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Sprach Verein Deutsche Sprache e. V. (VDS) www.vds-ev.de Ich spreche gern Deutsch nachrichten Nr. 49 / März 2011 • 1,80 € 2 Dirk Roßmann Unternehmer des Jahres 5 Die Sprachpaten des VDS 12 Rammstein: Deutsch rockt Amerika 13 VDS regelt den Verkehr 23 Lob für den Stromkonzern E.ON 26 Orden für Sprachpfleger Zum Mekong und zurück Seite 28 Foto: designritter / photocase.com Kulturpolitiker in Deutsch- land scheinen das als Lösung zu sehen – Englisch ab dem Kin- dergarten, bilingualer Unterricht, oder noch besser: alles ganz auf Englisch. Wir zeigen Wege, dieses kulturpolitische Desaster zu ver- hindern. Auch die Bedeutung des Deut- schen als Integrationshilfe ist ein Thema dieses Heftes. Wie wichtig ist ein guter Unterricht in Deutsch für Kinder aus Familien, in denen zuhause kein Deutsch gesprochen wird? Bei mehr als jedem zehnten Schüler deutscher Schulen ist das der Fall. Hier ist das Fach Deutsch der Schlüssel für eine erfolgreiche Integration und zugleich eine unab- dingbare Vorraussetzung für eine erfolgreiche berufliche Zukunft. Deshalb ist Deutschunterricht wichtig; in dieser Ausgabe unse- rer Sprachnachrichten wird es der Schwerpunkt sein. Die neue P ISA-Studie zeigt: Deutsche Schüler rechnen heute besser als vor fünf Jahren. Das ist erfreulich. Aber an der Beherrschung ihrer Sprache mangelt es, hier liegen sie im europä- ischen Vergleich zurück. Das ist nicht so schön. Diese Ausgabe der Sprachnachrich- ten geht den Gründen dafür nach. Wir sprechen mit dem Präsiden- ten des Deutschen Lehrerverban- des, Josef Kraus, über die Vernach- lässigung des Deutschen in den Lehrplänen unserer Schulen. Wir lassen uns von der Musikthera- peutin Bettina Ott erklären, wie Musik und Sprache sich gegensei- tig befruchten, und wie man das beim Lernen nutzen kann. Und wir setzen uns mit den Plänen aus- einander, in den Schulen ganz auf Deutsch zu verzichten. Manche Im Fettnäpfchen: Bundespräsident Christian Wulff Seite 7 Schlagzeile des Jahres gesucht Seite 11 © archer10 (Dennis)/flickr.com © EP Ref. Audiovisuelle Medien © Oshin Beveridge(SXC)

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SprachVerein Deutsche Sprache e. V. (VDS)www.vds-ev.deIch spreche gern Deutsch

nachrichtennr. 49 / März 2011 • 1,80 €

2 Dirk Roßmann Unternehmer des Jahres

5 Die Sprachpaten des VDS

12 Rammstein: Deutsch rockt Amerika

13 VDS regelt den Verkehr

23 Lob für den Stromkonzern E.ON

26 Orden für Sprachpfleger

Zum Mekongund zurück

Seite 28

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Kulturpolitiker in Deutsch-land scheinen das als Lösung zu sehen – Englisch ab dem Kin-dergarten, bilingualer Unterricht, oder noch besser: alles ganz auf Englisch. Wir zeigen Wege, dieses kulturpolitische Desaster zu ver-hindern.

Auch die Bedeutung des Deut-schen als Integrationshilfe ist ein Thema dieses Heftes. Wie wichtig ist ein guter Unterricht in Deutsch für Kinder aus Familien, in denen zuhause kein Deutsch gesprochen wird? Bei mehr als jedem zehnten Schüler deutscher Schulen ist das der Fall. Hier ist das Fach Deutsch der Schlüssel für eine erfolgreiche Integration und zugleich eine unab-dingbare Vorraussetzung für eine erfolgreiche berufliche Zukunft. Deshalb ist Deutschunterricht wichtig; in dieser Ausgabe unse-rer Sprachnachrichten wird es der Schwerpunkt sein.

Die neue PISA-Studie zeigt: Deutsche Schüler rechnen heute besser als vor fünf Jahren. Das ist erfreulich. Aber an der Beherrschung ihrer Sprache mangelt es, hier liegen sie im europä-ischen Vergleich zurück. Das ist nicht so schön.

Diese Ausgabe der Sprachnachrich-ten geht den Gründen dafür nach. Wir sprechen mit dem Präsiden-ten des Deutschen Lehrerverban-des, Josef Kraus, über die Vernach-lässigung des Deutschen in den Lehrplänen unserer Schulen. Wir lassen uns von der Musikthera-peutin Bettina Ott erklären, wie Musik und Sprache sich gegensei-tig befruchten, und wie man das beim Lernen nutzen kann. Und wir setzen uns mit den Plänen aus-einander, in den Schulen ganz auf Deutsch zu verzichten. Manche

Im Fettnäpfchen: Bundespräsident Christian Wulff

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Sprachnachrichten  Nr. 49 / März 2011

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Liebe Sprachfreunde,

es gibt Eltern, die sagen ihren Kindern: „Sei nicht so aggressiv, schlag nicht gleich los, versuch auch mal, den anderen zu verste-hen.“ Und dann erzählt derselbe Papa seinem Freund ganz stolz, was für ein toller Draufgän-ger und Raufbold doch sein Sprössling ist.

Wenn das der Spröss-ling mitbekommt, hat der Vater ein Problem: Das Kind wird verun-sichert, weiß nicht, was Sache ist und nimmt im Zweifelsfall die Vor-gaben der Eltern nicht mehr ernst.

In den Erziehungswissen-schaften gilt dergleichen Eltern-verhalten als ein großer Feh-ler. Aber unsere Gesellschaft als ganze begeht ihn Tag für Tag. Wir sagen unseren zugewanderten Mitbürgern: „Lernt Deutsch, das braucht ihr. Ohne Kenntnis der Landessprache könnt ihr bei uns nichts werden.“ Nicht ohne Grund ist das aktuelle Heft unserer Sprachnachrichten dem Thema Sprach- und speziell Deutsch-unterricht gewidmet. Und dann

muss der nach Deutschland zuge-reiste Zeitgenosse seine Brötchen im Back-Shop, seine Hosen im men’s wear department und sein Briefpapier bei McPaper kaufen. Und sollte er oder sie auch ein-

mal deutsches Radio hören wol-len (statt mit der Satellitenschüs-sel heimische Töne zu empfangen), ist Deutsch vermutlich die letzte Sprache, die man dort vernimmt. Die unterschwellige Botschaft dieser englischen Dauerberiese-lung ist: Deutsch ist in Deutsch-land nicht so wichtig. Vergiss das dumme Geschwätz der Politiker. Wenn du Türkisch und Englisch kannst (Arabisch und Englisch, Chinesisch und Englisch, Japa-nisch und Englisch), dann reicht das in Deutschland völlig aus.

Und es scheint ja auch tat-sächlich auszureichen. In mei-nem eigenen Arbeitsumfeld, der deutschen Universität, überbieten

sich die Hochschullehrer geradezu in ihrem Bemühen, ohne Deutsch zurechtzukommen, und auch in fast allen großen deutschen Unter-nehmen ist die Konzernsprache inzwischen nicht mehr Deutsch.

Auch beim Umherreisen im Lande kommt man ohne Deutsch prächtig zurecht.

Zwar hat die Deutsche Bahn AG ihre lächerli-chen Englisch-Durchsa-

gen vor jedem Provinzbahnhof inzwischen mangels Publikum weitgehend eingestellt. Aber dafür springen private Unternehmer in die Bresche.

Vielleicht erinnert sich der eine oder andere Leser der Sprachnachrichten noch an den Bericht unseres japanischen Ver-einsfreundes Professor Shini-chi Sambe, der neben perfektem Hochdeutsch noch den bairischen Dialekt besser als die meisten Münchener beherrscht, und der von einer Empfangsdame eines Hotels in Dresden unwirsch ange-fahren wurde, als er auf Deutsch sein Zimmer reklamieren wollte. In diesem Hotel würde Englisch

gesprochen, und sie, die Emp-fangsdame, lege großen Wert dar-auf.

Der Gesamteffekt all dieser Botschaften ist nichts anderes als verheerend: In welches Land von Schleimern bin ich hier geraten, fragt sich der Zugereiste unwill-kürlich und behandelt eine solche Unterwürfigkeitskultur genauso wie sie es verdient: mit Verach-tung und Verweigerung der Inte-gration.

Mit nachdenklichen Grüßen,   Ihr 

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Ende letzten Jahres wurde unser Vereinsfreund Dirk

Roßmann, Begründer und Chef der überaus erfolgreichen Dro-geriekette gleichen Namens, in der Alten Oper in Frankfurt am Main als „Unternehmer des Jah-res“ ausgezeichnet. Dass bei der

Preisverleihung von Entrepre-neur des Jahres die Rede war, schreiben wir den Veranstal-tern zu, die Mitarbeiterzeitung der Rossmann GmbH hat jeden-falls in ihrem Bericht über die Preisverleihung den „Entrepre-neur“ als „Unternehmer“ über-setzt. Herzlichen Glückwunsch von allen Sprachfreuden im VDS!

Den Wettbewerb gibt es seit 1996. Er wurde von der interna-tionalen Wirtschaftsprüferfirma Ernst und Young ins Leben geru-fen und wird zusammen mit dem Managermagazin und der Frank-furter Allgemeinen Zeitung aus-gerichtet. „Die Preisträger über-zeugten die Juroren nicht nur durch ihre Erfolge und Wachs-tumsraten, sondern auch durch ihre Risikobereitschaft und ihr gesellschaftliches Engagement,“ ließen die Organisatoren des Wettbewerbs wissen.

Neben Dirk Roßmann wur-den vier weitere mittelständische Unternehmer ausgezeichnet, dar-unter auch Claus Hipp, der Inha-ber des weltweit größten Herstel-lers von Baby-Nahrung. wk

Ihre Sprache halten die Deutschen für

das wichtigste Merk-mal ihrer Identität. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsenta-tive Umfrage des Mei-nungsforschungsinstituts Emnid für das Magazin Reader’s Digest (März-Ausgabe). Demnach ist für 43 Prozent der Menschen die deutsche Sprache das entscheidende Kriterium, gefolgt von der gemeinsa-men Geschichte (35 Pro-zent) und den gemeinsamen Wer-ten (14 Prozent). Nur drei Prozent der insgesamt 1.002 Befragten gaben an, für sie sei die Reli-gion besonders identitätsstiftend.

Allerdings gibt es Unter-schiede je nach Bildungsstand und Lebensmittelpunkt. Bei den formal gebildetsten Befragten gaben 28 Prozent an, ihnen seien die gemeinsamen Werte beson-ders wichtig. Hingegen waren nur acht Prozent der Personen mit Hauptschulabschluss dieser Meinung.

Ganz anders sahen das die Bürger der deutschsprachigen Nachbarländer. Eine ähnliche Umfrage in Österreich ergab, dass hier nur etwa 16 Prozent der Bürger die deutsche Sprache als das entscheidende Kriterium für das Nationalbewusstsein ansehen. In der Schweiz halten immerhin 22 Prozent die gemein-same deutsche Sprache für beson-ders prägend. SN

Die unterschwellige Botschaft: Deutsch ist in Deutschland nicht so wichtig.

Dirk Roßmann Unternehmer des Jahres

„Deutsch ist, wer Deutsch spricht“

VDS-Mitglied Dirk Roßmann als „Unternehmer des Jahres“ in der Alten Oper Frankfurt/Main   

Foto:  Rossmann GmbH

Sprachnachrichten  Nr. 49 / März 2011

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IM GESpRäch

Sprachnachrichten: Herr Kraus, Sie sind der gewählte Vertreter von über 150.000 Lehrern in Deutsch-land. Was machen Ihre Kollegen falsch?Josef Kraus: Schule kann nur so gut sein, wie die Rahmenbe-dingungen es zulassen. Zu diesen Rahmenbedingungen gehören Schulstrukturen, Lehrpläne, die Schulverwaltung, die Erwartun-gen der Gesellschaft an Schule, die familiären Umstände der Schü-ler, die Anstrengungsbereitschaft der Schüler, die Lehrerversorgung und anderes mehr.

Mit nicht allen diesen Rah-menbedingungen steht es so, dass ein optimales Unterrichten mög-lich ist. Manchmal wundere ich mich ohnehin, dass viele Schulen erheblich mehr leisten, als es die Rahmenbedingungen überhaupt zulassen.

SN: Was meinen Sie konkret?Josef Kraus: Vor allem sehe ich mit Sorge, dass Schulpolitik und Schulpädagogik in Deutschland immer wieder in die gleichen Fall-gruben stolpern.

Das ist zum einen die Egalitäts-Falle, das heißt die Ideologie, dass alle Menschen, Strukturen, Werte und Inhalte gleich bzw. gleich gültig seien. Das ist zum zwei-ten die Machbarkeits-Falle, der Wahn also, jeder könne zu allem begabt werden. Das ist zum drit-ten die Falle der Spaß-, Erleich-terungs- und Gefälligkeitspäd-agogik, die so tut, als gehe Bildung ohne Anstrengung. Da ist viertens die Quoten-Falle, also die schier planwirtschaftliche Ver-messenheit, es müssten möglichst alle das Abitur-Zeugnis bekom-men.

SN: Und bezogen auf die sprachli-che Bildung unseres Nachwuchses?Josef Kraus: Es wurde uns mutter- und landessprachli-che Bildung immer mehr herun-tergefahren. Die Mutter- und Lan-dessprache ist aber das A und O jeder Bildung. Allerdings gibt es hier krasse Fehlentwicklungen.

Ich nenne ein paar: die geringe Stundenausstattung des Faches Deutsch als Schulfach zwischen der ersten und zehnten Klasse: nur ganze 16 Prozent der Wochen-stunden (dagegen die Polen 22, die

Schweden 24, die Franzosen 26 und die Chinesen 26 Prozent); das Herunterfahren des curricular ausgewiesenen Grundwortschat-zes auf nur noch 700 Wörter akti-ven Wortschatzes am Ende der 4.  Grundschulklasse; die selbst in gymnasialen Klassenstufen oft nur üblichen drei Deutschstunden pro Woche; die mikrochirurgische Analyse kopierter Textauszüge; das Zustöpseln von Lückentex-ten anstelle des Verfassens von zusammenhängenden Antwor-ten; die Abschaffung eines Lektü-rekanons und die damit verbun-dene Preisgabe kultureller und geistiger Tradition. Schule muss dem dringend entgegen steuern.

SN: Sie sind selbst Chef eines Gym-nasiums mit 1.000 Schülern. Lernen die Schüler an Ihrer Schule ausrei-chend Deutsch?Josef Kraus: Wir stemmen uns gegen den Sprachverfall mit Maßnahmen der Leseför-derung. Dabei haben wir das große Glück, dass die örtliche Kreis- und Stadtbibliothek mit ihren rund 45.000 Bänden bei uns im Gymnasium angesiedelt ist und von mir als Schulleiter mitgeleitet wird. Unsere Schüler haben damit eine andere Nähe zum Buch.

Wir gehen die Möglichkeiten, die sich damit bieten, aktiv an. Zum Beispiel mit regelmäßigen Autorenlesungen. Zum Beispiel

mit Bücherkisten, die verbindlich in den Vertretungsstunden ein-gesetzt werden und in denen die Schüler Einträge in ein Leseta-gebuch vornehmen müssen. Zum Beispiel mit dem Projekt „freies Lesen“ in den gymnasialen Ein-gangsklassen; hier gehen die fünf-ten Klassen einmal in der Woche eine Unterrichtsstunde in die Bib-liothek, um sich unter Anleitung der Fachlehrer mit dem Buchsor-timent vertraut zu machen.

SN: In Ihrer jüngst erschienenen Streitschrift „Ist die Bildung noch zu retten?“ sprechen Sie von der

„selbstvergessenen Sprachnation“. Wie ist das zu verstehen?

Josef Kraus: Die Deutschen nei-gen ja dazu, ihre eigene Nation, ihre Geschichte und

ihre Kultur ständig über Bord zu schmeißen. Auch wenn der Gedanke etwas weit hergeholt scheint: Die Deutschen schaffen sich demographisch ab; siehe nied-rige Geburtenrate! Sie schaffen ihre weltweit anerkannten Bildungs-abschlüsse ab; siehe Bachelor und Master!

Und sie schaffen sich sprach-lich ab; siehe die Denglifizierung der deutschen Sprache. Selbst die Sprache der deutschen Pädagogik ist von einem denglischen Kau-derwelsch ohnegleichen verseucht.

Beispiele gefällig? Lehrer wer-den mitten in Deutschland an einer School of Education aus-gebildet. Oder man schaue sich an, was tagtäglich so durch die

Schulen wabert: Edutainment, Educ@tion, Learntec, didaktische Hyperlinks, knowledge-machines, Download-Wissen, Girls go Tec und anderer sprachlicher Schrott mehr.

SN: Was halten Sie davon, Sachfä-cher an Grundschulen und weiter-führenden Schulen auch auf Eng-lisch zu unterrichten?Josef Kraus: Wenig. Da steckt viel Romantik dahinter. Aber gut gemeint ist nicht immer gut. Ers-tens nämlich haben wir gar nicht die zahlenmäßig notwendigen Lehrer, die ein Sachfach, zum Bei-spiel Geschichte oder Geographie, gleichermaßen gut beherrschen wie eine moderne Fremdspra-che. Gewiss gibt es einige Lehrer, die die Lehrbefähigung beispiels-weise für Englisch und Geschichte haben, wir haben aber nahezu keine Lehrer, die die Fakultas für eine Fremdsprache und eine Naturwissenschaft haben.

Zweitens befürchte ich, dass dieser vermeintlich bilinguale Unterricht auf eine zweifache Halbbildung hinausläuft. Damit Schüler  – vor allem jüngeren Alters – überhaupt etwas verste-hen und aus dem Unterricht mit-nehmen, müssen das Sachfach und das fremdsprachliche Niveau auf ein einfaches Niveau herun-tergeschraubt werden. Damit ist weder dem Sachfach noch der Fremdsprache gedient.

SN: Was ist Ihrer Meinung nach die dringendste Reform im deutschen Bildungswesen?Josef Kraus: Mal keine Reform, das wär doch mal 'ne Reform! Ich meine das ernst. Denn unsere Schulen wurden in den vergange-nen Jahren von einem Durchlauf-erhitzer in den nächsten gejagt. Die Schulen brauchen endlich mal eine Zeit zur Konsolidierung.

Wir brauchen eine Wiederbele-bung des Leistungsprinzips und eine Renaissance des konkreten Wissens und Könnens. Die der-zeit grassierende hohle Kompe-tenzenpädagogik bringt unmün-dige junge Leute hervor, die zwar downloaden und die Enter-Taste zu einer Power-Point-Präsentation bedienen können, ansonsten aber bald alles glauben müssen, weil sie nichts mehr wissen.

Die Fragen stellte Walter Krämer.

„Wir brauchen eine Renaissance des konkreten Wissens und Könnens.“

Josef Kraus kennt sich gut im deutschen Schulsystem aus. Seit 1987 ist er Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, dem über 150.000 Lehrer angehören. Er leitet das Maximilian-von-Montgelas-Gymnasium bei Landshut und unterrichtet dort Deutsch und Sport. In mehreren Büchern hat er die Mängel des deutschen Bildungssy-stems kritisiert: „Spaßpädago-gik – Sackgassen deutscher Schulpolitik“ (1998), „Der PISA-Schwindel – Unsere Kinder sind besser als ihr Ruf“ (2005) und „Ist die Bildung noch zu retten? – Eine Streit-schrift“ (2009).     Foto: Schönberger

Josef Kraus (Deutscher Lehrerverband)

Das A und O der Bildung

Sprachnachrichten  Nr. 49 / März 2011

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Von Hans Jürgen Lietz

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„Bilingualer Unterricht ist ein Vorratslernen für die Auswanderung junger Akademiker in ein anglophones Ausland.“

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„Der humanistisch gebildete Mensch“, so sagte mir der Bür-germeister von Hannover, „ver-steht unter bilingualem Unter-richt einen Unterricht in zwei Sprachen, das ist doch ganz klar!“ und denkt dabei nichts Arges, denn Fremdsprachen werden in der Schule üblicherweise so gelehrt. Leider ist diese landläu-fige Ansicht falsch!

Denn immer mehr Schulen in Deutschland verstehen darunter etwas ganz anderes: „Englisch bilingual, Englisch als Arbeits-sprache und bilingualer Sachfach-unterricht Englisch sind Begriffe, die verwendet werden, um Schul-programme zu bezeichnen, die das Ziel verfolgen, Englisch auch außerhalb(!) sprachlicher Schul-fächer als Unterrichts- oder Arbeitssprache zu verwenden.“ (In: Zentrale Befunde der Stu-die „Deutsch-Englische-Schüler-leistung-International (DESI)“, Seite 58, „Deutsches für interna-tionale pädagogische Forschung“.

Mit dieser Verharmlosung wird in der Öffentlichkeit und bei den Eltern Politik gemacht. Und es heißt dort weiter: „An über 150 Schulen in der gesam-ten Bundesrepublik wird inzwi-schen Englisch als Unterrichts-sprache in Fächern wie Geschichte, Geographie, Politik, Biologie oder auch Kunst und Sport verwendet.“ Diese Studie stammt aus dem Jahre 2006 und man kann vermuten, dass es nicht bei 150 Schu-len bundesweit geblie-ben ist, allein schon in Niedersachsen gibt es, wie im niedersächsi-schen Bildungsser-ver nachzulesen ist, bereits 190 Schulen mit bilingua-lem Englisch-Angebot. Also statt der Fachsprache Deutsch, wird inzwischen in den traditionellen Schulfächern englisch gesprochen.

Als Nachweis für die Richtig-keit des „bilingualen Unterrichts“ nennt die DESI-Studie zunächst die scheinbare Beliebtheit die-ses Unterrichtskonzeptes. Wer lange genug den Schulbetrieb erlebt hat, weiß, wie euphorisch die Mengenlehre, der differen-zierte Unterricht, die Ganzwort-methode, das Multimediakonzept, die Sprachlabore, die Orientie-rungsstufe (gemeinsames Lernen in der 5. und 6. Klasse) gefeiert wurden. Diese Schulexperimente haben den Steuerzahler Millionen gekostet – sie waren alle erfolglos und heute spricht kein Bildungs-politiker gern darüber.

Die DESI-Studie soll nun die Einführung des bilingualen

Unterrichts rechtfertigen. Dem-nach wird in den Klassen 5 und 6 der „Stundenanteil des Englisch-unterrichts um jeweils eine bis zwei Stunden zusätzlich zu den üblichen vier bis fünf Stunden erhöht, und der Einstieg in das Sachfach wird durch eine weitere zusätzliche Unterrichtsstunde in der siebenten bzw. achten Klasse erleichtert“.

Nicht problematisiert wird, woher diese zusätzlichen 3 Stun-den aus der Stundentafel von 34 Wochenstunden kommen sol-len. Wenn der Schultag von 6 bis 8 Stunden je Tag und Kind nicht verlängert werden soll, dann bleibt nur noch die Möglichkeit, in einem Fach zwei Stunden zu

kürzen. Natürlich wird im Fach Deutsch gekürzt, weil die Kinder Deutsch aus der Sicht der Fremd-sprachenlehrer ja ohnehin schon können.

Eine zweite Form des bilingu-alen Unterrichts hat sich in neu-erer Zeit entwickelt. Hier wird die Fremdsprache (zu 95 Prozent Englisch) ohne Vorlauf für zeitlich begrenzte Unterrichtsphasen und Themenbereiche in verschiedenen Sachfächern verwendet (DESI-Studie, S. 58). Die Lehrer unter-richten in ihrem Fach also ein-fach drauf los – wissenschaftlich begründet wird hier nichts.

Der „bilinguale Sachfachun-terricht in englisch“ soll über die

„Sachfächer in der Muttersprache hinausgehen und sich für neue Inhalte (genauer: Schulfächer in Englisch) öffnen. „Multikultu-ralität“ soll hier vermittelt wer-den. Multikulturalität heißt hier

nichts anderes als Eng-lisch, weil die Schüler sonst in keiner ande-ren Fremdsprache Kom-petenzen für den Fachun-terricht haben. Aber damit nicht genug. Die Begründung, warum die Fremdsprache Englisch ein-geführt werden soll, ist die Forde-rung, dass das „Sachfach über die Inhalte der Muttersprache hinaus-gehen“ soll. Die Inhalte der Mut-tersprache sind keine anderen als die Inhalte in einer Fremdspra-che. Es wird so getan, als ob die Inhalte durch eine andere Spra-che einen höheren Wert erhielten. Eine englische Biologie, Mathema-tik oder Physik gibt es nicht. Statt dessen vermittelt der bilinguale

Unterricht den Ein-druck, dass man mit Englisch zu höheren Inhalten käme als in der Muttersprache. Damit prägt sich der negative Eindruck bei den Schülern ein, die deutsche Mutter-

sprache sei etwas Minderwertiges.Bilingualer Unterricht ist kein

Fachlernen im üblichen Sinne, um die Fachkompetenz zu erhöhen. Das Fach wird im Wesentlichen dazu benutzt, die Sprachkompe-tenz im Englischen zu erhöhen. Es steht aber auch nicht die kultu-relle Kommunikation im Vorder-grund. Es geht allein darum, die schon muttersprachlich vorhan-denen Kompetenzen eines Faches (Biologie, Mathematik, Sport, Geschichte usw.) in der Zielspra-che auf ein kommunizierbares Niveau zu heben.

Es sollen zum Beispiel in der 5. Klasse die Flora und Fauna in einem Feuchtbiotop auf Eng-lisch dargestellt werden können. Es sollen die Vorgänge im Mit-telohr in der 7. Klasse auf Eng-lisch dargestellt werden können. Oder in der 12. Klasse soll das Wort „Blutgerinnungsfaktor“ auf

Englisch genannt werden kön-nen. So sind auch die Lehrbücher für bilingualen Unterricht aufge-baut. Das, was großartig „multi-kulturelles Lernziel“ alias „Multi-kulturalismus“ genannt wird, ist in Wirklichkeit ein Lernziel zur

„Umbenennung der deutschen Fachbegriffe“, die sich als Schul-programm zur Disqualifizierung der deutschen Sprache entpuppt.

Die Schulbuchverlage sehen hierin natürlich eine neue Profit-quelle und beteiligen sich eifrig an der Umbenennung. Fachlich ent-steht nichts Neues, es handelt sich nur um eine Umbenennung der Fachbegriffe in eine andere Spra-che zum Schaden des Deutschen. So verlernen die Schüler die deut-schen Fachbegriffe.

Das, was in den Lernzielen des Kultusministeriums zum bilingu-alen Unterricht als hehres Lern-ziel propagiert wird, nämlich interkulturelle Kompetenz zu stärken, ist definitiv falsch. Nicht die Kultur eines anderen Landes steht im Vordergrund, sondern die materielle Benennung der Dinge in sehr speziellen Fachge-bieten eines fremden Landes in einer ganz bestimmten Sprache. Es geht also um die Umbenen-nung der Dinge, um eine steuer-finanzierte anglophone Nomen-klatur. Bilingualer Unterricht ist ein Vorratslernen für die Auswan-derung junger Akademiker in ein anglophones Ausland. Wie lange sollen sich deutsche Steuerzahler solchen Betrug noch gefallen las-sen? Der Re-Import schulischen Fachwissens in einer anderen Verpackung verfehlt das Lernziel, die Fachkompetenz zu erweitern. Die Schüler werden nicht zu For-schern, sondern zu Wiederkäuern erzogen.

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DEuTSchuNTERRIchT

Bernstein-hypothese  oder  Defi zit-Hypothese: entwickelte 1958 der Lin-guist  Basil  Bernstein.  Demnach  ver-wenden die sozialen Schichten einer Sprachgemeinschaft  unterschiedli-che Varianten einer Einheitssprache. Die Mittel- und Oberschicht bedienen sich des elaborierten, die Unterschicht des  restringierten  Kodes.  Sprecher eines  restringierten  Kodes  können in allen Situationen kommunikative Schwerigkeiten haben, in denen eine allgemeinverständliche  Ausdrucks-weise  erwartet  wird.  Das  führe  u. a. zu  besseren  Schulerfolgen  der  Kin-der gehobener Schichten und damit zu besseren berufl ichen, sozialen und wirtschaftlichen Chancen. Die Sprach-wissenschaft bewertet solche sprach-lichen Schichtenunterschiede heute nicht als Defi zite.

Deutsch als Zweitsprache  (Abk. DaZ):  Im  Gegensatz  zu  Deutsch  als Fremdsprache bezeichnet DaZ Kennt-nisse des Deutschen von in Deutsch-land  lebenden  Sprechern  anderer Muttersprache.  Viele  erlernen  DaZ durch ungesteuerten Spracherwerb im Alltag. Universitäten haben in den 1980er  Jahren  Fachgebiete  zur  sog. Ausländerpädagogik eingerichtet. 

Immersionsunterricht (von  lat. immersion –  Eintauchen):  Unter-richtsmethode, bei der Kinder   den Lernstoff   in einem fremdsprachigen Umfeld lernen. Dabei sollen die Schü-ler neben dem Fachunterricht die eng-lische Sprache quasi nebenbei erler-nen. Statt der deutschen gebrauchen sie  im jeweiligen Fach dann die eng-lischen Fachbegriff e.  In vielen mehr-sprachigen Kulturen gehört der Spra-cherwerb  durch  Immersion  zum Schulalltag.  In  Deutschland  steigt die Nachfrage seitens der Eltern nach englischsprachigem  Immersionsun-terricht seit einigen Jahren stark. 

kiezdeutsch: Jugendsprachliche Varietät des Deutschen vor allem in den Ballungsräumen, wo Menschen unterschiedlicher Herkunftssprachen zusammenleben. Merkmale sind Ein-fl üsse aus andere Sprachen, zum Bei-spiel aus dem Türkischen:  lan (= Typ, Kerl), grammatische Vereinfachungen und Satzumstellungen, zum Beispiel: Morgen ich geh Kino.

S N -S C H W E R P U N K T WÖ R T E R B U C H

Ferhan (11) und seine Schwester Azize (9) leben

in Dortmund, sind hier geboren, besuchen die Albrecht-Brink-mann-Schule im Norden der Stadt. Beide sind einmal sitzen-geblieben. Nun hat es zu Hause Ärger gegeben, denn die Früh-jahrszeugnisse belegen: die Ver-setzung ist erneut gefährdet. Die Mutter schimpfte – auf Türkisch.

Azize und Ferhan sprechen eine Variante des Deutschen, wel-che die Sprachwissenschaftlerin Heike Wiese Kiezdeutsch nennt. Sätze wie „Das mein Schule.“ und

„Musstu hier anhalten.“ hält die Potsdamer Professorin nicht für gebrochenes Deutsch, sondern für einen städtischen Dialekt, der systematische Besonderhei-ten in Aussprache, Wortwahl und Grammatik aufweist. Ähnliche Jugendsprachen gebe es auch in anderen Ländern, schreibt Wiese auf ihrer Internetseite (www.kiezdeutsch.de).

Für den Schulunterricht rei-chen diese Deutschkenntnisse nicht aus. Ferhan und Azize etwa können nur unter großen Schwierigkeiten lesen. Zäh buch-stabieren sie jedes Wort, verstan-den haben sie den Text danach nicht. Entsprechend lückenhaft ist die Grammatik ihrer Alltags-sprache. Ein Blick auf das Zeug-nis von Azize und Ferhan zeigt, dass die Sprachschwierigkeiten die Ursache für schlechte Noten in den meisten übrigen Fächern sind. In Klassen, in denen die Hälfte der Schüler aus Familien ohne Deutsch als Hauptsprache stammt, geht das vielen so.

Sicherlich fehlt diesen Schü-lern nicht der Wille, Deutsch zu lernen. Aber sie sind in einem Alter, in dem sie eine sprachli-

che Identität entwickeln, und sie gelten ihr ganzes Leben lang als sprachlich Halbgebildete, wenn sie ihre Deutschkenntnisse nicht heute verbessern können.

Die sprachliche integration von Zuwanderern war in Deutschland jahrzehntelang kein thema. Nie-mand kam auf die Idee, den

„Gastarbeitern“ der 60er und 70er Jahre, Deutsch beizubrin-gen. Deswegen gehören das Ita-lienisch der Pizzeriabesitzer und die gebrochen Deutsch spre-chende Putzfrau aus der Tür-kei heute zu den gängigen Vor-urteilen unserer Gesellschaft. Nur langsam verändert sich die-ses Bild: So zeigt der in Gelsen-kirchen geborene Fußballspieler Mesut Özil, dass Türkischstäm-mige akzentfrei deutsch sprechen, wenn sie gefördert werden. Die erste Generation Einwan-derer hat kaum angeleiteten Deutschunterricht genossen. Erst in den 1980er Jahren haben Universitäten das Fach Deutsch als Zweitsprache eingerichtet. Mitte der 90er Jahre besuchten vor allem Aussiedler aus den GUS-Staaten Deutschkurse.

Zwanzig Jahre später, 2006, lud die Bundesregierung zum ersten „Integrationsgipfel“ ein, um nachzuholen, was „in dreißig Jahren versäumt worden ist“, – so kündigte Bundeskanzlerin

Merkel an. Aber auch nach dem 4. Treffen der 120 Vertreter aus Politik und Gesellschaft ist die Zahl der Schulabbrecher unter Migrantenkindern verglichen mit muttersprachlich deutschen Kindern kaum zurückgegangen. Die Neuauflage der PISA-Stu-die im Dezember zeigte, dass es nach wie vor an Fördermaßnah-men mangelt – gerade bei den Sprachkenntnissen.

Nun warten Bürger nicht mehr auf die Politik, sondern handeln selbst. Sie geben Nach-hilfestunden, organisieren Vorle-segruppen und vermitteln Paten-schaften. In vielen Städten gibt es den Verein „Mentor – Die Lese-lernhelfer“. Sein Ziel: „Jedes Kind soll, unabhängig von seiner kul-turellen und sozialen Herkunft, eine Chance auf gesellschaftliche Teilhabe erlangen.“ Dazu betreut ein erwachsener „Mentor“ min-destens sechs Monate jeweils ein Kind.

Der VDS beteiligt sich der-zeit mit mehreren Förderpro-jekten. In Hamburg haben Ros-witha und Max Behland in drei Jahren zehn Kinder aus Zuwan-dererfamilien in Grammatik, im Lesen und im freien Sprechen unterrichtet. Einer ihrer Schütz-linge hat es kürzlich bei einem Lesewettbewerb auf den 2. Platz geschafft. In Regensburg gehen VDS-Ehrenamtliche um Rosema-rie Aumüller einmal wöchentlich zum Vorlesen in Kindertagesstät-ten. In Dortmund arbeiten Mitar-beiter des VDS mit fi nanzieller Unterstützung des Rotary-Clubs Inner Wheel Dortmund Hörde seit einem Jahr als Lesepaten mit der „Werkstadt Solidarität“ zusammen, einem sozialen Trä-ger, der Kinder und Jugendli-che betreut. Die VDS-Mitarbei-ter entwickeln Lehrkonzepte und Unterrichtsvorschläge als Leit-faden für den ehrenamtlichen Deutschunterricht.

Für Ferhan und Azize, die die Dortmunder Lesepaten-Gruppe besuchen, ist es ein guter Anfang, um einen guten Schulabschluss zu machen, ohne sprachlich im Nachteil zu sein. hok

Der VDS betreut mehrere Lesepatenprojekte. Hier VDS-Mitarbeiterin Stephanie Wichert beim Nachilfeunterricht in der Dortmunder Gruppe.                         Foto: Klatte

Die Sprachpaten des VDS

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Sprachnachrichten  Nr. 49 / März 2011

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Lernen in der Sprachlosigkeit Von Bettina Ott

Sprachlos? In einer Welt des ständigen sich Mitteilens mit Tausenden SMS und Mails pro Tag, im Zeitalter von Twitter und Facebook? Wir kommunizieren zwar mehr denn je, haben aber nicht mehr zu sagen.

In der Bildung sieht es nicht anders aus. Wir setzen auf Themenquantität und Zeitvo-

lumen ohne auf Effizienz in der Informationsvermittlung zu ach-ten. Folglich kann bei derzeitiger Unterrichtsstrategie im Umfang des täglichen Schulstundenpro-gramms nur ein Bruchteil dessen ankommen, was vermittelt wer-den soll. Gleichzei-tig erfahren Schüler heute übermäßigen Druck „von oben“, aus bildungspolitischen Vorgaben, von Leh-rern und Eltern. Das Credo heißt: Schneller, höher, wei-ter – es geht um Deine Zukunft! Reihe Dich ein in die Schwemme der Schulabgänger, um in der nächsten Lernfabrik, dem Stu-dium, noch einen Platz zu kriegen!

Kultur, Sprache, Entwicklung der Sprachkultur und der eigenen Persönlichkeit haben hier keinen Platz. So entsteht Nährboden für Mobbing – Psychoterror – unter Schülern und unter Pädagogen. Nonverbale Gewalt, moderat als Schulstress formuliert, spielt sich fern der allgemeinen Wahrneh-mung ab. Krankheitssymptome sind bei Lehrenden wie Lernen-den offensichtlich und enden in der Sprachlosigkeit des Burn-out-Syndroms oder in der Wehrlosig-keit körperlicher Übergriffe.

Der einzige Weg aus diesem unübersichtlichen Kreislauf ist die Förderung der Sinneswahrneh-mung durch Lernen im Handeln.

Handlungsorientiertes Lernen fordern Bildungsstandards, Rah-men- und Lehrpläne. Die Neu-robiologische Wissenschaft hat erforscht, wann und in welchen Zentren wir Informationen spei-chern, wie wir Informationsstruk-turen anlegen und welche unbe-wussten Faktoren sich in die Wahrnehmung eingliedern.Verschiedene Untersuchungen (u. a. Kurt Singer) beschreiben folgendes Modell: Wir lernen 90 Prozent durch Handeln, 70 Pro-zent durch Besprechen, 50  Pro-zent durch Sehen und Hören,

30 Prozent durch Sehen, 10 Pro-zent durch Hören. Sprache wird aus der Empfindung und Wahr-nehmung im Handeln aktiv. Sie bewegt sich, wie unsere Motorik, in Raum und Zeit und färbt sich je nach sozial-emotionalem Umfeld.

Die elementar ganzheitli-che Förderkonzeption g e s t i k o (Gesang, Stimme, Komposition) hat ihren Ursprung in der Ent-wicklung musikalischer Themen in eigengestalteten Texten, Kom-position und Intonierung mit Kin-dern und Jugendlichen. Dabei ist der Weg zum Ziel einer eigenen inhaltlichen Liedpräsentation immer spannender geworden. Wie komme ich zu Aussage und Ausdruck dessen, was ich inter-pretieren will? Wie entstehen

dazu Bilder und Eindrücke für mein kreatives Schaffen? Vielsei-tige Übungen und Aufgaben füh-ren zum Erkennen individueller Qualitäten.

Durch Initiative des Hessi-schen Kulturministeriums war 2003 bis 2005 g e s t i k o Pilotpro-jekt an Schulen. Die Praxis und die Anschlussprojekte zeigen: Über den entstehenden Frei-raum lösen sich festgefügte Rol-lenmuster innerhalb der Gruppe auf. Neue Fähigkeiten werden erlebt und genutzt. Selbsttexten im Spiel mit Wortklang, Wort-rhythmik und Worttrommel stei-gern die bildliche und emotionale Aufnahmefähigkeit. Soziale Wahr-nehmung und gestaltende Aus-

drucksfähigkeit wer-den erlebbar. Wird die Sprache stark und die emotionale Erleb-nisebene gefestigt, schweigt die Faust. Modern akzentuierte

Musikvorlagen schaffen die moti-vierende Verbindung. Alle Zentren unseres Gehirns werden durch Musik aktiv. Der beste Weg um Sprache zu Mitteilung und Mei-nung werden zu lassen.

Akzeptanz der Sprachlosigkeit als emotionales Blackout unserer Zeit, kann weder unsere Sprach- noch unsere soziale Kultur weiter-entwickeln. Neue Entwicklungs-chancen entstehen, wenn nicht Erkauftes und Dahingeredetes die Einschaltquoten bringt, wo

„Wie sein, Wer sein, So sein“ Maß-stab ist, sondern das „Ich selbst sein – das Wir sein – gemeinsam“.

Bettina Ott ist Pädagogin, Choreografin, Komponistin und Texterin. Weitere Infos: www.gestikoweb.de

„Wird die Sprache stark und die emotionale Erlebnisebene gefestigt, schweigt die Faust.“

Was war das für eine Zeit an dem zweisprachigen Ham-

burger Gymnasium? Nach und nach wurde dort die englische Sprache auf die Fächer Sport, Geschichte, Erdkunde und Phy-sik – zusätzlich zu den regulären Englischstunden – ausgeweitet, so dass die Fremdsprache meh-rere Stunden am Tag auf dem Plan stand. Das Fachvokabular erlernte ich somit gleich ohne Übersetzungshilfe, so dass ich die Begriffe richtig anwenden konnte, die deutsche Überset-zung aber teilweise nicht kannte.

Das englische Fachvokabu-lar war zeitweise größer als das Repertoire der Muttersprache.

„Hochgepuscht“ in die dialekti-sche Welt der englischen Spra-che, war Englisch aufgrund des Intensivunterrichts für mich zu einer Droge geworden.

Den Deutschunterricht emp-fand ich allmählich wie einen Zwangsentzug und in der neun-ten Klasse nur noch als lang-weilige Diskussionsstunde. Die Ausdrucksmöglichkeiten des Englischen schienen vielfälti-ger, so dass die Fremdsprache zum Standard wurde und die Muttersprache in den Hinter-grund trat – mit fatalen Folgen.

Das erste „ungenügend“ in Deutsch war der Hauptgrund für meinen Wechsel zur Real-schule. Dort entdeckte ich dann die Reize und die Vielfalt der deutschen Sprache wieder dank einer engagierten Lehrerin, eines Dichters namens Schil-ler, der die Unterrichtslektüre geschrieben hatte, und eines ausgewogenen Stundenplans.

Die Rückzugsmöglichkei-ten in die Fremdsprache waren begrenzt, so dass ich dem Fach Deutsch nicht länger auswei-chen konnte. Der ausgewo-gene und interessante Unter-richt hatte es geschafft, aus einem ehemals zweisprachi-gen Schüler einen Schüler mit einer Liebe für zwei Sprachen zu machen.

Natürlich wählte ich in der Oberstufe Englisch als Leis-tungsfach, aber gleichzeitig Deutsch als Prüfungsfach, denn ich hatte gelernt, dass Englisch keine Alternative zur Mutter-sprache ist. So hatte ich meine Deutschkrise überwunden und sehe seitdem in der eng-lischen Sprache einen natürli-chen Muntermacher, aber kei-nen Suchtstoff mehr.

Martin Ewert

Englisch war meine Droge

DEuTSchuNTERRIchT

Sprache spielerisch stärken mit der Worttrommel: Das lernen Kinder bei gestiko .       Foto: privat

Sprachnachrichten  Nr. 49 / März 2011

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SpRachE uND pOlITIk

Nur wer ausreichend die deut-sche Sprache beherrscht,

darf in einem Strafprozess in Deutschland Schöffe werden. Das hat der Bundesgerichtshof im Januar in Karlsruhe entschie-den (Aktenzeichen 2 StR 338/10). Anlass war ein Prozess in Köln, bei dem ein Schöffe der Verhand-lung wegen mangelnder Deutsch-kenntnisse nicht richtig folgen konnte. Der Strafprozess wird jetzt neu aufgerollt.

Mit dieser Entscheidung bekräftigt der Bundesgerichtshof

eine seit Juli 2010 geltende Ände-rung des Gerichtsverfassungsge-setzes (§ 33 Nr. 5 GVG). Danach sind Personen ohne hinreichende Sprachkenntnisse nicht zu Schöf-fen zu berufen und von der Schöf-fenliste zu streichen.

Dieses Problem kommt im Gerichtsalltag des öfteren vor, weil immer mehr Menschen mit Mig-rationshintergrund als Schöffen ausgewählt werden. Dieses Amt dürfen sie in Zukunft nur noch übernehmen, wenn sie die deut-sche Sprache gut beherrschen. wk

Schöffen brauchen Deutsch

Reiner pogarell an christian Wulff

Sehr verehrter Herr Bundesprä-sident, durch das Internet geistert die Information, Sie hätten in Straß-burg eine offizielle Gästebuchein-tragung nicht in der Sprache des von Ihnen repräsentierten Landes, sondern in der Spra-che eines anderen EG-Landes, nämlich Groß-britannien, vorgenommen. Ich hoffe, dass diese Information nicht stimmt. Sie sind unser Prä-sident, der deutsche Bundespräsident.

Sie müssen die deutschen Bürger vertreten, nicht die britischen. Das wesentliche Kultur-gut der Deutschen ist die deutsche Sprache. Deutsch, und nur Deutsch, muss Ihre offizi-elle Sprache sein.

Ich bitte Sie herzlich um eine Antwort.Mit großer HochachtungReiner Pogarell

antwort des Bundespräsidenten

Sehr geehrter Herr Pogarell,vielen Dank für Ihre E-Mail vom 5. Januar 2011. Der Herr Bundespräsident hatte sich gleich in den ersten Tagen seiner Amtszeit dazu ent-schlossen, den Institutionen der Europäi-schen Union in Straßburg und in Brüssel einen Antrittsbesuch abzustatten. Damit wollte er

eine doppelte Botschaft senden: Zum einen, dass Europa für Deutschland von herausra-gender Bedeutung ist, und zum anderen, dass Deutschland sich seiner besonderen Verant-wortung für den Fortgang des europäischen Integrationsprozesses bewusst ist. In diesem Sinne hat der Herr Bundespräsident seine Gespräche mit dem Präsidenten des Europä-ischen Parlaments, dem Kommissionspräsi-denten sowie dem Präsidenten des Europäi-schen Rates geführt.

Der von Ihnen thematisierte Eintrag in das Gästebuch des Europäischen Parlaments fand im unmittelbaren Anschluss an das in Eng-lisch geführte Gespräch mit dem (polnischen) Parlamentspräsidenten Buzek statt.

Sie können versichert sein, dass dem Herrn Bundespräsidenten die Pflege der deutschen Sprache im In- und Ausland ein wichtiges Anliegen ist. Der Gebrauch von Deutsch als EU-Amtssprache gehört dazu.

Mit freundlichen GrüßenIm AuftragMichael Dorn, Referat 21

Erwiderung von Reiner pogarell

Sehr geehrter Herr Dorn, (...) Leider bestätigen Sie mir bei dieser Gelegenheit den Skandal, dass unser Präsident tatsächlich eine Eintragung in das Gästebuch des Euro-päischen Parlaments nicht in der Sprache des

von ihm vertretenen Landes vorgenommen hat. Im Gästebuch des Europäischen Parla-ments steht nun der offizielle Beweis, dass die Deutschen kein Interesse an ihrer eige-nen Sprache haben. Alle Bemühungen, den Gebrauch von Deutsch als EU-Sprache zu för-dern, werden ad absurdum geführt. Die von Engländern und Amerikanern belachte und verachtete Englischtümelei der Deutschen wird hier von höchster Seite festgeschrieben.

Lächerlich gemacht werden auch alle innenpolitischen Bemühungen, die deutsche Sprache jungen Immigranten nahezubrin-gen. Warum sollen diese eine Sprache lernen, die selbst der höchste deutsche Repräsentant unwert für eine Gästebucheintragung im Par-lament aller Europäer – also auch der Deut-schen – hält.

Letztlich hat der Herr Bundespräsident allen Deutschen gezeigt, dass deren Sprache zweitrangig ist. Das darf unter gar keinen Umständen die Aufgabe des deutschen Bun-despräsidenten sein. Unser höchstes Kultur-gut ist unsere Sprache. Zu dieser muss unser Präsident stehen. Immer. Er darf sie nicht verleugnen. Nie.

Ich bitte Sie herzlich um eine Versicherung im Namen des Präsidenten, dass es sich um eine einmalige Nachlässigkeit handelte, die er sehr bedauert. Auch schließe er ein Wiederho-lung aus.Ganz herzlich und dringend bitte ich um diese Zeilen.

Reiner Pogarell

Im Fettnäpfchen

Nach der Übergabe der 46.000 Unterschriften für Deutsch

ins Grundgesetz im November 2010 haben der VDS und der Verein für deutsche Kulturbezie-hungen im Ausland (VDA) eine Petition beim Bundestag einge-reicht, die diesem Vorhaben Nach-druck verleihen soll. Unterstützer konnten diese Petition bis Mitte Januar im Internet mitzeichnen. Dadurch gewann das VDS-Vor-haben weitere 5.165 Unterstützer.

Der Petitionsausschuss hat in Aussicht gestellt, dass auch die

Unterschriften, welche über die Umfrage der BILD-Zeitung (siehe Bericht in SN 48, Seite 2) einge-gangen waren, zu dieser Peti-tion dazugerechnet werden. Alle BILD-Leser, die den Umfragebo-gen an den VDS gesandt haben, sprechen sich damit ausdrücklich für eine entsprechende Grundge-setzänderung aus.

Mitarbeiter des VDS haben diese Umfrage ausgewertet und im Januar noch einmal 23.965  Unterschriften an den Bundestag geschickt. hok

Auf dem Weg ins Grundgesetz

Bei seinem Antrittsbesuch in Straßburg schrieb der neugewählte Bundesprä-sident Christian Wulff den Satz „Best wishes for the European Parliament for the future in the 21th century“ ins Gästebuch des EU-Parlaments. VDS-Mitstreiter Reiner Pogarell wunderte sich darüber und bat den Bundespräsidenten um eine Erklärung. Fo

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Sprachnachrichten  Nr. 49 / März 2011

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SpRachE uND pOlITIk

Daumen runter für Deutsch in der EU

Von Peter M. Huber und Johannes Singhammer

Es ist eine unendliche Geschichte: Obwohl Deutsch in der Europäi-

schen Kommission gleichberech-tigte Arbeitssprache neben Eng-lisch und Französisch ist und obwohl Catherine Ashton, die Hohe Repräsentantin der EU für Außen- und Sicherheitspoli-tik, Außenminister Westerwelle die (selbstverständliche) Zusage gemacht hat, Deutsch im Euro-päischen Auswärtigen Dienst (EAD) angemessen zu berück-sichtigen, sprechen die Tatsachen eine andere Sprache: Die (vorläu-fige) Internetseite des EAD ist auf Deutsch nicht verfügbar, und bei der Ausschreibung der ersten Stellen werden nur Englisch- und Französisch-, aber keine Deutsch-kenntnisse gefordert.

Das ist nur ein weiterer Mosa-ikstein in der systematischen Dis-kriminierung der deutschen Spra-che durch europäische Organe und Behörden. Spätestens seit der Wie-dervereinigung werden zwar alle Bundesregierungen nicht müde, auf die Diskrepanz zwischen dem rechtlichen Status des Deutschen als gleichberechtigter Amts- und Arbeitssprache in der EU und der

tatsächlichen Praxis hinzuweisen; und es hat zahllose Initiativen zur Behebung dieses Missstan-des gegeben – von der Anweisung der Bundesregierung an deut-sche Beamte, nur auf Deutsch zu verhandeln, über geplatzte Ratstagungen, an denen die Ver-treter Deutschlands und Öster-reichs nicht teilgenommen haben, weil keine deutsche Übersetzung gewährleistet war, bis zu Vorstö-ßen des Deutschen Bundestages, des Bundesrates und von Vertre-tern der Zivilgesellschaft. Bewirkt haben sie, das ist die Bilanz nach 20 Jahren, wenig. In der EU-Kom-mission liegen allenfalls zehn Pro-zent der Dokumente auf Deutsch vor, und auch im Rat sieht es nicht wesentlich besser aus.

Dabei ist Deutsch für mehr als 100 Millionen Menschen Mut-tersprache und damit die größte Sprachgruppe in der Europäi-schen Union. Es ist Amts- bezie-hungsweise anerkannte Minder-heitensprache in Deutschland, Österreich, Luxemburg, Belgien, Dänemark, Polen, Italien und Frankreich, und es ist – nach Englisch, aber weit vor Fran-zösisch – die am zweithäufigs-ten gebrauchte Fremdsprache in Europa.

Zwar gewährleistet die Charta der Grundrechte mittlerweile in

Artikel 41 jedermann das Recht, sich in einer der Sprachen der Ver-träge an die Organe der Union zu wenden und eine Antwort in der-selben Sprache zu erhalten; in der Praxis ist dies jedoch noch nicht angekommen.

Doch ist es mit dem Anspruch auf Kommunikation in der eige-nen Sprache nicht getan. Auch in den Entscheidungsprozes-sen innerhalb der EU-Organe bedarf es des gleichberechtigten Gebrauchs des Deutschen. Als Staaten- und Verfassungsverbund, der sich nach wie vor nicht auf einen gefestigten Grundkonsens der Unionsbürger stützen kann, ist die EU stärker als die Natio-nalstaaten auf das Instrument des Rechts angewiesen. Sie wird des-halb zu Recht als Rechtsgemein-schaft beschrieben. Das Recht aber lebt von der Sprache, ihren Bildern und ihrer Fähigkeit zur Begriffsbildung. Wer sich je mit Rechtsvergleichung beschäftigt hat, wird die Erfahrung gemacht haben, wie schwierig es ist, juristi-sche Vorstellungen und Konzepte in eine andere Sprache zu über-tragen. Vollständig gelingt das nie. Besonders tief ist dabei der Gra-ben zwischen dem Kontinent und Großbritannien.

Die EU wird im Wesentlichen durch drei Rechtskreise geprägt: den angelsächsischen, den roma-nischen und den deutschen. Deren spezifische Beiträge zur gemein-europäischen Rechtskultur kann sie jedoch nur aufnehmen und ver-arbeiten, wenn sie auch die ent-sprechenden Sprachen spricht.

Sprache ist Identität, gelebte Kultur und Heimat. Soll die euro-päische Integration auf Dauer nicht in der Herrschaft einer ent-rückten Brüsseler Bürokratie münden, soll es möglich bleiben, in und mit Europa auch unsere Wertvorstellungen und unsere Vorstellungen von einem gedeihli-chen Zusammenleben zu verwirk-lichen, dann wird dies nur mög-

lich sein, wenn Deutsch endlich auch tatsächlich zu einer der drei Arbeits- und Umgangssprachen der EU wird.

Es ist deshalb notwendig, auf allen Ebenen die Umsetzung der rechtlichen Garantien der deut-schen Sprache als Arbeitsspra-che nicht nur einzufordern, son-dern mit allen rechtlichen Mitteln durchzusetzen.

Die prekäre Lage des Deut-schen in der EU ist freilich nicht zuletzt unsere eigene Schuld, die Schuld deutscher Politiker, Beamter, Unternehmer, Wissen-schaftler und anderer. Jahrzehn-telang konnten unsere Partner in Europa beobachten, wie des-interessiert unsere „Eliten“ an der eigenen Sprache waren und sind, dass man lieber pseudoeng-lische Begriffe wie Handy erfand und seine vermeintliche Weltläu-figkeit durch das Einstreuen von Anglizismen zu belegen versuchte. Es liegt vielleicht auch daran, dass Deutsch bisher nicht im Grundge-setz verankert ist und damit als ein kultureller Wert minderen (verfassungs-)rechtlichen Ran-ges erscheint. Doch das mitunter offen zur Schau getragene Desin-teresse an der eigenen Sprache verliert seine positiven Konno-tationen. Nicht nur McDonald's musste die Erfahrung machen, dass englische Werbeslogans in der deutschen Bevölkerung kei-neswegs gut ankommen, und Zehntausende haben gegenüber Bundestagspräsident Lammert die Aufnahme von Deutsch in das Grundgesetz gefordert. Nicht nur bei der Integrationsdebatte wird zunehmend klar, dass es vor allem die Sprache ist, die unsere Iden-tität ausmacht, und dass sie den Schlüssel zu unserer Gesellschaft darstellt.

Peter M. Huber ist Bundesverfassungsrichter.Johannes Singhammer (CSU) ist Mitglied des Deutschen Bundestages.

EU-Außenministerin Catherine Margaret Ashton: verspricht viel und hält wenig. 

Fotos: EP – Ref. Audiovisuelle Medien

Sprachnachrichten  Nr. 49 / März 2011

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DEuTSchE SpRachE

Können Sie sich vorstellen, dass den so genannten „Ver-sicherungsnehmern“ vor sol-chen Texten graust? Jedenfalls standen solche Gefühlsäußerun-gen bei den Versuchspersonen unserer Babylon-Studie deutlich im Vordergrund. Die „Babylon-Studie zum Sprachverstehen der Zielgruppe 50 plus“ ist das Ergeb-nis einer Untersuchung von Wis-senschaftlern der Technischen Universität Braunschweig, bei der es um die Frage ging: „Wie verstehen eigentlich ältere Men-schen Texte, in denen die juristi-sche Fachsprache eine besondere Rolle spielt?

Die Babylon-StudieDer Erhebung zugrunde lagen Versicherungstexte, die mit ver-schiedenen sozialwissenschaftli-chen Methoden untersucht wur-den, z. B. dem Lauten Denken.

Dabei sprechen die Versuchs-personen alles, was sie lesen und was ihnen beim Lesen des Textes durch den Kopf geht, laut aus. Die dabei entstehende Aufzeichnung auf einem Tonträger wird später verschriftet und ausgewertet.

Die ErgebnisseDie Ergebnisse der achtmonati-gen Untersuchungen waren über-raschend: Bestimmte Sätze (wie die beiden oben zitierten) wurden von 91,4 Prozent der Versuchsteil-nehmer auch nach mehrmaligem Lesen nicht verstanden. Um fünf Sätze zu lesen, brauchten unsere Versuchspersonen (überwiegend Akademiker) bis zu 31 Minuten.

Bestimmte Hauptwortformu-lierungen wurden überhaupt nicht verstanden. Zum Beispiel der Ausdruck „nach Ihrer Benach-richtigung“ im eingangs zitierten Text „wenn der Versicherungsfall nach Ihrer Benachrichtigung über den Leistungsausschluss eintritt“.

Der Ausdruck wurde so interpre-tiert: nachdem ich die Versiche-rung benachrichtigt habe statt nachdem die Versicherung mich benachrichtigt hat. Dadurch blieb der gesamte Absatz unklar bzw. widersprüchlich.

Besondere Schwierigkeiten bereitete eine hohe Informations-dichte wie wöchentlich im Tages-durchschnitt mindestens fünf Stunden.

Die untersuchten Texte enthiel-ten Sätze mit fast 50 Wörtern.

Zur Satzlänge hinzu kam, dass die Sätze zum Teil sehr kompli-ziert waren.

Ein Beispiel: „Schwerstpfle-gebedürftigkeit (Pflegestufe III) der versicherten Person liegt vor, wenn diese wegen einer körper-lichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität täglich rund um die Uhr, auch nachts, der Hilfe bedarf und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirt-schaftlichen Versorgung benötigt.“

Die Schriftgröße (7 Punkt) wurde von den meisten Versuchs-

teilnehmern als viel zu klein bemängelt. Manche konnten sie nur mit einer Lupe entziffern.

Wie schon erwähnt: Gefühle spielten in unserer Erhebung eine große Rolle. Manche Teilnehmer wiesen auf die besondere Situa-tion vieler älterer Menschen hin, die in einem „besonderen seeli-schen Spannungsfeld leben“ und darum die Informationen rasch und problemlos verstehen möch-ten. Die Reaktionen reichten bis hin zur Totalverweigerung: „Ist mir zu lang, zu unverständlich. Ich weigere mich, die Sätze zu verstehen.“ Bei der Erörterung des Problems „Sprachverständ-lichkeit“ werden selten die psy-chischen „Kosten“ berücksichtigt. In unserer Untersuchung hat sich aber – wie in vielen anderen Untersuchungen – gezeigt, dass schwer verständliche Texte zu Vorstellungen von eigenem Versa-gen führen und damit selbstbild-schädigend wirken können.

Und die Folgen einer schwer verständlichen Sprache?

Die Finanzmarktkrise hat nur verstärkt, was in der Bevölkerung latent vorhanden war: ein tiefes Misstrauen gegenüber Banken und Versicherungen. Manipula-tion, Verschleierung, Übervor-teilung und Betrug sind die von unseren Versuchsteilnehmern am häufigsten genannten Stichworte.

Solche Vorstellungen über die Arbeit von Banken und Versi-cherungsunternehmen aufgrund

einer schwer verständlichen Spra-che sind natürlich einem nachhal-tigen Geschäftserfolg abträglich. Schon aus diesem Grunde sollte es ein schieres Gebot des Eigennut-zes sein, im Umgang mit den Kun-den eine gut verständliche, trans-parente Sprache zu verwenden. Das gilt für die Werbung, für die Korrespondenz, aber auch für alle anderen Instrumente der Kunden-kommunikation, ganz besonders für die Allgemeinen Geschäfts- bzw. Versicherungsbedingungen.

Was ist zu tun?Ich behaupte, es sind nicht nur die viel geschmähten Anglizis-men, die unsere Sprache bedrohen, es ist in einem umfassenderen Sinne die generelle Unfähigkeit, sich hinreichend einfach, klar und verständlich auszudrücken. Verständlich kommunizieren ist aber in einer Epoche, die gern mit den Wörtern „Informationszeit-alter“ und „Wissensgesellschaft“ bezeichnet wird, eine unentbehr-liche Schlüsselqualifikation. Poli-tik, Bildungsträger, aber auch die Vereine und Verbände, die sich um unsere deutsche Sprache sorgen, haben hier eine zentrale Aufgabe, und sie sollten sie beherzter und öffentlichkeitswirksamer als bis-her wahrnehmen.

Der Verfasser ist Professor an der Universi­tät Braunschweig und Gründungsmitglied der „Deutschen Gesellschaft für Fremdspra­chenforschung“ (DGFF).

Sprachnachrichten Nr. 49 / März 2011

Rezept für KopfwehVon Günther Zimmermann

Keine Ansprüche auf Tarifleistungen bestehen für Behandlungen durch Ärzte und Heilpraktiker, deren Rechnungen wir aus wichtigem Grunde von der Erstattung ausgeschlossen haben, wenn der Versicherungsfall nach Ihrer Benachrichtigung über den Leistungsausschluss eintritt. Sofern zum Zeitpunkt der Benachrichtigung ein Ver-sicherungsfall bereits eingetreten ist, besteht kein Leistungsanspruch für die nach Ablauf von drei Monaten seit der Benachrichtigung entstandenen Aufwendungen. […]

Eine erstaunliche Laufbahn: 16 Jahre, nachdem er beim Spiegel als Archivar anfing, trägt Bastian Sick heute mit-unter den Titel Sprachpapst. Die Feh-ler der anderen sind seine Freunde, die er auch  in seiner neuesten Bild-und-Ton-Schau  „Aus  Jux  und  Tol-leranz“ in großer Zahl vorstellte. Auf dem  Programm  standen  die  Amts-sprache, falsche Apostrophe und Fir-mennamen, die gar nicht passen wol-len: wie der Autohandel „Schrott“.

Der 45-jährige Romanist und His-toriker aus Lübeck versteht es, Spra-chanalyse  so  aufzubereiten,  dass 

sogar  Deutschlehrer  ihren  Gram-matikunterricht mit Sick-Beispielen auflockern.

„Bastian Sick hat die Fähigkeit, sei-nen Anhängern vor allem deren eigenen  kleinen  Schwächen und  Eigenheiten  charmant vor Augen und Ohren zu hal-ten", schrieb das Hamburger Abendblatt nach dem Auftritt.

Der VDS bedankt sich bei seinem  Mitglied  Bastian  Sick für zahlreiche Einladungen zu den  Veranstaltungen  in  ganz Deutschland.                               hok

„Aus Jux und Tolleranz“

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teilung und Betrug sind die von unseren Versuchsteilnehmern am häufigsten genannten Stichworte.

Solche Vorstellungen über die Arbeit von Banken und Versi-cherungsunternehmen aufgrund

Der Verfasser ist Professor an der Universi­tät Braunschweig und Gründungsmitglied der „Deutschen Gesellschaft für Fremdspra­chenforschung“ (DGFF).

sogar  Deutschlehrer  ihren  Gram-matikunterricht mit Sick-Beispielen 

„Bastian Sick hat die Fähigkeit, sei-nen Anhängern vor allem deren eigenen  kleinen  Schwächen und  Eigenheiten  charmant vor Augen und Ohren zu hal-ten", schrieb das Hamburger Abendblatt nach dem Auftritt.

Der VDS bedankt sich bei seinem  Mitglied  Bastian  Sick für zahlreiche Einladungen zu den  Veranstaltungen  in  ganz 

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Sprachnachrichten  Nr. 49 / März 2011

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DEuTSchE SpRachE

Von Reiner Pogarell

Ein Mann freit eine Frau. Sobald seine Werbung erfolgreich war, gibt er

seiner Eroberung einen neuen Namen. So wird aus „Marianne“ ein „Hasenhäschen“, aus „Cindy“ eine „Alte“ und aus „Yvonne“ eine

„Blacky“. Alle Besitzer geben ihrem Eigentum einen Namen. Das Namensgebungsrecht ist ein Ausdruck von Souveräni-tät. Daher werden eroberte bzw. erworbene Städte schnell umge-tauft: So machten die Franzosen aus „Straßburg“ eine Stadt mit dem Namen „Strasbourg“. Die Sowjets machten aus „Königsberg“ das heutige „Kaliningrad“, die Polen aus „Königshütte“ „Chor-zow“. Die Engländer verwandelten

„Nieuw Amsterdam“ in „New York“. Wenn sich Ideologien mit

Machtdemonstrationen verbinden, dann bekommen die Ortsschilder-maler viel zu tun. Aus dem zaris-tischen „Sankt Petersburg“ wird kurzzeitig das bürgerliche „Petro-grad“, dann lange Zeit das sowjeti-sche „Leningrad“ und schließlich erneut das nun wieder bürgerliche

„Sankt Petersburg“. Die eher unbe-kannte russische Stadt „Zarizyn“ erreicht als „Stalingrad“ unaus-löschliche Berühmtheit, bevor aus daraus das weniger bekannte

„Wolgograd“ wurde. Bis 330 gab es im römischen Reich eine alte und wichtige Stadt mit dem Namen

„Byzanz“, die danach 1700 Jahre

den Namen „Konstantinopel“ trug, dann recht kurz „Stanbul“ hieß und nun als „Istanbul“ bekannt ist. Es ist eine lebenswichtige Frage für viele Juden, ob die isra-elische Hauptstadt „Al Kuds“ oder

„Jerusalem“ heißt, die aber auch schon „Zion“ und „Colonia Aelia Capitolina“ genannt wurde. Die Iren bestehen wieder verstärkt darauf, dass ihre Hauptstadt nicht „Dublin“, sondern „Balle Atha Ciath“ heißt. Aus Rhodesien wurde Simbabwe. Die Umbenen-ner scheuen kaum Kosten und ver-zichten dabei auf bekannte Mar-kennamen, um ihre Oberhoheit zu dokumentieren. Das ist deren gutes Recht. Allerdings hat dieses Recht einen Haken.

Es muss sich nämlich niemand ohne Zwang an die Benennung des Eigentümers halten. Auch wenn „Cindy“ von ihrem Lover nur „Alte“ genannt wird, kann deren Freundin weiterhin den von ihr gewählten Namen „Süße“ anwenden. Selbst Cindy könnte ja bei der Anrede „Alte“ einfach jede Reaktion verweigern. Es ist unwahrscheinlich, dass mehr als eine Handvoll Engländer in naher Zukunft die irische Hauptstadt korrekt aussprechen werden.

Die Deutschen kündigen auf Straßenschildern die Ostseestadt

„Szcecin“ anders als zu DDR-Zei-ten als „Stettin“ an. Nein, man muss nicht die Namen der Eigen-tümer übernehmen, man darf eigene Akzente setzen.

Und damit kommen wir zu einem merkwürdigen Phänomen: In deutschen Medien ist immer wieder von einer Stadt mit dem Namen „Mexiko City“ die Rede. Jeder Deutsche hat schon einmal von dieser Stadt gehört. Das Pro-blem ist, dass es keine Stadt mit diesem Namen gibt. Nachdem die aztekische Stadt „Tenochtitlan“ erst zur Hauptstadt Neuspaniens mit dem Namen „Mexiko“ wurde, dann zur Hauptstadt eines gleich-namigen Staates, bestand die Not-wendigkeit einer Unterscheidung von Stadt und Staat. Die Mexi-kaner nannten ihre Hauptstadt daher „Ciudad de Mexiko“, was

„Mexiko Stadt“ heißt. Der deutsche Korrespondent hat nun zwei Mög-lichkeiten: Er demonstriert seine Weltläufigkeit, indem er den ori-ginalen Ortsnamen verwendet. Er kann auch an sein Publikum denken und die korrekte Überset-zung wählen. Warum aber wäh-len so viele Medienmenschen in Deutschland, Österreich und der Schweiz die dritte Variante, die darin besteht, weder den kor-rekten Namen noch die korrekte Übersetzung, sondern die Über-setzung in eine ganz andere Spra-che zu wählen, nämlich „Mexiko City“? Ein Einzelfall? Eine journa-listische Posse? Es geht noch deut-lich grotesker.

Einige Jahrzehnte vor Christi besaßen die germanischen Ubier am linken Rheinufer eine stadt-ähnliche Siedlung, die von den Römern „Oppidum Ubiorum“ genannt wurde. 50 nach Chris-tus nahmen sich die römischen Besatzer dieser Ortschaft an und erweiterten sie erheblich, wobei sie natürlich von ihrem Namen-recht Gebrauch machten. Der Ort hieß zunächst „Colonia Claudia Ara Agrippinensium“. Nach und nach verkürzte sich der Name auf „Colonia Agrippinensis“ und dann auf „Colonia“. Die Nachfah-ren der Ubier, die sich dann selbst

„deutsch“ nennenden Bewohner formten an dem Colonia so lange herum, bis daraus erst „Cölln“, dann „Köln“ entstand.

Spätestens damit hatten die Kölner den Kolonialstatus abge-schüttelt und mit der politischen Hoheit auch die Namenshoheit übernommen. Wenig störend war dabei, dass nicht alle Völker diese Hoheit anerkannten. Die Roma-nen und Angelsachsen blieben bei der Bezeichnung Cologne. Das ist das Recht der Franzosen und Engländer. Es ist auch das

Recht der Deutschen, fremdspra-chige Namen nach Belieben zu ignorieren. Und sie machen von diesem Recht auch oft Gebrauch. Sie sagen „London“ statt „Landn“, sie sagen „Warschau“ statt „War-schawa“. Aber niemals sagten sie

„Neu York“ statt New York. Der „Neu York“-Sager würde landes-weit ausgelacht. Jedoch lachte ihn gar niemand aus, wenn er

„Mexiko City“ statt „Mexiko Stadt“ sagte. Es lachten ihn auch nicht so viele Menschen aus, wenn er seine Heimatstadt „Köln“ ganz plötzlich Cologne nennte.

Ein dummes Beispiel? Kein Kölner wäre so dumm, dies zu tun? Man mache eine einfache Google-Recherche mit dem Namen Cologne und man stößt auf viele Hundert Einträge, in denen sich Kölner Unternehmen, Einrich-tungen, Initiativen usw. mit der romanischen bzw. angelsächsi-schen Bezeichnung verunzieren. Bekannt ist die Lit.cologne, weni-ger bekannt ist der Candyshop cologne. Es gibt das Dance center cologne, die Business school colo-gne, eine Cologne music week und sogar einen Cologne airport. Und tausend weitere Beispiele.

All diese vielen Firmen, Ein-richtungen und Initiativen tra-gen vollkommen sinnlos und voll-kommen freiwillig einen Namen, den nicht sie selbst geprägt haben. Sie verzichten damit auf die Doku-mentation von Souveränität und Persönlichkeit. Sie senden mit ihrem Namen eine Botschaft: „Wir haben nichts Eigenes, wir können nur kopieren. Richtig Gutes gibt es nicht bei uns, daher leihen wir uns sogar unseren Namen von irgendwoher.“ Und sie bekommen nichts für ihren Verzicht. Schon gar nicht aus dem Ausland. Diese bittere Erfahrung müssen alle Cologne-Verwender ebenso wie alle anderen Denglischfreunde machen.

Für den Verzicht auf das Benen-nungsrecht gibt es keine Aner-kennung, keine Streicheleinhei-ten, keine Lossprechung von zwölf Nazijahren. Es gibt nur Hohn und tiefe Verachtung für die linguis-tische Unterwürfigkeit. Amerika-ner und Engländer reagieren auf Denglischumgarnungen ungefähr wie Jugendliche auf sich sprach-lich anbiedernde Erwachsene antworten. Unangenehm berührt. Daher sind weder „Mexiko City“ noch Cologne harmlose sprachli-che Nuancen. Es handelt sich um öffentliche Bankrotterklärungen.

Den Dingen einen Namen geben

Wenn sich deutschsprachige Menschen darüber aufregen, dass ein Gegenstand, ein Sachverhalt oder eine Person mit einem denglischen Namen bedacht wird, müssen sie sich gelegentlich belächeln lassen. Das sei doch wirklich nicht so schlimm. Dahinter steckt die Frage, ob es wichtig ist, wie ein Ding heißt.

Sprachnachrichten  Nr. 49 / März 2011

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In der SN-Ausgabe 48 hat Jupp Braun das Wuchern des engli-

schen Slash als Ersatz für den schönen deutschen Schrägstrich beklagt. Jetzt hat eine von Gebüh-rengeldern finanzierte öffentli-che Einrichtung, der Norddeut-sche Rundfunk in Hamburg, diese Sprachflucht sozusagen sanktio-niert. Eine Dienstanweisung der Programmchefin Barbara Mirow verlangt von allen Mitarbeitern, den für jeden Deutschsprecher sofort verständlichen „Schräg-strich“ gegen den undurchsichti-gen englischen Slash zu tauschen.

Nun mag Slash in der Tat für einen englischen Mutter-sprachler als Teil eines semanti-schen Netzes, das bei Gebrauch des Wortes unterbewusst mit-schwingt, knapper und prägnan-

ter sein. Laut Oxford Dictionary hat der Ausdruck mindestens neun verschiedene Bedeutun-gen mit dem gemeinsamen Kern eines Striches, eines schrägen Schnitts, eines Schlitzes, einer klaffenden Wunde oder eines Strahls (beim Urinieren!). All das schwingt bei einem Anglosachsen mit, wenn er sich des Schräg-strichs bedient, und gibt damit dem Wort einen ganz bestimmten Sinn. Aber eben nur für ihn. Für einen mittelmäßig Englisch spre-chenden Deutschen, bei dem die-ses semantische Netz nicht akti-viert ist, stimmt das alles nicht.

Wir haben beim NDR nach-gefragt, warum dennoch dort die Auflage besteht, diesen unnöti-gen Anglizismus zu gebrauchen.

wk

DEuTSchE SpRachE

„amtsdeutsch ade“ in Salzgitter

Amtsdeutsch ade – so heißt der verwaltungsinterne Leit-

faden der Stadt Salzgitter. Nach zweijähriger Vorarbeit erhielten ihn vor kurzem alle städtischen Mitarbeiter. Ziel ist eine bürger-nahe Verwaltungssprache, mit Verben statt Substantive, mit kurzen statt langen Wörtern, mit Hauptsätze anstelle von Neben-sätzen, mit aktiven statt passiven Formulierungen, und ganz beson-ders: mit guten deutschen Wör-tern anstatt hässliche und schwer verständlicher Anglizismen.

Oberbürgermeister Frank Klingebiel, der das Projekt maß-geblich mit angestoßen hat, sieht darin allerdings keinen Schluss-punkt.

Die Sprache entwickle sich und mit ihr auch die Ansprüche der Bevölkerung an einen moder-nen Dienstleistungsbetrieb, wie das nun mal eine Großstadt sei.

„Kundennah und verständlich zu schreiben, ist ein wichtiger Schritt in Richtung Bürgerori-entierung,“ so Klingebiel.

SN

Der deutsche Siemens-Kon-zern war bisher nicht gerade

als Speerspitze des sprachlichen Fortschritts bekannt. In den Geschäftsberichten der letzten Jahre und in anderen Dokumen-ten wimmelte es von Renewable Energy, Key-Account-Managern, Corporate Governance und Sup-ply Chain Management, dass einem nur so der Kopf brummt.

Dank der Intervention unse-res unermüdlichen Geert Teu-nis hatte Siemens-Vorstands-vorsitzender Peter Löscher auf der letztjährigen Hauptver-sammlung Besserung gelobt. Im Geschäftsbericht 2010 sind nun unter anderem der Begriff Cross-

Sector-Business durch „sektor-übergreifende Geschäfte“ oder Commercial Paper durch „kurz-fristige Schuldverschreibungen“ ersetzt. Und er werde an diesem Thema weiterarbeiten. Zugleich bedankte er sich auch für den von Geert Teunis überreichten Angli-zismenindex. wk

Vom Saulus zum Paulus

Seit dem Jahr 2010 sucht der VDS jedes Jahr die

Schlagzeile des Jahres. Erster Gewinner war „Krieger, denk mal!“ aus der Hamburger ZEIT vom 4. Februar 2010.

Alle Vereinsmitglieder, aber auch sonstige Sprachfreunde, sind aufgerufen, Vorschläge für die Schlagzeile des Jahres 2011 an die Vereinszentrale zu schicken, am besten mit Kopie des einschlägigen Zeitungs- oder Zeitschriftenartikels.

Eine Jury, bestehend aus den bekannten Journalisten

Wolf Schneider und Claus Kle-ber, dem VDS-Vorsitzendem Walter Krämer und den Mit-gliedern unseres Wissenschaft-lichen Beirates Franz Stark, Horst Haider-Munske und Gert Ueding, wählt dann unter allen Einsendungen diejenigen aus, die am treffendsten die Botschaft des Artikels zusam-menfassen und zugleich auch Lust auf das Lesen machen.

Die Einsender der zehn bes-ten Vorschläge erhalten je ein Exemplar der Sternstunden der deutschen Sprache.

Peter Löscher, 1957 in Villach, Österreich, geboren, ist seit 2007 Vorstandsvor-sitzender der Siemens AG.

Foto: Siemens

Oxford Dictionary hat der Ausdruck mindestens neun verschiedene Bedeutun-gen mit dem gemeinsamen Kern eines Striches, eines schrägen Schnitts, eines Schlitzes, einer klaffenden Wunde oder eines Strahls (beim Urinieren!). All das schwingt bei einem Anglosachsen mit, wenn er sich des Schräg-strichs bedient, und gibt damit dem Wort einen ganz bestimmten

DEuTSchE SpRachE

Schrägstrich oder Slash?

Sehr geehrter Herr Professor Krämer, (...) Lassen Sie mich

zunächst deutlich machen, dass es keine „Dienstanweisung“ zur Verwendung des Begriffs Slash bei der Nennung von Internetad-ressen bei NDR Kultur gibt. Wie immer in diesen Fällen hat die Redaktion die Argumente ausge-tauscht und sich – wie wir fin-den  – aus guten Gründen auf Slash festgelegt. So ist die von Ihnen vorgeschlagene Bezeich-nung „Schrägstrich“ sprachlich nicht eindeutig. Sie wird von manchen Nutzern fälschlicher-weise mit dem Zeichen „\“ (also dem „umgekehrten“ Schräg-strich) verbunden. So gilt für Windows-Benutzer, dass bei der Beschreibung eines Speicheror-tes einer Datei zwischen zwei Ver-zeichnissen der Blackslash, also der umgekehrte Schrägstrich, benutzt wird. Und dieser führt bei Internetadressen leider zu Fehlermeldungen.

Für uns steht die Verständlich-keit der Begriffe an erster Stelle, denn wir möchten von unseren Hörerinnen und Hörern verstan-den werden. Anglizismen vermei-den wir, wann immer es geht. Für manche Internetbegriffe gibt es aber keine deutschen Entspre-chungen. Das gilt für Computer, Internet oder Browser. Initiati-ven in Österreich, E-Mail durch

„Blitzpost“ zu ersetzen, haben sich nicht durchsetzen können. In den Duden haben E-Mail und Down-load bereits Eingang gefunden.

Wie schwierig es ist, Anglizis-men im Internetzusammenhang zu vermeiden, macht ein Blick auf die Homepage des Vereins Deut-sche Sprache e.V. deutlich. Fin-det sich doch auf der Startseite der Hinweis auf den jeweils aktu-alisierten Feed und die Feedliste, die im Internet-Explorer ange-zeigt werde.

Barbara Mirow , Programmleiterin NDR Kultur

Antwort des Norddeutschen Rundfunks

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Sprachnachrichten  Nr. 49 / März 2011

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SpRachENVIElfalT

China verbietet Englisch

Reinkarnation, Hundefleisch essen und englische Ausdrü-

cke benutzen: Das alles ist in China verboten. Seit Dezember dürfen in Büchern, Zeitungen und auf Internetseiten keine englischen Ausdrücke mehr stehen. Eine Ausnahme gibt es nur, wenn ein englischer Begriff unbedingt nötig ist und sofort auf Chinesisch erklärt wird.

Die letzte große Aktion zum Thema Sprache gab es 2008 vor den Olympischen Spielen. Damals startete die Regierung eine Kampagne, um fehlerhafte Übersetzungen ins Englische zu korrigieren. Für das Programm

„Peking spricht zur Welt“ durch-kämmten 35 Polizisten Peking auf der Suche nach missglück-ten Übersetzungen und fanden u. a. no entry on peacetime (Kein Eintritt in Friedenszeiten) über Notausgängen am Flughafen.

Englisch hielt bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Form von Chinglish Einzug in die chinesische Sprache. Es entstand, weil Chinesen mit Matrosen und Händlern im Hafen in Shanghai kommuni-zieren mussten. Der Austausch beschränkte sich auf wenige Wörter und eine stark verein-fachte Grammatik. mo

In einer Rekordzeit von 30 Minu-ten war Rammsteins Konzert im Madison Square Garden

in New York ausverkauft. Über 18.000 Fans kamen im November zum ersten Konzert der Band in den USA seit zehn Jahren. Dort wurde Rammstein 1997 bekannt, nachdem der Kultregisseur David Lynch zwei Stücke in dem Film

„Lost Highway“ aufnahm. Viele Amerikaner lernen Deutsch, um die Texte, die sie mitgrölen, zu verstehen. Nicht immer klappt das: Aus „Sehnsucht“ machen manche chainsaw (Kettensäge).

Die Berliner Musiker haben mit deutschen Texten weltweit Erfolg und sind für ihre aufwän-dige Bühnenshow bekannt. Mehr als 16 Millionen Platten haben sie seit ihrer Gründung vor 16 Jah-ren verkauft. Kritiker werfen ihnen vor, mit Symbolen der rech-ten Szene zu spielen und Gewalt in Texten und Videos zu verherrli-chen. Für Sänger Till Lindemann ist das alles Kunst. „Wir wollten damit um Gottes Willen keine faschistische Attitüde erschaf-fen“, sagte er zu den Vorwürfen im Interview.

Das letzte Album „Liebe ist für alle da“ war zeitweise indi-ziert, einige Videos dürfen nicht vor 22 Uhr ausgestrahlt werden.

Manche Journalisten in den Verei-nigten Staaten sehen in dem mar-tialischen Auftreten den Grund für den Erfolg der Band und die deutsche Sprache würde zu der harten Musikrichtung passen.

Bisher ist Rammstein die ein-zige deutsche Gruppe, die im ausverkauften Madison Square Garden spielte. Es ist aber nicht ungewöhnlich, dass Deutsch in Musiktexten außerhalb Euro-pas sehr erfolgreich ist und alles andere als militant und aggres-siv klingen muss: Nena war mit dem Lied „99 Luftballons“ 1983 auf Platz 2 in der US-Hitparade, Falco schaffte es als einziger deutschsprachiger Sänger 1986

mit Rock me Amadeus sogar für drei Wochen auf Platz 1. Zwar ist Falcos Refrain auf Englisch, der übrige Teil ist aber eine Mischung aus österreichischem Dialekt und Hochdeutsch.

Die Toten Hosen aus Düssel-dorf haben besonders viele Fans in Argentinien und spielen dort seit Jahren in ausverkauften Hallen. Deshalb haben sie für Argentinien eine extra Platte auf den Markt gebracht, auf der viele deutsch-sprachige Lieder sind.

Inzwischen singen sogar man-che amerikanische und britische Musiker wie etwa die Gruppe Franz Ferdinand vereinzelt Zeilen auf Deutsch. Monika Elias

Staatsministerin Cornelia Pieper (FDP) will in Indien

und in den USA „Deutschland-wochen“ einführen. Das Aus-wärtige Amt rührt damit die Werbetrommel für die deut-sche Sprache und Kultur. Der Schwerpunkt der Bildungsar-beit soll Sprachförderung sein. Dies ist notwendig, weil immer weniger Menschen im Ausland Deutsch lernen (2005 waren es noch 17 Millionen, 2009/2010 14,45 Millionen). Pieper begrün-det: „Immer mehr Länder schaf-fen die zweite Pflichtsprache an den Schulen ab. Dann bleibt als erste Fremdsprache nur noch Englisch. Selbst in Europa hal-ten sich nicht mehr alle an die Verabredung, die Mehrsprachig-keit zu fördern.“

Ein weiterer Grund für die sinkenden Deutschlernerzah-len ist die Sprachpolitik ande-rer Länder. China und Spanien etwa setzen sich stark für ihre Sprachen ein. mo

Deutschlandwochen in USA und Indien

John le carré mag DeutschEuropäische Fremdsprachen

sind in Großbritannien in Bedrängnis, vor allem Franzö-sisch und Deutsch. Die Anzahl der Schüler, die Deutsch lernen, ist seit 2000 dramatisch gesun-ken. Allerdings hat die seit Mai im Amt befindliche Regierung Came-ron dies als Problem durchaus erkannt, wobei noch nicht ganz klar ist, wie sie damit umgehen wird.

Vor diesem Hintergrund hat die deutsche Botschaft London 2010 – gemeinsam mit dem Goe-the-Institut, dem Deutschen Aka-demischen Austauschdienst und der UK German Connection – eine speziell auf Großbritannien zugeschnittene Sprachkampagne durchgeführt. Zentrales Motto: Think German. You already speak it. Die Kampagne bedient sich dabei einer Reihe von deutschen Lehnwörtern im Englischen, wie

„Zeitgeist“, „Doppelgänger“, „Wan-derlust“ oder „Wunderkind“, die im englischen Sprachgebrauch bereits fest verankert sind.

Mit einer Vielzahl an Aktio-nen soll gezeigt werden: Die deut-sche Sprache hat einen besonde-ren Reiz, sie eröffnet neue Welten, verbessert die Karriereaussichten, macht aber auch ganz einfach Spaß. Es wurden eine eigene Web-seite inklusive Facebook-Auftritt konzipiert, zahlreiche, auch inter-aktive Werbeanzeigen geschaltet, Mediengespräche geführt und hochkarätige Veranstaltungen organisiert.

Höhepunkt war eine große Sprachenkonferenz mit Haupt-redner John le Carré, dessen Rede über seine Zuneigung zur deut-schen Sprache auch in den briti-schen Medien abgedruckt wurde. Weiterhin wird in Kürze eine Kar-rieremesse mit führenden deut-schen und britischen Unterneh-men stattfinden.

Wir können davon ausgehen, dass durch diese Aktionen viel Aufmerksamkeit erzeugt und die in den Sommermonaten in den hiesigen Medien zum Teil hef-tig geführte Debatte zum Thema

Fremdsprachenlernen befeuert wurde. Universitäts- und Wis-senschaftsminister David Wil-letts zeigte sich dem deutschen Botschafter Georg Boomgaarden gegenüber kürzlich gut informiert über die Kampagne und äußerte sich sehr lobend.

Thomas Schieb

Mit freundlicher Genehmigung aus der Mitglieder­zeitung des Auswärtigen Amts „internAA“, Januar 2011.

John le Carré, 1931 in Poole, Dorset, geboren, war nach seinem Studium in Bern und Oxford in den 1960ern in diplomatischen Diensten u. a. in Bonn und Hamburg tätig. Mit 

„Der Spion, der aus der Kälte kam“ begründete er 1963 seinen Weltruhm als Schriftsteller.

Foto: White Hare Productions

Der erste Auftritt von „Rammstein“ fand 1994 in Leipzig vor 15 Besuchern statt – jetzt war ihr Konzert im New Yorker Madison Square Garden inner-halb von 30 Minuten ausverkauft.                             Foto: Universal

Deutsch rockt Amerika

Sprachnachrichten  Nr. 49 / März 2011

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Die Gesellschaft für deut-sche Sprache kürte „alter-

nativlos“ als Unwort des Jah-res 2010. Bereits im September warnte Rolf Breitenstein in sei-nem Buch „Wer kann noch was verstehen? Verlottertes Deutsch führt zu Krisen und verstört das Denken“ vor der Gefähr-lichkeit von „alternativlos“ und seiner gedankenlos gebrauch-ten apodiktischen Trabanten

„total“ und „absolut“; alle drei sollten in den Giftschrank! In Breitensteins Buch heißt es: Die Bedeutung von Alternative als freie, aber unabdingbare Entscheidung zwischen genau zwei Möglichkeiten stand lange außer Frage und wurde auch nicht durch die Empfehlung entscheidungsschwacher Witz-bolde erschüttert: Wenn Du an eine Weggabel kommst, nimm beide! Dann schlich sich eine dudenkundige, im politischen Sprachgebrauch gelegentlich genutzte Variation ein: Alterna-tive im Sinne von Möglichkeit zu gebrauchen, so dass plötz-lich eine dritte oder vierte Alter-native angesprochen wurde – alternative Möglichkeiten?

Andererseits und viel gefähr-licher verneinen Politiker immer öfter, dass es zu einer Beschluss-vorlage eine Alternative gäbe. Mit einer solchen Erklärung der Regierung wird, genau genom-men und sofern die Opposition nicht mit einer alternativen Vor-lage widerspricht, die demokra-tische Form außer Kraft gesetzt. Die apodiktische Steigerung sei-tens der Bundesregierung ging 2010 in wenigen Monaten von

„Ich sehe keine Alternative“ über in „Es gibt keine Alternative“ zu den Rettungspaketen in der Finanzwirtschaftskrise und zu Bundesverkehrsminister Ram-sauers Diktum: „Absolut richtig und – ich betone – auch alter-nativlos“ zu seiner Vollsperrung des deutschen Luftraums ange-sichts einer Vulkanwolke; die

„Alternative Sichtflug“ prakti-zierte die Lufthansa, blieb aber umstritten, weil den Piloten zusätzliche Verantwortung auf-gehalst wurde.

Eine kategorische und fast routinemäßige Verneinung von Alternativen würde beiseitewi-schen, was wir seit Sokrates über die Vorzüge des Dialogs und neuerdings über Diskur-sethik und die Herstellung von Wirklichkeit im Diskurs gelernt haben. rob

Hoch lebe der „Klapprechner“

In Heft 2/2010 habe ich eine Wette angeboten, dass in

zehn Jahren die heute noch vielfach amateurhaft als Laptop bezeichneten, zusammenklapp-baren Rechengeräte, sofern es sie dann noch gibt, im deut-schen Sprachgebiet Klapprech-ner heißen werden. Inzwischen haben mehrere Sprachfreunde diese Wette angenommen. Die jeweiligen Einsätze gebe ich auf Anfrage auch gerne bekannt.

Bitte helfen Sie mir, die Wette zu gewinnen! Ein erster Anfang durch Verkehrsminister Ram-sauer ist gemacht. Sie erinnern sich noch an den Gelegenheits-wirbel in der Weihnachtspause, als die übliche Medienmeute über Ramsauers Versuche her-gefallen ist, in seinem Ministe-rium eine allgemeinverständli-che Sprache einzuführen. Das sind die gleichen Dummschwät-zer, die vor hundert Jahren sich auch furchtbar darüber belus-tigt hätten, wie man den gerade in Amerika erfundenen Aero-plane auch nur Flugzeug oder die assembly line von Henry Ford mit so einem blöden Wort wie Fließband eindeutschen könnte. Zeigen wir diesen Ein-faltspinseln, was eine Harke ist!

Walter Krämer

VDS regelt den Verkehr

Der VDS hat sich um die Verkehrssicherheit verdient gemacht. Neben Check your distance gibt es jetzt „Prüfe den Abstand“. Nachdem der VDS gegen die englische Beschriftung an Autobahnbrücken in Nordrhein-Westfalen protestiert hatte, hängte die Polizei die Warnschilder auch in deutscher Sprache auf. Die Schilder fotografi erte VDS-Mitarbeiterin Stephanie Wichert auf der A 3 zwischen Kreuz Breitscheid und Duisburg und auf der A2 zwischen Duisburg und Gelsenkirchen.                                                               Fotos: Wichert

Spätestens seit der Diplom-arbeit von Isabell Kick am Lehrstuhl des VDS-Vorsit-

zenden Walter Krämer wissen es alle: Englische Werbung geht an deutschen Kunden vorbei, vor allem deutsche Werbung wirkt. Dennoch ist es erfreulich, diese These immer mal wieder bestä-tigt zu finden. So ist etwa im Januar eine Studie des Münche-ner Marktforschungsinstitutes IMAS zur wirkvollsten Werbung des Jahres 2010 erschienen. Nach verschiedenen Kriterien hat das Institut die jeweils zehn erfolg-reichsten Werbekampagnen im Radio, im Fernsehen, in der Zei-tung und auf Plakaten ermittelt – die besten werben ausnahms-weise auf Deutsch. Und wenn Englisch, dann allein als Marken-name, wie bei der Radiowerbung für McDonald's, die in dieser Sparte den ersten Platz errang:

„Mein Montag beginnt mit einem knusprigen Mc Toast.“ Bei den Plakaten gewann Coca-Cola mit:

„Mach dir Freude auf.“ Weitere

Spitzenreiter waren „Kellogg's – dein Traumpartner zum Früh-stück“ oder die Werbung: „Wer testet gewinnt“ der AOK Bayern. Bei der Zeitungs- und Zeitschrif-tenwerbung gewann ein Appell, die eigene Wohnung neu zu strei-chen: „Streich dir die Welt, wie sie dir gefällt.“

Für die Bewertung der Anzei-genkampagnen wurden Testper-sonen Zeitungen oder Magazine zum Lesen vorgelegt oder Wer-beeinspielungen im Radio oder Fernsehen vorgespielt. Danach wollten die Tester wissen, an was sich die Getesteten noch erinnern konnten, wie sie die Werbung ein-schätzten, ob sie dadurch zum Kaufen angeregt worden sind usw.

Aus diesen Kriterien bastel-ten die Münchener Marktforscher einen Index mit den oben angege-benen Resultaten, und die sagen zum wiederholten Male: Werber, lasst die Finger von Englisch. Deutsche Kunden reagieren gern auf Deutsch. SN

Alternativlos in den Giftschrank

Nr. 49 / März 2011

Dnativlos“ als Unwort des Jah-res 2010. Bereits im September warnte Rolf Breitenstein in sei-nem Buch „Wer kann noch was verstehen? Verlottertes Deutsch führt zu Krisen und verstört das Denken“ vor der Gefähr-

Hoch lebe der „Klapprechner“

n Heft 2/2010 habe ich eine Wette angeboten, dass in

zehn Jahren die heute noch vielfach amateurhaft als Laptopbezeichneten, zusammenklapp-baren Rechengeräte, sofern es sie dann noch gibt, im deut-schen Sprachgebiet Klapprech-ner heißen werden. Inzwischen Spätestens seit der Diplom-

arbeit von Isabell Kick am Spitzenreiter waren „Kellogg's – dein Traumpartner zum Früh-

Aber bitte auf Deutsch!

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Sprachnachrichten  Nr. 49 / März 2011

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SchöNES DEuTSch

Sehnsucht nach dem eigenen und Vertrauten, rückkehr in die Kindheit, erlebnis von heimat, die Seele lösender Gesang – all das ist das Volkslied.

Die Zeit online

An Volksliedern ist Deutschland vermutlich reicher als jede andere europäische Nation. Auch wenn man sie in den Schulen lange Zeit nicht mehr gelernt und gesungen hat.

Für den Philosophen Lichtenberg waren Volkslieder die Antwort des kleinen Mannes auf die anspruchsvolle Kunstlyrik der Minne- und der Meistersänger, auch ein Kontrast-programm zu den kunstvoll komponierten Kirchenliedern, die nach der Reformation

zur Erbauung der Gläubigen ersonnen wor-den waren. Von dieser akademischen Musik unterscheidet sich das Volkslied „durch das Unmittelbare und scheinbar Unzusammen-hängende, womit es die empfangene Emp-findung weder erklärt noch betrachtet oder schildernd ausschmückt, sondern sprung-haft und blitzartig, wie sie es erhalten, wie-dergibt, und gleichsam im Fluge plötzlich und ohne Übergang, wo man es am wenigs-ten gedacht, die wunderbarsten Aussichten eröffnet“ (Joseph von Eichendorff ).

„Gewöhnlich ist es ... wanderndes Volk, Vagabunden, Soldaten, fahrende Schü-ler oder Handwerksburschen, die solch ein Lied gedichtet“, erklärt Heine in der Roman-tischen Schule. „Gar oft, auf meinen Fußrei-

sen, verkehrte ich mit diesen Leuten und bemerkte, wie sie zuweilen, angeregt von irgendeinem ungewöhnlichen Ereignisse, ein Stück Volkslied improvisierten oder in die freie Luft hineinpfiffen. Das erlauschten nun die Vögelein, die auf den Baumzweigen saßen; und kam nachher ein andrer Bursch, mit Ränzel und Wanderstab, vorbeigeschlen-dert, dann pfiffen sie ihm jenes Stücklein ins Ohr, und er sang die fehlenden Verse hinzu, und das Lied war fertig.“

Das Wort „Volkslied“ ist eine Erfindung von Johann Gottfried Herder. Der hatte schon in jungen Jahren begonnen, Volks-weisen aller Länder zu sammeln, als Predi-ger an der Stadtkirche von Bückeburg stellte er dann seine berühmte Volksliedsammlung

fertig. „Alle unpolizierten Nationen sind sin-gend“, schreibt Herder. „Und wie denn nun auch ihr Gesang sei, es ist und ist meistens ein Sammelplatz all ihrer Wissenschaft, Reli-gion, Bewegung der Seele, Merkwürdigkei-ten der Vorwelt, Freuden und Leiden ihres Lebens.“

Heute sind aus Herders „unpolizierten Nationen“ Gemeinschaften von Internetnut-zern und MP3-Hörern geworden. Aber die deutschen Volkslieder haben überlebt, etwa auf der CD „Volxlieder“ des Altrockers Achim Reichel, bei den Regensburger Domspatzen – und auch in den Musiksendungen des Fern-sehens am Samstagabend. Und sie eröffnen weiterhin „die wunderbarsten Aussichten“, wie zu Zeiten Heines oder Eichendorffs.

Der Winter ist vergangenFrühlingserwachen der stillen Lieder im Volke

singt Frau Nach ti gal le und manch Wald vö ge lein.

Ta le, da ist gar lu stig sein, da

ist mein Herz er freut. So fern in je nem

Schein, ich seh’ die Blüm lein pran gen, des

Der Win ter ist ver gan gen, ich seh’ des Mai en

G D G Em Am D7

G D G Em

Am D7 G

C D7 G C D7

G D G Em Am D7 G

Ich geh den Mai zu hauen / hin durch das grüne Gras, / schenk meinem Buhl die Treue, / die mir die Liebste war. / Und ruf, daß sie mag kommen, / wohl an dem Fenster stan, / empfangen den Mai mit Blumen. / Er ist gar wohlgetan.

Er nahm sie sonder Trauern / in seine Arme blank, / der Wächter auf den Mauern / hob an sein Lied und sang: / Ist jemand noch darinnen, / der mag jetzt heimwärts gehen. / ich seh den Tag aufdringen / wohl durch die Wolken schön.

Ade, mein Allerliebste, / ade, ihr Blümlein fein. / Ade, schön Rosenblume, / es muß geschieden sein, / bis dass ich wiederkomme, / sollst du die Liebste sein. / Das Herz in meinem Leibe / das ist ja allzeit dein. / Aus dem Niederländischen, in der Weimarer Liederhandschrift von 1537. 

Der Winter ist vergangen

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Sprachnachrichten  Nr. 49 / März 2011

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Es geht ein dunkle Wolk herein

Und kommst du, liebe Sonn, nit bald / so weset alls im grünen Wald, / und all die müden Blumen, / die haben müden Tod.

Aus der Liederhandschrift des Klosters Seeon von 1546. 

Im Ersten Weltkrieg umgedichtet zum Gaskampflied: „Es geht eine dunkle Wolk herein, / mich dünkt, es wird ein Angriff sein,  / … mit dunkelgrünem Gas“.  

Bearbeitungen als Kunstlied von Hugo Distler und Kurt Eisler,  als Jazzvariation für Klavier von Uli Kieckbusch. Achim Mentzel sang es als Rock. 

Es waren zwei Königskinder

„Ach, Liebster, könntest du schwimmen? / so schwimm doch herüber zu mir! / zwei Kerzen will ich anzünden, / und die sollen leuchten dir.“

Da war eine falsche Nonne, / die tat, als ob sie schlief. /sie tat die Kerzen auslöschen, / und der Jüngling ertrank in der Tief.

Nach der griechischen Sage von Hero und Leander. 

Im 17. Jahrhundert westfälisch: Et wassen twee Künigeskinner, /  de hadden enanner so lef;  / de konnen to nanner nich kummen, dat Water was vil to bred. 

segg mi, wo du heest, segg mi, wo du heest.

weest; kumm bi de Nacht, kumm bi de Nacht,

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du min Leev sten büst, dat du

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C7 F C7 F1. 2.

Dat du min Leevsten büst

Kumt du um Middernacht, kumt du Klock een! Vader slöpt, Moder slöpt, ik slaap alleen.

Klop an de Kamerdör, faat an de Klink! Vader meent, Moder meent, dat dei de Wind.

Vader un Moder seggtbeid: Dat is Sünn.Harr ik di nich so leev,leet ik di nich in.

Nu de Klock een glik sleit, kum, Leevster, kum.Ach wie dat Hart mi sleit,faat wi uns um.

Kumt dann de Morgengrau, kreit de oll Hahn. Leevster min, Leevster min, dann mut du gahn.

Im 19. Jahrhundert aus Schleswig-Holstein.

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Sprachnachrichten  Nr. 49 / März 2011

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Den rhein runterfahren, vorbei an der Loreley – das ist so ein Moment, wo ich stolz bin, eine Deutsche zu sein.

Alice Schwarzer

Wie konnte ein vergleichsweise unscheinbarer Felsen zu dem weltweit besungenen Magne-ten von Mythen und Legenden werden, der er unbestreitbar heute ist? Die vier Zeilen in dem Gedicht „Die Heimkehr“ von Heinrich Heine,

„Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, / Dass ich so traurig bin; / Ein Märchen aus alten Zeiten, / Das kommt mir nicht aus dem Sinn“ zählen zu den bekanntesten Versen über-haupt. In seinem Buch A tramp abroad gibt Mark Twain den Text sogar in deutscher Spra-che wieder. Und die Noten zum Mitsingen von Friederich Silcher aus dem Jahr 1837 gleich dazu. „Zuerst konnte ich die Weise nicht lei-den“, schreibt Mark Twain, „aber jetzt gefällt sie mir besser als jede andere“. George Gersh-win komponierte eine Jazznummer The Lore-lei, sein Bruder Ira schrieb den Text. Vermut-lich ist es die Kombination von Frau, Gefahr und Unheil, die an der Loreley so fasziniert, vor allem die Männer. Zu Dutzenden dichte-ten sie über die Frau auf dem Felsen. Neben Heinrich Heines berühmten Versen sind die von Clemens Brentano und Joseph von Eichen-dorff wohl die bekanntesten.

Tatsächlich hat der Rhein an der Loreley mit kaum 100 Metern Breite eine seiner engs-ten Stellen; die starke Strömung und die tücki-schen Strudel sind so manchem Schiffer früher zum Verhängnis geworden. Anders als viele glauben, hat aber der Felsen seinen Namen nicht von der bösen Fee, sondern die Fee hat ihren Namen von dem bösen Felsen. Ley heißt mittelhochdeutsch „Schiefer“ oder „Fels“, Lore bedeutet „hinterlistig“. Also ist der Loreley der

„böse Berg“, was er ja tatsächlich einmal war.Alternativ kann Lor auch „tönen“ heißen.

Damit wäre Loreley der „tönende Fels“, der ein besonders gutes Echo gibt. Früher hielt man sein Echo für Geisterstimmen aus dem Inneren des Felsens, oder man dachte sich den Felsen hohl, mit einer Hexe in der Mitte.

Ich weiß nicht, was soll es bedeuten

Die schönste Jungfrau sitzet / dort oben wunderbar,ihr goldnes Geschmeide blitzet, / sie kämmt ihr goldenes Haar.

Sie kämmt es mit goldenem Kamme / und singt ein Lied dabei;das hat eine wundersame, / gewaltige Melodei.

Den Schiffer im kleinen Schiffe, / ergreift es mit wildem Weh;er schaut nicht die Felsenriffe, / er schaut nur hinauf in die Höh.

Ich glaube, die Wellen verschlingen / am Ende Schiffer und Kahn.Und das hat mit ihrem Singen / die Loreley getan.

Heinrich Heine: Buch der Lieder – Die Heimkehr (1824) 

A bend son nen schein.

Gip fel des Ber ges fun kelt im

ru hig fließt der Rhein, der

Luft ist kühl, und es dun kelt, und

kommt mir nicht aus dem Sinn. Die

Mär chen aus al ten Zei ten, das

ich so trau rig bin; ein

Ich weiß

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nicht, was soll es be deu ten, daß

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Hal len, Wol ken zie hen drü ber hin.

fal len, und der Wind weht durch die

Bur gen stolz und kühn; ih re Dä cher sind zer

An der

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G C G G/D G

1.

An der Saale hellem Strande

Zwar die Ritter sind verschwunden, / nimmer klingen Speer und Schild: / Doch dem Wandersmann erscheinen / in den altbemoosten Steinen / oft Gestalten zart und mild.

Droben winken holde Augen, / freundlich lacht manch roter Mund: /Wandrer schaut wohl in die Ferne, / schaut in holder Augen Sterne, / Herz ist heiter und gesund.

Und der Wandrer zieht von dannen, / denn die Trennungsstunde ruft; / und er singet Abschiedslieder, / Lebewohl tönt ihm hernie-der, / Tücher wehen in der Luft.

Der aus Magdeburg stammende Violinist Friedrich Ernst Fesca schrieb 1822 die Musik. 

Worte 1826 von Franz Kugler, Historiker und Schriftsteller. 

Für den Einmarsch der DDR-Athleten bei den Olympischen Spielen 1972 hatte   Kurt Edelhagen aus dem Volkslied einen fetzigen Marsch gemacht. 

Ein weiterer Teil der Faszination dieses Steinbrockens speist sich aus den vielen Bur-gen in seiner Nähe und aus der Landschaft, die ihn umgibt. Im Windschatten des Hunsrücks können hier Pflanzen und Tiere überleben, die es sonst nur sehr viel weiter südlich gibt. Und wo sonst auf der Erde wächst so weit im Nor-den noch Wein?

Heinrich von Kleist beschreibt die Gegend um die Loreley als den „schönsten Landstrich von Deutschland, an welchem unser großer Gärtner sichtbar con amore gearbeitet hat: Das ist eine Gegend wie ein Dichtertraum,

und die üppigste Phantasie kann nichts Schö-neres erdenken als dieses Tal, das sich bald öff-net, bald schließt, bald blüht, bald öde ist, bald lacht, bald schreckt.“

Nicht ohne Grund wurde daher das Mitt-lere Rheintal um die Loreley im Jahr 2002 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt. Hier spiegele sich auch die Geschichte des Abendlandes exemplarisch wider, heißt es in der Begrün-dung. Und hochrangige Baudenkmäler hätten sich hier in einer Fülle und Dichte erhalten, die in keiner anderen europäischen Kulturland-schaft zu finden sei.

SchöNES DEuTSch

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Der Erzbischof und Kurfürst Berthold von Mainz (1441 bis1505) erließ am 22. März 1485 ein Edikt, in dem er untersagte, latei-nische und grie-chische Schrif-ten ins Deutsche zu übersetzen.

Sprachnachrichten  Nr. 49 / März 2011

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’s Her zerl im Leib.

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der blüh, wenn i mein

Kindlein mein, schlaf doch ein, / Vöglein fliegt vom Baume; / fliegt geschwind zu mei’m Kind, / singt ihm vor im Traume. / Eia Wieglein, Wieglein mein, / schlaf, mein Kindlein, schlafe ein.

Aus Mähren.

Betrachtungen über Volkslieder und Loreley von Walter Krämer. Textauswahl und Anmerkungen von Gerd Schrammen.Notensatz von Frank Litterscheid © Sprachnachrichten 2011

Rosestock Holderblüh

G'sichterl wie Milch und Blut, / 's Dirnderl ist gar so gut, / um und um dockerlnett, / Wenn i's no hätt. / Tra-la-la ...

Ärmerl so kugelrund, / Lippe so frisch und g'sund, / Füßen so hurtig g'schwind; / ’s ranzt wie der Wind. / Tra-la-la …

Wenn i ins dunkelblau, / funkelhell Augen schau, / mein i, i seh in mei Himmelreich nei. / Tra-la-la ...

1837 aus Schwaben, Dockerl: Puppe, Mädchen.

Kindlein mein

Vidimus enim Christi libros missarum officia continentes

et praeterea de divinis rebus et apicibus nostrae religionis scrip-tos e latina in germanicam lin-guam traductos nec sine religio-nis dedecore versari per manus vulgi. (…) Dicant tanslatores tales (…) an ne lingua germa-nica capax sit eorum , quae tum graeci tum et latini egregii scrip-tores de summis speculationibus religionis christianae et rerum scienta acuratissime et argutis-sime scripserunt? Fateri opportet idiomatis nostri inopiam minime sufficere necesseque fore , eos ex suis cervicibus nomina fingere incognita, aut si veteribus qui-busdam utantur veritatis sensum corrumpere quod propter magni-tudinem periculi in litteris sacris magis veremur. Quis enim dabit idiotis atque indoctis homini-bus et femineo sexui in quorum manus codices sacrarum litera-rum inciderint veros excerpere intellectus? (…)

Mandamus ne aliqua opera cuiuscunque scientiae (…) e graeco, latino vel alio sermone in vulgare germanicum traducant aut traducta (…) distrahant vel comparent. (…)

Wir sehen nämlich, dass die Bücher Christi, welche das

Amt der Messe enthalten, auch solche, die göttliche Dinge und das Höchste unserer Religion betreffen, aus der lateinischen in die deutsche Sprache übersetzt werden. Diese werden nicht ohne schweren Schaden für die Reli-gion durch die Hände der Menge verbreitet. Sollen uns doch die Übersetzer einmal sagen, ob denn die deutsche Sprache überhaupt für die Dinge geeignet ist, über welche einst die griechischen und dann die lateinischen Schriftstel-ler mit höchsten Einsichten in die christliche Religion so genau und scharfsinnig geschrieben haben. Man muss doch zugeben, dass die Armut unserer Sprache in keiner Weise dafür ausreicht, und dass es (für die Übersetzer) nötig ist, aus ihren eigenen Köp-fen neue, unbekannte Begriffe zu schöpfen oder, wenn es schon irgendwie bekannte Begriffe sind, dass diese den wahren Sinn ver-fälschen. Davor aber haben Wir, wenn es sich um heilige Schrif-ten handelt, wegen der Größe der Gefahr Angst. Wer will denn den Armen im Geiste, den Unge-lehrten oder dem weiblichen Geschlecht, in deren Hände sol-che Sammlungen der heiligen Schriften fallen, die Möglichkeit geben, den wahren Sinn zu ver-stehen? (…)

Wir befehlen daher, dass gleichgültig in welcher Wissen-schaft es sei, überhaupt kein Werk aus der griechischen, latei-nischen oder einer anderen Spra-che in gemeines Deutsch über-setzt werde, und verbieten, dass übersetzte Werke feilgeboten oder gekauft werden. (…)

Quelle: Carl Mirbt, Quellen zur Geschichte des Papsttums und des römischen Katho­lizismus, Mohr /Siebek Tübingen 1911 (Übersetzung: Menno Aden)

Über die Armut der deutschen Sprache

Berthold von Mainz (auch bekannt als Berthold von Henne-berg) am Mainzer Dom.

Foto: Wikimedia

Der Erzbischof und

Foto: Wikipedia

fuNDSTück

Sprachnachrichten  Nr. 49 / März 2011

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Check your distance: die lust am ausländischenÜber  die  Nachricht  der  Verkehrspoli-zei kann man nur den Kopf schütteln und  sich  fragen,  welche  Leute  mit welchem  Intelligenzgrad  dort  am Schalter sitzen. Aber vielleicht ist dies das  Problem  der  Deutschen:  Min-derwertigkeitsprobleme,  die  zum Ducken  veranlassen.  Tiefer  geht  es kaum noch.         Ingeborg Rießer, Paris

Schlechtes Deutsch Bei  allem  Ärger  über  Denglisch  dür-fen  wir  Fehlentwicklungen  in  der deutschen Sprache nicht übersehen. Zum Beispiel: 

1.  Die  Aussprache  des  ä  als  e. Wenn  unsere  Uckermärkische  Kanz-lerin  nach  einer  Hochrechnung  ver-kündet:  „Die  Wehlastimmen  wer-den  noch  genauer  auszuzehlen sein“,  entspricht  dies  der  traditionel-len  Aussprache  in  der  Region  Berlin-Brandenburg. Peinlich ist, dass diese Eigenart  bundesweit  mit  steigender Tendenz nachgeäfft wir. 

2. Der Verzicht auf das kurze, ein-deutige Wörtchen „ja“. Es wird zuneh-mend  durch  „genau“  und  wenn  es besonders positiv klingen soll, durch 

„ganz genau“ ersetzt. Wenn die Alter-native  nur  „nein“  lauten  kann,  sind relativierende  Abstufungen  unsin-nig.  Erste  Anzeichen  lassen  erwar-ten,  dass  „nein“  allmählig  durch  das schwammige „kaum“ abgelöst wird. Helmut Gemmel, Daun

BegeisterungMein  Schwiegersohn  brachte  mir kürzlich  die  Nr.  48  Ihrer  Sprachnach-richten  mit.  Ich  bin  begeistert  und gestern sofort bei Ihnen eingetreten. Dass  die  Sprachpanscherei  immer wieder  im  Mittelpunkt  steht,  freut mich sehr.            unbekannter Absender

Zu Gärtnerinnen herabgestuft Das  schöne  deutsche  Wort  „Kinder-garten“  ist  in  vielen  Sprachen  –  so im  Englischen,  Spanischen  und  Ita-lienischen  –  in  Gebrauch  und  dort gleichsam  ein  Sympathieträger  für die  deutsche  Sprache.  In  Deutsch-land  droht  hingegen  der  „Kinder-garten“ aus dem Sprachgebrauch zu verschwinden  und  durch  das  Wort 

„Kindertagesstätte“ und ärger, dessen Abkürzung  „Kita“,  verdrängt  zu  wer-den. Der „Garten für Kinder“ scheint für  viele  Deutsche  eine  zu  blumige, zu poetische Periphrase zu sein. Neu-lich frug ich in München eine Erziehe-rin, weshalb das Wort „Kindergarten“ immer mehr durch den technischen Begriff  der  „Kindertagesstätte“  oder 

„Kita“  ersetzt  würde.  Sie  antwortete: „Da  würden  wir  zu  Gärtnerinnen  de-gradiert“.  Vittorio Ferretti, München 

Jogi löw machte den anfangIn letzter Zeit werden die Synonyme 

„deshalb“,  „deswegen“  oder  „darum“ immer  öfter  mit  „von  da  her“  um-schrieben,  Betonung  auf  „da“.  Mei-nes  Wissens  hat  der  Bundestrainer Joachim  Löw  damit  angefangen.  In-zwischen sagen es alle, auch Politiker, Journalisten und Unterhalter. 

Ich  finde  die  genannten  funda-mentalen  und  eindeutigen  Begriffe der deutschen Sprache bedürfen kei-ner  modischen  und  lächerlich  klin-genden Abwandlung, mit denen der Nutzer  glaubt,  sich  interessant  oder wichtig zu machen.

Reimer Lützen, Brunsbüttel

handy – na und? Das  Wort  Handy  hat  vielleicht  ein Deutscher erfunden (SN 47 S. 12). Der Ausdruck  ist  falsches  Englisch.  Aber beim  „Friseur“  meckert  auch  keiner mehr.  Im Gegenteil: Man würde híer-zulande  ziemlich  blöd  angeschaut, wenn man sagte: „Ich gehe zum Coif-feur“. Den Friseur kennt man in Frank-reich  nicht.  Warum  also  sollten  wir nicht bei Handy bleiben, auch wenn es  englischer  Abstammung  ist?  Das Wort ist auch so schön „handlich“ ge-genüber  dem  Mobiltelefon,  so  dass ich mir sogar vorstellen könnte, dass die  Briten  und  Amerikaner  es  eines Tages reimportieren.  

Robert Langen, Köln

Gute Nachricht Ihre  Zeitungen  liegen  in  der  Univer-sität Mannheim aus und werden von den  Studenten  gern  angenommen. Bitte macht weiter so! 

Manfred Ganz, Mannheim

Werben für VDS Seit  langem  lese  ich  mit  viel  Interes-se die Sprachnachrichten. Besonders die letzte Ausgabe ist sehr gelungen und informativ. Ich bin ehrenamtlich tätig  (Kirche  und  Politik)  und  würde die Zeitung gern  in meinem Umfeld verteilen, um auf die Arbeit des VDS aufmerksam zu machen. 

Peter K. Knischewski, Jagel

kann kein Deutsch Durch Wikileaks wurde bekannt, dass US-Botschafter Philip D. Murphy nur über  äußerst  bescheidene  Deutsch-kenntnisse  verfügt.  Ganz  im  Gegen-satz  zu  seinem  Vorvorgänger  John Kornblum  und  seinen  Amtskollegen aus anderen Ländern. 

Murphys  Auftritte  in  der  Öffent-lichkeit  sind  peinlich,  lächerlich  und demütigend  zugleich.  Demütigend weil  er  als  Diplomat  die  Sprache  sei-nes Gastlandes weder benutzt noch beherrscht;  lächerlich  weil  er  inhalt-lich  als  Vertreter  einer  vermeintlich überlegenen  Gesellschaftsordnung 

auftritt und peinlich weil er  sich mit vereinzelten deutschen Wörtern wie 

„Fußball“  oder  „große  Stau“  bei  sei-nem Publikum anzubiedern versucht. 

Clemens Wörne, Frankfurt am Main

Spiegel einer NationDeutschland  liegt  noch  im  Her-zen  von  Europa.  Das  deutsche  Volk wurde  noch  nicht  umbenannt.  Der Rhein  fließt  noch  rein.  Der  Thürin-ger  Wald  ist  noch  grün.  Das  Klima von  Deutschland  bleibt  noch  un-veränderlich.  Warum  muss  sich  das Deutsch ohne Grund und mit Unvor-sichtigkeit in Denglisch verwandeln? 

Das  Deutsch  ist  doch  nicht  arm an  Wortschatz.  Im  großen  Wörter-buch  von  Wahrig  kann  man  über 250.000  Wörter  und  Wendungen finden. Das ist eine riesige Zahl. Mit diesem  Wortschatz  kann  man  jede deutsche  Meinung  ohne  Denglisch ausdrücken. 

Friedrich  Schiller  schrieb:  ,,Die Sprache ist ein Spiegel einer Nation; wenn  wir  in  diesen  Spiegel  schau-en,  so  kommt  uns  ein  großes  treffli-ches Bild von uns selbst daraus ent-gegen.”  Was  Schiller  gesagt  hat,  ist richtig.  Das  Deutsch  braucht  einen großen  Schutz.  Diesen  Schutz  kann nur  das  deutsche  Volk  geben.  Ihm gehört  die  Sprache.  Und  die  Regie-rung muss mit einem Gesetz helfen.

H. Turdiew, Staatliche Universität Namangan, Usbekistan

Rätselhaft Ihr  Engagement  ist  oft  erfrischend, aber wer sich gar zu fix und zu schnell aus dem Fenster legt, droht runter zu fallen und platt zu werden. Weshalb Deutschland  und  die  mit  dem  Kur-denproblem  belastete  Türkei  beim Problem  einer  Landessprachen-Festschreibung  gleichstehen  sollen, (SN 48, S. 2) ist ziemlich rätselhaft. 

Schlimmer  jedoch  die  Verknüp-fung  von  Landessprache  und  Men-schenwürde. Das ist aus verfassungs-rechtlicher  Sicht  schlechterdings lächerlich.       Prof. Dr. Jürgen Schwabe,

Buxtehude

Deutschenfeindlichkeit Was  der  BILD-Chefredakteur  zu 

„Schland“  sagt  (SN  48,  S.  3),  leuchtet mir  überhaupt  nicht  ein.  Es  gibt  im Lager  der  Linken  einschließlich  aller Sektierer und Grüppchen, die irgend-wie einen grünen, dunkelroten oder dunkelgrünen  politischen  Horizont aufweisen,  eine  Art  Deutschenfeind-lichkeit,  die  selbstverständlich  auch das Wort „deutsch“ diskreditiert. Mal lautet ein Graffito „Doitschland halt’s Maul!“; mal darf es nicht heißen „Dem Deutschen Volk“,  sondern es soll die 

„Bevölkerung“ sein. In diesem Zusam-menhang  ist  „Schland“  eine  Verhöh-

nung.  Das  Wort  weckt  auch  Assozia-tionen  an  „Schlamm“  oder  an  einen anderen  viel  genutzten  Begriffs  der mit Sch beginnt. 

Herbert Franz Blankemeyer, Kiel

Vorsicht, liebe Sprachfreunde! BILD  unterstützt  VDS  (SN  48,  S.  3). Da  begibt  man  sich  auf  sehr  dün-nes Eis. Meiner Meinung nach ist die BILD-Zeitung  immer  noch  die  größ-te  Dreckschleuder  in  der  deutschen Presselandschaft und man sollte vor-sichtig  sein,  mit  wem  man  sich  ge-mein  macht.  Einen  wie  Diekmann würde ich nicht mal mit der Beißzan-ge  anfassen.  Schließlich  gibt  es  das schöne  deutsche  Sprichwort:  „Sage mir,  mit  wem  du  Umgang  hast  und ich sage dir, wer du bist“.

Befremdlich kommt mir auch Prof. Krämers Gesprächseinstieg mit dem etwas  abgelutschten  und  albernen Begriff der „linken Gutmenschen“ vor. Da wollte Krämer wohl eine Steilvor-lage  liefern.  Dass  Diekmann  diesen Fleischbrocken  sofort  schnappt,  war vorauszusehen. 

Ich  selbst  bin  überzeugter  Linker, von  je  her  erklärter  Feind  der  BILD-Zeitung,  aber  bestimmt  kein  Gut-mensch.  Also,  liebe  Sprachfreunde: Vorsicht! Es gibt eben Sachen, die tut man nicht.

Jörg Langsdorf, München

Nicht nur für christenÜber  das  Schwerpunktthema  von SN  48,  insbesondere  über  die  Wür-digung  Luthers  als  Sprachschöp-fer  (S.  5)  und  über  seine  Fassung der  Weihnachtsgeschichte  von  1535 (S.  18)  haben  wir  uns  sehr  gefreut. Ihre  Beiträge  sind  nicht  nur  für  uns Christen  wertvoll,  sondern  auch  für die deutsche Kultur insgesamt.

Dr. Helmut und Ute Anselm, Gräfelfing

peinlichJeder  blamiere  sich,  so  gut  er  kann, wenn  er  meint,  auf  seine  Mutter-sprache verzichten zu müssen (SN 48, S.  19).  Der  Bundespräsident  schreibt ins Gästebuch:  Best wishes for the Eu-ropean Parliament for the future in the 21th century.  Ein  Brite  oder  Amerika-ner hätte sicher 21st century geschrie-ben und sogar verstanden, wenn sich Wulff auf Deutsch geäußert hätte.

Siegfried Kirsch, Mainz

komplimentDen  Ausdenkern  des  Rätsels  mein großes  Kompliment  (SN  48,  S.  33), auch  wegen  des  hübschen  Lösungs-wortes, das bei mir gleich Assoziatio-nen an frühere Zeiten auslöste, als ich noch  Mitglied  im  Chor  meines  Gym-nasiums sein konnte. 

Annemarie Grimmler, Cottbus

B R I E f E a N D I E R E D a k T I O N

Sprachnachrichten  Nr. 49 / März 2011

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Nur GanzsätzeFür  die  Weihnachtsausgabe  der  SN danke  ich  Ihnen  sehr.  Wie  ich  es auch  pflege,  zeigen  Sie  zu  Recht  so manchen  nicht  korrekten  Sprachge-brauch  auf  und  sorgen  so  –  hoffent-lich  –  immer  wieder  für  sprachliche Korrektur und Qualitätssteigerung.

In  Ihrem  ansonsten  guten  Arti-kel  über  den  „Herrn  Jemine“  (SN  48, S. 5) haben sich allerdings Besonder-heiten  eingeschlichen.  Das  hebräi-sche Tohu wa bohu heißt auf deutsch 

„wüst und leer“, nicht auf hebräisch. Winfried Hamschmidt

WortreligionMit großem Interesse las ich den Bei-trag von Günter Ropohl (SN 48, S. 10). Ich  stimme  dem  Verfasser  in  allen Punkten zu. Gestaunt habe  ich über den  Satz  „Das  Fremdwort  ‚Kontrolle’ meint …“ Haben Wörter neuerdings eine  Meinung?  Die  englischen  Wör-ter  mean  und  meaning  entsprechen dem Deutschen „bedeuten“ und „Be-deutung“.  I mean  im  Sinne  von  „ich meine“  ist  ein  Sonderfall,  weil  es  zu dem  Substantiv  opinion  kein  ent-sprechendes Verb gibt. Der Ausdruck 

„meint“ anstelle von „bedeutet“ zeigt, wie  weit  wir  schon  gekommen  sind in  der  unbewussten  Übernahme englischer Ausdrücke. Fehlt nur noch, dass in einem Ihrer Hefte zu lesen ist: 

„Ich erinnere das nicht.“Hildegard Lindemann, Gießen

armutszeugnis Die  Ausführungen  von  Günter  Ro-pohl  (SN  48,  S.  10)  ließen  sich  fast ohne  Ende  ergänzen.  Eine  verbrei-tete  Sprachschwäche  ist  die  Über-nahme des amerikanisch-englischen Wortes  administration;  wo  man  auf deutsch  von  der  „US-Regierung“ sprechen  sollte.  „Evaluierung“  und 

„Zertifizierung“  für  die  „Bewertung“ und „Anerkennung“ von Studiengän-gen  ist  schon  von  der  Sprache  her ein Armutszeugnis für die Bildung in Deutschland.

Prof. Dr. Robert Seckelmann

angliezismen fint ich blöht!Der Umgang mit der deutschen Spra-che  in  den  SN  ist  beschämend.  In Günter Ropohls Beitrag „Am Anfang war das Wort …“  (SN 48, S. 10) erbli-cke  ich  die  Peinlichkeit  bereits  am Anfang: Die kraftvollen  ersten Worte der Bibel werden zu „Wörtern“ degra-diert.  In meinen Augen  ist ein Autor, der  Gott  als  Stammler  von  Wörtern  schmäht,  peinlicher  als  der  vom  Au-tor  angeführte  Priester,  der  sich  des unnützen  Anglizismus  chillen  be-diente.

Ein  weiteres  Beispiel  für  eine derartige  Wichtigtuerei  liefern  Hei-ner  Schäferhoff  und  Reiner  Pogarell 

(S.  24),  die  sich  gegen  Denglisch  im Rundfunk  wehren  möchten,  in  dem sie die GEZ mit Überzahlungen „mo-lestieren“ und nicht etwa belästigen.

Sollten  die  SN  ein  reines  Kampf-blatt gegen Anglizismen ohne jeden weiteren sprachlichen Anspruch sein, würde  es  reichen,  wenn  der  Inhalt des Blattes auf einen Satz verdichtet wird: Angliezismen fint ich blöht!

Harald Falk, Bordesholm

kein Deppen-apostrophDa war ich doch höchst erstaunt, um nicht zu sagen empört, unser gutes altes  Auslassungszeichen  zum  Dep-pen-Apostroph degradiert zu sehen (SN 48, S. 11). „Fürs“ steht für „für das“, und  ich habe, sozusagen anno tuck, in der Schule gelernt, dass man ein Auslassungszeichen  setzt,  wenn  ein paar  Buchstaben  fehlen,  also „für’s“. Auch wenn sich die Schreibweise in-zwischen geändert hat, sollte man in einem  Verein,  der  sich  für  die  deut-sche  Sprache  einsetzt,  doch  bitte, bitte  ein  armes  altes,  aber  urdeut-sches  Auslassungszeichen  nicht  mit dem  denglischen  Deppen-Apost-roph  verwechseln!  Das  hat  es  wirk-lich nicht verdient.

Heide Aßhoff, Sekretariat Prof. Krämer, Universität Dortmund

Schelte an der falschen Stelle Mit  Freude  las  ich  heute  zufällig  die Sprachnachrichten.  Meines  Erach-tens ist Magnus Embe im Artikel „Der Deppen-Apostroph“  (SN  48,  S.  11) aber ein Fehler unterlaufen: Der Satz 

„Die  richtige  Zeit  für’s  eigene  Heim“ ist  durchaus  korrektes  Deutsch,  und mitnichten  kann  ich  dort  einen  Ge-nitiv  entdecken.  Im  Gegenteil  han-delt  es  sich  hierbei  um  einen  richti-gen  Auslassungs-Apostroph,  denn vollständig müsste es heißen „für das eigene Heim“. Schelte also an der fal-schen Stelle. Knut Lohse

pfui! „Die  Mehrheit  slasht“,  schreibt  Jupp Braun (SN 48, S. 12). Den gleichen Un-sinn gibt es mit dem Bindestrich in E-Post-Adressen, der denglisch nun mi-nus  heißt.  Pfui!  Als  ich  das  bei  einer Sekretärin  des  hiesigen  humanisti-schen  Gymnasiums  monierte,  sagte sie, das sei so Vorschrift. Wo das steht, wusste sie natürlich nicht. 

Volker Morstadt, Freiburg im Breisgau

abdul lud BasaltUnser Vater überlieferte uns zwei Pa-lindrome  (SN  49,  S.  16):  „Ein  Neger mit  Gazelle  zagt  im  Regen  nie“.  Das kennt beinahe jeder. Aber nicht den schwierigen  Satz  „Ida  war  im  Atlas, Abdul lud Basalt am Irawadi“.

Sigrun von dem Hagen, Winsen an der Luhe

lange und kurze JahreDer  Brief  von  Prof.  Krämer  an  die Deutsche  Telekom  (SN  48,  S.  17)  fin-det meine volle Zustimmung. Aber es stört  mein  Sprachempfinden,  wenn Walter  Krämer  sein  Schreiben  als 

„langjähriger Kunde“ unterschreibt. Gibt  es  lange  oder  kurze  Jahre? 

Langzeitig, vieljährig oder seit vielen Jahren  wäre  sprachlich  besser  und genauer. 

Aribert Schmidt, Bielefeld

Griechen brauchen kein Englisch Mir gefällt an den Griechen, dass sie auf Englisch verzichten (SN 42, S. 15) und sich mit Hilfe ihrer eigenen Spra-che  verständigen  und  dabei  auch neue  Wörter  entwickeln.  Ein  paar Beispiele  aus  dem  Bereich  der  elek-tronischen  Rechner:  Computer  = υπολογιστή  (ipologistis),  E-Mail-Ad-resse = ηλεκτρονικά διεύθυνση  (ilek-troniki diefthinsi), Website = δικτυακό τόπο (diktiakos topos).

Dr. Hilmar Kormann, Lichtenfels

feierlich Gerd  Schrammen  hat  in  der  letzten Ausgabe  der  Sprachnachrichten  ei-nen  sehr  schönen  Artikel  über  die Sprache der Bibel „Es begab sich aber zu  der  Zeit  …“  geschrieben  (SN  48, S. 18). 

Ich  bin  richtig  froh,  dass  es  noch anderen Leuten auffällt, wie kalt und sachlich der moderne Text der Bibel klingt,  besonders  die  Weihnachtsge-schichte.  Obwohl  ich  auch  zwei  mo-derne  Übersetzungen  habe,  nehme ich  am  Heiligen  Abend  doch  immer unsere  über  hundert  Jahre  alte  Lu-therbibel,  um  den  feierlichen  Lukas-Text vorzulesen.

Sigrid Natterer, Ismaning

Die WeihnachtsgeschichteNach  meiner  Kenntnis  übersetzt  le-diglich Luther Luk 2, 1 mit „Es begab sich aber zu der Zeit …“ (SN 48, S. 18). Er  überträgt  also  sinngemäß  und nicht  wörtlich,  wie  es  alle  anderen, auch  die  (katholische)  Einheitsüber-setzung,  tun.  Im  Griechischen  steht 

„in jenen Tagen“: „en tais hemerais ek-einais“.  Demzufolge  hat  die  Vulgata 

„in diebus illis“. Es ist eine Meisterleis-tung  von  Luthers  Sprachgespür,  er-kannt  zu  haben,  dass,  wenn  er  hier wörtlich  übersetzte,  er  nur  die  wei-te Ferne eines Geschehens vermittelt hätte.  Sein  „zu  der  Zeit“,  bei  dem  ja das Wort „der“ betont ist, nimmt auf alles  in  Kap.1  Geschilderte  so  Bezug, als wäre es erst jüngst geschehen. 

Ferner übersetzt Luther  in Luk. 2, 14  das  griechische  „eudokia“  mit 

„Wohlgefallen“.  Hieronymus  macht in  der  Vulgata  aus  dem  ihm  über-lieferten  Genitiv  eudokias  ein  bo-nae  voluntatis,  obwohl  es  im  klassi-

schen  Latein  das  Wort  benevolentia für  „eudokia“ gab. Die  jahrhunderte-lange katholische Übersetzung laute-te „den Menschen, die guten Willens sind“ und steht so noch in jedem Kla-vierauszug  der  großen  Messkompo-sitionen wie Bach, Mozart oder Beet-hoven.  Mit  dieser  Fehlübersetzung wird aus dem allen zugesprochenen Frieden  nur  noch  eine  Sache  gutwil-liger Menschen. Seit etwa 20 Jahren gibt es aber die Einheitsübersetzung, in  der  es  jetzt  endlich  heißt  „Frie-de  auf  Erden  den  Menschen  seiner Gnade“. Es hat also fast 500 Jahre ge-braucht,  bis  sich  im  deutschprachi-gen Raum Luthers Übersetzung sinn-gemäß durchgesetzt hat.

Volker Morstadt, Freiburg im Breisgau

Rundes S Ich  bin  seit  Jahren  Mitarbeiter  der Wiener Sprachblätter, Eurem älteren Geschwister,  und  freue  mich  jedes-mal  über  die  gut  zusammengestell-ten  Sprachnachrichten.  Sie  trauen intelligenten,  neugierigen  Lesern nicht zu, in der Frakturschrift das lan-ge  und  das  runde  s  unterscheiden zu können (SN 48, S. 19). Dann ist es doch besser, sie gleich bleiben zu las-sen.       Norbert Prohaska,

Verein Muttersprache, Wien

ligaturen Sie  benutzen  die  Wilhelm-Klings-por-Gotisch  bei  der  Luther-Ausgabe des Neuen Testaments (SN 48, S. 19). Aber Sie verwenden weder das lange s  noch  die  ch-,  ck-  und  tz-Ligaturen. Finden  Sie  die  deutsche  Schrift,  die immerhin 500 Jahre lang das natürli-che Kleid unserer Sprache war, so un-wichtig, dass Sie sie derart nachlässig behandeln? Hat sie es nicht verdient, wenigstens  von  Sprachschützern korrekt angewendet zu werden?

Jürgen Kern, Rotthalmünster

SpaßDas  Kreuzworträtsel  hat  Spaß  ge-macht  (SN  48.  S.  33).  Klein  Anna oder  Ännchen  stammt  aus  Tharau. Ich  fand  die  ganze  Nummer  48  der Sprachnachrichten  wiederum  sehr ansprechend und interessant.

 Prof. Dr. Jens Otto Denschlag, Nieder-Olm

Deutsche popmusik Mir  ist  sehr  wohlwollend  in  der  De-zember-Ausgabe  aufgefallen,  dass Sie  auch  der  deutschen  Popmu-sik  mit  „Wir  sind  Helden“  und  „Phil-ipp  Poisel“  einen  Artikel  gewidmet haben (SN 48, S. 20).  Ich kann  Ihnen auch  meine  Lieblingsband  „Erdmö-bel“  sehr  ans  Herz  legen  falls  die  Ih-nen noch kein Begriff sein sollten.

Jürgen Naeve, Frankfurt/M.

B R I E f E a N D I E R E D a k T I O N

Sprachnachrichten  Nr. 49 / März 2011

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B ü c h E R

B ü c h E R Z u M S c h W E R p u N k T

Claudia Herhold schrieb „Wie lernen Kinder Sprache?“

als praktischen Ideengeber für Sprachförderung. Fundiert und anschaulich erklärt sie die Entwicklungs-stufen des Kindes und wie diese und alle Sinne mit Spracher-werb verknüpft sind.

Der Leser erfährt, wie Sprach- und Stimmstörungen ent-stehen und erhält praktische Tipps, um die Sprachentwick-lung eines Kindes zu unterstützen. So gibt die Sprachtherapeutin auf 25 Sei-ten Anregungen und Spielideen zur Sprachförderung. Interes-sant sind die Analogien zwischen Spiel- und Sprachentwicklung. So ist das Erlernen des „Dran-Seins“ beim Spielen wichtig für spätere Dialogsituationen: Dort sind ebenfalls Zeit- und Aktions-abläufe zu begreifen, etwa wann jemand an der Reihe ist zu spre-chen und wann jemand besser zuhört.

Zudem erklärt Herhold wei-tere Rahmenbedingungen, die für den Spracherwerb wichtig

sind. Dazu zählt sie etwa Tole-ranz der Eltern und Akzeptanz des Kindes zum Aufbau der emo-tionalen Verbundenheit. Eltern

sollten nicht zu viel Druck ausüben, son-dern dem Kind Spaß am Ausprobieren der Stimme und Sprache lassen.

Trotzdem lässt dieser Praxisratge-ber Wünsche offen: Auf 107 Seiten gibt es nur zwei Abbildun-gen, es fehlen Illustra-tionen. Auch ist nicht immer klar, welche

Zielgruppe die Autorin im Auge hatte. Sie wechselt zeitweise den Sprachstil, was sich stö-rend auf den Lesefluss auswirkt. Jedoch erklärt sie alle verwende-ten Fachbegriffe in einem Glos-sar. Eltern und Erziehern, denen pädagogisches Fachvokabular nicht fremd ist, sei dieser Ratge-ber empfohlen. Monika Elias

Claudia Herhold: Wie lernen Kinder Sprache? Tipps zur Begleitung der kindlichen Sprachentwicklung. Berlin: novum 2010, 107 Seiten, 9,20 Euro. ISBN 978­3­990­10010­3.

Scharfe Polemik

Er sieht sehr nett und freundlich aus, spricht

Französisch, Englisch, Deutsch, Russisch, Spanisch, Italienisch und Japanisch, aber er ist alles andere als harmoniesüchtig. Wenn es um Engländer und englischspra-chige Amerikaner geht, neigt Michel Brûlé dazu, die Conte-nance nur knapp zu bewahren.

Sein Buch „Anglaid“ sorgte für Aufsehen, teilweise für Empörung. Mit Unterstüt-zung der Regierung in Qué-bec konnte der IFB Verlag Deutsche Sprache auch dem deutschsprachigen Publikum diese sehr bissige Polemik in der Übersetzung vorlegen.

Brûlé tritt gerne in Deutschland in Buchhandlun-gen und VDS-Gruppen auf, um

aus seinem Buch „Die engli-sche Verdrengung“ zu lesen und darüber zu diskutieren. Seine scharfe Polemik begeis-tert die Zuhörer schon deshalb, weil sie stets mit zahlreichen spannenden Informationen und Anekdoten angereichert ist.

Brûlé erzählt von jungen Deutschen, die er auf deren Vorliebe für englischsprachige Musik angesprochen hatte:

„Ja, aber in Deutschland gibt es keine musikalische Tradi-tion, hat mir einer von Ihnen zugerufen. – Das stimmt: Bach, Beethoven, Schubert und Mozart, das ist ziemlich ärm-lich. In zweitausend Jahren werden die Menschen diesen Schrott nicht mehr hören. Sie werden die Beatles, Madonna

und Michael Jackson vorzie-hen.“ – Brûlé ist auch 2011 regelmäßig in Deutschland zu Gast. Lesungstermine können über das VDS-Büro oder den IFB Verlag Deutsche Sprache abgesprochen werden.

Myriam Grobe

Michel Brûlé: Die englische Verdren­gung. Anglaid – Eine Polemik aus Kanada über eine Herrschaftssprache. Übersetzt von Kurt Gawlitta. Pader­born: IFB Verlag Deutsche Sprache 2010, 181 Seiten, 14,20 Euro.ISBN 978­3­931263­95­9.

Michel Brûlé – ein Frankokanadier gegen die englischsprachliche intoleranz

Integration und Bildung – bei-des ist in unserer Gesellschaft

untrennbar miteinander ver-bunden, aber funk-tioniert in Deutsch-land nicht optimal. Die Forschung sucht seit 20 Jah-ren verstärkt nach Lösungsansätzen.

„Migration und schulischer Wan-del: Mehrsprachig-keit“ will Ansätze einer umfassenden sprachlichen Bil-dung fokussieren, die sowohl Deutsch als Bildungs- und Schulspra-che als auch Migrantensprachen berücksichtigen. Der Band ist ein Ergebnis, das sich als Lehrbuch gut für Schulleiter, Dozenten und Studenten der Erziehungswis-senschaft und Lehrämter eignet.

In elf Kapiteln (und einem Kapitel, welches leider nur im Internet vorhanden ist) werden aktuelle Forschungsergebnisse vorgestellt. Sie stammen aus der Schulqualitätsforschung und ver-mitteln eine wissenschaftlich gut fundierte theoretische Grundlage für eine andere Bildungspraxis.

Fragen und Denkanstöße sowie Beispiele aus der Praxis runden das Buch ab. Da jedes Kapitel

aus einem wissen-schaftlichen Aufsatz besteht, ist „Migra-tion und schulischer Wandel: Mehrspra-chigkeit“ mit aus-reichend weiterfüh-render Literatur durch die jeweiligen Quellenangaben ver-sorgt. Hilfreich wäre ein Glossar gewesen.

Ein interdiszip-linärer Ansatz, die Aufnahme wissen-

schaftlicher Aufsätze aus ande-ren Forschungsfeldern, hätte die Ergebnisse inhaltlich erweitern können. So bieten etwa Psycho-logie und Soziologie für die Ver-besserung von Integration und Bildungspraxis sinnvolle ergän-zende neue Erkenntnisse, die nicht außer acht gelassen wer-den können. Monika Elias

Sara Fürstenau, Mechthild Gomolla (Hg.): Migration und schulischer Wandel: Mehr­sprachigkeit. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2011. 216 Seiten, 19,95 Euro. ISBN 978­3­531­15381­0.

Sprechen lernen Eine Schule, viele Sprachen

Michel Brûlés ist nicht nur in seiner Heimat Québec eine bekannte Figur. Sein Buch „Anglaid“ sorgte für Aufsehen, teilweise für Empörung.  

„Anglaid“ – eine bissige Polemik zu den macht- und sprachpolitischen Auseinandersetzungen im zweitgrößte Staat der Erde.

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Sprachnachrichten  Nr. 49 / März 2011

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B ü c h E R

I# da+ eine Bibel?“ Von dieser Frage wurde ic bei der Lektüre de+ Buce+ mit dem Titel:

„Fraktur mon Amour“ überrasct. Der scwarze Kun#ledereinband mit rosa Blattscnitt gab Anlaß zu der Frage. Ic verneinte zwar, doc eine Bibel der Frakturscrift i# e+ vielleict, da+ über 700 Seiten #arke Werk de+ Verlage+ Hermann Scmidt au+ der Gutenberg#adt Mainz. Ic fand da+ rosa leuctende Werk im Düêeldorfer Kun#handel. Ein Kun#werk, da+ 333 gebrocene Scriften vor#ellt, i# e+ a\emal. Die Herau+geberin, Judith Scalansky, bezeicnet e+ al+: „Liebe+erklärung an die gebrocenen Scriften“. Selb# wenn die einprägsamen Scriften da+ Auge nict zum Verweilen einladen sollten, so erbringen die+ die jewei-ligen kün#lerisc ge#alteten Anordnungen, mit teilweise mutigen, jedenfall+ immer neu erprobten Anordnungen je Scriftscnitt. Kalter Ka{ee i# die hier vorge#e\te Frakturscrift nict, wie zahlreice Neuscöpfungen an Scriften beweisen.

Heavy-Metal-Mu@kalben oder Brauereien in China verwenden ebenso wie Zeitungen in Korea gebrocene Scriften. Diese können al+ Abgrenzung, Verzierung, au+ Unabhängigkeit vom Zeitgei#, oder sclict al+ #ilvo\e Ge#altung eingese~t werden. Dabei i# der Irr-glaube, e+ handele @c um eine Naziscrift, noc immer verbreitet. Dabei waren e+ die Nationalsoziali#en selb#, die die Fraktur al+ „Scwabacer Judenlet-tern“ di{amierten, um die Antiqua an ihre Ste\e zu

se~en. Dort wo gebrocene Scriften derzeit plakativ verwendet werden, ic denke an Hotel+, Ga##ätten und Brauereien, Code+ in Jugendszenen, und den oft untersclagenen Tätowierungen, i# neben dem Wi\en de+ Se~er+ leider da+ Wiâen um die Regeln vieler-ort+ nict vorhanden. E+ geht um die Untersceidung zwiscen dem Lang-s und dem Rund-+. Ferner werden die Buc#abenverbünde, in der Sprace der scwarzen Kun# al+ Ligaturen bezeicnet, vorge#e\t. Bei einem Dru%er der alten Scule im Rheinland bekam ic ein Gespräc mit, in dem gesagt wurde: „Da+ falsce S in dem Text de+ Logo+ i# keine läßlice Sünde. E+ i# ganz einfac ein Fehler.“ Erleictert sehen wir in dem vorliegenden Buc, daß die Autorin da+ Regelwerk im Anhang erklärt. Da+ nette Beispiel der „Wachstube“ (Wac-#ube oder Wac+-tube) i# mittel+ korrekter S-Screibung lesergerect lö+bar.

Ein Buc für da+ Regal? Dort erregt e+ jeden-fall+ Aufmerksamkeit. Aber die beiliegende CD kann sofort angewendet werden. Überscriften, Betre{zeilen, Einladungen und Urkunden in einer au+gewählten gebrocenen Scrift – da+ erregt Aufsehen. Mit einem Gra[kprogramm läßt sic ein Adreß#empel se~en, den nict jeder hat. Da versciedene Scriftanbieter, die auf dem Silberling versammelt @nd, untersciedlice Ta#enbelegungen für da+ besagte S haben, wäre eine Hilfe#e\ung bei einer Neuauflage wünscen+wert. Auc @nd einige Bleilettern nict sauber gescnitten, wa+ bei hi#oriscem Bezug nü~lic sein kann, für eine moderne Anwendung da+ Ziel jedoc verfehlt. Daß da+ Buc, welce+ repräsentativ mit 1,5-facem Volumen gedru%t wurde, Sorgfalt widerspiegelt, zeigt @c zudem daran, daß die gebrocenen Scriften dem Leser untergliedert nahegebract werden: u. a. Ba#arda mit Nähe zur mittelalterlicen Handscrift, die scmale Textura und die Gemütlickeit vermittelnde Scwabacer. Unsere allgemein bekannte Fraktur, die gerne al+ Sammelbe-gri{ für gebrocene Scriften verwendet wird, i# mit eleganten Beispielen, inkl. @-Zeicen ebenso vertreten, wie die verzierende „De$orative+“ oder gar die zum Teil draufgängerisce „Di+play“.

Andrea+ Niederdeppe

Geliebte Fraktur

Judith Schalansky: Fraktur mon Amour. 728 Seiten, inkl. CD­ROM mit mehr als 150 Schriften für den PC und Mac. Verlag Hermann Schmidt Mainz. ISBN 978­3­87439­748­3. 49,80 Euro.

Sprüche Irrsinnig schönIch habe die deutsche Sprache immer als irrsinnig schön undinteressant empfunden.

Udo Jürgens, Musiker

KlappstulleAnglizismen wie „Das macht Sinn“ oder „einmal mehr“ hasse ich wie die Pest. Und davon abgesehen: Ich werde als Übersetzer nicht dafür bezahlt, dass ich Sand-wich mit Sandwich übersetze, sondern mit „Klappstulle“.

Harry Rowohlt, Schriftsteller, Übersetzer, Kolumnist,

Rezitator, Schauspieler

Fern der Heimat Gerade an einem Ort wie Los Angeles wird einem klar, wie sehr die eigene Art zu denken mit der deutschen Sprache zu tun hat. Florian Henckel

von Donnersmarck, Regisseur

Verkehrsbereinigung Es ist mir eine besondere Freude, dass aus dem Highway-Hero nun der „Held der Straße“ geworden ist. So haben wir einen Anglizismus weniger im deutschen Straßenverkehr.

Peter Ramsauer, Bundesverkehrsminister

KaugummiMan kann die deutsche Sprache wie ein Kaugummi in alle Rich-tungen kneten.

Udo Lindenberg

Verschwendung Wir haben eine der wunder-barsten, schönsten, gebildetsten Sprachen der Welt und wir machen keinen Gebrauch davon. Das ist eine Ressourcen-verschwendung, die sich keine Kultur leisten kann.

Adolf Muschg, Schweizer Schriftsteller und

Literaturwissenschaftler

GefahrWenn wir auf dem Gebiet der Sprache zurück-weichen, werden wir ganz einfach hinweggefegt.

Georges Pompidou, französischer Staats-

präsident (1969 bis 1974)

Lena Man sollte unsere Sprache nicht verleugnen. Deshalb sollte Lena beim Eurovision Song Contest deutsch singen und nicht eng-lisch. Heino

Literarisches Talent vermu-tet man im Fußball weniger.

Es gibt Ausnahmen: Ein über 600 Seiten starkes Buch hat nun der frühere Spieler beim 1. FC Köln und bei Bayer Leverkusen, VDS-Mitglied Willi Gierlich, vor-gelegt. Der Roman führt den Leser nach Russland, in den Nahen Osten, nach Afrika und Amerika. Aber auch in Baden-Baden und Leverkusen, dem Wohnort des Autors, spielen einzelne Szenen.

Hauptfigur der Geschichte ist Kim Kronberger, Tochter eines Missionars in Westafrika, die jah-relang mit einem Krankenhaus-schiff Gegenden der Welt bereist. Die Geschichte der Kronbergers

und ihrer Familie verlangt dem Leser einiges an Fantasie ab. Da sprechen Graureiher mit Park-bänken und in ihren Träumen findet die kleine Kim Antwor-ten auf die Probleme der Welt. Manche Geschehnisse sind auch erstaunlich real, wenn zum Bei-spiel ein russischer Ölmilliardär namens Michail Kow Chodorski im Gefängnis landet oder wenn Pokerpartien von Boris Becker das Thema sind.

Der Verfasser schöpft aus einem reichen Erfahrungsschatz an Sportgeschichten, die die Älte-ren unter uns sicher kennen, zum Beispiel als Harald Schumacher bei der WM 1982 in Sevilla den

französischen Spieler Patrick Bat-tiston zwei Zähne ausschlug oder als sich Günther Netzer im DFB-Pokalfinale 1973 selbst einwech-selte. Die Teile 2 und 3 der Trilo-gie sollen 2011 erscheinen. hok

Willi Gierlich, Traumzeichen. Eine Romantrilogie. Erster Teil. Leverkusen: Reichlig­Verlag 2010. 639 Seiten. ISBN 978­3­00­029739­7

Schreibender Stürmer

Sprachnachrichten  Nr. 49 / März 2011

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I f B - B ü c h E R

Am 23. Oktober 2010 ging der Kulturpreis Deut-

sche Sprache in die zehnte Runde. Wieder wurden beson-dere Menschen für ihren Ein-satz für die deutsche Spra-che ausgezeichnet. Neben den Preisträgern Ingeborg Fiala-Fürst und Ludvík Václavek, beide sind Profes-soren an der Arbeitsstelle für deutschmährische Lite-ratur der Palacký-Universi-tät Olmütz in Mähren, sowie die Rechts- und Staatswis-senschaftliche Fakultät der Ernst-Moritz-Arndt-Univer-sität Greifswald, erhielt 2010 erstmals ein Musiker den Preis. Die Jury ehrte niemand geringeres als den uns allen bekannten, lässigen Rockmusiker Udo Lindenberg für seine deutschsprachigen Lieder.

Dieser Band des Kultur-preises Deutsche Sprache enthält alle Lobreden, Gruß-worte und Dankesreden der

Verleihung. Höhepunkte sind die Laudatio des spiegel-Manns Matthias Matussek und die Dankesrede von Udo Lindenberg.

Matussek, ein bekannter Meister der Kritik, befasst sich in seiner Laudatio mit der Besonderheit der „Lin-denbergpoesi“. Er zeigt, dass Udo Lindenberg nicht nur ein außergewöhnlicher Musi-ker, sondern auch ein wahrer Poet ist. Dies verdeutlicht er, indem er sich anhand Linden-bergs Liedtexten mit dessen Leben auseinandersetzt. Sein Fazit: Udo Lindenberg hat mit seinen alltäglichen Lie-dern den deutschsprachigen Rock nahezu revolutioniert und auf eine neue anspre-chende Ebene gebracht.

Lindenberg besticht durch seine humorvolle Art. In sei-ner Dankesrede erzählt er von seinem Weg zur deutsch-sprachigen Musik, durch den er feststellte, dass Deutsch

eine wunderschöne Sprache ist, die man seiner Meinung nach kneten kann wie ein Kaugummi.

Dieser Kulturpreisband zeigt durch eindrucksvolle Reden die Moderne und Schönheit der deutschen Sprache und lässt den Leser teilhaben an einem Abend voller Witz und Poesie. Sabrina Jostameling

Herausgegeben von Helmut Glück, Wolf Peter Klein, Walter Krämer und Eberhard Schöck. IFB Verlag Deut­sche Sprache, 64 Seiten, 9,90 Euro. ISBN 978­3­942409­06­3.

Wie Kaugummi

Der Träger des Sprachprei-ses 2010, Norbert Miller,

spricht in seiner glänzen-den Dankesrede zum Thema

„Sprache als Übersetzung – Zu Problemen des essayistischen

Schreibens von Geschichte“. Norbert Miller hat ein umfas-sendes wissenschaftliches Werk geschaffen, das sich auf Literatur, Kunst und Musik des 18. und des frü-

hen 19. Jahrhunderts ebenso bezieht wie auf die Lyrik der Gegenwart. Bei Norbert Mil-ler kommt das Kunstwerk im wörtlichen Sinne zur Spra-che. Er hat uns Jean Paul zu lesen gegeben, Goethe näher gebracht, Piranesi zu sehen gelehrt und die europä-ische Romantik in der Musik erklärt.

Dafür erhielt dieser Meis-ter der Sprache den Deut-schen Sprachpreis 2010.

Seine Dankesrede ist ein Juwel an Bildhaftigkeit und Musikalität der Sprache, ein Kunstwerk an Gehalt und Ausdruck. Die Laudatio von Andreas Beyer würdigt vol-ler Liebe den Charakter und Wert seines Werkes und sei-nen sprachlichen und geisti-gen Rang.

Frederik Hertz

Norbert Miller: Sprache als Übersetzung. IFB Verlag Deutsche Spra­che, 47 Seiten, 9,90 Euro. ISBN 978­3­942409­05­6.

Sprache als Übersetzung

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Bücher aus dem IFB Verlag Deutsche Sprache

Gudrun Luh-HardeggVon der Schönheit unserer Sprache oder König Midas zum Trotz256 Seiten, fest gebunden, 22,00 €, ISBN 978-3-931263-37-9

„Getragen ist das Buch (...) von einer hingebungsvollen Liebe zur Muttersprache!“ (in: Unsere Muttersprache in Österreich)

Wilhelm SchmidtDeutsche Sprachkunde8. Auflage, 365 Seiten, 19,90 €, ISBN 978-3-931263-77-5

„Fazit: Empfehlenswert auch für jene, die glauben, ihre Sprache ließe sich durch Englisch verbessern.“ (in: Sächsische Zeitung)

Ferdinand UrbanekSternstunden der abend-ländischen Redekunst414 Seiten, fest gebunden, 29,50 €, ISBN 978-3-931263-48-5

„Eine großartige Lektüre!“ (Dr. Gerd Schrammen in: Sprachnachrichten)

Gerhard IllgnerDie deutsche SprachverwirrungLächerlich und ärgerlich: Das neue Kauderwelsch4. Auflage, 136 Seiten, 12,00 €, ISBN 978-3-931263-38-6

„Die Lektüre hat mir viel Vergnügen bereitet. (...) Ich werde Ihr Buch weiter-empfehlen.“ (Leserkritik)

Franz StarkWie viel Englisch verkraf-tet die deutsche Sprache?Die Chance zwischen Glo-balisierungserfordernis und Deutschtümelei108 Seiten, 9,90 €, ISBN 978-3-931263-89-8

„(...) Das Buch von Franz Stark enthält viele bril-lante Ansätze. (...)“ (Walter Scheel)

NEUERSCHEINUNG

Die Krankheit des ProphetenEin pathographischer EssayMarburg an der Lahn 2011

220 S., 5 Abb.Ebr., 17 x 24 cm

isbn 978-3-941365-15-5Preis: 36.00 €

Bestellungen ab sofort direkt an den VerlagBASILISKEN-PRESSE

Postfach 561 · 35017 Marburg an der LahnTel. 0 64 21 - 1 51 88

Die erste Pathographie Mohammeds kommt zu dem Ergebnis, dass der

Prophet kein Epileptiker gewesen ist, sondern an einer paranoid- halluzinatorischen Schizophrenie erkrankt war.

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Sprachnachrichten  Nr. 49 / März 2011

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u N T E R N E h M E N

VDS lobt den Stromkonzern E.ON

Im Dezember 2010 verliehen Walter Krämer und Reiner Pogarell der E.ON Vertrieb

Deutschland GmbH in München eine Auszeichnung für das Hand-buch „Unsere Sprache“. Diese vorbildliche Richtlinie für die gesamte Kundenkommunikation zeichnet sich durch ein eindeu-tiges Bekenntnis zur deutschen Sprache aus. Eine Sprache, die klar, verständlich und lebendig ist.

Zweifellos ist E.ON nicht das einzige große Unternehmen, das sich heute um die deutsche Spra-che kümmert. Aber es ist das ein-zige, das daraus solche handfes-ten Konsequenzen zieht. Auch aus ökonomischen Gründen. „Denn die wirtschaftlichen Schäden, die

deutschen Unternehmen jedes Jahr durch falschen Sprachge-brauch entstehen, gehen in die Milliarden“, so Krämer in seiner Lobrede.

E.ON hat erkannt, dass der Gebrauch guter Sprache die Wirt-schaft erfolgreich beeinflusst; aber zu einer besonderen Auszeich-nung gehört noch mehr. Dazu gehört Ehrlichkeit, wie ein Zitat aus dem Handbuch verdeutlicht:

„Umständliche Rechtfertigungen oder gar partielle Schuldzuwei-sungen an den Kunden haben in einer Beschwerdeantwort nichts zu suchen. Wenn das Unterneh-men einen Fehler gemacht hat, stehen Sie dazu und entschul-digen Sie sich.“ Oder Lebendig-

keit. Es ist möglich jeden Text mit Floskeln zu ersticken. Deswe-gen erlaubt das Handbuch meh-rere Möglichkeiten und wirkt auf eine lebendige Sprache hin. Somit bringt E.ON genau auf den Punkt, um was es dem VDS geht.

Da tausend Menschen im Unternehmen und Millionen Kunden außerhalb des Unter-nehmens mit dieser schönen Spra-che in Berührung kommen, leis-tet E.ON einen wichtigen Beitrag zur Sprachkultur.

Eine weitere Auszeichnung ist das VDS-Sprachsiegel. Das Sprachsiegel „klar, logisch und treffend“ ist eine Marke des VDS und das einzige offizielle Güte-zeichen seiner Art. Es garantiert

gutes Deutsch und Deutlichkeit in Briefen, Broschüren oder Bedie-nungsanleitungen; ferner klare Produktbeschriftungen und ver-ständliche Netzseiten. Wie die TÜV-Plakette ein fahrsicheres Auto dokumentiert, so zeigt das Siegel an, dass hier auf unsere Sprache geachtet wird.

Jedes Unternehmen, jede Behörde, jede Organisation kann das Sprachsiegel beim VDS bean-tragen. Bewerber für das Sprach-siegel werden nach einem festge-legten, umfangreichen Katalog geprüft, ob der Antragsteller es verdient hat. Der Katalog fragt: Stimmt die Gliederung? Wer-den Fachwörter vermieden oder zumindest erklärt? Wird der Kunde freundlich und zeitgemäß angesprochen? Das Siegel selbst ist kostenlos. Aber für Prüfung, Analyse und Gutachten fallen je nach Umfang Kosten an. Diese werden vor der Auftragsvergabe kalkuliert und abgesprochen.

Der weltweit größte Sprach-verein leistet mit dem Sprach-Gütesiegel seinen Beitrag zum sprachlichen Verbraucherschutz. Unternehmen, die Wert auf Kun-den und gute Etikette legen, wer-den nicht daran vorbeikommen.

Informationen zum Sprachsie-gel unter: <info@betriebslinguis tik.de>. Sabrina Wizenti

Prof. Dr. Walter Krä-mer (3.v. l.) zwischen Dr. Uwe Kolks und Dr. Stefan Vogg, Geschäftsführung E.ON Vertrieb Deutschland mit Dr. Reiner Pogarell vom Institut für Betriebs-linguistik (r.) zusammen mit Projektteam Handbuch 

„Unsere Sprache“.Foto: Bernd Ducke

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Die Geschichten, die unser Strumpf erzählt, hat er alle wirklich erlebt. Sie spiegeln die wunderschönen und zugleich anstrengen-den Jahre wider, die wir, er, Frauchen, Felix und ich, auf diesem großen faszinierenden Kontinent erleben durften. 144Seiten,12,95Euro ISBN978-3-939256-02-1 www.anno-verlag.de

Wie ein Stern auf der HaubeIm Dezember hat der Landtag

von Mecklenburg-Vorpom-mern ein neues Landeshoch-

schulgesetz mit den Stimmen der SPD/CDU-Koalition beschlossen. Darin wird festgelegt, dass Stu-denten künftig auf Wunsch an Stelle des Master-Abschlusses ein Diplom erhalten können.

Es war schon erstaunlich, dass das Land nichts dagegen unter-nommen hat, dass es an der Ernst-

Moritz-Arndt-Universität Greifs-wald eine Fakultät gibt, die als einzige in Deutschland nach wie vor den Diplom-Abschluss vergibt.

Die Rechts- und Staatswissen-schaftliche Fakultät hat dafür in Kassel den Institutionenpreis Deutsche Sprache des VDS und der Eberhard-Schöck-Stiftung erhalten. Der Entscheidung des Landtages gingen heftige Diskus-sionen über die Wiedereinführung

des Diploms voraus. Während neun führende Technische Hoch-schulen Deutschlands den Schritt begrüßten, sprachen die Bundes-vereinigung der Deutschen Arbeit-geberverbände (BDA) und die IG Metall von einer „rückwärtsge-wandten Insellösung“. Das Arbeit-geberlager war aber nicht einer Meinung. Daimler-Chef, Dieter Zetsche sagte, „Ein Dipl.-Ing. vor dem Namen ist wie ein Stern auf der Haube“.

Auch in Leserbriefen in den führenden Tageszeitungen wurde über das Thema heftig gestritten. Dabei haben die Kritiker über-sehen, dass man das Diplom in Mecklenburg-Vorpommern auf Wunsch erhalten kann. Wer das nicht wünscht, erhält eben den Allerweltstitel Master.

Die Zukunft wird zeigen, wie das Angebot, sich ein Diplom zu wünschen, bei den Studenten ankommt. Dieter Rasch

Bevorzugt den Diplom-Abschluss: Daimler-Chef Dieter Zetsche

Foto: Kandschwar (Wikimedia)

Sprachnachrichten  Nr. 49 / März 2011

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V E R E I N S S E I T E N

H D SHAUS DER DEUTSCHEN SPRACHE

CH AD

A N Z E I G E

Merseburg 2011Liebe Regionalleiter und Delegierte des VDS,hiermit lade ich Sie sehr herzlich zu unserer nächsten Bundesdelegiertenversammlung am 4. Juni 2011 ins schöne Merseburg ein. Das ist eines unserer jährlichen Großereig-nisse und wird sicher auch dieses Mal allen Teilnehmern ein lange nachhallendes Erleb-nis sein.

Insbesondere planen wir wieder verschie-dene Arbeitsgruppen, in denen Sie sich über aktuelle Entwicklungen des VDS austauschen und neue Ideen einbringen können. Schließ-lich lebt unser Verein von der Basisarbeit und von der Initiative der Mitglieder vor Ort. Bitte lassen Sie sich diese Gelegenheit nicht entge-hen, sich mit Gleichgesinnten und mit Fach-leuten auszutauschen.

Hier ist die offizielle Tagesordnung: 1. Eröffnung und Begrüßung 2. Grußworte 3. Rechenschaftsbericht des Vorsitzenden und

des Schatzmeisters (inklusive Aussprache) 4. Entlastung des Vorstands

5. Neuwahl des Schatzmeisters 6. Arbeitsgruppensitzungen 7. Berichte aus den Regionen und aus den

Arbeitsgruppen 8. Vorstellung neuer (!) Kandidaten für die

Vorstandswahl 2012 9. Verschiedenes

Zu Punkt 6 werden wir, wie schon in Lands-hut, mehrere Parallelsitzungen anbieten. Vor-schläge bitte bei der Geschäftsführung anmel-den.

Zum Punkt „Neuwahl des Schatzmeisters“: Mein Vorstandskollege Dr. Walter Terschüren ist bereit, nochmals zu kandidieren. Weitere Kandidaturen bitte bei der Geschäftsstelle anmelden.

Den Punkt 8 „Vorstellung von Vorstands-kandidaten“ habe ich auf Wunsch verschiede-ner Aktiver aufgenommen, die gerne über diese Kandidaten rechtzeitig vor der Vorstandswahl im Jahr 2012 Informationen sammeln würden. Auch hier sind alle Kandidaten herzlich aufge-fordert, einen Beitrag anzumelden.

Walter Krämer

Literaturmühle Verlag+gese\<a} mbH

Der Verlag für Bücer in deut<er Scri}

Fordern Sie unseren Katalog an oder besucen Sie unsere Ne~seite:

www.literaturmuehle.de Flac+graben 5

93473 Arn<wang

Aktion Deut<e Sprace:Bei jeder Be#e\ung mit dem

Hinwei+ „VDS“ geht eine Spende

an den Verein Deut<e Sprace e.V.

Chinesi<eMärcen

Ludwig Tie%

DerHexen-Sabbath

Fordern Sie unseren Katalog an oder besucen Sie unsere Ne~seite:

Hinwei+ „

Hor# Ziegert

Gereimte+au+ dem A\tag

Eiris sazun idisiSo beginnen die zwei althochdeutschen Zauberformeln aus dem 9. Jahrhundert, die als Merseburger Zaubersprüche zur deutschen Sprachgeschichte gehören. Historiker haben sie 1841 in der Bibliothek des Domkapitels entdeckt. Die Delegierten des VDS werden die alten Handschriften besichtigen können.       Bild: Wikipedia

Die Stadt Merseburg stellt dem VDS für die Versamm-lung das Ständehaus in der Altstadt zur Verfügung.

Foto: Wolfgang Kuba

A N Z E I G E N

Solvay in Dänemark, 1927. Die führenden Physiker der Welt treffen sich, um darüber zu beraten, wie das beunruhigende Dilemma aufzulösen sei, dass Licht sowohl als elekt-romagnetische Welle als auch als Quanten-bewegung erklärbar ist. Beide Erklärungen schließen einander aus, ein unüberbrückba-rer Riss durch das herkömmliche Verständ-nis der Welt hat sich aufgetan.

Erwin Schrödinger, Physiker aus Wien und späterer Nobelpreisträger, veranschau-lichte die neue und widersinnige Situation in einem berühmt gewordenen Modell: der Schrödingerschen Kiste. Bis heute hat sich nichts an der Frage geändert, welcher Platz dem Menschen in einer absurden Welt – in

„Schrödingers Kiste“ – zukommt.Dr. Frank Werther, ein junger Literatur-

wissenschaftler, tritt seine erste Stelle als Lektor an. Nach Studium und Promotion führt ihn sein Weg ins praktische Leben. Als wacher und kritischer Geist sieht er sich nicht nur den pharisäerhaften und opportu-nistischen Befindlichkeiten der deutschen Gesellschaft zur Jahrtausendwende gegen-über, sondern auch der für ihn neuen Situa-tion in „Schödingers Kiste“, dem sinnleeren und absurden Universum.

GeraldGüntner:SchrödingersKiste.BooksonDemand2010.308Seiten,19,80Euro.ISBN978-3-8391-9564-2

Sprachnachrichten  Nr. 49 / März 2011

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VEREINSSEITEN

Ich will etwas für die deutsche Sprache tun und trete dem Verein Deutsche Sprache e. V. bei:

    Name und Vorname  ____________________________________________ _____________________________________________

    Anschrift  _____________________________________________ ____________________________________________

Ich bitte um Lastschrifteinzug des Jahresbeitrags von 30 Euro von meinem Konto 

    Nummer  _________________________________  bei  _________________________________________________

    Datum   _________________________________  Unterschrift  __________________________________________________

Der VDS ist mit Bescheid des Finanzamtes Dortmund-hörde vom 3.3.09 als gemeinnützig anerkannt (Steuer-nr. 315/5791/1057). Spenden und Beiträge sind steuerlich absetzbar.

  per Post oder Fax an: Verein Deutsche Sprache e. V., Postfach 10 4128, 44041 Dortmund; Fax 0231 7948521

Um den Protest gegen die GEZ nicht nur durch

erfolglose Briefwechsel zu füh-ren, planen wir eine Protestak-tion gegen den WDR mit Sitz in Köln (stellvertretend für alle öffentlich-rechtlichen Rund-funkanstalten in Deutschland) mit Bannern, Plakaten, Tröten und allem, was dazugehört.

Damit diese Protestaktion Erfolg hat, ist es natürlich not-wendig, dass sich möglichst viele Mitstreiter beteiligen. Vielleicht verlegen Sie Ihren Wochenendausflug mit der Familie an diesem Termin

einfach nach Köln? Nur durch Worte lässt sich ja anscheinend nicht viel erreichen. Lasst uns also gemeinsam unsere Passi-vität beenden und aktiv auf die Straße gehen!

Damit wir einen Über-blick bekommen, mit wie vielen Mitstreitern wir rechnen können, bitten wir um Anmeldung in der Geschäftsstelle.

Empfehlenswert ist eine gemeinsame Anreise mit der Bahn: Für etwa 40 Euro kön-nen fünf Personen mit dem

„Schönes-Wochenende-Ticket“

in allen Nahverkehrszügen einen Tag lang quer durch Deutschland fahren. Die Demonstration dauert höchs-tens zwei Stunden und ist vom Ordnungsamt der Stadt Köln genehmigt; Banner, Flugblät-ter und Plakate stellt die Dort-munder Geschäftstelle.Termin: Samstag, 14. Mai, 11–13 Uhr Treffpunkt: Auf der Domplatte (an der Kreuzblume) in Köln.Adresse WDR Studio Köln: Appellhofplatz 1, 50667 Köln

Heiner Schäferhoff

Aktionäre gesucht!Seit mehreren Jahren machen VDS-Aktive  um  Jörg  Kapitän  und  Geert Teunis  auf  Hauptversammlungen deutscher Aktiengesellschaften den denglisch-verliebten Vorständen das Leben schwer –  in aller Regel unter großem Beifall des Publikums. 

Diese  Auftritte  wären  noch  wir-kungsvoller,  wenn  unsere  Aktiven dort mit mehr als nur einer Handvoll Stimmrechten  auftreten  könnten. 

Daher sind hiermit alle Aktienbesit-zer unter unseren VDS-Sprachfreun-den aufgefordert,  ihre Stimmrechte bei  Hauptversammlungen  an  die VDS-AG  Hauptversammlungen  zu übertragen. 

Dazu  einfach  die  Einladungen an die VDS-Geschäftsstelle schicken, Kennwort „hauptversammlungen“, die  leitet sie dann an einen unserer Aktiven weiter. wk

Max und Moritz op Platt

Mitarbeiter des VDS haben die Max-und-Moritz-Geschichte von Wil-

helm Busch in zwölf Dialektversionen aufbereitet und von Dialektsprechern in Deutschland und Österreich aufspre-chen lassen. Diese Aufnahmen ergänzen nun die Dialektabteilung des Museums für Kommunikation in Nürnberg. Dar-unter sind das Mecklenburgische, das Ostfälische, Manfselder und Oldenbur-ger Platt, Mittelfränkisch, Ruhrdeutsch, Schwäbisch, Wienerisch, Bairisch und Mittelhessisch.

Allen Gewährspersonen, die ihre Stimme und Dialektkenntnisse zur Ver-fügung gestellt haben, an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön.

Die Audio-Dateien sind bald auch auf dem Internetauftritt des VDS unter www.vds-ev.de zu hören. hok

A N Z E I G E

Sprachnachrichten Nr. 49 / März 2011

Für mehr Deutsch im Radio

KÖLN, 14. Mai

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Sprachnachrichten  Nr. 49 / März 2011

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V E R E I N S S E I T E N

VDS -Mitglieder einmal anders

Horst HenselWie viele andere VDS-Aktive

der ersten Stunde ist Horst Hensel ein Kind des Ruhrgebiets. Von 1999 bis 2002 war er stell-vertretender Bundesvorsitzender, seit dem Jahr 2005 ist er Mitglied unserer Schiedskommission.

Wollte man unter allen VDS-Mitgliedern einen Vielseitigkeits-preis ausloben, würde ihn wahr-scheinlich Horst Hensel gewinnen.

Als Arbeiterjunge wurde er zunächst Fernmeldehandwerker, dann über den zweiten Bildungs-weg ein promovierter Lehrer, war Mitherausgeber von Fachzeit-schriften, literarisch wie politisch aktiv, zum Beispiel mit der Grün-dung der Kamener Bürgerinitia-tive „Runder Tisch gegen fremden-feindliche Gewalt“ – aus welchem Engagement ein Buch zur Pra-xisphilosophie hervorging: „In guter Gesellschaft. Über zivilge-sellschaftliches Verhalten in der Demokratie“ (2008). Auch sein jüngstes Werk ist praxisphiloso-phisch: „Brot & Spiele. Über Poli-tische Ökonomie und den Preis der Kunst“ (2011).

Hauptberuflich bleibt er Leh-rer, nebenberuflich ist er seit 2000 Vorstandsvorsitzender des Medien unternehmens Antenne Unna.

Anders als viele akademische Dampfplauderer kennt Horst Hensel unser Schulsystem von

unten. Mit mehreren Büchern hat er für Furore im Kollegen-kreis gesorgt: Erwähnt sei ledig-lich sein Werk „Die autonome öffentliche Schule. Das Modell des neuen Schulsystems“ (1995) – ein Plan zur Umwälzung der staatli-chen und Beamtenschule. Häufig wurde er an deutsche und auslän-dische Universitäten eingeladen, unter anderem seit vielen Jahren mit einem Lehrauftrag für Deut-sche Literaturgeschichte an die Tongji-Universität in Shanghai.

Dazu ist Hensel Autor von Lyrikbänden, Romanen und Hör-spielen sowie zahlreicher wissen-schaftlicher Aufsätze zur Pädago-gik, Geschichte und Kultur, und seine 1999 erschienene Streit-schrift „Sprachverfall und kul-turelle Selbstaufgabe“ ist eine immer noch gültige Begründung

dafür, warum es den VDS über-haupt gibt. Wenn ich jetzt noch sage, dass Horst Hensel auch Kin-derbücher und Krimis schreibt, hält man das vermutlich für einen Scherz. Aber es stimmt: „Kohl-berg ist geflohen! Der Star der Theatergruppe des Gefängnisses Brackwater konnte während der Rückkehr von einer Aufführung entkommen. Wen wird er jetzt wie-der töten?“ So der Klappentext zu seinem letzten Kriminalroman

„Tango und Theater“ (2009). Lieber Horst, kann ich da als

alter Freund nur sagen, was wird das erst werden, wenn Du mal in Rente bist? Der VDS ist stolz darauf, einen derart vielseitigen, sprachgewaltigen, aber nie die Bodenhaftung verlierenden Mit-streiter in seinen Reihen zu wis-sen. Walter Krämer

Ich weiß noch sehr gut, wie kaum einen Monat nach der Eintra-

gung des VDS ins Registergericht Dortmund ein großer kräftiger Herr in meinem Büro an der Uni Dortmund erschien und mir reso-lut erklärte, was in diesem Ver-ein alles anders gemacht werden müsste. Zum Beispiel bräuchten wir unbedingt eine Vereinszei-tung. Da habe ich gesagt: „Herr Schäferhoff – damals waren wir natürlich noch per Sie – dann machen Sie doch mal.“ Bis heute gibt er die Sprachnachrichten heraus.

Darüber hinaus gehört Hei-ner Schäferhoff seitdem fast ununterbrochen dem Vereinsvor-stand an und ist dort bekannt als jemand, der nicht nur jammert, wenn ihm was nicht passt, son-dern der konkret etwas dagegen tut. Ich kann mich noch gut an seine Züge durch die Dortmun-der Innenstadt erinnern, als Hei-ner und seine Freunde den schö-nen Aufkleber „Wir sprechen auch Deutsch“ auf Schaufens-ter klebten, und zwar samstags,

damit alles bis montags kleben bleibt, bevor die Putzkolonne kommt. Und auch unsere aktu-elle Aktion „Für mehr deutsche Musik im Radio“ war seine Idee. Ich drücke ihm und uns die Dau-men, dass es etwas nützt.

Auf jeden Fall wünsche ich mir mehr Mitstreiter von dieser Art. Lieber Heiner, ich bin froh, dass es Dich gibt, bleib so wie Du bist und denke daran: Mit 70 hat Ade-nauer gerade erst angefangen.

Walter Krämer

Heiner Schäferhoff 70

Orden für SprachpflegerVDS-Mitglied und Rechtschreibex-perte christian Stang hat für seine Verdienste um die deutsche Spra-che die Verdienstmedaille des Ver-dienstordens der Bundesrepublik Deutschland erhalten. Die Staatsmi-nisterin für Bundes- und Europaan-gelegenheiten in der Bayerischen Staatskanzlei, Emilia Müller, verlieh im Januar den Orden. „Sie gelten als begeisterter Sprachliebhaber, der seine Hilfe bereitwillig und unbüro-

kratisch anbietet", erklärte die Mini-sterin. Dem Bundespräsident hät-ten besonders Stangs Verdienste für den Erhalt und die Pflege der deut-schen Sprache gefallen. Der Postan-gestellte Christian Stang gilt als einer der besten Kenner der deutschen Rechtschreibung. Er hat 25 Sprachbü-cher, darunter Ratgeber für die Schule und für den Beruf verfasst, und arbei-tet für die Sprachberatungsstelle der Dudenredaktion.            hok

Viele Genres – ein Autor: Tango, Trug und Teufel (Asso 2006), Tango und Theater (Brockmeyer 2009), In Guter Gesellschaft: Über Zivilgesellschaftli-ches Verhalten in der Demokratie (Brockmeyer 2007), Sturzacker. Roman einer Jugend (Asso 2006).

VDS-Mitglied der ersten Stunde: Horst Hensel. Von Beruf Fernmelde-handwerker, Lehrer, Publizist und Hochschuldozent.    Foto: privat

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R E G I O N a l M E l D u N G E N

Hausmitteilungen aus der Geschäftsstelle

Rundbrief-forumWegen  eines  technischen  Problems  ist  das  Rund-briefforum ([email protected]) seit Febuar ausge-fallen. Die VDS-Mitarbeiter arbeiten an einer Lösung, allerdings wird das E-Mail-Forum in seiner bisherigen Form nicht wieder herzustellen sein. Deswegen wei-sen wir auch auf die neuen  Informationsmöglichkei-ten des VDS hin: den Infobrief ([email protected]), die VDS-Seite bei Facebook und natürlich auf das be-währte Diskussionsforum in Internet.

Spenden direkt an das VDS-kontoEinige  VDS-Regionen  führen  für  ihre  ehrenamtliche Arbeit Bankkonten, über die sie zum Beispiel die Aus-gaben für Veranstaltungen regeln. Mancher Spender überweist Geldbeträge an diese Regionalkonten, um sicherzustellen,  dass  das  Geld  auch  der  jeweiligen Regionalgruppe zur Verfügung steht. 

Diese  Vorgehensweise  verursacht  leider  oft  Pro-bleme  beim  Verwalten  der  Spenden  und  oft  auch 

beim Ausstellen der Spendenquittungen. Deswegen unsere  Empfehlung:  Spenden  immer  auf  das  Konto des  VDS-Bundesverbands  überweisen.  Dies  erleich-tert die Arbeit der Geschäftsstelle. 

Wenn  Spenden  einem  Projekt  oder  einer  Regio-nalgruppe  zugutekommen  sollen,  einfach  auf  dem Überweisungsträger vermerken (zum Beispiel „Spen-de für die VDS Region Köln“). Die so eingehenden Be-träge gehen den gewünschten Empfängern zu.

VDS-Geschäftsstelle:      Verein Deutsche Sprache e. V. pf 10 41 28 · 44041 Dortmund Besucheranschrift: Martin-Schmeißer-Weg 11 44227 Dortmund    Sekretariat: Telefon 0231 794852-0        Fax 0231 794852-1         <[email protected]>

Region im NordenkaufverzichtDie Kiosk-Verkäuferin fragte VDS-Mitglied Dieter Rasch, ob er die Zeitschrift Pony Girl kaufen möchte. „So etwas kaufen VDS-Mitglieder nicht“, antwortete der Regionalleiter aus Rostock. Dar-aufhin griff die Verkäuferin ins Zigarettenregal und präsentierte eine Packung der Marke „Club blau“. Die Firma hatte die Sorte Club blue umbenannt, weil die englische Bezeichnung die Kun-den nicht mehr ansprach.

„Deutsch – ein pflegefall?“Am 24. März (19.00 Uhr) referiert Holger Klatte im Heimathaus Jes-teburg, Niedersachsenplatz, über das Thema „Deutsch – ein Pflege-fall?“ (anschließend Fragen und Diskussion)

DiskussionsrundeAm 25. März (19.00 Uhr) disku-tert Holger Klatte im Clubraum des Hotels IBIS Hamburg Wands-beck (Pappelallee 61, 22089 Ham-burg) mit VDS-Mitgliedern über Ziele und Arbeitsweisen des VDS.

VortragDer Förderverein Biestower Kir-chenensemble und die Region Ros-tock laden ein zum Vortrag in die Biestower Kirche am 14.  April, um 19 Uhr. Ernst Jordan spricht zum Thema „Deutsche Sprache – schöne Sprache“.

Region Kassel (34)Einladung zur WahlDie Region 34 hat über 200 Mit-glieder und ist deshalb berechtigt, für die jährlichen Delegiertenver-sammlungen einen Zusatzdele-gierten zu stellen. Die Amtszeit beträgt drei Jahre.

Der bisherige Amtsinhaber Udo Frank Kürschner (Felsberg), stellt sich erneut zur Wahl. Wei-tere Interessenten bitten wir, ihre Kandidatur anzumelden. Die

Wahl findet statt am 7. April 2011, 19.30 Uhr, in der Knorrstraße 6, 34134 Kassel (Stadtteil Niederz-wehren, Nähe Einkaufszentrum dez).Tagesordnung:1. Begrüßung2. Bericht über neue Entwicklungen beim VDS und in der Region 3. Wahl des Zusatzdelegierten4. Verschiedenes

Region Münster (48)literatur statt karnevalDie VDS-Region Münster lud am Karnavalssonntag zu einer Lesung mit den beiden Osnabrü-cker Schauspielern Oliver Mes-kendahl und Steffen Gangloff. Sie lasen aus dem Briefroman „Adres-sat unbekannt“ von Kathrin Kress-mann-Taylor und gaben Texte und Lieder von Kurt Tucholsky zum besten. Oliver Meskendahl spielte dazu Klavier.

Region Aachen (52)Termine 2011Die Mitglieder treffen sich wei-terhin jeden zweiten Mittwoch in

„geraden“ Monaten (Februar, April, Juni usw.) um 19 Uhr im Res-taurant Soers, Krefelder Str. 86, 52070 Aachen. Ausgenommen während der Schulferien.

Information unter 0241/151648 oder <[email protected]>.

Region Frankfurt/Main (60)Nächste TreffenRegionalleiter Günter Holl-mann lädt VDS-Sprachfreunde in das Bürgerhaus Griesheim in Franfurt/M. ein. Die Treffen sind donnerstags ab 19 Uhr, am:

10. März, 12. Mai, 14. Juli, 8. Sep-tember und 10. November.

Außerdem ist am 14. Mai die Teilnahme an dem Protest für mehr Deutsch im Radio (dazu Seite 25 in dieser SN-Ausgabe)geplant, wofür Günter Hollmann auf Anmeldungen wartet.

Region Karlsruhe (76)Treffen 2011Die Mitglieder treffen sich 2011 im Karlsruher Queenshotel/Best-Western (Ettlinger Straße 23, Erd-geschoss) jeweils Mittwoch um 19.30 Uhr an folgenden Tagen: 11. Mai, 10. August und 9. Novem-ber. Gäste und Freunde der deut-schen Sprache sind herzlich will-kommen.

Die Themen: Rückblick auf das letzte Quartal, Neuigkeiten, Akti-onen im kommenden Jahr, gemüt-licher Teil.

Informationen bei: J. Marcks, Hohewiesenstraße 61, 76275 Ett-lingen, Tel./Fax: 07243-536948.

Region Offenburg (78)Tatort kultur Die regelmäßige Gesprächsreihe

„Tatort Kultur“ hatte diesmal das Thema „Vielfalt Sprache“. Es ging um Sprachentwicklung, Mundart, Jugendsprache und Anglizismen.

Für den VDS diskutierte vor über 200 Zuschauern der Verle-ger Hans Kresse mit.

Die Freiburger Sprachwissen-schaftlerin Helga Kotthoff erläu-terte die Sprachbeziehung zwi-schen Kind und Mutter.

Nachdenklich stimmte die Aus-sage einer Lehrerin, dass das soge-nannte SMS-Deutsch an Schulen bereits weitgehend die Umgangs-sprache der Schüler bestimme.

Vereinsmeldungen – Berichte, Reportagen und Fotos – aus den Regionen können anderen VDS-Mitgliedern Anregungen für Veranstaltungen geben. Schicken Sie Ihre Beiträge bitte an <[email protected]>. Geben Sie in der Betreffzeile

„SN-Regionalmeldung“ an. Fotos müssen Mindestanforderungen erfüllen: 300 dpi oder mindestens 1.000 kB (≈ 1 MB). Papierbilder verursachen zusätzlichen Kosten- und Zeitaufwand. Wir können sie nur nach vorheriger Absprache verwenden.

Am 26. Februar wurde unser Braunschweiger Aktiver

Geert Teunis 75 Jahre alt. Die VDS-Mitglieder kennen ihn als Gründer und immer noch einen der Hauptvertreter unse-rer Arbeitsgruppe „Deutsch auf Hauptversammlungen.“ In die-ser Eigenschaft hat Geert Teu-nis schon manchen Vorstands-vorsitzenden in Erklärungsnot gebracht.

Geert Teunis ist studier-ter und promovierter Maschi-nenbauer und war in seiner Berufszeit im Volkswagenkon-zern aktiv. Dem VDS gehört er seit dessen Anfangstagen an. Wir wünschen ihm für das neue Lebensjahr alles alles Gute. wk

Geert Teunis 75

Aus „blue“ wurde „blau“. Die ost-deutsche Zigarettenmarke „Club“ ist eine Marke von Japan Tobacco International (JTI).                    Foto: Rasch

Sprachnachrichten  Nr. 49 / März 2011

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Bei einer TV-Umfrage in Hanoi erfuhr ich bei meinem letz-

ten Besuch: von zehn Befragten sprach keiner französisch, aber zwei von zehn sprachen Deutsch. Und in Laos staunt mancher Rei-sende, wenn er von einem Laoten in gutem Deutsch angesprochen wird. Mir selbst erging es so bei den Ruinen von Angkor (Kambo-dscha) und an mehreren Stellen in Vietnam.

Zwar sind Vietnam, Laos und Kambodscha alte französische Kolonien. Doch nach der Nie-derlage im ersten Indochina-Krieg 1954 haben die Franzo-sen das Land verlassen, und die französische Sprache, bis dahin an allen Schulen gelernt wurde, verschwand aus den Lehrplänen. Heute spricht nur noch ein Teil der älteren Generation französisch.

Dagegen erhielten Zehntau-sende von Gaststudenten aus diesen Ländern in den 70er und 80er Jahren eine Ausbildung in Deutschland, größtenteils an Fachschulen und Universitäten in der DDR. Die meisten mussten sich verpflichten, nach ihrer Aus-bildung in ihre Heimat zurückzu-kehren, die laotische Regierung hatte sogar Liebesbeziehungen in Deutschland rundheraus verbo-ten. Natürlich sind damals trotz-dem zahlreiche Freundschaften

entstanden, die bis heute anhal-ten, wie mir die Rückkehrer berichteten.

Heute gibt es über 100.000 Viet-namesen mit Deutschkenntnis-sen, oft an führender Stelle, in Laos und Kambodscha jeweils etwa 10.000. Die Rückkehrer haben Freundesgesellschaften gegründet und treffen sich regel-mäßig, um ihr Deutsch aufzufri-schen. Sie hatten mich zu Vor-trägen eingeladen und drückten bei den anschließenden Gesprä-chen aus, wie wichtig ihnen die Förderung der deutschen Spra-che sei. Viele wurden Mitglieder des VDS.

Deutschabteilungen an den Universitäten gibt es in Hanoi und Saigon/Ho-Chi-Minh-Stadt (im Hauptstudium) und als Zweit-fach an der Universität Vientiane (Laos). Seit zwei Jahren gibt es in Saigon eine vietnamesisch-deut-sche Universität. Als Schulfach an Gymnasien besteht Deutsch nur vereinzelt. Seit zwei Jahren gibt es in Vietnam mehrere Sekundar-schulen mit verstärktem Deutsch-unterricht und festen Partner-schaften zu deutschen Schulen (PASCH-Schulen, eine Initiative des Auswärtigen Amtes). Die vietnamesischen Universitäten stellen ihre besten Absolventen als Deutschlehrer bereit.

Von den Indochina-Kriegen und den Diktaturen des vorigen Jahrhunderts ist heute nur noch wenig zu spüren. Die Staaten sind auf Marktwirtschaft und Privat-initiative umgestiegen. Ausländi-sche Investitionen, nicht zuletzt die von Exil-Vietnamesen/-Kam-bodschanern aus Amerika, flie-ßen üppig; Hochhäuser, Hotels, Betriebe schießen in die Höhe. Der Straßenverkehr in den Städ-ten ist enorm gestiegen, Millio-nen von Mopeds haben die Fahr-räder und Rikschas abgelöst und machen, zusammen mit den vie-len japanischen (auch deutschen) PKWs und Taxis, das Überqueren der Straßen zur Mutprobe.

Die nach-kommunistischen „Volksparteien“ arbeiten heute pragmatisch und unideologisch – auch wenn sie mit fast 100 Pro-zent der Parlamentssitze regieren. Das kulturelle Erbe, darunter zahlreiche unesco-Welterbestät-ten, wird gepflegt und einem behutsamen Tourismus geöffnet, so die überwältigenden Tempel-Anlagen von Angkor, die alten Königstädte Hue und Hoi An (Viet-nam) und die Steinsetzungen der

„Ebene der Tonkrüge“ (Laos). Die radikal-maoistische Pol-Pot-Herr-schaft der „Roten Khmer“, der von 1975 bis 1979 bis zu zwei Millio-nen Kambodschaner zum Opfer fielen, ist überwunden. Kambod-scha ist wieder Königreich, in dem man sich wohlfühlen kann.

Der VDS hat hier viele Unter-stützer gewonnen, auch kor-porative Mitgliedschaften wie die Freundesgesellschaften der Deutschland-Rückkehrer und die Deutsch-Abteilungen der Univer-sitäten.

Meine Gespräche bei den Goethe-Instituten in Hanoi und Phnom Penh verliefen erfreu-lich. Die neuen VDS-Regionallei-ter sind für Vietnam die Dozentin Duong Viet Thang (Universi-tät Hanoi), für Kambodscha der Agrar-Experte Dieter Trenker, für Laos der Dozent Heuangchantha-vong Bounxay. Wir wünschen ihnen und uns eine gute Zusam-menarbeit. Manfred Schroeder

V D S I M au S l a N D

Zum Mekong und zurück

Für den VDS im Ausland unterwegs:Manfred  Schroeder.

Foto: VDS

Hanoi Ende 2010: Roland Stumpf, stellver-tretender Leiter des Goethe-Instituts, Viet Thang, Leiterin der Deutschab-teilung der Uni-versität Hanoi, VDS-Regionallei-terin für Vietnam Manfred Schroeder (v. l.).

Foto: privat

Der VDS unterstützt den Dortmunder „Förderver-

ein für die Zweisprachigkeit im Elsaß und im Moseldepar-tement e.V.“, der das Ziel hat, Kindern im Elsass wieder eine zweisprachige Schule zu ermög-lichen. Denn die Eltern haben erkannt, dass ihre Kinder im deutsch-französischen Grenzge-biet gute Berufschancen haben, wenn sie auch Deutsch können. Derzeit sprechen in vielen Fami-lien im Elsass die Großeltern untereinander und mit der heu-tigen Elterngeneration deutsch, die Kinder beherrschen meist nur noch Französisch. Dabei spielt die deutsche Sprache im Alltag eine wichtige Rolle, Schil-der und die Verpackungen im Geschäft sind deutsch.

Seit Anfang des Jahres sen-den auch mehrere Radiosen-der in Straßburg wieder ganz oder teilweise in deutscher bzw. elsässische Sprache:

Der Sender Radio Liberté, bisher nur in Weißenburg und Hagenau aktiv, sendet ab jetzt auch auf der Straßburger Fre-quenz 91,5 MHz und zwar neben französischen Chansons auch Schlager sowie Popmusik auf Deutsch. Auch die Anmodera-tion ist teilweise auf Deutsch. Dazu kommt dieses Jahr noch

„Radio Dreyecksland“ mit viel deutscher volkstümlicher Musik, und auch das zweispra-chig deutsch-französische reli-giöse Radio „Iris“ wird künf-tig auf neuen Frequenzen noch flächendeckender als bisher zu hören sein.

Beste Voraussetzungen dafür, das Elsass zu einer Mus-terregion einer deutsch-fran-zösischen Zweisprachigkeit zu machen. SN

Bald wieder deutsche Töne im Elsass

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Sprachnachrichten  Nr. 49 / März 2011

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SN-lESEZEIchEN

Das Kreuzworträtsel der deutschen Sprache

Lösungswort: _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _

Dieses Rätsel ist anders. Es ist zwar nicht ganz so leicht, dafür werden Sie nicht

gezwungen, „Strasse“ statt „Straße“ und „schoen“ statt „schön“ zu schreiben, denn Ess-zett und Umlaute sind erlaubt.

Auch die Möglichkeit der deutschen Spra-che, quasi unbegrenzt Komposita bilden zu können, kommt hier und da zur Entfaltung. Das Lösungswort kommt in drei Titeln des

IFB Verlags Deutsche Sprache vor. Schicken Sie das Lösungswort mit Ihrer vollständigen Anschrift bis zum 1. Juni 2011 per Karte, Brief oder E-Post an:

IFB Verlag Deutsche Sprache, Stichwort: Rätsel Frühjahr 2011, Schulze-Delitzsch-Straße 40, 33100 Paderborn, <[email protected]>.

Das gibt es zu gewinnen: 1. Preis: Ein Buch „Hymne an die Freiheit“ – ein großes Doku-ment deutsch-griechischer Freundschaft. 2. bis 10. Preis: Je ein Buch „Der Anglizismen-Index 2011“. 11. bis 20. Preis: Je ein Buch „Die engli-sche Verdrengung – Anglaid: eine Polemik aus Kanada über eine Herrschaftssprache“.

Es entscheidet das Los unter den richtigen Einsendungen.

Die Sprachrätsel-Gewinner (ausgabe 48)

1. Platz: Haribert Deblich, Sond-heim/Rhön; Kilian Bruchlacher, Tübingen; Prof. Dr. Gerd Wech-sung, Jena; Dr. Herbert Jung-kunz, Fürth; Dr. Werner Schai-rer, Stuttgart; Peter Müller, Jade; Eva-Maria Sima-Meyer, Berlin; Werner Schürmann, Bückeburg; Aribert Schmidt, Bielefeld; Volk-mar Beger, Chemnitz.2. Platz: Barbara Sandmann, Bre-merhaven; Maren Lach, Preetz; Dorothea Mühlsteffen, Lechbruck am See; Karin Schätz, Erolzheim; Regina und Christian Schramm, Potsdam; Horst Rambousek, Hei-denheim; Almut Bim, Königswin-ter-Oberdollendorf; Frank Wache, Forst; Dr. Peter Stelzel, München; Horstdieter Glave, Schortens.

WA AG E R E C H T1 Alte Zeitmaße, die allen ausrinnen. 12 ein-deutige Absicht erkennen lassen. 13 Evange-lische Studentengemeindenkürzung. 14 Ver-traute Anrede von rechts. 15 Steckt im Ural-sediment. 16  Kurzes Zentralverzeichnis und alte Form für geschlossenes. 17 Zentrum der Arten. 18  Der freundliche Gerhard aus der Teestube. 19 Poetisches Wort eines Raben. 21 Geschrumpfte Arbeitsgemeinschaft. 22 In dieser Liga ist das ein Artikel. 23 Elektroni-sche Straßengebühr. 24 Damit ist Griechisch am Ende. 25 Buchstäblich angenagter Kno-chen. 26 Er besang Amsterdam. 27 Über  … tut selten gut. 29 Kurze 1 Tausend. 30 Endlo-

ser See. 32 Ist gemalt und bellt. 33 Im Gegen-satz zum Müßiggang führt sie keine Laster an. 36 Maßeinheit und Trinkgenuss. 37 Auch hier ist 22 waagerecht ein Artikel. 38 Zwei singen rückwärts. 39 Gerüttelter Monat und Mäd-chenanruf von rechts. 40 Viel höher als der Ni-belung. 41 Kontrapunkt des sie. 42 Politiker, die Lili in sich tragen. Der Baum gehört dazu.

S E N K R E C H T1 Hubert Kah sah ihn. 2 Verlangte der Him-mel bei Mulisch zurück. 3 Ein Nichtraum oder Verdruss. 4 Dieses Blatt hat seine Hochzeit hinter sich. 5 Der Astronom … Eins senk-

recht nicht. 6 Auch unter 18 … waidmänni-sches Objekt der Begierde. 7 Neue Zürcher. 8 Halb Mensch, halb Gott und von einer Jung-frau geboren. 9 Verflüssigtes Zahlungsmittel. 10 Tierisches Genussmittel. 11 Von Mühsam spöttisch besungen. 20 Man weiß nie, was die Kuh meint. 24 Sie triumphierte am Ufer der Schelde. 26 Alta trinita… 28 Sang warnend Wotan an. 31 Zwischen Salzhaff und Meck-lenburger Becken. 32 Schütze, Löwe und Wid-der sind ihm zugeordnet. 34 Beendet Mauer, beginnt Mitteilungsverb. 35 Dafür haben wir ein eigenes Pfand. 39 Passt gut zu 40 senkrecht. 40 Passt gut zu 39 senkrecht. 41 Der spanisch, verkehrt französisch.

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»Tharau« war das gesuchte Lösungswort in der Ausgabe 48

Sprachnachrichten  Nr. 49 / März 2011

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V E R E I N S S E I T E N

herausgeber: Verein Deutsche Sprache e. V. (VDS)Postfach 10 41 28, 44041 Dortmund telefon 0231/ 79 48-520, Fax 0231/ 79 48-521

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Redaktion: Monika Elias M.A., Dr. Holger Klatte, Dr. Gerd Schrammen, Prof. Dr. Walter Krämer 

Gesamtprojektleitung: Heiner Schäferhoff (V.  i.  S.  d.  P.),Allee 18, 59439 Holzwickede; <[email protected]>

Gestaltung und Satz: Fa. Druckpunkt Hoppe, Schkeuditz<[email protected]>

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Die Redaktion übernimmt keine Haftung für unver-langt eingesandte Manuskripte und Bilddateien. Es besteht kein Anspruch auf Honorierung und Rücksen-dung. Bitte schicken Sie uns nur Berichte von überre-gionalem Interesse! Senden Sie uns Ihre Texte bitte in digitaler Form. Wir behalten uns vor, Texte redaktionell zu bearbeiten, vor allem zu kürzen. Die nächste SN-Ausgabe ist die Nr. 50.

I M p R E S S u M DienächsteAusgabeerscheintimMai2011;Redaktionsschluss:28.April2011.

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Wettstreit um Wörter geht weiter

Über 200 Schüler aus Mainz trafen sich Ende 2010 im

Mainzer Rathaus zum zweiten regionalen Buchstabierwettbe-werb. „Für die Schüler geht es um mehr als ums Buchstabieren

von Wörtern,“ meinte Jurymit-glied Brigitte Reinbacher-Kaulen von der Helene-Lange-Schule. „Sie müssen sich konzentrieren und sich der Herausforderung stel-len, gegen andere Mannschaften

vor einem Publikum anzutreten. Weil sie nur als Gruppe gewin-nen können, reicht es nicht aus, wenn einer alleine gut buchsta-bieren kann. Dadurch wird auch der Zusammenhalt in der Gruppe gefördert.“

Die Initiatoren des Buchsta-bierwettbewerbs sind der Main-zer Rechtsanwalt Udo Schiefer-stein und Dr. Hans-Dieter Bottke von der Schülerförderung Rhein- Main.

„Gerade in der Gutenbergstadt sind wir dem Wort verpflichtet“, so Udo Schieferstein. Der Wett-bewerb leiste auch einen beschei-denen Beitrag gegen die Recht-schreibfehler, die sich in den

täglichen Schriftverkehr einge-schlichen hätten.

Dr. Bottke zeigte sich erfreut, dass der VDS wieder die Schirm-herrschaft über den Buchstabier-wettbewerb übernommen hatte.

„Wir müssen auch an den Nach-wuchs denken. Beim Buchstabier-wettbewerb stehen die Schüler im Mittelpunkt und zeigen, was sie können.“ Anglizismen gab es beim Buchstabieren natürlich nicht.

Mehr dazu auch auf der Seite www.buchstabierwettbewerb.de. Wer den Buchstabierwettbewerb auch in seiner Region ausrichten möchte, schreibt bitte eine E-Post an <[email protected]>.

Marco Schäfer

Schülerinnen der Helene-Lange-Schule in Mainz gewannen den zweiten regionalen Buchstabier-wettbewerb.

Foto: Schäfer

Gute BeschwerdebriefeZehn Vorschläge zur Diskussion im VDS / Von Kurt Glawitta

1. Schreiben Sie Beschwerde-briefe an Unternehmen, Verwal-tungen, Politiker nicht privat, sondern im Namen des VDS. Das sprachpolitische Feld muss von uns „besetzt“ werden. VDS-Briefe setzen allerdings eine Abstim-mung mit erfahrenen Regional-leitern oder dem Vorstand voraus, damit Qualität und politisch klare Linie gewährleistet sind.

2. Erwarten Sie von Beschwer-debriefen keine unmittelbare Wir-kung. Sie können nur aufklären und den Eindruck schaffen, dass eine Neubesinnung in unserer Gesellschaft an Boden gewinnt. 3. Massenbriefe sind vergeblich, denn der Empfänger durchschaut diese Taktik rasch. Ob er sie beach-tet, hängt nicht von der Menge der Briefe, sondern von der sozialen,

wirtschaftlichen oder politischen Stellung des Absenders, von sei-nem formellen oder informellen gesellschaftlichen Einfluss ab.4. Briefe mit vorgefertigten Text-bausteinen sind selten möglich. Angesichts der nötigen Anpas-sung an den konkreten Fall soll-ten Sie Ihre Schreiben individu-ell verfassen.5. Briefe mit mehr als einein-halb Seiten wirken querulato-risch, auch wenn Sie noch so viel zu sagen hätten.6. Ein beleidigender, pampi-ger oder herablassender Ton ist kontraproduktiv. Auf jeden Fall zerschneidet er einen möglichen Gesprächsfaden. Auch Ironie und Polemik sind riskante Stilmittel und gehen oft nach hinten los.7. Grammatik, Rechtschrei-bung und Stil müssen tadellos sein, auch Flüchtigkeitsfehler stö-ren. Lassen Sie Ihre Briefe durch eine dritte Person gegenlesen, das schafft Sicherheit.8. Sie müssen zur Begründung nicht Ihr ganzes Repertoire an Argumenten entfalten, wenige

Kernargumente reichen. Deut-sche Gegenvorschläge für einen englischen Ausdruck sollten Sie nur vorbringen, wenn diese wirk-lich überzeugen. Auch hier hilft Gegenlesen durch Dritte.9. Meckern Sie nicht, sondern knüpfen Sie positiv an die Inte-ressenlage des Empfängers an. Gegenüber Wirtschaftsunterneh-men sind dies zum Beispiel Ver-ständlichkeit, Kundenfreundlich-keit, Höflichkeit, Umsatz oder das Gewinnen von Wettbewerbsvor-teilen. Gegenüber Verwaltungen wären demokratische Verpflich-tungen wie die Informations-pflicht, die Verständlichkeit von Entscheidungen oder die Integ-ration aller hier ansässigen Men-schen durch die gemeinsame Lan-dessprache zu betonen.10. Das Argument, alte Leute würden durch die Anglizismen oder den Gebrauch englischspra-chiger Fachausdrücke benachtei-ligt, ist nachrangig. Es weist uns für unsere Gegner als „Ewig-Gest-rige“ aus. Ihr Problem wird die Zukunft ohnehin erledigen.

Sprachnachrichten  Nr. 49 / März 2011

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Z W I S c h E N R u f

Der Rückgang des Deutschen als Wissenschaftssprache ist noch akuter und umfas-

sender als der allgemeine Status-verlust der deutschen Sprache im Inland wie im Ausland. Die Ursa-chen beider Entwicklungen mögen nicht völlig übereinstimmen, aber es gibt Gemeinsamkeiten. Eine ist sicherlich die Überschätzung des Englischen als der rundherum überlegenen Sprache. Und zwar nicht nur wegen ihrer weltweiten Verbreitung, sondern wegen der ihr vermeintlich „innewohnenden Qualitäten“, den „intrin-sic values“, mit denen die angelsäch-sische Sprach-verbreitungspolitik uner-müdlich wirbt.

Wer sich ein bisschen mit kontrastiver Linguis-tik beschäftigt hat, weiß, dass diese Behauptung Unsinn ist. Deshalb ist es löblich, dass die Initiatoren der Tagung, Ehlich und Meyer, den (bei vielen Linguisten fehlenden) Mut haben, einen wissenschaft-lichen Vergleich der typischen Eigenschaften beider (Wissen-schafts-) Sprachen zu fordern.

Dass die meisten Linguisten einen weiten Bogen um diese – zugegeben sensible – Materie machen, führt uns zu einer zwei-ten Gemeinsamkeit unter den Ursachen für den Ansehens- und Statusverlust des Deutsch. Näm-

lich die „kulturelle Mutlosigkeit“ (wie Tagungsteilnehmer Jürgen Trabant in einem Buch schreibt) und das geringe sprachlich-kul-turelle Selbstbewusstsein vieler Deutscher, besonders unter den Eliten, in der Politik und in einem Teil der Medien. Niemand im Aus-land verlangt von uns, dass wir unsere Scham über die im deut-schen Namen begangenen Verbre-chen der NS-Diktatur ausgerech-net über die Sprache und Kultur demonstrieren und deshalb zum Beispiel auch bei unserem Eintre-

ten für sprachliche Gleichberech-tigung mit Englisch und Franzö-sisch in der EU so zurückhaltend sein müssen.

Dafür energisch einzutreten hat nichts mit Deutschtümelei oder gar Nationalismus zu tun, sondern mit völlig legitimer Inte-ressenvertretung unseres Lan-des und seiner Bewohner. Denn die Präsenz einer Sprache auf möglichst allen Ebenen bestimmt ihren Marktwert. Und der ist seit den 1970/80er Jahren stetig im

Sinken, besonders dramatisch in den letzten eineinhalb Jahrzehn-ten. Hier wäre vor allem die Poli-tik gefordert.

Aber wir besitzen weder eine wirkungsvolle Sprachaußenpoli-tik, was vor allem auf das Konto des Auswärtigen Amts  (AA) und der von ihm abhängigen Organi-sationen geht, und noch weniger eine Sprachinnenpolitik. Letzte-res hat – neben der bereits ange-sprochenen Scheu vor Deutschtü-melei – seinen Hauptgrund darin, dass sich wegen der Kulturho-

heit der Bundesländer niemand wirklich dafür zuständig fühlt.

Das Bundesministe-rium für Wissenschaft und Forschung (BMWF) wiederum, das zumindest Einfluss auf die Sprach-verwendung von Förderor-ganisationen und wissen-

schaftlichen Instituten und – via Förderung – auch auf die Hoch-schulen nehmen könnte, tritt gera-dezu als Verfechter von möglichst viel Englisch auf. Beide Ministe-rien lassen ihre alte Kulturspra-che – die älteste Schriftsprache auf dem Kontinent – weitgehend im Stich. Beide sprach(en)-politi-schen Aufgaben müssten im Kanz-leramt angesiedelt und dort dann wirkungsvoll vertreten werden.

Im Fall der Wissenschafts-sprache ist die Situation einer-seits noch schwieriger, weil hier der Druck des Englischen (wie verschiedene Berichte auf dem Kolloquium zeigten) noch stärker als der auf die Standardsprache ist. Andererseits wären die ein-schlägigen „English-Only-Vertre-ter“ vielleicht eher zu überzeugen, wenn man ihnen die ökonomi-schen Nachteile ihrer Haltung für

den „Standort Deutschland“ vor Augen führen würde. Hier wären politikwissenschaftliche, soziolo-gische, sozialpsychologische und soziolinguistische Untersuchun-gen vonnöten. Verkürzt gesagt: Wenn der Airbag, die MP-3-Ton-komprimierung und viele andere Innovationen international als amerikanische und nicht als deut-sche Erfindungen wahrgenommen werden, wenn man in deutschen Konzernleitungen, Forschungsla-bors und Fachpublikationen nur noch und an Hochschulen immer häufiger in Englisch auftritt, ver-blasst das Bild eines bedeuten-den Wissenschafts-, Erfinder- und Technikstandorts. Er wird zum Anhängsel eines angelsächsischen Wissenschafts-, Technik- und Kul-turimperiums. Mit dem Markt-wert der deutschen Sprache und Kultur sinkt nicht nur das Anse-hen, sondern auch der Marktwert des Standorts.

Um eine innenpolitisch-gesell-schaftliche Diskussion anzusto-ßen und das Bewusstsein zu ver-ändern, ist vor allem eine stärkere Wahrnehmung des Problems in den Medien notwendig. Die spär-liche Präsenz der Medien auf dem hochrangig besetzten Tutzinger Kolloquium beweist, wie wenig sie den Zustand als Problem erken-nen. Eine stärkere, ja unermüdli-che Fokussierung auf die Medien scheint unabdingbar, wenn man eine Bewusstseinsänderung in der Öffentlichkeit und in der Politik erreichen will.

Dr. Franz Stark ist Mitglied im Wissen­schaftlichen Beirat des VDS. Von 1987 bis 1995 war er Leiter und Moderator des ARD­Auslandsmagazins „Weltspiegel“ sowie stellvertretender Chefredakteur der Tagesthemen.

»Zwischenruf« ist eine neue, regelmäßige Kolumne von Lesern der Sprach­nachrichten. Sie gibt Platz für Meinungen oder Kommentare zum aktuellen Vereins­ und Sprachgeschehen, die sich nicht unmittelbar auf Artikel in den

Sprachnachrichten beziehen und deshalb für die Sparte Leserbriefe ungeeignet, aber dennoch von Interesse sind. Beiträge schreiben darf jedermann. Über

die Aufnahme entscheidet die SN­Redaktion. Sie behält sich auch vor, Texte zu kürzen. Ein Zwischenruf sollte nicht länger als 2.000 Zeichen sein.

Kulturelle Mutlosigkeit

Mit dem Marktwert der deutschen Sprache und Kultur sinkt nicht nur das Ansehen, sondern auch der Marktwert des Standorts.

Sprachwissenschaftler und Politiker diskutierten an der Evangelischen Akademie in Tutzing über die Zukunft des Deutsch als Wissen-schaftssprache. Ein Tagungsbericht.

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Von Franz Stark

Al-Bum Explosion des ganzen Universums Ein-Wand-frei Haus mit nur drei Wänden Erd-Kunde Landkäufer Fass-Ade Nie wieder saufen Feld-Herr Mann auf der Wiese Fis-Kus Bösartige Zärtlichkeit Geistes-Abwesenheit Gespenstermangel In-Sekt Modischer Schaumwein Mini-Mum Ganz kleiner Mut Ohr-Feige An ungewöhnlicher Stelle wachsende Frucht Schlaf-Rock Sehr langweilige Musik Steuer-Knüppel Waffe zur Eintreibung staatlicher Abgaben Darm-Stadt Ort im Verdauungsschlauch Nach-tragend Im 10. Monat schwanger

Eingesandt von Alfred Becker, Bremen

Sprachnachrichten  Nr. 49 / März 2011

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Die Sprache der Friseurzunft

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Vor Jahren wollte der VDS die  deutsche  Sprache  bei Ebay versteigern. Bei einem Gebot von 10 Millionen Euro hat Ebay die Auktion gestoppt und später für ungültig erklärt. Schlechtes  Deutsch  zum Beschreiben von Artikeln ver-hindert Ebay nicht:NODSCHDROM AGREGAT NEU NOCH EINGEPAGT HABE ES VOR ZWEI JAREN GEKAUFT FÜR MEINEN KEMPINBLATZ WIER HABEN ABER DAN SCHDROM VON SÜWAG BEKOMEN SEID DEM SCHDET DAS NUR IM KELLER IM WEG RUM DAR BRIWART VERKAUF KEINE GARANTI UNT KEIN RÜGABE RESCHT ware mus in65558 flacht abgeholt werden reilandfals

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Arglose Zeitgenossen, die sich vor unseren Friseurläden mit

dem Firmenlogo Cut & Go kon-frontiert sehen, rätseln, was es wohl bedeuten könnte. Verwun-dert kratzen sie sich am Kopf. Cut  & Go – Was soll das hei-ßen? Sie kramen ihre Englisch-kenntnisse aus einer der hinte-ren Schubladen im Kopf hervor, um festzustellen, dass ihnen das nicht weiterhilft. Oder Sie tip-pen sich gleich an die Stirn in der Überzeugung, es mit sprach-lichem Unsinn zu tun zu haben.

Tatsächlich ist die Wortfü-gung ziemlich bös verunglückt. Denn: grammatisch und lexika-lisch gibt es nur zwei system-gerechte Zugangsmöglichkeiten zu dem Spruch: Entweder man fasst cut und go als syntaktisch koordinierte Verben im Imperativ auf, dann bedeutet der Slo-

gan: Schneide und gehe! Er for-dert also [irgendjemand] dazu auf, [irgendwas] zu schneiden und sich davon zu machen. Nicht etwa: Sich die Haare schneiden zu lassen, um schnell den Salon verlassen zu können. Nein, denn derjenige, der schneidet, kann ja wohl nur der Friseur sein; derjenige, der weggeht, nur der Kunde.

Dieser aufgeforderte Irgend-jemand kann also nicht zugleich der Friseur und der Kunde sein. Oder es handelt sich um das Sub-stantiv cut (Schnitt), verbunden mit dem Verb to go (gehen) eine Verbindung, die syntaktisch nicht möglich und semantisch unsin-nig ist. In England existiert der (grammatisch korrekte) Spruch Cut and Curl, dessen Komponen-ten sowohl verbal als auch sub-stantivisch aufgefasst werden

können. Zu Deutsch in etwa: Schneiden und Legen.

Hätte man wenigstens diesen Spruch übernommen! Doch die Anglizitis galoppiert.

Mittlerweile gibt es eine Kette namens Hair Express und eine andere namens Hair Affairs. Und im Land der Bayern soll die Zunft mit „Your head is our universe“ werben, ein mutiges Bekenntnis zur Beschränktheit.

Hartmut Heuermann