Experton Group Marktsicht;Shareconomy – zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Verstand
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Transcript of Experton Group Marktsicht;Shareconomy – zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Verstand
November 2012 © Experton Group www.experton-group.de
Marktsicht
Shareconomy – zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren
Verstand
Axel Oppermann 0561 506975-24
Axel.oppermann@experto
n-group.com
Shareconomy, Share Economy, kollaborativer
Verbrauch („Collaborative Consumption“), Peer-to-Peer-
Marktplätze, „die gemeinsame Wirtschaft“ sind
unterschiedliche Begriffe und gestalterische
Ausprägungen eines Trends: Die Transformation der
wirtschaftlichen Denkmuster vom Haben zum Teilen.
Also die Wandlung von einer Eigentumsgesellschaft mit
monetären Wertausgleichssystemen in eine
Besitzgesellschaft mit monetären (oder nicht-monetären)
Wertausgleichssystemen. Und gerade in dieser Tendenz
liegt eine enorme Gefahr für unser Wirtschafts- und
Wertesystem. Auch wenn der Nutzen für den Einzelnen
(kurzfristig) positiv erscheint, übersteigt die Summe der
Risiken die Leistungsfähigkeit der Gemeinschaft. Dabei
passt doch dieser Trend (scheinbar so gut) in den
allgemeinen Zeitgeist, und ist der Grundstein für neue
Geschäftsmodelle und den nächsten Wachstumsschub.
Oktober 2012 © Experton Group www.experton-group.de
„Shareconomy“ schalmeit es gegenwärtig
überall durch das Bildungsradio, ist
Bestandteil der medialen Diskussion und
bildet so auch das Leitthema einer IT-Messe,
der CeBIT im kommenden Jahr. Dabei wird
der Begriff unterschiedlich ausgelegt und
gedehnt. Während es die Messebetreiber der
CeBIT eher etwas enger verstehen, und einige
Anbieter, die in diesem Themenfeld aktiv sind,
eine Definition wählen, die ihrem primären
Ziel – dem Absatz – dient, handelt es sich bei
diesem Thema um ein extrem
mehrdimensionales Konstrukt, welches
nachhaltige Auswirkungen auf die Wirtschaft
und Gesellschaft hat.
Natürlich bieten einige Ansätze, wie
der in den USA erfolgreich durch
Amazon eingeführte Buchverleih für
Schüler und Studenten, einen
Mehrwert. Studenten leihen hier für
ein Semester ein teures Fachbuch,
nutzen die Inhalte und geben es
nach bestandener Prüfung zurück.
Selbstredend ist es spaßig, mit
Freunden neue Städte zu entdecken
und kurzfristig private Unterkünfte
über Peer-to-Peer-Marktplätze zu
mieten.
Und auch der Gedanke, sich in
chronisch verstopften Städten nicht
um Parkplätze kümmern zu müssen
und ein Auto nach dem jeweils
aktuellen Bedarf auszusuchen, zu
„sharen“ und sorglos zurückzugeben,
ist charmant.
Setzen sich Angebote, Geschäftsmodelle und
Services durch, die auf kollaborativem
Verbrauch, Pay-per-use oder sonstigen
Nutzungsmodellen beruhen, führt dies dazu,
dass sich kurzfristig immer mehr Menschen
immer mehr Waren und Dienstleistungen
„leisten“ können. Wird national in
gesellschaftlichen Klassen gedacht, so können
sich hierdurch bestimmte Schichten
(beispielsweise die unterschiedlichen
Abstufungen der Mittelschicht) angleichen.
Wird auf Ebene einer Markt- und/oder
Gesellschaftsentwicklung gedacht, so
ermöglicht die Share Economy (auf den ersten
Blick) die Verbreitung von Wohlstand (und
Freiheit). Nehmen wir als Beispiel ein kleines
afrikanisches Land: Das Los von Millionen
Menschen in diesem Land ist es (war es), dass
sie Jahrhunderte hindurch von einigen
Privilegierten unterdrückt, ausgebeutet und
erniedriget wurden. Hierdurch kam es für eine
breite Masse an Menschen – für ganze
Regionen – zu Armut. In Folge waren diese
Regionen für viele privatwirtschaftliche
Unternehmen kein lukrativer Markt. Klassisch
produzierte und vermarktete Produkte können
in diesen Märkten nicht zu relevanten
Preispunkten platziert werden. Durch Share
Economy werden diese Regionen zu
Absatzmärkten. So hilft Share Economy die
gesellschaftliche und wirtschaftliche
Entwicklung in bisher benachteiligten
Regionen (scheinbar) positiv zu beeinflussen.
Kurzfristig stimmt dies auch. Mittel- bis
langfristig entstehen jedoch für Individuen,
Gesellschaft und Staat Abhängigkeiten
gegenüber wenigen Wirtschaftsunternehmen,
wie wir sie bereits heute bei der Lieferung von
Rohstoffen (auf Rohstoffmärkten) deutlich
wahrnehmen können.
Oktober 2012 © Experton Group www.experton-group.de
Die Umwälzung von einer
Eigentumsgesellschaft in eine
Besitzgesellschaft
Greifen wir den Gedanken und den
Erzählstrang über die Auswirkungen einer
Shareconomy auf nationaler Ebene nochmals
auf: Der Begriff soll ein verändertes
gesellschaftliches Verständnisses vom Haben
zum Teilen – respektive der gemeinsamen
Nutzung – ausdrücken. Gemeint ist jedoch
keine Kultur des Kostenlosen. In anderen
Worten: In einer "Sharing Economy" ist nicht
alles kostenlos. So sind einige Peer-to-Peer-
Marktplätze transaktionsbasiert, andere rufen
zu finanziellen Gegenleistungen auf. Und
Dritte sind „free of charge“. Darüber hinaus
können die Ausläufer der Share Economy auch
zu Lasten von Qualität (Journalismus, oder
Wikipedia vs. Encyclopaedia Britannica) und
Verfügbarkeit führen.
Wird unterstellt,
dass die Nachfrage nach Services
und Produkten, die über
kollaborativen Verbrauch, Pay-per-
use oder sonstige Nutzungsmodelle
abgerechnet werden, weiterhin
steigt,
die Umsätze und Erträge pro Kunde
(und insgesamt) gemessen an neuen
und relevanten Key Performance
Indikatoren (KPIs) steigen
und der Staat für den Bürger (und
den Staat selbst) annehmbare
Rahmenparameter schafft,
werden immer mehr Unternehmen
entsprechende Modelle entwickeln (müssen).
Dies führt wiederum zu steigender Nachfrage.
Im Umkehrschluss führt es jedoch auch dazu,
dass Berufsbilder verschwinden, Unternehmen
die die Transformation nicht bewältigen,
untergehen und in vielen Bereichen
monopolistische oder oligopolistische
Strukturen entstehen oder diese Strukturen
gefördert werden.
Es ist davon auszugehen, dass es in einer
Gesellschaft, deren überwiegender Anteil an
wirtschaftlichen Transaktionen (und deren
Denkmuster) auf kollaborativem Verbrauch,
Pay-per-use oder sonstigen Nutzungsmodellen
beruhen, zu einer Verarmung breiter Schichten
kommen wird. Insbesondere dann, wenn
exogene Faktoren den Austauschprozess
stören. Dies ist auch darauf zurückzuführen,
dass Menschen sich in ihrem Handeln von
bestimmten Zielen leiten lassen und
versuchen, ein bestimmtes Ziel zu erreichen.
Dieses Verhaltensmuster führt zu
übermäßigem Konsum, welcher zu einem
Verlust des „Besitzes“ bei einer
Verschlechterung der wirtschaftlichen
Rahmenparameter führt Der Verlust von
Besitz (ohne Kompensation) bei geringen
Eigentums-Quoten führt zu Armut. In anderen
Worten: Durch die Wahrnehmung von
unmittelbaren Interessen im Rahmen von
Shareconomy-Welten vermögen die Menschen
regelmäßig nicht, die Ergebnisse ihres Handels
(auch im gesellschaftlichen und
wirtschaftlichen Kontext) vorauszusehen. Dies
führt in einem fragilen System der
Shareconomy, wo in der finalen Ausprägung
wenige Anbieter vielen Nachfragern
entgegenstehen, zur Enteignung der Massen.
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Unternehmen müssen sich auf Share Economy
einstellen – die IT ist Schlüssel und Treiber
Neben der noch immer zunehmenden
Bedeutung der Regionalisierung der
Weltwirtschaft als Herausforderung einer
Gesamtunternehmensstrategie, sind die
Vorboten einer Shareconomy eine zentrale
Herausforderung für Entscheider in
Unternehmen nahezu aller Branchen und
Größenklassen. Für viele Unternehmen
bedeutet dies eine Entwicklung vom
Produktionsbetrieb zum Serviceanbieter –
respektive zu einem hybriden Anbieter. Auch
wenn heute nahezu keine Produkte ohne
Services verkauft werden können - und auch in
der Industrie & Co. umfassende
Servicekompetenzen vorhanden sind - bedarf
es dessen ungeachtet einer Weiterentwicklung
der Dienstleistungsperspektive. Die Frage, die
hier gestellt werden muss, ist die nach der
Geschwindigkeit und Integrationstiefe von
Share-Economy-Leistungen. Hierzu gilt es, die
ökonomische Bedeutung – auch für
unterschiedliche Regionen – im Allgemeinen
und für das eigene Unternehmen zu bewerten.
So müssen Marktpotenziale- und –dynamik
sowie Integrationstiefe in den klassischen
Leistungsprozessen ermittelt werden.
Um etwaige Service-Innovationen inkl. der
notwendigen Differenzierungskriterien am
Markt erfolgreich zu platzieren, bedarf es einer
IT-Infrastruktur, die die Service-Innovationen
auch ermöglicht. Exemplarisch sei hier das
Zusammenspiel von Daten, deren
Verfügbarkeit (=Cloud) und Mobility erwähnt.
Hierbei gilt es auch, eine Beschleunigung von
eiligen Technologieentwicklungen zu
ermöglichen, Beschaffungsmaßnahmen für IT
neu aufzustellen, eine Bestimmung der
benötigten Qualifikationen zu erstellen und
diese in eine Personalentwicklung zu
überführen. Das Projektmanagement muss
genauso überprüft werden, wie ein integriertes
Roadmapping erfolgen muss. Diese Roadmaps
orientierten sich am aktuellen und zukünftigen
Produkt- und Leistungsportfolio des eigenen
Unternehmens, an den Roadmaps von IT-
Lieferanten und Dienstleistern sowie an der
Leistungsfähigkeit der IT-Abteilung.
Zur Zielerreichung muss frühzeitig eine
intensive Zusammenarbeit mit Anbietern von
Hardware, Software, Services und
Telekommunikationsleistungen erarbeitet
werden. Hierzu zählen auch Kenntnisse über
Kostenmodelle dieser Unternehmen. Nur auf
einer solchen Basis können Profit- und Risk-
Sharing-Kooperationen eingegangen werden.
Die IT muss in solchen Szenarien auch
Kompetenzen im Bereich Big Data / Analytics
bereitstellen. Geschäftsmodelle, die auf dem
Shareconomy-Gedanken beruhen, benötigen
tiefgehende Analysen. So müssen
Informationen über den Bestand an
langlebigen Gebrauchsgütern, die
Konsumausgaben (privater Haushalte) für
langlebige Gebrauchsgüter mit Annahmen
über durchschnittliche güterspezifische
Nutzungsdauern vorhanden, bewertet und
gedeutet werden können. Hinzu werden
weitere (tagesaktuelle) Informationen über
Preisbereitschaften, wirtschaftliche
Entwicklung etc. benötigt.
Shareconomy hat fundamentale Folgen für
Individuen, Wirtschaftsunternehmen und
Gesellschaft
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Es klingt heutzutage schon mehr als banal,
wenn hervorgehoben wird, dass wir in einer
Zeit des schnellen und fundamentalen Wandels
leben. Nicht erst seit der massenkonformen
Etablierung des Internets, des Zerbrechens
(eigentlich) etablierter Wirtschaftsparadigmen
und scheinbar unbeherrschbarer Dynamik,
stehen herkömmliche Gesellschafts-,
Produktions- und Managementsysteme vor
einer Zerreißprobe. Interessant an dieser Stelle
ist, wie sich der Wandel in unterschiedlichen
Bereichen und Systemelementen vollzieht –
und wahrgenommen wird. Während die
Einführung von Social-Business-Strategien in
Unternehmen bisweilen mit Argwohn und
Ablehnung durch die Mitarbeiter begleitet
werden, äußern sich die gleichen Mitarbeiter
positiv über Modelle und Geschäftskonzepte
wie Carsharing (kommerziell), Rent-a-Bike,
Nachbarschaftsauto (privat), die sie im
privaten Umfeld konsumieren.
Im Business-to-Business-Umfeld sind
leistungs- und nutzungsabhängige
Geschäftsmodelle, die einen Wandel vom
Eigentum zum Besitz forcieren, in einigen
Bereichen bereits seit Jahren etabliert. Sei es
die Metallpresse in der Autoproduktion (Pay-
per-Part) oder der Kopierer im Büro. Diese
Entwicklung hat, im Gegensatz zur
(internationalen) Arbeitsteilung und
Spezialisierung im Entwicklungs- und
Produktionsprozess (kurzum in der
Produktionstiefe), nicht zu größeren
Nachteilen geführt.
Wird dieses Modell „flächendeckend“ über
Konsumenten ausgerollt - und von diesen
aufgegriffen - kommt es mittel- bis langfristig
zu Schieflagen. Zwar führen solche Modelle
kurzfristig zu einem (Wirtschafts-) Wachstum,
da mehr Menschen mehr konsumieren können
und dabei auch noch durchschnittlich höhere
Preise (pro Vergleichseinheit) bezahlen. Jedoch
führt der kollaborative Konsum für viele
Wirtschaftssubjekte zur Abhängigkeit und zur
sozialen Diskriminierung.
Mit anderen Worten: Werden sich die Modelle
der Shared Economy – die Ansätze des
kollaborativen Verbrauchs – in unserer
Gesellschaft auf breiter Front durchsetzen, so
entstehen neben Chancen auch extreme
Risiken. Wenn sich eine Eigentumsgesellschaft
mit monetären Wertausgleichssystemen in eine
Besitzgesellschaft mit monetären
Wertausgleichssystemen wandelt, gibt es auf
Seiten der Anbieter und Nachfrager einige
Gewinner und Verlierer.
Langfristig kann eine solche Entwicklung in
zentralisierte Besitzgesellschaften führen.
Was bleibt
Egal, in welcher Absicht etwas passiert und ob
überhaupt irgendetwas mit Absicht passieren
wird:
1. Shareconomy ist ein Trend, mit dem
sich IT, Organisation und
Unternehmensleitung beschäftigen
müssen.
2. Hierbei sind die
unternehmensinternen Prozesse zu
nennen (Stichwort: Social Business
für Collaboration und
Communication und die
Überarbeitung von Kunden- und
Mitarbeiterdialogen unter dem
neuen Paradigma vom Besitzen zum
Teilen).
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3. Es sind aber auch die Produkt- und
Leistungsprozesse zu beachten.
Shareconomy fördert neue Services
und Geschäftsmodelle. IT ermöglicht
diese.
4. Voraussetzung ist das
Zusammenspiel von Daten, deren
Verfügbarkeit (=Cloud) und Mobility.
5. Die Politik und die Gesellschaft sind
gefragt, liberale Rahmenparameter
zu definieren.
6. Share Economy ist ein Trend,
welcher unser Denken und Handeln
beeinflusst. Jedoch wird er
mittelfristig in Deutschland nicht
dominieren. Zu extrem berühren
Eigentumsfragen sehr
unterschiedliche Dimensionen wie
juristische, historische, ökonomische,
politische und nicht zuletzt
soziologische sowie psychologische
Größen. Insbesondere in
Deutschland, wo die Soziale
Marktwirtschaft, mit der Bedeutung
des Eigentums als zentraler
Leuchtturm gilt, wird sich die Share
Economy zwar etablieren, allerdings
nicht dominieren.
7. In vielen anderen
Wirtschaftsräumen wird die Share
Economy eine führende Rolle
einnehmen. Um in diesen Märkten
erfolgreich zu sein, müssen
entsprechende Innovationen forciert
werden.
geschilderten Rahmenparametern – einen
enormen Druck und betreiben einen großen
Aufwand, sich aus der Schusslinie zu ziehen.
Dennoch – oder gerade deshalb – sollten
Ansätze zu internen Positionierung und
Steigerung der eigenen Reputation getrieben
werden.