE SPRACHE . JUNI 2002 . NR. 210 meinung.

Brauchen wir in Deutschland noch eine nationale Wissenschaftssprache, ja, wird für wissenschaftliche Zwecke überhaupt noch eine andere Sprache als das Englische benötigt? Meinungen dazu finden unter Wissenschaftlern, namentlich unter Naturwissenschaftlern, ein unterschiedliches Echo. Die einen mögen es gar nicht fassen, daß eine solch unbedarfte Frage überhaupt gestellt wird, während andere sich sofort und gerne an der Diskussion beteiligen, fast, als fühlten sie sich von einem Fragetabu befreit.

Tatsache ist: Die Frage wird nicht nur unter Geistes-, sondern auch unter Naturwissenschaftlern kontrovers beant-wortet. Zwar könnte man der These von der leichteren Verständigung unter Wissenschaftlern auf der Basis einer einzigen lingua franca - einer weltweit benutzten Verständigungssprache rela-tiv einfacher Struktur - ohne weiteres folgen. Aber dient sie nicht dazu, eine gewisse Sprachenfaulheit des offi ziellen Wissenschaftsbetriebs zu beschönigen?

Auch die These, die einzelnen Wissen-schaftler seien von „ihrer“ lingua franca vorbehaltlos überzeugt, ist weder stich-haltig noch soziolinguistisch überprüft. Das genaue Gegenteil hat kürzlich eine Umfrage von Haße und Fischer bei Hunderten deutschsprachiger Ärzte bewiesen [Dt. Ärzteblatt, Ausg. C, Heft 47 (2001), Seite 2438-2439]. Über 90 % wünschten sich internationale Kongresse in Deutschland zumindest zweisprachig. Genau diesen Vorschlag enthielt ein Offener Brief von Ende Juli 2001 mit den Unterschriften von fast 40 namhaften Naturwissenschaftlern und Medizinern an die Kultusminister der Bundesländer. Er ging auch an viele Mitwisser, wie die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung.

Die nur tröpfelnd eingetroffenen Ant-worten waren meist entweder beschwich-tigend, ausweichend oder ratlos. Der Diskurs über wissenschaftliche Erkennt-nisse in der Gesellschaft wird zwar gewünscht, doch über die Sprache, in der diskutiert werden soll, will die Politik

nicht mitbestimmen. Sie überläßt diese nichtwissenschaftliche Entscheidung den Wissenschaftlern und ihrer „Auto-nomie“, obwohl ihre Sprache nicht nur wissenschaftlichen, sondern auch gesellschaftlichen Zwecken dient.

Das Hauptproblem ist damit vorge-geben: Die deutsche Sprache verliert ihre Funktion (ebenso wie andere nicht-englische Kultursprachen) im hochrele-vanten Übergangsbereich zwischen der Gesamtheit der Wissenschaftler und anderen Bereichen der Gesellschaft. In

dieser Funktion geht es um ihre künftige Rolle als Sprachbrille für die Erfassung der natürlichen und kulturel-len Wirklichkeit, also nicht nur von

herauspräparierten Laborweisheiten oder Gedankenexperimenten. Für die Qualität von Sprache in diesem Übergangsbereich gelten auch Kriterien der inhaltlichen Vielschichtigkeit: ihre Funktion als Werkzeug des Denkens, der Findung neuer Erkenntnisse durch „Denkversuch und Irrtum“ und des gesellschaftlichen Bedarfs an kommunikatorischer Mehr-deutigkeit. Außerdem geht es um die Sicherung kultureller Identität eines Landes.

Selbst die Wissenschaftler benutzen ihre lingua franca ja nicht nur zur Kom-munikation und Information, sondern ganz egoistisch auch in einem ihre eigene Gemeinschaft stabilisierenden Sinn. Das Produkt wird allerdings verschleiernd „scientifi c community“ statt „Gemein-schaft der Wissenschaftler“ genannt. Durch solchen, beispielhaft unwissen-schaftlichen Gebrauch, eher Mißbrauch ihrer freien Sprache, „befreit“ sich die Gesamtheit der Wissenschaftler vom Rest der Gesellschaft. Das dient nicht dem Erkenntnisfortschritt, sondern hemmt ihn. Nicht nur die angewandte, sondern auch die Grundlagenforschung fi ndet neue Erkenntnisse nämlich nicht durch (kulturinvariantes) logisches Schließen, sondern durch Zufall, Ver-such und Irrtum und die Suche nach Antworten auf Fragen, die normale Menschen stellen. Durch die sprachliche

Ihre lingua franca „befreit“ die Wissenschaft nicht nur von Kommunikationsschranken, sondern auch aus ihrer gesellschaftlichen Verantwortung / Von Hermann H. Dieter

»Durch sprachliche Ausgrenzung kappt die scientifi c community ihre lebenswichtige Bin-dung an ihr gesell-schaftliches Umfeld und die Kultur, von der sie lebt.« Hermann H. Dieter

Warum noch eine Wissenschaftssprache Deutsch?

Modernste Technologien: Siemens-For-scher in Erlangen testen bei hohen Tem-peraturen die elektrischen Eigenschaften neuartiger Brennstoffzellen. Die (nicht englische) gesellschaftliche Information und Kommunikation in der Mutter- oder Landessprache über wichtige Zukunfts-fragen wird immer schwieriger und lückenhafter. Foto: Siemens.

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s p r a c h n a c h r i c h t e nNR. 2 . JUNI 2002 . VEREIN DEUTSCHE SPRACHE . WWW.VDS-EV.DE 11meinung.

Ausgrenzung dieses „Restes“ der Gesellschaft kappt die „scientific community“ ihre lebenswichtige Bindung an ihr gesellschaftlich-kulturelles Umfeld und die Kultur, von der sie lebt.

Heute verschwindet die „scienti-fic community“ allerdings nicht im Elfenbeinturm. Statt dessen verklumpt sie zur kommerziellen und kaum mehr demokratisch oder sach-lich zu steuernden Großforschung. So wird die (nichtenglische) gesell-schaftliche Information und Kom-munikation in der Mutter- oder Lan-dessprache über wichtige Zukunfts-fragen immer schwieriger und lückenhafter. Und wenn - wie bereits heute in Rußland - die demokratische Kontrolle der angewandten For-schung und deren interdisziplinär-fachliche Transparenz verloren gehen, dann schaffen es allmählich sogar wissenschaftlich blendende Scharlatane, un- bis blödsinnige Projekte von der Allgemeinheit bezahlt zu bekommen.

Die Wissenschaftler sollten sich schon im eigenen Interesse aus dieser Gemengelage nicht einfach durch einen sprachfaulen Rückzug in ihre lingua franca befreien. Denn keine leistungsfähige Wissenschaftsspra-che, auch nicht die englische, kann ihre erkenntnisgewinnende und -erklärende Funktion ohne den Rückgriff auf den Wortschatz und erklärende Bilder „ihrer“ Mutter-sprache ausfüllen. Unser aller Mutter- und Landessprache Deutsch ist nicht nur ein hochwertiges und komplexes Kulturprodukt, sondern auch ein ebenso komplexes „Sozial“produkt. Sie lebt nicht, sondern entsteht alle Tage neu. Sprecher der Alltagsspra-che sind wir alle. Nicht die Sprache kann sich selbst, sondern nur wir können sie und uns weiterbilden. Zur Zeit strotzt sie nur so von Mode-anglizismen. Selbst Politiker, die neu-erdings so gerne die Wichtigkeit des Deutschunterrichts betonen, lehnen es ab, ihr wichtige Schlüsselbegriffe anzuvertrauen. Headquarters oder power point müssen einfach schicker klingen als Wahlkampfl eitstelle und Steckdose.

Selbst ein „falsches Englisch im Deutschen“ scheint demnach ausdrucksstärker als gutes Deutsch. Ist es vor diesem Hintergrund erstaunlich, daß gerade Wissenschaft, Technik und Ökonomie die Zeichen der Zeit verstehen und lieber gleich auf richtiges Englisch setzen? Warum sollten sie noch eine Sprache benutzen, der gegenüber im Alltag sogar ein falsches Englisch vorge-zogen wird, um Modernität und Zukunftstüchtigkeit zu signalisie-ren? Die Akademie für Sprache und Dichtung vermißt in ihrem Memorandum vom Januar 2002 eine Bereitschaft zur Spracherneuerung und aktiven Entwicklung unserer Landessprache Deutsch. Die gegen-

seitige Wechselwirkung, ja Abstoßung zwischen der Alltagssprache einer Spaßgesellschaft und den ernsthaften Fachsprachen sieht sie nicht. Sie sieht nicht, wie eng die modische Anglisierung der deutschen Alltags-sprache, ihr schlechtes Image nach innen und außen, ihre vorgebliche Altbackenheit sowie der modische Abschied von Wissenschaft und Wirtschaft aus der deutschen Spra-che sich gegenseitig bedingen, ja verstärken.

Noch „bilden“ und tragen unsere Wissenschaftler einen Teil der kul-turellen Identität der Staaten Euro-pas und ihrer wissenschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit. Wenn dies so bleiben soll, dürfen sie sich nicht aus ihren Landessprachen verabschieden. Vor allem sollten sie ihre lingua franca nicht für gruppenegoistische Zwecke mißbrauchen. Sie sind gehal-ten, das Kulturgeschenk lingua franca zweckentsprechend zu nutzen und weiterzuentwickeln. Die Zwecke sind Information, Kommunikation, Gewinnung und Vermittlung neuer Erkenntnisse nach innen und außen sowie das Aufgreifen von Fragen aus dem sozialen Umfeld. All dies kann nur gelingen, wenn die lingua franca in den nationalen Wissenschafts-sprachen verwurzelt bleibt - nicht

nur im Interesse der Wissenschaft, sondern im Interesse der gesamten Gesellschaft und der sie jeweils tragenden Kultur.

Auch „die Wissenschaft“ ist Teil der Gesamtgesellschaft. Deshalb sollte, wer zur wissenschaftlichen Elite Europas gehören will, dies endlich auch dadurch beweisen, daß er oder sie mehr als nur zwei Spra-chen spricht. Und die Mutter- und Denksprache natürlich am besten. Wer sich allerdings, wie offenbar

unser Kulturstaatsminister Nida-Rümelin zuletzt am 24. Januar im Deutschen Bundestag, schon für fortschrittlich hält, wenn er „den Wissenschaftlern“ rät, doch „auch“ auf Englisch zu publizieren, der hat die Zeichen der Zeit immer noch nicht verstanden. Einen solchen Rat haben unsere Wissenschaftler wirklich nicht mehr nötig. Sie sind längst gezwungen, ihn auf „publish or perish“ („schreib oder stirb“) zu befolgen.

Nachdruck (leicht verändert) eines Textes aus dem Tagesspiegel (Berlin) vom 14.2.02, Seite 32.

Der Autor ist Toxikologe und Natur-wissenschaftler, 2. Vorsitzender des Vereins Deutsche Sprache (VDS) Berlin/Potsdam, Mitglied des Bundes-vorstandes des VDS.

Deutschkenntnisse in Hessen PflichtIn Hessen müssen Ausländerkinder als Voraussetzung für die Einschulung zunächst einen Deutschtest bestehen. So ein Plan von Ministerpräsident Koch (CDU). Das neue hessische Schulgesetz sehe vor, daß nur noch solche Kinder in die erste Klasse der Grundschule aufge-nommen würden, die ausreichend gut Deutsch sprächen, erklärte Koch.

Glas der Vernunft an Hilmar HoffmannDer Kasseler Bürgerpreis „Das Glas der Vernunft“ geht in diesem Jahr an den ehemaligen Präsidenten des Goethe-Instituts Hilmar Hoffmann. Hoffmann habe sich in besonderer Weise um Kultur und Gesellschaft verdient gemacht, hieß es bei der Bekanntgabe des Preisträgers am 22. Mai in Kassel. Der mit 10 000 Euro dotierte Preis wird seit elf Jahren an Menschen verliehen, die sich um Vernunft und Toleranz ver-dient gemacht haben. Der Preis soll am 29. September verliehen werden.

Deutschsprachige Presse in den USAIn den Vereinigten Staaten erscheinen rund dreihundert deutschsprachige Peri-odika. Darunter sind Zeitungen, Zeit-schriften, Mitteilungsblätter, Gemeinde-briefe oder Jahrbücher. Herausgegeben werden diese Druckmedien für deutsch-sprachige Geschäftsleute, Touristen aus Europa, Sprachschüler und natürlich für die zahlreichen Deutsch-Amerikaner. Die letzte Volkszählung ergab, dass in den Vereinigten Staaten zur Zeit rund 58 Millionen deutschstämmige Menschen leben. Mit einem Anteil von über 20 Prozent an der Gesamtbevölkerung stel-len sie die größte ethnische Gruppe in den USA dar. In einigen Bundesstaaten wie beispielsweise Wisconsin liegt ihr Anteil sogar bei über 50 Prozent. Jeder zehnte Deutsch-Amerikaner beherrscht und spricht heute auch noch Deutsch (insgesamt rund sechs Millionen Men-schen).Das deutsche Pressewesen in den Ver-einigten Staaten hat eine lange Tradi-tion. Kein geringerer als Benjamin Franklin gründete die erste deutschspra-chige Zeitung im Gebiet der heutigen USA. Seine „Philadelphische Zeitung“ erschien bereits 1732. Im 19. Jahr-hundert gab es rund 800 amerikani-sche Druckschriften in deutscher Spra-che. Unter den zahlreichen Heraus-gebern dieser Blätter waren berühmte Männer wie Abraham Lincoln oder Carl Schurz.Beim deutschen Büro der Internationa-len Medienhilfe (IMH) kann man eine Liste bestellen, die Informationen über die 20 wichtigsten der 300 noch existierenden deutschsprachigen US-Publikationen enthält. Kontaktadresse des deutschen IMH-Büros: [email protected].

meldungen

Staatsminister Julian Nida-Rümelin betonte in einem Anruf vom 18. Februar 2002 beim Autor dieses Aufsatzes, sein Rat habe sich selbstverständlich nur auf die Publikationspraxis in den Geisteswissenschaf-ten bezogen. Schon immer sei auch er für die Zweisprachigkeit inter-nationaler Konferenzen in Deutschland eingetreten. Es bleibt die Frage, warum er sich im Bundestag ausgerechnet anlässlich einer Debatte über die deutsche Sprache derartig missverständlich ausdrücken musste.

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s p r a c h n a c h r i c h t e nWWW.VDS-EV.DE . VEREIN DEUTSCHE SPRACHE . JUNI 2002 . NR. 212 bücher.

„Wir wollen diese Vermutung zur Vor-aussetzung erheben und außerdem die mit ihm nur scheinbar unverträgliche Voraussetzung einführen, daß sich das Licht im leeren Raum stets mit einer bestimmten, vom Bewegungszustande des emitierenden Körpers unabhängigen Geschwindigkeit V fortpflanzte“ (S. 314). Ein sicherlich nicht einfacher Satz. Er enthält allerdings Wörter, die uns allen geläufi g sind, z. B. „Vermutung“, „stets“ bzw. verständlich, nämlich als Neubildung, „Bewegungszustand“.

Sie werden verbunden zu einem Satz, der so nur in unserer Sprache möglich ist und der eine überzeugende Klarheit ausstrahlt. Folgerichtig war die Wirkung dieses Textes außergewöhnlich: Die „Relativitätstheorie“ Albert Einsteins revolutionierte mit der betroffenen Wissenschaft von der Physik auch viele andere Lebensbereiche. Das gilt gleichermaßen für die vielen Texte, die aus dem großen Kosmos deutscher Sprache ausgewählt und in diesem ansprechenden Band nun vorgelegt werden.

Gezeigt wird eine große Spanne, nämlich von der Frühzeit des Deutschen bis ins Jahr 1990. Darunter sind das Kommunistische Manifest, die Märchen der Brüder Grimm, die Traumdeutung Freuds, der Faust von Goethe und Thomas Mann - ingesamt sechzig Texte, alle versehen mit einer Erläuterung. Warum das? Diese Texte stehen doch in jeder Bibliothek. Eben: sie stehen! Denn seit der Verkündung einer Stunde Null in unserem geistigen und politischen

Leben teilt sich unsere Zeit in ein vor und nach 1945. Damit sind viele dieser Texte nur noch museal, und die Geschichte unseres Volkes erscheint nur noch als Vorlauf zu den zwölf schreck-lichen Jahren des Nationalsozialismus. Um dem zu entgehen, kann man sich von unserer Geschichte distanzieren, ja, man kann sie sogar ignorieren. Der Stunde Null zum Trotz kann man aber eine geschichtliche Bedingung nicht verlassen: die deutsche Sprache und ihre bedeutenden Texte. Oder doch? Ja, man wechselt in die Weltsprache Englisch. Aber auch dort trifft man auf die Auswirkungen dieser Texte, auf ihre Befassung und gewiß auch auf deren Bewunderung.

Und so wird, wer aufmerksam hinhört, schnell merken, daß das Eng-lische als Weltsprache zwar ein gutes Verständigungsmittel ist, aber daß es beileibe nicht den ganzen Vorrat

des globalen, also des Welt-Geistes darstellen kann. Das vermögen die großen Kul-tursprachen der Welt, die dieserhalb von ihren Natio-nen gepfl egt und gewürdigt werden. Nur wir Deutschen gehen restriktiv und verschämt mit diesem gros-sen Schatz in unserer Sprache um, was Menschen anderer Kultursprachen über-haupt nicht verstehen können.

Aber es ist wohl so, daß wir immer mal wieder daran erinnert werden müssen. Zuvor haben das beispielsweise H. v. Hofmannsthal mit dem „Deutschen Lesebuch“ oder W. Benjamin mit seiner Briefsammlung getan, zu Beginn dieses Jahrtausends nun Walter Krämer und Reiner Pogarell mit ihren 33 Mitstreitern. Es ist dies eine treffsichere Auswahl, sprechend und gut angelegt, engagiert erläutert - die Autorennamen hätten aller-

dings im Inhaltsverzeich-nis und in einem Register aufgeführt werden sollen. Natürlich wünscht man sich noch anderes und mehr (z. B. Hegel, Kafka oder Morgenstern), aber das zeigt, nur wie anre-gend die Idee ist und wie viele gute Texte in der Geschichte der deut-schen Sprache versam-melt wurden.

Aber was hat das mit der Zukunft des Deut-schen zu tun? Geschichte

ist nicht nur, ja, sogar weniger als man meint, Vergangen-heit, sie ist, bewahrt, ein Potential. Die Befassung mit ihr, gerade auch mit den Sprachtexten, eröffnet Zukunft. Und da wird es ganz deutlich, wie arm wir mit unserem „BSE“ (Bad Simple English) geworden sind. Ganz wörtlich: arm an Erneuerung, arm an Visionen, arm an Geist.

Was mit diesem Buch gemeint ist, wird deshalb gerade daran deutlich, wenn der Wirtschaftswissenschaftler Walter Krämer den Essay über die Verfertigung der Gedanken beim Reden des genialen Heinrich v. Kleist auf folgende Weise uns begreifl ich macht: Nur mit einem lebendigen, guten Deutsch gelingt uns auch eine gute Gestaltung unserer gesamten Lebensverhältnisse, von den sozialen bis zu den wirtschaftlichen. Es ist also ein Buch für alle, die die deutsche Sprache lieben, aber auch für die, die sie lieben könnten, wenn sie denn aus diesem Buch ersehen, wie schön und geistreich diese Sprache ist.

Prof. Dr. Ulrich KnoopWalter Krämer und Reiner Pogarell (Hrsg.) - Sternstunden der deutschen Sprache, Paderborn 2002 (IFB-Verlag), ISBN 3931263274, 430 S., EURO 24,90

Walter Krämer und Reiner Pogarell stellen 60 Stern-stunden der deutschen Sprache mit viel Liebe vor

Literarische Meisterwerke

Heinreich von Kleist: Genialer Redner.

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Aus der Erfahrung, daß sich alles von ihm Gedachte immer wieder zer-denken ließ, hat der Verfasser einen Standpunkt gewonnen („Ist etwas zu sagen? - An sich ist nichts zu sagen.“), von dem aus diese zunächst anstößige Erfahrung verständlich ist und alles bisherige Denken - zunachst nur das eigene Denken des Verfassers, dann aber auch das aller anderen - als naiv erscheint. Dieser Standpunkt ist zugleich eine neue und vielleicht letzte Stufe eines historischen Weges, der mit der friih-griechischen Philosophie (Vorsokratik) beginnt. Wahrend der Kern des Trac-tatus sozusagen ungegenstandlich ist, werden in den weiteren Ver-zweigungen alle klassischen Gegen-

stande des Denkens - Raum, Existenz, Begriff, Welt, Ding, subjektiv-objektiv, Ich, Moral u.a. - in der gehorigen Ordnung entwickelt und dargestellt. Warnung! Ein Leser, der an Wortge-bilde wie „kognitive Relevanz“, „taxonomische Interdependenz“ oder auch „basic relations“ gewohnt ist, wird bald an Entzugserscheinungen leiden.

Johannes Dornseiff - Tractatus Abso-lutus, Selbstaufklärung des Denkens, Verlag Frieling & Partner Berlin, 896 Seiten, EURO 29,00Johannes Dorn-seiff - Tractatus Absolutus, Selbst-aufklärung des Denkens, Verlag Fri-eling & Partner Berlin, 896 Seiten, EURO 29,00

»Tractatus Absolutus«Johannes Dornseiff: Selbstaufklärung des Denkens

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s p r a c h n a c h r i c h t e nNR. 2 . JUNI 2002 . VEREIN DEUTSCHE SPRACHE . WWW.VDS-EV.DE 13bücher.

Ein Ministerialbeamter blickt nach 40 Dienstjahren zurück. Aber das ist keine der bekannten langweiligen Lebensberichte von Pensionären, sondern eine ganz ungewöhnliche Zeitstudie über Beamte, Verwal-tungsapparate und Politiker in Kom-munen, Land und Bund, und für Freunde der deutschen Sprache vor allem deshalb interessant, weil man hier Sprache auch als Instrument der Herrschaft, der Verschleierung und der Unterdrückung vorgeführt bekommt.

Zentrales Thema sind die Erfah-rungen des Verfassers als Aufbau-

helfer im deutschen Osten. Seine Aufgabe, aus der KdF Bettenburg Prora auf Rügen ein Berufs- und Weiterbildungszentrum zu zimmern („Schwerter zu Pflugscharen“), entpuppt sich aber bald als reines Alibi. Die Presse schreibt: „Es geht der Landesregierung einzig darum, dem Bund ein riesiges Strandgrundstück weit unter Preis abzuluchsen, damit das Land die Spitzenimmobilie auf eigene Rech-nung versilbern kann.“

Als Boeger merkt, daß er im Osten nur den nützlichen Deppen abgibt... Aber lesen Sie selbst. Ich

möchte Sie warnen, bisweilen bleibt Ihnen das Lachen in der Kehle stecken.

Dies ist ein höchst lehrreiches und anspruchsvolles Buch über Deutschland und die Deutschen, das auch schon die Grundlage für ein Film-Drehbuch geliefert hat. Aber niemand will den Film bezahlen. Und für das Buch wird nicht gewor-ben. Wenn Sie es lesen, wissen Sie, warum. Renate Hanke

Wilhelm Boeger - Der Leihbeamte, Mitteldeutscher Verlag, Halle 1998, ISBN 3932776089, 237 Seiten, EURO 15,50

»Der Leihbeamte«Eine Zeitstudie über Beamte und ihren Apparat

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Wussten Sie schon, dass das erste deutsche Buch ein Wörterbuch war? Wussten Sie, dass es ein deutsch-sprachiges Buch war, das den Anstoß zur Gründung des Staates Israel gab? Und dass es ein deutschsprachiges Buch war, auf das sich die kommunistischen Herr-scher in aller Welt beriefen? Kennen Sie die Texte Wagners, Luthers oder Hesses nur vom Hörensagen? Haben Sie Lust, etwas mehr über die spannende Geschichte unserer Sprache zu erfahren? Eine faszinierende Reise durch die deutsche Sprachgeschichte in Lite-ratur, Technik, Philosophie, Musik, Religion und Politik erwartet Sie. Dieses Werk enthält eine einmalige und mitreißende Sammlung deutschsprachiger Texte vom Anfang der deutschen Sprachge-

schichte bis zur Gegenwart - anre-gend kommentiert und erläutert von 35 sachkundigen Autoren.„(...) eine treffsichere Auswahl, spre-chend und gut angelegt, engagiert erläutert (...) das zeigt nur wie anregend die Idee ist und wie viele gute Texte in der Geschichte der deutschen Sprache versammelt wurden.(...) Es ist dies also ein Buch für alle, die die deutsche Sprache lieben, aber auch für die, die sie lieben könnten, wenn sie denn aus diesem Buch ersehen, wie schön und geistreich diese Sprache ist.“ Prof. Dr. Ulrich Knoop

Walter Krämer und Reiner Pogarell (Hrsg.) - Sternstunden der deutschen Sprache, Paderborn 2002, ISBN 3-931263-27-4, 431 Seiten, Leinen gebunden, EURO 24,90

»Sternstunden der deutschen Sprache«

In dieser humorvollen und interes-santen aber dennoch wis-sen-schaftlich fundierten Abhandlung nimmt uns der Autor mit auf eine Reise durch die deutsche Sprachge-schichte mit all ihren Skurrilitäten. Anschaulich wird der Werdegang unserer Sprache und seine Ent-wicklung in der heutigen Zeit darge-stellt. Der Ausblick warnt vor dem starken Zunehmen unnötiger eng-lischer Ausdrücke, Anglizismen, in unserem täglichen Sprachgebrauch und gibt Beispiele für den Einsatz von Sprachaktivisten, die zu ver-schiedenen Zeiten den Ein-fluss von Fremdsprachen im Deutschen begrenzt haben. „Ich war hocherfreut, nun einen

sachlich fundierten Essay in den Händen zu halten, der speziell für die Diskussion in der Öffentlichkeit dem Anliegen unseres Vereins sehr förderlich ist.“ Prof. Dr. Armin Saam„Ich habe es ohne Unterbrechung gestern gelesen, es ist spannend wie ein Krimi und so lehrreich wie ein Fachbuch.“ Dipl. Ing. Gerhard Junker, Vorstandsmitglied VDS

Reiner Pogarell - „Sitzung“ oder „Meeting“?, Historische und aktuelle Fragestellungen zur Sprachreinigung in Deutschland, Vorwort von Prof. Dr. Walter Krämer, Paderborn 1998, IFB Verlag, ISBN 3-931263-10-X , 80 Seiten, Beiträge zur Betriebslin-guistik, EURO 7,50

»Sitzung oder Meeting«

„Der Autor entzaubert das tief eingewurzelte Dogma deutscher Marketingabteilungen, ihre Kunden liebten englischsprachige Wer-bung. Er läßt die Konsumenten selbst sprechen. Die lehnen mehr-heitlich ab, was den Werbeleuten lieb und teuer ist. Ob die Wahrneh-mung der Werber blinde Flecken hat oder die Käufer gezielt mani-puliert werden, reflektiert Gawlitta kritisch und hellt die Hintergründe auf. Eine komprimierte, leicht faßliche Hilfe für Marketingab-teilungen und alle anderen, die

hinter die Dinge schauen wollen!“ Tobias Quosdorf, Director of Strate-gic Planning and Market Research, Titan Corp., San Diego, Kalifornien„Was wir brauchen, sind Argu-mente (...) Und diese Argumente finden wir in diesem Buch.“ Walter Krämer, 1. Vorsitzender des VDS

Ludger Gawlitta - „Let‘s make things better“, Akzeptanz eng-lischsprachiger Werbeslogans, 2. Auflage, Paderborn 2001, ISBN 3-931263-14-2, 130 Seiten, EURO 24,50

»Let‘s make things better«

„Rund 3.500 englische (oder scheinbar englische) Begriffe haben die Verfasser zusammengetragen und schlagen dafür Eigenwörter oder bekannte Lehnwörter vor. Dabei bleiben sie mit ihren Zielset-zungen durchaus auf dem Boden der Wirklichkeit.“ Die deutsche Schrift„Dabei sind die Autoren durchaus nicht fatalistisch und belegen dies mit der Überschwemmung der deutschen Sprache mit französisch- en Wörtern [...] im 17. Jahrhun-dert.“ Dolomiten, Bozen„Das Wörterbuch von Pogarell und Schröder bietet Diskussionsstoff für Sprachliebhaber.“ Kölner Stadt-Anzeiger„[...] Von ‚abandon‘ bis ‚zoomen‘ findet sich all das aufgelistet, was sich aus dem englischen Sprach-raum in die deutsche Sprache ein-geschlichen hat - natürlich mit Vor-

schlägen, wie es sich im Deutschen viel schöner sagen lässt.“ Westfa-len-Blatt„Sprechen wir bald ‚denglisch‘? Die Sprachwissenschaftler Dr. Pogarell und Dr. Schröder wollen das verhin-dern. Sie schrieben das Wörterbuch überflüssiger Anglizismen.“ Bild-Zei-tung„Dabei gibt es die meisten Wörter, die lässig in die Diskussion gewor-fen werden, im Angelsächsischen nicht, wie Pogarell und Schröder in ihrem ‚Wörterbuch überflüssiger Anglizismen‘ beweisen.“ Nürnber-ger Nachrichten

Reiner Pogarell und Markus Schröder (Hrsg.) - „Wörterbuch überflüssiger Anglizismen“, 4. voll-kommen überarbeitete und erwei-terte Auflage, IFB Verlag, Paderborn 2001, ISBN 3-931263-11-8, 177 Seiten, EURO 10,20

»Wörterbuch überflüssiger Anglizismen«

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s p r a c h n a c h r i c h t e nWWW.VDS-EV.DE . VEREIN DEUTSCHE SPRACHE . JUNI 2002 . NR. 214 blick zurück.

Das Dunkel, das jenseits der Klassik herrscht, hat, wie fast alle Dichter des Barock, so auch Johann Michael Moscherosch (1601 bis 1669) ver-schluckt. Dabei war er lange Zeit berühmter als Grimmelshausen, der Autor des „Simplicissimus“. Er trat in Wil(1)staedt bei Kehl seine bewegte, mehrfach vom Dreißigjährigen Krieg durchkreuzte Lebensbahn an; der Geburtsort spendete ihm durch Umstellung der Buchstaben den zweiten Teil seines Pseudonyms: Philander von Sittewald. Seine geistige Prägung empfi ng er aus dem nahen Straßburg: durch die humanistische Gelehrsamkeit einer der angesehen-sten Schulen im damaligen deutschen Sprachraum und durch eine reiche literarische Tradition, mit Namen wie Brant, Murner und Fischart. Und wie sie tat sich auch Moscherosch vor allem als Satiriker hervor; seinem Hauptwerk, den „Gesichten Phi-landers von Sittewald“ (1640/43), ist das hier abgedruckte Gedicht entnommen.

Es enthält eine Anklage, eine Schelte, in jambischen Versen, die genau aufeinander abgestimmt sind. Stets folgt auf ein sich reimendes Paar mit unbetontem Ausgang eines mit betonten Schlüssen, und der Rhythmus beschleunigt sich, wie zu einem empörten Ausruf. Nur die mittlere Strophe macht hiervon mit ihrem vierfachen sanften Reim eine Ausnahme. Zum Schmähgedicht gehören keifende Klang- und Wort-wiederholungen. Die Strophen drei bis fünf sind voll davon: von der Neubildung „Misch Gemäsch“ bis zu dem Vers „Ihr böse Teutschen...“.

Der Rost der Jahrhunderte hat dem Vokabular zugesetzt. „Wälsch“ steht hier für das Italienische, und „voll“ für betrunken. Mit „Kragen“ bezeichnete noch Goethe den Hals. „Verkehren“ war gleichbedeutend mit entstellen, und „faule Fische“ dienten als Bild für Lügen oder Flausen. „Wäsch“ im Sinne von Gerede, ein „Hafen Käs“ für einen Topf Quark und „Gfräß“ für Mischmasch haben die Sprachmengerei zur Zielscheibe.

Der Schneider will besonders

fein sein und erweist sich als „grober Knoll“; der Knecht spricht Küchenlatein, und die Magd erhöht ihn zum „Hippocras“ („Herrscher der Rosse“). So das gewöhnliche Volk, das dafür die Peitsche verdient hat; den Regierenden hingegen (man lebt in einer Ständegesellschaft) naht man sich mit sanftem Tadel: „Ihr liebe Herren“.

Im siebzehnten Jahrhundert war das Deutsche von zwei Seiten her bedroht: durch die Universitäten, die lateinisch, und die Höfe, die französisch sprachen. Die aus diesen Quellen gespeiste Fremdwörterfl ut fand reichen Widerhall in der soge-nannten Alamode-Literatur, und die rief ihrerseits die Sprachgesellschaften auf den Plan, zu deren Programm die Reinerhaltung des Wortschatzes gehörte.

Moscherosch hat das „Gesicht“ (die Vision, die phantastische Satire), der das Schmähgedicht entstammt, „Alamode Kehraus“ genannt; er wurde bald darauf Mitglied der „Fruchtbringenden Gesellschaft“, der angesehensten Sprachschützer-vereinigung. Gleichwohl gibt seine Schelte nicht Schlichtweg seine Mei-nung wieder. Sie ist Teil einer Stand-pauke, die der „urdeutsche“ Herr-scher Ariovist als Prototyp vollmundi-gen Nationalbewußtseins dem wegen seiner Fremdtümelei angeklagten Philander hält. Der Ort im Ganzen der Satire rückt somit den Inhalt des Gedichts ins Zwielicht der Ironie. Und schon die Schelte selbst läßt wegen des kapuzinerpredigtartigen Tones an der Ernsthaftigkeit ihrer Botschaft zweifeln. Moscherosch konnte kein Freund der Sprachmen-gerei sein: Er war jedoch offenbar auch kein Freund eines allzu patrio-tisch gefärbten Purismus.

„Deutsche Gedichte in einem Band“. Hrsg. Hans Joachim Simm. Insel Verlag, Frankfurt am Main und Leipzig 2000. 1149 S., geb., EURO 18,80.

Der Autor Prof. Dr. Manfred Fuhrmann gehört zu den bekanntesten Altphilo-logen Deutschlands und ist Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Vereins Deutsche Sprache.

»Hafen Käs« und »Gfräß«: Zielscheibe Sprachmengerei

Das Thema Sprachverfall ist nicht jung, schon die Barockdichtung kannte es / Von Manfred Fuhrmann

»Sprachverderber«Johann Michael Moscherosch: Ein Barockdichter zum Sprachverfall

Fast jeder SchneiderWill jetzt und leiderDer Sprach erfahren seinUnd redt LateinWälsch und Französisch,Halb Japonesisch,Wann er ist doll und vollDer grobe Knoll.

Der Knecht MatthiesSpricht: bonae dies,Wann er guten Morgen sagtUnd grüßt die Magd;Die wendt den Kragen,Tut ihm Dank sagen,Spricht: Deo gratias,Herr Hippocras.

Ihr böse Teutschen.Man sollt euch peutschen,Daß ihr die MuttersprachSo wenig acht.Ihr liebe Herren,Das heißt nicht mehren,Die Sprach verkehrenUnd zerstören.

Ihr tut alles mischenMit faulen Fischen,Und macht __ Misch-GemäschEin wüste Wäsch,Ich muß es sagen,Mit Unmut klagen,Ein faulen Hafen Käs,Ein selzams Gfräß.

Wir hans verstandenMit Spott und Schanden,Wie man die Sprach verkehrtUnd ganz zerstört.Ihr böse Teutschen,Man sollt euch peutschen.In unserm Vatterland;Pfui dich der Schand!

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s p r a c h n a c h r i c h t e nNR. 2 . JUNI 2002 . VEREIN DEUTSCHE SPRACHE . WWW.VDS-EV.DE 15blick ins ausland.

Der Schweizer Nationalratsabgeord-nete Jean-Jacques Schwaab hat gemeinsam mit mehreren anderen im Nationalrat folgenden Antrag einge-reicht:

Ich ersuche den Bundesrat, die Maßnahmen zu ergreifen, die not-wendig sind, um die mißbräuchliche Verwendung von Anglizismen oder Amerikanismen in den Texten zu vermeiden, die in der Bundesverwal-tung und in den Unternehmungen des Bundes in den Landessprachen verfaßt werden.

Begründung: Niemand bestreitet heute, daß die Förderung der Mehrsprachigkeit und das Erlernen einer, zweier oder gar der drei anderen Landessprachen für den nationalen Zusammenhalt unabdingbar sind. Angesichts der wachsenden Bedeutung des Engli-schen als Sprache der internationalen Kommunikation ist es aber notwen-dig, auch diese Sprache zu erlernen.

Alle sind sich darin einig, daß es für das heutige Bildungswesen eine der Herausforderungen ist, diese beiden Forderungen unter einen Hut zu bringen. Das Problem ist um so schwieriger zu lösen, als das Englische bei den Jungen im ganzen Land heute viel populärer ist als die anderen Landessprachen, und zwar als Vehikel der angloamerikanischen Kultur, als universelle Sprache der Technik, aber auch als Kommunika-tionsmittel, das scheinbar einfacher zu lernen und zu verwenden ist und auf das man sogar im schweizerischen Dialog zwischen den Sprachgemein-schaften zurückgreift. Das Englische löst also tendenziell die Landesspra-chen im Dialog über die Sprachgren-zen hinweg ab. Diese Tendenz wird leider dadurch zusätzlich verstärkt, daß immer mehr englische Ausdrücke in den Landessprachen selbst auf-tauchen. Diese Ausdrücke ersetzen meist einzig aus Gründen der Mode deutsche, italienische, rätoromanische oder französische Ausdrücke und verdrängen diese mit der Zeit.

Die gegenseitige Beeinflussung von Sprachen, die nebeneinander existieren, ist sicher ein allgemeines Phänomen. Durch den gegenseitigen Austausch von Substantiven, Verben und ganzen Ausdrücken werden die Sprachen reicher. Solche Einfl üsse sind positiv, und man darf sie nicht unter dem Vorwand bekämpfen, man wolle die Bedeutung und die Reinheit

der Sprache unbedingt sicherstellen. Es geht also nicht darum, in allen deutschen, französischen oder italie-nischen Wörterbüchern alle Wörter englischen Ursprungs zu entfernen, auch wenn die Antwort „ok“ nicht mehr aussagt als „d‘accord“, „ein-verstanden“ oder „d‘accordo“. Das „excellent week-end“, das wir Wel-sche uns jeweils am Freitag wünschen, ist sicher nicht besser als das „bonne fi n de semaine“, das sich die Québe-cer im Bestreben, einen englischen Ausdruck zu vermeiden, wünschen. Die systematische Verwen-dung von englischen oder amerikanischen Ausdrücken trägt nichts zur Verständ-lichkeit geschriebener oder gesprochener Texte bei. Vielmehr verunstalten sie die Sprache, und manchmal verändern sie sogar den Sinn. Und dennoch verbrei-tet sich diese Praxis, die der französische Linguist René Etiemble seit langem anpran-gert, in der schriftlichen wie auch in der mündlichen Kom-munikation immer mehr. Sie erfaßt selbst die amtlichen Texte der Verwaltungen.

So streuen die vom Bund abhängigen Unternehmungen wie die Post, die Swisscom (deren Firmenname schon englisch oder amerikanisch angehaucht ist) und die SBB (bald Swissrail?), aber auch die ETH in ihren Mitteilungen, in ihrer Werbung und selbst in ihren längeren Texten immer mehr englische Ausdrücke ein. Diese sind nicht selten schlecht gewählt oder für wirklich Englisch-sprachige gar unverständlich.

So liest man auf der in den drei Amtssprachen und in Englisch abgefaßten Homepage der SBB in allen vier Versionen nur die Ausdrücke „newsletters“, „games“ und „open access“. Der Generaldi-rektor der Post und auch derjenige der Swisscom nennen sich, wie die Generaldirektoren der Großbanken, „CEO (Chief Executive Offi cer)“, eine Abkürzung, die vermeintlich viel Sexappeal zeigt. Bei der Swisscom nennt sich der Chef der Finanzabtei-lung „Team Leader Credit Manage-ment“ und der Leiter der Rechtsab-teilung „Team Leader Legal Collec-tion“.

Auch die Bundesverwaltung selbst erstellt nicht mehr Zusammenfas-

sungen oder Übersichten, sondern „executive summaries“ (so beispiels-weise das BFF, „Ausschaffungs-praxis, 2. Bericht der Abteilung Vollzugsunterstützung“, Sept. 2001) . Es gäbe noch zahlreiche Beispiele für die Tendenz, unsere Landessprachen, die unser kultureller Reichtum sind, zu verunstalten. Diese Tendenz kann nur deren Verdrängung durch eine verarmte Form von Sprache fördern, welche auf einem angloamerikani-schen Idiom basiert, das seinerseits jegliche Farbe verloren hat. Gewiß

kann man solche Praktiken nicht mit einem autoritären Federstrich unterbinden. Doch der Bund sollte seine Vorbildfunktion wahrnehmen und die von ihm abhängigen Unter-nehmungen dazu anhalten, wo immer möglich, das heißt, sooft ein Wort aus einer Fremdsprache für das Verständnis des ausgedrückten Sach-verhalts nicht unbedingt nötig ist, Wörter aus der eigenen Sprache zu verwenden.

In Kanada ist der Druck des Eng-lischen noch viel ausgeprägter als in Europa. Deshalb haben die Kana-dier nicht gezögert, eine Charta für die französische Sprache zu verabschieden. Diese hat nicht nur dazu beigetragen, den Gebrauch des Französischen in den französisch-sprachigen Gebieten Kanadas zu verstärken, sondern auch eine Art von Verunreinigung des Französischen durch englische Modeausdrücke zu verhindern. Der Bund könnte immerhin mit dem guten Beispiel vorangehen. „Just for fun“!

Fürs Sexappeal: Aus Direktoren werden »Chief Executive Officer«

Schweizer Nationalratsabgeordnete gegen Denglisch

Gegen »Spinster«Das Fakultätskollegium der Geistes- und Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien hat am 29. April 2002 den folgenden Brief an das Präsidium des Nationalrates sowie an das Bun-desministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur geschickt: „Mit aller Ent-schiedenheit spricht sich die Geistes- und Kulturwissenschaftliche Fakultät der Universität Wien erneut gegen die Verwendung der englischsprachigen Begriffe ‚Bachelor‘ und ‚Master‘ aus und verweist in dem Zusammenhang auf die ausführliche Stellungnahme, die sei-nerzeit bereits zum Entwurf für eine entsprechende Novellierung des Universitätsstudiengesetzes abgegeben wurde.. [...] Noch einmal wird darauf hingewiesen, daß ‚bachelor‘ die Grund-bedeutung ‚Junggeselle‘ hat und die weibliche Form dazu ‚spinster‘ (‚alte Jungfer‘) wäre. Die internationale Aner-kennung österreichischer Studienab-schlüsse ist gewiß nicht von der Ver-wendung englischsprachiger Bezeichnun-gen abhängig; die Bedeutung von ‚Bak-kalaurea, -us‘, ‚Magistra/Magister‘ und ‚Doktorin/Doktor‘ wird im Ausland auch ohne die Verwendung serviler Anglizis-men durchaus richtig verstanden.“

Studium auf DeutschDer Präsident der Hamburger Hoch-schule für Angewandte Wissenschaften (HAW), Hans-Gerhard Husung, und der Präsident der University of Shanghai for Science and Technology (USST), Chen Kangmin, haben im Mai ein Abkommen über die Einrichtung eines gemeinsamen deutschsprachigen Studiengangs Betriebswirtschaftslehre in Shanghai unterzeichnet. Ab Wintersemester 2002/2003 sollen dort 50 chinesische Studenten in deutscher Sprache mit dem Schwerpunkt Außenhandel ausgebildet werden.

Schweden: SprachratEine Untersuchungskommission des schwedischen Reichstags hat der Regie-rung die Einrichtung eines Sprachrates ‚Sveriges sprakrad‘ empfohlen. Dieser Sprachrat soll unter anderem die Verdrängung des Schwedischen durch das Englische in Wissenschaft und Wirtschaft bekämpfen. Die Kommison empfindet es als bedrohlich, daß im öffentlichen Leben Schwedens mehr und mehr nur ein verarmtes Englisch gespro-chen werde, welches die Mehrheit der Bevölkerung von der Teilnahme an eben-diesem öffentlichen Leben ausschließe. (FAZ vom 22. Mai 2002)

Rede in GälischDer bisherige Vorsitzende der Liberalen Fraktion, der Ire Patrick Cox, wurde zum neuen Präsidenten des Europäischen Par-lamentes gewählt. In seiner Eröffnungs-rede in Straßburg sprach Cox in seiner Muttersprache gälisch, um ein bewusstes Zeichen für die kulturelle Vielfalt Europas zu setzen.

meldungen

Antragsteller: Jean-Jacques Schwaab.

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s p r a c h n a c h r i c h t e nWWW.VDS-EV.DE . VEREIN DEUTSCHE SPRACHE . JUNI 2002 . NR. 216 zu guter letzt.

Impressum

Herausgeber:Verein Deutsche Sprache e.V.Postfach 10 41 28, 44041 DortmundTel. (0231) 79 48-520, Fax (0231) 79 48--521http://www.vds-ev.de, [email protected] Dortmund, Kto. 248 162 660 0, BLZ 441 600 14

Redaktionsleitung:Heiner Schäferhoff (V.i.S.d.P.)Stellvertretung: Renate Hanke

Produktion/Satz:Maximilian Kall, k²c²

Redaktion:Erika Braunshausen, Maria Fabian, Renate Hanke, Dieter Burkert

Gesamtprojektleitung: Heiner Schäferhoff, Allee 18, 59439 [email protected]

Druck: Lensing-Wolff Druck GmbH & Co, DortmundAuflage: 15.000

Bitte nur Berichte von überregionalem Inter-esse schicken! Wir müssen uns auch vorbe-halten, Texte redaktionell zu bearbeiten und insbesondere zu kürzen. Wir verwenden die Alte Rechtschreibung.

Schlußtermin für Anzeigen und redaktionelle Beiträge: 10.08.2002

Populärer deutscher Mannschaftsport. Wird auf Straßen (streetsoccer), in Hallen (indoor-soccer) und auf Rasenplätzen (lawn soccer) gespielt.Ein soccer-team besteht aus einem keeper (goalie), einem coach und playern. Pro match gibt es zwei teams, das team mit den meisten

goals ist der winner. Ein match dauert 90 Minuten, mit einem kurzen break bei half-time. Ist der score am Ende even, wird das match in overtime durch golden goal ent-schieden (ersatzweise auch durch shoot-out mittels penalties).Bei mehr als zwei teams gibt es ein tourna-

ment. Das bekannteste tournament ist der world cup. Der world cup besteht aus einer first round, den playoffs, den semifinals und dem final. Der winner des finals ist der world cup champignon.Aus: Modern Talking auf Deutsch, München 2001 (Piper Verlag).

»Der Kanzler kann den Braintrain nicht stoppen.« FDP-Vize Rainer Brüderle

Pattern-Matching im Multiprocessing-VerfahrenStellenangebot des „Instituts für deutsche Sprache“ (Mannheim): „Gesucht wird Mitarbeiter für folgende Aufgaben: Allgemeine Supervisorprobleme bei Frage- und Antwortprozessen, Parsing und Pattern-Matching über einer normalen Sprache und Multipro-cessing-Verfahren. Wir bieten die Möglichkeit zur Einarbeitung in eine very high level language aus dem Bereich Artificial Intel-

ligence.“ „Mehr trainieren“, meinte der Trainer der Basket-ballmannschaft ALBA Berlin nach einer Niederlage: „Ich bin very enttäuscht“, sagte er. „We need mehr Substanz und Qualität. We must fight to bring back the Zuschauer. Ich habe das Team the first time hier so gesehen, ohne Spirit und Einstellung - das ist gefährlich. Kämpferische Lei-stung war nicht in eine gute Level

für Euroleague.“ Die „Good-looking crowd“ beschrieb die bekannte Berliner PR-Fachfrau Alexandra von Rehlingen im Spiegel vom 6. Mai 2002: „Wenn die Top-Shows ihre Eröffnung als Event in Auftrag geben, dann organisieren wir die good-looking crowd... Die Leute wollen doch coverage und eine gewisse awareness, denn das bringt eine Menge mileage.“