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Beschluss 250-4004.20-4381/2010-009-NDH Nachprüfungsverfahren, §§ 102 ff., aufgrund des Antrages vom 22.10.2010, 1. der Bietergemeinschaft xxxx (BG), xxx ./. 2. die Firma Xxxxx mbH Thüringen (XXXXX), xxxx betreffend das Vergabeverfahren "Projektsteuerungsleistungen für die 'Erschließung Industriegebiet Xxxxx Xxxxx' xxxx" Verfahrensbeteiligte: 1. die Bietergemeinschaft (BG) xxxx, bestehend aus den Firmen: 1.1 der Fa. xxxxxx - zugleich auch die Bevollmächtigte der Bietergemeinschaft - und 1.2 xxxx Verfahrensbevollmächtigte: RAe xxxxxx - Antragstellerin - (AST) gegen 2. die Firma Xxxxx xx mbH (XXXXX) vertr. d. d. Geschäftsführer xx und xx xxx xxx Verfahrensbevollmächtigte: RAe xxxxx - Vergabestelle - (VST) beigeladen: 3. die Firma xxxxxxxxxxxxxxxxx Verfahrensbevollmächtigte: RAe xxxxxxxxxxxxxxxxxxx - Beigeladene - (BEI) hat die Vergabekammer Freistaat Thüringen, in der Besetzung mit Herrn Regierungsdirektor Scheid als Vorsitzendem, Herrn Spang als hauptamtlichem Beisitzer und 1

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Beschluss

250-4004.20-4381/2010-009-NDH

Nachprüfungsverfahren, §§ 102 ff., aufgrund des Antrages vom 22.10.2010, 1. der Bietergemeinschaft xxxx (BG), xxx ./. 2. die Firma Xxxxx mbH Thüringen (XXXXX), xxxx betreffend das Vergabeverfahren "Projektsteuerungsleistungen für die 'Erschließung Industriegebiet Xxxxx Xxxxx' xxxx" Verfahrensbeteiligte: 1. die Bietergemeinschaft (BG) xxxx, bestehend aus den Firmen: 1.1 der Fa. xxxxxx - zugleich auch die Bevollmächtigte der Bietergemeinschaft - und 1.2 xxxx Verfahrensbevollmächtigte: RAe xxxxxx

- Antragstellerin - (AST)

gegen 2. die Firma Xxxxx xx mbH (XXXXX) vertr. d. d. Geschäftsführer xx und xx xxx xxx Verfahrensbevollmächtigte: RAe xxxxx

- Vergabestelle - (VST)

beigeladen:

3. die Firma xxxxxxxxxxxxxxxxx Verfahrensbevollmächtigte: RAe xxxxxxxxxxxxxxxxxxx

- Beigeladene - (BEI)

hat die Vergabekammer Freistaat Thüringen, in der Besetzung mit Herrn Regierungsdirektor Scheid als Vorsitzendem, Herrn Spang als hauptamtlichem Beisitzer und

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Herrn Reich als ehrenamtlichem Beisitzer, nach mündlicher Verhandlung vom 16. November 2010 am 24. November 2010 beschlossen: 1. Es wird festgestellt, dass die Antragsstellerin durch das von der Vergabestelle

durchgeführte Vergabeverfahren in ihren Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB verletzt ist.

2. Die Vergabestelle wird verpflichtet, das Verhandlungsverfahren, beginnend mit dem Teilnahmewettbewerb in dem Stand nach erfolgter Vergabe-bekanntmachung und unter Aufforderung an alle Bewerber, erneut einen Teilnahmeantrag abzugeben, zu wiederholen. Mit dieser Aufforderung an die bisherigen Bewerber ist dann auch die Bekannt-gabe der für die Bewertung der Anträge verwendeten vollständigen Bewertungs-matrix zu verbinden.

3. Die Kosten (Gebühren und Auslagen) für das Nachprüfungsverfahren haben die Vergabestelle und die Beigeladene als Gesamtschuldner – jeweils zur Hälfte – zu tragen.

4. Die Gebühren für das Nachprüfungsverfahren werden auf xxx € festge-setzt. Auslagen sind hierbei nicht zu erstatten.

5. Die Vergabestelle und die Beigeladene haben auch die der Antragstellerin ent-standenen notwendigen Kosten für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung im Nachprüfungsverfahren zu tragen.

6. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Nachprüfungsverfahren durch die Antragsstellerin wird für notwendig erklärt.

II. Begründung 1. Sachverhalt Die VST machte den streitgegenständlich ausgeschriebenen Dienstleistungsauftrag der Dienstleistungskategorie Nr. 12, CPV-Nr. 71000000: „Projektsteuerungsleistungen für die Erschließung Industriegebiet ’Xxxxx Xxxxx’ Xxxxx/Xxxxx“ im Juli 2010 (Az. 2010/S 126-193345) als Verhandlungsverfahren mit einem vorhergehenden öffentlichen Teilnahmewettbewerb (Ziffer IV.1.1 der Vergabebekanntmachung) im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union öffentlich bekannt. Die VST ist hinsichtlich der dieser Ausschreibung zugrundeliegenden Erschließungsleis-tungen für das alte Industriegebiet (Industriebrache) „Xxxxx Xxxxx“ der Erschließungsträger, während die Stadt Xxxxx dafür den Maßnahmeträger darstellt. Nach den ent-sprechenden Angaben im Vergabevermerk (Bl. 2 der Vergabeakte) sollen sich die Netto-Baukosten nach der Kostenberechnung auf ca. xxxx. € belaufen.

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Eine „Kostenschätzung“ der ausgeschriebenen Projektsteuerungsleistungen findet sich in der Vergabeakte der VST allerdings nicht. Die VST hat den so ausgeschriebenen Auftrag wie folgt beschrieben (Vergabebekannt-machung, Ziffer II.1.5, Bl. 10 der Vergabeakte):

„Prokjektsteuerungsleistungen für die Erschließungsmaßnahmen des Industriegebietes Gol-dene Xxxxx in Xxxxx/Xxxxx. Die Erschließung des Industriegebietes umfasst ein Areal von ca. 100 ha. Das Projekt be-inhaltet die Planung und Realisierung von Maßnahmen zum Bau von Verkehrsanlagen, zur Schmutzwasser- und Regenwasserentsorgung, zur Wasserversorgung sowie für Straßenbe-gleitgrün und Ausgleichsmaßnahmen. Weiterhin sind für das Baugebiet Maßnahmen zum Hochwasserschutz und der Herstellung der technischen Anlagen für Straßenbeleuchtung so-wie Gas- und Elektroversorgung erforderlich. Das hierbei geschätzte Bauvolumen beträgt ca. xx.000.000 EUR. Inhalt dieser Ausschreibung sind Leistungen der Projektsteuerung vom Zeitpunkt des Zuwen-dungsbescheides bis hin zum Abschluss der GRW-Maßnahme. Diese Leistungen werden unter Bezugnahme auf die §§ 201 ff. der Vorschläge der Fachgrup-pe Projektsteuerung/Projektmanagement des AHO (Nr. 9 Schriftenreihe des AHO, Stand März 2009) vergeben. Es sind hierbei die Projektstufen 2 bis 5 (Planung, Auftragsvorbereitung, Aus-führung und Projektabschluss) für alle 5 Handlungsbereiche A bis E zu erbringen. Diese 4 Projektstufen sind auf alle in den Handlungsbereichen beschriebenen Grundleistungen anzu-wenden.“

Eine Aufteilung des Auftrags in Lose war nicht vorgesehen (Ziffer II.1.8). Die Vertragslaufzeit sollte 36 Monate (ab Auftragsvergabe) betragen (Ziffer II.3). Der Schlusstermin für den Eingang der Teilnahmeanträge war der 6.8.2010, 12:00 Uhr (Ziffer IV.3.4). Hinsichtlich des vorgesehenen Verhandlungsverfahrens war in der Vergabebekannt-machung weiterhin mitgeteilt worden (Ziffer IV.1.2, Bl. 12 der Vergabeakte), dass

die Anzahl der Teilnehmer …, die zu einer Angebotsabgabe aufgefordert werden (sollen), (bei einer) „geplante(n) Mindestzahl 3 Höchstzahl 5“ (Bietern liegen soll). Objektive Kriterien für die Auswahl der begrenzten Zahl von Bewerbern: „Auswahl der Be-werber nach § 10 VOF“.

Abschnitt III Ziffer III.1 der Vergabebekanntmachung umfasste die Bedingungen für den Auf-trag. Unter Ziffer III.1.1 „Geforderte Kautionen und Sicherheiten“ war durch die Bewerber un-ter anderem der Nachweis zu führen über: „a) Haftpflichtversicherung für Personenschäden: 2.500.000 EUR; b) Haftpflichtversicherung für Sachschäden: 2.500.000 EUR; c) Vermögensschadenhaftpflichtversicherung: 2.500.000 EUR; d) …“ Ziffer III.2. benannte die „Teilnahmebedingungen“. Dazu gehörten Angaben und Nachweise zur „persönlichen Lage“ des Bewerbers/Bieters. Ziffer III.2.2 enthielt die geforderten Anga-ben und Nachweise zur wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit. Unter dem Buch-staben „b“ war gefordert:

„Nachweise zur finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gemäß VOF § 5 (4) a) – (Berufshaftpflicht oder Bankerklärung).“

Im Besonderen waren auch „speziell Referenzen im Bereich der GRW/ EFRE - Förderung sowie Projekte mit komplexen Infrastrukturanlagen“ anzugeben (Ziffer III.2.3 Buchstabe b). Kennzeichnend für alle im Rahmen der mit den Teilnahmebedingungen bekannt gemachten Kriterien der Eignung (F,L,Z) war in der Ausschreibung der VST die an verschiedenen Stel-len getroffene Aussage zu Merkmalen: „zwingend nachzuweisen“.

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Dabei waren von den Bewerbern jeweils auch bestimmt bezeichnete Nachweise „für/durch Subunternehmer zu erbringen“. Hinsichtlich der Nachweise zum Merkmal „Technische Leis-tungsfähigkeit“ (Ziffer III.2.3) war u. a. gefordert:

„Angaben und Formalitäten, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Auflagen zu über-prüfen:

Zwingend nachzuweisen: a) Nachweis der fachlichen Eignung nach VOF § 5 (5) a) (u. a. Befähigungen, Studien-

nachweise, Bescheinigungen), b) Nachweis der fachlichen Eignung nach VOF § 5 (5) b) (Liste der wesentlichen in den

letzten 3 Jahren erbrachten Leistungen, hier sind auch Rechnungsbetrag, Leistungs-zeit, Auftraggeber mit Name, Telefon- und Faxnummer anzugeben). Hier sind speziell Referenzen im Bereich GRW/EFRE-Förderung sowie Projekte mit komplexen Infra-strukturanlagen anzugeben,

c) Nachweis der fachlichen Eignung nach VOF § 5 (5) e) (Erklärung zur technischen Ausstattung),

d) Nachweise zur fachlichen Eignung nach § 5 (5) f) und h) (u. a. Gewährleistung Quali-tätskontrolle und Unterauftragsvergabe).

Anmerkung: Die Nachweise a) bis d) sind auch für/durch Subunternehmer zu erbringen.“ Als „Zuschlagskriterien“ (Ziffer IV.2.1) waren bekannt gemacht worden:

„(Das) wirtschaftlich günstigste Angebot die nachstehenden Kriterien: 1. Honorarangebot. Gewichtung 30. 2. Referenzen. Gewichtung 30. 3. Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Gewichtung 15. 4. Technische Leistungsfähigkeit. Gewichtung 15. 5. Eindruck Bietergespräch. Gewichtung 10.“

Als „zuständige Stelle für Nachprüfungsverfahren“ hatte die VST für die Bewerber/Bieter in der Bekanntmachung angegeben (Ziffer VI.4.1):

„Thüringer Landesverwaltungsamt Referat 500, Weimarplatz 4 99423 Weimar

…“ Nach der Angabe allein im Vergabevermerk der VST haben 20 Unternehmen, darunter auch die AST, einen Teilnahmeantrag gestellt. Eine Dokumentation der Inhalte dieser Teilnahmeanträge, im Hinblick auf die Auswertung der Inhalte derselben (vgl. dazu Bl. 24) anhand einer Bewertungsmatrix bestimmter Kriterien (vgl. dazu Bl. 23), ist in der Vergabeakte der VST nicht erfolgt. Es sind allein die Ergebnisse der Auswertung dokumentiert (vgl. Bl. 24). Die Bewertungsmatrix selbst war in vier Spalten unterteilt:

• 1. Spalte, „Rechtslage (Pkt III.2.1 der Bekanntmachung)“, • 2. Spalte, „wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (Pkt. III.2.2 d. Bek.)“, • 3. Spalte, „technische Leistungsfähigkeit (Punkt III.2.3 d. Bek.)“, • 4. Spalte, „Referenzen“

Die 1. Spalte umfasste 8 (Unter-) Kriterien, die 2. Spalte 12 und die 3. Spalte noch einmal 8 (Unter-) Kriterien. Für jedes (Unter-) Kriterium sollte es „1 Punkt“ geben. Der Bereich „0 Punkte“ war nicht definiert. Im Rahmen der Bewertung wurden hierbei generell „0-Punkte“ für fehlende Angaben und Nachweise durch die VST vergeben. Während in der 1. Spalte verschiedene Eigenerklärungen ausdrücklich als „Ausschlusskri-terien“ (insgesamt 4) bezeichnet sind und ein Kriterium mit „ausgeschl. Person“ ausgewiesen

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ist, werden weitere Ausschlusskriterien in den vier Spalten als solche durch die VST nicht bezeichnet oder als solche benannt. Die 4. Spalte umfasste 4 Kriterien der „Referenzen GRW / EFRE“, „der Referenzen GRW / EFRE Subunternehmer“, der „Referenzen komplexe Infrastrukturen“ und der „Referenzen komplexe Infrastrukturen Subunternehmer“. Dazu war weiterhin eine Gewichtung der tatsächlich durch die Bewerber gemachten Angaben - wie folgt - dokumentiert: „> 3 Ref. → 3 Pkt., 3 Ref. → 2 Pkt., 1 bis 2 Ref. → 1 Pkt., keine Ref. → 0 Pkt.“ Die in der Vergabeakte dokumentierte Bewertungsmatrix (Bl. 23) „Kriterien für Auswahl der Bewerber (Stufe 1)“ enthielt hinsichtlich des Kriteriums

„wirtschaftliche Leistungsfähigkeit“

das („Unter-“) Kriterium „Vermögensschadenhaftpflichtversicherung“

sowie die weiteren Angaben „Punkte 1“ (und) „VOF § 5 (4) a)“.

Unter dem Merkmal „technische Leistungsfähigkeit (Pkt. III.2.3 der Bek.)“ war u. a. zum („Unter-“) Kriterium

„Benennung Anteil Unterauftragsvergabe“

und dem („Unter-“) Kriterium

„Bennennung Unterauftragsvergabe Subunternehmer“,

die jeweils weitere Angabe „Punkte 1“ und „VOF § 5 (5) h)“ gemacht. Diese Angaben waren schließlich mit dem Zusatz versehen: „ohne Untervergabe → 1 Punkt“ (und) „mit Untervergabe → 0,5 Pkt.“

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Hinsichtlich dieser Bewertungsmatrix hat die mit der Auswertung der Teilnahmeanträge be-auftragte Firma EFG Entwicklungs- und Flächenmanagementgesellschaft mbH, Zella-Mehlis, der VST am 18.08.2010 u. a. mitgeteilt:

„… Bis zum Stichtag, den 06.08.2010 um 12.00 Uhr, gingen bei der EFG 20 Teilnahmean-träge ein. Diese wurden durch die EFG unter Bezugnahme auf die vorab festgelegten Kriterien ausgewertet.

Am 11.08.2010 hat die EFG im Zusammenhang mit der vorgenanten Auswertung sowie unter Berücksichtigung der Regelungsinhalte der VOF/§ 10 eine Verfahrensempfehlung abgegeben. Diese bezieht sich auf die erforderliche Reduzierung der Teilnehmer/Bewerber …“

Dieser Empfehlung vorausgehend hatte die beauftragte Firma auch Ausführungen zur Aus-wertung der Teilnahmeanträge gemacht (Bl. 26 f., vgl. dazu auch die Ausführungen der VST in ihrem Vergabevermerk, Bl. 3-5):

„Stufe 3: Wertungskriterien / Auswahl der Bewerber Die VOF regelt nicht, nach welchen Kriterien bzw. nach welchen Verfahren eine Auswahl un-ter den Teilnahmeanträgen durchzuführen ist. Vor dem Hintergrund der eingehenden Teilnahmeanträge bzw. der projektspezifischen Rah-menbedingungen wurde die Matrix zur Wertung der Eignung der Teilnehmer im laufenden Verfahren entwickelt. Hinsichtlich des geplanten infrastrukturellen Ver- und Entsorgungs-systems und der projektspezifischen Finanzierungsstruktur bzw. einer zu treffenden Prog-noseentscheidung erfolgte eine besondere Berücksichtigung der Referenzen. Die detaillierte Untersetzung der Referenzwertung (>3, = 3, 1-3 und keine) erfolgte unter Be-rücksichtigung – vor allem hinsichtlich der Größe und Komplexität – vergleichbarer Infrastruk-turvorhaben in Thüringen. Anderweitige Grenzen bzw. Spannen erschienen vor dem Hinter-grund der grundsätzlichen Projektrealität in Thüringen bzw. vor dem Hintergrund des Auswer-tungshorizontes von 3 Jahren nicht als sinnvoll (…).

(Bl. 27) Die spezielle Nachfrage nach GRW/EFRE-Vorhaben basiert auf den projekt- und för-derspezifischen Regelungsinhalten im Rahmen der Projektumsetzung des Vorhabens ‚Golde-ne Xxxxx’, eines Kostenumgruppierungs- und Förderantragsänderungsmanagements. Die Kenntnis der vorbenannten Abläufe während der Projektumsetzung bildet im Hinblick auf die vergabespezifischen Entscheidungsabläufe ein wichtiges Kriterium. Im Kontext der Prüfung der Teilnahmeanträge wurden GRW- und EFRE-Referenzen vergleichbar gewertet. Grundlage für die Wertung sind die Unterlagen, die gemäß Bekanntmachung zwingend nach-zuweisen waren. Die Unterlagen wurden auf Vollständigkeit und Eignung des Teilnehmers geprüft. Die Bewertung wurde anhand der Kriterien Rechtslage, wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, technische Leistungsfähigkeit und Referenzen durchgeführt. Im Rahmen der Auswertung wurden, z. B. hinsichtlich der Prüfung der Rechtslage im Zusam-menhang mit den geforderten Versicherungshöhen, ggf. vorhandene Aussagen der Unterneh-men – diese im Auftragsfall in der entsprechenden Höhe zu erbringen – abgestuft gewertet. In gleicher Weise wurde zur Vermeidung von Bürgschaftskosten für die Teilnehmer der im Punkt III.1.1 d) der Bekanntmachung berücksichtigte Komplex (Bankbürgschaft) behandelt. Im Fall der nicht eindeutig zuordenbaren Umsätze (erbeten waren Umsätze, Gesamtumsätze und der Umsatz der entsprechenden ausschreibungsspezifischen Dienstleistung) erfolgte eine abgestufte Bewertung. Weiterhin erfolgte im Falle von angebotenen Subunternehmerleistungen bei Nichtvorlage ent-sprechender Nachweise (vgl. III.2.2 -Anmerkung) eine abgestufte Bewertung. In gleicher Weise wurde im Rahmen der Auswertung bzgl. der technischen Leistungsfähigkeit im Pkt. III.2.3 vorgegangen. Es bestehen keine weiteren objektiven und diskriminierungsfreien Kriterien, um die als geeig-net zu bezeichnenden Teilnahmeanträge auf Grund der festgexxxxxten Bewertungsmatrix

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weiter sinnvoll zu differenzieren. Von der nachträglichen Formulierung von Unterkriterien wurde an-gesichts der in der Bekanntmachung erfolgten und daher abschließenden, definierten Eig-nungskriterien abgesehen. Die Prognoseentscheidung auf Grundlage dieser Kriterien ließ in Zusammenschau mit der erfolgten Gewichtung der Referenzobjekte vor dem Hintergrund der zu vergebenden Maßnahme nur den Schluss zu, dass vorliegend mehrere Bewerber für den Auftrag in Frage kamen. Nach objektiver und erschöpfender Prüfung der wertungsfähigen Bewerbungsunterlagen mit-tels der vorbenannten Bewertungsmatrix wurden 9 Anträge mit der Punktzahl von 38 bewer-tet und mussten für die (Bl. 28) zu erbringende Leistung als gleichermaßen geeignet ange-sehen werden. Nach § 10 VOF wurde die Mindestzahl der zur Verhandlung aufzufordernden Bewerber bei der Veröffentlichung auf drei festgelegt. Die Anzahl der geeigneten Bewerber lag über dieser Grenze und musste somit weiter reduziert werden. Unter Bezugnahme auf die vorstehenden Ausführungen und unsere vertraglichen Verpflich-tungen wird vorgeschlagen die Teilnehmer mittels eines Losverfahrens nach § 10 (3) VOF auf 3 zu reduzieren …“

Die VST ist dieser Empfehlung „beigetreten“ (vgl. Bl. 28). Im Ergebnis der von der VST durchgeführten Bewertung der eingegangenen Bewerbungen gibt es nur einen Bewerber, der an keiner Stelle der Kriterien der Bewertungsmatrix „0 Punk-te“ bekommen hat (der Bewerber mit der laufenden Nr. 3). Dass an die davon betroffenen Bewerber eine Aufforderung zur Nachreichung von fehlenden Unterlagen gegeben worden wäre, ist in den Vergabeakten der VST nicht dokumentiert. In Einzelfällen sind solche Auf-forderungen ergangen und ihnen ist auch nachgekommen worden. Die Bewerbung der AST erhielt hinsichtlich des Kriteriums „Vermögensschadenhaftpflichtver-sicherung“ keine Punkte („0 Pkte.“) und bei dem Kriterium „Benennung Anteil Unterauftragsvergabe“ ebenfalls keine Punkte („0 Pkte.“) in der durch die VST erfolgten Bewertung. Die Bewerbung der AST selbst, d. h. jeweils für beide Mitglieder der BG, enthielt zu diesen („Unter-“) Kriterien die folgenden Angaben, Aussagen und Nachweise: • Zum Nachweis der „Haftpflichtversicherung“ eine „Bescheinigung“ ihres Versicherungsunter-

nehmens mit den weiteren Angaben:

„… Die Deckungssummen betragen EUR 2,5 Mio. für Personenschäden EUR 2,5 Mio. für sonstige Schäden (Sach- und Vermögensschäden). Die Gesamtleistung für alle Versicherungsfälle eines Versicherungsjahres beträgt das Zwei-fache dieser Deckungssummen …“

• Zur Frage der „Benennung Anteil Unterauftragsvergabe“

und dem („Unter-“) Kriterium

„Bennennung Unterauftragsvergabe Subunternehmer“,

die folgenden Ausführungen im Anschreiben zu dieser Bewerbung (Seite 4):

„3.3.4 Nachweis der fachlichen Eignung nach VOF § 5 (5) f und h (Gewährleistung Qualitäts-

kontrolle und Unterauftragsvergabe) … Wir erklären hiermit, dass eine Weitergabe von Teilleistungen des potenziellen Auftrages an Dritte im Rahmen von Unteraufträgen nach derzeitigem Kenntnisstand nicht vorgesehen ist (Hervorhebung durch die AST).“

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Im Ergebnis der durch die VST solcherart durchgeführten Bewertung der Bewerbungen hat die AST, neben acht weiteren Bewerbern, 38 Punkte erhalten. Sie nahm damit an dem durch die VST aus den oben bereits genannten Gründen durchgeführten Losverfahren teil. Das im Anschluss an diese Bewertung am 26.08.2010 durchgeführte „Losverfahren“ hatte unter anderem zum Ergebnis, dass die AST - zusammen mit fünf weiteren Bewerbern - nicht zu den Bewerbern gehörte, die ausgelost und im Fortgang des Verfahrens zu Verhand-lungen über ihre Angebote und Angebotsinhalte durch die VST aufgefordert worden sind. Ebenso wie die weiteren nicht zum Verhandlungsverfahren aufgeforderten Bewerber und die daran beteiligten weiteren zwei Bieter, erhielt die AST mit Schriftsatz vom 14.10.2010, per Fax am gleichen Tage eingegangen, von der VST u. a. auch die Mitteilung, dass ihr Teil-nahmeantrag im Verhandlungsverfahren 2010 / S 126-193345 als Ergebnis der Auswahl nach § 10 Abs. 3 VOF nicht weiter habe berücksichtigt werden können (Bl. 301 f.) Mit ihrem Schriftsatz vom 18.10.2010, bei der VST eingegangen per Fax am 19.10.2010, rügte die AST das Vergabeverfahren der VST „gemäß § 107 Abs. 3 GWB“ mit folgender Be-gründung (Bl. 344-348 der Vergabeakte der VST):

„1. den beabsichtigten Vertragsabschluss mit der Fa. Xxxxx, 2. die Durchführung des Auswahlverfahrens ohne Bekanntgabe der angewandten Kriterien, 3. die Durchführung eines Losverfahrens, hilfsweise sofern die Voraussetzungen eines Losver-

fahrens tatsächlich gegeben sein sollten, die Begrenzung der gelosten Teilnehmer, die zur Angebotsabgabe aufgefordert wurden, auf nur drei statt fünf,

4. die Vermengung von Eignungs- und Zuschlagskriterien bei der Entscheidung über die Auf-tragsvergabe,

5. die nicht rechtzeitige Mitteilung nach § 10 Abs. 5 VOF.“ Die AST forderte die VST zudem dazu auf:

„1. die Kriterien einschließlich etwaiger Unterkriterien zu nennen, anhand derer die drei Wirt-schaftsteilnehmer ermittelt wurden,

2. die Wertungsmatrix aller angewandten Kriterien mitzuteilen, 3. die Bewertung unseres Teilnahmeantrages anhand dieser Bewertungsmatrix mitzuteilen, 4. die Punkteverteilung an die anderen – falls notwendig anonymisierten – Teilnehmer mitzu-

teilen, 5. nachzuweisen, dass die Voraussetzungen eines Losverfahrens nach § 10 Abs. 3 VOF erfüllt

waren, 6. unseren Teilnahmeantrag vergaberechtskonform zu werten und uns zur Angebotsabgabe/Teil-

nahme aufzufordern, 7. zumindest zuzusichern, den Vertrag bei Nichtabhilfe dieser Rüge und/oder nicht vollständiger

Informationserteilung vor Ablauf von 10 Tagen nach Zugang Ihres Antwortschreibens zu schließen.“

Mit ihrem Schriftsatz vom 19.10.2010 (a. a. O., Bl. 350 f.) machte die AST gegenüber der VST weitere Rügegründe, die Vorbefassung der BEI betreffend, geltend. Die VST hat den Rügen der AST in zwei Schriftsätzen ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 20. und 21.10.2010 (Bl. 353-358 und Bl. 359 f.) nicht abgeholfen. Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 22.10.2010 stellte die AST noch am gleichen Tag bei der Vergabekammer einen Nachprüfungsantrag. Dieser Nachprüfungsan-trag wurde der VST ebenfalls noch an diesem Tag, aufgrund eines entsprechenden Be-schlusses der Vergabekammer, zur Kenntnis gegeben. Mit Beschluss der Vergabekammer vom 27.10.2010 erfolgte die Beiladung der Firma Xxxxx Projektmanagement Gesellschaft Xxxxx mbH, Xxxxx.

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Mit Schriftsatz der Vergabekammer, ebenfalls vom 27.10.2010, wurden die Verfahrensbe-teiligten aufgefordert sich zu der Absicht der Vergabekammer, nach Lage der Akten eine Entscheidung treffen zu wollen und auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung zu verzichten, zu erklären. Unter Bezugnahme auf die dazu den Verfahrensbeteiligten mit übersandte Bewertungsma-trix und die so dokumentierten, offensichtlich eindeutigen Ergebnisse bei der Anwendung der Kriterien durch die VST, sollten sich Beteiligten am Nachprüfungsverfahren zu dem beab-sichtigten Verzicht erklären. Die AST hat einem Verzicht auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung nicht zuge-stimmt. Sie hat vielmehr substantiierte Einwendungen zu dem Ergebnis der Bewertung der Vermögensschadenhaftpflichtversicherung und der Bewertung der Benennung des Anteils der Untervergabe durch die VST erhoben. Die Möglichkeit, dass die AST mit dem von der VST durchgeführten Vergabeverfahren dadurch in ihren Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB verletzt sein könnte, ist damit nicht zweifelsfrei auszuschließen. Die mündliche Verhandlung hat am 16.11.2010 stattgefunden. Hinsichtlich ihres Inhalts und der dort gefundenen Ergebnisse wird auf die Verhandlungsniederschrift verwiesen und Be-zug genommen. Die AST trägt zur Begründung ihres Nachprüfungsantrages, über die dazu bereits mitge-teilten Rügegründe hinaus, weitergehend vor: • Ihr Nachprüfungsantrag sei zulässig und auch begründet. • Die VST habe ein unzulässiges Losverfahren durchgeführt. Dieses Losverfahren sei in

der Bekanntmachung nicht mit hinreichender Klarheit und Transparenz erwähnt wor-den.

• Tatsächlich habe die VST keine ordnungsgemäße Prüfung und Wertung und keine ob-jektive Auswahl nach objektiven Kriterium unter gleich qualifizierten Bewerbern vorge-nommen. Dies sei erkennbar an der unzulässigen Vermengung von Eignungs- und Zuschlagskriterien in Ziffer IV.2.1 der Bekanntmachung.

• Hilfsweise: Wenn die unter III.2. in der EU-Bekanntmachung stehenden Teilnahme-bedingungen wertbare Eignungskriterien beinhalten sollten, wäre eine entsprechende Abstufung anhand der Angebote jedes Teilnehmers im Rahmen der Eignungsprüfung durchzuführen gewesen.

• Wenn die vorgelegten Eignungsnachweise objektiv und im Hinblick auf die Auswahl des „geeignetsten Bewerbers“ gewertet worden wären, wären zwangsläufig unter-schiedliche Ergebnisse bei den einzelnen Teilnehmern herausgekommen. Dann läge gerade nicht der Fall des § 10 Abs. 3 VOF vor, das mehrere Bewerber gleichermaßen die Anforderungen erfüllten.

• Die AST habe aus dem Transparenzgrundsatz des § 97 GWB und aus § 10 Abs. 2 VOF einen Anspruch auf Bekanntgabe der zugrunde gelegten Eignungskriterien und auch deren Gewichtung. Das Verfahren der VST sei vielmehr nicht transparent durch-geführt worden.

• Zur Wahrung der Transparenz des Verfahrens sei die nachträgliche Aufstellung einer Wertungsmatrix nur dann zulässig, wenn objektive Gründe die VST behindert haben, vorab eine Wertungsmatrix aufzustellen.

• Hilfsweise: Wenn das Losverfahren zulässig sein sollte, hätten mindestens fünf der Wettbewerbsteilnehmer gelost werden müssen.

• Der Informationsvorsprung der BEI sei nicht durch die VST ausgeglichen worden. • Die von der VST verwendete Bewertungsmatrix verstoße gegen materielles Recht. Sie

sei erst nach Vorlage der Teilnahmeanträge aufgestellt worden. • Die Bewertungsmatrix behandele Ungleiches gleich. Sie sei damit willkürlich, weil sie

den unterschiedlichen Grad der Eignung der Teilnehmer nicht diskriminierungsfrei be-rücksichtigt habe.

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• Hilfsweise: Es sei anhand der vorgelegten Nachweise eine Abstufung bei weiteren, als den Punkten Unterauftragsvergabe, den Versicherungen und bei den Referenzen, aus-weislich der Bekanntmachung, vorzunehmen gewesen. Dies habe die VST unterlas-sen.

• Die Bewertungsmatrix sei falsch angewendet worden. Die VST habe den Teilnahme-antrag der AST nämlich in beiden Punkten „Vermögensschadenhaftpflichtversicherung“ und „Benennung Anteil Unterauftragsvergabe“ falsch, nämlich ungerechtfertigt mit ei-nem Punktabzug zu gering bewertet.

• Die Anzahl der am Losverfahren beteiligter Bewerber sei vergaberechtswidrig. • Es stelle einen gravierenden Verfahrensfehler dar, dass die Teilnahmeanträge den

Rahmen der Eignungsprüfung vorgegeben haben sollen. • Die VST habe mehrmals gegen die Dokumentationspflicht bei der Aufstellung der Be-

wertungsmatrix, der Niederschrift über das Losverfahren und die Punkteverteilung bei der Eignungsprüfung verstoßen.

Die AST beantragt:

1. Die Vergabestelle wird angewiesen, unter Berücksichtigung der Rechtsauffas-sung der Vergabekammer das Auswahlverfahren zu wiederholen, dabei den Informationsvorsprung der Beigeladenen im Vergabeverfahren auszugleichen, ansonsten hilfsweise die Beigeladene auszuschließen;

2. die Kosten des Verfahrens, einschließlich der zu der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragsstellerin, der Ver-gabestelle aufzuerlegen;

3. die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin für notwendig zu erklären.

Die VST beantragt:

1. den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen; 2. der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der

zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Vergabestelle aufzuerlegen; 3. die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Vergabestelle für not-

wendig zu erklären. Sie begründet ihren Antrag damit, dass • das von der VST durchgeführte VOF-Verfahren umfassend den vergaberechtlichen

Anforderung entsprochen habe und deshalb rechtmäßig sei. • Die VST habe im vorlaufenden Teilnahmewettbewerb die fachliche Eignung anhand

einer nachträglichen gewichteten Bewertung der eingereichten Referenzen geprüft und so die bestgeeigneten Bewerber zum weiteren Verfahren zugelassen.

• Auch das aufgrund einer hohen Anzahl an gleichermaßen geeigneten Bewerbern durchgeführte Losverfahren sei rechtmäßig, transparent gewesen und habe der Wah-rung der Chancengleichheit aller geeigneten Bewerber gedient.

• Die BEI habe, aufgrund ihrer Vorbefassung im Rahmen der Fördermittelbeantragung, über keine weiteren vergaberelevanten, über den Kenntnisstand anderer Bewerber hinausgehenden Informationen verfügt.

• Die AST sei - was erstmals im Nachprüfungsverfahren geltend zu machen war und anders noch im Ergebnis des Teilnahmewettbewerbs wiedergegeben - zwingend auszuschließen.

Die BEI beantragt:

1. den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen; 2. der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der

zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Beigeladenen aufzuerlegen;

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3. die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Beigeladenen für not-wendig zu erklären.

Die BEI begründet ihren Antrag damit, • dass die VST in ihrem Schriftsatz vom 05.11.2010 zutreffend darauf hingewiesen habe,

dass die Antragstellerin zwingend ausgeschlossen werden muss. Die BEI mache sich das diesbezügliche Vorbringen zu eigen. Die AST habe somit keine Chance, den Zuschlag zu erhalten.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf die dazu gewechselten Schriftsätze der Ver-fahrensbeteiligten verwiesen und insoweit auch Bezug genommen. Sie waren, ebenso wie die Vergabeakte der VST und die Bewerbungen bzw. Angebote der Bewerber/Bieter, Gegen-stand und Inhalt der Entscheidungsfindung durch die Kammer. 2. Schwellenwert und Zuständigkeit der Vergabekammer Die Zuständigkeit der Vergabekammer Freistaat Thüringen beim Thüringer Landesverwal-tungsamt Weimar zur Nachprüfung des streitgegenständlichen Vergabeverfahrens ist im vor-liegenden Falle gegeben (§§ 102, 104 Abs. 1, 2. Halbsatz und §§ 106a Abs. 2 und 3, 98 - 100, 127 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB -, neugefasst durch die Bekanntmachung vom 15.07.2005 (BGBl I, S. 2114), zuletzt geändert durch Art. 13 Abs. 21 des Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts vom 25.05.2009 (BGBl. I, S. 1102) i. V. m. §§ 2 Abs. 1 und 1 der Thüringer Vergabekammerverordnung - ThürVkVO - vom 10.06.1999 (GVBl. S. 417) und §§ 1- 4 der Vergabeverordnung - VgV in der Fassung der Bekanntmachung vom 11.02.2003 (BGBl. I S. 169), zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 07.06.2010 (BGBl. I 2010, S. 724). 2.1 Die VST, als eine juristische Person des privaten Rechts, deren einziger Gesell-schafter der Freistaat Thüringen ist, ist öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB. Nach § 98 Nr. 2 GWB sind juristische Personen auch des privaten Rechts dann öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 98 GWB, wenn sie zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, um im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen. Das soll dann der Fall sein, wenn sie von Stellen, die unter Nummer 1 – hier: der Freistaat Thüringen - oder 3 der genannten Vorschrift fallen, einzeln oder gemeinsam durch Beteili-gung oder auf sonstige Weise überwiegend finanziert werden oder diese über ihre Leitung die Aufsicht ausüben oder mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäfts-führung oder zur Aufsicht berufenen Organe bestimmt haben. Das Gleiche gilt auch dann, wenn die Stelle, die einzeln oder gemeinsam mit anderen deren überwiegende Finanzierung gewährt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht beru-fenen Organs bestimmt hat, unter Satz 1 der Vorschrift fällt. Die VST ist mit ihren Kernaufgaben, zu denen u. a. auch die Aufgaben der „Stadt- und Re-gionalentwicklung“ und die „Entwicklung, Verwaltung und Vermarktung von industriellen Alt-standorten“ gehören, ein öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB. 2.2 Bei dem ausgeschriebenen Dienstleistungsauftrag der Dienstleistungskategorie Num-mer 12, CPV-Nr. 71000000: „Projektsteuerungsleistungen für die Erschließung Industrie-gebiet ’Xxxxx Xxxxx’ Xxxxx/Xxxxx (Az. 2010/S 126-193345)“ handelt es sich auch um einen öffentlichen Auftrag im Sinne des § 99 Abs. 1 und Abs. 4 GWB. 2.3 Der Anwendungsbereich dieses Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschrän-kungen ist nach den §§ 100 Abs. 1, 127 GWB i. V. mit § 2 VGV eröffnet.

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Eine Ausnahme vom Anwendungsbereich dieses Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbs-beschränkungen nach § 100 Abs. 2 GWB ist im vorliegenden Falle nicht zu machen. Der nach § 2 Nr. 2 VgV derzeit geltende Schwellenwert in Höhe von -netto- 193.000 € für öffentliche Dienstleistungsaufträge (Projektsteuerungsleistungen) ist mit dem durch die VST ausgeschriebenen öffentlichen Auftrag im Hinblick auf die geschätzten Investitionskosten in Höhe von ca. 16,6 Mio. € auf jeden Fall überschritten. 2.4 Die Zuständigkeit der Vergabekammer Freistaat Thüringen ergibt sich im streitgegen-ständlichen Falle aus § 104 Abs. 1, 2. Halbsatz und § 106a Abs. 3 GWB, da der voraus-sichtliche Gesamtauftragswert der ausgeschriebenen Projektsteuerungsleistungen, unter Be-rücksichtigung der von der Vergabestelle geschätzten Summe, weit über dem dafür verordneten Schwellenwert in Höhe von 193.000 € liegt. 2.5 Da damit der maßgebliche Schwellenwert nach § 2 Nr. 2 VgV i. V. m. § 1 VOF in Höhe von 193.000 € erreicht und weit überschritten wird und die Vergabestelle ein öffent-licher Auftraggeber gem. § 98 Nr. 2 GWB aus dem Freistaat Thüringen ist, ist gemäß § 100 Abs. 1 und § 104 Abs. 1 und § 106a Abs. 3 GWB und § 2 Abs. 1 ThürVkVO die Zu-ständigkeit der Vergabekammer Freistaat Thüringen zur Nachprüfung des von der VST durchgeführten Vergabeverfahrens gegeben. 3. Die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages Der Nachprüfungsantrag der AST ist zulässig. Nach § 107 Abs. 1 GWB leitet die Vergabekammer ein Nachprüfungsverfahren nur auf An-trag ein. Hinsichtlich ihres am 22.10.2010 gestellten Nachprüfungsantrages, ist die AST ist auch an-tragsbefugt. Nach § 107 Abs. 2 GWB ist jedes Unternehmen antragsbefugt, das ein Interesse am Auftrag hat und das mit ihrem Nachprüfungsantrag eine Verletzung in ihren Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dazu hat die AST dann auch darzulegen, dass ihrem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Ver-gabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Die AST hat sich um die Teilnahme am Verhandlungsverfahren über die ausgeschriebenen Projektsteuerungsleistungen beworben und damit auch ihr Interesse an diesem Auftrag be-kundet. Die AST hat substantiiert die Möglichkeit der Rechtsverletzung in ihren Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB, sowohl gegenüber der VST, als auch mit ihrem Nachprüfungsantrag geltend gemacht. Ein ihr drohender Schaden, der hier in dem entgangenen Auftrag bestehen würde, kann damit nicht von der Hand gewiesen werden. Die Antragsbefugnis der AST war daher zu bejahen, zumal Zweifel an der Rechtzeitigkeit der gegenüber der VST mit ihren Schreiben vom 18. und 19.10.2010 erhobenen Rügen des Vergabeverfahrens, hier des durchgeführten Teilnahmewettbewerbes, nicht veranlasst sind. Der Nachprüfungsantrag der AST war zulässig.

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4. Die Begründetheit des Nachprüfungsantrages Der Nachprüfungsantrag der AST ist in der Sache auch begründet. Mit dem von der VST durchgeführten Vergabeverfahren (Verhandlungsverfahren mit voran-gehendem Teilnahmewettbewerb, § 3 Abs. 1 VOF) wird die AST in ihrem subjektiv-öffent-lichrechtlichen Anspruch auf Einhaltung der Vergabevorschriften gemäß § 97 Abs. 7 GWB verletzt. Indem die VST mit ihrer Bewertung der Bewerbung der AST nicht alle von der AST dazu verpflichtend mitzuteilenden und auch mitgeteilten Tatsachen berücksichtigt hat, ver-letzt dieser Mangel des Teilnehmerwettbewerbs die AST in ihrem Recht auf Gleichbehand-lung aller Bewerber, wie dieser Mangel auch eine Verletzung der Pflicht der VST zur voll-ständigen Dokumentation (§ 12 Abs. 1 VOF) darstellt. 4.1 Die von der VST unberücksichtigt gebliebene Tatsache, dass die AST mit ihrer Be-werbung gleichzeitig auch erklärt hat, dass eine „Untervergabe“ ausgeschriebener Projekt-steuerungsleistungen oder Teile derselben nicht vorgesehen ist, findet ihren Niederschlag nicht in der Bewertung dieses Kriteriums mit dem Ergebnis „0 Punkte“. 4.1.1 Mit der in der Vergabeakte dokumentierten Bewertungsmatrix (Bl. 23) „Kriterien für Auswahl der Bewerber (Stufe 1)…“, wird hinsichtlich des Merkmals

„technische Leistungsfähigkeit (Pkt. III.2.3 der Bek.)“ und dort zum („Unter-“) Kriterium

„Benennung Anteil Unterauftragsvergabe“

und dem („Unter-“) Kriterium

„Bennennung Unterauftragsvergabe Subunternehmer“,

die jeweils weitere Angabe „Punkte 1“ und „VOF § 5 (5) h)“

gemacht. Diese Angaben waren schließlich auch mit dem Zusatz versehen:

„ohne Untervergabe → 1 Punkt“ (und) „mit Untervergabe → 0,5 Pkt.“

4.1.2 Die Bewerbung der AST, d. h. jeweils für beide Mitglieder der BG, enthielt zu diesem („Unter-“) Kriterium die folgenden Angaben und trifft damit eine eindeutige Aussage sowohl zu dem („Unter“-) Kriterium

„Benennung Anteil Unterauftragsvergabe“

wie auch dem („Unter-“) Kriterium

„Bennennung Unterauftragsvergabe Subunternehmer“, wenn sie im Anschreiben zu dieser Bewerbung (Seite 4) ausführt:

„3.3.4 Nachweis der fachlichen Eignung nach VOF § 5 (5) f und h (Gewährleistung Qualitäts-kontrolle und Unterauftragsvergabe)

… Wir erklären hiermit, dass eine Weitergabe von Teilleistungen des potenziellen Auftrages an Dritte im Rahmen von Unteraufträgen nach derzeitigem Kenntnisstand nicht vorgesehen ist“ (Hervorhebung durch die AST).

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Die Bewerbung der AST erhielt bei dem Kriterium „Benennung Anteil Unterauftragsvergabe“ keine Punkte („0 Pkte.“) in der durch die VST erfolgten Bewertung. 4.1.3 Die in dieser Erklärung der AST enthaltenen (zwei) Erklärungen haben in der Punkte-bewertung der Bewerbung der AST im Teilnahmewettbewerb durch die VST keinen Nieder-schlag mit dem von ihr dazu ausgewiesenen Ergebnis: „0 Punkte“ gefunden. Die durchge-führte Bewertung entspricht damit nicht der Vorgabe der durch die VST für verbindlich erklär-ten „Bewertungsmatrix“. Bei ordnungsgemäßer Anwendung der Bewertungsmatrix wäre die Bewerbung der AST vielmehr bei diesem Auswahlkriterium, statt mit den tatsächlich vergebenen „0 Punkten“, richtigerweise mit „einem Punkt“ zu bewerten gewesen. Mit dem damit festgestellten Mangel leidet die Auswahl der Bewerber (§ 10 VOF) durch die VST unter einem Fehler, der auch Einfluss auf die durch die VST getroffene Auswahlentscheidung selbst hat bzw. hätte haben müssen. Im Ergebnis der von ihr durchgeführten Bewertung der Bewerbungen kamen im Auswahl-verfahren schließlich neun Bewerber auf jeweils „38 Punkte“. Darunter war auch die Bewer-bung der AST. Mit der Berücksichtigung des festgestellten Mangels müsste die Aussage für die AST aber richtigerweise auf „39 Punkte“ lauten. Der Fortgang des Verfahrens hätte also, die weiteren Ergebnisse der Bewertungen der Bewerbungen durch die VST als richtig und auch tatsächlich zutreffend unterstellt, ein anderer sein müssen. Die Auswahl der zu den weiteren Verhandlungen über die Abgabe eines Angebot aufzufordernden Bewerber hätte eine andere sein müssen. 4.1.4 Die VST kann sich im Nachprüfungsverfahren aber auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die AST von der Bewerbung zwingend auszuschließen gewesen wäre. Ein „geheimer Vorbehalt“ ist jedenfalls in der Erklärung der AST nicht zu sehen, indem sie die Erklärung zur Untervergabe von Aufträgen mit dem Zusatz versehen hat, dass „nach der-zeitigem Kenntnisstand“ eine solche nicht vorgesehen ist. Die durch die AST abgegebene Erklärung ist vielmehr eindeutig. Die Ausxxxxxung dieser Erklärung aufgrund dieses Zusatzes ist daher nicht veranlasst. Die VST mag sich erklären und den Nachweis dazu führen, worin der „geheime Vorbehalt“ in der Erklärung der AST liegen soll. Schließlich liegt es nicht in der Macht der AST, sich nach einer Auftragserteilung durch die VST, und dann ohne deren Zustimmung, einfach Unterauftragnehmern bedienen zu können. 4.1.5 Die von der VST durchgeführte fehlerhafte Bewertung der Bewerbung der AST hat diese in ihren Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB auf Einhaltung der Vergabevorschriften, dem Recht aus § 97 Abs. 1 GWB auf Durchführung eines transparenten Vergabeverfahrens, wie auch in ihrem Recht auf Gleichbehandlung aller Bewerber (§ 97 Abs. 2 GWB), als Ver-pflichtung der VST zu einer gleichmäßigen Bewertung aller Bewerbungen, verletzt. Die Un-gleichbehandlung liegt hier darin begründet, dass die fehlende Berücksichtigung geforder-ter, von der AST auch abgegebener Erklärungen durch die VST gleichzeitig auch ihre Un-gleichbehandlung gegenüber den übrigen Bewerbern bedeutet. Dieser Mangel führte auch dazu, dass eine Verletzung der Pflicht zur vollständigen Doku-mentation des Verfahrens (§ 12 VOF) festzustellen war. Schließlich hat die VST Tatsachen in ihrer Bewertung der Bewerbung der AST nicht berücksichtigt, obwohl die Abgabe dieser Erklärungen, für verbindlich erklärt, von ihr zu berücksichtigen war (§ 12 Abs. 1 VOF). Das von der VST durchgeführte Vergabeverfahren war daher rechtswidrig und verletzt die AST in ihren Rechten. Der Nachprüfungsantrag erweist sich als erfolgreich. Der Nach-prüfungsantrag der AST war insoweit begründet.

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4.2 Die AST kann sich darüber hinaus auch mit Erfolg darauf berufen, dass auch die Punktevergabe bei dem Eignungskriterium „Vermögensschadenshaftpflichtversicherung“ unzutreffend, weil rechtswidrig sei und die VST sie damit in ihren Rechten verletzt habe. Eine Rechtsverletzung der AST musste auch insoweit festgestellt werden. 4.2.1 Der Abschnitt III „Ziffer III.1“ der Vergabebekanntmachung umfasste die Bedingungen für den Auftrag. Unter Ziffer III.1.1 „Geforderte Kautionen und Sicherheiten“ war durch die Bewerber u. a. Nachweis zu führen über: „a) Haftpflichtversicherung für Personenschäden: 2.500.000 EUR; b) Haftpflichtversicherung für Sachschäden: 2.500.000 EUR; c) Vermögensschadenhaftpflichtversicherung: 2.500.000 EUR; d) …“ Die in der Vergabeakte dokumentierte Bewertungsmatrix (Bl. 23) „Kriterien für Auswahl der Bewerber (Stufe 1)…“ enthielt hinsichtlich des Kriteriums

„wirtschaftliche Leistungsfähigkeit“

auch das („Unter-“) Kriterium „Vermögensschadenhaftpflichtversicherung“

sowie die weiteren Angaben „Punkte 1“ (und) „VOF § 5 (4) a)“.

4.2.2 Die Bewerbung der AST, d. h. jeweils für beide Mitglieder der BG, enthielt zu diesem („Unter-“) Kriterium die folgenden Angaben, Aussagen und Nachweise: • Zum Nachweis der „Haftpflichtversicherung“ eine „Bescheinigung“ ihres Versicherungsunter-

nehmens mit den weiteren Angaben:

„… Die Deckungssummen betragen EUR 2,5 Mio. für Personenschäden EUR 2,5 Mio. für sonstige Schäden (Sach- und Vermögensschäden). Die Gesamtleistung für alle Versicherungsfälle eines Versicherungsjahres beträgt das Zwei-fache dieser Deckungssummen …“

Die Bewerbung der AST erhielt hinsichtlich des Kriteriums „Vermögensschadenhaftpflichtver-sicherung“ in der Bewertung durch die VST keine Punkte („0 Pkte.“) 4.2.3 Die Feststellung durch die VST, dass die AST den Nachweis der Vermögensscha-denhaftpflichtversicherung mit ihrer Bewerbung nicht geführt hat, war aber zu beanstanden. Der von der AST vorgexxxxxte Versicherungsnachweis erfüllt nicht die Anforderungen der VST an den Nachweis der geforderten Vermögensschadenhaftpflichtversicherung in einer Höhe von 2.500.000 €. Schließlich hatte die AST damit nur den Nachweis geführt, dass für „sonstige Schäden (Sach- und Vermögensschäden)“ die so versicherte Deckungssumme auf insgesamt nur 2.500.000 € lautete. Damit deckt sich der vorgexxxxxte Nachweis nicht mit dem Inhalt des von den Bewerbern geforderten Nachweises. Die VST hat mit dieser Feststellung aber eine fehlerhafte Bewertung der Bewerbung der AST vorgenommen. Denn sie hat dabei übersehen, dass die „Bedingungen für den Auftrag – Geforderte Kautionen und Sicherheiten“ (Ziffer III.1.1) nicht selbst „Teilnahmebedingungen“

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darstellten. Diese „Bedingungen“ hat die VST daher auch nur insoweit zu ihrem Gegenstand gemacht, als mit Ziffer III.2.2 Buchstabe b) der Bekanntmachung allein

„(der) Nachweise zur finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gemäß VOF § 5 (4) a) – (Berufshaftpflicht oder Bankerklärung).“

gefordert war. Damit hat die VST zum Nachweis der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit al-ternativ den Nachweis der Berufshaftpflicht „oder“ die Vorlage einer Bankerklärung gemacht. Während die AST die geforderte Bankerklärung vorgelegt hat, durften darüber hinaus die einzelnen Teile einer Berufshaftpflichtversicherung selbst nicht zum Gegenstand und Inhalt einer Bewertungsmatrix gemacht werden. Als „Bedingungen“ für einen (später zu vergeben-den) Auftrag stellten diese hierbei keine Eignungskriterien dar, die als solche zur Grundlage einer Auswahl der Bewerber, die dann zur Verhandlung aufzufordern waren, hätte dienen können. Trotzdem hat die VST diese „Bedingungen für den Auftrag“ zum Gegenstand ihrer Bewerber-auswahl gemacht. Damit beruht bereits die von ihr dazu verwendete Bewertungsmatrix auf einem Mangel, der das Auswahlverfahren rechtswidrig macht. 4.2.4 Somit ist die VST allerdings auch nicht damit zu hören, wenn sie (nunmehr und erst-malig) im Nachprüfungsverfahren geltend macht, dass die AST wegen des Fehlens des Nachweises einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung in Höhe von 2.500.000 €, und damit mit ihrer Bewerbung wegen des Fehlens von geforderten Kautionen und Sicherheiten als Bedingungen für den Auftrag (Ziffer III.1 mit III.1.1), tatsächlich zwingend von dem weiteren Vergabeverfahren auszuschließen gewesen sei und ausgeschlossen werden müsse. Dafür entbehrt es hier – wie bereits festgestellt - an jeglicher Grundlage. Darüber hinaus ist die VST daran zu erinnern, dass ihre Forderung auch ein in sich widersprüchliches Verhalten darstellen würde. Erstens hat die VST bei den eingegangen Bewerbungen, anhand einer von ihr aufgestellten Bewertungsmatrix, das Fehlen von Erklärungen und Nachweisen einheitlich mit „0 Punkten“ bewertet. Die VST hat also keinen der Bewerber ausgeschlossen, dem sie mit der Vergabe von 0 Punkten das Fehlen einzelner (zwingend) geforderter Nachweise und Erklärungen bestätigt hat. Zum Zweiten ist das Fehlen von „zwingend nachzuweisenden“ Erklärungen und Nachweisen in der Bekanntmachung nicht mit dem Verdikt des Ausschlusses vom Teil-nahmewettbewerb versehen worden. Zum Dritten hat die VST überhaupt übersehen, dass § 5 Abs. 3 VOF ihr die Möglichkeit gibt, die Bewerber aufzufordern, die ihrer Bewerbung feh-lenden Erklärungen und Nachweise für den Nachweis der Eignung, die sie bis zum Ablauf der Bewerbungsfrist nicht abgegeben haben, nunmehr bis zum Ablauf einer von ihr zu bestimmenden Nachfrist nachzureichen. Den ihr damit eingeräumte Beurteilungsspielraum hat die VST gar nicht gesehen. Jedenfalls ist eine Entscheidung für oder gegen eine Anforderung bisher fehlender Erklärungen und Nachweise im Rahmen einer Ermessensent-scheidung weder in der Vergabeakte dokumentiert, noch hat diese Frage ihren Niederschlag im Vergabevermerk gefunden. Indes kommt es hier darauf nicht an. Das Vergabeverfahren der VST bleibt rechtswidrig. Die Notwendigkeit eines Ausschlusses der Bewerbung der AST ist nicht nachgewiesen. 4.2.5 Eine Rechtsverletzung der AST durch die VST war aber letztendlich auch in diesem Falle festzustellen. Die AST hat den von der VST geforderten Nachweis über das Bestehen einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung mit einer Deckungssumme in Höhe von 2,5 Mio. € bisher zwar nicht erbracht. Dies rechtfertigt es im gegenwärtigen Verfahrensstand aber nicht, den Ausschluss der AST mit ihrer Bewerbung vom weiteren Fortgang des Ver-gabeverfahrens auszusprechen oder gar anzuordnen.

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Selbst wenn aber tatsächlich davon auszugehen gewesen wäre, dass die VST diese Ele-mente der von ihr „für den (späteren) Auftrag“ zu erfüllenden „Bedingungen“ auch als „Eignungskriterien“ für die Auswahl der Bewerber hätte verwenden dürfen, erweist sich das durchgeführte Vergabeverfahren auch insoweit als fehlerhaft und rechtswidrig. Schließlich hat es die VST bisher auch unterlassen, eine Entscheidung in der Frage zu treffen, ob sie, wie von ihr gefordert, für die von ihr mit dem Zusatz „zwingend nachzuweisen“ bezeichneten Eignungskriterien in den Fällen ihres Fehlens in den Teilnahmeanträgen einzelner oder gar aller Bewerber, diesen eine weitere Frist zur Nachweisführung einräumt oder nicht. Nur in dem zweiten Falle führte eine von ihr noch zu treffende Entscheidung dann dazu, dass alle die Bewerber auszuschließen wären, für die die VST das Fehlen zwingend geforderter Erklärungen, bisher ausgewiesen mit „0 Punkten“ in der Bewertung der Teilnahmeanträge, festgestellt hat. In dem Falle, dass von ihr die Entscheidung getroffen würde, die bisher fehlenden Erklärungen und Nachweise zum Gegenstand einer Anfor-derung, verbunden mit einer bestimmt bezeichneten Nachfrist, zu machen, wäre der Aus-schluss für solche Bewerbungen auszusprechen, die trotzdem weiterhin unvollständig bleiben würden. Für die Bewertung solcher Angebote mit lediglich „0 Punkten“ ist in der von der VST aufgestellten Bewertungsmatrix und in ihrer Anwendung kein Raum gegeben. 4.3 Die AST kann sich hingegen nicht erfolgreich darauf berufen, dass die Kriterien für die Auswahl der Bewerber einschließlich ihrer Gewichtung bereits in der Bekanntmachung anzugeben waren. Eine Bekanntgabe der Gewichtung der Eignungskriterien ist mit der Bekanntmachung des Dienstleistungsauftrags nicht erfolgt. Sie brauchte dort auch nicht zu erfolgen, weil die VST die Gewichtung dieser Kriterien erst nach Ablauf der Teilnahmefrist mit dem Vorliegen der Teilnahmeanträge vorgenommen haben will. Nach § 10 Abs. 1 VOF wählt die VST (der Auftraggeber) unter den Bewerbern, die nicht aus-geschlossen wurden und die die Eignungskriterien (Fachkunde, Zuverlässigkeit und Leis-tungsfähigkeit) erfüllen, diejenigen aus, die sie zur Teilnahme auffordert. Dazu sind die zur Auswahl zugrunde gelegten Eignungskriterien und die erforderlichen Erklärungen und Nach-weise bereits in der Bekanntmachung zu benennen (§ 10 Abs. 2 VOF). Im Gegensatz zu der Bekanntmachung der Zuschlags- und Auftragskriterien (§ 11 Abs. 4 Satz 1 und 2 VOF) ist die VST hierbei grundsätzlich nicht verpflichtet, die Gewichtung der Eignungskriterien bereits in der Bekanntmachung anzugeben. Etwas anderes soll nach der h. M. in der Rechtsprechung (vgl. dazu nur OLG München, Beschluss vom 28.04.2006 - Verg 6/06 -, VergabeR 2006, S. 914 ff. (922) m. w. N. und OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.10.2003 - Verg 43/03 -, VergabeR 2004, 100 m. w. N.) nur dann gelten, wenn die VST (der Auftrageber) entsprechende Regeln bereits vor der Vergabebekanntmachung festgelegt hatte. Dann soll sie nach der h. M. in der Rechtsprechung nicht nur die Kriterien selbst, sondern auch deren Gewichtung mitzuteilen haben. Auch die Europäischen Richtlinien enthalten schließlich keine Pflicht der VST, vorab für die Auswahl der Teilnehmer eine Bewertungsmatrix zu erstellen und mitzuteilen. Aus dem Grundsatz der Transparenz des Vergabeverfahrens folgt lediglich, dass der Bewerber die Kriterien erkennen kann, die die VST für ihre Auswahlentscheidung zugrunde legt, nicht aber dass er von vornherein jede Einzelheit der beabsichtigten Auswahlentscheidung voraus-sehen kann. Im vorliegenden Falle hatte die VST mit den Auftrags- (Ziffer III.1) und Teilnahme-bedingungen (Ziffer III.2) ihre Kriterien über die Auswahl der Teilnehmer festgelegt und bekannt gemacht. Die Gewichtung dieser Kriterien (Punkte) hat die VST dabei nicht bekannt gegeben. Nach ihrem eigenen Vorbringen konnte die VST diese Gewichtung der Eignungs-kriterien in der Bekanntmachung auch deshalb nicht angeben, weil sie die Festlegung ihrer

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Gewichtung erst nach Eingang der Teilnahmeanträge, also nach Ablauf der Teilnahmefrist am 6.08.2010, 12:00 Uhr, getroffen haben will. Eine Rechtsverletzung der AST war für diesen Rügegrund – die unterbliebene Bekannt-machung der Eignungskriterien und ihre Gewichtung - damit nicht festzustellen. Der Nach-prüfungsantrag konnte nicht erfolgreich auf einen solchen (behaupteten) Mangel des Ver-gabeverfahrens der VST gestützt werden. Insoweit war der Antrag der AST also unbegrün-det. 4.4. Dagegen ist eine Rechtsverletzung der AST durch das Auswahlverfahren darin be-gründet, dass die VST die Bewertungsmatrix nach ihrem eigenen Vorbringen, dokumentiert in den Vergabeakten wie auch dem Vergabevermerk (Bl. 26 f., vgl. dazu auch die Ausführun-gen der VST in ihrem Vergabevermerk, Bl. 3-5), erst

„… Vor dem Hintergrund der eingehenden Teilnahmeanträge bzw. der projektspezifischen Rahmenbedingungen …“

aufgestellt haben will. Hier kommt zum Ausdruck, dass die VST erst mit dem Eingang der Teilnahmeanträge, bzw. der eingehenden Teilnahmeanträge, die Bewertungsmatrix aufge-stellt, d. h. ihre Inhalte festgelegt hat. Ein solcher Zeitpunkt ist für die Aufstellung einer Bewertungsmatrix aber verspätet. Die Auf-gabe einer „Bewertungsmatrix“ ist, vor dem Hintergrund der auch inhaltlich bekannten Teil-nahmeanträge bzw. mit der Möglichkeit zu ihrer Kenntnisnahme, nicht mehr zu erfüllen, die Funktion einer Matrix für die Bewertung von Teilnahmeanträgen sicher zu stellen. Die Un-abhängigkeit der durch die VST festgelegten Auswahlkriterien von den Inhalten der Bewer-bungen ist damit nicht mehr gegeben. Deshalb kommt es hier auch nicht darauf an, dass die Vertreter und Beauftragen der VST nach ihren Ausführungen in der mündlichen Verhandlung die Bewertungsmatrix tatsächlich bereits vor dem Eingang der Teilnahmeanträge aufgestellt haben wollen. Dem ist hierbei entgegenzuhalten, dass der Vergabevermerk und die weiteren Inhalte der Vergabeakte eine eindeutig andere Sprache sprechen. Im derzeitigen Stand des Vergabeverfahrens und für den Entscheidungssausspruch der Vergabekammer kommt es auf diesen weiteren Mangel aber nicht mehr an. 4.5 Die vorstehend festgestellten Mängel in der Bewertung des Teilnahmeantrages durch die VST und die daraus resultierende Verletzung der AST in ihren Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB führte allerdings dazu, dass das Verhandlungsverfahren in den Stand nach der Bekanntmachung des Vergabeverfahrens zurückzuversetzen war. Die VST wird mit der Wiederholung des Teilnahmewettbewerbs, verbunden mit der Auffor-derung an die bisherigen Bewerber zu ihrer erneuten Teilnahme, auch die Gelegenheit haben, dies mit der Bekanntgabe einer widerspruchsfreien Bewertungsmatrix, einschließlich einer möglichen Gewichtung ihrer einzelnen Elemente (Kriterien und Unterkriterien), an die Bewerber zu verbinden. Dabei wird es der VST dann auch möglich sein Nach- und Zweifels-fragen von Bewerbern allgemein, d. h. dann aber auch gegenüber allen Bewerbern beant-worten zu können. Die VST wird schließlich auch, unter Berücksichtigung der Rechtsauf-fassung der Vergabekammer, die Prüfung der Bewerbungen und die daraufhin zu treffende Auswahlentscheidung erneut und anhand der von ihr aufgestellten Bewertungsmatrix durch-zuführen haben. Im Anschluss an das Auswahlverfahren wird die VST dann in das Verhandlungsverfahren eintreten können, wobei sie ggfs. - und hierbei in Ausübung ihres pflichtgemäßen Ermessens - zunächst die Entscheidung zu treffen haben wird, wie viele Bewerber sie zu diesem Verfahren auffordert.

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4.6. Im Hinblick auf diese (neue) Prüfungs-, Wertungs- und Auswahlphase wird die VST dann auch die weiteren Mängel ihres bisherigen Verfahrens, die von der AST entweder selbst nicht gerügt worden sind oder mit deren Vorbringen sie im vorliegenden Verfahren präkludiert war, vermeiden können. 4.6.1 Die Dokumentationspflicht - erster Teil (§ 12 VOF) Das Vergabeverfahren ist von Anbeginn fortlaufend zu dokumentieren (§ 12 Abs. 1 Satz 1). Über die Inhalte der Vorschrift hinaus („umfasst mindestens“, Abs. 2), insbesondere bei der Verwendung einer Bewertungsmatrix für die Auswahl der Bewerber, sind dann aber auch die Gründe festzuhalten, die dazu geführt haben, dass - wie vorgesehen - die bestimmte Punkte-zahl vergeben werden konnte. Dieser Dokumentationspflicht ist aber nicht allein damit Genüge getan, dass nur die erreich-ten Punktezahlen wiedergegeben und dargestellt werden. Dies hat auch dann zu gelten, wenn ihr Bedeutungsgehalt vorher (abstrakt) definiert worden ist. Geforderte Angaben, Erklärungen und Nachweise, wie auch das Fehlen eben solcher Anga-ben, die zu dieser einen Bewertung geführt haben, sind vielmehr konkret und damit auch „positiv“ zu bezeichnen und zu benennen. Das Beispiel:

(Die Forderung in der Bekanntmachung) Der Nachweis inhaltlich vergleichbarer Referenzobjekte der letzten 3 Jahre! (Die Bewertung) in der Matrix: • bei 3 Angaben/Nachweise 3 Punkte • bei 2 Angaben/Nachweise 2 Punkte • bei 1 Angabe 1 Punkt Es folgt die Darstellung des Ergebnisses der Bewertung in der Angabe der erreichten Punkte-zahl (Anzahl der gewerteten Objekte), verbunden mit der verbalen positiven Begründung (kon-krete Bezeichnung der Objekte, die gewertet worden sind). (Anmerkung) Schließlich lässt sich bei jeder Bewertung einer Leistung/Angabe mit Punkten auch die Begründung dafür abgeben, warum eine bestimmte Punktezahl vergeben worden ist. (Der Beispielsfall) Das konkrete Ergebnis: 2 Punkte.

Dazu sind die zwei (konkret zu bezeichnen-den) Nachweise anzuführen, die dazu geführt haben, dass die Forderung „Referenzen ver-gleichbarer Projekte“ -zweifach- erfüllt worden ist.

4.6.2 Das Fehlen „zwingend nachzuweisender“ Tatsachen (§ 10 Abs. 1 VOF) Das Fehlen verbindlich (nachzufordernder und auch nach-) geforderter Nachweise (der Nachweis der Eignung, § 5 VOF) zur Bewerbung in einem Vergabeverfahren führt zum Aus-schluss des Bewerbers vom Teilnahmewettbewerb im Vergabeverfahren (§ 10 Abs. 1 VOF). Das „Fehlen zwingend geforderter Nachweise“ kann damit niemals zum Gegenstand oder Inhalt einer Bewertung im Teilnahmewettbewerb gemacht werden. Dies hat auch für den Fall zu gelten, dass die Bewertung der Bewerber auf der Grundlage einer Bewertungsmatrix erfolgen soll.

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4.6.3 Die Dokumentationspflicht - zweiter Teil (§§ 12 und 10 Abs. 2 und Abs. 4 VOF) Hat die VST eine Mindestzahl von 3 Bewerbern, verbunden mit der Angabe einer Höchstzahl von 5 Bewerbern, die zur Angebotsabgabe aufgefordert werden sollen, öffentlich bekannt gemacht, so ist auch ihre Entscheidung, nur 3 statt der 5 Bewerber zur Angebotsabgabe aufzufordern mit den Gründen dafür zu dokumentieren. Dabei muss die Begründung auch in der Sache verständlich und nachvollziehbar erkennen lassen, warum von der Möglichkeit, die Höchstzahl der Bewerber aufzufordern, in diesem Fall abgewichen worden ist. Ob dies überhaupt gelingen kann, bleibt nachzuweisen. 4.6.4 Die nichtberücksichtigten Bewerber (§ 10 Abs. 5 VOF) Nach § 10 Abs. 5 Satz 1 VOF teilt die VST den nicht berücksichtigten Bewerbern bereits nach Abschluss des Teilnahmewettbewerbs - und dann auch innerhalb von 15 Tagen - die Gründe für die Ablehnung ihrer Bewerbung um Teilnahme am Verhandlungsverfahren mit. Im vorliegenden Vergabeverfahren wird dies dann auch die Mitteilung der Gründe zu um-fassen haben, die ursächlich dafür waren, dass die nach der Bewertungsmatrix vorgesehene volle Punktezahl für die Bewerbung nicht erreicht worden ist bzw. nicht erreicht werden konnte. 4.6.5 Die Bewertung von Untervergaben Die abweichende Bewertung der VST bei sog. „Untervergaben“ mit nur „0,5 Punkten“ im Ver-gleich zu einer vorgesehenen Selbstausführung der ausgeschriebenen Leistungen durch den Bewerber/Bieter mit „1 Punkt“ begegnet erheblichen Bedenken. Eine Rechtsgrundlage dafür findet sicht nicht. Vielmehr handelt es sich bei einer solchen Vorgehensweise um eine sachwidrige Ungleichbehandlung gleich zu behandelnder Sachverhalte, die notwendig zur Rechtswidrigkeit der so verwendeten Bewertungsmatrix und damit zur Rechtswidrigkeit des Vergabeverfahrens führt. 4.7 Hinweis für die VST: Im streitgegenständlichen Falle hat die Vergabekammer das von der VST durchgeführte Verhandlungsverfahren nicht zu einem weiteren Gegenstand der Nachprüfung gemacht. Die Vergabekammer brauchte sich bei der hier vorliegenden Sachverhaltsgestaltung nicht mit der Frage der Rechtmäßigkeit des Verhandlungsverfahrens zu beschäftigen. Dies enthebt die VST aber nicht von ihrer Pflicht, die von ihr geplanten weiteren Verfahrensschritte und -inhalte einer erneuten (Über-) Prüfung zu unterziehen. Dies gilt um so mehr, wenn dafür ein konkreter Anlass, wie es das durchgeführte Nachprüfungsverfahren darstellt, besteht. 4.8. Das Ergebnis des Nachprüfungsverfahrens Im Ergebnis des durchgeführten Nachprüfungsverfahrens stellte sich der Nachprüfungsan-trag der AST als zulässig und in der Sache als begründet dar. Das von der VST durchge-führte Vergabeverfahren war rechtswidrig und verletzte die AST in ihren Rechten aus § 97 Abs. 7, Abs. 2 und Abs. 1 GWB. Das rechtfertigte den Ausspruch der Vergabekammer. Der Nachprüfungsantrag der AST war erfolgreich.

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5. Kostenentscheidung Die Entscheidung über die Kosten (Gebühren und Auslagen) beruht auf § 128 Abs. 1 und 3 GWB. Die Höhe der mit dem Entscheidungsausspruch zu erstattenden Gebühren für das Verfahren vor der Vergabekammer beruht dabei auf § 128 Abs. 2 und 3 GWB. 5.1 Ausweislich des Tenors der Entscheidung haben die VST und die BEI die Kosten des Nachprüfungsverfahrens - als Gesamtschuldner gemeinsam und als Teilschuldner je zur Hälfte - zu tragen, da sie im Verfahren die Unterlegenen sind (§ 128 Abs. 3 Satz 1 GWB). 5.2 Die Höhe der Gebühren war dabei nach dem personellen und sachlichen Aufwand der Vergabekammer, unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegen-standes des Nachprüfungsverfahrens, festzusetzen. Dabei beträgt die Gebühr mindestens 2.500,00 € (§ 128 Abs. 2 Satz 1 erster Halbsatz GWB). Dieser Betrag kann dabei aus Grün-den der Billigkeit bis auf ein Zehntel ermäßigt werden (§ 128 Abs. 2 Satz 1 zweiter Halbsatz GWB). 5.2.1 Die wirtschaftliche Bedeutung des Gegenstandes des Nachprüfungsverfahrens be-stimmt sich regelmäßig danach, welches wirtschaftliche Risiko die Verfahrensbeteiligten übernommen haben, die im Verfahren selbst und nach dem Entscheidungsausspruch der Vergabekammer als die Unterlegenen anzusehen sind (§ 128 Abs. 3 Satz 1 GWB). 5.2.2 Das wirtschaftliche Risiko der Verfahrensbeteiligten ist dabei regelmäßig in der Höhe des Brutto-Preises des Angebotes zu sehen, mit dem sie letztendlich im Verfahren der Nachprüfung des Vergabeverfahrens selbst unterlegen sind. 5.2.3 Dies führt im vorliegenden Fall gemäß § 128 Abs. 2 Satz 2 GWB, ausgehend von der gesetzlich angeordneten Mindestgebühr in Höhe von 2.500,00 €, zu einer Gebühr in Höhe von xxxxx € (§ 128 Abs. 2 Satz 1 GWB). Als Teilschuldner haben die VST und die BEI dabei diese Kosten jeweils zur Hälfte zu tragen (jeweils 1.348,60 €). Ausgehend von einem Brutto-Auftragswert des Angebotes der BEI i. H. v. ca. xxx.000 € war, unter Zugrundelegung der dazu entwickelten und regelmäßig angewandten Gebühren-tabelle der Vergabekammer Freistaat Thüringen (Stand 01. 01. 2010), die Gebühr auf den genannten Betrag festzusetzen. Auslagen sind in diesem Zusammenhang nicht zu erstatten. 5.3 Eine Ermäßigung des so festgesetzten Betrages war, im Rahmen einer Billigkeits-entscheidung, nicht in Betracht zu ziehen (§ 128 Abs. 2 Satz 1 zweiter Halbsatz GWB). 5.4 Das ganz und teilweise Absehen von der Erhebung der so festgesetzten Gebühr selbst war, in Ausübung des der Vergabekammer dazu eingeräumten pflichtgemäßen Ermessens, nicht veranlasst (§ 128 Abs. 3 Satz 6 GWB).

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5.5 Der danach zu Lasten der VST wie auch zu Lasten der BEI gehende Teilbetrag in Höhe von jeweils 1.348,60 € ist von der VST und auch von der BEI

bis zum 13. Dezember 2010 (Fälligkeit) auf das nachstehende Konto:

für die VST: unter Angabe der Posten-Nr für die BEI: unter Angabe der Posten-Nr zu überweisen. 5.6 Dagegen hat die AST einen entsprechenden Kostenvorschuss in Höhe der Mindest-gebühr von 2.500,00 € gezahlt. Dieser Betrag ist ihr nach Eintritt der Bestandskraft dieser Entscheidung zu erstatten. Die AST wird dazu bereits jetzt um die Mitteilung der Bank-verbindung gebeten, auf der die Rückzahlung des Betrages erfolgen soll. 5.7 Die VST wie auch die BEI haben, als die im Nachprüfungsverfahren Unterlegenen, auch die notwendigen Aufwendungen und Auslagen der zweckentsprechenden Rechtsver-folgung bzw. Rechtsverteidigung der AST im Verfahren, als Teilschuldner je zur Hälfte zu tragen (§ 128 Abs. 4 Satz 1 und 2 GWB). 5.8 Hinweis: Ein gesondertes Kostenfestsetzungsverfahren findet nach der geltenden Gesetzeslage nicht mehr statt (§ 128 Abs. 4 Satz 5 GWB). 5.9 Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Nachprüfungsverfahren war für die AST, schon aufgrund der Schwierigkeit eines Vergabenachprüfungsverfahren selbst, für notwen-dig zu erklären (§ 128 Abs. 4 Satz 3 GWB i. V. m. § 80 Abs. 3 ThürVwVfG).

III. Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen die Entscheidung der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig. Sie ist schriftlich, innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung der Vergabekammer beim Thüringer Oberlandesgericht Jena, Rathenaustraße 13, 07745 Jena einzulegen. Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerde-begründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung der Vergabekammer beantragt wird, Tatsachen und Beweismittel sind anzugeben, auf die sich die Beschwerde stützt. Die Beschwerdeschrift muss durch einen zugelassenen Rechtsanwalt unterschrieben sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts.

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Die sofortige Beschwerde hat gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer auf-schiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist.

S c h e i d S p a n g Vorsitzender Hauptamtlicher Beisitzer

S i e g e l

Datum: 24.11.2010

Bewertungsmatrix bei Auswahl der Teilnehmer, geheimer Vorbehalt , Dokumentation,

VOF §§ 10 Abs. 1 , 11 Abs. 4 Satz1 u. 2, 12

Az.: 009-NDH