Deutschland Spanien nachfrageorientiert, universalistische...

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Aktivierungsregime für junge Erwerbslose im europäischen Vergleich Ausgangssituation Junge Menschen sind in allen europäischen Staaten von den Ausschlüsse aus der Arbeitsgesellschaft besonders betroffen. Ihre Arbeitslosenquote liegt deutlich über der der erwachsenen Erwerbsbevölkerung und steigert sich in Südeuropa in Folge der Finanzkrise auf über 50% (Deutschland 7,5%, Belgien 22,9%, Spanien 55,1%; Eurostat 2014). Der Wohlfahrtsstaat und mit ihm die Soziale Arbeit ist – auch unter Beteiligung der EU - bemüht, Einfluss auf die Lebenssituation junger Erwerbsloser auszuüben. Die sozialpolitische Leitidee der Aktivierung (gekennzeichnet durch individualisiertes Vorgehen, der moralischen Auffassung von Arbeit als Bürgerpflicht und der Verpflichtung zur Gegenleistung, Serrano Pascual 2007: 14) wird europaweit insbesondere durch spezielle Regelungen für junge Menschen umgesetzt. Unterschiedliche Bedingungen, Interessen und Institutionen führen jedoch zu divergenten wohlfahrtsstaatlichen Arrangements. Forschungsfrage Welche Konsequenzen haben unterschiedliche wohlfahrtsstaatliche Regime unter sozialarbeiterischer Beteiligung auf die Möglichkeitsräume von erwerbslosen jungen Menschen? Erfassung der Strukturperspektive Auswertung bestehender Dokumente und Studien in den vier genannten Dimensi- onen: Relevante Gesetzestexte, bestehende Programme gegen Jugenderwerbs- losigkeit, bestehende Studien zur Evaluation und zu Wirkungen der Programme, sowie zur Rolle und zum Selbstverständnis der Sozialen Arbeit und Studien der Übergangsforschung. B i og r a f s c h e D i m e n s i o n K ul t u r e l l e D i m e n s i o n Adressatenforschung Im als Adressatenforschung angelegten Forschungsdesign werden Wirkungen sozialpolitischer Regime aus Subjektsicht erfasst. Dabei wird die dialektische Verwobenheit von Struktur und Handeln aufgezeigt, die die Kritik an einem jeder Sozialität vorgängigem und autonomen Subjekt aufgreift, „ohne jedoch die Per- spektive eines zu Selbstbewusstsein und Selbstbestimmung fähigen Subjekts aufzugeben“ (Bitzan/Bohley 2011: 20). Im Konzept der Lebenslaufregime von Andreas Wal- ther werden sozioökonomische Bedingungen, institutionelle Rahmungen, konkrete Policies und Normalitätsannahmen zusammengeführt, die die Handlungsorientierungen der jungen Menschen prägen. Sowohl verschiedene Formen der Subjektivierung (vgl. Dörre/Lessenich/Rosa 2009: 297-299) als auch das Zusammenspiel von Struktur und Agency können im Vergleich der Regime heraus gearbeitet werden. Forschungsziel Im Anschluss an die durch Lothar Böhnisch entwickelte Konzeption der Lebensbewältigung und dem Brückenkonzept der Bewältigungslage (Böhnisch/ Schröer 2013: 40-57) sollen die Möglichkeitsräume (vgl. Reutlinger 2008) analysiert werden, die die unterschiedlichen Regime der drei Länder für junge Menschen schaffen und in denen ihre Handlungsoptionen - auch durch die Soziale Arbeit als Teil des Arrangements - vorstrukturiert werden. - Christoph Gille - Bitzan, Maria; Boley, Eberhard (2011): Adressatin und Adressat. In: Otto, Hans-Uwe; Thiersch, Hans (Hg.): Handbuch Soziale Arbeit. München: Reinhardt Verlag | Böhnisch, Lothar; Schröer, Wolfgang (2013): Soziale Arbeit – eine problemori- entierte Einführung. München: Julius Klinkhardt | Dörre, Klaus; Lessenich, Stephan; Rosa, Hartmut (2009): Soziologie, Kapitalismus, Kritik: Eine Debatte. Frankfurt a.M.: Suhrkamp | Lévi-Strauss, Claude (1977): Strukturale Anthropologie I. Frankfurt a.M.: Suhrkamp | Reutlinger, Christian (2008): Agency und ermöglichende Räume. In: Homfeldt, Hans Günther e.a.: Vom Adressaten zum Akteur. Opladen: Barbara Budrich | Walther, Andreas (2011): Regimes der Unterstützung im Lebenslauf. Ein Beitrag zum internationalen Vergleich in der Sozialpädagogik. Opladen & Farmington Hills: Barbara Budrich | Serrano-Pascual, Amaparo (Hg.) (2007): Reshaping Welfare States and Activation Europe. Brüssel: Peter Lange. I n s t i t u t i o n e l l e D i m e n s i o n S o z i o ö k on o m i s c h e D i m e n s i o n Subjekt Erfassung der Subjektperspektive Episodische Interviews mit 20-25-Jährigen. Sampling: Regionalisiert und in zwei kontrastiven Settings. Enge Einbindung durch Teilnahme an Betreuungs- und Trainingsangeboten (in der BRD in Maß- nahmen nach §45 SGB III), sowie lose Einbindung etwa durch Bezug staatlicher Grundsicherung ohne weiter reichende Begleitung. Bevölkerungsstruktur Wirtschaftsstruktur Arbeitsmarktstruktur Regulierungpolitik soziale Ungleichheit Systeme sozialer Grundsicherung Maßnahmen sekundärer Normalisierung Verständnis von (Episoden der) Arbeitslosigkeit in Bezug auf die Normalbiografe Bildungsverläufe und Verläufe von Erwerbslosigkeit Kultur als geteilte Wissensordnung (vgl. Lévi-Strauss 1977: 320) Verständnis von Arbeit, Jugend, Familie, formale Bildung etc. Rolle der Sozialen Arbeit schulisches & berufliches Bildungssystem Deutschland Spanien Belgien angebotsorientiert, erwerbsarbeitszentriert unterinstitutionalisiert nachfrageorientiert, universalistische Elemente Regime für junge Erwerbslose, Modell auf der Basis von Walther (2011) Subjekt Subjekt Christoph Gille Universität Duisburg-Essen Berliner Platz 6-8, 45127 Essen +49 177 6874507 [email protected] www.promotionskolleg-transsoz.de B i og r a f s c h e D i m e n s i o n S o z i o ö k on o m i s c h e D i m e n s i o n K ul t u r e l l e D i m e n s i o n I n s t i t u t i o n e l l e D i m e n s i o n

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Aktivierungsregime für junge Erwerbslose im europäischen Vergleich

Ausgangssituation Junge Menschen sind in allen europäischen Staaten von den Ausschlüsse aus der Arbeitsgesellschaft besonders betroffen. Ihre Arbeitslosenquote liegt deutlich über der der erwachsenen Erwerbsbevölkerung und steigert sich in Südeuropa in Folge der Finanzkrise auf über 50% (Deutschland 7,5%, Belgien 22,9%, Spanien 55,1%; Eurostat 2014). Der Wohlfahrtsstaat und mit ihm die Soziale Arbeit ist – auch unter Beteiligung der EU - bemüht, Einfluss auf die Lebenssituation junger Erwerbsloser auszuüben. Die sozialpolitische Leitidee der Aktivierung (gekennzeichnet durch individualisiertes Vorgehen, der moralischen Auffassung von Arbeit als Bürgerpflicht und der Verpflichtung zur Gegenleistung, Serrano Pascual 2007: 14) wird europaweit insbesondere durch spezielle Regelungen für junge Menschen umgesetzt. Unterschiedliche Bedingungen, Interessen und Institutionen führen jedoch zu divergenten wohlfahrtsstaatlichen Arrangements.

Forschungsfrage Welche Konsequenzen haben unterschiedliche wohlfahrtsstaatliche Regime unter sozialarbeiterischer Beteiligung auf die Möglichkeitsräume von erwerbslosen jungen Menschen?

Erfassung der StrukturperspektiveAuswertung bestehender Dokumente und Studien in den vier genannten Dimensi-onen: Relevante Gesetzestexte, bestehende Programme gegen Jugenderwerbs-losigkeit, bestehende Studien zur Evaluation und zu Wirkungen der Programme, sowie zur Rolle und zum Selbstverständnis der Sozialen Arbeit und Studien der Übergangsforschung.

Biograf sche Dimension

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Adressatenforschung Im als Adressatenforschung angelegten Forschungsdesign werden Wirkungen sozialpolitischer Regime aus Subjektsicht erfasst. Dabei wird die dialektische Verwobenheit von Struktur und Handeln aufgezeigt, die die Kritik an einem jeder Sozialität vorgängigem und autonomen Subjekt aufgreift, „ohne jedoch die Per-spektive eines zu Selbstbewusstsein und Selbstbestimmung fähigen Subjekts aufzugeben“ (Bitzan/Bohley 2011: 20). Im Konzept der Lebenslaufregime von Andreas Wal-ther werden sozioökonomische Bedingungen, institutionelle Rahmungen, konkrete Policies und Normalitätsannahmen zusammengeführt, die die Handlungsorientierungen der jungen Menschen prägen. Sowohl verschiedene Formen der Subjektivierung (vgl. Dörre/Lessenich/Rosa 2009: 297-299) als auch das Zusammenspiel von Struktur und Agency können im Vergleich der Regime heraus gearbeitet werden.

Forschungsziel Im Anschluss an die durch Lothar Böhnisch entwickelte Konzeption der Lebensbewältigung und dem Brückenkonzept der Bewältigungslage (Böhnisch/Schröer 2013: 40-57) sollen die Möglichkeitsräume (vgl. Reutlinger 2008) analysiert werden, die die unterschiedlichen Regime der drei Länder für junge Menschen schaffen und in denen ihre Handlungsoptionen - auch durch die Soziale Arbeit als Teil des Arrangements - vorstrukturiert werden.

- Christoph Gille -

Bitzan, Maria; Boley, Eberhard (2011): Adressatin und Adressat. In: Otto, Hans-Uwe; Thiersch, Hans (Hg.): Handbuch Soziale Arbeit. München: Reinhardt Verlag | Böhnisch, Lothar; Schröer, Wolfgang (2013): Soziale Arbeit – eine problemori-entierte Einführung. München: Julius Klinkhardt | Dörre, Klaus; Lessenich, Stephan; Rosa, Hartmut (2009): Soziologie, Kapitalismus, Kritik: Eine Debatte. Frankfurt a.M.: Suhrkamp | Lévi-Strauss, Claude (1977): Strukturale Anthropologie I. Frankfurt a.M.: Suhrkamp | Reutlinger, Christian (2008): Agency und ermöglichende Räume. In: Homfeldt, Hans Günther e.a.: Vom Adressaten zum Akteur. Opladen: Barbara Budrich | Walther, Andreas (2011): Regimes der Unterstützung im Lebenslauf. Ein Beitrag zum internationalen Vergleich in der Sozialpädagogik. Opladen & Farmington Hills: Barbara Budrich | Serrano-Pascual, Amaparo (Hg.) (2007): Reshaping Welfare States and Activation Europe. Brüssel: Peter Lange.

Institutionell

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Sozioökonomische Dimension Subjekt

Erfassung der SubjektperspektiveEpisodische Interviews mit 20-25-Jährigen.Sampling: Regionalisiert und in zwei kontrastiven Settings. Enge Einbindung durch Teilnahme an Betreuungs- und Trainingsangeboten (in der BRD in Maß-nahmen nach §45 SGB III), sowie lose Einbindung etwa durch Bezug staatlicher Grundsicherung ohne weiter reichende Begleitung.

Bevölkerungsstruktur

Wirtschaftsstruktur

Arbeitsmarktstruktur

Reguli

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soziale Ungleich

heit

Systeme sozialer

Grundsicherung

Maßnahmen sekundärer

Normalisierung

Verständnis von (Episoden der)

Arbeitslosigkeit in Bezug auf

die Normalbiografe

Bildungsverläufe und

Verläufe von

Erwerbslosigkeit

Kultur

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Lévi-S

trauss

1977:

320)

Verständnis von Arbeit,

Jugend, Familie,

formale Bildung etc.

Rolle der Sozialen Arbeit

schulisches & berufliches

Bildungssystem

Deutschland SpanienBelgienangebotsorientiert, erwerbsarbeitszentriert unterinstitutionalisiertnachfrageorientiert, universalistische Elemente

Regime für junge Erwerbslose,Modell auf der Basis von Walther (2011)

Subjekt Subjekt

Christoph GilleUniversität Duisburg-Essen

Berliner Platz 6-8, 45127 Essen+49 177 6874507

[email protected]

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