Design will do - Wir verändern die Gesellschaft durch Gestaltung

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Wir verändern die Gesellschaft durch Gestaltung.* 2014 Design will do *Endlich auch als Ringtone! Jetzt downloaden unter: talentshop.ch

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HyperWerk Publikation 2014 Jahresthema Realize!

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Wir verändern die Gesellschaft

durch Gestaltung.*

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Design will

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*Endlich auch als Ringtone! Jetzt downloaden unter: talentshop.ch

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Mischa Schaub, Jan Knopp (Hg.) Jahrespublikation 2014 Realize!

Fachhochschule NordwestschweizHochschule für Gestaltung und KunstInstitut HyperWerk Freilagerplatz 1CH-4023 Basel Verlag HyperWerk

Basel, 2014

ISBN-13 978-3-905693-57-7

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Editorial 5

Institut HyperWerk 6

playerpiano: Freizeitpark zur Zukunft der Arbeit 8

Kongress playerpiano 12

Supatxenja Road Safety Campaign, Pemba, Moçambique

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Was werden wir in Zukunft Arbeit nennen? 24

Les mondes connus et inconnus – Design und kulturelle Räume

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HyperWerk studieren 36

transbazar2015 als Vorprojekt von playerpiano 38

Internationale Gastronautische Gesellschaft 40

Wir machen das jetzt selbst für alle 42

exit through the talentshop 46

Habit-Hacking Die Entmachtung der Gewohnheit

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Gesamtkunstwerk HyperWerk 56

Biennale Venedig 58

How to Diplomausstellung 64

Impressum 69

Movers & Shakers Jahresthema 2014/2015

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EditorialRealize!

Der Jahrgang der Tredici sucht mit seinem Jahresthema Realize! die Konkretion der Tat, die Umsetzung des Plans, die Wirkung des Prozesses. Synchron und parallel zu dieser Energie bewegt sich das Institut HyperWerk, das sich am vielleicht wichtigsten Wendepunkt seiner bisherigen Geschichte befindet. Nach fünfzehn Jahren im warmen Kokon unserer Barockvilla am Totentanz schlüpfen wir, breiten unsere Flügel aus und fliegen in alle Welt, auf den neuen Campus Dreispitz und nach Mulhouse in unseren openparc.

Dieser erweiterte Hyper-Horizont verlangt Beweglichkeit und Strategien, mit denen die neuen Umstände angegangen werden können. In diesem Jahr der eigenen Transformation haben wir als Institut der Prozessgestaltung vor allem gelernt, dass sich schwieri-ge Umstände wie Mangel an Geld, Raum, Freiheit oder Ausrüstung als Energie und Ressource nutzen lassen. Ebenfalls schenkt uns die Dunkle Materie der Not nicht nur Solidarität, Goodwill und Engagement, sondern sie gibt uns auch die Evidenz der Notwen-digkeit zurück – was in unserem so übersättigten Land besonders wichtig geworden ist. Prozessgestaltung verstehen wir als Kunst eines ästhetisch orientierten, gesamtheitlichen Lösungsverhaltens, und so freuen wir uns über die vielen Aufgaben im eigenen Umfeld. HyperWerk hat sich schon immer als Lernlabor verstanden; da ist es gut, dass wir unsere luxurierende Existenz verlassen, um uns in die schweizerische FH-Landschaft vorzuwagen, mit all ihren Bildungs-rucksäcken, Theorien und Formularen.

Durch den gestiegenen Aussendruck haben wir zu einer klareren Identität und zu innerem Zusammenhalt gefunden. Im letzten Jahr haben wir uns in Europa eine experimentelle Grossplattform zur offenen Kultur und zum radikalen Freiraum eingerichtet; wir haben in China leistungsfähige CNC-Fabrikationsmaschinen eingekauft; und wir haben angefangen, damit unser eigenes Mobiliar zu entwi-ckeln. Nun hoffen wir, dass sich möglichst viele AbsolventInnen von HyperWerk für unseren neuen Kreativpark entscheiden werden, wo wir gemeinsam die Zukunft angehen wollen, um dort erfinderisch, wagemutig und zielgerichtet zu handeln, ganz im Sinne von Realize!

Unser Grosslabor openparc in Mulhouse liegt in einer Gegend mit 35 Prozent Jugendarbeitslosigkeit und in einem der ärmsten Quar-tiere Frankreichs – hier geht es nicht mehr um Aufhübschung, eher schon ums Überleben. Unterdessen engagieren sich dort bereits etliche Berufs- und Hochschulen aus dem internationalen Umfeld an unseren Fragen zur Zukunft der Arbeit und zu freisetzenden Bildungsformen. Mit dem Realize!-Jahr haben wir, nach vielen Umwegen, zur ursprünglichen Zielsetzung von HyperWerk zurück-gefunden: zur Schaffung neuer Arbeits- und Lernformen.

Mischa Schaub Leiter Institut HyperWerk

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HyperWerk ist ein Lernlabor. Es sieht sich selbst in permanentem Wandel und reagiert mit innovativen Versuchsanordnungen auf die Entwicklung zur postindustriellen Gesellschaft. Dabei werden öko-nomische, ökologische und gesellschaftliche Dimensionen bedacht. Studienziel ist der Aufbau einer vielseitigen Handlungskompetenz, die spezifische Interessen und individuelle Begabungen optimal zum Tragen bringt, was durch kreative Freiräume, Beweglichkeit, Initiati-ve und Teamarbeit gefördert wird.

Im Freiraum dieses einmaligen Instituts bewegt man sich in der praktischen Projektarbeit und im interdisziplinären Team, vernetzt sich mit der Aussenwelt, beschafft sich Ressourcen und engagiert sich in Workshops. Den Wert offener Spekulation und präziser Fragen begreift man in einer nicht nur begleitenden, sondern takt-gebenden Theoriearbeit.

Im Studium der Prozessgestaltung entwirft und erprobt man Pilot-projekte zum gesellschaftlichen Umbau. Die Entwicklungen von Digitaltechnologie, Klimaerwärmung und Globalisierung erhöhen den Bedarf an umfassend konzipierten Strukturen und Strategien. Wie schiebt man mit geringen Mitteln etwas Grosses an? Wie findet man ein relevantes, lösbares und zugleich offenes Problem, und wie gewinnt man zu seiner Bearbeitung geeignete Partner? Wie struk-turiert man ein grösseres Projekt? Zur Beantwortung solcher Fragen entwickeln wir im interdisziplinären Team unsere Thesen zur Prozess-gestaltung und überprüfen diese an realen Auftragssituationen mit konkreten Projektpartnern, um so zu nachhaltigen und verantwortba-ren Ansätzen zu gelangen.

Immer wieder begeistern unsere Studierenden durch ihre Visio-nen, Projekte und Geschäftsideen, für die sie bei ihren KollegInnen und im Leitungsteam solidarische Unterstützung und Partnerschaft finden. HyperWerk sucht Studierende, die Prozesse zu gestalten wagen, und unsere Studierenden brauchen ein Umfeld, das unterneh-merisches Handeln fordert und fördert. Empowerment – dieser kaum übersetzbare Ausdruck verkörpert das Credo hinter HyperWerk.

Empowerment – dieser kaum übersetzbare Ausdruck verkörpert das Credo hinter HyperWerk.

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Text Prof. Mischa Schaub, Leiter Institut HyperWerkBild Michel Conrad Projektform Institutionelles Projekt HyperWerkOrt Mulhouse FR / Basel CH

HyperWerk-Satellit und -Partner motoco in Mulhouse, in den ehemaligen DMC-Fabrikationshallen.

playerpiano: Freizeitpark zur

Zukunft der Arbeit

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Als konkret überprüfbare Ergänzung zum geplanten Arbeits-Kongress soll in Mulhouse eine Reihe von Versuchen gefahren werden, mit wel-chen wir uns an das gewagte Vorhaben eines eigenen Freizeitparks zur Zukunft der Arbeit herantasten wollen. Die inhaltliche Verbindung von Freizeit und Arbeitslosigkeit wirkt ausreichend stark, und so werden wir sehr viele BesucherInnen haben.

Gemeinsam mit Berufsschulen aus Mulhouse bauen wir eine Experimen-talwerkstatt bei motoco1 auf. Dies geschieht im gegenseitigen Interesse – verfügen die Berufsschulen doch über hervorragendes Handwerk, während motoco offenen Freiraum und kreative Annäherung bieten kann, was beides wiederum in den Schulen radikal fehlt.

In unserer gemeinsamen Werkstatt sollen Installationen entstehen, die neue Produktionsformen vorführen.

Uns fasziniert nicht zuletzt die unternehmerische Vorstellung, dass Besu-cherInnen unseres Parks bei uns eindrückliche Formen von Arbeits- prozessen erleben werden, mit denen quasi in Echtzeit, auf magische, spektakuläre Weise Produkte live vor den Augen des Publikums her-gestellt werden, und dass diese Produkte dann auch direkt gekauft werden dürfen, als Souvenir und als nach dem eigenen Kundenwunsch konfiguriertes Einzelstück. Auf diese Weise soll eine höhere Wertigkeit des Produkts entstehen, das nicht mehr einfach als sinnloser Kauf nach kurzer Zeit weggeworfen, sondern als Erinnerung an einen guten Tag in Mulhouse langfristig geschätzt wird. Der Verfasser dieser Zeilen hat als Fünfjähriger in Süditalien erlebt, wie auf einem Dorfplatz ein Weinfass hergestellt wurde – von den Bildern und Tönen, vom Dampf, dem Feuer, den glühenden Metallreifen und den Hammerschlägen auf die Fass-dauben träumt er noch heute. Solch eine Produktion kann sehr schön, würdig und eindrücklich sein.

Aktuell fragen wir uns, wie denn solche Arbeitsprozesse publikumswirk-sam inszeniert werden sollen – welche Auftrittsformen, Bewegungsab-läufe, Stories wirken stark nach? Wie können daraus der konstruktive Aufbruch und der Mut zum eigenen Handeln entstehen? Welche Bewegungsabläufe bleiben für die Darsteller/Arbeiter interessant und gesund, und wie kann man diese Leute in ein würdiges Licht setzen? Diese Recherche wird auf eine enge Zusammenarbeit mit Dramaturgen, Choreographen, Jahrmarktsgauklern, Schauspielschulen und Strassen- theatern angewiesen sein.

Wollen unsere zukünftigen Handwerks-Performance-Fabrikations-Künst-ler überhaupt mit ihren KonsumentInnen in Austausch treten, oder wäre das nur eine lästige Überforderung? Alle diese Fragen lassen sich am einfachsten experimentell in unserem Freizeitpark beantworten, denn da wird es beliebte Stände geben und auch konsequente Flopps. Die offene Marktsituation unseres Parks wollen wir als beschleunigte Feed-backform und permanente Installation zur Markterforschung nutzen.

1 motoco.me openparc.org

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Blick über den zukünftigen Freizeitpark zur Zukunft der Arbeit playerpiano in Mulhouse, DMC-Gelände.

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playerpiano: Freizeitpark zur neuen Arbeit

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Text und Bild Prof. Mischa Schaub, Leiter Institut HyperWerkProjektform Institutionelles Projekt HyperWerkOrt Detroit USA

Alle Bilder entstanden auf der Forschungsreise nach Detroit und sind Screenshots aus dem Videomaterial der Reisenden.

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Aktuell reift im HyperWerk ein europäischer Forschungsantrag zur Heranführung der breiten Bevölkerung an Fragen der Wissenschaft heran. Wohin soll die europäische Reise gehen; welche Fragen sind uns denn für die Zukunft wichtig? Diese Klärung in einem demokratischen Prozess anzuregen und die dazu notwendigen Informationen zu vermitteln – darum geht es in dieser Projektausschreibung.

Solch ein Antrag über mehr als drei Mio. Euro ist arbeitsintensiv, und die Erfolgs-chancen sind kaum einschätzbar; doch was man damit auf jeden Fall gewinnt, ist eine erhebliche Projektdynamik.

Kongress playerpiano

Im Interview mit der 99-jährige Polit-Aktivistin und Autorin Grace Lee Boggs, die sich seit Jahrzehnten mit der postindustriellen Gesellschaft befasst.

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Es hilft immer, wenn man auf einen bestimmten Zeitpunkt hin ein Vorhaben derart präzise beschreiben muss, dass seine Kosten, Zielsetzungen, Terminpläne und Partner klar ausformuliert vorliegen. Attraktiv ist ebenfalls, dass man vor dem Hintergrund solch eines Antrags mit fremdem Geld hausieren darf, dass sich darüber sonst verschlossene Türen öffnen – denn wer macht nicht gerne mit bei einem konkreten Vorhaben, für das man Geld angeboten bekommt?

Wir wollen unseren Antrag nutzen, um unsere jahrelange Ausein-andersetzung mit der Gestaltung geeigneter Formen und Inhalte der Arbeit im postindustriellen Zeitalter weiter zu vertiefen. Dieses Thema steht im Vordergrund der europäischen Problematik, und es wird in den nächsten Jahen kaum kleiner werden.

Als projektorientierter Studiengang will HyperWerk dieses existen-tielle Thema der kommenden Generationen und ihrer zukünftigen Arbeitsformen nicht rein theoretisch abhandeln, sondern auch mit Lösungsansätzen, Prototypen und Versuchsanordnungen faszinieren und provozieren.

Unser Vorhaben heisst playerpiano, nach dem Science-Fiction- Roman “Player Piano” des amerikanischen Schriftstellers Kurt Vonnegut aus dem Jahr 1952. Er handelt vom Verschwinden der manuellen und proletarischen Arbeit, die durch Automaten geleistet wird, und von den gesellschaftlichen und individuellen Konsequen-zen am Ende des industriellen Zeitalters. Als Institut für postindus-trielle Prozessgestaltung will HyperWerk diese vielerorts Realität gewordene Zukunftsvision mit einem für alle fünf Jahre vorgesehe-nen Kongress in Mulhouse thematisieren, der erstmals im Mai 2017 stattfinden soll. Unser Ereignis soll übrigens zeitgleich zur documenta Kassel stattfinden, wovon wir uns etliche Synergien erhoffen.

Bereits jetzt laufen Vorbereitungen für unsere Veranstaltung an, und vielleicht werden sie demnächst durch eine Förderung unseres EU-Forschungsvorhabens auch finanziert werden. Im Juni 2014 hat eine erste Kontaktreise in das von einer erschreckenden Arbeitslo-sigkeit geprägte Detroit stattgefunden, wo wir führende Vertreter-Innen der “New Work”-Bewegung kennengelernt haben, die sich bereits seit 1974 mit kommenden Arbeitsformen befassen. Nicht zuletzt deshalb würden wir gerne eine Aussenstation in Detroit ein-richten, wo man brauchbare Häuser für weniger als 10’000 Franken finden kann.

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Kongress playerpiano

Als Institut für postindustrielle Prozessgestal-tung will HyperWerk diese vielerorts Realität gewordene Zukunftsvision mit einem für alle fünf Jahre vorgesehenen Kongress in Mulhouse thematisieren, der erstmals im Mai 2017 stattfinden soll.

Der visionäre Kunstschmied und Windmühlenkonstrukteur Carlos Nielbock lebt und arbeitet in Detroit.

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SupatxenjaRoad SafetyCampaign für Pemba, Moçambique

Text Prof. Max Spielmann, Mitglied Leitungsteam HyperWerkBild Matthias Würth, Student HyperWerk, ANIMA Estúdio Criativo Projektform Dienstleistungsprojekt mit HyperWerk-Studierenden unter der Leitung von Jan Knopp und Max Spielmann, ANIMA Estúdio Criativo und AZUL consultoria, Moçambique. Ort Maputo, Pemba MZ / Basel CH

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SupatxenjaRoad SafetyCampaign für Pemba, Moçambique

Sandpisten, Frauen in bunten Batikkleidern, Strohhütten, Toyota-Kleintransporter, Palmen, bunte handgemalte Werbe-anzeigen an Hauswänden, Sandstrand und Meer. Solche Bilder hingen diesen Frühling an den Wänden im Dachgeschoss des Bockstecherhofs. Sie waren Teil der studentischen Recherche für das Projekt Road Safety Campaign in Pemba, Moçambique.

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Eine Gruppe Jugendlicher, getroffen in Pemba im Zuge der Recherchereise unserer Studierenden.

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Pemba ist das nördliche Zentrum von Moçambique und die Hauptstadt der Provinz Capo Delgado. In den letzten Jahren wurden verschiedene Erdgas- und Erdölvorkommen in der Region gefunden. Insgesamt vier internationale Erdölfirmen sind an der Exploration der Vorkommen beteiligt. Allein der Auftraggeber unserer Kampagne, Anadarko1, plant Investitionen von 50 Mio. US-Dollar in diesem Gebiet. Diese Entwicklung ist mit einem starken Wachstum der Bevölkerung und des Verkehrs verbun-den. Seit 2006 implementiert die Regierung in Koordination mit der WHO ein nationales Verkehrssicherheitsprogramm. HyperWerk entwickelte als Partner der in Pemba ansässigen Entwicklungsagentur AZUL und zusammen mit der Kommuni-kationsagentur Estudo creativo ANIMA2 aus Maputo die Road Safety Campaign Supatxenja3 (“Superchanger” in einer portugie-sisch-phonetischen Schreibweise).

Was können die Jugendlichen in Pemba selbst aktiv tun, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen? Sie sollten sich weder als Opfer noch als reine Befolger von Verkehrsregeln verstehen. Aktivitäten wie Siebdruck, selbstproduzierte Wandmalereien, die Produktion eines eigenen Musicals, ebenso wie zu einem späteren Zeitpunkt der Gebrauch von Video zur Dokumentati-on von gefährlichen Stellen und zum Reenactment des eigenen Verkehrsverhaltens dienen dazu, die Jugendlichen zu involvie-ren und als selbständig Handelnde zu entwickeln. Supatxenja ist dabei nicht der überragende Superman, sondern eher eine Figur, die zwar mutig vorangeht, aber Unterstützung gut ge-brauchen kann.

Die Kampagne startet diesen Herbst – wir sind gespannt auf die Resultate.

Die Verkehrssituation hat sich mit der Entdeckung und Ausbeutung der Gasfelder dramatisch verändert.

1 www.anadarko.com

2 www.anima.co.mz

3 www.supatxenja.com

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Supatxenja geht von der Aktivierung der Jugendlichen aus.

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Ausprobieren der Kampagne am Strand von Pemba, mit HyperWerk-Studierenden und lokalen Expertinnen.

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Trotz drastischen LKW-Verkehrs bleibt die Strasse der Spielplatz.

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PROLOG1

“Die Arbeit ist zunächst ein Prozess zwischen Mensch und Na-tur, ein Prozess, worin der Mensch seinen Stoffwechsel mit der Natur durch seine eigne Tat vermittelt, regelt und kontrolliert. Er tritt dem Naturstoff selbst als Naturmacht gegenüber. Die seiner Leiblichkeit angehörigen Naturkräfte, Arme und Beine, Kopf und Hand, setzt er in Bewegung, um sich den Naturstoff in einer für sein eignes Leben brauchbaren Form anzueignen. Indem er durch diese Bewegung auf die Natur ausser ihm wirkt und sie verändert, verändert er zugleich seine eigne Natur. Er entwickelt die in ihr schlummernden Potenzen und unter-wirft das Spiel ihrer Kräfte seiner eignen Botmässigkeit.”Karl Marx, Das Kapital. Berlin 1972, Bd. 1, S. 192

1. Freitag 13. Juni 2014, 23:30h, Bockstecherhof, Basel: Aus dem dunklen e-room des HyperWerks leuchtet ein bläuliches Licht. Ein 3D-Plotter produziert langsam ein organisches Geflecht. Er arbeitet. Der Programmierer döst in einem Stuhl vor sich hin. Draussen wird der Plotter im bläulichen Licht gefilmt. Der Kame-ramann ist an der Arbeit. Im Hof wummern die Bässe – der DJ ist an der Arbeit. Es wird Bier verkauft, Empanadas werden frittiert – Menschen sind an der Arbeit. Die Tanzenden zwischen Freizeit und Körperarbeit. Menschen im Gespräch – arbeiten sie an neuen Projekten, sind sie in Beziehungsarbeit verstrickt, oder feiern sie einfach den Abschied vom Bockstecherhof?

2. Unser Verständnis des Begriffs Arbeit ist eng mit industrieller Lohnarbeit, mit der Erwerbstätigkeit verbunden. In der postindustri-ellen Gesellschaft wird die Lohnarbeit zunehmend an Bedeutung verlieren. Auch ohne Stechuhr ist die Lohnarbeit jedoch tief in uns als Verpflichtung eingeschrieben.2 Mit Erwerbsarbeit verbinden wir Lebenssinn und gesellschaftliche Legitimation. Dieses mentale Verständnis wird jedoch zunehmend prekär. Uns wird diese Form der Arbeit langsam aber sicher ausgehen. Über kurz oder lang wird die Entwicklung der Produktivkräfte, verbunden mit dem Zwang zu einer nachhaltigen Postwachstumsgesellschaft, die klassische Erwerbsar-beit reduzieren.

Was werden wir in Zukunft Arbeit nennen?

1 “Der Prolog ist der ganze Teil der Tragödie vor dem Einzug des Chors.” Aristoteles, Poetik. Stuttgart: Reclam, 1994. S. 22

2 “Jener eigentümliche, uns heute so geläufige und in Wahrheit doch so wenig selbstverständliche Gedanke der Berufspflicht, einer Verpflichtung, die der einzelne empfinden soll und empfindet gegenüber dem Inhalt seiner “beruflichen” Tätigkeit, gleichviel worin sie besteht, gleichviel insbe-sondere ob sie dem unbefangenen Empfinden als reine Verwertung sei-ner Arbeitskraft oder gar nur seines Sachgüterbesitzes (als ‘Kapital’) erscheinen muss – dieser Gedanke ist es, welcher der ‘Sozialethik’ der kapitalistischen Kultur charakteris-tisch ist.” Max Weber, Die protestantische Ethik und der “Geist” des Kapitalis-mus, 1904/05. Aus: Schriften 1894 bis 1922. Stuttgart 2002, S. 165

Text Max Spielmann, Mitglied Leitungsteams HyperWerkBild Martin Schaffner, Dozent für Film und Video, HyperWerk Projektform HyperWerk-Forschungsfeld

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3D-Plotter im e-room des HyperWerks; Still aus “HyperWerk Adieu”. http://vimeo.com/99717142

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3. Eine weitere Steigerung der Produktivität wird unter Öko-nomen kontrovers diskutiert. Die Entwicklungen der Robotik, des Computer-Aided-Manufacturing und -Engineering im industriellen Sektor, der Flächenertragssteigerungen in der Agronomie sowie der Vernetzung von Information im Dienstleistungsbereich lassen weitere massive Produktivitätssteigerungen zumindest als wahrscheinlich erscheinen. Ob diese Steigerungen durch Erwerbsarbeit im sozialen Bereich – zum Beispiel durch die steigende Lebenserwartung – aufgefangen werden, ist mehr als fraglich. Die Lösung der ökologi-schen Krisen und die notwendigen Konflikttransformationen in einer enger werdenden Welt werden der Menschheit noch viel Arbeit, auch Erwerbsarbeit bescheren. Aber gehen wir positiv denkend davon aus, dass diese Herausforderungen des 21. Jahrhunderts auch in diesem Jahrhundert gelöst werden können.3 Was bleibt dann übrig, was wir aus einem industriellen Verständnis heraus als Arbeit bezeichnen könnten?

4. Ein weiteres Problem ist bereits heute sichtbar. Wie Thomas Piketty4 umfassend darstellt, radikalisiert sich die ungleiche Vermö-gensverteilung in den letzten zwanzig Jahren wieder in Richtung der Belle Epoque des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhun-derts. Wenn Arbeit in Form von Erwerbstätigkeit zurückgeht, stellt sich ultimativ die Frage, wie dann Reichtum verteilt wird. Internetfirmen wie Google oder Facebook zeigen das Problem exemplarisch auf. Die Nutzer produzieren einen grossen Teil des Wertes. Mit verhält-nismässig wenigen eigenen Arbeitskräften wird viel Kapital erwirt-schaftet, und es werden einige wenige Vermögende produziert.5 Um den Konsum und die Wirtschaft anzukurbeln, muss das Geld verteilt werden; eine triviale ökonomische Feststellung. Was aber geschieht, wenn die Verteilung nicht mehr über Lohnarbeit erfolgen kann? Nicht weil der “böse Kapitalist” das Geld für sich behalten will,6 sondern schlicht weil die Lohnarbeit nicht mehr in dem für die Verteilung notwendigen Ausmass existiert. Andere Verteilsysteme wie das in der Schweiz diskutierte Bedingungslose Grundeinkommen7 werden dann zu einer Notwendigkeit. Das ginge jedoch nur dann einigermassen schmerzlos, wenn wir unsere Arbeitsethik durchbrä-chen und ein neues Verständnis von Arbeit entwickelten. Die lange Geschichte der wiederholt verlorenen Abstimmungskämpfe um die 40-Stunden-Woche in der Schweiz zeigen, wie tief das Arbeitse-thos im kollektiven Bewusstsein verankert und mystifiziert ist.8 Der Wert der unentgeltlichen Arbeit – der Hausarbeit, der Subsisten-zwirtschaft, des künstlerischen und gestalterischen Tätigseins, der Freiwilligenarbeit, der Hobbies, des Flanierens und Sinnierens, des gesellschaftlichen und sozialen Handelns – müsste zuerst an gesellschaftlicher Anerkennung gewinnen, um für neue Verteilmecha-nismen ein Feld vorzubereiten.

3 Natürlich sind die dystopischen Zukunftsängste mehr als berechtigt. Eine zerstörte Welt wie in “Mad Max”, eine Welt des Dickichts der Überbevölkerung wie in “Blade Runner” oder die diktatorischen Systeme wie in “Gattaca” oder “THX 1138” sind filmische Variatio-nen dieser Dystopien. Als Ängste sind diese Vorstellungen wenig hilfreich, um Lösungsszenarien für die Herausforderungen der kom-menden Jahrzehnte zu skizzieren – das negiert nicht die Möglichkeit ihres Eintretens.

4 Thomas Piketty, Das Kapital im 21. Jahrhundert. München 2014

5 “Was uns bevorsteht, ist die Aussicht auf eine Arbeitsgesell-schaft, der die Arbeit ausgegangen ist, also die einzige Tätigkeit, auf die sie sich noch versteht. Was könnte verhängnisvoller sein?” Hannah Arendt, Vita activa oder vom tätigen Leben, München, 2002, S. 13

6 Auch hier werden die Tenden-zen der vermögenden Schichten, ihre Macht auszuspielen und durch-zusetzen, nicht bestritten. Es wird “einfach” von einem vernünftigen Handeln ausgegangen, welches eine gerechte Verteilung der Güter über einen längeren Zeitraum als sinnvoll einsieht. Dass diese “Einsicht” nicht ohne massive sozia-le Auseinandersetzung erkämpft werden muss, bleibt unbestritten.

7 http://www.grundeinkommen.ch

8 Man denke an die Mythisierung der Schweiz als Binnenland ohne natürlichen Zugang zu Rohstoffen und damit zur Überhöhung der Arbeitskraft und Produktivität als Notwendigkeit.

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5. Innovationen haben ein zerstörerisches Potential. Indem sie Bestehendes zerstören, verändern sie die Verhältnisse. Der unterneh-merische Mensch ist in seinem Kern eine anarchische Kraft. In seinem Stoffwechsel mit der Natur schafft sich der Mensch und seine sozialen Bedingungen selbst. Dies immer wieder von Neuem. “Arbeiten ist gefährlich. Man setzt neue Produkte in die Welt, die zunächst einmal niemand braucht. Man lässt sich auf Formen des Umgangs miteinander ein, die gegen alle guten Sitten verstossen. Und man verwendet Zeit für sie, die andernorts verlorengeht. Es ist daher kein Wunder, dass das Arbeiten in allen Gesellschaften zu den am meisten kontrollierten und regulierten Sachverhalten gehört. Die Form dieser Kontrolle und Regulation ist schlicht: Arbeiten ist generell verboten und nur ausnahmsweise gestattet; und die Aus-nahmen sind bis ins Detail von der Gesellschaft geregelt. Geregelt ist, welche Produkte beim Arbeiten entstehen dürfen. Geregelt ist, wie man beim Arbeiten miteinander umgeht. Und geregelt ist, wie viel Zeit für die Arbeit aufgewendet werden darf.” 9 “Die Kontrolle und Regulation von Arbeit hat einen Namen. Wir sprechen von Organisation. Organisationen sind die Art und Weise, so hat Niklas Luhmann den Sachverhalt einmal formuliert, wie Ge-sellschaften über Arbeit kommunizieren.” 10

Verändern wir unser Verhältnis zur Arbeit und entwickeln wir ein anderes Verständnis unserer Arbeit, so greifen wir unmittelbar und grundlegend in die Organisation der Gesellschaft ein.11 6. Und da steht er nun, im Kellergeschoss des Media Markts beim Bahnhof Basel SBB: ein 3D-Plotter, ganz Media Markt, nicht ein Produkt von MakerBot New York, USA, sondern von einer günstigeren Nachahmermarke, bereit für den Massenmarkt. Pro-duziert werden wohl beide in China oder an einem anderen Ort in Fernost. Der Plotter erinnert mich an meinen ersten Mac Plus 1985 mit seinem magischen Versprechen des Desktop-Publishing und der Musikproduktion. Tiefgreifende Veränderungen in der Graphik- und Druck- sowie in der Musik- und Film-/Videoindustrie sind symbolisch an den Markteintritt des Apple Macintosh gebunden. Das berühmte Werbevideo12 zum SuperBowl 1984 enthält alles, was sich theoretisch aufarbeiten und begründen lässt: die Vision der entfremdeten Arbeit in einer diktatorischen Gesellschaft (George Orwell, “1984”) und die Heilsbotschaft der Freiheit und Individualität durch eine neue Tech-nologie; historisch von heute aus gesehen natürlich auch die Proble-matik einer solchen technologiebedingten Heilsbotschaft an sich.Wie der Mac, so bringen der 3D-Plotter, die FabLabs13 oder die CNC-Produktionstechniken ein Versprechen mit sich: In Zukunft wird die industrielle Produktion individuell, und es werden geschlossene Produktionszyklen möglich sein.14 Das digitale Handwerk wird zur Massenbewegung. Die Konsequenzen eines solchen Szenarios sind radikaler als die Konsequenzen des Desktop Publishing. In der Pro-duktion von physischen Dingen ist sie vergleichbar mit der Internetre-

9 Dirk Baecker, Studien zur nächsten Gesellschaft. Frankfurt 2007 S. 56

10 Ebd., S.57, Niklas Luhmann zitierend: “So etwa in: Niklas Luhmann, Organisation. In: Joa-chim Ritter und Karlfried Gründer (Hrsg.), Historisches Wörterbuch der Philosophie. Bd. 6, Basel/Stutt-gart 1984, Sp. 1326-1328.”

11 Zum Beispiel Holm Friebe und Sascha Lobo, Wir nennen es Arbeit. München 2006. Die Beschreibung der “Digitalen Bohème” ist die Beschreibung einer Generation, die spezifisch in der Kreativwirtschaft Lücken des Systems nutzt und zwangsweise nutzen muss. Darin entwickelt sich ein neues Verhältnis zur Arbeit.

12 http://www.youtube.com/

13 http://de.wikipedia.org/wiki/FabLab – einfach als Einstieg für alle, denen dieser Begriff noch nicht geläufig ist.

14 Eines der Ziele der FabLabs ist die Reproduktion der eigenen Ma-schinen. Alle Einzelteile einer neuen Maschine lassen sich dann mit bestehenden Maschinen innerhalb eines FabLabs produzieren. Einzig die Rohstoffe müssten dem FabLab zugeführt werden – ein Ziel, dem die FabLabs schon heute recht nahekommen.

Was werden wir in Zukunft Arbeit nennen?

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volution für die Organisationen allgemein, die Unterhaltungsindus-trie oder die Wissenskonfiguration. Die Segregation des Raumes in Arbeit, Wohnen und Freizeit sowohl lokal in den Städten als auch global in einer weltweiten Arbeitsteilung wird angesichts dieser zu-künftigen Produktionsstrukturen in Frage gestellt. Dies ist nicht nur räumlich, sondern auch funktional zu verstehen. Wo beginnt Arbeit, und wo endet Freizeit? Hier aber nicht verstanden aus der Sicht der virtuellen Verlängerung der Erwerbstätigkeit in die Freizeit hinein,15 sondern aus der Sicht der selbständigen und zumindest teilweise selbstbestimmten Tätigkeit heraus. Die Technologie ermöglicht einmal mehr die Individualisierung, die Flexibilisierung und gesamt-haft die Neudefinition dessen, was wir Arbeit nennen. Industrielle Produktionsmittel werden finanzierbar für Einzelpersonen, kleine Gruppen und für Kleinunternehmen. Andere Organisationsfor-men der Vernetzung, genossenschaftliche und ähnliche Strukturen werden im industriellen Bereich wieder verstärkt denkbar und notwendig, um tragfähige Strukturen der sozialen Absicherung und Solidarität zu entwickeln. Denn wie wir aus den “Ich-AGs” wissen, kippt spätestens hier eine Freiheit in eine prekäre Situation.

7. Die letzten zwanzig Jahre des Aufkommens des Internets und der digitalen Vernetzung waren begleitet von Versprechungen zur Demokratisierung des Wissens, des Aufbrechens der Medien-hegemonien oder der Entwicklung der Telearbeit als individua-lisierte, flexiblere und befreitere Form der Arbeit. Einiges davon wurde auch eingelöst oder ist zumindest noch in der Schwebe. Die grossen Organisationen haben gleichzeitig gelernt, sich im Fluss der Informationen zu bewegen – sie können flexibler, problemori-entierter, ergebnisoffener, schneller reagieren.16 Big Data werden zur Spielmasse der Interpretationen, sind aber der Komplexität ihrer Analyse wegen fast nur grossen Organisationen zugänglich. Die Unternehmen haben gelernt, andere Formen der Erwerbstätigkeit nach ihren Bedürfnissen durchzusetzen, global die Arbeit noch sehr viel stärker an den jeweils günstigsten Standort zu verlagern und zu den günstigsten Konditionen einzukaufen. Die Einkommensschere und in erster Linie die Vermögensschere gehen auseinander, das akkumulierte Kapital bleibt in wenigen Händen.

8. Die seit 2008 sichtbare ökonomische Krise führt zu neuen Nationalismen. Die Austeritätspolitik bedient sich der Schulden in extremis als Machtinstrument – zuerst die Verschuldung fördern, dann die Sparprogramme durchsetzen. David Graeber17 ist dem Ursprung des Geldes aus anthropologischer Sicht nachgegangen und stellt dabei die Schulden als wirksames Macht- und Unterdrü-ckungsmittel ins Zentrum. Von Bedeutung ist auf mentaler Ebene die Verknüpfung der ökonomischen mit der moralischen Schuld und deren Festsetzung in unseren Denk- und Wertesystemen. Umge-kehrt ist die Virtualität des Begriffes Geld damit verbunden – Geld ist letztlich Information; nicht weniger, aber auch nicht mehr.

15 Gemeint ist hier beispielsweise die ständige Erreichbarkeit mittels digitaler Technologien.

16 Der Novartis-Campus in Basel ist exemplarisch für ein zeitgenös-sisches Verständnis von Organisa-tion mit dem Versuch, ein offenes Klima der Innovation nach innen mit gleichzeitiger Abgrenzung nach aussen zu entwickeln. Dies mit all seinen sozialen Nebeneffekten.

17 David Graeber, Schulden: Die ersten 5000 Jahre. Stuttgart 2012

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9. Was haben der einsame 3D-Plotter im Media Markt und die idealistischen FabLaber18 mit der Makroökonomie zu tun? Sie sind über den Begriff der Arbeit, über die Arbeit regulierenden Organisa-tionsformen und ganz direkt über die Schulden miteinander verbun-den. Im Projekt Enter Views on Crisis untersuchen wir länderübergrei-fend in Europa Lösungsansätze zur Überwindung der Krise(n). Eine der ersten Erkenntnisse ist die Notwendigkeit der Öffnung des Begriffs Krise, weit über die makroökonomische und finanzpolitische Seite hinaus – auch über die heutigen strukturellen Probleme gerade der südeuropäischen Länder hinaus. Im Kern reden wir über eine epi-stemische Krise, eine Krise der Erkenntnisgenerierung, der Produktion und der Konfiguration von Wissen.

Das Interviewstudio von Enter Views on Crisis im Ausstellungsraum der MIET (Buchhandlung der Stiftung der Griechischen Nationalbank), Thessaloniki 2013.

18 Dieser Artikel bezieht sich stark auf neue Formen von Arbeit im Bereich des digitalen Handwerks und im industriellen Sektor. Ähn-liche Bewegungen können in der Urban Agriculture, in der Sharing Economy, bei airbnb, Uber (www.uber.com), an Mittagstischen wie eatwith.com und in vielen weiteren Bereichen festgestellt und analy-siert werden.

Was werden wir in Zukunft Arbeit nennen?Projekt Enter Views on Crisis Mit Prof. Max Spielmann, Mitglied Leitungsteam HyperWerkProjektform Institutionelles Forschungsprojekt HyperWerkOrt Thessaloniki GR / EU

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10. Arbeit verstanden als Stoffwechsel mit der Natur, der Mensch dabei verstanden als Resultat seiner Arbeit – diese Festlegungen bedingen ein anderes Verständnis der Welt und unserer Handlungs-räume. Dies ist als anderes Verständnis der Produktion von Wissen zu verstehen.

Das dialektische Grundverständnis meint in der Umkehrung auch die menschliche Natur, ihre Kultur. Diese steht im Stoffwechsel mit der Arbeit und ist deren Produkt. Entwicklungssprünge als Synthe-sen dieses Verhältnisses sind fest in diesem Denken eingraviert. Lässt sich mit dieser Denkfigur arbeiten? Zur Erreichung klarer und lösbarer Fragestellungen greift die Moderne zur Säuberung.19 Das Innen wird durch eine klare Trennlinie vom Aussen abgetrennt – das Trennende und der Trennende werden gemeinsam mit dem Aussen ausgeklammert – dieses gesamthaft auch als “Drittes” zu Verstehende wird negiert.20 Diese Grundmethode war wissenschaftlich und sozial über eine lange Zeit ziemlich erfolgreich.

Die Lösungen komplexer Probleme jedoch, die Analyse und Abwen-dung der ökologischen Katastrophen, die Möglichkeiten der Analyse grosser Datenmengen21 zur Lösung sozialer, ökonomischer, natur- und auch geisteswissenschaftlicher Fragestellungen mit inter- und transdisziplinären Methodiken – all dies bedingt neue Formen der Wissensproduktion, die diese Säuberungen und Reduktionen hinter sich lassen können.

11. “Kannst Du davon leben?” – Diese Frage begleitet Künst-lerInnen und GestalterInnen ein Leben lang. Die Umkehrung – “Kannst Du noch künstlerisch/gestalterisch arbeiten?“ begleitet die DozentInnen und Angestellten von HGKs und Universitäten. Beide Fragen können als Resultate eines Säuberungsversuches verstan-den werden: Die Erwerbstätigkeit gilt als hegemoniales System der “richtigen” Arbeit” – und andere Formen der Arbeit, in unserem Falle die Kreativarbeit, gelten als eine zu isolierende, gesellschaftlich abzutrennende Form. Diese Art der Säuberung war schon immer falsch, wenn auch als Disziplinierungsmassnahme erfolgreich und in der jeweiligen gesellschaftlichen Situation teilweise auch nachvoll-ziehbar und notwendig. Sie zerstört Innovation und stützt damit die jeweilige gesellschaftliche Organisationsform.

12. Richard Florida22 postuliert die kreative Klasse als Notwen-digkeit für innovative, erfolgreiche Städte und Regionen. Tim Browns Durchsetzung des “Brand” Design Thinking23 ist es zu verdanken, dass die gestalterischen Entwurfsmethoden als geeignete Werk-zeuge für die Analyse und Veränderung verschiedenster organisa-torischer und gesellschaftlicher Probleme erkannt werden. Kreative Formen von Arbeit sind für Innovationen notwendig. Nur sind diese Formen der Arbeit in einer gesäuberten, isolierten Form kaum als Erwerbstätigkeiten zu realisieren.

19 Dazu die Arbeiten von Bruno Latour, zentral: Wir sind nie modern gewesen – Versuch einer symmetrischen Anthropologie. Frankfurt 2008

20 Diese Denkform spielt naürlich auf George Spencer Brown an, ohne zu behaupten, dessen Ge-dankengänge und Konsequenzen wirklich durchdrungen zu haben: G. Spencer Brown, Laws of Form – Gesetze der Form. Leipzig 2004

21 Nebst der Gefahr der um-fassenden Datenüberwachung fasziniert an Big Data die “Daten-akrobatik”, die es ermöglicht, quasi phänomenologisch Datenstrukturen zu beobachten und ohne eigent-liche Hypothese Datencluster aufzuspüren und erst dann zu spe-zifischen Hypothesen zu gelangen. Siehe dazu Heinrich Geiselberger und Tobias Moorstedt (Hg.), Big Data: Das neue Versprechen der Allwissenheit. Berlin 2013

22 Richard Florida, The Rise of the Creative Class: And How It’s Transforming Work, Leisure, Community, and Everyday Life. New York 2004

23 Tim Brown, Change by Design. How Design Thinking Transforms Organizations and Inspires Innova-tion. New York 2009

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13. Wie könnten vorläufige Schlussfolgerungen und Forderun-gen aussehen? Bruno Latour unterscheidet in “Eine neue Soziologie für eine neue Gesellschaft”24 zwischen der Vogelschauperspektive, der grossen Übersicht und der ANT oder Ameisenperspektive, der detaillierten und faktenreichen “Feldforschung” in der Soziologie. Er warnt vor dem Mittelweg eines bodennahen Überflugs und einer unpräzisen Kombinatorik.25 Angewendet auf unsere Fragestellung “Was werden wir in Zukunft Arbeit nennen?” lässt sich Folgendes fordern: Die Transformation der Gesellschaft ist auf allen Ebenen in vollem Gang. Die nächste Gesellschaft können wir nur erahnen. Unser Verständnis von Arbeit wird sich in Zukunft radikal verändern. Oder vielleicht auch nicht? Arbeit ist gefährlich und steht in engstem Verhältnis zu den Organisationsformen jeder Gesellschaft. Deshalb sind unsere idealistischen Gehversuche mit neuen Arbeitsformen sehr umsichtig zu handhaben. Auch an kleinen Veränderungen ist beharrlich zu arbeiten. Widerspruch ist überall dort anzumelden, wo neue Arbeitsformen in alte Organisationsformen eingegliedert werden. Oftmals geschieht dies unter wohlklingenden Begriffen wie “Entrepreneurship”, meint jedoch nur eine Disziplinierung und Einbindung in die bestehenden Organisationsstrukturen und Ökono-mien. Ohne die gleichzeitige Arbeit an neuen Organisationsformen, an neuen Formen der sozialen Absicherung und Solidarität, gekop-pelt mit einem makroökonomischen und politischen Verständnis der grös-seren Bewegungen, sind neue Formen der Arbeit nicht nachhal-tig zu haben. Neue Arbeitsformen sind in ein Verständnis von neuen Wissensproduktionsformen zu stellen – “unsauberes” Handeln, Forschen, Erkunden von neuen Arbeitstechniken26 hat seine Funktion und seine Ästhetik in der Suche nach neuen Lösungen.

Samuel Becketts “Wieder versuchen. Wieder scheitern. Besser schei-tern.”27 können auch wir uns einprägen. Bei Tennisprofi Stanislaw Wawrinka hat diese Tätowierung immerhin zu einem Mastersieg in Melbourne 2014 geführt.

24 Bruno Latour, Eine neue Sozio-logie für eine neue Gesellschaft. Frankfurt 2007

25 Dies ist ein Vorwurf, der dem vorliegenden Artikel gewiss auch zu machen ist. Damit lässt sich leben, wenn dieser Artikel als Skizze eines Arbeitsprogramms und als Suchbe-wegung verstanden wird.

26 Hierzu sei Richard Sennett, Zusammenarbeit: Was unsere Gesellschaft zusammenhält, Berlin 2012, und Handwerk. Berlin 2009 empfohlen. Der Wert des impliziten Wissens des Handwerks als einer spezifischen Form der Wissenspro-duktion ist gesellschaftlich zurückzugewinnen. Man kann eine “Rückkehr der Oralität” konstatie-ren, in Analogie zur Zeitenwende vom Buchdruck zur Informationsge-sellschaft. Dazu natürlich Marshall McLuhan, Die Gutenberg-Galaxis. Die Entstehung des typographi-schen Menschen. Hamburg 2011

27 Samuel Beckett, Worstward Ho, 1983. In: Samuel Beckett, Company et al., London 2009 – Im Original: “All of old. Nothing else ever. Ever tried. Ever failed. No matter. Try again. Fail again. Fail better.”

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Les mondes connus et inconnus –

Design und kulturelle Räume

Text und Bild Prof.Dr. Regine Halter, Prof. Catherine Walthard, Anka Semmig Mitglieder Leitungsteam HyperWerk und Dozierende Projektform Institutionelles Forschungsprojekt HyperWerkOrt Canberra AUS / Basel CH

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Les mondes connus et inconnus

Cultural Spaces and Design – über das Forschungsprojekt

Neue Ansätze, Ideen, Produkte und Perspektiven entstehen auch im Design vor allem aus kulturellem Austausch und Mobilität. Was Studierende erleben, während sie im Ausland sind, wie sie diese Erfah-rungen verarbeiten und wie das ihre Arbeit und ihr Selbstverständnis als Designerinnen prägt, wird in der Ausbildung allerdings meistens nicht themati-siert. Dabei wird ihr zukünftiges Berufsleben sich mehr denn je in kulturell vielfältigen Kooperationen bewegen. Höchste Zeit also, sich mit den damit verbundenen Anforderungen bereits während des Studiums auseinanderzusetzen. Für die Studieren-den stehen dabei Fragen zu neuen Wegen und Zielen von Gestaltung im Zeitalter der Globalisie-rung im Vordergrund. Da geht es um sehr viel mehr als um die Ausbildung nützlicher organisatorischer Fertigkeiten, durch die ein internationales Projekt realisiert werden kann. Es geht um die Kriterien gestalterischer Praxis, die der Förderung kulturel-ler Vielfalt dient, nicht der doctrine d'unité eines Global Design.

Das Projekt Cultural Spaces and Design – Per-spektiven der Designausbildung ist im Bereich der angewandten interkulturellen Designforschung angesiedelt. Es befasst sich mit den Auswirkungen von Globalisierungsprozessen auf Design und fragt nach den Konsequenzen für die Designausbildung. In der internationalen Zusammenarbeit mit Dozie-renden und Studierenden anderer Hochschulen sowie mit VertreterInnen aus der Designpraxis sollen beispielhaft Ausbildungsinhalte entwickelt, erprobt und evaluiert werden. Dafür werden Werkzeuge und Methoden für die Auseinandersetzung mit anderen Designkulturen entwickelt, in Ausbildungsmodule übersetzt und in die Designausbildung integriert. Die Erprobung dieser Ausbildungsmodule findet an der HGK Basel statt. Das Projekt leistet damit einen Beitrag zur innovativen Weiterentwicklung des Ausbildungs- und Designstandorts Schweiz.

Kulturelle Räume und ihre Bedeutung fürs Design und für Designprozesse beschäftigen uns schon eine ganze Weile: Mit dem Jahresthema Upstream. Prospects Through Design gingen wir 2012 der Frage nach, von welcher vorgefassten Meinung sich unser Verständnis von Gestaltung herleitet und ob dieses Verständnis in Zeiten der Globalisierung überhaupt noch gültig sein kann. Jetzt verfolgen wir das Thema im Design-forschungsprojekt Cultural Spaces and Design weiter.

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Kick-Off in Down Under – zu Gast am Center for European Studies in Canberra

Im Mai 2014 konnten wir unser Projekt an einem Workshop des Center for European Studies in Can-berra, Australien, präsentieren und mit Dozierenden und Studierenden aus Kunst, Design, Geistes- und Sozialwissenschaften diskutieren. Wir waren gespannt auf die Reaktionen der Kolleginnen und Kollegen in Down Under: Würden die Australier, die ja in einem Einwanderungsland und damit in einer viel stärker multikulturellen Gesellschaft leben als wir, unser Thema überhaupt relevant finden? Würden sie verstehen, worum es uns geht? Umso überraschter waren wir über die positive Resonanz. In Australien scheint man mit dem Thema vertraut zu sein, weil Fragen kultureller Identität dort ständig präsent sind und so gut wie jeden betreffen. Jetzt planen wir die weiteren Kooperationen mit den Kolleginnen in Canberra – und erweitern unser Netzwerk auf weitere Kontinente.

Das Projekt Cultural Spaces and Design ist eine Kooperation zwischen den Instituten Integrative Gestaltung/Masterstudio und HyperWerk. Es wird gefördert von der Gebert Rüf Stiftung, Basel. Der Kick-Off-Workshop wurde ausgerichtet und unter-stützt vom Center for European Studies der Australian National University.

KontaktHochschule für Gestaltung und Kunst FHNW HGKInstitute HyperWerkFreilagerplatz 1CH-4023 Basel P: 0041 61 228 40 67 / 33F: 0041 61 228 43 15 Regine Halter: [email protected] Walthard: [email protected] Semmig: [email protected]

University of Applied Sciences and Arts www.fhnw.ch Academy of Art and Design www.fhnw.ch/hgk Institute HyperWerk www.fhnw.ch/hgk/ihw Masterstudio Design masterstudiodesign.ch/en/status

Upstream. Prospects Through Design: upstream.hyperwerk.ch Cultural Spaces and Design culturalspacesanddesign.net

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Installation im motoco-Treppenhaus: Dominik Grob und Gérard Dumora.

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HyperWerk1 sucht selbständige, eigensinnige und intensive Persön-lichkeiten. Die Verbindung von Design, Technik und Prozessentwick-lung als den zentralen Studienfeldern wird in der Arbeit an postindus-triellen Szenarien immer wieder neu definiert. Am HyperWerk geht es also nicht um die Spezialisierung in einem Fach, sondern um die Fähigkeit, Grenzen und Verbindungen zwischen verschiedenen Diszipli-nen immer wieder neu und der jeweiligen Fragestellung entsprechend zu definieren.2

1. Es gibt viel über uns zu lesen: Diplomarbeiten3, Publikatio nen und Jahrbücher. Bei der Lektüre erfährt man, wie breit und relevant die Recherche im sicherlich ungewöhnlichsten Studiengang in unserer schweizerischen Bildungslandschaft betrieben wird. Alle Publikationen haben wir auf Issuu4 online zur Verfügung gestellt.

2. Sobald das Wissen – und die Fragen – konkret sind, bitten wir um die Vereinbarung eines Abklärungsgesprächs mit unserem Institutsleiter Mischa Schaub.5

3. Nach der Anmeldung muss man eine Absichtserklärung

verfassen, wie man die Studienzeit nutzen will.

4. Und dann gibt es noch ein dreitägiges Assessment.6 Und schon ist man drin! Mehr Infos findet man auf der HGK-Seite zum BA- Studium: Studieninfos HGK.7

1 Was läuft? –Einige unserer Alumni findet man hier: fhnw.ch/hgk/ihw/meet

2 HyperWerk agiert weltweit – vom nahen Dreiland über den Balkan, Griechenland, Moçam-bique, Indien, die USA bis runter nach Neuseeland: projects.hyperwerk.ch openparc.orgtransbazar.orgenterviewsoncrisis.org

3 So gut wie alle Diplomarbeiten finden sich auf: fhnw.ch/hgk/ihw/read

4 Die HyperWerk-Publikationen sind online les- und downloadbar: issuu.com/hyperwerk

5 [email protected]

6 Alles über das Projekt Senones, wo in der Regel das Assessement stattfindet, unter: fhnw.ch/hgk/ihw/Projekte/ strategische/senones

7 fhnw.ch/hgk/ihw

HyperWerk Studieren

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Avenue Aristide Briand, Mulhouse, Sommer 2013. Hier wird 2015 das playerpiano-Vorprojekt transbazar2015 entstehen.

Text und Bild Prof. Mischa Schaub, Leiter Institut HyperWerkProjektform Institutionelles Projekt HyperWerkOrt Mulhouse FR

transbazar2015 als Vorprojekt von

playerpiano

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Das Vorhaben transbazar20151 fasziniert uns seit einem Jahr. Im Assessment 2013 ist es aus einer studentischen Projekt-arbeit hervorgegangen. Es geht darum, die verschlafenen Vermarktungsversuche der gestalterischen Produktion von Designhochschulen mit der Form eines internationalen Netz-werks von Supermärkten zu erfrischen.

Dazu haben bereits etliche Workshops mit internationaler Beteiligung stattgefunden. Ganz im Sinne der Jahresthematik Realize! sehen wir nun im Kontext unserer postindustriellen Projektplattform in Mulhouse die Chance, 2015 während einiger Sommermonate eine ganze Reihe von leerstehenden Ladengeschäften in der schönen Strasse wieder zu eröffnen, die vom Gemüsemarkt zum motoco-Gelände führt. Dazu sol-len verschiedene Kunsthochschulen und Berufsschulen, Alumni von HyperWerk und Handwerker aus dem motoco-Umfeld je-weils einen Laden übernehmen und wieder eröffnen, um darin attraktive Waren auf attraktive Weise vor dem Publikum live herzustellen.

1 transbazar.org

transbazar2015

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Das Gründungsmanifest

Wir, die Gastronauten, geben folgende Erklärung ab:

1. Nahrung und Ernährung sind ein Gut, das wir erforschen, kartieren und erobern wollen.

2. Es gibt kein Leben ohne das Essen, das allem innewohnt. Wir besin-gen die Lebendigkeit des Essens – also das Leben.

3. Wir nehmen es auf uns und betrachten es als unsere Aufgabe, die Lebendigkeit und Vielfalt des Essens sichtbar zu machen. Wir werden seine Erscheinungsformen und -weisen vermessen und verspeisen: im Haushalt und im Restaurant, wo es sich am offensten zeigt, aber auch in der Natur, in Automaten, in der Kunst, in der Literatur, in Kellern unter der Erde, in Strassen-gräben, Abfallsäcken, Komposteimern und Hungergebieten, wo es unter der Oberfläche lauert, aber trotz dieser Verborgenheit nichts von seiner Wirkungs-macht einbüsst. Wir werden versuchen, seine Gerüche anzuzapfen – in der privaten Küche und im öffentlichen Raum und überall dort, wo seine Formen aktiv sind.

In einem maximalen Umfang bewegt sich das Essen durch unseren Alltag: an Banketten, in Kneipen und Restaurants, am Hotdogstand und in Kinosälen, auf Plakatwänden und in Speisewägen, in Fitnesszentren und in der Kirche, im Spital und an Beerdigungen.

Das Essen dringt in unsere Wohnungen: durch TV-Sendungen und Radio, Zeit-schriften und Kochbücher, mit Pizzalieferdiensten und geschenkten Pralinen-schachteln, aus Mutters Brust und Schoppenflaschen, in Tetrapacks und Kon-servendosen, in Plastiktüten und in Pulverform. Als Wein und als Champagner.

Unsere Körper sind im Grunde nichts anderes als Gefässe, die das Essen unweigerlich zu Leben werden lassen. Wir sind alle Gastronauten, jetzt und immer schon.

4. Unser oberstes Ziel ist die Erschaffung einer Kultur, die lebendig ernährt und nahrhaft lebt. Angesichts von Fertiggerichten und Halbfabrikaten, Hungersnöten, Dosenfutter und Schnellimbissen, die uns ohne Gegenleistung die Geschmacksknospen verkümmern lassen, liegt die Chance der Menschheit darin, wieder auf gute und phantasievolle Art zu speisen. Überlassen wir uns ganz und gar der Nahrung – nicht aus Verzweiflung, sondern entschieden schöpferisch: Hände, Augen, Nasen und Münder weit geöffnet, damit sie aus der Fülle gespeist werden können.

Basel, im Januar 2013 Bon Appetit.

Text Leon Heinz, Sandra Kessler, Felicia Schäfer Bild Gastronauten Projektform Studentisches Dienstleistungsprojekt HyperWerk

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Gäste in einem interaktiven Essensprogramm am HyperWerk-OpenHouse im Januar 2014.

Die Internationale Gastronautische Gesellschaft

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Text und Bild Prof. Mischa Schaub, Leiter Institut HyperWerkProjektform Institutionelles Projekt HyperWerkOrt Mulhouse, Senones FR / Basel CH

Wir machen das jetzt selbst

für alle.

Kompetenzaufbau CNC-Fabrikation

bei motoco

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Kurz vor dem Auszug aus dem Bockstecherhof hat sich gezeigt, dass die ziemlich wilde Maschinenmischung, die in den letz-ten fünfzehn Jahren im HyperWerk zusammengekommen ist, im Umfeld des neuen Campus nicht eingesetzt werden kann. Unsere bisherige Ausrüstung hat sich als zu gross, zu schwer, zu experimentell und ingesamt als zu unseriös erwiesen – ent-spricht sie doch in keiner Weise den Raumverhältnissen unserer zentralisierten Werkstätten im Dreispitz und dem Standard der SUVA.

Da kam uns unsere enge Partnerschaft mit dem von uns im letz-ten Jahr aufgebauten Verein motoco in Mulhouse entgegen, dem wir einen grossen Teil unserer bisherigen Ausrüstung als Gesamtpaket verkaufen durften. Gleichzeitig haben wir unsere seit einigen Jahren eingemottete Werkstatt aus unserem Medi-enkloster in Senones nach motoco umgezogen. Auf diese Weise können wir unseren organisch gewachsenen Maschinenpark auch in Zukunft nutzen.

Begeistert von diesem Auftakt hat der Verein motoco sich nun noch gleich einen ganzen Container voller computergesteuer-ter Maschinen zusammengekauft, der, während dieser Artikel entsteht, in China auf das Containerschiff geladen wird. Dar-unter befinden sich eine CNC-Steinfräse, eine CNC-Holzfräse mit einer 9KW-Spindel und automatischem Werkzeugwechsler, sowie unser Prunkstück: ein YAG-Laser für Metallplatten von 0.5 bis 8 mm Stärke.

Damit ist also auf wundersame Weise in wenigen Wochen die wohl brauchbarste computergestützte Experimentaleinrichtung für Kreativanwendungen im trinationalen Raum entstanden. Die absehbare Leistungsfähigkeit dieser Einrichtung sprengt den Rahmen herkömmlicher FabLabs, und sie eignet sich für grosszügig dimensionierte Experimente in Architektur, Skulptur, Mobiliar und für robotische Installationen. Dies ist ganz im Sinne von HyperWerk, da unsere HyperWerkerInnen auf diese Ressource jederzeit Zugriff haben.

Um diesen faszinierenden Möglichkeitsraum in Zukunft auch produktiv nutzen zu können, finden bei motoco aktuell entspre-chende Einführungskurse statt. Daran nehmen sowohl Hyper-WerkerInnen als auch Studierende anderer Hochschulen und HGK-Institute sowie einige Mitglieder von motoco teil. Damit nähern wir uns erstmals gemeinsam einer allseitig interessie-renden Aufgabe an, nämlich mit motoco zum Standort der von uns so genannten Para-Education zu werden. Wir verstehen da-runter die Hoffnung, einen Ort zu schaffen, wo diese grosszügi-gen Freiräume und radikalen Experimente realisierbar werden, die an unseren verschulten Bologna-Hochschulen zu verschwin-den drohen. Parallel dazu richten wir in Fronarbeit auf über 500 m2 unsere neue Werkstatt ein.

Wir machen das jetzt selbst für alle.

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Das Möbel der Abbildung stammt aus unserer eigenen Möbelkollektion “Kiesgrube von Sissach”. Es lässt sich auf minimalem Raum lagern und leicht transportieren.

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Paola Pfenninger, Projektleiterin der IBA-Transformationsgebiete, diskutiert mit Mischa Schaub an einem Möbelentwurf.

“Damit nähern wir uns erstmals gemeinsam einer allseitig interessiere-nden Aufgabe an, nämlich mit motoco zum Standort der von uns sogenannten Para-Education zu werden.”

Wir machd das jetzt selbst für alle

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Text und Bild Daniela Vieli, Tredici Projektform Institutionelles Projekt HyperWerkOrt Mulhouse FR / Basel CH

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Die Diplomausstellung 2014 exit through the talentshop zeigt während drei Tagen, wie zwanzig Diplomierende innerhalb eines Jahres Projekte entwickelt haben, die ihre Mitmenschen zur Verantwortung befähigen sollen. Projekte, die sich mit Hacking, einem vorbildlichen Umgang mit Ressourcen und mit spekulativer Gestaltung beschäftigen oder der Frage nach dem Sinn und Wert von Geld nachgehen. Auch die Ausstellung selbst ist ein Diplomprojekt, das sich die klare Vermittlung von Inhalten vorge-nommen hat. Alle Arbeiten haben eines gemeinsam: das Jahresthema Realize!, das gleichzeitig zur “Handlungsmarke” wird. Die Präambel der Schweizer Bundesverfassung diente den Diplomierenden als Wegleitung durch das Jahresthema. Jeder Diplomierende hat einen für ihn essentiel-len Satz aus der Präambel ausgewählt und mit diesem gearbeitet.

Der szenografische Faden dieser Ausstellung wurde bereits an den zwei vorangegangenen Open Houses angesponnen. Die erste Inszenierung der Diplomarbeiten zeigte noch sehr rohe Anrisse aller Projekte. Alle Texte zu den Entwürfen wurden in einer Werkstattatmosphäre an Klemmbret-tern befestigt, mit Baulampen beleuchtet, von Materialhaufen umgeben – Ideen, die erst noch geschnitzt, geschliffen, zu Ende gedacht werden mussten. Der darauf folgende Auftritt stellte erste prototypische Produk-te der Diplomierenden aus. Es waren mehrere Monate vergangen, die Ideen einigermassen ausgereift. Um den Spielraum der Handlungsmarke Realize! auszuloten, wurde der Bockstecherhof zum HyperMarché, dem Konsumtempel schlechthin. Die Diplomarbeiten fanden ihren Platz in der Gemüseabteilung, die wie im richtigen Leben mit grünen Gemüsekisten eingerichtet wurde.

exit through the talentshop ist die letzte der drei Inszenierungen des Diplomjahrgangs Tredici. Mit Farbcodes gekennzeichnet, dienen die aus der Präambel ausgewählten Sätze auch in der Ausstellung als Wegleitung. Der Besucher kann sich anhand von selbst gesetzten Schwerpunkten gezielt durch die Ausstellung bewegen. Einen wichtigen Faktor im Bestre-ben, dem Besucher eine erlebnisreiche Ausstellung zu bieten, bildet das Rahmenprogramm, in dem Teilhabe grossgeschrieben ist. In Workshops, Arbeitsdemonstrationen, Vorträgen und Gesprächsrunden vermitteln die Diplomierenden ihre Arbeiten individuell und passend. Ein eigens für die Ausstellung konstruiertes Kino zeigt drei Diplomfilme und weitere Publika-tionen aus dem Institut. exit through the talentshop ist Platz des Handels, der Waren und der Konsumpiraten. Mit Europaletten und Spannsets aus-gestattet, erwartet die Ausstellung in der Voltahalle ihre Besucher. Dieser historische Ort, einst als Kohlelager gebaut und später als Club benutzt, wird zur Schaubühne der Diplomarbeiten.

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Freitag, 5. September 2014 Vernissage 18:00 Uhr Gastronautische Intervention Drink-Link Samstag, 6. September 2014Workshops am Nachmittag: How to destroy an exhibition mit Adrian Demleitner Gemeinsam zum Bruttosozialglück mit Gina Schöler und Nicole WüstArbeitsdemonstration von Raphael Lauper und Simon Burkhalter Gastronautische Intervention Schwein-Line: Spanferkel und Gemüse aus Überproduktion von MENUSUR+

Sonntag, 7. September 2014Einführung in den Film Die Before You Die von Florian BitterlinFührung durch die Ausstellung mit Designerin Daniela VieliVortrag und Gespräch Scars and Borders eine Live Cinema Experience mit Mitra Azar, Filastine und Naanunca Mandragora Arbeitsdemonstration von Raphael Lauper, Benjamin Baenziger und Simon Burkhalter Vortrag und Gespräch Freiheit und Verantwortung mit Prof.Dr. Hans-Martin Schönherr-Mann und Sandra Kessler

TäglichFührung durch die Austellung mit Designerin Daniela VieliEinführung in den Film Die Before You Die von Florian Bitterlin

Kino immer zur vollen Stunde Die Before You Die 5 Min Diplomfilm Florian Bitterlin To Hell With The Bright Side! 3 Min Diplomfilm Markus Schmet Glücksprinzipien 27 Min Nicole Wüst motoco 7 Min

Diplomausstellung 2014 Programm

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Programm Diplomausstellung 2014

Für Hans-Martin Schönherr-Mann sind Freiheit und Verantwortung zwei Seiten derselben Medaille. Sie erlauben und zwingen dazu, das eigene Leben selber zu gestalten. Das kann man als Gefahr oder als Chance verstehen. Allemal braucht man dazu bestimmte Tugen-den und Kompetenzen, will man nicht Sklave seines Be-gehrens werden, sondern versuchen, damit spielerisch umzugehen. Natürlich gehören dazu Imagination, Krea-tivität und Kommunikativität als verführerische Fähig-keiten, die verhindern, dass man seiner Umwelt hilflos ausgeliefert ist. Sie erlauben vielmehr, mit sich selbst zu experimentieren und auf die Umwelt gestalterisch einzuwirken, also seine Freiheit zu gebrauchen. Dann ist man für sein Leben auch verantwortlich, was nichts an-deres heißt, als sich den Konsequenzen zu stellen, wenn man an etwas bastelt und dabei bemerkt, dass man sich im eigenen und manchmal auch im fremden Leben und Werk befindet. Solcherart Modulieren an der Welt treibt man natürlich nie für sich alleine, sondern immer zusammen mit und gegen andere. Doch man beherrscht weder das eigene Leben noch die Umwelt, nicht die anderen, sondern sieht sich Zufällen, Widerständen und glücklichen Umständen ausgeliefert, was einen zu sich selbst mehr verführt als dass man sich bloße Wünsche erfüllt.

Mit seinem Vortrag lässt er sich auf das gemein-same Experiment ein, die Ausstellung als Landkarte zu begehen, zu beschrei-ben und dabei vielleicht an neue Grenzen und zu neuen Sichten zu führen, im Sinn von Realize!Hans-Martin Schönherr-Mann ist Essayist und Professor für politische Philosophie an der Ludwig-Maximilian-Universität München und an der Hochschule für Politik München, sowie Gastprofessor an den Universitäten Innsbruck, Regensburg, Eichstätt.

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HyperWerk erfindet sich gerne neu. Das ist nicht nur der eigenen Neugier, sondern wesentlich dem wachen Blick auf die sich verän-dernde Welt geschuldet. Jeder studentische Jahrgang kommt mit 25 unterschiedlichen Erfahrungen, Welt- oder Raumsichten und den aufregenden Wünschen nach Gestaltung von Neuem. Unsere erste Aufgabe als Lehrende ist es, unsere Arbeit mit dieser Dynamik zu ver-flechten und den Glauben aufrechtzuerhalten, dass wir das Rad neu erfinden können. Erfahrung und Erkenntnis sind dabei vermittelbare Grössen. Gewohnheit ist der Beelzebub der Gestaltung, den wir alle täglich austreiben lernen müssen. Gewohnheit zu reflektieren und sie zu entmachten ist die ungeheuer anstrengende und gleichzeitig belebende Basis unseres Schaffens.

Ein kleiner Exkurs zum besseren Verständnis: Sie hat ja durchaus etwas Beruhigendes, die Gewohnheit. Sie erleichtert nahezu stündlich den Alltag und bewahrt unsere Synapsen davor durchzubrennen. Den morgendlichen Wecker auszustellen bedarf nur eines gedankenlosen Handschlags, das Bedienen der Kaffeemaschine erfordert kein Nach-lesen in der Gebrauchsanweisung, und der Gang zum Mittagstisch wird gerne mit einem ebenso höflichen wie üblichen “Mahlzeit” flankiert. Eigentlich ganz gute Gewohnheiten. Hingegen sind Nase-bohren, Spucken oder Messerablecken weitgehend geächtet und als schlechte Gewohnheiten konventionell verortet.

Es gibt aber auch grössere Kaliber an der Gewohnheitsfront: Wenn die Gewohnheit des einen zur Last des anderen wird. Die Gewohn-heit, jederzeit nicht zu bitten, sondern zu befehlen; die Gewohnheit zu übertreiben, um Gehalt Bedeutung zu verleihen; die Gewohnheit, Gewalt als Mittel der gesellschaftlichen oder politischen Positionie-rung einzusetzen; oder die ökonomisch getriebene Gewohnheit, die natürliche Katastrophe bis fünf vor zwölf abzuwarten anstatt frühzei-tiger Erkenntnis zu vertrauen.

Die Reflexionsunfähigkeit und damit die Manifestation der Gewohn-heiten als undurchdringliches Dickicht nimmt massiv zu: von Sitten, Ritualen und Bräuchen zu Vorlieben und Abneigungen, über persön-liche und kollektive Überzeugungen oder Konventionen, bis hin zu stumpfer Gewohnheit als undurchdachter Aktion oder Reaktion. Zur Krankheit werden sie als Marotten, Ticks und Wiederholungszwänge.

Die wissenschaftliche oder edukative Auseinandersetzung mit dem Thema “Gewohnheit” findet sich in unserer Geschichte häufiger. Auffallend in der jüngeren Vergangenheit, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als “die Wichtigkeit von ‚antrainierten‘ Gewohn-

Habit-HackingDie Entmachtung der Gewohnheit

Text und Bild Prof.Dr. Sabine Fischer, Dozierende Projektform Lehre und Forschung HyperWerk

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heiten für die Entwicklung und charakterliche Formung des verge-sellschafteten Individuums”.1 Es ging darum, Tugenden wie Selbst-kontrolle, Willenskraft und Disziplin als erlernbare Gewohnheiten zu verstehen und auszuweiten. Diese Art der Gewohnheit kennen wir heute noch – ob wir sie im Ziel als Tugenden bezeichnen oder hier im Weiteren insbesondere als gesellschaftlich-ökonomische Fähigkeiten oder gar Erfolgsgaranten, sei dahingestellt.

Mag es auf der einen Seite schön verlässlich sein, auf diese Erfahrun-gen zu vertrauen, so können sie sich bereits nach einem kurzen Au-genblick der Unaufmerksamkeit als Gewohnheit souverän in unserem Verhalten breitgemacht haben. Unser freier, geistreicher Gestaltungs-wille, unsere kreative Grenzenlosigkeit begrenzt sich unbewusst durch Gewohnheiten, die den Zaun stündlich dichter um uns ziehen. Gewohnheiten sind unbewusst gewordene Handlungsprogramme auf dem Weg zum Exit:

Gewohnheiten verhindern: Sie sind Bremsklötze der Inno vation. “Das haben wir noch nie so gemacht!”Gewohnheiten irritieren: Sie sind Fehlerquellen in Entwicklungen. “Das kann so nicht funktionieren!” Gewohnheiten täuschen: Sie verheissen Rettung durch Nebenwege. “Prozessoptimierung macht uns wieder marktfähiger!”Gewohnheiten vernebeln: Sie wiegen uns in fataler Sicherheit. “Vertrauen Sie auf meine Erfahrung!”

Wer gestalten möchte, muss wach sein – wie ein paar Beispiele aus der Wirtschaftsgeschichte belegen, die sich nach einem verein-fachten Raster aufschlüsseln lassen. Gesellschaftlich-wirtschaft-licher Wandel lässt Erfahrungen entstehen, die bestenfalls in ein Wissen münden, das zur Teilnahme befähigt. Bleibt in dieser aktiven Phase die Reflexion aus, droht eine Gewohnheit, die zur Gefahr wird – weil wachere Geister die Chance auf erneuten gesellschaftlich-wirtschaftlichen Wandel wittern und provozieren.

Abb. 1: Gewohnheiten sind unbewusst gewordene Handlungsprogramme auf dem Weg zum Exit.

1 Anne-Julia Zwierlein, Gegen die Macht der Gewohnheit. Bewusste und unbewusste Selbstformung in der Literatur des Viktorianismus. Centre for British Studies (CBS) 2007. http://www.uni-bamberg.de/uni-publikationen/univers-forschung/univers-2007-bamberg-buchstabi-ert-das-abc-der-menschheit (25.7.14)

Habit-Hacking

Beispiele unreflektierter Gewohnheiten: “Unbelebte Trägheitserscheinungen”

Anfang 19. Jahrhundert: Zeit der Erfindungen in der Textilindustrie.

Mitte 19. Jahrhundert: Entdeckung, dass mit Erdöl Lampen betrieben werden können.

Die 1980er Jahre: Helmut Thoma erfindet mit dem privaten TV die Zielgruppe 19 bis 49.

• Künstliche Farben• Reifröcke aus Stahl• Nähmaschinen• Metallösen • Modernisierung

der Webstühle

Förderung und Vertrieb von Erdöl wird ein Markt. Der Billigste gewinnt.

Eine Konvention, die in erster Linie als Grundlage für die Abrechnung von Fernsehwerbung dient.

Ausdehnung des einen, bekannten modischen Seg-ments. Folge: Maßlosigkeit und Übertreibung des Immergleichen.

Viele kleine Raffinerien vertreiben, einander unter-bietend, das Erdöl.

Nutzerbedürfnisse werden “zugunsten der Zielgrup-pen” bis heute im TV ignoriert..

Marktverlust durch Gegen-wehr der Reformbildung: Geburtsstunde der Haute Couture.

J.D. Rockefeller: Durch Zu-käufe schnell gross werden und so die Konkurrenz aus dem Weg räumen. Er wird zum Magnaten.

Zuschauer sehen in anderen Medien, was sie wollen, wann sie wollen. TV droht auszusterben.

Erfahrung Wissen Gewohnheit Gefahr

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Gesellschaftlich-wirtschaftlicher oder auch politischer Wandel ist nicht neu. Wandel wird an Hochschulen rückblickend ebenso gelehrt wie Methoden und wissenschaftliche Erkenntnisse, die den Zugang zum selbständigen Verstehen ermöglichen. Neu ist heute, dass der Wandel durch Digitalisierung nicht nur wesentlich schneller ist – eine Herausforderung, über die noch immer ganze Industrien stolpern –, sondern auch die Grundfesten der Wissensaneignung durch eben-diesen Wandel erschüttert sind: Digitalisierung ist der Nährboden des Informationszeitalters – wir erschaffen wachsende Informati-onsmärkte – Information ist mit tradierten Mitteln (dem Verstand der Einzelnen) nicht mehr zu bewältigen – wir entwickeln neue digitale Ideen zur Bewältigung der Informationskomplexität.

Ergo: Wir leben im Ideenzeitalter. Noch grösser als geahnt also die Herausforderung, Gewohnheiten zu sehen, sie abzulegen und den Geist für Neues zu öffnen. Die zeitgenössische Bewältigungsstrategie lautet allerorten “Embody creative leaders”!2 Gewohnheiten sind dort aber nicht das Thema. Thema sind ungezählte Anleitungen zum kre-ativen Arbeiten sowie Kreativ-Organisations-Prozess-Verfahren (etwa Design Thinking, Disruptive Innovation, Speculative Turn, Critical De-sign, Scrum, Agile, Service Thinking, Platform Thinking, Visual Map-ping, Scribing, Visual Facilitation, UX-Design, Interaction Design, Big Data), die sich teils hervorragend, teils aber auch bedeutungslos auf den neuen Markt stürzen. Wichtig ist: Jeder kann und muss kreativ sein – eine Idee, die wir einer bahnbrechenden Rede J.P. Guilfords3 von 1950 zu verdanken haben!

Mein Aber lautet: Unbewusst gewordene Handlungsprogramme sind die Bremsen des Hoffnungsträgers Kreativität. Kreativität durch Techniken und (noch wenige) Methoden sind der zeitgenössische und berechtigte Kampf gegen die einschlägigen Symptome.

Wir müssen aber gleichzeitig lernen und lehren, an den Ursachen zu arbeiten, an unseren unreflektierten und so furchtbar unsichtbaren Gewohnheiten. Umso mehr, als wir gerade in einem enormen Mass und durch die Ideen zur Bewältigung der Informationskomplexität erst neue Gewohnheiten erschaffen: Wahrscheinlichkeitsresultate aus Big Data werden zur akzeptierten Wirklichkeit. Die Organisation aus Wissen löst die geistreiche Generierung ab. Kritische Autorenschaft wird zu kritikfreien Autorenlosigkeit. Bedeutung/Haltung/Wissen gehen im Durchschnittswert von Big Data unter.

Diese neu geschaffenen Gewohnheiten sind, neben den altbekann-ten, die Damoklesschwerter des Ideenzeitalters, denn:- Information ersetzt nicht das Wissen;- der Einfall ersetzt nicht die Arbeit (Max Weber4); - Methoden und Techniken ersetzen nicht die Erkenntnis.

2 Study – Capitalizing on Complexity. Insights from the Glob-al Chief Executive Officer Study. IBM 2013

3 Joy Paul Guilford, (1950) Creativity, in: American Psycholo-gist, Vol. 5, pp. 444-454. Deutsch in: Mühle, G./Schell, C. (Hg.), Kreativität und Schule. München 1973

4 Max Weber, Vollständige Schriften zu wissenschaftlichen und politischen Berufen. BoD – Books on Demand, 2012. S. 38.

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Habit-Hacking

Das Potential der reflektierten Gewohnheit und ein gerüttelt Mass an Wissen, Erfahrung, sachbezogenem Gestaltungs-willen und kreativer Offen-heit könnten so zu neuen Ufern führen: Habit-Hacking ist das Denken wider die Gewohnheit. Wir lernen und lehren es. Wir schaffen die Räume und die Möglichkeiten. Wir geben unser Bestes.

Abb. 2: Gewohnheiten zu entdecken und zu ersetzen ist das Ziel.

Das Potential der reflektierten Gewohnheit

Musik ist ein unausrott-bares Geschäft.

Die 2000er Jahre: Talentshows verheissen 15 Minuten Ruhm für alle. Prinzip Broadcasting.

Produktion digitaler Da-tenträger und Verkaufs-modelle.

Das Erfolgsprinzip setzt sich konkurrenzierend durch. Es bleibt Broad-casting.

Problemerkennung: Ver-triebswege. Nutzertrends sehen. Konzeption neuer Erlösmodelle.

Problemerkennung: Broad-casting. Nutzertrends sehen. Konzeption neuer Medienmodelle.

Labels erfinden sich und ihre Services neu. Integra-tion in den Nutzermarkt.

TV-Broadcasting-Un-ternehmen erfinden sich und ihre Services neu. Integration in den Nutzer-markt.

Erfahrung Wissen Reflexion

Innovation

Erfahrung

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Text und Bild Prof. Mischa Schaub, Leiter Institut HyperWerkProjektform Institutionelles Projekt HyperWerkOrt Voltahalle Basel CH / Dreispitz Basel CH

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Als erste Produktionsaufgabe arbeiten wir an optimierten Arbeitsplätzen für unsere Studierenden, die auf die beengten Raumverhältnisse auf dem Cam-pus kreativ reagieren. Mit unserer Kollektion “Kiesgrube von Sissach” wollen wir einen leicht anpassbaren Standard für einen Campus-Möbelbaukasten entwi-ckeln.

Aktuell stecken wir inmitten des intensiven Prozesses der explorativen, iterativen Annäherung. Da gibt es eben keine Pläne, sondern wir arbeiten uns in die Tech-nologie vor, und Prototypen wachsen heran. Dieser Prozess vollzieht sich sehr rasch und ist ziemlich anspruchsvoll.

Unseren studentischen Arbeitsraum strukturieren wir mit einem an drei Seiten umlaufenden Vorhang, der etwa drei Meter vor den Fenstern angebracht wird, so dass ein Innenhof mit umlaufenden Arbeitsplätzen entstehen kann. Dieses räumliche Modell ist dasjenige von pakistanischen Werkstätten, die ebenfalls atriumartig aufgebaut sind und deren Handwerker sich peripher eingerichtet haben. Um die hinter dem Vorhang liegenden studentischen Arbeitsplätze von-einander seitlich abzutrennen, werden mobile Trennwandmöbel dazwischen ein-geschoben. Sie dienen zur Ablage, als Arbeitstische, Schnittplätze und Couches, und sie werden als normierte Möbelkollektion mit einem grossen interpretierba-ren Freiraum entwickelt. Die Grundfläche aller Möbel soll immer 1200 x 800 mm betragen, also palettengross sein. Jeder Student bekommt sein eigenes Möbel. Und zwei längs hintereinandergestellte Möbel bilden dann eine Trennwand von 2400 x 800 mm.

Die Möbel werden aus Sperrholzplatten gefräst, die einen Kastenrahmen bilden, der durch einen einzigen Lastwagen-Spanngurt zusammengehalten wird. Nach-dem in den ersten Projekttagen das Bauprinzip geklärt wurde, wollen wir mit Rhino, Grasshopper und Inventor diverse generative Verfahren und typografische Mittel zur Flächengestaltung nutzen – je nachdem, was wir in die Platten einfrä-sen möchten.

Ebenfalls sollen diverse Mechanismen und Gadgets integriert werden, für Büro-lampen, Stromschienen etc. Dazu können wir bald auch unseren neuen YAG-La-ser nutzen, mit dem wir unsere Ausbauteile aus Metall schneiden können. Dieser Hyper-Baukasten soll langfristig ausgebaut werden und uns die funktionale und expressive Basis liefern, um zum HyperWerk-Gesamtkunstwerk zu werden. Die-ses System ist rasch und kompakt rückbaubar, transportier- und lagerbar; seine Ausbaubarkeit und sein spielerisches Moment können zum Aufbau einer eige-nen HyperWerk-Möbelkultur führen. Diese soll zum Ausdruck unserer schlauen Techniknutzung werden. Die Studierenden von HyperWerk können (müssen aber nicht) ihr eigenes Möbel im gemeinsamen Raster entwickeln und auf unseren Systemen umsetzen, und so entsteht in kurzer Zeit eine expressive Landschaft für unsere Kollektion.

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Text und Bild Fabian Ritzi, Quindici Projektform Studentisches Dienstleistungsprojekt HyperWerkOrt Venedig IT / Basel CH

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Studenten des Instituts HyperWerk haben zusam-men mit dem Designer Thibault Brevet1 dessen Grand Central-Projekt2 zu einem Rollenplotter-Rie-sen weiterentwickelt, der an der Architekturbiennale in Venedig3 zu sehen war. Die Installation bildete den Rahmen für eine dreiteilige Diskussion, die radikale Strömungen in der italienischen Architektur der 1960er und 70er Jahre resümierte.4 Organisiert und moderiert wurde der Anlass von der New Yorker Agentur Superscript5. Deren Mitbegründerin Vera Sacchetti hatte das Projekt angestossen und in den Kontext der Ausstellung Monditalia eingebracht. HyperWerk-Studenten waren zweimal für mehrere Tage in Venedig. Zuerst, um die Installation auf-zubauen, und dann, um sie in Betrieb zu nehmen. Geschlafen haben sie dabei nicht viel, dafür umso intensiver erlebt, was es heisst, in solch einem Rah-men zu arbeiten.

Es fehlt uns noch ein Teil, so ein kleines mit Aussparung an der Seite und einem Loch in der Mitte. Wir brauchen zehn Stück davon, oder zwanzig. Wie konnten wir das nur vergessen – die Hände verkrampfen, das Herz hämmert, der Bauch fühlt sich an, als hätte man zwei Wochen nichts gegessen. Dann senkt sich der Puls, der Wecker zeigt 05:05 – keine Panik, die Drucker sind installiert, bis auf Weiteres gibt es nichts, das wir tun könnten, wirklich nichts!

“Oh sure it’s the Biennale”, dazu ein verschwö-rerisches Zwinkern; man nimmt viel auf sich für die Biennale – so auch Rem. Ob Rem jemals zwinkert, ist fraglich; wahrscheinlich hat er kei-nen Grund dazu. Rem ist ein grosser Architekt und der Kurator dieser Ausgabe. Als er bei uns vorbeischaute, waren plötzlich alle sehr nervös – ich auch. Man versuchte, ihm und seiner Entourage zu demonstrieren, was für tolle Geräusche die Apparate machen. Das misslang gründlich,

Biennale Venedig

1 thibault.io2 vimeo.com/45618302

4 stayradical.net/#/about

5 superscript.co

3 labiennale.org

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und manch einer kriegte wegen der ausbleibenden Resonanz etwas rote Backen. Trotzdem versicherte man uns danach, es sei ein Erfolg gewesen: Rem habe nichts gesagt, das sei ein gutes Zeichen. Auch Matt und ich waren während des Projekts manchmal sehr schweigsam, aber aus anderen Gründen. Als wir uns nach dem Workshop zu zweit an die Ausarbeitung der Drucker machten, hatten wir höchstens eine vage Ahnung von dem, was uns erwartete. Mit jedem Problem, das wir lösten, tauchten zwei neue auf. Hinzukamen ein horrender Zeit- und Kostendruck und die abenteuerliche Organisation seitens unserer Partner.

Von zwei Studenten zu erwarten, neun dieser Drucker zu bauen, ist verrückt und eine Anmassung – aber schon nach der ersten Woche gab es kein Zurück mehr. Die Biennale hat uns eingesaugt, durchgekaut und erst nach vier Wochen wieder ausgespuckt. Sieht man währenddessen, wie die Or-ganisatoren #STAYRADICAL auf Jutesäcke drucken und auch sonst nichts unversucht lassen, die inhaltliche Relevanz im Twitter-Durchlauferhitzer zu verdampfen, kann einem schon die Spucke wegbleiben. Dass dabei auch die Installation weit hinter ihrem visuellen Potential zurückbleibt, ist nur ein wei-terer Schlag in die Magengrube. Man steckt ihn aber locker weg, wenn man sich vor Augen hält, wie wundersam es ist, dass die Drucker überhaupt funktioniert haben. All die Nächte des Tüftelns hatten sich am Ende ausgezahlt, aber nicht unbedingt für uns. An dieser Stelle möchten wir uns bei allen bedanken, die uns in irgendeiner Weise unterstützt haben, allen voran bei den Teilnehmern des Workshops. Vielen Dank auch an Kevin, der uns auf der zweiten Reise begleitete und ohne den es nicht geklappt hätte.

Ob wir je wieder an einem derartigen Projekt mitarbeiten wer-den, weiss ich nicht. Klar ist, dass wir unter solchen Vorzeichen nicht mehr ins Boot steigen. Wir wollen Augenhöhe zwischen den Disziplinen und den Generationen; keine falschen Hier-archien und Versprechen. Wir haben zugegebenermassen viel gelernt und wichtige Erfahrungen gemacht – offene Fragen bleiben dennoch: Wie will die Biennale Veränderungen los-treten, wenn sie die Zustände, an denen unsere Welt krankt, derart unreflektiert reproduziert? Wir lassen diese Frage vorerst unbeantwortet, geben uns aber hoffnungsvoll in Bezug auf eine radikale und gloriose Zukunft unseres Babys und möchten noch einmal mit Stolz darauf hin-weisen, dass HyperWerk-Studierende zusammen mit Thibault Brevet den grössten Open-Source-Rollenplotter gebaut haben, den die Welt je gesehen hat – Albträume hin oder her.

Wenn wir uns engagieren, dann richtig, und das nächste Mal bitte wirklich radikal.

Biennale Venedig

Press:

Superscriptblog.superscript.co/press-release-first-look-at-towards-a-new-avant-garde-and-event-and-installation- at-the-venice-biennale

DezeenCan a tote bag emblazoned with a hashtag spark change? Over the course of the Venice Biennale vernissage one of the unspoken fundamentals of the Rem Koolhaas-curated exposition, as with any trade show, was the swag bag, the free cotton or nylon tote offered as a token of solidarity between viewer and exhibitor. Of the hundreds of bags car-ried on the beleaguered shoulders of Giardini visitors, from national pavilion to national pavilion, one stood out – a plain muslin tote bag with the words #STAYRADICAL printed in black ink.dezeen.com/2014/06/26/mimi-zeiger-opinion-radical-action-architecture-protest

Archdailyarchdaily.com/516292/event-highlights-from-towards-a-new-avant-garde-at-the-venice-biennale

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ausstellung

Ein Erfahrungsbericht.

Text Fabian Petignat, Quattordici Bild Diana Pfammatter, HyperWerk-Alumna Projektform Studentisches Projekt HyperWerkOrt Mulhouse FR / Basel CH

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Zu Beginn wollten wir Möbel bauen, die einerseits als Ausstellungs-mobiliar funktionieren und danach als Gebrauchsmöbel in unseren neuen Campusräumen eingesetzt werden können. Ein ziemlich an-spruchsvoller Hybrid, dachten wir – und machten uns an den Entwurf. Dieser Prozess erstreckte sich über drei Entwurfsworkshops im Modul solve/produce. Zur Form- und Funktionsfindung arbeiteten wir auch mit Gebrauchtware, die unser neues Umfeld Drespitz so hergibt, mit Bambus oder Karton. Diese Workshops wurden tolle Inspirationsquel-len für weitere Schritte.

In der nächsten Entwurfsrunde nach den Workshops langen wir bei der Idee an, Europaletten als Grundelemente zu verwenden, weil sie günstig zu bekommen und stabil sind. Sie bilden eine gute Basis, um Add-Ons im entsprechenden Format zu tragen oder zu stützen. Rund um den Transport von Europaletten gibt es ein weit verbreitetes, genormtes System mit einer ganzen Reihe von praktischem Zubehör. Sie stehen sinnbildlich für das Unterwegssein – sie verkörpern eine nomadische Sehnsucht. Im Entwurf störte mich immer der Umstand, dass die Palette – je nachdem wie man sie stellt – entweder 120 cm oder 80 cm hoch ist. Für eine Ausstellung, durch die man aufrecht geht, sind Flächen in dieser Höhe meist zu hoch oder zu tief. Die Herausforderung war also, Flächen in 100 bis 105 cm Höhe zu bauen. Selbstverständlich hätte man irgendwelche Bretter mittels Schrauben und Winkeln in dieser Höhe anbringen können, doch was hätten wir im Nachhinein mit diesem Material gemacht? Es war uns sehr wichtig, so zu entwer-fen, dass wir kein Material übrig haben, das in einem Keller ver-gammelt, bis es dann entsorgt wird. Und so viele Stehtische mit 105 cm Höhe brauchen wir im Dreispitz auch nicht. Generell sind Tische etwas, das wir in der Ausstellung brauchen, aber nicht im Dreispitz. Auch andere Erfordernisse der Ausstellung decken sich nicht mit unseren Bedürfnissen am Dreispitz.

Einige Diplomanden wünschten sich eine Wandfläche zum Bespielen. Ausserdem war klar, dass wir für die Signaletik auch etwas brauchen, das ein wenig in die Höhe ragt. Ich überlegte, wie man zusätzliche Elemente an der Palette anbringt oder welche Elemente – wie etwa SBB-Palettrahmen – schon existieren, um den Bedürfnissen gerecht zu werden. Auch über eine Kombination von Paletten mit Bambusroh-ren – von denen wir noch reichlich von der letzten Diplomausstellung übrig haben – dachte ich nach. Mit Bohrungen durch die Klötze der Palette könnte so eine Art Stecksystem entstehen. Doch keine der Vari-anten überzeugte wirklich.

Irgendwann – es war einer dieser wunderbaren Momente eines Entwurfsprozesses, die man einfach nicht erklären kann – kam mir die Idee, die Palette als Baustein zu verstehen. Stellt man die Palette nämlich auf die kurze Kante, ist sie 120 cm hoch. Nun kommt recht-winklig dazu eine zweite Palette, die man auf einer beliebigen Höhe anbringen kann. Das Gebilde hält so noch nicht, da es nur auf einer

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Seite abgestützt ist. Für die zweite Stütze habe ich mir überlegt, zwei Paletten aufeinanderzusetzen und diese zwei Paletten mit den beiden zuvor rechtwinklig verbundenen Paletten zu verbinden. Hält das auch in der Realität oder nur in Rhino? fragte ich, und machte mich mit drei Spanngurten im Gepäck im Basler Hafen auf die Suche nach vier Europaletten. Ich wurde fündig; und siehe da – die Konstruktion hält.

Folglich skizzierten wir in einem ersten Anlauf, wie die ganze Ausstel-lung nach diesem Bauprinzip aussehen könnte. Der Vorschlag wurde gutgeheissen, und wir konnten in die Feinplanung der Ausstellung gehen.

Europaletten haben in der Regel die Funktion, Waren zu tragen und zu transportieren. Realize! vermarktet seine Diplomprojekte als Pro-dukte, die erworben werden können, seien sie Dienstleistungen oder physische Produkte. Das Ausstellungsmobiliar wird somit zum Waren-träger, und da passt die Europalette wie die Faust auf Auge. Erwei-ternd eingesetzte Materialien wie Spanngurte und Plastikkisten sind ebenfalls bekannt aus der Cargobranche und ergänzen die Paletten sehr gut. Ein weiterer Pluspunkt ist die ökologische Nachhaltigkeit. Bis auf die Spanngurte und die Signaletikelemente wird das ganze Material angemietet und ausgeliehen. Nach der Inszenierung geben wir die Paletten und Co. also wieder in ihren herkömmlichen Kreislauf zurück.

Und was ist mit den Möbeln? Die Möbelgeschichte war mit dem Entscheid für die Paletten-Inszenierung nicht gestorben; jedoch haben wir im Prozess festgestellt, dass sich der anfangs beschriebene Hybrid nicht so einfach umsetzen lässt. Schon wegen der zu produ-zierenden Menge für eine Inszenierung auf 300 m2 in der Voltahalle ist es sinnvoll, dannach die Möbel ausschliesslich für die neuen Campusräume zu konzipieren. Anlässlich der HGK-Ausstellung auf dem Campus Dreispitz werden diese Möbel dann ein erstes Mal in Szene gesetzt.

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“Sie verkörpern eine nomadische Sehnsucht.”

How to Diplomausstellung

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Jahresthema Realize!Tredici, Mischa Schaub, Jan Knopp Jahrespublikation HyperWerk 2014

Verlag HyperWerkhyperwerk.ch

Redaktion Florian Giraudel, Jan Knopp, Salome Lützelschwab, Ralf Neubauer, Mischa Schaub Lektorat Ralf Neubauer Dozent HyperWerk

Fotografie Claudia Klein, Diana Pfammatter Tendai Matare (Assistenz)

Gestaltung Florian Giraudel, Jan Knopp, Salome Lützelschwab, Diana Pfammatter, Markus Schmet

Gestalterische Leitung Jan Knopp Dozent und Mitglied Leitungsteam HyperWerk

ProduktionIsabelle Baumgartner, Meret Burkhalter, Florian Giraudel, Salome Lützelschwab, Markus Schmet

Reinzeichnung Manuela Meier (Mé) Papier RecyStar Polar 115 g/qm MultiArt Gloss 135 g/qm

Schrift FF Super Grotesk, Brush Up, Koban Beta 300,Koban Serif Beta 220

Druckfgb freiburger grafische betriebe GmbH & Co KGBebelstrasse 11D-79108 Freiburg

Auflage1’000 Exemplare

Diese Publikation gibt es auch zum Download unter issuu.com/hyperwerk

Weitere Infos finden Sie unter hyperwerk.ch

Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Mischa [email protected] [email protected]

AdministrationElena [email protected]+41 61 228 40 33

© Verlag HyperWerk 2014

ISBN-13 978-3-905693-57-7

Impressum

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“...So können wir sagen, dass ein Akteur in einer komplexen Hand-lungssituation einem Schachspieler gleicht, der mit einem Schachspiel spielen muss, welches sehr viele [...] Figuren aufweist, die mit Gummifäden aneinanderhängen, sodass es ihm unmöglich ist, nur eine Figur zu bewegen. Ausser-dem bewegen sich seine und des Gegners Figuren auch von allein, nach Regeln, die er nicht genau kennt oder über die er falsche Annahmen hat. Und obendrein befindet sich ein Teil der eigenen und der fremden Figuren im Nebel und ist nicht oder nur ungenau zu erkennen.” Aus: Dietrich Dörner, Die Logik des Misslingens. Strategisches Denken in komplexen Situationen. Reinbek, 12. Auflage 2003

Text Benedikt Achermann, Kris McGovern, Quattordici Projektform Jahresthema HyperWerk 2014/2015 Mit Prof.Dr. Regine Halter, Prof. Catherine Walthard

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Unsicherheit ist unser Spiel, das Gewässer, auf dem wir segeln.

Das HyperWerk zelebriert im Studienjahr 14/15 die Unsicherheit als Chance und Handlungsgrundlage. Denn genau das ist die Unsicherheit – die einzig verlässliche Handlungs- und Gestal-tungsgrundlage, die wir haben.

Was früher zu funktionieren schien, zerbröckelt gerade vor unseren Augen. Werte, die etwas galten und auf die man sich verlassen konnte, sind plötzlich bedeutungslos. Die Ungewissheit über die Konsequenzen unseres Handelns lähmt. Ein Übermass an Sicherheit und Wohlstand ebenso. Wir machen uns auf die Suche nach neuen Handlungsfeldern und Gestaltungsfreiräumen, im ständigen Bewusstsein des Einflusses unseres Handelns auf andere Akteure. Und umgekehrt. Wir ziehen den Kopf aus der Schlinge und nehmen die Fäden in die Hand. Wir reissen andere mit, lösen Verbindungen auf, bilden neue Knotenpunkte, rütteln am Spielbrett.

Manchmal bewegen wir uns im Nebel, um etwas auszuhecken. Oder weil wir uns wieder mal verirrt haben. Die schleichende Vereinnahmung durch das Geflecht, in dem wir uns befinden, sehen wir als gestalterische Chance, Abhängigkeiten aufzubrechen.

Bestehende Regeln sind manifestierte Werte – wir begreifen sie als Gestaltungsmasse. Wir befreien uns aus der Paralyse, wagen den Schritt auf neues Terrain, sind unberechenbare Pioniere und Kartographen.

Movers &

Shakers Jahresthema 2014/2015

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talentshop.chDie Marke! Der Shop! Das Produkt!

Um dem HyperWerk Jahresthema 2013/14 REALIZE! eine Form zu geben und die Gesellschaft damit folgenreich zu durch-dringen, kapern wir den Weg des Kon-sums. Als Konsumpiraten breiten wir uns über die bekannten Kanäle des Konsums aus, um mit unseren Produkten zur Verantwor-tung zu befähigen. Wir besetzen den Markt mit REALIZE! Produkten und Dienstleistungen um zu wirken. Denn REALIZE! ist die Handlungs- und Wandlungsmarke von HyperWerk.

REALIZE! ist ein Experiment. Wir werden unser Thema und unsere Produkte erst-mals nicht nur per Ausstellung, sondern auch in einem Webshop präsentieren und anbieten:

talentshop.ch

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