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Examen, Titel, Promotionen Akademisches und staatliches Qualifikationswesen vom 13. bis zum 21. Jahrhundert Herausgegeben von Rainer Christoph Schwinges Redaktion: Marie-Claude Schöpfer Pfaffen unter Mitarbeit von Tina Maurer und Thomas Schwitter Schwabe Verlag Basel JC03/~Q~~

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Examen, Titel, Promotionen

Akademisches und staatliches Qualifikationswesen

vom 13. bis zum 21. Jahrhundert

Herausgegeben vonRainer Christoph Schwinges

Redaktion:Marie-Claude Schöpfer Pfaffen

unter Mitarbeit von Tina Maurer und Thomas Schwitter

Schwabe Verlag BaselJC03/~Q~~

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Acta Promotionum I

Die Promotionsdokumente europäischer Universitätendes späten Mittelalters

Rainer Christoph Schwinges, Bern

Über das Schriftwesen der mittelalterlichen Universitäten, namentlichüber die allgemeinen Rektoratsmatrikeln und verwandte Quellen, istschon häufiger berichtet worden', Gleiches gilt auch für die Statuten-.

Siehe fscques Psquet; Les Matricules Universitaires (Typologie des Sources du Mo-yen Age Occidental 65), Turnhout 1992 (mise a jour par Anne-Msrie Bultot- Verley-sen, Turnhout 2003);Eva Giessler- WJ~rsJgundfohsnn« Böhm-Klein, Universitäts- undHochschulmatrikeln, in: Taschenbuch für Familiengeschichtsforschung, hg. von Wolf-gang Ribbe und Eckart Henning, Neustadt an der Aisch "1995, S. 235-269. Zu frü-heren Zusammenstellungen s. Bruno Schmalhaus, Hochschulmatrikeln. Verzeichnisder Drucke nebst anderen Nachweisen (Hainbergschriften 7), Göttingen 1937; Ksrl-Heinz Goldmenn, Verzeichnis der Hochschulen und hochschulartigen Gebilde sowieihrer Vorläufer und Planungen in deutsch- und gemischtsprachigen Gebieten unterbesonderer Berücksichtigung ihrer (Haupt-)Matrikeln. Ein Versuch, Neustadt an derAisch 1967; Wollgang Barmann, Neues über alte Hochschulmatrikeln, in: Genealogie26/27 (1976/77), S. 787-790. Zur Bedeutung der Matrikeln vgl, Reiner C Schwinges,Resultate und Stand der Universitätsgeschichte des Mittelalters vornehmlich im deut-schen Sprachraum - einige gänzlich subjektive Bemerkungen, in: Mitteilungen der Ös-terreichischen Gesellschaft für Wissenschaftsgeschichte 20 (2000) [2001], S. 97-119;Vlrich Rasche, Über die deutschen, insbesondere über die Jenaer Universitätsmatri-keln, in: Genealogie 25 (2000/01), S. 29-46, 84-109.

2 Zu einer Systematik vgl, Dieter Girgensohn, Gli statuti medioevali delle Universita digiurisprudenza italiane: conservazione, materie regolate, interdipendenze, in: Univer-sita in Europe, Soveria Mannelli 1995, S. 159-170; Heinrich Denifle, Die Statuten derJuristen-Universität Bologna vomjahre 1317-1347, und deren Verhältnis zu jenen Pa-duas, Perugias, Florenz, in: Archiv für Literatur- und Kirchengeschichte 3 (1887),S. 196-397; Arno Seifert, Statuten- und Verfassungsgeschichte der Universität Ingol-stadt (1472-1586), Berlin 1971. Statuten und deren Editionen sind ausser für Frank-reich (Marcel Fournier[Hg.], Les statuts et privileges des universites fran~aises depuisleurfondation jusqu'en 1789,3 Bde., Paris 1890-1892, Bd. 4: hg. von dems. und Char-les Engel, Paris 1894/Ndr. Aalen 1970) nicht gesamthaft verzeichnet, zumeist einzeln

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Überdie Promotionsdokumente der Universitäten und Fakultäten, überA cts Promotionum, istdagegen noch nicht im Überblick gearbeitet wor-den. Der Begriff Acta Promotionum, den ich hier benutze, und im fol-genden Beitrag auch Christian Hesse, ist freilich ein Kunstbegriff, der inden Quellen so nicht auftaucht. Er lehnt sich einerseits an italienischeVorbilder an, etwa an die Acta graduum der Paduaner Juristen und Me-diziner-, andererseits an nordalpine Gepflogenheiten, zum Beispiel denLiberpromotionum der Krakauer Artistenfakultät", Doch dies geschiehtnurum anzudeuten, dass mit ActsPromotionum grundsätzlich alle Do-kumente gemeint sind, aus denen man Kenntnisse über unser General-thema <Examen, Titel, Promotionen- für das späte Mittelalter erhaltenkann.In meinem Beitrag konzentriere ich mich auf vier Fragen: Wie, wo,

wann und warum sind Promotionsdokumente entstanden? Drei dieserFragen zielen auf das, was man in Anlehnung an die Stiftskirchenfor-schung Peter Moraws oder meine eigenen Neubürger- Forschungen auchTypologie, Geographie und Chronologie der Dokumente bezeichnenkönnte, während die vierte Frage der Sache auf den Grund gehen will'',

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ediere oder Matrikeleditionen u.a. beigefügt. Hinweise in den unter Anm. 1 genann-ten Verzeichnissen, insbesondere bei Pequet. - Die Statuten unter europäisch verglei-chendem Blickwinkel waren Gegenstand einer Tagung in Messina und Milazzo imApril 200.4:Gh' ststuti universiari: tradizione dei testi evalenze politiche (XII-XXIst:Cc.~eine Publikation der Tagungsakten ist unter Leitung von Gisn-Psolo Bn'zzi undAndre« Romsno in Vorbereitung.Gilspue Zonts: und Giovsnni Brotto (Hg.), Acta Graduum Academicorum GymnasiiPatavini ab anno 1406 ad annum 1450, Bd. I: 140{'-1434, Bd. 2: 1435-1450, Bd. 3: In-dex nominum (Acta Graduum I, 1-3), Padua 1922/'1970; Micheie Pietro Ghezzo (Hg.),Acta Graduum Academicorum Gymnasii Patavini 1I, I: Ab anno 1451 ad annum 1460(Fonti per la storia dell'Universitä di Padova 12), Padua 1990; Giovsnns Pengo (Hg.),Acta Graduum Academicorum Gymnasii Patavini 1I, 2: Ab anno 1461 ad annum 1470(Fonti 13), Padua 1992; Elds Mertellozzo Farin (Hg.), Acta Graduum AcademicorumGymnasii Patavini 1I (3-6): Ab anno 1471 ad annum 1500 (Fonti 17),4 Teilbde., Pa-dua 2001; dies. (Hg.), Acta Graduum Academicorum Gymnasii Patavini III (1-4): Abanno 1501 ad annum 1550,4 Teilbde., Bd. I: Ab anno 1501 ad annum 1525 (Fonti 2),Padua 1969, Bd. 2: Ab anno 1526 ad annum 1537 (Fonti 3), Padova 1970, Bd. 3: Abanno 1538 ad annum 1550 (Fonti 7), Padova 1971, Bd, 4: Index nominum (Fonti 8),Padua 1982.Antoni Gssiorowskl; Tomasz furek, Izabela Skiersk« und Wincent A wobody (Hg.),Liber Promotionum Iacultatis artium in universitate Cracoviensi saeculi decimi quin-ci - Ksiega promocji wydzialu sztuk uniwersitetu Krakowskiego z XV wieku, Kra-kau 2000.Peter Monw, Über Typologie, Chronologie und Geographie der Stiftskirche im deut-schen Mittelalter, in: Ders., Über König und Reich. Aufsätze zur deutschen Verfas-sungsgeschichte des späten Mittelalters, Sigmaringen 1995, S. 151-174; Reiner Cbris-

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1.Typologie

Wie nicht anders zu erwarten, ist im europäischen Kontext seit demspäten 13. Jahrhundert eine ausserordentlich grosse Vielfalt zu konsta-tieren, von Land zu Land, innerhalb eines Landes von Universität zuUniversität, ja sogar innerhalb einer Universität von Fakultät zu Fakul-tät oder - wo vorhanden - von Nation zu Nation. Man bemerkt zudemextreme Unterschiedeim dokumentierten Umgangder Universitäten mitihren Absolventen. Vieles ist publiziert, mehr noch unediert oder viel-leicht sogar unentdeckt, was jede Übersicht zum Eingeständnis der Lü-ckenhaftigkeit zwingt. Unterhalb der allgemeinen Rektoratsmatrikeln, indenen die Universitätsbesucher, nur selten aber bereits Promovierte ver-zeichnet sind, als von anderen Universitäten Rezipierte, gibt es eine brei-te Palette von mstriculse; hOT}; alha, acta, registra oder protocolla derFakultäten und Dekanate, der Nationen und der Kollegien verschiede-nen Typs, nicht zu vergessen auch der Rechnungsführung durch Rezep-toren, Thesaurare oder gelegentlich Pedelles, Man kennt darüber hinausauch Graduiertenlisten und Doktorenkataloge/, die entweder parallelund ergänzend zu den genannten Büchern angelegt, oder die selbstän-dig verfasst, oder solche, die in andere Schriften integriert worden sind,wie zum Beispiel in die Amtsbücher der Rektoren oder der Kanzler

toph Schwingcs, Neubürger und Bürgerbücher im Reich des späten Mittelalters: EineEinführung über die Quellen, in: Ders. (Hg.), Neubürger im späten Mittelalter. Mi-gration und Austausch in der Städtelandschaft des alten Reiches (1250-1550) (Zeit-schrift für Historische Forschung, Beih. 30), Berlin 2002, S. 17-50.

6 Als Beispiele s. die Rechnungsbücher von Paris, Avignon und Oxford: Astrik L. Gab-rielund Gray C. Boyce (Hg.), Liber receptorum nationis Anglicanae (Alemanniae) inUniversitate Parisiensi 1425-1494 (Auctarium Chartularii Universitatis Pariseinsis 6),Paris 1964. Die Livres des bedesux der Pariser Theologenfakultät seit 1421, dazu dieTeiledition von John Berry Weber, The Register of the Beadle (Receipts and Expen-ses) of the Faculty of Theology of Paris from 1449-1465, Notre Dame IN 1975. Dienoch unedierten Libri rcccptorum von Avignon; dazu fscques VClb'cr,Les comptesde l'universite d'Avignon (1430-1512), in: The Universities in the late Middle Ages,hg. vonJozefIjsewijn und Jacques Paquet (Mediaevalia Lovanensia 1,6), Leuven 1978,S. 190-209; A. David M Cox und Robin H. Darwall-Smith (Hg.), Account rolls ofUniversity College, Oxford I: 1381/2-1470/1 (Oxford Historical Society n.s. 39), Ox-ford 1999.

7 Vorhanden v.a. in Italien. Siehe Psquet; Les matricules (Anm. 1), S. 26 und das Ver-zeichnis S. 1oos, sowie die Ergänzungen durch Anne-Msrie Bultot- Verleysen (Anm. 1).Als Beispiel Padua (Anm. 3) und Pavia: Agostino Sow1i(Hg.), Lauree pavesi nella se-conda meta del'400, Bd. 1: 1450-1475 (Fonti e studi per la storia dell'Universitä di Pa-via 25), Bologna/Milano 1995; Bd. 2: 1476-1490 (Fonti 29), Bologna 1998.

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oder in Privilegien- und sogenannte Gnadenbüchert, Man kennt fernerSupplikenrotuli an den Papst aus fast ganz Europa, in denen Promo-vierte prominent verzeichnet sind", und schliesslich auch die littcrae tes-timoniales, die allen und jeden, die es angeht, Examen und promotio adgradus einer Person bezeugen sollen'P,

Diese Verzeichnisse lassen sich abe~ nicht alle unbesehen als Katego-rien oder gar als Gattungen verstehen und damit mehr oder wenigersauber voneinander unterscheiden, wie das die genannten Quellenbe-griffe suggerieren könnten. Wie schon Jacques Paquet völlig zu recht be-

8 Z.B. Jürg~n Mi~thlt~ (Hg.), Die Amtsbücher der Universität Heidelberg, Rh. A: DieRektorbücher der Universität Heidelberg, Bd. I: 1386-1410 (zugleich das erste Amts-buch der Juristischen Fakultät), hearb. von Heiner Lutzmann. Hermann Weisert et al.,3 Hefte, Heidelberg 1986/1990/1999; Bd.lI: 1421-1451, H. 1, Heidelberg 2001; H~r-ben E. 5J11~r,Registrum Cancellarii Oxoniensis, 1434-1469 (Oxford Historical Soci-ety 93f.), 2 Bde., Oxford 1932; Willt~r T.Mitchell, Registrum Cancellarii 1498-1506(Oxford Historical Society n.s. 27), Oxford 1980;Grsce Booltserwähnt bei Psquct; Lesmatricules (Anm. 1), S. 26; s. Herbert E. Salt~r,Mediaeval Archives of the Universityof Oxford, Bd. 2, Oxford 1921, S. 252-378 (für 1464-1497); Stanley M Lesthes; Gra-ce Book A. Containing the Proctor's Accounts and other Records of the Universityof Cambridge for the years 1454-1488, Cambridge/London 1897;Mary Bsteson, Gra-ce Book B.••• for the years 1488-1544,2 Bde., Cambridge 1903ff.

9 Teileditionen bei Heinrich Denifl~und EmJ1eChitelain (Hg.), Chartularium Univer-sitatis Parisiensis, 4 Bde., Paris 1889-1897 und Fournier; Les statuts (Anm. 2). Neuer-dings WJ11iamJ Counenily(Hg.), Rotuli Parisienses. Supplications to the Pope fromthe University of Paris, Bd. 1: 1316-1349 (Education and Society in the Middle Agesand Renaissance 14), Leiden 2002; ders. und Erle D. Goddilrd(Hg.), Rotuli Parisien-ses. Supplications to the Pope from the University of Paris, Bd. 2: 1352-1378 (Educa-tion and Society in the Middle Ages and Renaissance 15), Leiden 2004. Der Heidelber-ger Rotulus von 1401 bei Miethlte. Amtsbücher (Anm. 8), Bd. 1, H. 3, S. 523-570.Vg!. nochJilcques Ve'b'er,Les registres des suppliques comrne source de l'histoire desuniversites, Introduction et essai d'inventaire pour la periode du Grand Schisme(1378-1417), Rom 1972;Roben N. SWlmson, Universities, Graduates and Benefices inlater medieval England, in: Past and Present 106 (1985), S. 28-61;/ü'b' Schmutz, Erfolgoder Misserfolg? Die Supplikenrotuli der Universitäten Köln und Heidelberg 1389-1425 als Instrumente der Studienfinanzierung, in: Zeitschrift für Historische For-schung 23 (1996), S. 145-167.

10 Siehe z.B. Fri~drich Zsrncke; Die deutschen Universitäten des Mittelalters. Beiträgezur Geschichte und Charakteristik derselben, Bd. 1, Leipzig 1857, S. 192ff. (Leipzigerlinerae); EWilldHorn, Die Disputationen und Promotionen an den deutschen Univer-sitäten vornehmlich seit dem 16.Jahrhundert (Centralblart für Bibliothekswesen, Beih.11), Leipzig 1893, S. 108ff.; Konrsd Müller, Ein Abgangszeugnis aus der Frühzeit derUnivenität Tübingen, in: Schweizer Beiträge zur allgemeinen Geschichte 3 (1945),S. 205-209; Primo Griguolo, I diplomi di laurea in arti (1470) e in medicina (1473) diGiovanni Urri da Cipro, in: Quaderni per la storia dell'Universitä di Padova 30 (1997),S.209-217.

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merkt hat!', widerspräche das der Realität der mittelalterlichen und teil-weise auch noch der frühneuzeitlichen universitären Registerführung,zumal die Begriffe nicht selten in ein und demselben Text austauschbarsind (alhum seu matricula; matricula seu registrum). Vermutlich wider-spräche das auch dem Selbstverständnis der einen oder anderen U niver-sität oder sogar ganzer Universitätslandschaften.So existieren Nationsmatrikel, die stets unterschiedslos sämtliche Mit-

glieder verzeichnet haben, Studierende und Graduierte aller Stufen. Sol-che sind zum Beispiel die Matrikeln der rheinischen und der ungari-schen Nationen zu Wien seit 1415 beziehungsweise 1453, die Bücherder Nationsprokuratoren der Deutschen Nation zu Orleans seit 1444oder am prominentesten gewiss Alhum seu Matricula der DeutschenNationderJuristen-Universität zu Bologna, die seit 1289 in dieserWei-se verfährt1z• Dagegen haben die Prokuratorenbücher der Englisch-deut-schen Nation zu Paris seit 1333 strikt nur die Graduierten der Artisten-fakultät aufgelistet, Bakkalare, Lizentiaten und Magister (nebst einigenwenigen Medizinern der Nation); und ebenso verfuhren - soweit im 15.Jahrhundert noch erkennbar - die pikardische und die gallikanische Na-tion, womit das Gebiet der lIe-de-France gemeint war13•In ähnlicher Weise angelegt sind auch die Bücher der Fakultäten. Stu-

dierende aller Typen!", Promovierte und Unpromovierte, notieren zumBeispiel die Matrikelbücher der Prager Juristen (1372-1418), die derWiener Juristen seit 1402, auch die der Wiener Artisten, deren Matri-

11 Psquet; Les matricules (Anm. 1), S. 21.

12 Siehe Kar/ Schrauf, Die Matrikel der ungarischen Nation an der Wiener Universität,1453-1630, Wien 1902. Die Matrikel der rheinischen Nation ist unediert: Protocol-lum Inclytae Nacionis Rehnanae ab anno 1415 usque ad annum 1582 (Universitätsar-chiv Wien), Auszüge bei Rudo/I Kink, Mittheilungen aus dem Matrikelbuche der rhei-nischen Nation bei der K.K. Universität in Wien, Wien 1852; Comelu MRidderikholf, .Hilde de Ridder-Symoens und Det/el Illmer; Premier livre desprocurateurs de la nation germanique de l'ancienne Universire d'Orleans (1444-1546), 3 Bde., Leiden 1971/1980/1985; Ernst Fried/finder und Csrlo Millagoü (Hg.),Acta Nationis Germanicae Universitatis Bononiensis (1289-1543), Berlin 1887.

J) Heinrich Deniile und Em/Ye Chile/ain (Hg.), Liber procuratorum nationis Anglicanae(Alemanniae) in universitate Parisiensi, Bd. 1: 1333-1406, Bd. 2: 1406-1466 (Auctariumchartularii universitatis Parisiensis 1-2), Paris 1894/1897; Chilr/es Semsren und Em/YeA. van Moi(Hg.), Liber procuratorum, Bd. 3: 1466-1492 (Auctarium 3), Paris 1935;dies; Liber procuratorum nationis Picardiae in universitate Parisiensi, 1476-1484 (Aue-tarium 4), Paris 1938; dies., Liber procuratorum nationis GaIlicanae (Franciae) in uni-versitate Parisiensi, 1443-1456 (Auctarium 5), Paris 1942.

14 Zu Studententypen s. Reiner Christoph Schwinges, Der Student in der Universität,in: Waiter Rüegg (Hg.), Geschichte der Universität in Europa, Bd. 1:Mittelalter, Mün-chen 1993, S. 181-223, 182ff.

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kein freilich Verlustes wegen erst ab 1501 vorliegen, ferner die der Ar-tisten, Juristen und Theologen von Basel seit 1460 beziehungsweise1462, die der Freiburger Artisten und Theologen ab 1460 beziehungs-weise 1470, der Artisten von Ingolstadt seit 1472, sowie auch der Theo-logen von Bologna seit 1364 und der Mediziner von Montpellier, teilsaus dem 14.Jahrhundert, ansonsten erst ab 150315•Nur auf die Graduierten beschränken sich dagegen die Act~ filcult~-

tum, die oft sehr breit die Tagesgeschäfte der Fakultäten wiedergeben,darunter als wichtigstes Geschäft die Promotionen sd gradus, die vorallem in den Artistenfakultäten ausführlich beschrieben werden, von derPräsentation der Kandidaten, über Tentamina und Examina bis zumförmlichen Abschluss, jedesmal gemäss der vorgeschriebenen und vorallem sozial gelebten Lokationsordnung, und dies zwei bis viermal proJahr bei den Bakkalaren, ein bis zweimal pro Jahr bei den Lizentiatenund Magistern sowie den Graden der höheren Fakultäten=. Beispielefür diese Art sind für das 14.115. Jahrhundert die Act~ Iscultstis derWiener Artisten, Theologen und Mediziner, der Heidelberger Artisten,

IS Prag: Album seu matricula facultatis juridicae universitatis Pragensis ab anno Christi1372 usque ad annum 1418 (Monumenta Historica Universitatis Carolo-Ferdinan-due Pragensis 2), Prag 1834. Wien: Matricula facultatis juristarum studii WiennensisI: 1402-1442; 11:1....2-1557 (unediert, Universitätsarchiv Wien); s, dazu &ilf Immen-h"user, Wiener Juristen. Studien zur Sozialgeschichte der Juristen an der UniversitätWien von 1402 bis 1519, Bern 1996 (Phil.-hist. Lizentiatsarbeit); Matricula supposito-rum anium faeult.ni. 1501-1575 (unediert, Universitätsarchiv Wien); vgl. Psu! Uib-lein; Zur Quellenlage der Geschichte der Wiener Universität im Mittelalter, in: Ders ..Die Universität Wien im Mittelalter. Beiträge und Forschungen, hg. von Kurt Mühl-berger und Karl Kadleu (Schriftenreihe des Universitätsarchivs Wien 11),Wien 1999,S. 539-5"5, 5..4. Basel: Matricula facultatis artium, 1460-17"8; Matricula facultatis ju-ridicae, 1"60-1921; Matricula faeultatis theologicae, 1462-17"0 (Matrikel der Medi-ziner nur 16.Jh .. alle unediert, Universitätsbibliothek Basel). Freiburg im Breisgau: Ma-tricula facult.ttis anium (unediert, Universitätsarchiv Freiburg); s. Fn'ednch Sc:h"ub,Geschichte des Archivs der Universität Freiburg i. Br., in: Abhandlungen aus demGebiete der mittleren und neueren Geschichte und ihrer Hilfswissenschaften, Mün-ster 1925, S. 466-499, 496ff.; Wo/fgilng Müll~r, Fünfhundert Jahre theologische Pro-motionen an der Universität Freiburg i. Br. (Beiträge zur Freiburger Wissenschafts-und Universitätsgeschichte 19), Freiburg 1957. lngolstadt: Matricula facultatis anium[unediert, Universitäuarchiv München). Bologna: Frsnz Ehrle; I piu antichi statuti del-la facolta teologica dell'univenitl di Bologna (Universitatis Bononiensis Monumen-ta 1), Bologna 1932, S. 102-130 (incorporati 136"-1501). Montpellier: Muu/ Gouron,Matrieule de J'universiu! de medecine de Montpellier 1503-1599 (fravaux d'Huma-nisme et Renaissance 25), Geneve 1957.

16 Zum überblick über das Procedere s. Georg Kilufmmn, Geschichte der deutschenUniversitäten, Bd. 2, Stuttgart 1896/Ndr. Graz 1958, S. 268-323; Rü~g. Universitätin Europa (Anm. H), S. 139ff., 213-216, 294ff.

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Juristen und Theologen, der Kölner Juristen und Mediziner, der Erfur-ter Theologen oder der Ingolstädter Artisten und der Artisten im schor-tischen St. Andrews. Zu diesem Kreis kann man auch die Protokolle derPariser Theologenfakultät zählen (ab 1505) oder die seit 1378 geführtenLihri secred der Doktorenkollegien des Kaiser- und Kirchenrechts derBologneser jurisren-Universität'",

Viel weniger aufwändig und ganz und gar auf die Graduierten kon-zentriert, sind die entweder zusätzlich oder an Stelle der Acta facultatisangelegten Lihri decsnorum, so die häufigste Bezeichnung solcher Bü-cher, in denen dekanatsweise und Grad für Grad die Absolventen eben-falls gemäss der fakultären Lokationsordnung verzeichnet werden. Hier-her gehören als Beispiele der Liber decsnorum der Prager Artistenfa-kultät ab 1367 und im Laufe des 15. Jahrhunderts die Dekanatsbücherder Artisten von Köln, Krakau, Leipzig, Restock, Löwen, Greifswald,

17 Wien: Psul Uiblein (Hg.), Acta facultatis artium universitatis Vindobonensis (Wien)1385-1416 (Publikationen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung, Rh. 6,Abt. 2), GrazlWienlKöln 1968;Acta faeultatis artium lI-IV, 1416-1559 (unediert, Un i-versitätsarchiv Wien); Paul Uiblein (Hg.), Die Akten der Theologischen Fakultät derUniversität Wien (1396-1508), 2 Bde., Wien 1978;Kul Schnuf(Hg.), Acta facultatismedicae universitatis Vindobonensis I: 1399-1435, 11:1436-1501, Ill: 1490-1558, Wien189+-1904. Heidelberg: Die Fakultätsbücher der Universität Heidelberg (unediert,Universitätsarchiv Heidelberg, Edition geplant: Die Amtsbücher der Universität Hei-delberg, Rh. B, Abt. 1 (Artisten), Abt. 2 Ouristen), Abt. 3 (Theologen); 5. Miethk»;Amtsbücher I (Anm. 8). Zu Prometionen s. GUlitJY Toepke (Hg.), Die Matrikel derUniversität Heidelberg von 1386 bis 1662,3 Bde., Heidelberg 1884-1893/Ndr. Nen-dein 1976, hier: Bd. 1, 1884 (artistische Bakkalare in den Fussnoten der Edition), Bd.2,1886 (Artistenmagister, Juristen und Theologen, s. unten Anm. 20 u. 21). Köln: Fa-kultätsbücher der Juristen und Mediziner (unediert, Stadtarchiv Köln, Abt. Universi-tät); vgl. Hermsnn Keussen; Die alte Universität Köln. Grundzüge ihrer Verfassungund Geschichte, Köln 1934, S. 603, 613. Erfurt: Altes Statutenbuch der TheologischenFakultät (mit Prometionen und Rezeptionen 1392-1740) (unediert Stadtarchiv Er-furt); s. aber Erich Kleineidmz, Universitas Srudii Erffordensis. Überblick über die Ge-schichte der Universität Erfurt, Tl. I: Spätmittelalter 1392-1460 (Erfurter Theologi-sehe Studien 14), Leipzig '1985, S. 273-311; TI. II: Spätscholastik, Humanismus undReformation 1461-1521 (ErfurterTheologisehe Studien 22), Leipzig '1992, S. 269-312.Ingolstadt: Liber actorum facultatis artium (unediert Universitätsarchiv München). St.Andrews: Annie L Dunlop (Hg.), Acta faeultatis artium universitatis Sanctiandree1413-1588 (St. Andrews University Publications 56), Edinburg/London 1964. Paris:Alexmdre Clen"" Registre des proces-verbaux de la faculte de theologie de l'univer-site de Paris (1505-1523), Paris 1917;Jmzes K. Fuge, Regime des proces-verbeaur ...de janvier 1524 a novembre 1533, Paris 1990. Bologna: Alb;lno Sorbelb; Liber seeretusiuris Caesarei deIl'Universita di Bologna, 1378-1450,2 Bde., Bologna 1938-1942; Ce-lestino Pi,m", Liber secretus iuris Caesarei deIl'Universid di Bologna, 1451-1500, Bo-logna 1984; den., Il <Liber sccretus iuris pontificii. dell'Universita di Bologna, 1451-1500,Mailand 1989.

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Trier, Tübingen, Wittenberg und Frankfurt an der Oder sowie Freiburgim Breisgau, wo man noch vor 1500 die Fakultätsmatrikel aufgegebenhat und im gleichen Codex zum Genre eines Dekanatsbuch überge-gangen istt8• Ebenfalls haben die Erfurter Mediziner seit 1476, die Wit-tenberger Theologen seit 1502 und die Frankfurter Juristen und Medi-ziner seit 1506 beziehungsweise 1519 Dekanatsbücher geführt'"; undobwohl sie nicht so heissen, kann man vom Anlageprinzip her auch dasAlbum msgistrorum srtium der Heidelberger Universität seit 1392 hier

18 Prag: Liber decanorum facultatis philosophicae universitatis Pragensis ab anno Chri-sti 1367 usque ad annum 1585 (Monumenta historic a universitatis Carolo-Ferdinan-deae Pragensis I),Prag 1830. Köln: Dekanatsbuchder Artistenfakultät I-IV, 1406-1565(unediert, Stadtarchiv Köln, Abt. Universität), Krakau: GilSiorowskyllur~lr, Liber(Anm. 4). Leipzig: Gfflrg ErI~r(Hg.). Die Matrikel der Universität Leipzig, Bd. 2: DiePrometionen von 1409-1559 (Codex diplomaticus Saxoniae regiae 11,17), Leipzig1897/Ndr. Nendeln 1976. Rostock: Das Dekanatsbuch der Artistenfakultät ab 1419/20bei Adolf Hofmeister; Die Matrikel der Universität Rostock 1419-1831,7 Bde .. Ro-stockJSchwerin 1899-1922. Löwen: Edwsrd Reusens (Hg.), Promotions de la faculu!des arts de ['Universite de Louvain 1428-1797, Bd. 1: 1428-1568, Louvain 1869; Liberquinrus der Acta Iaculratis artium, 1482-1505, 1508-1511 (unediert, Rijksarchiev Leu-ven, Dude Universiteit). Greifswald. Das Dekanatsbuch der Artistenfakultät ab 1456bei Ernst Fnl!d/ind~r (Hg.), Universitätsmatrikeln 11. Universität Greifswald 1456-1700 (Publikationen aus den k. preussischen Staatsarchiven 52, 57), Leipzig 1893-1894/Ndr. Nendcln 1976. Trier: Leoturd Keil; Das Promotionsbuch der Artistenfa-kultät (1473-1603). Akten und Urkunden zur Geschichte der Trierer Universität, Bd, 1(Veröffentlichungen der Gesellschaft für Trierer Geschichte und Denkmalspflege 6).Trier 1917. Tübingen: Heidrun Hohck~r (Hg.), Der -Liber decanarus- der TübingerArtistenfakultät 1477-1512 (Werkschriften des Universitätsarchivs Tübingen, Rh. I,2), Tübingen 1978. Wittenberg: fuliu« Köstlin (Hg.), Die Baccalaurei und Magistri derWittenberger Philosophischen Fakultät 1503-1560,4 Bde., Halle 1887-1891. Frank-fun an der Oder: Georg Kilufmilnn und Gustsv Bsuch (Hg.), Akten und Urkundender Universität Frankfun a.O., 6 Hefte, Breslau 1897-1906 (H. t: Gusts» Bauch; Dasälteste Dekanatsbuch der philosophischen Fakultät 1506-1595; H. 4: Die artistisch-philosophischen Promotionen, Breslau 1901). Freiburg im Breisgau: H~rmilnn Alii-y~r, Die Matrikel der Universität Freiburg von 1460-1656, Bd. I, Freiburg im Breis-gau 1907, S. XC-XCII.

19 Erfurt: Dekanatsbuch der medizinischen Fakultät ab 1476 (unediert, Stadtarchiv Er-fun); s. aber K/~in~idilm, Universitas (Anm. 17), Tl. I, S. 351-360, Tl. 2, S. 33S-340.Köln: Theologisches Dekanatsbuch 1398-1658 (Auszüge, unediert, Stadtarchiv Köln,Abt. Universität); vg!. K~uss~n, Alte Universität (Anm. 17), S. 600f. Wittenberg: CuIund Eduilrd F~rsumilnn (Hg.), Liber decanorum facultatis theologiae Academiae Vi-tebergensis, Leipzig 1838. Frankfurt an der Oder: G~org KilufmilllI1und GUstilVBiluch(Hg.), Akten und Urkunden der Universität Frankfurt a.O., H. 6: Die: ältesten Deka-natsbücher der juristischen und medizinischen Fakultät (1506-1632 und 1519-1597),Breslau 1906.

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Acta Promotionum I 221

einordnen, ebenso wie die im gleichen Jahr begonnene Matricula hacca-lariorum et magistrorum der Erfurter Artistenfakultät-",Offensichtlich zur besseren Übersichtlichkeit im täglichen Gebrauch

haben manche Universitäten und Fakultäten über die genannten Schrif-ten hinaus noch eigens Listen, Register, Kataloge, teils im Zusammen-hang mit ihren Akten, teils aber auch separat in nützlichen Abschriftenanfertigen lassen und jahrzehntelang ergänzt. Solche Listen benutztenbeispielsweise die Wiener Mediziner bereits seit 1399 und die Theolo-gen seit 1410, die Heidelberger Juristen seit 1386 und die Theologen seit140421• In Leipzig hat man anfangs des 16. Jahrhunderts (auch noch im17. Jahrhundert) Abschriften angefertigt und Personennamen aus Statu-tenbüchern und verschiedenen fakultären Quellen zusammengestellt, umden Promoviertenbestand bis dahin zu sichern, so für die Theologen ab1428, für die Mediziner ab 1431 und die Juristen ab 1440. Ein Gleichesist aus Paris bekannt, wo im 17. Jahrhundert ein Register der promo-vierten Theologen seit 1373 angelegt worden ist22• Auch St. Andrewsund Glasgow verfügten über graduadon rolls ab 1413 beziehungsweise1451. Für Oxford und Cambridge sind dagegen nur einzelne wenigeJahrgangslisten aus dem 15.Jahrhundert überliefert23•Andere Universitäten wiederum, vorallem italienische Juristen-, Theo-

logen- und Mediziner-Universitäten wie Bologna, Padua, Pavia, Parma,

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20 Heidelberg: Album magistrorum artium ab 1392, in: Toepke; Matrikel 11(Anm. 17),S. 364ff. Erfurt: Reiner Christoph Schwinges und Klaus Wn'edt (Hg.), Das Bakkala-renregister der Artistenfakultät der Universität Erfurt 1392-1521 (Registrum baccala-riorum de facultate arcium universitatis studii Erffordensis existencium) (Veröffentli-chungen der Historischen Kommission für Thüringen, Grosse Rh. 3), Stuttgart/JenalNew York 1995. Das Register der Magister der Erfurter Artistenfakultät beiKleineidsm, Universitas (Anm. 17), Tl. I, S. 398-449; Tl. 11,S. 351-374.

21 Wien: Uiblein, Quellenlage (Anm. 15), S. 544; ders; Akten der Thologischen Fakul-tät I (Anm. 17), S. XIX, 91 (zu 1410); Schraul, Acta facultatis medicae (Anm. 17),S.VIff. (z.B. AFM I, S. 95ff.). Heidelberg: Toepke; Matrikel 11(Anm. 17), S. 500ff. Gu-risten 1386-1581), S. 586ff. (Theologen 1404-1686).

22 Erler; Matrikel Leipzig II (Anm. 18), S. XIIIff. (theol.), XXIIIf£. (jur.), XXXVff.(med.), XllIff. (phil.), Paris: Psquet; les matricules (Anm. I), S. 26 mit Anm. 66.

23 St. Andrews: femes M. Anderson (Hg.), Early Records of the University of St. An-drews. The Graduation Roll 1413-1579 and the Matriculation Roll 1473-1579 (Publi-cations ofthe Scottish History Society, Rh. 3, 8), Edinburg 1926. Glasgow: Cosmo In-nes (Hg.), Munimenta alme universitatis Glasguensis, Bd. 2: 1451-1558, Glasgow1854, S. 178-299 (Artisten). Oxford: Wl1liamA. Pantin und WaIter T.Mirehell (Hg.),The Register of Congregation 1448-1463 (Oxford Historical Society n.s. 22), Oxford1972 (1449-1451,1454-1458). Cambridge: Unedierte <Listen. aus verschiedenen Col-leges, vgl. Trevor Henry Aston et al., The medieval alumni of the University of Cam-bridge, in: Past and Present 86 (1980), S. 9-86.

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Siena oder Ferrara, liessen spezielle Examenskataloge führen, sogenann-te instruments lsureuionis; unter Auflistung nicht nur der grsdiuti; derneuen Lizentiaten und Doktoren, sondern gleich aller Beteiligten vomRektor über die Examinatoren und Promotoren bis hin zu den Kommi-litonen. Auf dieser Art beruhen auch die monumentalen Acta grsduumscsdemicorum der juristen-, Theologen- und Artisten-Mediziner-Uni-versitäten beziehungsweise Doktoren-Kollegien von Padua seit 1406,die als moderne Zusammenstellung seit 1922 viele solcher collstionesausgewertet, sie aber nicht nach fachlichem, sondern chronologischemPrinzip redigiert haben",Dieses vielfältige Material gilt es nun trotz der austauschbaren Be-

grifflichkeit und der relativ fliessenden Übergänge in eine gewisse Ord-nung zu bringen, natürlich in eine zeitgenössisch plausible Ordnung;denn es dürfte mit Nennung der Universitäten aufgefallen sein, dass sichin der Dokumentation - von den Fakultäts- und Nationsmatrikeln biszu den Dekanatsbüchern und Katalogen - gewisse Schwerpunkte ab-zeichnen, die man auch verorten kann und die von daher vielleicht eineErklärung finden.

2. Geographie

In der universitätsgeschichtlichen Literatur folgt man nicht selten demschlichten Modell, dass alle Universitäten mehr oder weniger gleich sei-en und folglich auch ein gleiches Schriftwesen hervorgebracht hätten.Ist dies irgendwo nicht der Fall, weist man auf Überlieferungsschicksalehin, und - keine Frage - die Verluste in den Archiven der europäischenUniversitäten von einzelnen Dokumentseiten bis zu ganzen Serien, be-reits im Mittelalter beginnend, sind bis auf unsere Zeit ausserordentlichgross2S• Das Fehlen von Dokumenten hat jedoch auch strukturbedingte,lokale Grunde, oder anders gesagt, es ist absolut nicht als selbstver-ständlich zu unterstellen, dass alle alles produzierten oder überhauptfür notwendig erachteten, etwas über Tagesnotizen hinaus schriftlichfestzuhalten oder gar denkmalartig der «Erinnerungskultur» der jeweilsnächstfolgenden Universitätsöffentlichkeit zu überliefern.

24 Acta graduum (Anm. 3), s. die Einleitung zu Bd. t (1922).

25 Vgl. z.B. Mvi~H~nn~tt~ Jullim d~ Pommerolusui J3CqU~$Mon/nil, Les archives desunivenites medievales. Problemes de documentations, in: Revue fran~aise de pedago-gie 27 (1974), S.6-21; Kurt Mühlb~rgu(Hg.),Archivpraxis und historische Forschung.Mitteleuropäische Universitäts- und Hochschularchive. Geschichte, Bestände, Prob-leme und Forschungsmöglichkeiten (Schriftenreihe des Universitätsarchivs Wien 6),Wien 1992.

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Acta Promotionum I 223Diesen Sachverhalt kennt man bereits von den allgemeinen Rektorats-

matrikeln, deren Geographie deutlich beschränkt gewesen ist26• Seit demausgehenden 14. Jahrhundert entstanden sie so gut wie ausschliesslichan den Universitäten des römisch-deutschen Reiches und seiner nördli-chen und östlichen Nachbarn von Schottland bis Polen, deren Universi-täten in sehr engen personellen und strukturellen Beziehungen zu deut-schen Universitätstypen standen. Demgegenüber fehlten die Rektorats-matrikeln vor dem 16. Jahrhundert in allen west- und südeuropäischenUniversitäten, von England über Frankreich und Italien bis Spanienund Portugal. Eine sehr bezeichnende Ausnahme war die Matrikel derenglischen Universität auf französischem Boden seit 1487 in Caen'",Die Rektoren haben sie nie geführt, obwohl die inregistratio oder im-matricufatio ausdrücklich zu ihrem Aufgabenkreis gezählt wurde, wo-für es zahlreiche Belege seit dem frühen 14. Jahrhundert in den Statutender Universitäten von Italien bis England gibt28• Statuten aber habenbekanntlich nur einen dispositiven Charakter und spiegeln eher dieWünsche denn die Realitäten des universitären Alltags. Wäre es andersgewesen, müsste man für einen grossen und bedeutenden Teil EuropasKollektivverlust unterstellen.Das klingt wenig glaubhaft, erst recht nicht, wenn man nun eine ähn-

liche Verteilung von Haben und Nichthaben in Europa bei den Prorno-tionsdokumenten konstatieren muss, teils in scharfem Ja oder Nein,teils in andersartigem administrativem Umgang mit Kandidaten und Ab-solventen. Die oben genannten Universitätsbeispiele sind nämlich so ge-wählt, dass sie den Überlieferungszustand in Europas Regionen reprä-sentativ widerspiegeln. Auffallend ist der wiederum ausserordentlichübergewichtige Anteil der deutschen Universitäten, deutsch im Sinnedes alten Reiches, nebst Krakau und St. Andrews. Nur hier finden sichdie acta facuftatis, die lihri decanorum und weit überwiegend die pro-motionsrelevanten Fakultätsmatrikeln, und selbst bei der Anlage vonNationsmatrikeln sind mehrheitlich die deutschen Nationen in Italienund Frankreich führend gewesen. Es fehlen also vielerorts in West- undSüdeuropa, in England, Frankreich oder Spanien, ausgerechnet jeneSchriften, die doch - so möchte man denken - das wichtigste Geschäftder Universitäten dokumentieren sollten, den überprüften, offiziellen

26 Riljn~r C Schwing~s, Die Zulassung zur Universität, in: Rüegg, Universität in Euro-pa (Anm. 14), S. 161-180, 166ff.; ders; Resultate (Anm. 1), S. 106ff.; Psquet; Les ma-tricules (Anm. 1), S. 16-20.

21 Teiledition bei Armend Benet; Inventaire des archives de l'universite de Caen, 2 Bde.,Caen 1892-1894, hier: Bd. 2, S. 8-23.

28 Belege bei Psquet; Les matricules und Schwjng~s, Die Zulassung (Anm. 26).

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Nachweis vermittelten Wissens und methodischer Fähigkeiten und diedamit stets verbundene Berechtigung zur selbständigen Lehre auf derjeweils erreichten Stufe, was letztlich die Selbstergänzung der Universi-tätslehrerschaft bedeutete-". Nur Italien machte eine Ausnahme undführte - hier ganz im Unterschied zum nordalpinen Raum - seine Gra-duiertenkataloge unter Regie der juristischen, theologischen und medi-zinischen Doktorenkollegien, womit sie rein typologisch am ehesten mitdeutschen Dekanatsbüchern vergleichbar wären30• Eine weitere italieni-sche Besonderheit waren die Doktorenlisten, die sogenannten rotuli derLehrpersonen, die jährlich unter Federführung der universitätsstädti-sehen Behörden angelegt wurden, weil damit die Verteilung der zu le-senden Bücher und der entsprechenden Saläre verbunden war3l•In der Tat hat aber die Mehrheit der europäischen Universitäten, un-

beschadet wirklicher Verluste, schlicht und einfach keine Promotions-akten welcher Art auch immer angelegt und über längere Zeiträume wei-

29 J""qu~$ Vt'I1:t'r,Die Universitätslehrer, in: Rüegg, Universität in Europa (Anm. 14),S. 139-157,14 Iff.

30 Als Beispiele Giusepp« Psrdi; Titoli dottorali conferiri dallo studio di Ferrara nei se-coli XV e XVI, Lucca 1900INdr. Bologna 1970:auch verwendet in den Aeta graduumvon Padua (Anm. 4); Celestino Puns; Ricerche su le universitä di Bologna e di Parmanel secolo XV (Spicilegium Bonaventurianum 1),Quaracehi 1963 (Bologna: Theologen1414-1510; Parma: Promovierte 1412-1502): ders; Nuove ricerche su le universita diBologna e di Parma (Spicilegium Bonaventurianum 2), Quaracchi 1966 (Bologna: Me-diziner und Artisten 1367-1377, 1419-1434: Parma: Promovierte 1503-1522): ders;La faeolta teologiea dell'Universitä di Firenze nel quarto e cinquecento (SpicilegiumBonaventurianum 15),Grottaferrata 1977(Promovierte 14I3ff.); Ann., L.,ul7I Trombet-tjBudnN~ Gli statuti del collegio dei dottori, giudici e avvocati di Bologna (1339-1427)e loro matricola (fino a11776) (Documenti e studi 23), Bologna 1990, S. 175-254: Ar-msndo F. Vt'TIlt'(Hg.). Lo studio fiorentino, 1473-1503. Ricerche e documenti, 4 Bde..Pi5l0ia 1973-1994: Rodolfo Dt'1Grstts (Hg.), Acta graduum Academiae Pisanae, Bd, 1:1453-1500, Pisa 1980: Giovsnni Minnucci; Le lauree dello studio generale Senese aliafine del 5«010 XV (Quademi di Scudi Senesi 51),Mailand 1981 (1484-1486,1496-1501);dt'f'1, Le lauree dello studio generale Senese .11inizio del secolo XVI (Quademi diStudi Senesi 55,58),2 Bde., Mailand 1984-1985 (1501-1514): Simon., Nt'gruzzo, Theo-logiam discere et docere. La facolta tcologiea di Pavia nel XVI sceolo (Fonti per la'toria ddl'Universiti di Pavia 23), Mailand/Bologna 1995, S. 327-345 (1460-1600).

31 Vide noch unediert, s. l.B. Umbmo D.tl/m· (Hg.), I rotuli dei lettori legisti e artistideUo Studio Bolognese dal1J84 .111799,4 Bde., Bologna 1888-1924: ergänzt bei Giu-$t'ppt'Z.IO/~Di alcuni .rotuli. dello studio della prima meta del 5ecolo XV, in: Studi emtmorie ptr la storia dell'Universita di Bologna 3 (1912), S. 193-249: Vmlt',Lo stu-dio fiorentino (Anm. 30), Bd. I, S. 296-383: ROOo/foM.tlocchi(Hg.), Cod ice diplo-matico dell'Universita di Pavia 1361-1450,2 Bde., Pavia 1905-1915; Agostino Sott/li(Hg.), Documenti per la storia dcll'Universita di Pavia nella second a meta del'.fOO,Bd. 1: 1450-1455 (Fonti et studi per la storia dcll'Universita di Pavia 21), Bologna1994:d~rs.und p.,% Rosso, Bd. 2: 1456-1460 (Fonti 38), Mailand 2002.

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Acta Promotionum I 225tergeführt, obwohl auch in diesem Falle wie schon bei den allgemeinenRektoratsmatrikeln entsprechende Absichten für Fakultäten oder N atio-nen statutarisch formuliert worden waren, so etwa für Nantes, Poitiers,Angers, Montpellier, Avignon oder auch für Oxford32• Die Gründe fürdiese Unausgewogenheit in den europäischen Universitätslandschaftendürften vermutlich in gravierenden Entwicklungsunterschieden zu su-chen sein, die man im späten Mittelalter noch hinnehmen musste, vonden südeuropäischen Juristenhochburgen bis zum nordalpinen Milieuder hier dominierenden Artistenfakultäten, was bekanntermassen nochsoziale Differenzierungen implizierte".

3. Chronologie

Die beobachteten Sachverhalte korrespondieren vor allem aus deut-scher Sicht mit der gegenüber Frankreich, England oder Italien späte-ren, dafür aber anderen und neuen Entwicklung eines «deutschen Uni-versitätstyps», mit der vom Landesherrn oder städtischen Obrigkeiterzwungenen Vier-Fakultäten-Universität, die anders als die südeuro-päischen Juristen- und Medizineruniversitäten und die lockeren Fakul-tätsverbindungen von Paris oder Oxford von Anfang an unter einemherrschaftlichen Druck stand'". Der zentrale administrative Akt der In-skription durch Rektoren, Dekane oder Prokuratoren in das jeweils zu-ständige Schriftwesen gehörte jener neuen Epoche der europäischenUniversitätsgeschichte an, die den nationalen und territorialen Kräftenvorbehalten sein sollte. Dass die Verantwortlichen in der vorangehen-den, sogenannten universalen Epoche, aber auch ihre Nachfolger bis an

32 Belege bei Psquet; Les matricules (Anm. 1), S. 20ff.; Schwinges, Zulassung (Anm. 26),S.167f.

33 Dazu Peter Moraw, Einheitund Vielfaltder Universitäten im alten Europa, in: Die Uni-versität in Alteuropa, hg. von Alexander Patschovsky und Horst Rabe, Konstanz 1994,S. 11-27; Reiner C. Schwinges, Deutsche Universitätsbesucher im 14. und 15. Jahr-hundert. Studien zur Sozialgeschichte des Alten Reiches, Stuttgart 1986; ders., Le uni-versitä nei territori dell'Impero, in: Le Universitä dell'Europa 1: La Nascita delle Uni-versita, hg. von Gian Paolo Brizzi und Jacques Verger, Cinisello Balsamo/Mailand1990, S. 221-255; ders; Das Reich im gelehrten Europa. Ein Essayaus personenge-schiehrlicher Perspektive, in: Heilig - Römisch - Deutsch. Das Reich im mittelalterli-chen Europa, hg. von Matthias Puhle, Bernd Schneidmüller und Stefan Weinfurter,Dresden 2006, S. 227-250.

3<4 Riliner Christoph Schwinges, The Medieval German University: Transformation andInnovation, in: Paedagogica Historica. International Journal of the History of Educa-tion H (1998), S. 375-388; ders.; Le Universitä (Anm. 33); ders., Prestige und gemei-ner Nutzen. Universitätsgründungen im deutschen Spätmittelalter, in: Berichte zurWissenschaftsgeschichte 21 (1998), S. 5-17.

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die Schwelle der Neuzeit trotz zahlreicher Absichtserklärungen nicht sooder nur auf andere, «iralienische Weise» verfuhren, beruhte zweifellosauf überkommenen, überaus zähen, sozialen und kleinteiligen Organi-sationsformen in Magisterfamilien, Kollegien und Nationen.Das Führen von Verzeichnissen war hier von Anfang an Sache der ein-

zelnen Magister und Doktoren-t. Man fertigte Namenslisten der eige-nen Klientel an, von den Anfängern bis zu den Höchstgraduierten, undbetrieb damit eine «Zettelwirtschaft», die zu konservieren offensichtlichwenig interessierte. Solche cedulae sollten zwar, vor allem nach franzö-sischen Statuten, übergeordneten Verbänden übergeben werden, Fakul-täten oder Nationen, doch ist daraus nicht allzuviel geworden, mit Aus-nahme in den deutschen Nationen. Interessant und bezeichnend sind indiesen Zusammenhängen gerade im Übergang von der universalen zurnationalen Epoche, im Wechsel auch der Universitätstypen, die Bestän-de an Promotiosdokumenten in den ältesten Universitäten auf Reichs-boden, in Prag, Wien und Heidelberg. Hier finden sich, insbesondere inWien in einzigartiger und dauerhafter Dichte, fast sämtliche Actl pro-motionum: Nations- und Fakultätsmatrikel, Dekanatsbücher und Fa-kultätsakten sowie Graduierten-Listen oder Kataloge, so als hätte manwie in der Konstruktion der Universität selbst auch im Schriftwesen alleTraditionen Europas vereinigen wollen36 •

... Warum Acu Promotioaumi

Ich komme zum Schluss und damit zur letzten Frage, warum es ei-gentlich Promotionsakten welcher Art, wann und wo auch immer, ge-geben hat? Nahe liegt wohl der Hinweis darauf, dass es galt, die Bin-nenstruktur der Universitäten abzubilden, und vor allem im Reich derVier-Fakultäten-Universitäten die Übergänge zwischen den Fakultätenstufenweise sichtbar zu regeln. Nicht zuletzt galt es auch, die akademi-schen grsdus in einer Welt ständischer Gliederung als status auszuwei-sen und damit der Universität und dem von ihr produzierten akademi-schen Stand eine Legitimation zu verschaffen-". Wohl kaum noch eine

3S Sd",..ing~$,Zulassung (Anm. 26), S. 167£.36 Uihl~in,Quellenlage (Anm. 15); Toepke;Matrikel (Anm. 17); Mi~thlc~Amtsbücher

(Anm.8).37 Siehe 1.B. K.Jufmmn 11 (Anm. J6), S. 268ff.; l.J~tjt.i.JBoehm; Liberias Scholastica und

Negotium Scholare - Entstehung und Sozialprestige des Akademischen Standes imMittelalter, in: Helmut Rössler und Günther Franz (Hg.), Universität und Gelehrten-stand HOO-1800(Deutsche Führungsschichten in der Neuzeit 4). Limburg 1970, S. IS-61;di~s.,Akademische Grade (in diesem Band); Schwing~s,Deutsche Universitätsbe-sucher (Anm. JJ); J.Jcqu~s V~I6'~r,Les gens de savoir en Europe a la fin du Moyen

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Acta Promorionum I 227Rolle spielte dagegen die aus den Anfängen bekannte, mit den Gradenverbundene Lizenz zu lehren, und damit die Kooptation der künftigenKollegen. Sie war im Laufe des späten Mittelalters mehr und mehr demKonkurrenzgedanken gewichen, was sich an den zunehmenden Lehr-dispensen (zum hiennium) belegen lässt, aber auch an der Tatsache, dassman längst dazu übergegangen war, eigene Rubriken für die Magistriregentes und die Ordinarien im Schriftgut der Fakultäten anzulegerr'I,Zweifellos liegt das alles nahe und sämtliche Acta promotionum hat-

ten wie die allgemeinen Matrikeln einen legitimatorischen Charakter.Sie bestätigten dem Kandidaten die Zugehörigkeit zur Korporation, zurUniversität oder Fakultät, sie bestätigten die Promotion und belegtenzugleich, dass er allen Pflichten zum Erwerb der Grade nachgekommenwar oder sie unter bestimmten Bedingungen noch nachzuholen hatte.Für Dekane und Fakultäten legitimierten sie in dreifacher Weise: Zumeinen waren die Acta promotionum, wenn man nüchtern hinsieht, eu-ropaweit fiskalische Quellen, Rechnungsbücher im Prinzip, was schonmanchem Editor aufgefallen war, insbesondere auch Gustav Töpke, demHerausgeber der Heidelberger Matrikeln, der anlässlich seiner Editiondes Cstalogus der juristischen Promotionen verwundert feststellte, dasses der Universität gar nicht um die Graduierten und ihre Erfolge, alsvielmehr um ihr Geld gegangen sei39• Dies hatten die Promotionsaktenfreilich mit sehr vielen universitären Personalschriften gemein. Zum an-deren waren die Acta promotionum - soweit nicht nur schlichte Listen- Eidbücher, genauso wie die allgemeinen Rektoratsmatrikeln. Damit

Age, Paris 1997; Christian Hesse, Qualifikation durch Studium? Die Bedeutung desUniversitätsbesuchs in der lokalen Verwaltung spätmittelalterlicher Territorien imAlten Reich, in: Günther Schulz (Hg.), Sozialer Aufstieg. Funktionseliten im Spätmit-telalter und in der frühen Neuzeit (Deutsche Führungsschichten in der Neuzeit 25),München 2002, S. 243-268; ders., Acta Promotionum II (in diesem Band); HJ1de deRidder-Symoens; Rich men, poor men: Social stratification and social representationat the university (13·-16'" centuries), in: Wim Blockmans und Antheun Janse (Hg.),Showing Status. Representation of Social Positions in the late Middle Ages (MedievalTexts and Cultures of Northern Europe 2), Turnhout 1999, S. 159-175; Beat Immen-bsuser; Bildungswege - Lebenswege. Die Universitätsbesucher aus dem Bistum Kon-stanz im 15. und 16. Jahrhundert, Diss. phi!. Bern 2005 (Veröffentlichungen der Ge-sellschaft für Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte [VGUW] 9), Base12006; Sus«Bseriswyl-Aadresen; Akzeptanz der Grade (in diesem Band); s. auch die Beiträge inRsiner A. Müller (Hg.), Prometionen und Promotionswesen an deutschen Universi-täten der Frühmoderne (Abhandlungen zum Studenten- und Hochschulwesen 10),Köln 2001.

38 Als Beispiel die medizinische Fakultät in Wien: Schrauf, Acta (Anm. 17 u. 21); unddie drei höheren Fakultäten in Erfurt: Kleineidsm, Universitas I (Anm. 17), S. 386ff.

39 Toepke; Matrikel Heidelberg (Anm. 17), Bd. 2, S. 500 mit Anm. 2.

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waren sie vor allem eine deutsche Angelegenheit, gerade auch in dendeutschen Nationen ausserhalb des Reiches. Promotionseide setzten aufLauterkeit im Verfahren und das Versprechen, nichts gegen die In-teressen der Universität und der Fakultät oder zum Schaden der Pro-motoren zu unternehmen, zu welchem grsdus aut status man inner- wieausserhalb der Universität auch immer gelange. Im west- und südeuro-päischen Raum hatten solche Eide eine geringere Bedeutungt'', Ob auchdamit die unterschiedliche Aktenproduktion begründet werden kann,bliebe noch zu prüfen, wenngleich die auffällige Parallelerscheinung beiAnlage oder Nichtanlage von Bürgerbüchern beziehungsweise Bürger-eidbüchern in die gleiche Richtung zu weisen scheint".Zum dritten schliesslich zeigen die Acta promotionum doch so etwas

wie Genugtuung über die Schar der zu verzeichnenden Absolventen,vielleicht sogar eine gewisse Erfolgsbilanz. Was in modernen Editionengar nicht auffallen kann, bemerkt man an den Archivalien. Matrikeln,besonders aber Dekanatsbücher und Kataloge liessen erstaunlich vielPlatz auf teurem Papier für die Eintragungen auch nur einer einzelnenPerson, nicht gerade bei den vielen Bakkalaren der Artisten, doch abMagister aufwärts, so als möchte man für jeden Graduierten ein kleinesDossier anlegen, so in Köln, Wien, Heidelberg oder Basel. JedemHeidclberger Juristen zum Beispiel reservierte man oft eine ganze Seite.Und in der Tat, es scheint so, als seien spätere Einträge zum Lebenswegund Lebenserfolg der ehemaligen Absolventen in den Acta promotio-num in wesentlich dichterer Folge gesammelt worden, als in anderenuniversitären Akten42• Wieweit eine Erfolgsbilanz ausserhalb der Uni-versitäten freilich auch messbar und spürbar gewesen ist und damit denDokumenten erst ihren eigentlichen Sinn verleiht, ist eine andere Ge-schichte und Sache des folgenden Beitrags von Christian Hesse.

40 Siehe jürgm Miethllt:, Der Eid an der mittelalterlichen Universitär, Formen seines Ge-brauchs, Funktionen einer Institution, in: Paolo Prodi (Hg.), Glaube und Eid, Treue-formeln, Glaubensbekenntnisse und Sozialdisziplinierung zwischen Mittelalter undNeuzeit (Schriften des Historischen Kollegs, Kolloquien 28), München 1993, S. 49-67; j.lcquel Psquet; l'immatriculation des erudiants dans les universites medievales,in: Pascua Mediaenlia. Studies voor Prof. Dr. Jozef Maria de Smet, louvain 1983,S. 159-171, 164ff.; den, Les rnatricules (Anm. I), S. 36ff.; Schwingel, Zulassung(Anm. 26), S. 17Of.

41 Vgl. S.:hwinges, Neubürger (Anm. 5), S. 34f£.42 Als Beispiel der Catalogus der theologischen Promoaionen in Heidelberg, allerdings

ein extremes Beispiel, die Juristen scheinen weniger Platz «verschwendet .. zu haben,Toepke; Matrikelll (Anm. 17), S. 586£.mit Anm. 1.Ähnliches in den Kölner Akten.