AGF Herrentunnel

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KAlTETECHNIK/BODENGEFRIEREN eigl ottmann er Einsatz der Boden- gefriertechnik beim Herrentunnel Einsatz der Bodengefriertechnik beim Herrentunnel Lubeck odenvereisung kon- I- .• .. ereiche groBfUichig r einen langeren gefroren werden. entsteht ein Frost- o r, (fessen Festigkeitsei- nschaften und abdichtende Wirkun9 bei der Erstellung unterirdischer Bauwerke im GrundWasser ausgenutzt erden. Er ermoglicht das Graben unterhalb dieser Eis- barriere, ohne dass Grund- asser einflieBt. Der Beitrag behandelt die Anwendung (lieser modernen Technik am des am 26. August 2005 eroffneten Herrentun- nels in LUbeck. Soil Freezing as Used in the Construction of lubeck's Herrentunnel ifurning water in the ground to ice is a good way to keep a large area of ground frozen over a longer period of time. This technique creates a solid body of ice, whose stability properties and sealing effects make it effec- tive for building underground structures in groundwater. It allows for digging below the ice barrier without groundwater flowing in. The article talks about the application of this modern technique, using the Herrentun- net (opened on Aug 26, 2005 in Lubeck, Ger- many) as an example. Keywords: H. Weigl; H. Rottmann, Bilfinger Berger AG, Mannheim; K. Selmer, YORK Deutschland GmbH, Manheim 1. Allgemeines Bei dem Projekt Herrentunnel Lubeck handelt es sich um einen Straf3entunnel, der unter dem Fluss Trave hindurch fUhrt und die Lubecker Innenstadt mit dem Ostseehafen Travemunde verbindet. Bis zu seiner Eroffnung am 26. August 2005 wurde der StraBenverkehr uber die bestehende Herrenbrucke geleitet, die als Klappbrucke ausgebildet ist und mehrmals taglich, wenn grof3ere Schiffe die Trave passieren, hochgeklappt wer- den muss. Diese Verkehrunterbrechun- gen fUhrten auf der viel befahrenen B 75 zu betrachtlichen Staubildungen. Eine Verbesserung der Situation bringt nun der Herrentunnel, durch den der Grof3teil des Verkehrs flief3en 5011. Die Benutzung des Tunnels ist mautpflichtig. Auftraggeber des Projektes ist die Her- rentunnel Lubeck GmbH & Co. KG. Aus- gefuhrt wurde das Bauvorhaben von der Hochtief Construction AG und der Bilfin- ger Berger AG. 2. Projekt Bei dem Herrentunnel in Lubeck handelt es sich um einen 875 m langen, zwei- rohrigen StraBentunnel, der in Ost- West Richtung verlauft. Je Rohre wurden 780 m im Schildvortrieb hergestellt. Die verbleibenden 95 m wurden in offener Bauweise erstellt. Auf Grund der geologischen Gegeben- heiten und des hohen Wasserdrucks er- folgte der Vortrieb mit einem Hydro- schild. Zuerst wurde die Sudrohre yom Startschacht im Osten in Richtung Wes- ten aufgefahren. Nach Beendung des Vortriebes der Sudrohre wurde die Tun- nelbohrmaschine zum Startschacht zu- ruck gebracht. Der Vortrieb der Nord- rohre erfolgte ebenfalls von Ost nach West. Auf den ersten 400 Tunnelmetern fUhrt die Trasse mit einem Gefalle von 6 % auf eine Hohe von ca. 9 m unter der Travesohle. Nach der Unterquerung der Trave steigt die Gradiente wiederum mit 6 % an. Der Schilddurchmesser von 11,67 m wurde dem spateren Straf3enquerschnitt angepasst. Gesichert wurde der Ausbruchquer- schnitt durch 45 cm starke Stahlbeton- Wbbings, die eine mittlere Lange von 1,50 m haben. Ein Tubbingring bestand aus 6 StahlbetonWbbings und einem Schlusstein. Verbunden sind die beiden Tunnelrohren durch 2 Querstollen, die in einer Gefah- rensituation als Notausgang dienen. Die Querschlage haben eine Lange von 14,9 m bzw. 18,7 m. Die Achse des Querschlag Ost steigt in Sud-Nord- Richtung mit 9,84 % an, die des Quer- schlag West mit 1,528 % (Bild 1). Der Durchmesser beider Stollen betragt 4,3 m. Auf Grund des hohen Wasser- drucks wurden die Querschlage im Schutz eines Vereisungskorpers aufge- fahren. 3. Geologie Der Baugrund besteht in tieferen Lagen auf Braunkohlesanden, die den Grund- wasserleiter Lubecks darstellen. Uber den Braunkohlesanden liegen eiszeit- Bild 1: Schematische Darstellung der Tunnelrohren mit Querschlag © KI Luft- und Kaltetechnik 10/2005

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Artificial Ground Freezing for Herrentunnel Project

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KAlTETECHNIK/BODENGEFRIEREN

eigl ottmann er

Einsatz der Boden­gefriertechnik beim Herrentunnel Einsatz der Bodengefriertechnik beim Herrentunnel Lubeck

odenvereisung kon­I-~- .•_~_.. ereiche groBfUichig

r einen langeren ~iltrllUl" gefroren werden. "~IftIUl'th entsteht ein Frost-o r, (fessen Festigkeitsei­

nschaften und abdichtende Wirkun9 bei der Erstellung unterirdischer Bauwerke im GrundWasser ausgenutzt

erden. Er ermoglicht das Graben unterhalb dieser Eis­barriere, ohne dass Grund­

asser einflieBt. Der Beitrag behandelt die Anwendung (lieser modernen Technik am ~eispiel des am 26. August 2005 eroffneten Herrentun­nels in LUbeck.

Soil Freezing as Used in the Construction of lubeck's Herrentunnel

ifurning water in the ground to ice is a good way to keep a large area of ground frozen over a longer period of time. This technique creates a solid body of ice, whose stability properties and sealing effects make it effec­tive for building underground structures in groundwater. It allows for digging below the ice barrier without groundwater flowing in. The article talks about the application of this modern technique, using the Herrentun­net (opened on Aug 26, 2005 in Lubeck, Ger­many) as an example.

Keywords:

H. Weigl; H. Rottmann, Bilfinger Berger AG, Mannheim; K. Selmer, YORK Deutschland GmbH, Manheim

1. Allgemeines

Bei dem Projekt Herrentunnel Lubeck handelt es sich um einen Straf3entunnel, der unter dem Fluss Trave hindurch fUhrt und die Lubecker Innenstadt mit dem Ostseehafen Travemunde verbindet. Bis zu seiner Eroffnung am 26. August 2005 wurde der StraBenverkehr uber die bestehende Herrenbrucke geleitet, die als Klappbrucke ausgebildet ist und mehrmals taglich, wenn grof3ere Schiffe die Trave passieren, hochgeklappt wer­den muss. Diese Verkehrunterbrechun­gen fUhrten auf der viel befahrenen B75 zu betrachtlichen Staubildungen. Eine Verbesserung der Situation bringt nun der Herrentunnel, durch den der Grof3teil des Verkehrs flief3en 5011. Die Benutzung des Tunnels ist mautpflichtig.

Auftraggeber des Projektes ist die Her­rentunnel Lubeck GmbH & Co. KG. Aus­gefuhrt wurde das Bauvorhaben von der Hochtief Construction AG und der Bilfin­ger Berger AG.

2. Projekt

Bei dem Herrentunnel in Lubeck handelt es sich um einen 875 m langen, zwei­rohrigen StraBentunnel, der in Ost­West Richtung verlauft. Je Rohre wurden 780 m im Schildvortrieb hergestellt. Die verbleibenden 95 m wurden in offener Bauweise erstellt.

Auf Grund der geologischen Gegeben­heiten und des hohen Wasserdrucks er­folgte der Vortrieb mit einem Hydro­schild. Zuerst wurde die Sudrohre yom Startschacht im Osten in Richtung Wes­ten aufgefahren. Nach Beendung des Vortriebes der Sudrohre wurde die Tun­nelbohrmaschine zum Startschacht zu­ruck gebracht. Der Vortrieb der Nord­rohre erfolgte ebenfalls von Ost nach West. Auf den ersten 400 Tunnelmetern

fUhrt die Trasse mit einem Gefalle von 6 % auf eine Hohe von ca. 9 m unter der Travesohle. Nach der Unterquerung der Trave steigt die Gradiente wiederum mit 6 % an.

Der Schilddurchmesser von 11,67 m wurde dem spateren Straf3enquerschnitt angepasst.

Gesichert wurde der Ausbruchquer­schnitt durch 45 cm starke Stahlbeton­Wbbings, die eine mittlere Lange von 1,50 m haben. Ein Tubbingring bestand aus 6 StahlbetonWbbings und einem Schlusstein.

Verbunden sind die beiden Tunnelrohren durch 2 Querstollen, die in einer Gefah­rensituation als Notausgang dienen. Die Querschlage haben eine Lange von 14,9 m bzw. 18,7 m. Die Achse des Querschlag Ost steigt in Sud-Nord­Richtung mit 9,84 % an, die des Quer­schlag West mit 1,528 % (Bild 1). Der Durchmesser beider Stollen betragt 4,3 m. Auf Grund des hohen Wasser­drucks wurden die Querschlage im Schutz eines Vereisungskorpers aufge­fahren.

3. Geologie

Der Baugrund besteht in tieferen Lagen auf Braunkohlesanden, die den Grund­wasserleiter Lubecks darstellen. Uber den Braunkohlesanden liegen eiszeit-

Bild 1: Schematische Darstellung der Tunnelrohren mit Querschlag

© KI Luft- und Kaltetechnik 10/2005

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Bild 2: Trasse und geologischer Schnitt

liche Sedimente, die von den Gletschern wahrend der Eiszeit mehrfach umge­formt wurden. Eine unregelmaBige Wechselfolge von Geschiebemergel, Beckenschluffen und Beckentonen, die 6rtlich Feinsandbander einschlieBen, bilden das Pleistozan, dessen Starke zwischen 5 und 20 m schwankt. Schmelzwassersande, deren Schicht­dicke zwischen 2 und 19 m variiert bil­den die geologische Deckschicht (Bild 2).

4. Vereisung

Bei der Bodenvereisung wird das Erd­reich unter den Gefrierpunkt des Was­sers abgekuhlt, wodurch das im Boden enthaltene Wasser gefriert. Durch die Vereisung des Boden-Wasser-Gemisches wird ein Frostk6rper hergestellt, dessen Festigkeitseigenschaften und vor allem dessen abdichtende Wirkung bei der Er­stellung unterirdischer Bauwerke im Grundwasser ausgenutzt werden.

Die Bodenvereisung ist auf Grund der Tatsache, dass der Grundwasserspiegel so gut wie nicht beeinflusst und die Qua­litat des Grundwassers nicht beeintrach­tigt wird, ein sehr umweltfreundlichen Verfahren.

4.1 Vereisungsbohrungen

Fur die Herstellung der Querschlage im Schutze eines Frostk6rpers mussen Ver­eisungsbohrungen hergestellt werden, in denen die so genannten Vereisungs­rohre verlegt werden, die zur Leitung der Kuhlflussigkeit dienen.

Auf der Baustelle Herrentunnel Lubeck wurden je Querschlag 22 Vereisungs­

bohrungen, 4 Temperaturmessbohrun­gen und eine Entwasserungsbohrung er­stellt. Die Vereisungsbohrungen und die Temperaturmessbohrungen wurden von oben nach unten abgebohrt. Die Boden­verhaltnisse im Bereich der Bohrungen sind laut Baugrundgutachten sehr un­terschiedlich, so dass auch mit gr6Beren Hindernissen gerechnet werden musste.

Die Vereisungsbohrungen hatten je nach Lage eine Lange von ca. 15-20 m. Von der Tunnelsohle aus ge­messen lag die unterste Bohrung 0,70 m und die oberste Bohrung 8,00 m uber der Soh Ie. Aile Bohrungen wurden von der Sudr6hre aus in Richtung der Nord-

Bild 3: Anordnung der Verei­sungs-. Temperaturmess- und Entwasserungsbohrungen

© Kiluft- und Kaltetechnik 10/2005

r6hre gebohrt. Der Abstand der ein­zelnen Bohrrohre zueinander betrug zwischen 0,90 m und 1,05 m. Bei den Bohrungen war eine Richtungsabwei­chung von bis zu 1 zulassig.

Die Temperaturmessbohrungen hatten wie die Vereisungsbohrungen eine Lange zwischen 15 m und 20 m. Sie ver­liefen teilweise parallel zu den Verei­sungsbohrungen aber auch schrag durch den Frostk6rper hindurch. Das Ende der schragen Temperaturmessboh­rungen lag ca. 0,5 m auBerhalb des theoretischen Frostk6rpers. Sie dienten dazu, den Aufbau und den Erhalt des Frostk6rpers zu kontrollieren (Bild 3).

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Das Bohrgerat, das im Wesentlichen aus Bohrlafette, Bohrantrieb, Hydraulikham­mer und Vorschub bestand, stand auf einer Bohrbuhne. Um von der untersten bis zur obersten Bohrung aile Bohrun­gen ausfuhren zu kbnnen, war die Bohr­buhne hbhenverstellbar. Da die Bohr­buhne das Drehmoment und die Vor­schubkraft des Bohrgerats aufnehmen musste, war sie standsicher aufzustellen, und ihre Stabilitat war durch eine Statik nachzuweisen. FOr den Betrieb des elek­trisch angetriebenen Bohrgerats sorgte eine Gesamtanschlussleistung von ca. 100 kW.

An den Stellen, an denen die Nord- und die Sudrbhre durch die Querschlage mit­einander verbunden wurden, wurden die StahlbetontObbings durch Stahltub­bings ersetzt, in denen sich die Ansatz­stutzen fOr die Bohrungen befanden. Eine Betonplombe schOtzte die An­satzstutzen zur TubbingauBenseite hin gegen das Erdreich bzw. gegen die 20 em starke Ringspaltverpressung. Die Ansatzstutzen wurden mit einer Stahl­platte bedeckt. Ais Vorbereitung fOr die Bohrung wurde die Stahlplatte ent­fernt und das Bohrgerat mit dem An­satzstutzen verbunden. Die genaue Bohrrichtung wurde vor Ort anhand der Daten der Nordrbhre eingemessen. Das Bohrrohr diente in diesem Fall auch als auBeres Vereisungsrohr. Sein AuBendurchmesser betrug 108 mm. Auf Grund der beengten Verhaltnisse in der Tunnelrbhre waren die Einzelrohr­langen auf maximal 1,20 m beschrankt. Zu Beginn der Bohrung wurde die schut­zende Betonplombe durchbohrt. Dann wurde die Bohrung solange weiterge­fOhrt, bis die Bohrkrone den Ringspalt­mbrtel der Nordrbhre durchbrach und Kontakt mit dem Stahltobbing der Nord­rbhre hatte. Die Bohrkrone, die im Erd­reich verblieb, durfte die Lange von 200 mm nicht uberschreiten. Nachdem die Bohrung soweit fertig gestellt war, musste das Bohrrohr zur Bohrkrone hin dicht verschlossen und gereinigt werden. Nach Fertigstellung der Verei­sungsbohrung wurde eine Dichtigkeits­prOfung durchgefOhrt. Dazu wurde das Vereisungsrohr zwei Stunden lang einem Wasserdruck von 15 bar ausge­setzt.

Die Temperaturmessbohrungen wurden in der gleichen Weise wie die Verei­sungsbohrungen erstellt. Bei ihnen wurde ein TemperaturfOhler einge­bracht.

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4.2 Vereisung Die Vereisung auf der Baustelle Herren­tunnel Lubeck erfolgte mit einer Solever­eisung. Das heiBt, dass als Kaltetrager eine Kalciumchloridlbsung verwendet wurde.

Zur Vorbereitung der Vereisung wurden die in der Tunnelrbhre befindlichen En­den der Vereisungsbohrungen mit ei­nem Flansch versehen, an dem der Ge­frierkopf befestigt wurde. In die fertig gestellten Vereisungsrohre wurde ein aus Polyethylen bestehendes Fallrohr eingebracht. Diese Fallrohre hatten einen Durchmesser von 50 mm und wurden durch Abstandhalter in Position gehalten. SchlieBlich wurde der Gefrier­kopf auf dem zuganglichen Ende des Vereisungsrohres angebracht. Uber den Gefrierkopf wurde die von der Kal­teanlage kommende Solelbsung durch das Fallrohr an das im Erdreich befind­liche Ende des Rohres gepumpt. Dort trat es aus dem inneren Rohr heraus und wurde in dem Ringraum zwischen auBerem und innerem Vereisungsrohr zurOckgeleitet. Dabei nahm der Kalte­trager Warme aus dem ihm umgeben­den Erdreich auf. Uber den Gefrierkopf wurde die erwarmte Solelbsung aus dem Vereisungsrohr wieder abgeleitet und zur Kalteanlage zurOckgefuhrt.

Die Zu- und Ableitung der Solelbsung er­folgte fUr jedes einzelne Vereisungsrohr Ober einen Schieber, so dass eine Steue­rung der einzelnen Rohre mbglich war.

Ais Kaltetrager wurde in diesem Fall eine 30 % Kalziumchlorid-Lbsung mit einem Gefrierpunkt von - 500

( eingesetzt. Die hier gewahlte Vorlauftemperatur der So­lelbsung betrug - 35°C. Beim Durchlau­fen des Vereisungsrohres nahm die Sole­Ibsung Warme aus dem Baugrund auf und wurde dadurch erwarmt. Die Erwar­mung der Solelbsung konnte bis zu 5 O(

betragen, das heiBt, dass die ROcklauf­temperatur der Solelbsung bis auf -30 O( steigen konnte.

Zum Auffahren der Querschlage im Schutze einer Baugrundvereisung musste bei den in LObeck gegebenen Bodenverhaltnissen ein Frostkbrper mit einer Dicke von 1,75 m und einer mittle­ren Frostkbrpertemperatur von -10 O(

aufgebaut werden. Aus den warme­technischen Berechnungen ergab sich eine maximale Aufgefrierzeit von 35 Ta­gen zum Aufbau des beschriebenen Frostkbrpers fOr den vorhandenen Bau­grund. Da wahrend des Auffahrens der Querschlage aber z. B. Ober die

Luft Warme vom Baugrund aufgenom­men wird und wahrend der gesamten Bauzeit der Querschlage die Frostkbrper­dicke von 1,75 m vorhanden sein muss­ten, wurde die Aufgefrierdauer mit 42 Tagen festgelegt. In diesem Zeitraum sollte laut Warmeberechnung eine mini­male Frostkbrperdicke von 1,85 m er­reicht werden. Die Bildung des Frostkbr­pers wurde mit Hilfe von Temperaturfuh­lern, die sich in den Temperaturmess­bohrungen befanden, kontrolliert.

Nach Herstellung des Frostkbrpers muss­te die Vereisung weiterhin aufrecht er­halten werden. Dazu war es nbtig, den statisch erforderlichen Frostkbrper mit einer Randtemperatur von -2 O(

zu erhalten. Um dies zu erreichen, musste in der Erhaltungsphase die Ge­frieranlage nicht mehr wie in der Aufge­frierphase dauerhaft betrieben werden. Zur Erhaltung des Frostkbrpers war es ei­nerseits mbglich, die Kalteanlage inter­mittierend bei einer Vorlauftemperatur von -35 O( zu betreiben. Andererseits bestand die Mbglichkeit, bei einem kon­tinuierlichen Betrieb der Anlage eine Vorlauftemperatur von Ober -35 O( zu wahlen.

Ais Gefrieraggregat wurde eine zweistu­fige (OzlNHrKompressionskalteanlage der YORK Deutschland GmbH verwen­del. die in der sOdlichen Tunnelrbhre aufgestellt wurde. Bei einer Solevorlauf­temperatur von -35 O( betrug die Kal­teleistung der Anlage ca. 600 kW. In der Kalteanlage wurde die Solelbsung mit Hilfe von Kohlenstoffdioxid ((02) und Ammoniak (NH 3) auf die Vorlauftem­peratur herunter gekOhlt. Dabei wurde das bei niedriger Temperatur siedende gasfbrmige Ammoniak in einem Kom­pressor stark verdichtet. Das unter ho­hem Druck stehende Gas wurde an­schlieBend in einem Kondensator vom gasfbrmigen in den flOssigen Aggre­gatszustand ObergefOhrt. Die bei der Aggregatszustandanderu ng freigege­bene Warmeenergie wurde von Kuhl­wasser aufgenommen, das auBerhalb des Tunnels in einem KOhlturm wieder heruntergekOhlt wurde. Der entstan­dene flOssige Ammoniak wurde unter starker Temperaturaufnahme ver­dampft. Die vom Ammoniak zur Ver­dampfung benbtigte Warmeenergie wurde dem Kohlendioxid entzogen, das dabei vom gasfbrmigen in den flOs­sigen Zustand kondensierte. Bevor die Kondensation des (02 stattfand, wurde das gasfbrmige Kohlenstoffdioxid in einem Kompressor verdichtet. Das bei

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Bild 4: Schematische Darstellung der zweistufigen NH;C02-KiUteanlage

der Ammoniakverdampfung entstan­dene flussige (02 wurde wie der Am­moniak wieder verdampft. Die dazu be­notigte Energie wurde der Solelbsung entzogen, die sich dabei auf ca. -35 D( abkuhlt. Die abgekuhlte Solek'>­sung wurde uber die Gefrierrohre in das Erdreich geleitet, wo sie Warmeenergie aus dem Baugrund aufnahm und diesen somit vereiste. Die rucklaufende Solelb­sung hatte eine Temperatur von bis zu -30 O( (Bild 4).

Nach Fertigstellung der Querschlage und nachdem die Innenschale betoniert und tragfahig war, konnte die Vereisung ruckgebaut werden. Dazu wurden un­mittelbar nach dem Abschalten der Kuhlaggregate die Sammelleitungen, die die Solelbsung transportierten, ab­gebaut. Die Vereisungsrohre wurden di­rekt am Austritt aus dem Stahltubbing abgeschnitten und mit Hilfe einer Ab­deckung wasserdicht und dauerhaft verschlossen. Die Vereisungsrohre ver­bleiben auf Dauer im Baugrund.

4.4 Aktive Kuhlung Um zu garantieren. dass der Frostkorper eine feste Verbindung zu den beiden Tunnelrbhren bekommt war nicht nur ein radiales, sondern auch ein axiales Wachstum des Frostkorpers erforderlich. Da das Wachstum in axialer Richtung nur ungefahr einem Drittel des radialen Wachstums entspricht, war dieses Wachstum fOr den Anschluss des Frost­kbrpers an den Stahltubbing besonders wichtig. Fur ein ungestbrtes Ausbreiten des Frostkbrpers in Achsrichtung war eine aktive Kuhlung der StahltUbbings vorgesehen.

Diese aktive Kuhlung wurde erreicht, indem auf die StahltUbbings auf der Tunnelinnenseite Rohre angeschweiBt wurden. Die Rohre wurden von zwei voneinander getrennten Kreislaufen be­dient, die nicht mit dem Kuhlkreislauf

der Vereisungsanlage in Verbindung standen. Ein Kreislauf versorgte den First- und einen Seitenbereich und der zweite Kreislauf versorgte den Sohl­und den anderen Seitenbereich mit einer Kuhltemperatur von -10 D( (Bild 5). Prinzipiell ware auch ein Anschluss an die Vereisungsanlage mbglich gewesen, was hier jedoch aus wirtschaftlichen Grunden nicht durchgefUhrt wurde. Zu­satzlich wurden die aktiv gekuhlten Tub­bings mit Polystyrolhartschaumplatten isoliert.

Um den Frostkbrperanschluss an die Stahltubbings kontrollieren zu kbnnen wurden Messketten zur Temperaturmes­sung eingerichtet.

5. Auffahren der QuerschUige

Auf Grund des auBerhalb der Tunnelrbh­ren herrschenden Wasserdrucks von 37 m Wassersaule konnte das Auffahren der Querschlage nicht ohne besondere MaBnahmen durchgefUhrt werden. Bei vorherrschendem Wasserdruck bestand die Mbglichkeit. die Querschlage unter Druckluft oder mit Hilfe von Vereisung aufzufahren. In diesem Fall wurde fUr

die Erstellung der Querschlage in berg­mannischer Bauweise das oben be­schriebene Vereisungsverfahren ge­wahlt.

5.1 6ffnung des Stahltubbings Bei der Erstellung der Tunnelrbhren wur­den, wie bereits erwahnt, an den Stellen. an denen die Querschlage an die Tun­nelrbhren anschlieBen. die Stahlbeton­tLibbings durch Stahltubbings ersetzt. Sobald der Frostkbrper seine statisch er­forderliche Dicke von 1,75 m und seine mittlere Frostkbrpertemperatur von -10 O( erreicht hatte und der Anschluss des Frostkbrpers an die Stahltubbings nachweislich erfolgt war, konnte mit der Offnung des StahltLibbings begon­nen werden.

In dem StahltUbbing befand sich ein Stahlfenster. durch das der Vortrieb er­folgte. Auf diesem Fenster wurde die genaue GrbBe und Lage des Quer­schlages gekennzeichnet. Mit einem Schneidbrenner wurde das ca. 3 x 3 m groBe Fenster in dem markierten Bereich gebffnet, in kleine StUcke zerteilt und entfernt. Der Zugang zum Erdreich war somit hergestellt.

Bild 5: Ringleitungen und Stahltubbing

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Bild 6: Vortriebsmaschine

5.2 Auffahren der Querschlage Die beiden Querschlage wurden in berg­mannischer Bauweise von der Sudrbhre aus aufgefahren. Der Vortrieb erfolgte mit der Frase (Bild 6).

Das ausgebrochene Material wurde mit Hilfe von Bobcat und Minibagger aus dem Querschlag heraus transportiert. Ein Radlader befbrderte das Material aus der Tunnelrbhre hinaus.

Da der Zugang zu den Querschlagen durch die vorher gebffneten Stahlfenster erfolgte, waren die raumlichen Verhalt­nisse sehr beengt (Bild 7). Aile Gerate, die fUr die Vortriebsarbeiten genutzt wurden, mussten demnach relativ klein und wendig sein, um mit dem wenigen Platz auszukommen.

Bild 7: Blick in den Querschlag

Die Abschlagslangen betrugen ca. 2,00 m und wurden mit einer abgestuf­ten Ortsbrust ausgebildet. 1m gleichen Abstand erfolgte der Einbau von Gitter­tragern. Sie dienten zum einen dazu, die genaue Lage der Querschlage zu be­stimmen und zum anderen wurden sie dazu benutzt, um die Spritzbeton­auBenschale in der richtigen Starke auf­zubringen. Die SpritzbetonauBenschale besteht aus einem B25 und hat eine Starke von ca. 20 em. Auf dem unten abgebildeten Langsschnitt des Quer­schlags sieht man den Frostkbrper, der den Ausbruchquerschnitt des Quer­schlags umgab (Bild 8). AuBerdem sind die Achsen der Gittertrager und die Ab­schlaglangen eingetragen.

Fur die Sicherung der Querschlage mit Spritzbeton wurde in diesem Fall das Trockenspritzverfahren angewendet. Das heisst, dass eine Betontrocken­mischung und das Wasser erst in der Duse der Spritzbetonanlage miteinander vermischt wurden. Die Betontrocken­mischung wurde in einem Silo am Tun­nelportal aufbewahrt. um bei Bedarf in kleine Transportsilos abgefUlit zu wer­den, die dann in den Tunnel transportiert werden konnten.

Der Ausbruch der Sohle erfolgte ruck­wirkend in TeilstOcken bis 4,00 m. Ais der Ausbruch komplett fertiggestellt und die AuBenschale aufgebracht war, konnte das Stahlfenster im StahltObbing der Nordrbhre gebffnet werden. Die Off­nung erfolgte auf die gleiche Weise wie in der Sudrbhre.

Bild 8: Uingsschnitt durch den Querschlag

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5.3 Ausbau der QuerschUige Nach Beendigung des Vortriebs wurden die Querschlage mit einer Ortbetonin­nenschale ausgebaut.

Die Betonage der Innenschale erfolgte abschnittsweise. Je Querschlag wurden drei Blocke betoniert. Die Blocke 1 und 3, die jeweils eine Lange von ca. 5 m haben, bilden die Verbindungen zu den Tunnelrohren. Der Block 2 ist das Mittelstuck des Querschlags und hat eine Lange von ca. 8 m.

Nachdem die einzelnen Betonierab­schnitte bewehrt wurden, erfolgte der Einbau der Gewolbeschalung. Diese wurde auBerhalb des Tunnels aufgebaut und anschlieBend zu den Querschlagen transportiert. Die Schalung musste zum Einbau in einzelne Teile zerlegt und durch das Fenster im StahltObbing in den Querschlag gehoben werden. Dies geschah mit einem Autokran in Millime-

Technische Daten der Kiilteanlage

terarbeit. 1m Querschlag wurden die ein­zelnen Teile der Gewolbeschalung fur einen Block wieder zusammen gebaut und ausgerichtet.

Die Betonage erfolgte mit einem Beton B25. Er wurde mit Hilfe einer Beton­pumpe in den Querschlag transportiert und eingebaut. Sobald der gesamte Querschlag betoniert und der Beton tragfahig war, konne die Vereisung zu­ruckgebaut werden.

6. Erfahrungen und Ausblick

Beim Westerschelde-Projekt wurde ­erstmalig in vergleichbaren Bodenver­haltnissen und bei den gegebenen Randbedingungen - gegen einen Was­serdruck von 6 bar gebohrt. Umfang­reiche Voruntersuchungen und Tests so­wie Probebohrungen waren zur Opti­mierung der Gerate- und Verfahrens­details erforderlich. Nach Abschluss der

Kalteanlage Zweistufige (02/NH3-Kompressionsanlage

Kalteleistung 600 kW (Bei Vorlauftemperatur von -35°C)

Kaltemittel (02 und NH3

Kaltetrager 30 % Kaliumchloridlosung

Solevorlauftemperatur -35°(

Solerucklauftemperatur -30 0(

Verdampfungstemperatur -41°(

Verflussigungstemperatur -10 0C/+ 40 O(

Kuh Iwassereintritt + 32 O(

Kuhlwasseraustritt + 36 O(

Kuhlwassermenge 193 m3/h

Ruckkuhlung Kuhlwasser oftener Ruckkuhlturm

Kalteverdichtertyp CO2: HPO 28/26 NH3: SAB 163

Drehzahl (min-') 1450 2950

280 M 250 sl225 sMotorgroBe

Alfa Laval M 10 / Titanium Verdampfertyp / Material

Alfa Laval M1 0/ AISI 316Verflussigertyp / Material

(02: 220 kg NH3: 160 kg Kaltemittelmenge

Arbeiten kann festgestellt werden, dass die Bohrarbeiten bei einer Wasser­saule von bis zu 60 m ohne nennens­werte Probleme und in der notwendigen Qualitat durchgefUhrt werden konnten.

1m Steuerstand fUr die Gefrierarbeiten auBerhalb des Tunnels wurden aile wich­tigen Daten pro Querschlag gesammelt. Durch die Registrierung von Solemenge, Ein- und Ausgangstemperatur, NH3­Konzentration, Kuhlwassertemperatur, Saugdruck, Temperaturen im Erdreich, Temperaturverteilung in den Tubbingen und den Wasserdruck im umschlossenen Bodenkorper war der Gefriervorgang sehr gut zu uberwachen und Storungen direkt zu erkennen. Wertvolle Erfahrun­gen fur kunftige Projekte wurden ge­macht.

Wah rend der ersten Vereisungsarbeiten konnte festgestellt werden, dass sich der Anschluss des Frostkorpers an die StahltObbinge langsamer als erwartet entwickelte und langsamer war als am Anschluss an die Betontubbinge. Die Ur­sache hierfur war der groBe Warmeab­transport im Stahl. Die an den Stahltra­gern befestigten Trager und die NottOr wirkten wie ein groBer Warmetauscher. Dies war an den dortigen Temperatur­fUhlern deutlich zu erkennen. Durch eine zusatzliche aktive Kuhlung der Stahltubbinge konnte dieser Effekt eli­miniert werden. Wenn die zusatzliche aktive Kuhlung gleichzeitig mit dem Hauptaggregat eingeschaltet war, konn­te ein Eisanschluss in der berechneten Zeit erzielt werden.

Fur weitere Projekte stehen mit den gesammelten Erfahrungen technische ausgereifte Verfahrensweisen zur Ver­fugung. Eine Voruntersuchung hat er­geben, dass sich auch groBere Gefrier­leistungen durch Kalteaggregate in Kas­kadenbauweise mit den Kaltemitteln C02 und NH3 realisieren lassen bei nur unwesentlich groBerem Platzbedarf fUr die Kalteaggregate.

Schlusselworter

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