ARCH 155 BUNT - swisspor Gruppe · 22 Cahill Center für Astronomie und Astrophysik, Pasadena, USA...
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ARCH 155 BUNTZeitschrift Eternit ( Schweiz ) AG Juli 2010
ARCH 155 BUNT
1 Bunt
2 Essay Farbempfindung ist subjektiv Rose-Marie Spoerli
4 Oslo International School, Bekkestua, Norwegen Jarmund /Vigsnæs AS, Oslo
8 Rehabilitationszentrum, Ljubljana, Slowenien DANS Arhé d. o. o., Ljubljana
12 Kindergarten, Kidricevo, Slowenien Mojca Gregorski und Ajda Vogelnik Saje, Ljubljana
16 Wohngebäude Avant Chelsea, New York, USA 1100 Architects, New York
18 Stadion Bicentenario Nelson Oyarzún Arenas, Chillán, Chile Judson & Olivos Arquitectos, Santiago de Chile
22 Cahill Center für Astronomie und Astrophysik, Pasadena, USA Morphosis, Santa Monica
28 Kindergarten und Mehrzwecksaal, Camorino Silvano Caccia, Camorino
30 Erweiterung Alters- und Pflegeheim, Hasle-Rüegsau Opus Architekten AG, Langnau i.E.
34 F orschungsprojekt Integrales Faserzement-Verbundelement
35 Design Regalsystem «Tetris» – flexibler Raumtrenner
36 Ausstellung Eternit-Objekte in der Baumuster-Centrale
36 Giardina Auszeichnung für Eternit-Stand
ARCH 155 BUNT 1
Editorial
Eigentlich, so finden wir, vermag
die graue Faserzementplatte
in sich ästhetisch vollkommen zu
befriedigen. Dennoch sind wir
glücklich darüber, dass die Archi-
tekten weitere Farben verlangen.
Deshalb bieten wir für jede Pro-
duktlinie eine ausgewogene Farb-
palette an. Die Platten werden entweder durchgefärbt
oder naturgrau mit einer speziellen Farbschicht versie-
gelt. Hierzu forschen nicht nur fortwährend unserer
eigenen Fachleute, um garantiert beständige Pigmente
einzusetzen. Für die ausgewogene Abstimmung der
Farben untereinander ziehen wir ausserdem jeweils
externe Spezialisten bei, Farbgestalter und Architektin-
nen, die uns Gewähr für die Anwendbarkeit bieten.
Darum sind wir auf unser Farbangebot besonders stolz.
Denn wir sind überzeugt, dass die Eternitplatten nicht
nur in sich farbig sind, sondern dass sich damit auch
anspruchsvolle mehrfarbige Bauten realisieren lassen.
Die Bautenauswahl in diesem Heft ist bewusst inter -
na tional gehalten. Wir erleben, dass aktuelle Trends
in der Architektur nationale Grenzen überschreiten und
sich mit regionalen Eigenheiten und Gepflogenheiten
vermischen. Insbesondere bei der Farbwahl! Mit den
Bauten aus nah und fern können wir natürlich auch zei-
gen, wie weit verbreitet unsere Produkte sind – das
gibt uns Zuversicht, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Stolz sind wir auch auf die Forschungsprojekte, die
Sie am Schluss des Heftes sehen: Zur Weiterentwicklung
unseres Angebotes gehen wir Kooperationen mit
Hochschulen ein – und gelangen dabei zu überraschen-
den Resultaten.
Anders Holte, CEO Eternit (Schweiz) AG
Thema Bunt
In der Farbenlehre gilt eine Farbe als bunt, wenn sie, im Gegensatz zu den
unbunten Farben Weiss, Grau und Schwarz, einen Farbton besitzt. Im all-
gemeinen Sprachgebrauch wird bunt mit mehrfarbig oder farbenfroh gleich-
gesetzt und zudem gerne mit mannigfaltig und lebhaft assoziiert. Kunterbunt
drückt das Maximum an verschiedenartiger Mischung, an chaotischem Gemenge
oder abwechslungsreichem Potpourri aus.
Als bunt in Bezug auf Architektur sollen im Folgenden stark farbige oder
mehrfarbige Fassaden und Innenräume gelten. Bunte Bauten heben sich
von denjenigen in den üblichen abgetönten Grau- und Pastelltönen ab
und fallen auf. Dabei darf Buntheit nicht auf grell schreiende Farborgien reduziert
werden. Ausschlaggebend ist vielmehr der gezielte Einsatz von Farbe und Farben,
um die architektonische Idee zu unterstützen.
Beim Einsatz von Farbe in der Architektur können hier, wie die kommenden
Beispiele belegen, vier Kategorien unterschieden werden.
Erste Kategorie: auffällig. Das Gebäude zeigt eine kräftige, bunte Farbe.
Dank der Dimension und Homogenität der bunten Fläche wirkt sie ent-
sprechend stark. Je nach Lichteinfall kann diese eine Farbe allerdings ganz
verschieden wirken. Falls die farbigen Flächen in verschiedenen Winkeln
ausgerichtet sind, verstärkt sich dieser Effekt.
Zweite Kategorie: kontrastreich. Wenige unterschiedliche Farbtöne sind so
kombiniert, dass am Gebäude Unterschiede oder gar Gegensätze hervorgehoben
werden. Mit voneinander abweichenden Farbtönen lassen sich die Gebäudeober-
flächen differenzieren. Oftmals werden dazu verschiedene Materialien miteinan-
der kombiniert, sodass sie in ihren Farben gegeneinander kontrastieren.
Dritte Kategorie: harmonisch. Mehrere Farbtöne sind so aufeinander abge-
stimmt, dass sie harmonische Farbreihen oder -abfolgen bilden. Zum Beispiel wird
eine Grundfarbe mit verwandten helleren und dunkleren Tönen variiert. Farbver-
läufe können daraus resultieren. Die Farben sind so aufeinander abgestimmt und
komponiert, dass eine ausgewogene Ansicht entsteht.
Vierte Kategorie: buntscheckig. Eine Vielzahl verschiedenster Far-
ben ist über das Gebäude verstreut. Scheint die Verteilung zunächst zu-
fällig, so liegt dem vermeintlichen Durcheinander meist eine Logik zu-
grunde – oder eben doch nicht. Wiederholt sich das Muster oder waltet das Zu-
fallsprinzip? Jedenfalls folgen bunt gemischte Farbtöne aufeinander, die sich zu
einer gefleckten oder gescheckten Farbenpracht zusammensetzen, wie bei einem
Schottenrock oder Fleckenteppich.
Selbstverständlich ist jedes bunte Gebäude anders gestaltet und entspricht da-
mit nur teilweise einer der genannten Kategorien oder gleich mehreren. Wenn auch
die Polychromie so alt ist wie die abendländische Architektur selbst, so wagt doch
manch mehrfarbiger Bau etwas Neues und wirkt ungewohnt. Da der Umgang mit
Farbe in der Architektur alles andere als einfach ist, bedarf es einer vertieften Aus-
einandersetzung. Überlassen wir den Umgang mit Farben nicht ganz den Spezia-
listen. Beschäftigen wir uns mit Helligkeit, Intensität und Sättigung von Farb tönen
und studieren wir deren Wirkungen am Gebauten. Michael Hanak
2
FARBEMPFINDUNG IST SUBJEKTIV
Produktion- und Lagerhallen Swisspor AG, Steinhausen, von Cadosch & Zimmermann GmbH, Zürich
Diese Farbgebung mit dezenten Farben im bläulichen Bereich
geht optisch eine Verbindung mit dem Himmel ein, die je nach
Wetter und Jahreszeit variiert. Die subtile horizontale Gliede-
rung reduziert Höhe und Volumen, und das Gebäude wirkt trotz
Grösse recht leicht.
B U N T. Vier Buchstaben, die eine ganze Welt eröffnen: buntes
Leben, buntes Treiben, bunte Fassaden. Was entstehen da für farbige
Bilder – persönlich und von der momentanen Stimmung geprägt –,
die auftauchen und verschwinden, bevor sie richtig wahrgenommen
wurden. Unsere heutige Welt ändert sich in nie gekannter Geschwin-
digkeit. Trends wandeln sich rasend schnell und sind omnipräsent in
Architektur, Mode, Lebensstil, Freizeitgestaltung, Ess- und Reise-
gewohnheiten, um nur einige zu nennen. Wir passen unsere Gewohn-
heiten dem Zeitgeist an, werfen Bekanntes über Bord und lassen uns
auf Neues ein.
In der Architektur fallen neben der sich wandelnden Sprache hin-
sichtlich Formen, Materialien, Technik, Nutzung, Grösse auch die
neuen Farben auf: frech, selbstbewusst und farbig – sehr farbig und
bunt in ungewohnter Frische. Die ornamentale Fassadengestaltung ist
weitgehend der grossflächigen Musterung mit teilweise starken Farben
gewichen.
Wenn früher ein erdfarbenes Pigment aus einer bestimmten Region
das Kolorit eines ganzen Dorfes oder einer Stadt prägte und diese als
Einheit erscheinen liess, so sind den heutigen Fassadenfarben, die tech-
nisch in fast jeder gewünschten Intensität mach- und anwendbar sind,
kaum mehr Grenzen gesetzt. Spannend ist es zu verfolgen, wie sich
das Pendel über die Jahrhunderte immer wieder von unbunt zu bunt
und zurück bewegt. Im Moment erleben wir eine starke Buntheit mit
zum Teil sehr intensiven Farben und Kombinationen.
Heutige Architektur ist oft expressiv, will auffallen und sich als
Solitär positionieren. Wie wirkt ein auffallend gestaltetes Haus unter
ARCH 155 BUNT 3
Drei Wohnhäuser, Schaan, von Hansjörg Hilti AG, Schaan Gary Comer Youth Center, Chicago, USA, von John Ronan Architects, Chicago
Die kräftigen Primärfarben Gelb, Rot und Blau sind auf spiele-
rische Art geschossweise eingesetzt, fügen sich harmonisch
in die Umgebung ein und untersützen die Lesbarkeit von Archi-
tektur und Form. Sie beanspruchen durch ihre Intensität
visuell «viel Platz».
Der grossflächige Farbeinsatz verleiht dem Bau eine
starke Präsenz und hebt ihn von seiner Umgebung ab.
Die Farbge staltung folgt einerseits der architektoni-
schen Formensprache, gliedert sie andererseits zusätz-
lich in Einzelflächen.
Biografischen Angaben
Rose-Marie Spoerli ist diplomierte Farb-
gestalterin IACC/BEF (International
Association of Colour-Consultants /Bund
europäischer Farbberater). Sie führt
zusammen mit Peter Spoerli ein Büro für
Architektur und Farbe in Winterthur.
Ihre Tätigkeitsbereiche umfassen die Farb-
gestaltung für Bauwerke, das Erstellen von Farbkollektionen
(Baubranche) und die Lehrtätigkeit im In- und Ausland. Eigene
Farbenschule www.farbenschule.ch.
lauter Seinesgleichen? Fällt es immer noch auf oder verschwindet es
in der Masse? Muss es unbunt sein, damit es sich von anderen wieder
abheben kann? An diesem Punkt wird das Pendel in der Zukunft
wieder einen Wechsel in Richtung schwach farbig oder unbunt erle-
ben, dies aber weder heute noch morgen.
Die Arbeit mit Farben ist mit dem Einsatz von Gewürzen vergleich-
bar: Starke sollten sparsam eingesetzt werden, so wie die Gestaltung
mit intensiven Farben ein hohes Mass an sorgfältiger Abstimmung und
bewusstem (sparsamem) Einsatz erfordert, um voll zur Geltung zu
kommen.
Die gegenwärtige Farbigkeit der Fassaden kann grob in drei Grup-
pen geteilt werden.
Integration: Das Gebäude fügt sich über eine präzise farbliche Ab-
stimmung in die Umgebung, Siedlung oder in den Strassenzug ein,
nimmt Bezüge auf und hat oft ein verbindendes Element hinsichtlich
Farbeinsatz oder Farbabfolge.
Exposition: Das Gebäude fällt durch seine Intensität auf und geht
gleichzeitig einen Dialog mit Nachbarsbauten und vorhandenen Far-
ben ein. Es kann einen Strassenzug oder ein Quartier sowohl farblich
akzentuieren oder aber umgekehrt konkurrenzieren und als Einzeler-
eignis wirken.
Isolation: Das Gebäude hebt sich total von seinem Umfeld ab und
hat eine Signalfunktion. Wenn dies früher vor allem für Kirchen, Stadt-
und Gemeindehäuser, für Verwaltungsgebäude und Schulhäuser galt,
so finden wir heute diese Prominenz bei vielen weiteren Gebäude arten
und Nutzungen. Die prägnante Farbanwendung erfordert ein hohes
Mass an sorgfältiger Abstimmung und einen gezielten Einsatz. Der
Trend zu bunten Fassaden ist immer dichter und häufiger anzutreffen.
So werden zum Beispiel an Neubauten entlang der Bahnstrecke von
Zürich nach Bern Intensivrot mit Blaugrün kombiniert, leuchtendes
Gelb und Grün springen von weitem ins Auge und erheischen Auf-
merksamkeit. Diese Beispiele zeigen eine Tendenz in die eine, sehr
bunte Richtung. Als Gegenpol dazu stehen die Bauten, die mit den
Materialfarben von Sichtbeton, Sichtmauerwerk, Kalksandstein, Glas,
Stahl, Metall, Holz und weiteren Materialien spielen. Solche Bauten
wirken in der Regel recht dezent und sind höchstens mit einem ein-
zelnen bunten Akzent kombiniert. Kräftige Farben lassen sich auch
mit lauten Musiktönen vergleichen: Ein Fortissimo kann krönend sein
– die Empfindung, wann es zu viel wird, ist individuell und persön-
lich sehr verschieden. Rose-Marie Spoerli
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Oslo International School, Bekkestua, Norwegen
GESTREIFTER PAVILLON
Das renommierte norwegische Architekturbüro Jarmund/Vigsnæs renoviert und erweitert eine Osloer Schulanlage aus den 1960er Jahren. Ein eleganter Unterrichtspavillon mit farbigem Swisspearl-Kleid bildet die zweite Phase eines Dreistufenplans.
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«ZIEL DIESES PROJEKTES IST EINE VERBESSERUNG DER ALTEN ANLAGE, DER ERSATZ TEMPORÄRER BAUTEN UND DIE SCHAFFUNG VON ZUSÄTZLICHEM LEHRRAUM.» JARMUND / VIGSNÆS
1 Faserzementplatte
2 Hinterlüftungsraum
3 Windpapier
4 Wärmedämmung
5 Stahlträger
6 Dampfsperre
7 Hohlraum
8 Wärmedämmung 60 mm
9 Beton 180 mm
10 Wärmedämmung
11 Dachhaut
12 Trapezblech
13 Abgehängte Decke
Grundriss 1:500
Vertikalschnitt 1:20
Die Oslo International School ist eine angesehene engli-
sche Schule in Bekkestua, einem Vorort von Oslo. Hier
werden rund 570 Schüler zwischen 3 und 18 Jahren aus
mehr als 50 Nationen unterrichtet. Die Unterrichtsform
setzt auf traditionelle Klassenzimmer, kombiniert mit se-
paraten Räumlichkeiten und Gebäuden für Spezialfächer
und weiterführende Studien. Die Anlage aus den 1960er
Jahren wurde kürzlich gründlich renoviert und bereits um
verschiedene Neubauten ergänzt. Schon seit längerer Zeit
hatte es der Schule an genügend Unterrichtsraum geman-
gelt, und man musste sich in den vergangenen Jahren mit
Provisorien behelfen. Gemeinsam mit den Architekten des
Osloer Architekturbüros Jarmund/Vigsnæs entwickelte
die Schule einen Dreistufenplan, der gewährleistet, dass
der Unterricht während der kompletten Bauphase fortge-
setzt werden kann.
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Standort Gamle Ringeriksvei 53, Bekkestua, Norwegen
Bauherrschaft Oslo International School
Architekten Jarmund/Vigsnæs AS, Oslo
Bauzeit 2006–2009
Generalunternehmer und Fassadenbau Oslo Byggentre-
prenør AS, Oslo
Fassadenmaterial SWISSPEARL® CARAT, in zehn
verschiedenen Farben
«Die vorhandene Struktur aus den 1960er Jahren war
ziemlich mitgenommen», erklären Einar Jarmund, Ales-
sandra Kosberg und Håkon Vigsnæs von Jarmund/Vigs-
næs. «Die Architektur verfügt aber über grosse Qualitä-
ten. Die Organisation sämtlicher Räumlichkeiten auf nur
einer Ebene zum Beispiel garantiert eine leichte Orientie-
rung, schöne natürliche Beleuchtung und einen engen
Kontakt zum Aussenraum.» Zudem ist die alte modulare
Struktur äusserst flexibel, ein Vorteil, den auch die Ergän-
zungsbauten der Architekten aufweisen. Die neuen Ge-
bäude zollen der bestehenden Architektur Respekt, indem
sie vorhandene Qualitäten beibehalten. In einer ersten
Phase sind bereits ein neuer Wissenschaftspavillon, ein
zeitgemässer Haupteingang, eine Lobby und eine Biblio-
thek entstanden. Ausserdem wurde das Hauptgebäude re-
noviert. In Phase zwei, die kürzlich vollendet wurde, er-
gänzten die Architekten das Schulareal um einen grosszü-
gigen Unterrichtspavillon für die jüngeren Schüler. In der
dritten und letzten Phase, die momentan in Planung ist,
werden eine Sporthalle, ein Musikraum und ein neues Au-
ditorium/Theater entstehen.
Der Pavillon aus Phase zwei ersetzt einen grossen Teil
der provisorischen Gebäude, die über das Schulgrund-
stück verstreut waren. Die eindrücklichen 1250 Quadrat-
meter beherbergen zehn zusätzliche Klassenzimmer und
eine Reihe Büros. Die Räume sind um einen ringförmigen
Korridor angeordnet, der ein zentrales verglastes Atrium
umschliesst. Die Grösse der Klassenzimmer ist flexibel
und kann der Schülerzahl eines Jahrgangs angepasst wer-
den. Das augenfälligste Merkmal des einstöckigen Pavil-
lons ist seine Aussenfassade. Rund um das Gebäude wech-
seln sich vertikale raumhohe Fenster mit farbigen Swiss-
pearl-Paneelen in zehn verschiedenen Farben und in
unterschiedlicher Anordnung ab. Dem Eindruck des Bil-
ligen, das «farbenfroher» Architektur oft anhaftet, wirken
die Architekten entgegen, indem sie die Fenster in
schwarze Metallrahmen fassen und das Gebäude mit ei-
ner schwarzen Traufe versehen. Die Farbflächen erhalten
so einen edlen Abschluss. Die Fröhlichkeit dieses Gebäu-
des erfreut die kleineren Kinder, die hier unterrichtet wer-
den, passt aber auch hervorragend zu der originalen Ar-
chitektur aus den 1960er Jahren, deren Optimismus, Ex-
perimentier-, Formen- und Farbfreude es widerspiegelt.
Die Farben stehen übrigens für die Nationalflaggen der 50
Herkunftsländer der Schülerschaft. Mirko Beetschen
Der neue Pavillon
beherbergt zehn neue
Schulzimmer und
eine Reihe von Mitar-
beiterbüros, die um
einen grosszügigen Kor-
ridor angelegt sind,
der wiederum einen
zentralen verglasten
Hof umschliesst.
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Rehabilitationszentrum, Ljubljana, Slowenien
ORT DER ERNEUERUNG
Die ursprüngliche Anlage ist ein Werk des Architekten Danilo Kocjan aus den frühen 1960er Jahren. Der niedrig gehaltene Gebäudekomplex diente dem in Ljubljana ansässigen Architektenteam DANS als Ausgangspunkt für das Entwurfskonzept zur Erweiterung des Rehabilitationszentrums. Der neue Flügel ist ebenfalls lediglich zwei-geschossig und schmiegt sich in die offene Landschaft, wie man es von skandinavischen Architekturen her kennt. Frei im im Gelände stehend gleicht der Bau einem Pavillon.
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Um das Rehabilitationszentrum vom nahen Verkehrskrei-
sel abzuschirmen, hat man es an die hintere Grundstücks-
grenze zurückgenommen. Die drei Eingangszonen sind
durch Holzplattformen gekennzeichnet, die vom Ge bäude
in die Landschaft ausgreifen und durch Fusswege mitein-
ander vernetzt sind. Die Verbindung zum bestehenden
Bau wurde als neutraler Übergang zwischen Alt und Neu
konzipiert, als einfache, mit grossen Öffnungen versehene
Betonform, die einen Abstand zum Altbau schafft und ihn
gleichzeitig direkt an einen inneren Korridor des Neubaus
bindet. Im Erdgeschoss befinden sich die Kinderstation
mit der Cardiopulmonalen Reanimation (CPR) sowie ein
zentraler Liftkern mit Treppenhaus. Da die Kinderstation
im Erdgeschoss liegt, hat sie einen engen Bezug zum Park,
was sich positiv auf die Psyche der kleinen Patienten aus-
wirkt.
Die von den Architekten geschickt geplante Geschoss-
erschliessung erfolgt über natürlich belichtete, quer ver-
laufende Korridore, die sich mit grossflächigen Verglasun-
gen zur Landschaft hin öffnen. Die Bettenzimmer und
Gemeinschaftsräume liegen an der Peripherie des recht-
eckigen Grundrisses; zwei Versorgungskerne und der Ess-
bereich sind in den Raum hineingesetzt. Die verschiede-
nen Räume sind in Blöcke zusammengefasst und durch
die Korridore und Eingänge voneinander getrennt. In der
Mitte durchbricht ein kleines Atrium mit einem Baum das
Gebäude. Indem die Nasszellen leicht in den Korridor
vorspringen, verfügt jedes Bettenzimmer über eine subtile
kleine Eingangszone. Die Raumblöcke sind ebenfalls ge-
geneinander versetzt, sodass die Korridore aus der Achse
geschoben sind. Diese Gliederung verleiht den Korrido-
ren eine gewisse Dynamik und verhindert, dass sie abwei-
send anmuten. Sie hat zudem den Vorteil, dass das ge-
samte Gebäudeinnere trotz beträchtlicher Grundrisstiefe
durchwegs natürlich belichtet ist.
Die an Bonbons erinnernden gelben und weissen Strei-
fen auf den Fassaden schaffen einen Ausgleich zur streng
horizontalen Fensterordnung. Durch die Ausbildung dieser
Fensterbänder, die um die Gebäudeecken herum geführt
sind, werden die Fassaden gleichsam zusammengehalten.
Die vertikalen Linien der gelb gewellten Streifen an der Fas-
sade finden ihren Widerhall in den von der Natur geform-
ten senkrecht aufragenden Baumstämmen im Vordergrund
und lassen den Bau mit der Umgebung verschmelzen. Die
weissen Fassadenteile sind mit glatten Swisspearl-Paneelen
verschiedener Breite bekleidet, während die gelben Berei-
che mit gewellten Paneelen abgedeckt sind. So bilden die
weissen Paneelen den Hintergrund für die die Fassade ak-
zentuierenden gelben Paneelen. Indem die Schrauben, mit
denen das Baumaterial auf der Unterkonstruktion befestigt
wurden, sichtbar sind und etwas vorstehen, erzeugen sie ein
feines Schattenmuster auf der Fassade. Die Fenster unter-
brechen das vertikale Schema ohne erkennbare Regel. Weiss
und Gelb sind eine eher unübliche Farbenkombination für
ein Gebäude, diese spielt aber wohl auf die Bewohner des
Zentrums, die Kinder, an.
Erdgeschoss 1:1000
«WEIL DIE PATIENTEN SO JUNG UND IN DER REGEL LÄNGERE ZEIT HOSPITALISIERT SIND, WOLLTEN WIR ALLES VERMEIDEN, WAS AN EIN SPITAL ERINNERT. DIE EIGENS ENTWORFENEN MÖBEL UND SPIELGERÄTE SIND AUS HOLZ GEFERTIGT, ZUDEM VER- WENDETEN WIR LEB HAFTE FARBEN SOWIE, DAZU PASSEND, FÜR DIE WÄNDE TEXTILE VERKLEIDUNGEN UND SICHTBETON.» VLATKA LJUBANOVIC, DANS ARCHITECTS
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Die knapp auskragenden Dachvorsprünge verstärken
den abstrakten Charakter des bodennahen Baukörpers.
Der verschattete Zwischenraum, der dadurch entsteht,
dass die Bekleidungsplatten vom Boden abgesetzt sind,
hebt das Gebäude auf subtile Weise von seiner Basis ab
und lässt die Gestaltung noch abstrakter erscheinen. Alles
in allem ist zu hoffen, dass die Qualität dieser Architektur
zum psychischen und physischen Wohlbefinden der Kin-
der beträgt, die sich zeitweilig hier aufhalten. Anna Roos
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1 2 3 4 1 56 7 8 3
1 Faserzementplatte
2 Windpapier
3 Wärmedämmung
4 Beton
5 Luftspalt
5 Hinterlüftungsraum
6 Aluminium-Rahmen
7 Gefärbtes Sicherheitsglas
8 Wärmedämmung
10 Fensterumrandung in Holz
Horizontalschnitt 1:20
Standort Linhartova 51, Ljubljana, Slowenien
Bauherrschaft Rehabilitationszentrum der Republik Slowenien,
Ljubljana
Architekten DANS Arhé d. o. o., Ljubljana; Katarina und Miha
Desman, Rok Bogataj, Eva Fiser Berlot, Vlatka Ljubanovic
Bauzeit 2007–2008
Fassadenkonstruktion Meteoric Hoce, Ljubljana
Fassadenmaterial SWISSPEARL® TECTURA, weiss 102;
SWISSPEARL® NATURA, grau 201 und Wellplatten EFASAL
(von ESAL d. o. o.), Solarit, gelb 6083
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Kindergarten, Kidricevo, SlowenienVielfache räumliche Nutzung
Kidricevo ist eine Kleinstadt im Osten Sloweniens, die in
den 1950er Jahren erbaut wurde, um Wohnraum für die
Werksarbeiter der benachbarten Aluminiumfabrik Talum
zu schaffen. Durch die Reihung länglicher Baukörper, die
sich formal an der modernistischen Zeilenbauweise der
Ortschaft orientieren, fügt sich der neue Kindergarten
der Architektinnen Mojca Gregorski und Ajda Vogelnik
Saje in die städtebauliche Struktur ein und öffnet sich
über eine Abfolge halböffentlicher Räume zur Wohnbe-
bauung hin.
Die Anlage besteht aus drei Gebäuderiegeln, zwischen
denen zwei Innenhöfe mit Rasenbelägen als Spielbereiche
für die Kinder dienen. Die ersten beiden Riegel beherber-
gen die eigentlichen Klassenräume, während im dritten
Verwaltung, Küche und Speisesaal untergebracht sind. Er
bezieht sich in seiner geometrischen Ausrichtung auf die
Lage der bestehenden Primarschule und ist mit dieser über
einen Durchgang verbunden.
Ein gepflasterter Eingangsbereich markiert den Zugang
zum Gebäude und dient trotz seiner peripheren Lage als
öffentlicher Platz für die gesamte Gemeinschaft. Die gross-
zügige Eingangshalle verbindet als Mehrzweckraum die
drei Gebäudeteile; sie kann mit Hilfe einer faltbaren
Trennwand in einen Hauptbereich und einen kleineren
Veranstaltungsraum unterteilt werden. Die funktionale
Verflechtung der Räume ist ein zentrales Element des Ge-
samtkonzepts. Die Klassenräume erlauben nicht nur den
direkten Zugang zu den Spielplätzen im Freien, sondern
können über breite Doppeltüren und Rutschen in den
Korridorbereich erweitert werden. Waschräume sind um
zentrale «Wasserfontänen» organisiert und dienen so als
Ergänzung der Spielbereiche.
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Das Innere des Gebäudes ist geprägt durch grossflä-
chige Verglasungen und eine ausgesprochen helle und
leuchtende Farbgebung der Wände und Böden. Die Klas-
senriegel weisen tiefe Korridor- und WC-Decken auf und
ermöglichen so eine zweiseitige Belichtung der höheren
Klassenräume – ein Konzept, das an Pavillonschulen der
1950er Jahre erinnert und massgeblich zu den räumlichen
Qualitäten des Projekts beiträgt.
Trotz der funktionellen Ähnlichkeiten beider Klassen-
riegel unterscheiden sie sich in ihrer äusseren Gestaltung
grundlegend. Sämtliche Gebäudeteile sind als Betonske-
lett ausgeführt und mit Backsteinwänden ausgefacht. Der
äussere Riegel ist mit dunklen Swisspearl-Paneelen ver-
kleidet. Vertikale Holzleisten zwischen den Paneelen und
die Verwendung hölzerner Türen und Fensterrahmen ver-
weisen symbolisch auf die natürliche, durch eine grosse
Standort Kajuhova ulica, Kidricevo, Slowenien
Bauherrschaft Gemeinde von Kidricevo
Architekten Mojca Gregorski und Ajda Vogelnik Saje,
Ljubljana
Bauzeit 2007–2008
Generalunternehmung und Fassadenbau Vegrad d. d.,
Velenje
Fassadenmaterial SWISSPEARL® CARAT, Bernstein
7082 und Anthrazit 7020; REFLEX, Eisblau 9240
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Grundriss 1:1000
1 2 3 4 5 6
7 8 9 10
1 Faserzementplatte
2 Holzlatten 25 × 38 mm
3 Stahl-Unterkonstruktion 60 × 60 × 6 mm
4 Hinterlüftung
5 Wärmedämmung, wasserabstossend 80–130 mm
6 Vertikale Holzlatten 8 × 40 mm
7 OSB 15 mm
8 Backtein 290 mm
9 Putz 25 mm
10 Vertikalprofil
Horizontalschnitt 1:20
ARCH 155 BUNT 15
«DAS ARCHITEKTONISCHE KONZEPT ENTSPRINGT AUS DER VORSTELLUNG VON DER VER- BINDUNG UND WECHSELWIRKUNG GEBAUTER UND NATÜRLICHER RÄUME, DER SCHAFFUNG VIELFÄLTIGER SICHTBEZÜGE UND DEM UNMITTELBAREN KONTAKT ZUR NATUR.» MOJCA GREGORSKI
Zahl hoher Pinienbäume geprägte Umgebung. Die Stra-
ssenfassade selbst zeigt ein unregelmässiges Muster von
Paneelen, das in Referenz an die nahe gelegene Alu-
minium fabrik durch horizontale Aluminiumprofile struk-
turiert wird. Der innere der beiden Klassenriegel ist mit
hellen Swisspearl-Paneelen und unregelmässig verteilten
Holzleisten in zwei verschiedenen Tönen verkleidet. Das-
selbe Gestaltungsprinzip findet im Speisesaal der Schule
Anwendung, wohingegen die übrigen Wände des Verwal-
tungsflügels in grauem Graphit verputzt sind.
Patrick Zamariàn
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Wohngebäude Avant Chelsea, New York, USADer Hingucker
Das Avant Chelsea, entworfen von 1100 Architects, ist ein
zwölfgeschossiges Wohngebäude mit 19 luxuriösen Zwei-
Zimmer-Eigentumswohnungen. Abgesehen von der Du-
plexeinheit im Erdgeschoss, die über einen Gartensitzplatz
und einen Freizeitraum auf der unteren Ebene verfügt,
sind zwei verschiedene Wohnungsgrundrisse erhältlich.
Die nach Norden orientierten Wohnungen sind ein wenig
kleiner als die nach Süden ausgerichteten, bieten jedoch
Balkone auf dem sechsten, siebten und achten Geschoss.
Ergänzend dazu sind in den oberen vier Stockwerken
Penthousewohnungen untergebracht, die beiden obersten
mit Zugang zu separaten Dachterrassen.
Alle Penthousewohnungen verfügen über einen priva-
ten Aussenraum, was zu der ungewöhnlichen äusseren Er-
scheinung des Gebäudes führt. Das massive Volumen
scheint ausgehöhlt und zeigt eine Abtreppung von Terras-
sen auf den obersten vier Geschossen. Die Strassenfassa-
den sind durch raumhohe Fensterflächen mit eloxierten
Aluminiumrahmen geprägt. Ein Band aus Swisspearl-Plat-
ten zieht sich über das Gebäude, entfaltet sich auf der Süd-
ostfassade als Mosaik aus 2500 Paneelen in acht verschie-
denen Farbtönen und dient dem Projekt so als unverwech-
selbares und weithin sichtbares Erkennungszeichen.
Patrick Zamariàn
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1
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3
4
5
6
8
9
10
11
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Typischer Grundriss 1:300
1 Faserzementplatte
2 Aluminium-Unterkonstruktion
3 Hinterlüftung
4 Windpapier
5 Wetterfeste Bauplatte, zwei Lagen
6 Metall-Ständerwand
7 Dampfsperre
8 Aluminium-Fensterrahmen
9 Vorgefertigter Betonträger
10 Wärmedämmung
11 Stahlträger
12 Abgehängte Decke
Vertikalschnitt 1:20
Standort 245 West 19th Street, New York, USA
Bauherrschaft Ginsburg Development Companies, Valhalla (NY)
Architekten 1100 Architects, New York; Sebastian Kaempf
Bauzeit 2006–2008
Generalunternehmung Hunter-Roberts (CM), New York
Fassadenbau Pabco Construction Corp., Farmingdale (NY)
Fassadenmaterial SWISSPEARL® CARAT, Elfenbein 7099,
Anthrazit 7022 und 7022 R; REFLEX, Silber 9000 und Nachtblau
VR 0316; NOBILIS, naturgrau N 202 und spezialblau N 161 4014
und N 162 4218
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Stadion Bicentenario Nelson Oyarzún Arenas, Chillán, ChileZutritt gestattet
Dieses neue Fussball-
stadion von Judson &
Olivos schafft ein neues
soziales und urbanes
Zentrum in der süd-
lichen Peripherie Chil-
láns. Auf Strassen-
niveau ermöglicht eine
Reihe mobiler Schran-
ken den ungehinderten
Zugang und erweitert
so den öffentlichen
Raum in den Innenbe-
reich des Stadions.
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2008 fand in Chile die Fussball-Weltmeisterschaft der
Frauen statt. Das Land nahm die Gelegenheit zum Anlass,
mehrere seiner Fussballstadien zu erneuern und an inter-
nationale Standards anzupassen. In der zentralchilenischen
Stadt Chillán führte dies zum Abriss des bestehenden
kommunalen Stadions und zu einem Neubau, dessen
Spielfeld mit der FIFA-Anforderung nach einer Ausrich-
tung in der Nord-Süd-Achse konform ist.
Das neue Stadion Bicentenario Nelson Oyarzún Arenas
befindet sich in der südlichen Peripherie Chilláns, ungefähr
einen Kilometer vom Geschäftszentrum entfernt, und bie-
tet Platz für 12 000 Besucher. Das Verwaltungsgebäude – ein
schlanker, vierstöckiger Bau, der das Stadion nach Westen
hin begrenzt – ist in verschiedene, zentral erschlossene Be-
reiche für Betrieb, Medien, Sport und VIP unterteilt. Das
Stadion selbst ist geprägt durch seine leichte, segelartige
Dachkonstruktion, die beschwingte farbenfrohe Faserze-
ment-Fassade und das erstaunlich durchlässige Sockelge-
schoss. Alle drei Elemente unterstreichen den polyvalenten
urbanen Charakter des neuen Gebäudes, dessen offene und
moderne Typologie eine Abkehr von der burgartigen Ge-
staltung herkömmlicher Fussballstadien bedeutet.
Wie viele chilenische Städte leidet Chillán an einem gra-
vierenden Mangel an öffentlichen Räumen. Nicht zuletzt
wegen der unmittelbaren Nähe zur Rodeoarena, die regel-
mässig grosse Menschenmengen anzieht, ist dieser Man-
gel im Bereich des neuen Stadions besonders augenfällig.
Judson & Olivos begegnen diesem Umstand mit der
Schaffung eines öffentlichen Platzes, der die zwei Sport-
stätten miteinander verbindet und dem ganzen Viertel als
Treffpunkt dient. Zudem sind die untersten Ränge des Sta-
dions auf eine Höhe von drei Metern angehoben und er-
«DER MANGEL AN ÖFFENTLICHEN RÄUMEN INNERHALB DER STADT MACHT DAS STADION ZUM WICHTIGEN VERSAMMLUNGS- UND ERHOLUNGSORT.» JAVIER ÁVILA BURROWS, JUDSON & OLIVOS ARQUITECTOS
20
zeugen so eine Durchlässigkeit zwischen dem eigentlichen
Spielfeld und den umliegenden Bereichen. Dies ermöglicht
ergänzende Aktivitäten und verleiht dem Stadion eine für
derartige Einrichtungen unübliche funktionelle Flexibili-
tät. Die Kombination der Innen- und Aussenbereiche
kann über ein System mobiler Schranken reguliert wer-
den. Analog den Anforderungen des jeweiligen Anlasses
erlauben sie die Transformation des Stadions von einer ge-
schlossenen Anlage mit beschränktem Zugang zu einem
weitläufigen öffentlichen Raum und umgekehrt.
Das Konzept des Stadionbereichs als öffentlicher Ver-
sammlungsort vor und während sportlicher sowie vom ei-
gentlichen Zweck des Stadions unabhängiger kultureller
und sozialer Veranstaltungen findet seine Entsprechung in
der Fassadengestaltung. Weisse Projektionsflächen sind in
das Mosaik aus Faserzement-Paneelen integriert und er-
möglichen die Übertragung der im Innern des Stadions
stattfindenden Veranstaltungen. Das Farbkonzept der
Wandverkleidung selbst nimmt Bezug auf das künstleri-
sche und kulturelle Erbe der Gegend: Das vorherrschende
Rot, das auch für die Sitze und die Innenraumgestaltung
verwendet wurde, verweist auf die Trikots des lokalen
Fussballklubs Ñublense, Schwarz ist die typische Farbe
des regionalen Kunsthandwerks; und die grauen Töne er-
innern an die Farbgebung der traditionellen Architektur
der Stadt. Patrick Zamariàn
Schnitt 1:2000
Erdgeschoss
ARCH 155 BUNT 21
1 Faserzementplatte
2 Verzinkte Stahl-Unterkonstruktion
3 Vorfabrizierte Betonwand
4 Vorfabrizierter Betonträger
5 Betonboden
6 Backsteinwand
7 Zugkabel für Zeltdach
2 4 7
2
2
1
3
4
4
5 46
Vertikalschnitt 1:40
Standort Calle Pedro Aguirre Cerda 297, Chillán, Chile
Bauherrschaft Gemeinde von Chillán
Architekten Judson & Olivos Arquitectos, Santiago
de Chile
Bauzeit 2006–2008
Generalunternehmung Constructora BCF, Santiago
de Chile
Fassadenbau Comintecc, Vitacura /Santiago de Chile
Fassadenmaterial SWISSPEARL® CARAT, Anthrazit
7024; REFLEX, Silber 9000 und Platinum 9020
22
ARCH 155 BUNT 23
Das unlängst fertiggestellte Cahill Center in Pasadena versammelt die führenden Astrophysiker des Caltech unter einem Dach. Die zentralen Elemente des neuen Centers sind zum einen seine fragmentierte Fassade und zum an-deren seine dramatische Treppenanlage, die sich durch alle vier Stockwerke bohrt und als begehbares Teleskop fungiert.
Cahill Center für Astronomie und Astrophysik, Pasadena, USA
GRIFF NACH DEN STERNEN
24
Die hoch angesehene Fakultät für Astrophysik am Cali-
fornia Institute of Technology (Caltech) war während
Jahrzehnten in mehreren überfüllten Gebäuden über den
Campus verteilt. Das von Morphosis geplante Cahill Cen-
ter für Astronomie und Astrophysik, benannt nach sei-
nem grosszügigen Spender Charles H. Cahill, der für den
Löwenanteil der Baukosten von fünfzig Millionen Dollar
aufkam, versammelt die Fakultät und die dazugehörigen
Arbeitsgruppen an einem Ort.
Am California Boulevard gelegen, verbindet das Cahill
Center den südlichen Campus mit dem nördlich gelege-
nen Kern des Caltech und stellt auf diese Weise eine Achse
zwischen den beiden Teilen des Hochschulgeländes her.
Die Korridore, welche die oberen Geschosse in Nord-
Süd-Richtung durchlaufen, dienen als sogenannte «Nähte»
und unterstreichen den visuellen Bezug zwischen den bei-
den Campusteilen. Raumhohe Verglasungen machen die
Lage dieser Nähte auf den Fassaden ablesbar und bieten
Ausblicke über die grossflächigen Baseballfelder im Süden
und das historische Zentrum im Norden.
Das Gebäude hat vier Geschosse, wovon das weitge-
hend natürlich belichtete Untergeschoss für Laboratorien
bestimmt ist. Das Erdgeschoss dient als sozialer Begeg-
nungsort und beherbergt eine Bibliothek sowie das nach
einem weiteren Gönner benannte, 149 Sitzplätze bietende
Hameetman Auditorium. Visueller Höhepunkt der Lobby
ist die spektakuläre Treppenanlage, die sich durch alle vier
Stockwerke bohrt. Durch ein Konglomerat gebrochener
Wände mit schrägwinkligen Fenstern windet sich die
Treppe nach oben und verengt sich schliesslich zu einem
nach aussen gestülpten Oberlicht. Konzeptionell stellt die
Treppenanlage eine Art begehbares Teleskop dar und spie-
gelt so die Zweckbestimmung des Centers wider.
Verglichen mit der dramatischen Treppenanlage er-
scheint die Innenraumgestaltung der oberen Geschosse
hingegen eher bieder. Die geneigten Korridorwände ver-
mögen kaum davon abzulenken, dass die Grundrissdispo-
sition auf einem gleichmässigen rechtwinkligen Netz ba-
siert, in dem die Büros entlang den Aussenwänden und
die Konferenzräume im Zentrum angeordnet sind. Die In-
Querschnitt 1:1000
Obergeschoss
Erdgeschoss
Standort 1216 E. California Blvd., Pasadena, Kalifornien, USA
Bauherrschaft California Institute of Technology, Pasadena
Architekten Morphosis, Santa Monica
Bauzeit 2007–2008
Generalunternehmung Hathaway Dinwiddie Construction Company,
San Francisco
Fassadenbau Anning-Johnson Company, Los Angeles
Fassadenmaterial SWISSPEARL® CARAT, Rubin 7030-R
ARCH 155 BUNT 25
26
13 6 14
14
15
3
4
1
2
5
6
7
8
9
12
10
11
nenraumgestaltung steht im Zeichen grösstmöglicher In-
teraktion zwischen den Benutzern. Die Panoramafenster
an beiden Enden der Nord-Süd-Korridore sind mit Sitz-
gelegenheiten bestückt und sollen gemeinsam mit weite-
ren Begegnungszonen und Pausenräumen auf allen Ge-
schossen den informellen Austausch zwischen den Wis-
senschaftern fördern.
Die äussere Hülle setzt sich aus fragmentierten und ent-
schieden horizontal strukturierten Faserzement-Fassaden
zusammen, die auf dem vollständig verglasten Erd-
geschoss zu schweben scheinen. Die terracottafarbenen
Paneele sind schichtweise gegeneinander verschoben und
verleihen dem Gebäude den Ausdruck einer erdbebenge-
schädigten Backsteinmauer. Zahlreiche Schlitze und Risse
sowie tiefe diagonale Spalten, die in die Fassaden ge-
kerbt scheinen und an Gordon Matta-Clarks berühmte
«Splitting»-Serie von 1974 erinnern, verstärken den erup-
tiven Charakter des Gebäudes.
Das Cahill Center ist nicht nur seines Designs wegen
bemerkenswert, sondern auch wegen seiner Nachhaltig-
keit, für die es mit LEED Gold zertifiziert wurde. Die hin-
terlüftete Fassade reduziert den Wärmegewinn und damit
den Energieaufwand für Klimatisierung. Weiterhin sind
die Paneele über den Fenstern stellenweise geneigt und ab-
gewinkelt, um so die Büro- und Klassenräume vor direk-
tem Sonneneinfall zu schützen. Das ausgeklügelte Design
wird im Zusammenspiel mit weiteren baulichen und ope-
rativen Massnahmen wie dem begrünten Dach und dem
Einsatz hocheffizienter Systeme den Energiebedarf be-
trächtlich verringern.
Das Cahill Center komplettiert eine Reihe von Projek-
ten, bei denen Morphosis mit gefalteten und fragmentier-
ten Faserzement-Fassaden experimentiert haben. Im Ver-
gleich mit vorangegangenen Bauten wie dem Student Re-
creation Center in Cincinnati oder dem San Francisco
Federal Building erscheint das Cahill Center allerdings
eher konservativ und verhalten. Dies ist hauptsächlich auf
seine Farbgebung und vergleichsweise bescheidene Grö-
sse zurückzuführen, die das Center in einen Kontext mit
dem historischen Kern des Caltech jenseits des California
Boulevard setzen. Patrick Zamariàn
«DER BAU RESULTIERT AUS EINER REIHE VON KRÄFTEN, DEREN KOLLISION ZUR ENTSTEHUNG EINZIGARTIGER ENTDECKUNGSRÄUME FÜHRT. KRAFTLINIEN ZEICHNEN DIE BEWEGUNG VON FORM UND LICHT DURCH DIE FACETTIERTE FASSADE DES GEBÄUDES, DAS ZENT-RALE VERTIKALE VOLUMEN UND DIE NÄHTE NACH.» MORPHOSIS
1 Faserzementplatte
2 Alumnium-Z-Profil
3 Vertikales Aluminium-Profil
4 Wassersperre
5 Wetterfeste Bauplatte
6 Wärmedämmung
7 Metall-Ständerwand
8 Gipsplatte
9 Aluminium-Konsole
10 Brandabschottung
11 Verankerung im Beton
12 Aluminium-Profil
13 Dachhaut
14 Betonträger
15 Abgehängte Decke
Vertikalschnitt 1:20
ARCH 155 BUNT 27
28
In Camorino, einer kleinen Wohngemeinde im Ballungsraum von Bel-
linzona, befindet sich nicht nur das Portal des Ceneri-Basistunnels, der
als Teilbereich der neuen Gotthardtransversale voraussichtlich 2016 er-
öffnet werden soll. Auch ein neu erbautes Gebäude mit rotem Schach-
brettmuster erweckt die Aufmerksamkeit.
Die Bauaufgabe sah die Instandsetzung eines bestehenden Kinder-
gartens sowie einen neuen Erweiterungsbau für eine dritte Kindergar-
tenklasse vor; darin enthalten ein öffentlicher Mehrzwecksaal. Eine
Herausforderung war, dass die beiden zur Verfügung stehenden
Grundstücke durch einen Reissbach getrennt sind und ausserdem zwei
städtebaulich völlig verschiedenen Bereichen angehören. Wegen der
starken inhaltlichen Verknüpfung wollte der Architekt Silvano Caccia
jedoch zwischen beiden Gebäuden eine unmittelbare, sichtbare Ver-
bindung herstellen. Mit einem trapezförmigen Grundriss passte der
Architekt den Neubau in Geometrie und Ausrichtung in seine Umge-
bung ein, richtete aber die zum gegenüberliegenden Kindergartenge-
bäude gewandte Südwestfassade parallel dazu aus. Zudem verbindet
ein Steg, der über den Bach führt, die beiden Anlagen.
Massgeblich für die Wahl der Konstruktion war der Minergie-Stan-
dard. Die Tragstruktur aus Beton wurde an drei Seiten mit Mineral-
wolle bedeckt und verputzt. Die lange, mit einem Vordach aus Sicht-
beton gerahmte Südwestfassade wurde hingegen als Holzständer aus-
geführt, der aussen wie innen mit Faserzementplatten bekleidet ist.
Das alternierende Muster der Eternittafeln verleiht der Fassadengestal-
Kindergarten und Mehrzwecksaal, CamorinoFarbliche Differenzierung
tung eine spielerische und zugleich geordnete Note. Da-
bei definieren die Führungsschienen der Lamellenstoren
aus Aluminium das Raster.
Bei der Wahl der Farben bewies Silvano Caccia, der in
Camorino ein Architekturbüro führt, eine feines Gespür.
Rot durchgefärbte Faserzementplatten machen die Front
zu Spielhof und Bachlauf hin zur Hauptansicht und ver-
leihen ihr eine besondere Kraft. An den Schmalseiten ist
der Putz dunkelgrau gestrichen. An der Nordostfassade
heben hellblaue Rechteckfelder in Analogie zur Südwest-
fassade das Obergeschoss hervor, in dem sich der Mehr-
zwecksaal befindet. Im Innern kehren all diese Farbtöne
wieder: Böden und Decken in materialfarbigen Holzwerk-
stoffen, Fenster und Türen in lackiertem Eichenholz, dun-
kelgrau gestrichene Unterzüge, runde Stützen in hell ab-
getöntem Blau und rubin-rote Eternitplatten.
Michael Hanak
Rote und blaue Ge-
bäudeteile strukturieren
und differenzieren
den Neubau innen wie
aussen.
ARCH 155 BUNT 29
«DIE WAHL DER KONSTRUKTION HAT SICH AM MINERGIE-STANDARD ORIENTIERT: DIE TRAG-STRUKTUR IN BETON, AN DREI SEITEN MIT MINERALWOLLE GEDÄMMT UND VERPUTZT, UND EINE FASSADE ALS HOLZSTÄNDER AUSGEFÜHRT, MIT INNENLIEGENDER ISOLATION UND AUF BEIDEN SEITEN MIT SWISSPEARL-PANEELEN BEKLEIDET.» SILVANO CACCIA
1
8
1
4
4
1
1
2
3
5
6
7
Standort Via Arla 1, Camorino, Schweiz
Bauherrschaft Gemeinde Camorino
Architekt Silvano Caccia, Camorino
Bauzeit 2008–2009
Generalunternehmung Mafledil SA, Osogna
Fassadenbau Veragouth SA falegnameria, Bedano
Fassadenmaterial SWISSPEARL® CARAT, Rubin 7031
1 Faserzementplatte 8 mm
2 Hinterlüftung
3 Windpapier
4 Wärmedämmung Mineralwolle
5 Wasserdichte Folie
6 Wärmedämmung, extrudierter Polystyrol
7 Beton
8 Ganzmetallstoren
Vertikalschnitt 1:20
Obergeschoss 1:1000
30
Erweiterung Alters- und Pflegeheim, Hasle-RüegsauLebhafter Lebensabend
Darf man das? Ein Alters- und Pflegeheim mit einer bunt
gescheckten Rundschindelfassade versehen, bedeutet ge-
gen Konventionen verstossen. Doch mit seinem farben-
frohen Erscheinungsbild passt dieses Bauwerk im Emmen-
tal hervorragend in den Ort und zur Bauaufgabe.
Ausgehend vom Altersleitbild, das die Gemeinden
Hasle, Rüegsau und Lützelflüh zusammen mit der Senio-
renorganisation Pro Senectute erstellt hatten, schrieb das
gemeinsam betriebene Alters- und Pflegeheim 2003 einen
Studienauftrag zur Erneuerung und Ergänzung der Bau-
ten aus. Opus Architekten, die damals noch Jörg + Sturm
hiessen, entschieden dieses Verfahren für sich. Bisher
wurden der Erweiterungsbau errichtet und das bestehende
Heim renoviert; in Planung befinden sich drei anschlie-
ssende Gebäude mit unabhängigen Seniorenwohnun-
gen.
Der neue zweigeschossige Erweiterungsbau führt das
Bestandsgebäude entlang der gebogenen Gerbestrasse fort.
Auf beiden Stockwerken reihen sich je neun Pensionärs-
zimmer sowie ein Mehrzweckraum aneinander. Jedes
Zimmer verfügt über Dusche/WC auf der Korridorseite
und eine windgeschützte Loggia an der Westseite. Im
Osten schliessen zwei eingeschossige Dienstleistungsge-
bäude an, die einen Hof umgeben. Hier sind Räume für
die Gemeinschaft, Aktivierung und Gymnastik unterge-
bracht.
Erstaunlich ist die Farbgebung. Fassaden und Dächer
des Erweiterungstraktes sowie auch Fassadenbereiche am
renovierten Gebäude sind mit verschiedenfarbigen Eter-
nit-Rundschindeln eingedeckt. Im Unterschied dazu sind
die rückwärtigen Anbauten in Sichtbeton gehalten. Für
die Schindeln wählten die Architekten eine Reihe von
Die bunt gemischten
Rundschindeln folgen
der schrägen Trauflinie.
ARCH 155 BUNT 31
Farben aus, die von Blau und Grün über Ocker und Beige
bis zu Grau und Weiss reicht. Am Walmdach grenzten sie
auf Weisung der Gemeinde die Farbpalette ein, um ein ru-
higeres Bild zu erhalten. Die in Zehnerreihen erhältlichen
Rundschindeln wurden nach einem Zufallsprogramm ver-
teilt. So bilden sie ein kleinteiliges, lebhaftes Fleckenmus-
ter, das an Strickpullover oder Flickenteppiche erinnert.
Speziell an den gleichmässigen Lochfassaden ist ausser-
dem, dass sie zur Südwestecke hin ansteigen. Da die Eter-
nitplatten parallel zur Traufe verlegt wurden, verlaufen sie
leicht schräg über die Wände. Der geschuppte Eternit-
schirm wird an den Gebäudeecken und Fensterzargen
durch Metallprofile präzise abgeschlossen.
Mit der einheitlichen äusseren Gestaltung verbinden
Opus Architekten die verschiedenen Alterseinrichtungen
zu einer Einheit. Mit den Rundschindeln nehmen sie ein
im Emmental verbreitetes bauliches Element auf, ohne
einer verstaubten Idylle zu erliegen. Die Herbstfarben des
Gebäudes korrespondieren mit der weiteren Umgebung.
Darüber hinaus verleihen sie dem Alters- und Pflegeheim
Hasle-Rüegsau ein zeitgemässes Image: Denn das Woh-
nen im Alter ist heute nicht mehr grau, sondern bunt.
Michael Hanak
«DIE EINHEITLICHE ÄUSSERE GESTALTUNG DER NEUBAUTEN IN FORM UND VERKLEIDUNG VERBINDET DIE VERSCHIEDENEN ALTERSEINRICHTUNGEN AUF DER GERBEMATTE ZU EINEM GROSSEN GANZEN.» OPUS ARCHITEKTEN
32
1 Faserzementplatte 4 mm
2 Hinterlüftung
3 Wärmedämmung
4 Backstein 150 mm
5 Betondecke
6 Konterlattung
7 Lattung, Unterdachbahn
8 Dreischichtplatte 30 mm
9 Sparren 12 × 22 cm
10 Lattung 40 × 20 mm
11 Installationshohlraum 25 mm
12 Gipskartonplatte 2 × 12.5 mm,
Gipsglattstrich
1 2 6 7
1
2
3
3
4
8
9 10 3 11 12
5
Traufdetail Erweiterungsbau 1:20
Erdgeschoss
Obergeschoss 1:1000
Standort Gerbestrasse 1, Hasle-Rüegsau
Bauherrschaft Stiftung Alters- und Pflegeheim
Hasle-Rüegsau
Architekten Opus Architekten AG, Langnau i.E.
Bauzeit 2007–2008
Fassadenbau, Dachdecker Christen AG,
Hasle-Rüegsau; Stettler Polybau AG, Eggiwil
Fassadenmaterial Rundschindeln NOBILIS, Weiss
N112, Grau N211, N212, N214, N215, Grün N511,
N512, N513, N515, Beige N811, Braun N915
Dachmaterial Rundschindeln NOBILIS, Grau N211,
N212 N213 N214, Grün N511, N512, N513, N514
ARCH 155 BUNT 33
34
ForschungsprojektIntegrales Faserzement-Verbundelement
Kann ein Haus nur aus Dämmung gebaut werden? Diese
provokative Frage verfolgt die Professur Andrea Deplazes
an der ETH Zürich derzeit in einem Forschungsprojekt.
Sie will ein Fassadensystem entwickeln, das die material-
inhärenten Eigenschaften des grafitveredelten Dämmstoffs
EPS einerseits und des Faserzements andererseits aus-
nutzt, um neue architektonische Ausdrucksweisen zu er-
zielen. Unterstützt wird das Forschungsteam von den zwei
Herstellerfirmen, Swisspor Management AG und Eternit
(Schweiz) AG, zwei erfahrenen Industriepartnern im Be-
reich der Gebäudehülle. Gemeinsam sollen marktfähige
Produkte entwickelt werden, welche die Vorteile des däm-
menden mit denjenigen des schützenden Bau materials
wirkungsvoll vereinigen. Entgegen des üblichen komple-
mentären Systemaufbaus werden die beiden Schichten der
Gebäudehülle dauerhaft verbunden.
Ein besonderes Augenmerk der ETH-Architekten liegt
auf dem Gestaltungspotenzial der Verbundelemente –
ermöglicht doch die voluminöse Lambda-Dämmung
eine dreidimensionale Gestaltung der äussersten Eternit-
Schicht. Dank maximaler gestalterischer Freiheit erhält die
Gebäudehülle je nach Wunsch eine plastische Wirkung.
mh
«NEBST DER ANWENDUNG BEI NEUBAUTEN BIETET SICH DIE NEUE KONSTRUKTION INSBESONDERE AUCH FÜR DIE WÄRMETECHNISCHE FASSADENSANIERUNG IM GEBAUTEN BESTAND AN.» PROFESSUR ANDREA DEPLAZES, ETH ZÜRICH
ARCH 155 BUNT 35
Regalsystem «Tetris» –
flexibler Raumtrenner
Anders als beim Computerspiel «Tetris» aus den 1980er Jahren han-
delt es sich beim Regalsystem des Gestalterduos Fries & Zumbühl
nicht um verschiedene, ineinander schichtbare Formen, sondern um
ein dreidimensionales Bauteil, das in mehrfacher Weise gruppiert
werden kann. In der losen Aneinanderfügung gleicht es allerdings der
spielerischen Methode. Wie beim Computerspiel kann man die Re-
galelemente drehen und sich so immer aufs Neue sein Regal zusam-
menstellen.
Das Einzelelement ist raffiniert gefertigt: Die aus acht Millimeter
dickem Faserzement gefertigte Schlaufe ist zu einem Rechteck ge-
formt, dessen eine Ecke sich öffnet und in ein Quadrat überleitet.
Zur Stabilisierung des Übergangs ist hier eine Verbindung aus Nuss-
baumholz eingearbeitet, die das kühl wirkende Eternit zugleich har-
monisiert.
Mit dem Regal steht nun das klassische Innenraummöbel schlecht-
hin aus Eternit vor uns. Für «Tetris» muss sich das Material in einer
neuen Funktion beweisen.
Angelegt als flexibles, raumgestaltendes System passen sich die
unverbundenen Elemente individuellen Bedürfnissen an. Durch die
materielle Robustheit und die Nutzbarkeit von zwei Seiten fungiert
es zudem als ein Raumtrenner, schwer zu verschieben, aber doch un-
kompliziert umzustellen. Mit namhaften Designpreisen ausgezeich-
net, führt «Tetris» Eternit als ein Möbelbaumaterial vor, das die In-
neneinrichtung durch seine vielschichtigen Eigenschaften zu berei-
chern vermag. Und diese scheinen gestalterisch noch lange nicht
ausgeschöpft zu sein. Franziska Müller-Reissmann
Design
Design Kevin Fries und Jakob Zumbühl, Zürich
Entwurf 2007
Masse 81 × 35 × 54 cm
Gewicht 9 kg
Auszeichnungen IF Award 2009, reddot design award 2009
36
Eternit-Objekte in der
Baumuster-Centrale
Studierende der Architektur an der Hochschule Luzern setzten sich
im ersten Semester mit Faserzement auseinander. Zuerst loteten sie
die Materialeigenschaften aus und analysierten die Herstellungs- und
Verarbeitungsprozesse. Dann formten und bauten sie eigenhändig
Objekte.
Machte der Entwurfskurs zunächst den Anschein einer spieleri-
schen experimentellen Annäherung, so forderten die Dozenten Die-
ter Geissbühler und Raphael Schmid mit folgenden Fragen heraus:
Wie lassen sich aus den Eigenschaften eines Materials konstruktive
Prinzipien ableiten, und wie lassen sich daraus Raumhüllen mit spe-
zifischen räumlichen und sinnlichen Eigenschaften entwickeln?
Eine Auswahl der studentischen Arbeiten war in einer Sonderaus-
stellung über Verbundwerkstoffe der Schweizer Baumuster-Centrale
in Zürich vom 19. Januar bis 15. März 2010 zu sehen. Die «Räumlinge»
aus Faserzement sind zwar weitgehend zweckfrei, umso mehr inspi-
rieren sie zu künftigen Anwendungsbereichen. mh
Auszeichnung für
Eternit-Stand
Zur Eröffnung der Gartenmesse Giardina 2010 am 16. März 2010 durf-
ten Cadosch & Zimmermann Architekten für die Gestaltung der
Sonderschau «Urbanes Grün» den Giardina-Silver-Award entgegen-
nehmen. Der Stand, der unter der Federführung der Eternit
(Schweiz) AG gefertigt wurde, zeigte anschaulich, wie mitten in der
Stadt, auf dem Balkon, der Terrasse oder im Garten erholsame grüne
Oasen geschaffen werden können. Pavillonbauten, sorgsam gestal-
tete Nischen und raumbildende Pflanzentröge waren einige der
ebenso schlauen wie handfesten Ideen, die die Besucher der fünftä-
gigen Gartenmesse mit nach Hause nehmen konnten.
Nebst der Eternit (Schweiz) AG beteiligten sich am Gemein-
schaftsstand: Küng AG Saunabau, Balteschwiler AG, Christoph
Bosshard Landschaftsarchitekt, Tschümperlin AG, Tossa und Indu-
plus. mh
Ausstellung
Giardina
Impressum
Herausgeber
Eternit (Schweiz) AG, 8867 Niederurnen
Telefon 055 617 11 11, Fax 055 617 15 02
[email protected], www.eternit.ch
Redaktion Michael Hanak, Zürich
Beirat Stefan Cadosch, Eternit (Schweiz) AG, Niederurnen
Gestaltung Bernet & Schönenberger, Zürich
Planbearbeitung Deck 4 GmbH, Sandra Eichmann, Zürich
Korrektorat Barbara Raschig, München
Druck Friedrich VDV, Linz
Fotos
Jürg Zimmermann, Zürich (Umschlag, S. 2, 3 links,
28–33, 35 unten)
Steve Hall, Hedrich Blessing, Chicago (S. 3 rechts)
Ivan Brodey, Oslo (S. 4–7)
Miran Kambic, Radovljica (S. 8–15)
Louis Dallara, Medford (S. 16–17)
Judson & Olivos Architects, Santiago de Chile (S. 18–21)
Roland Halbe, Stuttgart (S. 22–27)
Prof. Andrea Deplazes, ETH Zürich (S. 34)
Fries & Zumbühl, Zürich (S. 35)
Fachhochschule Luzern, Horw (S. 35 oben)
Redaktionsadresse
Redaktion ARCH, Postfach 203, 8024 Zürich
[email protected], Telefon und Fax 044 241 35 28
Abonnemente und Adressänderungen
Eternit (Schweiz) AG, 8867 Niederurnen
[email protected], Fax 055 617 15 02
Preis Einzelheft
CHF 10.–
Den Inhalt der Zeitschriftenbeiträge verantworten die
jeweiligen Autorinnen und Autoren. Gemäss dem all-
gemeinen Sprachgebrauch wird Eternit auch als Gattungs-
bezeichnung für Faserzement verwendet. Die Eternit
(Schweiz) AG stellt hiermit jedoch klar, dass es sich beim
Begriff ETERNIT um einen Firmennamen und eine
geschützte Marke handelt.
Die Pläne wurden freundlicherweise von den Architekten
zur Verfügung gestellt. Die Detailpläne wurden zur
besseren Lesbarkeit überarbeitet; für deren Richtigkeit
kann die Redaktion keinerlei Garantie übernehmen.
Diese Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und
Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt.
Gesamtauflage 16 500 Exemplare
Deutsche Ausgabe ISSN 1661 – 3279
Französische Ausgabe ISSN 1661 – 3287
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