Europäisches Volk, europäische Demokratie, europäische Öffentlichkeit? Rossen-Stadtfeld.

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Europäisches Volk, europäische Demokratie, europäische Öffentlichkeit? Rossen-Stadtfeld

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Europäisches Volk, europäische Demokratie, europäische Öffentlichkeit?

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Herrschaft

Die Europäische Union

übt Herrschaft aus

bedarf rechtfertigender Gründe (Rechtfertigungsbedürftigkeit)

die von Herrschern und Beherrschten vorgängig anerkannt worden

sind (Rechtfertigungsfähigkeit)

und alle Herrschaft von Anfang an legitimieren (Herrschaftsintensität)

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Demokratie

Demokratie als „Herrschaft des Volks“

Rousseau: „Allein Gehorsam gegen ein Gesetz, das man sich vorgeschrieben hat, ist Freiheit“

Kreislauf von Urheberschaft und Betroffenheit

unmittelbar-identitäre Demokratie kaum zu verwirklichen

Repräsentation

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Demokratie

Das abwesende Volk

Vertrag über die Europäische Union: Europäisches Parlament „setzt sich aus Vertretern der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger zusammen“

Grundgesetz: Abgeordnete sind Vertreter des „ganzen Volkes“

„Volk“ erscheint

im europäischen Primärrecht ohne normative Form

im Verfassungsrecht ohne empirische Vergegenwärtigung

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Demokratie

Repräsentation

EUV: Repräsentation von 502,5 Mio. Individuen? Von Nationalvölkern?

GG: Repräsentation eines „ganzen Volkes“?

Was also kann die „Herrschaft des Volks“ heute meinen?

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Volk

„Volk“

ist Aggregatbegriff und Kunstfigur

mit der Funktion, die Einheit der Gesellschaft zu versprechen

bedarf empirischer Beglaubigung

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Volk

Nationalvolk: Einheitsversprechen / Integrationsfunktion unter dem Druck gegenläufiger Großtendenzen:

Funktionale gesellschaftliche Differenzierung

Pluralisierung, Individualisierung

soziale Spreizung („Schere“)

Folgen weltweiter funktionaler Differenzierung (Produktion, Handel, Umwelt, globale „Hyperkulturalität“)

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Volk

Ein Europäisches Volk

hat keine normative Entwicklungsform

bliebe sprachlos

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Volk

Die Schwäche starker Bindungen

Nation: hat nach europäischer Durchdringung kein hinlänglich anschauliches Substrat mehr

supranationale Gemeinschaften:

- neue Aus- und Abgrenzungen (Neo-Nationalchauvinismus)

- Legitimationsverlust supranationaler Rechtsordnung „Exekutivföderalismus“ als „europäische Governance“ohne demokratische Legitimation

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Volk

Die Stärke schwacher Bindungen

Europas „schwache Ligaturen“: politisch-kulturelle Hintergrund-annahmen, Lebensstil-Orientierungen, übereinstimmende Konflikt-Typisierungen, globale Informationsquellen / Wissensbestände

sind in Kommunikationszusammenhänge eingebunden

finden wichtige Entfaltungsräume im Internet

entwickeln sich typischerweise öffentlich

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Die Gestaltung des Gemeinwesens

Wandel / Ent-Deckung der Realverhältnisse europäischer Demokratie:

Herrschaft im Medium demokratieentbundener Informalität

gründend in Verhandlungssystemen „zwischen Staat und Gesellschaft“

Leitkonzept „Governance“:

der Ort der Macht ist leer

muss also immer wieder angeeignet werden

Politisches System / Staat:

nehmen neomedievalen, neofeudalen Charakter an

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Die Gestaltung des Gemeinwesens

Demokratie als „gehegter Konflikt“:

„Gemeinwohl“ (i.e. Wohl des „ganzen Volks“) als Legitimationsquelle untauglich

Kollektiv bindende Entscheidungen bleiben notwendig

Demokratie wird zur Form des fortbestehenden Konflikts,

der aber ausgehalten und zivilisiert wird,

in diesem Sinn dann gehegter Konflikt ist

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Die Gestaltung des Gemeinwesens

Demokratie als „gehegter Konflikt“:

politischer Streit kann zu gesellschaftlicher Produktivkraft werden

bedarf dazu aber besonderer Sicherung (Hegung)

ein wichtiges, vielleicht das wichtigste Mittel solcher Sicherung:

Öffentlichkeit

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Die Gestaltung des Gemeinwesens

Grundfunktionen politischer Öffentlichkeit:

Eröffnung von Foren, Ermöglichung gesellschaftlicher Beobachtung

Validierung gesellschaftlicher Diskurse

Orientierung in komplexen Diskurslagen

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Die Gestaltung des Gemeinwesens

Öffentlichkeit durch Public Service - Medien:

Bedeutung massenmedialer Informationsfunktion

Identifikation gesellschaftlich erheblicher Politikprozesse

„investigative“ und „produktive“ Vermittlung aller Politik (Bundesverfassungsgericht: „Medium und Faktor – Funktion“ der Medien)

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