Brandschutztechnische Abweichungen und Kompensationen in ... · Brandschutztechnische Abweichungen...
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Brandschutztechnische Abweichungen und Kompensationen in Bestandgebäuden
Lösungen in der Praxis
Dipl.-Ing. Dirk GrüttjenProkurist und Leiter Region Süd
2Bureau Veritas Presentation _ Date
Bauliche Anlagen sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern, instand zu halten, dass
- der Entstehung eines Brandes und- der Ausbreitung von Feuer und Rauch
vorgebeugt wird und bei einem Brand
- die Rettung von Mensch und Tier sowie
- wirksame Löscharbeiten möglich sind.
„Änderung“ ist das baulicheUmgestalten einer Anlage oder Einrichtung, sei es durch Änderung des äußeren Erscheinungsbildes oder des konstruktiven Gefüges.
Der Begriff “Instandhaltung” umfasst im Sprachgebrauch der Technik als Oberbegriff “Wartung”, “Inspektion” und “Instandsetzung”(vgl. DIN 31051). Es sind Maßnahmen zur Bewahrung und Wiederherstellung des Soll-Zustandes einer Anlage oder Einrichtung, soweit es sich nicht um eine Änderung handelt.
Schutzziele der Bauordnung (§13 HBO Abs.1)
3Bureau Veritas Presentation _ Date
Aufgaben und Befugnisse der Bauaufsichtsbehörden (§ 53 HBO)
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(2) Die Bauaufsichtsbehörden haben bei baulichen Anlagen sowie anderen Anlagen und Einrichtungen … für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften … zu sorgen. Sie haben in Wahrnehmung dieser Aufgaben dienach pflichtgemäßem Ermessen erforderlichen Maßnahmen zu treffen; dies gilt auch, soweit eine präventive bauaufsichtliche Prüfung entfällt.
(3) An rechtmäßig bestehende oder im Bau befindliche bauliche oder andere Anlagen und Einrichtungen … können nachträglich Anforderungen gestellt werden, soweit dies zur Abwehr von Gefahren für Leben und Gesundheit oder von schweren Nachteilen für die Allgemeinheit notwendig ist.
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Aufgaben und Befugnisse der Bauaufsichtsbehörden (§ 53 HBO)
4Bureau Veritas Presentation _ Date
►(1) Die Bauaufsichtsbehörde kann … die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften … und die ordnungsgemäße Erfüllung der Pflichten der am Bau Beteiligten überprüfen.
►(3) Im Rahmen der Bauüberwachung können Proben von Bauprodukten, auch aus fertigen Teilen der baulichen Anlage, zu Prüfzwecken entnommen werden. Die Bauaufsichtsbehörde kann die Vorlage von Bescheinigungen, Bestätigungen oder sonstigen Erklärungen der herstellenden Unternehmen oder sachkundigen Lieferfirmen … über die ordnungsgemäße Beschaffenheit … verlangen und die Bauüberwachung hierauf beschränken;
►(4) Im Rahmen der Bauüberwachung ist jederzeit Einblick in die Genehmigungen, Zulassungen, Prüfzeugnisse, Übereinstimmungserklärungen, Übereinstimmungszertifikate, Überwachungsnachweise, Zeugnisse und Aufzeichnungen über die Prüfungen von Bauprodukten, in die Bautagebücher und andere
vorgeschriebene Aufzeichnungen zu gewähren.
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Bauüberwachung (§ 73 HBO)
5Bureau Veritas Presentation _ Date
- Gefahren- (Brand)verhütungsschau (GVSVO)
- Bauaufsichtliche Sicherheitsprüfungen
- Prüfung von technischen Anlagen (TPrüfVO)
- Verkauf/Ankauf einer Immobilie
- Antrag auf Nutzungsänderungen
Kosten Bestandsschutz?
Erkennen brandschutztechnischer Mängel
6Bureau Veritas Presentation _ Date
Die Schutzziele der Bauordnung gelten auch unter sich verändernden Bedingungen…
Rechtliche Veränderungen- Anpassungsverlangen
BaulicheVeränderungen- Erweiterungen- Abriß
BetrieblicheVeränderungen- Nutzungsänderungen- Zuständigkeiten
+
§
Grundlagen zum Brandschutz in Bestandsgebäuden
7Bureau Veritas Presentation _ Date
Handlungsempfehlung zur HBO:Eine „Nutzungsänderung“ liegt vor, wenn die neue Nutzung sich von der bisherigen genehmigten bzw. materiell rechtmäßigen Nutzung dadurch unterscheidet, dass sie anderen oder weitergehenden Forderungen baurechtlicher Art unterworfen ist oder unterworfen sein kann.
Maßgeblich sind insoweit nicht nur bauordnungs- und bauplanungsrechtliche Anforderungen, sondern auch alle anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften mit auf die jeweilige Nutzungsänderung anwendbarem baulichen Bezug.
Jede spätere Änderung ist genehmigungsbedürftig
Genehmigung immer dann erforderlich, wenn das öffentliche Recht eine andere Beurteilung ergeben kann.
Nutzungsänderungen
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Der bloße Umstand, daß der Gesetzgeber brandschutztechnischeVorschriften verschärft hat genügt alleine nicht, ein bauaufsichtlichtesEinschreiten mit dem Ziel der Veränderung rechtmäßig bestehender Gebäude zu rechtfertigen. (Hessischer Verwaltungsgerichtshof 18.10.99 AZ 4TG3007/97)
Veränderung rechtlicher Grundlagen
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Bestehende bauliche Anlagen genießen i.A. Bestandsschutz wenn, sie
- zum Zeitpunkt der Errichtung oder während eines späterenlängeren (festgestellten) Zeitraumes mit den materiellenAnforderungen des Baurechts (u.a. Bauordnungsrecht) übereinstimmten, und wenn
- eine rechtmäßig erteilte Baugenehmigung (in Übereinstimmung mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften) vorliegt.
Vertrauensschutz Sozialpflichtigkeit„auf Genehmigung vertrauen können“ „Eigentum verpflichtet“
Bestandsschutz
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z.B. §53 HBO 2011
„An rechtmäßig bestehende ...bauliche Anlagen können nachträglich Anforderungen gestellt werden, soweit dies zur Abwehr von Gefahren für Leben und Gesundheit oder von schweren Nachteilen für die Allgemeinheit notwendig ist.
Bestandschutz hört spätestens dort auf, wo im Einzelfall konkrete Gefahren für Leben und Gesundheitbestehen. (OVG NRW vom 28.12.1994 BRS 57 Nr. 245)
(Die Beweislast liegt bei der Bauaufsichtbehörde/Nachweis im Einzelfall)
Befugnisse der Bauaufsichtsbehörden
11Bureau Veritas Presentation _ Date
„Eine konkrete Gefahr ist anzunehmen, wenn
- im Einzelfall- in überschaubarer Zukunft- mit dem Schadeneintritt
hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden muß (BVerwG 26.6.1970)“
(Bei Gebäuden, die von einer großen Zahl von Personen genutzt werden,reicht schon eine geringe Wahrscheinlichkeit des Schadeneintritts aus)
Die vorgesehene Maßnahme muß der Gefahrenabwehr undnicht nur der Vorsorge dienen (Oberverwaltungsgericht Hamburg 4.1.1996-BS1161/95)
Konkrete Gefahr
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(aus dem Bericht der USK - Düsseldorf)
- mangelhafter Einbau/Weglassen von Bauteilen (wie Türen etc.)- Einbau von leichtentflammbaren Baustoffen, die nach dem Einbaunoch leichtentflammbar sind
- Fehlen von Rettungswegen- Erhöhung der Brandlasten in Rettungswegen- Mangelhafte Brandschutzeinrichtungen
Das Fehlen des zweiten Rettungsweges stellt eine konkrete Gefahr dar, die die Bauaufsichtsbehörden zum Handeln verpflichtet und auch bei bestehenden Gebäude nach § 53 Abs. 3 HBO zu nachträglichen Anforderungen berechtigt (OVG NW, Beschl. V. 22.07.02, BauR 1814)
Konkrete Gefahren - Beispiele
13Bureau Veritas Presentation _ Date
- Es kann nicht der Sicherheitsstandard verwirklicht werden,den geltende Vorschriften fordern
- Alternative Maßnahmen zur Beseitigung konkreter Gefahren möglich
aber:Das wirtschaftliche Risiko, dass das gültige genehmigte und errichtete Gebäude, was den Brandschutz angeht, sich als nachträglich unzureichend erweist, trägt der Bauherr (BGH 30.07. 1997)
Die Verpflichtung eines Eigentümers, brandschutztechnische Maßnahmen durchzuführen, beschränkt sich nicht auf Fälle,die für ihn wirtschaftlich tragbar sind.Eine solche Verpflichtung besteht grundsätzlich ohne Rücksicht auf die finanzielle Leistungsfähigkeit eines Eigentümers.(Verwaltungsgericht Arnsberg, 19.08.1993; 4 L 794/93)
Verhältnismäßigkeit
Erkennen und Bewerten brandschutztechnischer Mängel
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Variante 1:(Wieder-) Herstellung des in der Vergangenheit genehmigten Zustandes
Variante 2:Anpassung an heutigen, tatsächlichen Zustand/Nutzung
Variante 3:Anpassung an aktuelle/künftige Rechtslage
Vorteile:- „Bestandsschutz“- Geringster Investitionsaufwand
Nachteile:- nicht zukunftssicher- Keine baulichen Veränderungen möglich
Vorteile:-Geringerer Investitions-aufwand als Variante 3
Nachteile:- Viele Kompromisse/Abweichungen
- nicht zukunftssicher
Vorteile:- Weitestgehende Rechtssicherheit
- zukunftssicher
Nachteile:- Hoher Investitions-aufwand
- Oft technisch nicht realisierbar
Möglichkeiten der Vorgehensweise bei der brandschutztechnischen Sanierung von Gebäuden
16Bureau Veritas Presentation _ Date
Bauteil Schutzziel Anforderung Abweichung KompensationGesamt-gebäude(Regelbau)
- Schutz von Leben und Gesundheit
Umsetzung der Forderungen der HBO
Abweichung gem. § 63
Abweichungsantrag
Gesamt-gebäude(Sonderbau)
- Schutz von Leben und Gesundheit
Umsetzung der Forderungen aus Sonderbauvor-schriften
Erleichterunggem. § 45
Darstellung im Brandschutzkonzept
Tragende Bauteile
- Schutz von Leben und Gesundheit- Wirksame Löscharbeiten
Standsicherheit Feuerwiderstand nicht erreicht
BrandfrüherkennungWärmeabzugLöschanlageBekleidung/ErtüchtigungBrandschutzanstrich
Trennwände - Vorbeugen gegen Ausbreitung von Feuer und Rauch
Raumabschluss/Abschottung
Feuerwiderstand nicht erreicht
BrandfrüherkennungWärmeabzugLöschanlageBekleidung/ErtüchtigungBrandschutzanstrich
Typische Abweichungen und Kompensationsmaßnahmen
17Bureau Veritas Presentation _ Date
Bauteil Schutzziel Anforderung Abweichung KompensationBrandwand - Vorbeugen
gegen Ausbreitung von Feuer und Rauch
Brandabschnitts-bildung (40 m)
Feuerwiderstand nicht erreicht
Verwendung brennbaren Baustoffe
Nicht über Dach geführt
BrandfrüherkennungLöschanlage
Kapselung oder Austausch der Baustoffe
Beidseitig feuerbeständige Ausführung
Decken - Vorbeugen gegen Ausbreitung von Feuer und Rauch
Horizontale Trennung ähnlich Brandabschnitt
Atriumbauweise
Feuerwiderstand nicht erreicht
BrandfrüherkennungLöschanlageRauchableitungunabhängige RettungswegeBrandfrüherkennung LöschanlageBekleidung/ErtüchtigungBrandschutzanstrich
Typische Abweichungen und Kompensationsmaßnahmen
18Bureau Veritas Presentation _ Date
Bauteil Schutzziel Anforderung Abweichung KompensationDächer - Vorbeugen
gegen Ausbreitung von Feuer und Rauch
Kein Feuerüberschlag(5 m Bereich)
Feuerwiderstand nicht erfülltAbstände nicht eingehaltenÖffnungen in aufsteigender Wand
BrandfrüherkennungUnterseitige Verkleidung im 5 m Bereich
Treppe - Schutz von Leben und Gesundheit- Wirksame Löscharbeiten
SelbstrettungSicherung des FluchtwegesSicherung des Rettungweges
Anforderung an Feuerwiderstand nicht erfüllt
Zusätzlicher 2. baulicher RettungswegBrandschutzanstrichBekleidung/ErtüchtigungBrandfrüherkennungAbschottung der Nutzungseinheiten vom TreppenraumSchaffung von „sicheren Räumen“
Typische Abweichungen und Kompensationsmaßnahmen
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Bauteil Schutzziel Anforderung Abweichung KompensationTreppen-raum
- Vorbeugen gegen Ausbreitung von Feuer und Rauch
Keine Schwächung der Brandabschnitts-bildungRauchableitungSelbstrettungFremdrettungBrandwand (bauart)Sicherheitstreppen-raum
Feuerwiderstand nicht erreicht
Rauchableitungnicht gewährleistet
Treppenraum nicht durchgehend
Sicherheits-treppenraum ohne Schleuse
Kein direkter Ausgang ins Freie
BrandfrüherkennungBekleidung/ErtüchtigungBrandschutzanstrich
ErtüchtigungRauchschutzdruckanlageSpüllüftungSchleusen
Gesicherte Verbindung zwischen den Treppenräumen
Akustische/optische Leitsysteme
BrandfrüherkennungErtüchtigung der Zugangstüren
Unabhängiger zweiter baulicher Rettungsweg/Brandlastreduktion
Typische Abweichungen und Kompensationsmaßnahmen
20Bureau Veritas Presentation _ Date
Bauteil Schutzziel Anforderung Abweichung KompensationFlucht- und Rettungs-wege
- Schutz von Leben und Gesundheit
SelbstrettungFremdrettung(zulässige Länge)
Überschreitung der Rettungs-weglänge
Unterschreitung der notwendigen Breite
BrandfrüherkennungRauchableitung RauchabschnittsbildungSichere Bereiche schaffen
Begrenzung der Zahl der Nutzerzweiter baulicher Rettungsweg
Notwendige Flure
- Vorbeugen gegen Ausbreitung von Feuer und Rauch
SelbstrettungFremdrettung
Feuerwiderstand nicht erreicht
Nicht notwendige Installationen
BrandfrüherkennungLöschanlageWände bekleiden/ertüchtigenRauchabschnittsbildung
EntfernungBekleidung/UnterdeckenNeubetrachtung der Nutzungseinheiten (400m²)
Typische Abweichungen und Kompensationsmaßnahmen
Praxisbeispiel 1
22Bureau Veritas Presentation _ Date
Dachflächen
Sachverhalt
►Ein Industriegebäude zur Produktion soll erweitert werden.
► Im Bestand besitzt das Gebäude eine ausgedehnte Fläche von über 4.000 m².
► Für das Dach wurde dem Bauzeitpunkt entsprechend eine brennbare Dämmung verwendet, hierzu liegen aber keine weiteren Informationenvor.
23Bureau Veritas Presentation _ Date
Dachflächen
Bauordnungsrechtliche Anforderung
► Für Industriebauten wird ergänzend zur MBO die Muster-Industriebaurichtlinie (MIndBauRL) zur Bewertung herangezogen.
► In der MIndBauRL wird für Bedachungen (Aufbau z. B. bestehend aus: Dachhaut, Wärmedämmung, Dampfsperre, Träger der Dachhaut u. ä.) von Brandabschnitten oder Brandbekämpfungsabschnitten mit einer Dachfläche von mehr als 2.500 m² festgelegt, dass diese so auszubilden sind, dass eine Brandausbreitung innerhalb eines Brandabschnitts oder eines Brandbekämpfungsabschnitts über das Dach behindert wird.
►Dies gilt z. B. als erfüllt
bei Dächern nach DIN 18234 – 1 einschließlich Beiblatt 1 oder
mit tragender Dachschale aus mineralischen Baustoffen (wie Beton und Porenbeton) oder
mit Bedachungen aus nichtbrennbaren Baustoffen.
24Bureau Veritas Presentation _ Date
Dachflächen
Abweichung
►Es ist eine Dachabschnittsfläche vorhanden, in der die oben genannten Anforderungen bei Flächen über 2.500 m² nicht eingehalten werden.
►Durch die Erweiterung ist eine Gesamtbewertung des Gebäudes erforderlich, so dass Bestandschutz nicht geltend gemacht werdenkann.
25Bureau Veritas Presentation _ Date
Dachflächen
Kompensation
► Im Dachbereich wird nicht die vollständige Dämmung entfernt, sondern es werden für den Bestandsbereich Streifen in einer Breite von 5 m entfernt, in welchen die vorhandene Dämmung durch eine nichtbrennbare Dämmung ersetzt wird.
►Die nichtbrennbare Dämmung wird so angeordnet, dass auch keine Brandausbreitung über Sicken stattfinden kann.
►Es ergeben sich hierdurch einzelne Dachbereiche, die ca. 50 % der maximal zulässigen Fläche von 2.500 m² besitzen.
26Bureau Veritas Presentation _ Date
Dachflächen
Bewertung
►Durch diese Maßnahmen wird eine großflächige Brandausbreitung im Dachbereich verhindert.
►Es wird zwar nicht die Anforderung der Industriebaurichtlinie umgesetzt, jedoch das hier verankerte Schutzziel wird erreicht.
Praxisbeispiel 2
28Bureau Veritas Presentation _ Date
Rettungsweg über Wendeltreppen
Sachverhalt
►Eine im Bestand vorhandene zweigeschossige Industriehalle besitzt im oberen Geschoss zwar mehrere Ausgänge, welche als Rettungsweg bewertet werden können, jedoch wird für einen flächenmäßigen großen Hallenbereich die maximal zulässige Rettungsweglänge überschritten.
29Bureau Veritas Presentation _ Date
Rettungsweg über Wendeltreppen
Bauordnungsrechtliche Anforderung
► Für Industriebauten wird ergänzend zur MBO die Muster-Industrie-baurichtlinie (MIndBauRL) zur Bewertung herangezogen. In der MIndBauRL ist definiert, dass „jeder Produktions- oder Lagerraum mit einer Fläche von mehr als 200 m² mindestens zwei Ausgänge haben muss.
►Von jeder Stelle eines Produktions- oder Lagerraumes soll mindestens ein Hauptgang nach höchstens 15 m Lauflänge erreichbar sein.
►Hauptgänge müssen mindestens 2 m breit sein; sie sollen geradlinig auf kurzem Wege zu Ausgängen ins Freie, zu notwendigen Treppenräumen, zu anderen Brandabschnitten oder zu anderen Brandbekämpfungsabschnitten führen.
►Diese anderen Brandabschnitte oder Brandbekämpfungsabschnitte müssen Ausgänge unmittelbar ins Freie oder zu notwendigen Treppenräumen mit einem sicheren Ausgang ins Freie haben.
30Bureau Veritas Presentation _ Date
Rettungsweg über Wendeltreppen
Bauordnungsrechtliche Anforderung
► Für mehrgeschossige Industriebauten mit einer Grundfläche von mehr als 1.600 m² müssen in jedem Geschoß mindestens zwei möglichst entgegengesetzt liegende bauliche Rettungswege vorhanden sein.
►Einer dieser Rettungswege darf über Außentreppen ohne Treppenräume, über Rettungsbalkone, über Terrassen und/oder über begehbare Dächer auf das Grundstück führen, wenn er im Brandfall durch Feuer und Rauch nicht gefährdet werden kann.
►Von jeder Stelle eines Produktions- oder Lagerraums muss mindestens ein Ausgang ins Freie, ein notwendiger Treppenraum, ein anderer Brandabschnitt oder ein anderer Brandbekämpfungsabschnitt
bei Räumen mit einer mittleren lichten Raumhöhe von bis zu 5 m in höchstens 35 m Entfernung
bei Räumen mit einer mittleren lichten Raumhöhe von mindestens 10 m in höchstens 50 m Entfernung erreichbar sein.
31Bureau Veritas Presentation _ Date
Rettungsweg über Wendeltreppen
Bauordnungsrechtliche Anforderung
►Bei Vorhandensein einer automatischen Brandmeldeanlage mit geeigneten, schnellansprechenden Meldern, wie Rauch- oder Flammenmelder, und einer daran angeschlossenen Alarmierungs-einrichtung für die Nutzer (Internalarm) oder einer selbsttätigen Feuerlöschanlage und einer Alarmierungsanlage mit mindestens Handauslösung ist es zulässig, dass der Ausgang ins Freie, der notwendige Treppenraum, der andere Brandabschnitt oder der andere Brandbekämpfungsabschnitt
bei Räumen mit einer mittleren lichten Raumhöhe von bis zu 5 m in höchstens 50 m Entfernung,
bei Räumen mit einer mittleren lichten Raumhöhe von mindestens 10 m in höchstens 70 m Entfernung erreicht wird.
►Bei mittleren lichten Raumhöhen zwischen 5 m und 10 m darf zur Ermittlung der zulässigen Entfernung zwischen den vorstehenden Werten interpoliert werden.“
32Bureau Veritas Presentation _ Date
Rettungsweg über Wendeltreppen
Abweichung
►Geplant ist die Anordnung einer Wendeltreppe, da die Geländestruktur keine andere Anordnung zulässt.
►Dies entspricht nicht den Vorgaben der Industriebaurichtlinie.
►Auch nach den Vorgaben der Arbeitsstättenverordnungen (ASR A 2.3) ist eine gewendelte Treppe im Verlauf des ersten Rettungsweges unzulässig.
33Bureau Veritas Presentation _ Date
Rettungsweg über Wendeltreppen
Kompensation
►Auf Basis einer Gefährdungsbeurteilung und der Voraussetzung, dass alle Mitarbeiter im Betrieb in die Nutzung der Rettungswege eingewiesen werden, kann dieser Nutzung zugestimmt werden.
► Im Betrieb ist eine Brandmeldeanlage vorhanden, welche die frühzeitige Alarmierung sicherstellt.
►Weiterhin werden Flucht- und Rettungspläne ausgehangen.
►Wie beschrieben ist eine mehr als ausreichende Anzahl an Rettungswegen vorhanden.
34Bureau Veritas Presentation _ Date
Rettungsweg über Wendeltreppen
Bewertung
►Unter den betrachteten Gesichtspunkten und der Tatsache, dass sich betriebsfremde Personen nur in Begleitung im Objekt aufhalten, kann unter Bewertung der vorhandenen Kompensationen der Ausführung dieses Rettungsweges zugestimmt werden.
Praxisbeispiel 3
36Bureau Veritas Presentation _ Date
Temporäre Nutzung von Gebäuden
Sachverhalt
► Im Rahmen einer Brandverhütungsschau wird ein Industriegebäude begangen.
►Hierbei wird eine große Anzahl von baulichen Mängeln festgestellt.
►Es sind beispielsweise offene Deckendurchbrüche vorhanden, brandschutztechnische Abtrennungen nicht realisiert und erforderliche Rauch- und Wärmeabzugsflächen nicht ausgeführt.
►Die Art und Anordnung der Rettungswege weist jedoch keine Mängel auf.
37Bureau Veritas Presentation _ Date
Temporäre Nutzung von Gebäuden
Bauordnungsrechtliche Anforderung
► Für Industriebauten wird ergänzend zur MBO die Muster-Industriebaurichtlinie (MIndBauRL) zur Bewertung herangezogen.
►Die im Rahmen der Brandverhütungsschau festgestellten Mängel sind umzusetzen, da die bauliche Ausführung eine Abweichung zur Genehmigung darstellt.
38Bureau Veritas Presentation _ Date
Temporäre Nutzung von Gebäuden
Abweichung
►Aufgrund der finanziellen Lage des Mieters (das Unternehmen befindet sich zurzeit in Konkurs) ist nur noch eine temporäre Nutzung des Gebäudes vorgesehen, welche weniger als ein halbes Jahr umfasst.
►Aus diesem Grunde sollen die brandschutztechnischen Maßnahmen bis zur finalen Veräußerung des Gebäudes nicht umgesetzt werden.
39Bureau Veritas Presentation _ Date
Temporäre Nutzung von Gebäuden
Kompensation
► Für die Dauer des Restbetriebs des Gebäudes wird ein mobiles Brandmeldesystem angemietet und auf die Leitstelle der öffentlichen Feuerwehr aufgeschaltet.
►Das Brandmeldesystem wird flächendeckend im Gebäude installiert.
40Bureau Veritas Presentation _ Date
Temporäre Nutzung von Gebäuden
Bewertung
►Die aufgeführten Mängel erschweren im Wesentlichen den Einsatz der Feuerwehr.
►Durch eine frühzeitige Brandmeldung wiederum wird eine rechtzeitige Alarmierung der Feuerwehr ermöglicht.
►Dieses wiederum garantiert einen frühzeitigen Einsatz der Feuerwehr noch bevor es zum Vollbrand kommen kann.
►Aus diesem Grunde kann das mobile Brandmeldesystem als ausreichende Kompensation insbesondere im Hinblick auf die zeitlich begrenzte Nutzung gesehen werden.
►Bei weiterer Nutzung des Gebäudes sind zusätzliche Maßnahmen erforderlich.
Praxisbeispiel 4
42Bureau Veritas Presentation _ Date
Anordnung von Lagerregalen in einem Industriegebäude
Sachverhalt
► In einem Industriegebäude soll ein Lagerbereich angeordnet werden, dessen Fläche mehr als 1.200 m² umfasst.
►Es werden Regalbereiche angeordnet, welche einzeln eine Grundfläche von ca. 100 m² haben, geplant sind zwischen 15 und 20 einzelne Regalbereiche.
► Im Lagerbereich sind Fahrstreifen mit einer Breite von 3 m geplant.
►Die Lagerguthöhe beträgt 4,50 m.
43Bureau Veritas Presentation _ Date
Anordnung von Lagerregalen in einem Industriegebäude
Bauordnungsrechtliche Anforderung
► Für Industriebauten wird ergänzend zur MBO die Muster-Industriebaurichtlinie (MIndBauRL) zur Bewertung herangezogen.
►Diese gibt vor, dass „bei Lagergebäuden und bei Gebäuden mit Lager-bereichen ohne selbsttätige Feuerlöschanlage in jedem Geschoss die Fläche jedes Brandabschnittes oder Lagerbereichs durch Freiflächen in Lagerabschnitte von höchstens 1.200 m² zu unterteilen ist.
►Die Freiflächen müssen bei einer Lagerguthöhe (Oberkante) von bis zu 4,5 m eine Breite von mindestens 3,5 m und bei einer Lagerguthöhe (Oberkante Lagergut) von 7,5 m eine Breite von mindestens 5,0 m haben.
►Die Mindestbreiten der Freiflächen bei Lagerguthöhen zwischen 4,5 m und 7,5 m ergeben sich durch Interpolation.“
44Bureau Veritas Presentation _ Date
Anordnung von Lagerregalen in einem Industriegebäude
Abweichung
► In der geplanten Anordnung wird die gemäß Industriebaurichtlinie vorgegebene maximale Fläche des Lagerbereiches von 1.200 m²überschritten, zudem werden die erforderlichen Freiflächen von 3,50 m nicht eingehalten.
45Bureau Veritas Presentation _ Date
Anordnung von Lagerregalen in einem Industriegebäude
Kompensation
► Im Gebäude wird eine Brandmeldeanlage installiert.
46Bureau Veritas Presentation _ Date
Anordnung von Lagerregalen in einem Industriegebäude
Bewertung
►Durch die in der Industriebaurichtlinie geforderte Anordnung derLagerflächen und Freibereiche soll insbesondere der wirksame Löscheinsatz der Feuerwehr ermöglicht werden.
►Unter Berücksichtigung der frühzeitigen Brandmeldung können die beschriebenen Abweichungen kompensiert werden.
Praxisbeispiel 1
48Bureau Veritas Presentation _ Date
Nutzung von 400 m²-Einheiten
Sachverhalt
► In einem Verwaltungsgebäude ist ein Umbau geplant.
►Es sollen zukünftig in den einzelnen Geschossen Großraumbüro-bereiche angeordnet werden.
►Diese Bereiche sollen sich in den Geschossen auf einer Fläche von jeweils über 500 m² erstrecken.
49Bureau Veritas Presentation _ Date
Nutzung von 400 m²-Einheiten
Bauordnungsrechtliche Anforderung
► In der Musterbauordnung (MBO) wird im § 36 Notwendige Flure, offene Gänge geregelt, dass notwendige Flure innerhalb von Nutzungseinheiten mit nicht mehr als 400 m² nicht erforderlich sind.
►Weitere Voraussetzung ist, dass diese Nutzungseinheiten einer Büro-oder Verwaltungsnutzung dienen.
50Bureau Veritas Presentation _ Date
Nutzung von 400 m²-Einheiten
Abweichung
►Die Fläche der Nutzungseinheit soll über 500 m² betragen.
51Bureau Veritas Presentation _ Date
Nutzung von 400 m²-Einheiten
Kompensation
►Es wird eine flächendeckende Brandmeldeanlage installiert.
52Bureau Veritas Presentation _ Date
Nutzung von 400 m²-Einheiten
Bewertung
►Durch die Installation der Brandmeldeanlage wird eine schnelle Alarmierung der Feuerwehr erreicht, was einen frühzeitigen Einsatz der Feuerwehr ermöglicht.
►Weiterhin werden die Nutzer frühzeitig alarmiert, was eine schnelle Gebäuderäumung sicherstellt.
►Aus diesen Gründen wird die Brandmeldeanlage als ausreichende Kompensationsmaßnahme gesehen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Kontakt:
Dipl.-Ing. Dirk GrüttjenProkurist und Leiter Region SüdSachverständiger für vorbeugenden Brandschutz (IHK/EIPOS)Standort Stuttgart Standort München Schurwaldstrasse 10 Stefan-George-Ring 29 73765 Neuhausen, Germany D-81929 MünchenTel.: +49 71 58 9 85 65 - 10 Tel.: +49 89 9 30 86 - 571 Fax: +49 71 58 9 85 65 - 20 Fax: +49 89 9 30 86 - 573 Mobil: +49 151 - 16 12 31 04 E-mail: [email protected]