Abschlussbericht zum Verbundprojekt · Beim chemischen Recycling treten insbesondere Probleme der...
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Abschlussbericht
zum Verbundprojekt
„Chemisches Recycling von PA6.6-Teppichkompaktisolationsmaterial aus der
Altautodemontage“
Projekt-Nr.: 01RC0172
Laufzeit: 01.03.2002 – 31.12.2005
Verbundpartner:
TITK Rudolstadt
Fa. Stankiewicz Adelheidsdorf
Projektleiter TITK Rudolstadt: DC Rucho
Projektleiter Stankiewicz: Dr.Ing. Freser Wolzenburg
Ort: Rudolstadt Datum: 29.06.2006
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Inhaltsverzeichnis:
I. Kurzdarstellung zu:
1. Einleitung und Problemstellung
2. Voraussetzungen für die Vorhabensdurchführung
3. Planung und Ablauf des Vorhabens
4. Stand der wissenschaftlich und technischen Anknüpfung
4.1.Benutzte Verfahren, Konstruktionen und Schutzrechte zur Durchführung des
Forschungsvorhabens
4.2. Verwendete Fachliteratur sowie benutzte Informationsstellen
5. Zusammenarbeit mit anderen Stellen
II. Ausführliche Darstellung der Ergebnisse
1. Allgemeine chemische Grundlagen
2. Technologisch-verfahrenstechnisches Konzept
2.1. Kurzbeschreibung des Verfahrens
2.2. Anlage zur Trockenaufbereitung der Teppichkompaktisolationen
2.3. Anlage zur Agglomeration der Faserfraktion
2.4. Anlage zur Depolymerisation der Faserfraktion
2.4.1.Gleichlaufender Doppelschneckenextruder
2.4.2. Flüssigdosieranlage
2.4.3. Transportband
2.4.4. Schneidmühle
2.5. Reinigung des AHA-Rohproduktes mittels Extraktions- und Kristallisationsanlage
2.5.1. Aufstellungs- und Explosionsschutzkonzept
2.6. Autoklav zur Repolymerisation des gereinigten AHA-Salzes
3. Versuchsergebnisse und Diskussion
3.1. Eingesetzte Rohstoffe
3.1.1. Charakterisierung der Rohstoffe
3.1.1.1. Teppichkompaktisolation
3.1.1.2. Adipinsäure
3.1.1.3. Ethanol
3.1.1.4. Diaminohexan
3.2. Trockenmechanische Aufbereitung
3.2.1. Charakterisierung des trockenmechanisch aufbereiteten Produktes
1
3.2.1.1. Bestimmung der mineralischen(anorganischen) Anteile der Faserfraktion
3.2.1.1.1. Bestimmung der Zusammensetzung des anorganischen Anteiles
3.2.1.2. Bestimmung der organischen Anteile
3.2.1.3. Bestimmung relevanter chemischer Parameter der PA6.6-Fasern
3.3. Versuche zur Agglomerierung der PA6.6-Faserfraktion
3.3.1. Versuchsdurchführung
3.3.2. Charakterisierung des PA6.6-Agglomerates
3.3.3. Diskussion der Messergebnisse
3.4. Reaktiver Abbau im Doppelschneckenextruder
3.4.1. Versuchsdurchführung
3.4.1.1. Verfahrensbedingungen und Extruderkonfiguration beim Abbau
3.4.2. Versuchsergebnisse und Diskussion
3.5. Reinigung des AHA-Rohproduktes
3.5.1. Versuchsdurchführung
3.5.1.1. Vorversuche
3.5.1.2. Extraktion und Kristallisation
3.5.2. Versuchsergebnisse und Diskussion
3.5.2.1. Ausbeute
3.5.2.2. Chemische Parameter
3.5.2.3. Thermische Analyse
3.5.2.4. Infrarotspektroskopie
3.5.2.5. HPLC- Analytik
3.5.2.6. Elementaranalyse
3.5.3. Versuche zur Entfärbung des extrahierten Versuchsproduktes
3.6. Repolymerisation des extrahierten AHA-Versuchsproduktes
3.6.1. Herstellung und Charakterisierung des Vorproduktes AHA-HMDA-Salz
3.6.1.1. Versuchsdurchführung
3.6.1.2. Versuchsergebnisse und Diskussion
3.6.2. Repolymerisation des AHA-HMDA-Salzes
3.6.2.1. Versuchsdurchführung
3.6.2.2. Versuchsergebnisse und Diskussion
4. Ermittlung der Material- und Energieverbräuche
4.1. Materialverbräuche
4.2. Energieverbräuche
2
5. Literaturverzeichnis
6.Vorraussichtlicher Nutzen, insbesondere Verwertbarkeit der Ergebnisse im Sinne des
fortgeschriebenen Verwertungsplanes
7. Während der Durchführung des Vorhabens dem ZE bekannt gewordenen Fortschritt auf
dem Gebiet des Vorhabens bei anderen Stellen
8. Erfolgte bzw. geplante Veröffentlichungen der Ergebnisse nach Punkt 6 der
Nebenbestimmungen (AZA)
Anhang 1: Zusammensetzung Teppich
Anhang 2: Explosionsschutzkonzept
Anhang 3: Verwendete Messmethoden
III. Kurzfassung Erfolgskontrollbericht (Anlage 1)
III.1. Beitrag des Ergebnisses zu den förderpolitischen Zielen (Förderprogramm-
Schwerpunkt)
III.2. Wissenschaftlich-technische Ergebnisse des Vorhabens, erreichte Nebenergebnisse und
gesammelte wesentliche Erfahrungen
III.3. Fortschreibung des Verwertungsplanes
III.3.1. Erfindungen/Schutzrechtanmeldungen und erteilte Schutzrechte vom ZE bzw. am
Vorhaben Beteiligter, sowie deren standortbezogene Verwertung (Lizenzen u.a.) und
erkennbare weitere Verwertungsmöglichkeiten
III.3.2. Wirtschaftliche Erfolgsaussichten nach Projektende (mit Zeithorizont), Umsatz- und
Transferstrategien
III.3.3. Wissenschaftliche und/oder technische Erfolgsaussichten nach Projektende (mit
Zeithorizont), etwaige Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen, Firmen, Netzwerken und
Forschungsstellen
III.3.4. Wissenschaftliche und wirtschaftliche Anschlussfähigkeit für eine mögliche
notwendige nächste Phase bzw. nächste innovatorische Schritte zur erfolgreichen
Ergebnisumsetzung
III.3.5. Arbeiten, die zu keiner Lösung geführt haben
III.3.6. Präsentationsmöglichkeiten für möglich Nutzer
III.3.7. Einhaltung der Ausgaben- und Zeitplanung
IV. Kurzfassung Berichtsblatt (Anlage 2)
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Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen
ADS: Adipinsäure
AH-Salz : Hexamethylendiamin-Adipinsäure-Salz
AHA: Hexamethylendiaminoadipat
AHA-RF: extrahiertes AHA-Rohprodukt
DSC: Differential Scanning Calorimetrie
TGA: Thermische Gravimetrische Analyse
FTIR: Fourier-Transformation-Infrarotspektroskopie
PA6.6: Polyamid6.6
PP: Polypropylen
PUR: Polyurethan
EVA: Ethylenvinylacetat-Copolymer
MVR: Melt Volume Rate
ICP-OES: Ionenchromatographie
1.AH: 1.Aufheizung in der DSC-Analyse
2.AH: 2.Aufheizung in der DSC-Analyse
HPLC: High Performance Liquid Chromatograpie
Verzeichnis der Tabellen:
Tabelle 1: Verwendete Rohstoffe
Tabelle 2: Bestandteile des mineralischen Anteiles der PA6.6-Faserfraktion
Tabelle 3: Thermische Analyse der PA6.6-Faserfraktion
Tabelle 4: Analysenergebnisse PA6.6-Agglomerat
Tabelle 5: Abbaugeschwindigkeit von Adipinsäure
Tabelle 6: Analysenergebnisse der AHA-Rohprodukte sowie Adioinsäure
Tabelle 7: Ausbeute der Versuchsprodukte
Tabelle 8: Chemische Parameter der extrahierten Versuchsprodukte
Tabelle 9: Thermische Analyse der extrahierten Versuchsprodukte
Tabelle 10: Schmelzbereiche PA6.6-Oligomere
Tabelle 11: Elementaranalysen von PA6.6 und den extrahierten Versuchsprodukten
Tabelle 12: Farbkoordinaten der extrahierten Versuchsprodukte
Tabelle 13: Technologische Parameter der Polymerisation
Tabelle 14: Analysen der PA6.6-Granulate
Tabelle 15: Ergebnisse der Prüfung von mechanischen Eigenschaften
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Verzeichnis der Abbildungen
Abb.1: Verfahrensschema, S. 13
Abb.2/1: Windsichteranlage, S. 14
Abb.2/2: Schneidmühle, S.14
Abb.2/3: Teppichfasermaterial mit Schwergutpartikel, S. 24
Abb.2/4: Effekt des Siebes, S. 24
Abb.2/5: Effekt des Siebes mit Rüttler, S. 25
Abb.2/6: Material vor und nach nochmaliger Sichtung, S. 25
Abb.2/7: Fließbild Trockenaufbereitung, S. 26
Abb.3/1;3/2: Agglomerator, S. 15
Abb.4: Doppelschneckenextruder ZSK25-WLE, S. 16
Abb.5: Flüssigdosieranlage, S. 17
Abb.6: Transportband, S. 18
Abb.7/1 u. 7/2: Extraktions- und Kristallisationsanlage, S. 19
Abb.8: 6l-Autoklav, S. 22
Abb.9: TGA-Analyse von PA6.6-Fasern, S. 30
Abb.10: TGA-Analyse von PA6.6-Agglomerat, S. 31
Abb.11/1-11/7: TG-FTIR-Kopplungsanalytik von PA6.6-Agglomerat, S. 31-33
Abb.12: TGA-Analyse Adipinsäure, S. 34
Abb.13/1-13/4: FTIR-Spektrogramme von Adipinsäure nach verschiedenen
Temperzeiten, S. 36-37
Abb.14/1-14/3: Verfahrensbedingungen ZSK25-WLE beim Abbau, S. 39-40
Abb.15/1-15/11: DSC-Diagramme AHA-Rohprodukte (Aufheizung bis 300°C), S. 44-48
Abb.16/1-16/6: DSC-Diagramme AHA-Rohprodukte (Aufheizung bis 200°C), S. 49-51
Abb.17: TGA-Analyse Rohprodukt AHA/3, S. 51
Abb.18/1-18/6: DSC-Diagramme der extrahierten Produkte, S. 55-57
Abb.19/1-19/5: FTIR-Spektrogramme PA6.6-Agglomerat, AHA-Rohprodukte,
extrahierte Produkte, S. 58-60
Abb.20/1 u. 20/2: HPLC-Analyse der extrahierten Produkte, S. 61-62
Abb.21/1-21/3: DSC-Diagramme AHA-HMDA-Salz, S. 65-66
Abb.22/1-22/3: DSC-Diagramme AH-Salz, S. 67-68
Abb.23: Technologische Fahrweise PA6.6-Polymerisation, S. 69
Abb.24/1-24/2: DSC-Diagramme PA6.6-Referenzcharge und repolymerisierte
Charge PA6.6, S. 70-71
5
Abb.25: Stoffflussdiagramm, S. 72
Abb.26: Raumbelegung Extraktions- und Kristallisationsanlage, S. 81
Abb.27: Ex-Zonen der Extraktions- und Kristallisationsanlage, S. 82
Abb.28/1 u. 28/2: Expositionsstellen von Ethanol an der Extraktions- und
Kristallisationsanlage, S. 83
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1.Einleitung und Problemstellung
Die EU-Altautorichtlinie 2000/53/EG sieht vor, dass ab dem Jahr 2006 Altfahrzeuge zu 85%
einer Verwertung zugeführt werden müssen, wobei die stoffliche Verwertung mindestens
80% betragen muss. Ab dem Jahr 2015 steigt diese Quote auf 95% mit einer stofflichen
Verwertung von 85%.Im Innenbereich von Kraftfahrzeugen sind akustische Baugruppen mit
einem Anteil bis zu 8% am Gesamtfahrzeuggewicht enthalten. Teppichkompaktisolierungen
sind akustisch wirksame Bauteile im Innenbereich von Automobilen mit zwei wesentlichen
Funktionen, zum einen als Dekorelement und zum anderen als ein akustisch wirksames
Federsystem zur Verbesserung der Innenraumakustik. Das Teppichkompaktsystem besteht im
wesentlichen aus einer Polyamid 6.6-Polfaser, einer mineralgefüllten (Bariumsulfat oder
Kalziumkarbonat) EVA-Schwerfolie und aus einer hinterschäumten Polyurethanschicht. Für
die stoffliche Verwertung dieser Teppichkompaktisolierung müssen die enthaltenen
Fraktionen sortenrein getrennt werden. Die stoffliche Verwertung der EVA-Schwerfolie
sowie die Verwertung der Polyurethanschicht sind technisch-technologisch gelöst und
entsprechen der Richtlinie 2000/53/EG. Die EVA-Schwerfolie wird zu einem beträchtlichen
Teil dem Herstellungsprozess wieder beigemischt und die PUR-Fraktion werden mittels
Glykolyseverfahren in reaktive Systeme überführt, die zur Herstellung von PUR-
Schaumstoffprodukten verwendet werden.
Zum rohstofflichen Recycling von Polyamid 6.6 sind in der Literatur eine Reihe von
Verfahren vorgeschlagen worden [z.B.1,2,3]. Kommerziell in der Umsetzung befindet sich
ein Verfahren von Du Pont in Maitland (2500t/a). Dieses Verfahren basiert auf der
Ammonolyse von sortenreinen PA6.6-Teppichfasern mit einem Reinheitsgrad von 98%. Das
Rohmaterial wird in einem Reaktor mit Ammoniakgas unter Zusatz eines
Phosphatkatalysators bei 300°C unter einem Druck von 7bar depolymerisiert und die
Abbauprodukte fraktioniert destilliert. Bei dem Prozess entsteht als Hauptprodukt das PA6.6-
Monomer Hexamethylendiamin sowie Adipinsäurenitril [4 ].
Beim chemischen Recycling treten insbesondere Probleme der Sortenreinheit und der Kosten
in den Vordergrund. Daraus leitet sich die Aufgabenstellung für dieses Verbundprojekt ab.
Zielstellung dieses Vorhabens ist es, ein ganzheitliches Recyclingkonzept zur Aufbereitung
von PA6.6-Teppichkompaktisolierungen aus dem Automobilbereich zu entwickeln.
Schwerpunkt bildete die Entwicklung von Verfahrens- und Anlagentechniken, die es
ermöglichen, eine höchstmögliche Reinheit der einzelnen Teppichfraktionen als Basis für die
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wirtschaftliche Herstellung qualitativ guter PA6.6-Rezyklate zu erreichen. Die Projektpartner
Stankiewicz und das TITK Rudolstadt verfolgten insbesondere folgende spezifische
Aufgabenstellungen:
a) Entwicklung einer trockenmechanischen Trenntechnologie, die es ermöglicht, die
Reinheit der PA6.6-Leichtfraktion von ca. 50% auf 90 bis 95% zu erhöhen. Dies sollte
durch Einsatz spezieller Mahl- und Klassiertechnik erfolgen. Ferner sollte diese Technik
durch apparate- und verfahrenstechnische Optimierung an die spezifische Aufgabe
angepasst werden. Das trockenmechanisch aufbereitete Produkt sollte dem TITK
Rudolstadt zur weiteren Aufarbeitung zur Verfügung gestellt werden.
b) Entwicklung eines technologisches Verfahrens im TITK Rudolstadt zur
Depolymerisation der gereinigten PA6.6-Faserfraktion mit Adipinsäure, der Reinigung
des Abbauproduktes sowie der Repolykondensation
1.1.Voraussetzungen der Vorhabensdurchführung
-Investitionen von Neuanlagen und Nutzung vorhandener Anlagen im TITK
-Nutzung der Trennanlage (Zick-Zack-Windsichter) bei der Fa. Herbold, da bei Stankiewicz
die vorgesehene Investition nicht getätigt wurde
1.2.Planung und Ablauf des Vorhabens
Projekt-Besprechungen:
-Unterzeichnung Kooperationsvertrag zwischen Stankiewicz und TITK Rudolstadt am
02.05.2002
-Anlaufberatung im TITK Rudolstadt im Juni 2002
-Projektbesprechung im TITK Rudolstadt Mai 2003
-Projekt-workshop in Adelheidsdorf bei der Fa. Stankiewicz
(Teilnehmer: DLR, Stankiewicz, TITK Rudolstadt)
Vorstellung und Diskussion der Projektergebnisse:
Auf Grund der verspäteten Lieferung der Hauptausrüstungen zur Durchführung der
Extraktions- und Kristallisationsversuche (Anlagenlieferung: Juni 2003) wurde eine
Verlängerung des Abschlusstermines auf den 31.12.2005 vom TITK Rudolstadt beantragt und
vom Projektträger DLR genehmigt.
8
Ablauf der Projektarbeiten:
Entsprechend des geänderten Abschlusstermins wurde der Balkenplan angepasst. Da von der
Fa. Stankiewicz die geplante Trockentrenntechnik nicht angeschafft werden konnte, mussten
die Versuche zur Gewinnung der PA6.6-Faserfraktion bei der Fa. Herbold durchgeführt
werden. Da diese auf einer laufenden Produktionsanlage durchgeführt wurden, standen dem
TITK Rudolstadt für die gesamten Versuche lediglich 100kg Faserfraktion zur Verfügung.
Deshalb konnten die Arbeitspakete lediglich angearbeitet werden bzw. Prinzipversuche
durchgeführt werden. Ebenfalls konnten die als Leistung Dritter geplanten Arbeiten zur
Optimierung der Kristallisation bei der Fa. Meso Chemietechnik GmbH nicht durchgeführt
werden.
1.3.Stand der wissenschaftlich-technischen Anknüpfung
1.3.1.Benutzte Verfahren, Konstruktionen und Schutzrechte zur Durchführung des
Forschungsvorhabens
1.3.1.1.Trockenmechanische Aufbereitung von Kompaktisolationen
-Verwendung eines Zick-Zack-Sichters ZZS Typ2 mit Zellradschleuse bei der Fa. Herbold
1.3.1.2.Depolymerisation von PA6.6 –Faserabfällen im Doppelschneckenextruder
Die Depolymerisation von PA6.6-Faserabfällen mit Adipinsäure bis zu dem oligomeren
Prepolymeren Hexamethylendiadipat mittels reaktiver Extrusion ist in der Literatur kaum
beschrieben. Die meisten Verfahren, welche beschrieben wurden und auch teilweise schon
kommerziell eingeführt worden sind, basieren auf dem Abbau mit Aminen bzw. mit
Ammoniak unter extremen Bedingungen [4 ].
Grundlegende chemische Kenntnisse zum Abbau von Polyamid6.6, die im TITK erarbeitet
wurden und patentrechtlich geschützt sind [ 5 ], wurden für das Forschungsvorhaben genutzt.
1.3.1.3.Reinigung des Prepolymeren durch Extraktion und Kristallisation
Zur Extraktion und Kristallisation wurden kommerziell verfügbare Ausrüstungen und
Apparate, die für Extraktionsverfahren in der Lebensmittel- und Pharmaindustrie
Verwendung finden, genutzt. Die Anpassung an die notwendige verfahrenstechnische
Aufgabe zur Reinigung der Prepolymeren war Bestandteil des Projektes.
9
1.3.1.4.Repolymerisation von AHA-Prepolymer
Die Repolymerisation erfolgte in dem 6-Autoklaven des TITK Rudolstadt. Grundlage des
Verfahrens bildeten die im TITK vorhandenen Vorkenntnisse zur Polymerisation von
Adipinsäure und Hexamethylendiamin sowie von AH-Salz. Die Anpassung und Optimierung
der Verfahrensbedingungen war eine Aufgabe dieses Vorhabens.
1.3.2.Verwendete Fachliteratur sowie benutzte Informations- und Dokumentationsdienste
Als Fachliteratur, Informations- und Dokumentationsdienste wurden verwendet:
1.Patentdatenbanken, DERWENT; Chemical Abstracts, Online-recherchen Depatisnet, eigene
Recherchen im Internet nach relevanten keywords;
2.Ullmann’s Encyclopedia of Industrial Chemistry (copyright 2003 by Wiley-VCH Verlag)
GmbH & Co KG aA
3.John Scheirs, Polymer Recycling, Science, Technology and Applications, John Wiley&Sons
Ltd., 1998
4.Brandrup et.al., Die Wiederverwendung von Kunststoffen, Carl Hanser Verlag, 1995
5.R.J.Ehrig, Plastics Recycling Products and Processes, Carl Hanser Verlag, 1992
1.4.Zusammenarbeit mit anderen Stellen
In der Phase der Anlagenplanung und Realisierung wurden insbesondere mit dem Lieferanten
der Extraktions- und Kristallisationsanlage, e & e Verfahrenstechnik GmbH Warendorf in
Fragen der Auslegung und Gestaltung der Anlagen und mit dem TÜV Thüringen in Fragen
des Explosionsschutzes zusammengearbeitet.
Die innerhalb des Projektteiles TITK Rudolstadt als Drittleister vorgesehene Fa. Meso
Chemietechnik GmbH konnte nicht in Anspruch genommen werden. Die im Budget
vorgesehenen finanziellen Mittel wurden nicht verwendet.
II. Ausführliche Darstellung der Ergebnisse
1.Allgemeine chemische Grundlagen
Die Synthese des Polyamid6.6 erfolgt in einer Polykondensationsreaktion von Adipinsäure
und Hexamethylendiamin über die Stufe des AH-Salzes.
Zur Erreichung hoher Molekulargewichte muss die Äquivalenz der Endgruppen ständig
gewährleistet sein. Kommerziell wird zunächst das AH-Salz mit der entsprechenden
Äquivalenz (pH-Wert: 6,8-7,2)hergestellt, welchen dann als Ausgangsmaterial für die PA6.6-
Polykondensation in Batchreaktoren eingesetzt wird.
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Prinzipiell laufen folgende Reaktionen ab:
HOOC-(CH2)4-COOH + H2N-(CH2)6-NH2 HOOC-(CH2)4-CONH-(CH2)6-NH2
Adipinsäure Hexamethylendiamin -H2O AH-Salz
HOOC-(CH2)4-CONH-(CH2)6-NH2 -[-OC-(CH2)4-CONH-(CH2)6-NH-]n- AH-Salz -H2O Polyamid 6.6
Beim Abbau des Polyamid 6.6-Polymeren mit Adipinsäure entsteht das
Hexamethylendiaminoadipat, das sogenannte AHA-Salz [6].
Der Abbau läuft in 2 Reaktionsschritten entsprechend folgender Gleichung ab:
1.Reaktion einer Carboxylgruppe mit der endständigen Aminogruppe des Polymeren: HO-[-OC-(CH2)4-CONH-(CH2)6-NH-]n-H + HOOC-(CH2)4-COOH Polyamid 6.6 Adipinsäure - H2O
HO-[-OC-(CH2)4-CONH-(CH2)6-NH- ]n-CO-(CH2)4-COOH 2.Bei weiterer Zugabe erfolgt der Angriff an einer der Peptidbindungen und der Abbau
verläuft bis zu dem gewünschten Prepolymeren (AHA-Salz):
HO-[-OC-(CH2)4-CONH-(CH2)6-NH-]n-CO-(CH2)4-COOH + HOOC-(CH2)4-COOH HO-[OC-(CH2)4-CONH-(CH2)6-NHCO-(CH2)4-CO-]y-OH + HO-[OC-(CH2)4-CONH-(CH2)6-NHCO-]n-y-OH . . . HOOC-(CH2)4-CONH-(CH2)6-NHCO-(CH2)4-COOH AHA-Salz Der Wiederaufbau der Ketten (Repolykondensation) zu Polyamid 6.6 erfolgt dann unter
Zusatz äquimolarer Mengen Hexamethylendiamin nach folgenden Reaktionsschema:
HOOC-(CH2)4-CONH-(CH2)6-NHCO-(CH2)4-COOH + H2N-(CH2)6-NH2 AHA-Salz Hexamethylendiamin - H2O
HO-[-OC-(CH2)4-CONH-(CH2)6-NH-]n-H Polyamid 6.6
11
Nicht sortenreine PA6.6.-Teppichabfälle enthalten entsprechend dem Aufbau des Teppiches
folgende Hauptbestandteile:
Polyamid6.6: Polfaser ( wt%)
EVA: Schwerschicht
Mineral: Bariumsulfat oder Kalziumkarbonat
PUR: Schaumschicht
Schmutzreste
Basis des zu entwickelnden ganzheitlichen Recyclingkonzeptes ist Verfahrens- und
Anlagentechnik zur möglichst sortenreinen Wiedergewinnung der Rohstoffe aus den
Teppichresten zu konzipieren, das Verfahren im kleintechnischen Maßstab zu testen und seine
Wirtschaftlichkeit einzuschätzen.
2.Technologisch-verfahrenstechnisches Konzept
2.1.Kurzbeschreibung des Verfahrens
Die Teppichkompaktisolationen werden zunächst trockenmechanisch aufbereitet. Das
Material wird zunächst in einem Zweiwellenbrecher zerkleinert und danach über eine
Zickzackwindsichteranlage in die verschiedenen Fraktionen aufgetrennt. Folgende Fraktionen
fallen danach an:
-Schwerschichtfraktion, bestehend
-Abfallleichtfraktion
-PA6.6-Teppichfaserfraktion
Die vorzerkleinerte PA6.6-Faserfraktion wird mittels eines Agglomerators in eine für die
Extrusion dosierfähige Form gebracht. Die agglomerierte Faserfraktion wird über eine
gravimetrische Dosiereinrichtung in den gleichlaufenden Doppelschneckenextruder ZSK25
WLE dosiert, wobei eine vorher berechnete Menge Adipinsäure ebenfalls gravimetrisch
zudosiert wird. Das depolykondensierte Rohprodukt AHA wird über einen Schmelzefilter
gedrückt und auf einem Transportband kristallisiert und abgekühlt. Das erkaltete Rohprodukt
wird in einer Schlagmühle trocken vermahlen. Das so zerkleinerte AHA-Rohprodukt wird
dann einer Fest-Flüssig-Extraktion in einem diskontinuierlichen Extrakteur unterzogen. Als
Extraktionsmittel wird Ethanol oder Methanol verwendet. Das AHA-Salz löst sich in heißem
Alkohol und wird nach einer Extraktionszeit von 10-15 Stunden dem Kristallisator zugeführt.
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Das Extraktionsmittel wird abdestilliert und das gereinigte AHA-Salz aus dem Kristallisator
diskontinuierlich ausgetragen.
Nachdem mit Hexamethylendiamin die entsprechende Äquivalenz der Endgruppen hergestellt
wurde, erfolgt die Repolykondensation zu Polyamid6.6 im Autoklav. Nachdem das
gewünschte Molekulargewicht erreicht ist, wird die Schmelze über eine Düse ausgetragen und
mittels Stranggranulator granuliert. Die Trocknung des Granulates zur Weiterverarbeitung
erfolgt in einem Umluft- bzw. Vakuumtrockner.
In der nachfolgenden Abbildung ist das technologische Fließbild des Verfahrens dargestellt:
Abb.:1
Vorsortierung,Zerkleinerung
Agglomeration ADS
Doppelschneckenextruder Filtration
Transport- band
Ethanol Schlagmühle
PA6.6 Regenerat
Autoklav Kristallisator
Extrakteur
WindsichtungTeppich Kompakt isolierung
AbfallleichtfraktionSchwerfraktion
HMD 2.2.Anlage zur Trockenaufbereitung der Teppichkompaktisolationen
Die Trockenaufbereitung erfolgte mit einer Zick-Zack-Windsichteranlage ZZS Typ2 mit
Zellradschleuse der Fa. Herbold. Die Anlage besteht aus folgenden Komponenten:
a) Schneidmühle SML30/50 mit:
Rotor, 2 Statormessern, Siebeinlage Absaugung
b) Zick-Zack-Sichter ZZS Typ2 mit
Zellradschleuse, Absaugung
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In der nachfolgenden Abbildung ist die Windsichteranlage mit Schneidmühle dargestellt:
Abb.:2
2.3.Anlage zur Agglomeration der Faserfraktion
Die Agglomeration der PA6.6-Faserfraktion wurde in einem Densifikator DS 50-S der Firma
Mixaco Maschinenbau Neuenrade vorgenommen. Das fasrige Material wird im
Aufgabeschacht durch einen Zerkleinerungsrotor vorzerkleinert. Danach gelangt es in den
Verdichter, in dem schnell laufende Verdichterflügel das Gut durch Friktionswärme
erwärmen und agglomerieren lassen. Das Regranulat wird durch die Kühlung des Verdichters
abgekühlt und aus dem Agglomerator ausgetragen.
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Die nachfolgenden Abbildungen zeigen den prinzipiellen Aufbau der Anlage:
Abb.:3/1 und 3/2
15
2.4.Anlage zur Depolykondensation der PA6.6-Faserfraktion
2.4.1.Gleichlaufender Doppelschneckenextruder
Die Abbauversuche wurden mit einem gleichlaufenden Doppelschneckenextruder ZSK25-
WLE (Megacompounder) der Fa. Coperion durchgeführt. Der Extruder besitzt ein L/D-
Verhältnis von 40 bei einem Schneckendurchmesser von 25mm. Der Extruder ist in 10 Zonen
unterteilt und elektrisch beheizt. In den Zonen befinden sich Entgasungsöffnungen, auch für
eine Vakuumentgasung. Die Dosierung flüssiger Additive ist über eine Dosierlanze in einer
der beiden atmosphärischen Entgasungsstutzen möglich. Über 2 Seitenextruder können feste
Stoffe in den Extruder dosiert werden. Die Additivzugabe erfolgt gravimetrisch über
entsprechende Waagen der Fa. Ktron Soder.
Die folgende Abbildung zeigt den Aufbau der Extruderanlage:
Abb.: 4
2.4.2.Flüssigdosieranlage
Zur Dosierung der Adipinsäure war ein Dosieranlage der Fa. Ktron Soder vorgesehen, die
lediglich für die ersten Versuche verwendet worden ist. Zusätzlich wurde eine beheizte
flexible Rohrleitung mit einer passenden Einspritzdüse für die Eindosierung in den Extruder
verwendet.
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Die nachfolgende Abbildung zeigt den Aufbau der Flüssigdosiereinrichtung:
Abb.:5
Die aufgeschmolzene Adipinsäure wird in einen elektrisch beheizten Wägebehälter gegeben
und gravimetrisch über das elektrisch beheizte Pumpen- und Rohrleitungssystem über die
Einspritzdüse in den Extruder eindosiert. Die Steuerung der Anlage ist autarg und kann auch
für andere Extrudertypen verwendet werden. Die Anlage ist prinzipiell für diese
Dosieraufgabe geeignet, muss jedoch für einen Dauerbetrieb optimiert werden. Dies betrifft
insbesondere die Erhöhung der Heizleistung des Wägebehälters, um darin die Aufschmelzzeit
der Adipinsäure zu verkürzen, sowie eine Veränderung der Einspritzdüse, da es während der
Extrusion immer wieder zu Einfrierungen im Extruder gekommen ist. Derartige
Optimierungen waren im Rahmen des Projektes aufgrund der begrenzten zur Verfügung
stehenden Materialmenge nicht möglich.
Für die Abbauversuche wurde eine alternative Technologie entwickelt, die vorsieht, die
Adipinsäure als Feststoff in den Extruder zu dosieren. Es wurde gefunden, dass dieses
Verfahren ausschließlich unter Verwendung von feinkörnigem Polymer möglich ist. Eine
Vergleichsextrusion mit PA6.6 mit den Granulatabmessungen 2x2x4mm verlief hinsichtlich
der Dosierung unter den eingestellten Extrusionsbedingungen negativ.
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2.4.3.Transportband
Die aus der Düse des Doppelschneckenextruders abgebaute PA6.6-Schmelze (AHA-
Rohprodukt) wird direkt auf das luftgekühlte Transportband geleitet und kristallisiert.
Abb.: 6
2.4.4.Schneidmühle
Zur Zerkleinerung der Schmelzebrocken des AHA-Rohproduktes wurde die Rotoplex-
Schneidmühle Typ 28/40 Ro der Firma Alpine eingesetzt. Es wurde mit einer Spaltbreite
Rotor/Stator von 0,3mm und einem 2mm Sieb gearbeitet. Die Drehzahl betrug 1000rpm.
2.5.Reinigung des AHA-Rohproduktes mittels Extraktion/Kristallisationsverfahren
Zur Abtrennung von Verunreinigungen, wie nicht vollständig abgebautes PA6.6, mineralische
Feststoffe oder EVA-Reste wurde eine einstufige Extraktions- und Kristallisationsanlage
verwendet. Diese Anlage wurde als exgeschützte Anlage konzipiert und ausgeführt, da als
Extraktionsmittel Ethanol zur Anwendung kam.
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Die nachfolgende Abbildung zeigt den prinzipiellen Aufbau der Anlage:
Abb.: 7/1 und 7/2
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Die Aufgabe des Rohproduktes erfolgt manuell über einen Trichter am Extrakteur, auf dessen
Boden sich ein Sieb und eine Filtermatte zur Zurückhaltung der unlöslichen Bestandteile
befindet. Je nach Ansatzgröße wird eine entsprechende Menge das im Vorratsbehälter auf ca.
70°C vorgeheizte Ethanol über Durchflussmesser mittels Kreiselpumpe in den Extrakteur
gepumpt. Das heiße Extraktionsmittel wird über einen Verteilerkopf im Extrakteur ständig
umgepumpt, so dass sich das gereinigte AHA-Produkt allmählich im Ethanol löst. Nach einer
vorgewählten Extraktionszeit wird die AHA/Ethanol-Lösung mittels Kreiselpumpe in den
Kristallisator, der als doppelmantelbeheizter Rührbehälter ausgelegt ist, gepumpt und das
Extraktionsmittel vom AHA-Produkt getrennt wird.
Die Trennung kann zum einen durch Ausfrieren des AHA-Salzes und zum anderen durch die
destillative Entfernung des Alkohols erfolgen. Beim Ausfrieren wird der Doppelmantel des
Kristallisators mit einer Kühlflüssigkeit fortwährend beschickt und des Extraktionsmittel
durch absaugen entfernt. Die notwendigen Temperaturen des Kühlmediums werden mit
einem entsprechenden Kühlaggregat erzeugt.
Bei der destillativen Trennung wird durch den Doppelmantel Heizmedium, welches über
einen Regloplas Thermostaten erwärmt wird, geführt. Über einen nachgeschalteten
Kondensator werden die Ethanoldämpfe kondensiert und in den Vorwärmbehälter
zurückgeführt. Restliches Ethanol wird mittels Vakuumpumpe noch entfernt. Das gereinigte
AHA-Salz wird manuell über den Bodenablass des Kristallisators abgefüllt.
Auslegungsdaten der Anlage: Extrakteur (Ex-Ausführung)
Behältervolumen : 100l
Arbeitsüberdruck: -0,9 bis 0,1 bar
Max. zul. Überdruck: -1,0 bis 0,3 bar
Betriebstemperatur: 70°C – 85°C
Vorgesehene Medien: Ethanol, (Methanol)
Beheizung: Medium wird im Vorlagebehälter über Heizflansch auf
Betriebstemperatur vorgeheizt (installierte Heizleistung: 9KW)
Werkstoff: Edelstahl 1.4301
Entleerung: über Bodenablass oder Tauchrohr
20
Kristallisator
-Rührbehälter (Spitzboden)mit Doppelmantel in Ex-Ausführung
Behältervolumen : 100l
Arbeitsdruck: -1,0 bis 0,2 bar
Max. zul. Druck: -1,0 bis 0,4 bar
Betriebstemperatur: 70°C – 85°C
Vorgesehene Medien: Ethanol,(Methanol)
Beheizung/Kühlung: extern mittels Temperiergerät
Werkstoff: Edelstahl 1.4301
Entleerung: über Bodenablassventil
2.5.1.Aufstellungs-und Explosionsschutzkonzept
Der Umgang mit Ethanol in der Extraktions- und Kristallisationsanlage erfordert eine separate
Aufstellung der Anlage, da während des Betriebes mit einer Explosionsgefährdung zu
rechnen ist. Es war deshalb erforderlich, nach den gültigen rechtlichen Bestimmungen ein
Explosionsschutzkonzept zu erarbeiten und dieses durch entsprechende Sachverständige
(TÜV bzw. DEKRA) beurteilen zu lassen. Das Explosionsschutzkonzept diente als Basis für
die Aufstellung und den Betrieb der Anlage und ist als Anlage1 beigefügt.
2.6.Autoklav zur Repolymerisation des gereinigten AHA-Salzes
Die Polykondensation des gereinigten AHA-Salzes zu Polyamid6.6 erfolgte in einem 6l-
Autoklaven der Fa. Juchheim (Bernkastel-Kues). Der Autoklav ist ausgerüstet mit einem
Ankerrührwerk mit Drehmomentaufnehmer, um den Viskositätsanstieg
(Molekulargewichtsaufbau) verfolgen zu können, einer Marlothermölheizung, einer
Druckentlastungseinrichtung, einem Vakuumsystem (Vakuumpumpe, Vakuumvorlage),
einem Brüdenkondensator, einen Stickstoffanschluss sowie speziellen Steuer- und
Regelsystemen.
21
Die folgende Abbildung zeigt den verwendeten Aufbau der Polykondensationsanlage:
Abb.: 8
3.Versuchsergebnisse und Diskussion
3.1.Eingesetzte Rohstoffe
Die folgende Tabelle enthält die verwendeten Rohstoffe sowie die Verfahrensstufe für deren
Einsatz:
Tabelle1:
Rohstoff Verfahrensstufe
Teppichkompaktisolation Trockenaufbereitung
(Vermahlen, Windsichten)
Adipinsäure Extruder
Ethanol Extrakteur
Hexamethylendiamin Polyk. Autoklav
22
3.1.1.Charakterisierung der Rohstoffe
3.1.1.1.Teppichkompaktisolation
Die typische Zusammensetzung ist in der Anlage 1 dargestellt.
3.1.1.2.Adipinsäure (Hexandisäure)
Zum Einsatz gelangte handelsübliche Adipinsäure der Fa. Petro Carbo Chem GmbH mit
folgender Spezifikation:
-Gehalt:> 99,8wt%
-Farbzahl < 10 Hazen
-Schmelzpunkt (DSC; TITK-Bestimmung): 157,8°C
3.1.1.3.Ethanol
Ehanol wurde als kommerzielles Produkt von der Fa. Brenntag GmbH bezogen.
-Reinheit: 99wt% ( verg.1wt% MEK)
3.1.1.4.Diaminohexan (Hexamethylendiamin)
Das Produkt wurde als Laborchemikalie von der Fa. Acros bezogen.
-Reinheit: >99wt%
3.2.Trockenmechanische Aufbereitung
Für die Versuche wurden folgende Bedingungen gewählt:
a) Zick-Zack-Sichter: Stromaufnahme: 30A, Spitzen bis 60A
Sichter Absaugung: 11KW, MFT 55/500
b) Schneidmühle SML30/50
Rotor (LV3): Vergrößerter Spalt zur Erhöhung der Zugkräfte, um den Teppich besser von der
Schwerschicht zu trennen;
Statormesser: 2
Siebeinlage: 5mm Rundloch
Antriebsleistung: 15KW
Absaugung: 4KW, MFT 30/300, Rohrleitungsdurchmesser 150mm
Leistung: ca. 100kg/h
Die Versuche wurden mit 400kg Teppichmaterial durchgeführt.
23
Versuch 1 Im ersten Versuchsteil bildeten sich Wollmäuse mit verknäulten Teppichfasermaterial, die
Schwerschichtpartikel mit in die Knäule einbinden(Abb.2/3) und damit aufgrund ihres
Gewichtes bei der Windsichtung(bei 20,6 Hertz) in der Schwergutfraktion verbleiben und
diese verunreinigen. Um diese zu entfernen, wurde am Fuß des Zick-Zack-Windsichters ein
provisorisches Sieb installiert(Abb.2/4), das dann im Versuch 2 mit einem Rüttler betrieben
wurde.
Abb.: 2/3
Abb.:2/4
Effekt des Siebes mit Rüttler
Mechanische Auflösung eines Großteiles der Wollmäuse auf dem Sieb durch die
Rüttelbewegung, wobei die Fasern vom Luftstrom erfasst und wieder in den Sichter gesaugt
werden und die darin eingebundenen Schwerschichtpartikel durch das Sieb fallen. Es kommt
zu einer verbesserten Abfuhr der verbleibenden Faserknäule (Abb.:2/5)
24
Abb.:2/5
Versuch 2 Die nochmalige Sichtung des Schwergutes bei 27,6 Hertz zeigte einen hohen
Reinigungseffekt. Die Schwergutfraktion wird deutlich von anhaftenden Fasern und Partikeln
de Abbildung 2/6 zeigt das Material vor und nach der nochmaligen
indsichtung:
Abb.:2/6
aus dem Teppichrücken befreit.
Die nachfolgen
W
Anlagentechnik
Aus dem Versuch ergibt sich eine bevorzugte Anlagentechnik entsprechend dem Fließbild
(Abb.:2/7) aus Schneidmühle mit vergrößertem Schneidspalt, zwei Windsichtungen im Zick-
Zack-Sichter mit Zellradschleuse, wobei am Fuß der ersten Windsichtung ein Schwingsieb zu
25
installieren ist und in der zweiten Windsichtung das Schwergut der ersten
(Schwerschichtfraktion) nachgereinigt wird.
Mit dieser Technik lässt nur bei Nutzung der Schwerschichtfraktion die Abfallmenge, die
bisher in die thermische Entsorgung geht, um ca.75% reduzieren. Bei weiterer Verwertung
der Teppichfaserfraktion erhöht sich die Reduktion auf > 90%.
Abb.:2/7
3.2.1.Charakterisierung des trockenmechanisch aufbereiteten Produktes
Die nach der Windsichtung angefallene Faserfraktion wurde wie folgt charakterisiert:
3.2.1.1.Bestimmung der mineralischen (anorganischen) Anteile der Faserfraktion
Aus dem zur Verfügung stehenden Material wurden 5 Proben gezogen und der Glührückstand
im Muffelofen bei 625°C bestimmt. Da die Elementanalyse Kalziumkarbonat anzeigte,
musste der Anteil entsprechend korrigiert werden, da sich 12wt% Kalziumkarbonat bei der
Veraschungstemperatur in Kalziumoxid umwandeln.
Der korrigierte mittlere Glührückstand betrug: 25,7 wt%
3.2.1.1.1..Bestimmung der Zusammensetzung des anorganischen Anteiles
Mittels ICP-OES und Röntgenfluoreszenz wurden die Hauptbestandteile des mineralischen
Anteils der Faserfraktion bestimmt.
26
Die nachfolgende Tabelle enthält die gefundenen Elemente:
Tabelle 2:
Element Anteil im Glührückstand
[wt%]
Anteil in Faserfraktion
[wt%]
Barium 10,1 ( 17,20wt% als BaSO4) 2,60 (4,42wt% als BaSO4)
Kalzium 22,3 ( 55,75wt% als CaCO3) 5,73 (14,33wt% als CaCO3)
Silizium 1,5 0,39
Aluminium 0,1 0,03
Magnesium 0,22 0,06
Eisen 0,26 0,07
Strontium 0,59 0,15
3.2.1.2.Bestimmung der organischen Anteile
Die Summe der organischen Anteile wurde gravimetrisch bestimmt. Zum Nachweis der
polymeren Bestandteile Polyamid6.6 und Polyolefine die Differential-Scanning-Kalorimetrie
(DSC) und die Dichtetrennung angewandt.
Mittels der Dichtetrennmethode wurde zunächst das Material in 2 Fraktionen getrennt und die
Leichtfraktion mit einer Dichte kleiner 1g/ml gravimetrisch ermittelt. Der Anteil beträgt
0,25wt%.Mit Hilfe der DSC-Analytik wurde eine Charakterisierung des thermischen
Verhaltens vorgenommen und das entsprechende Polymer bestimmt.
Thermische Analyse
Die nachfolgende Tabelle enthält die charakteristischen Temperaturen der thermischen
Analyse und die Zuordnung zu den Polymeren:
Tabelle 3:
1.Aufheizung [°C] 2.Aufheizung [°C] Polymer
53 (schwach) - Glasübergang PA6.6
108,0 (schwach) - EVA
166,6 (mittel) 162,7 (schwach) Polypropylen
216,5 (schwach) 216,0 (schwach) Polyamid6
258,8 (stark) 261,6 (stark) Polyamid 6.6
27
Die Proben wurden mit einem DSC/TMA-Analysator der Fa. Netzsch gemessen.
Folgende Bedingungen wurden eingehalten:
-Heiz -/Kühlregime: 1.Aufheizung 25°C – 300°C
schnelle Abkühlung auf 25°C mit flüss. Stickstoff
2.Aufheizung 25°C – 300°C
Heizrate: 10K/Min.
Atmosphäre: Stickstoff
In der 1.Aufheizung wird die Vorgeschichte des Polymeren deutlich, d. h. unter welchen
Bedingungen die Polymerschmelze „eingefroren“ wurde. Während der ersten Aufheizung
werden Relaxationszustände entfernt und die verschieden großen Kristallite aufgeschmolzen.
Die charakteristischen Temperaturen können deshalb geringfügig verschoben sein. Bei der 2.
Aufheizung liegt dann ein definierter Zustand vor und die charakteristischen Temperaturpeaks
können an Hand der Spektrenbibliothek zugeordnet werden.
Das Verschwinden des Glasübergangs von PA6.6 in der 2.Aufheizung deutet darauf hin, dass
im Polymer kaum noch amorphe Anteile vorhanden sind. Ebenfalls nicht mehr zu sehen ist
der Schmelzpeak des EVA, was auf eine Zersetzung hindeutet. Die kleinen Schmelzpeaks bei
162,7°C bzw. 216,0°C sind Polypropylen bzw. Polyamid6 zuzuordnen. Der ausgeprägte Peak
bei 261,6°C ist Polyamid6.6.
3.2.1.3.Bestimmung relevanter chemischer Parameter der PA6.6-Fasern
An den PA6.6-Fasern wurde das Molekulargewicht über die Messung der relativen
Lösungsviskosität sowie die Endgruppen von PA6.6 bestimmt. Die Parameter dienten als
Maß zur Beurteilung des Polymerabbaus während der reaktiven Extrusion.
Folgende Analysenwerte wurden ermittelt:
Rel. Viskosität (96%ige H2SO4): 1,84
COOH-Endgruppen: 49,3 µÄqu/g
Amino-Endgruppen: 15,9 µÄqu/g
28
3.3.Versuche zur Agglomerierung der PA6.6-Faserfraktion
3.3.1.Versuchsdurchführung
Zur Überführung in eine für die Extrusion geeignete Form wurde die PA6.6-Faserfraktion im
Agglomerator in PA6.6-Agglomerat überführt. Eine optimale Fahrweise wurde unter
folgenden technologischen Bedingungen erreicht:
Drehzahl des Friktionsrührwerkes: 1960 min-1
Temperatur(Produkt): 225°C
Durchsatz: 30 kg/h
3.3.2.Charakterisierung des PA6.6-Agglomerates
Die nachfolgende Tabelle enthält die Ergebnisse der Prüfung relevanter Parameter:
Tabelle 4:
Parameter Prüfwert
Glührückstand [wt%] 25,70
Feuchte, flüchtige Anteile [wt%] 9,80
Schüttdichte [g/ml] 0,6
MVR [ccm/10Min.] (2,16kg;275°C) 19,4
Rel. Lösungsviskosität [-] 1,29
COOH-Endgruppen [µÄqu/g] 119,0
DSC-Analyse [°C] 1.Aufheizung 53
88
258,8
2.Aufheizung -
-
255,9
Zusätzlich wurden TGA/FTIR-Analysen durchgeführt, um letztlich die chemischen
Reaktionen während des Abbaus im Extruder verfolgen zu können.
Zum Nachweis einer möglichen Verunreinigung durch PUR-Schaumstoffreste wurde
ebenfalls eine TGA/FTIR-Analyse durchgeführt.
29
3.3.3.Diskussion der Messergebnisse
Der Abfall der relativen Lösungsviskosität und der Anstieg der Carboxylendgruppen zeigt,
dass gegenüber dem Ausgangsmaterial während der Agglomerierung bereits ein
Molekulargewichtsabbau einsetzt. Die Schüttdichte des Agglomerates lässt ein gutes
Einzugsverhalten in den Extruder erwarten. Im Vergleich zu dem PA6.6-Fasermaterial ist der
Peak der DTG-Kurve des Agglomerates zwischen 32 und 35 Minuten nur noch schwach zu
sehen. Dies deutet auf eine Zersetzung der Polyolefinanteile während der Agglomerierung
hin. Die beiden Peaks zwischen 38 und 45 Minuten sind die Zersetzungspeaks des
Polyamid6.6 bei 470°C.
Die nachfolgende Abbildung zeigt den Verlauf der TGA bzw. DTG-Kurven der PA6.6-Fasern
sowie des PA6.6-Agglomerates:
Abb.: 9
30
Abb.:10
Thermogravimetrie/FTIR-Kopplungs-Analytik
Die TGA-Kurve zeigt nach 32 und 36 Minuten bei einer Temperatur von 383,5°C zwei
Zersetzungspeaks, die IR-spektroskopisch detektiert wurden. Vergleichsspektren wurden von
Kohlendioxid, Essigsäure, Norcamphor und 2-Pyrrolidinon bei dieser Temperatur
aufgenommen. Die charakteristischen NCO-Schwingungen fehlen bei dem PA6.6-
Fasermaterial. Die TGA-Auswertung bestätigt das, da bei der beginnenden Zersetzung von
PUR bei ca. 230°C kein Peak zu sehen ist.
Die nachfolgende Abbildungen zeigen die Graphiken der TGA/FTIR-Analyse:
Abb.:11/1 bis 11/7
31
32
33
3.4. Reaktiver Abbau im Doppelschneckenextruder
Um die maximale Effizienz des Depolymerisationsprozesses zu gewährleisten, wurde für die
Versuche ein gleichlaufender Doppelschneckenextruder (ZSK25-WLE,Fa.Coperion) mit
einem L/D-Verhältnis von 40 verwendet. Zum Einsatz kam eine universelle
Schneckenkonfiguration. Zur Optimierung des Prozesses wurden Rezeptur und
Verfahrensbedingungen variiert. Zur Charakterisierung des Extrudats (AHA-Rohprodukt)
wurden die Carboxylendgruppen und das Molekulargewicht bestimmt sowie eine DSC-
Analyse durchgeführt. Im Vorfeld wurde mittels Thermogravimetrie die Zersetzung von
Adipinsäure zu Cyclopentanon bestimmt, um optimale Extrusionstemperaturen und
Verweilzeiten einstellen zu können. Zusätzlich wurde eine DSC-Analyse vorgenommen, um
die Bildung polymerer Adipinsäurederivate zu untersuchen. Die genannten Reaktionen
beeinflussen die stöchiometrischen Verhältnisse während der Abbaureaktion, da ein Verlust
an Adipinsäure eintritt.
Mögliche Nebenreaktionen der Adipinsäure im Extrusionsprozess:
a) Zersetzungsreaktion
Hauptreaktion der ADS unter Wärmeeinwirkung ist die Zersetzung zu Cyclopentanon,
Wasser und Kohlendioxid nach folgenden Schema:
HOOC-(CH2)4-COOH =O + CO2 + H2O Adipinsäure Cyclopentanon
Die nachfolgende Abbildung zeigt die Zersetzungskurve der Adipinsäure in der thermischen
Analyse mittels DSC:
Abb.:12
34
Die Zersetzung beginnt bei ca. 200°C. Aus der Aufheizgeschwindigkeit bei der thermischen
Analyse wurden die Zersetzungsraten im interessierenden Temperaturbereich ermittelt.
Die nachfolgende Tabelle zeigt die Abbaugeschwindigkeiten:
Tabelle 5:
Temperaturbereich [°C] Abbaurate [wt% / Min.]
230-250 6,25
250-280 13,8
280-300 20,0
b)Polymerisation der ADS
Beim Erhitzen können Dicarbonsäuren ab einem C6-Gerüst polymerisieren. Die Adipinsäure
reagiert zu einem polymeren Anhydrid unter Wasserabspaltung nach folgender Reaktion [7]:
O O
HOOC-(CH2)4-COOH HOOC-[-(CH2)4-C-O-C-]n(CH2)4-COOH + n H2O
Um zu überprüfen, inwieweit bei den in den Abbauversuchen angewandten
Reaktionsbedingungen die o.g. Reaktion möglich ist, wurden Temperversuche an
Adipinsäureproben durchgeführt und IR-spektroskopisch untersucht.
Folgende Bedingungen wurden gewählt:
Temperatur: 280°C
Temperzeit: 60s, 130s und 260s
35
Die folgenden Abbildungen zeigen die FTIR-Spektren von unbehandelter Adipinsäure sowie
die Spektren nach verschiedenen Temperzeiten:
Abb.:13/1 bis 13/4
Adipinsäure-unbehandelt
Adipinsäure (nach 60s)
36
Adipinsäure (nach 130s)
Adipinsäure (nach 260s)
Die Schwingungsbanden der getemperten Proben verändern sich geringfügig gegenüber
denen der unbehandelten Probe. Im Wellenzahlbereich von ca.1800 bis 2400 cm-1 treten
zusätzliche Banden auf. Die Banden bei ca.1800 cm-1 deuten auf ein Anhydrid hin.
37
Die Intensiäten der Carbonyl-Schwingungen(Valenzschwingung) bei ca. 1680 cm-1 sind bei
den getemperten Proben geringer, was wiederum auf eine mögliche Reaktion der
Adipinsäure zum Anhydrid hinweist.
c)Weitere Reaktionen mit Bestandteilen des PA6.6-Agglomerates
Da das PA6.6-Agglomerat Anteile an Calciumcarbonat enthält, ist eine Reaktion mit der
Adipinsäureschmelze zu Calciumadipat ebenfalls möglich [7].
HOOC-(CH2)4-COOH + CaCO3 -OOC-(CH2)4-COO- Ca2+ + CO2 + H2O
Aus den gewonnenen halbquantitativen Daten konnte bei den nachfolgenden
Abbauversuchen der einzusetzende molare Überschuss an Adipinsäure nur abgeschätzt
werden.
3.4.1.Versuchsdurchführung
PA6.6-Faseragglomerat und Adipinsäure wurden im Gewichtsverhältnis 1:1 und 3:2 über
gravimetrische Dosiereinrichtungen in den Doppelschneckenextruder dosiert. Ausgetestet
wurden folgende 3 Dosiervarianten:
-Dosierung flüssiger Adipinsäure in die Zone 4 des Extruders
Die Adipinsäure wurde zunächst aufgeschmolzen und danach über eine gravimetrisch
arbeitende Ktron-Dosieranlage über eine beheizte Rohrleitung und eine Dosierlanze in die
Zone 4 des ZSK25 eingespeist. Mit dieser Versuchseinstellung konnte keine stabile
Fahrweise, d.h. gleichbleibende Dosiermengen, erreicht werden. Es kam immer wieder
aufgrund von Einfrierungen im Extruder zu Versetzungen der Dosierlanze. Diese Versuche
mussten abgebrochen werden.
-Dosierung kristalliner Adipinsäure in die Zone 4 des Extruders
Kristalline Adipinsäure wurde mittels Seitenextruder in die Zone 4 des ZSK25 eingespeist.
Bei dieser Dosiervariante kam es ebenfalls zu keinem kontinuierlichen Verlauf der Extrusion,
da die Adipinsäure teilweise im Seitenextruder aufgeschmolzen ist und damit sehr schlecht
dosierbar war.
-Dosierung kristalliner Adipinsäure in die Einzugszone des Extruders
PA6.6-Agglomerat und kristalline Adipinsäure wurden in einem Trommelmischer im
entsprechenden Verhältnis vorgemischt und in die Einzugszone des Extruders dosiert. Die
Temperaturen der Extruderzonen 1 und 2 wurden dabei schrittweise so eingestellt, dass ein
Aufschmelzen der Adipinsäure in der Einzugzone vermieden wird, aber eine kontinuierliche
Förderung des Gutes im Extruder noch möglich ist. Das abgebaute Material wurde über
38
Lochdüsen aus dem Extruder ausgetragen und auf einem luftgekühlten Transportband
abgekühlt. Dieses AHA-Rohprodukt wurde auf der Schneidmühle der Fa. Alpine vermahlen.
3.4.1.1.Verfahrensbedingungen und Extruderkonfiguration beim Abbau
Beim Abbau des PA6.6-Agglomerates wurden folgende Parameter variiert:
-Verweilzeit
-Durchsatz
-Temperaturprofil
-Scherung
Bei allen Versuchen wurde eine universelle Schneckenkonfiguration verwendet.
In den nachfolgenden Abbildungen sind die verwendeten Verfahrensbedingungen und die
Schneckenkonfiguration des ZSK25-WLE dargestellt:
Abb.:14/1 bis 14/3
PA66-Agglomerat 1 bzw. 3 Gew.T.
Adipinsäure 1 bzw. 2Gew.T.
Atm. Entgasung
Zonen 1 2/3 4 5/6 7 8/9 10
39
Temeraturprofil: 260°C 270°C 250°C 250°C 250°C 240°C 240°C T(Schmelze): 222°C
Durchsatz: 5 kg/h
Drehzahl: 200 rpm (hohe Scherung)
Verweilzeit: 60s
Md: 10 %
40
PA66-Agglomerat+ADS vorgemischt 1:1 bzw.3:2 Gew.T.
Atm. Entgasung
Zonen 1 2/3 4 5/6 7 8/9 10
Temeraturprofil: 130°C 160°C-180°C 270°C 280°C 280°C 265°C 220°C T(Schmelze): 241-245°C
Durchsatz: 5 kg/h
Drehzahl: 70 rpm (geringe Scherung)
Verweilzeit: 130s
Md: 25-30 %
PA66-Agglomerat+ADS vorgemischt 1:1 bzw.3:2 Gew.T.
Atm. Entgasung
Zonen 1 2/3 4 5/6 7 8/9 10
3.4.2.Versuchsergebnisse und Diskussion
Temeraturprofil: 130°C 160°C-180°C 270°C 280°C 280°C 265°C 220°C T(Schmelze): 241-245°C
Durchsatz: 2,5 kg/h
Drehzahl: 70 rpm (geringe Scherung)
Verweilzeit: 260s
Md: 25-30 %
In der Abb. sind die Verfahrensbedingungen und die Extruderkonfigurationen für den Abbau
von PA6.6-Agglomerat mit Adipinsäure dargestellt. Die Rezepturen wurden so ausgewählt,
dass zum einen mit stöchiometrischen Ansätzen (Gew. Teile PA6.6/ADS=3/2) und zum
anderen mit Adipinsäureüberschuss (Gew. Teile PA6.6/ADS=1/1) gearbeitet wurde.
Bei den Versuchen zur Dosierung der Adipinsäure über die Seiteneinspeisung wurde das
Temperaturregime den üblichen Extrusionsbedingungen von PA6.6 weitestgehend angepasst,
jedoch wurde ein unterer Temperaturbereich gewählt (Abb.). Zur Durchführung der Versuche
mit vorgemischten musste ein anderes Temperaturregime gewählt werden, um ein
Aufschmelzen der Adipinsäure in der Einzugszone des Extruders zu vermeiden. Die
optimalen Temperaturen sind in der Abb. 14 dargestellt. Zunächst erfolgt in den Zonen 1 und
ein Fördern des Gemisches ohne Aufschmelzen der ADS und danach in Zone 2/3 ein
Aufschmelzen der ADS sowie die intensive Mischung mit dem PA6.6-Agglomerat. Die
eigentliche Abbaureaktion findet dann bei Temperaturen über dem Schmelzpunkt des PA6.6
zwischen 260°C-280°C in den Extruderzonen 4 bis 8 statt. An der Düse wurde die
Temperatur wieder auf 220°C abgesenkt. Bei den Versuchen mit Seitendosierung wurde mit
hoher Schneckendrehzahl gearbeitet, um eine möglichst intensive Einarbeitung und schnelle
Reaktion auf der Extruderlänge ab Zone 4 zu gewährleisten.
Die maximal erreichbare Verweilzeit bei diesen Versuchen betrug 60s. Bei den Versuchen mit
vorgemischten Produkt wurde mit einer Schneckendrehzahl von 70rpm gearbeitet, um in der
Einzugszone eine störungsfreie Förderung des noch festen Produktes zu gewährleisten und
um eine gleichmäßige Temperaturführung über die gesamte Extruderlänge zu gewährleisten.
Bei diesen Versuchen wurden die Verweilzeiten variiert und bis zu einer maximal
erreichbaren Zeit von 260s getestet.
41
42
Von den Extrudaten wurden folgende chemische Parameter bestimmt:
-Glührückstand
-relative Lösungsviskosität
-Carboxylendgruppen
-Molekulargewicht
-Schmelz- und Kristallisationsbereich mittels thermischer Analyse
-Zersetzung mittels Thermogravimetrie -Analyse einer ausgewählten Versuchseinstellung
In der nachfolgenden Tabelle sind die Analysenergebnisse dargestellt. Die chemischen
Parameter von Adipinsäure und AHA-Salz sind ebenfalls aufgeführt:
Tabelle 6:
AHA 3 AHA 4 AHA 5 AHA 6
PA66/ADS Dos.ADS Scherung tverw.
1 :1 Zone 1 Niedrig 130s
3 : 2 Zone 1 Niedrig 130s
1 :1 Zone 1 Niedrig 260s
3 : 2 Zone 1 Niedrig 260s
GR[%] 18,3 19,6 15,4 19,0
COOH [µEq/g]
5270 4065 5656 3853
Rel.LV 1,08 1,06 1,12 1,08
Mn [g/mol]
379,5 492 354 519
DSC-1.AH [°C]
118,4 138,4
124,9 139,9 108,3
AHA 7 AHA 8 AHA theor.
ADS
PA66/ADS Dos.ADS Scherung tverw.
1 :1 Zone 4 Hoch 60s
3 : 2 Zone 4 Hoch 60s
GR[%]
20,0 17,0 - -
COOH [µEq/g]
3382 4766 5369 13 699
Rel.LV 1,12 1,10 1,10 -
Mn [g/mol]
591 420 372,5 146
DSC-1.AH [°C]
132,9 133,5 116-150 158
43
Der Abbaugrad der jeweiligen Versuchsprodukte (AHA-Rohprodukt) wurde an Hand des
Anstieges der Carboxylendgruppen, des Abfalles der relativen Lösungsviskosität (Abfall
Molekulargewicht) und der thermischen Analyse ermittelt.
Aus der Anzahl der im AHA-Rohprodukt enthaltenen Carboxylendgruppen ist ersichtlich,
dass die Rezepturen AHA-3 und AHA-5 mit einem Überschuss an Adipinsäure und mit der
„Vormischtechnologie“ den höchsten Abbaugrad aufweisen, wobei der Versuch AHA-3 dem
theoretischen Carboxylgruppenwert des reinen AHA am nächsten kommt. Bei beiden
Versuchseinstellungen findet man ebenfalls eine Abhängigkeit von der Verweilzeit im
Extruder, was bei den Versuchen AHA-4, AHA-6, AHA-7 und AHA-8 nicht eindeutig
nachzuweisen ist.
Die relativen Lösungsviskositäten sind gegenüber der Eingangsprobe PA6.6-Agglomerat
deutlich niedriger und liegen im Bereich des theoretischen Wertes des AHA-Produktes. Die
geringen Unterschiede zwischen den Versuchsprodukten resultieren aus der Uneinheitlichkeit
der AHA-Rohprodukte, wie auch anhand der Ergebnisse der thermischen Analyse abgeleitet
werden kann.
Mit der thermischen Analyse sind die Produkte auf ihre Reinheit untersucht worden. Mittels
dynamischer Differenzkalorimetrie wurde das Schmelz- und Kristallisationsverhalten
analysiert.
Zunächst wurde mit folgendem Temperatur/Heizgeschwindigkeitsregime gearbeitet:
1.Aufheizung: bis 300°C, danach mit flüssigem Stickstoff abschrecken
2.Aufheizung: bis 300°C,
Abkühlung: bis Raumtemperatur
Heiz- bzw. Kühlrate: 10K/Minute
Das Regime wurde so gewählt, um nicht abgebautes Polyamid6.6-Polymer noch identifizieren
zu können.
Die nachfolgenden Abbildungen zeigen die charakteristischen DSC-Diagramme der
Versuchsprodukte nach der reaktiven Extrusion im Doppelschneckenextruder:
Abb.:15/1 bis 15/11
44
45
46
47
Alle AHA-Rohprodukte zeigen in der 1.Aufheizung breite endotherme Peaks zwischen 120°C
und 140°C. Dies deutet auf eine breite Molmassenverteilung hin. Der charakteristische
Schmelzpeak der Adipinsäure bei 158°C ist nicht mehr vorhanden, was auf eine vollständige
Reaktion hinweist. Das Thermogramm der Versuchsproduktes AHA-7 und AHA-8 zeigt bei
244°C noch einen kleinen Peak, was darauf hinweist, dass das PA6.6-Agglomerat bei der
Versuchseinstellung, Dosierung der ADS über Seitenextruder, nicht vollständig abgebaut
wurde. In der 2.Aufheizung und in der Abkühlung sind bei allen AHA-Rohprodukten keine
Schmelz- und Kristallisationspeaks mehr vorhanden. Bei den DSC-Analysen unter folgenden
Messbedingungen wurde ein Peak in der 2.Aufheizung beobachtet:
1.Aufheizung: bis 200°C, danach mit flüssigem Stickstoff abschrecken
2.Aufheizung: bis 200°C,
Abkühlung: bis Raumtemperatur
Heiz- bzw. Kühlrate: 10K/Minute
48
Die nachfolgenden Abbildungen enthalten die DSC-Diagramme der Versuchsprodukte AHA-
3 bis AHA-5 unter diesen Messbedingungen:
Abb.:16/1 bis 16/6
49
50
Um eine thermische Zersetzung der Produkte nachzuweisen, wurde eine TG-Analyse
durchgeführt.
In der nachfolgenden Abbildung ist das Diagramm des Rohproduktes AHA-3 dargestellt:
Abb.:17
Die Zersetzung beginnt bei ca. 200°C.
51
52
Aus den durchgeführten Untersuchungen am AHA-Rohprodukt ist ersichtlich, das es sich bei
den abgebauten Produkten um Oligomerengemische handelt, die teilweise noch geringe
Mengen PA6.6-Polymer enthalten. Die Produkte, welche mit einem Überschuss an
Adipinsäure und einer Verweilzeit >130s extrudiert wurden, kommen dem theoretischen
AHA-Produkt am nächsten.
3.5. Reinigung des AHA-Rohproduktes
Die Reinigung des AHA-Rohproduktes erfolgte durch das Extraktionsverfahren. Als
Extraktionsmittel wurde auf Grund der guten Löslichkeit des AHA-Salzes in Alkoholen
Ethanol eingesetzt. Das Ziel war, noch enthaltene Feststoffe und in Ethanol unlösliche Anteile
abzutrennen. Die Rückgewinnung des gereinigten AHA-Salzes erfolgte durch
Auskristallisation aus dem Lösungsmittel. In Vorversuchen wurden die Extraktions- und
Kristallisationsbedingungen ermittelt. Zur Entfärbung des AHA-Salzes wurden Extraktionen
unter Zusatz von Aktivkohle durchgeführt.
Zur Charakterisierung des AHA-Salzes wurden folgende Untersuchungen durchgeführt:
- Bestimmung des Glührückstandes
- Bestimmung der Carboxylendgruppen
- Bestimmung der relativen Lösungsviskosität
- Thermische Analyse (DSC-Methode)
- Elementaranalyse
- Infrarotspektroskopie
- HPLC-Analyse
3.5.1. Versuchsdurchführung
3.5.1.1. Vorversuche
Im Rahmen von Vorversuchen wurden die optimalen Extraktionsbedingungen ermittelt sowie
eine Technologie zur Kristallisation des in Ethanol gelösten AHA-Salzes erarbeitet.
53
3.5.1.2. Extraktion und Kristallisation
Folgende Versuchsbedingungen wurden eingehalten:
Flottenverhältnis AHA-Rohprodukt : Ethanol = 1:10
Extraktionstemperatur: 78°C
Extraktionszeit: 6 h
Trocknungsbedingungen: 60°C (Vakuum); 4h
Zur Kristallisation wurde das Verfahren zur Verdampfung des Extraktionsmittels Ethanol
angewendet. Das Ausfrieren des AHA-Salzes gelang lediglich mit einer Ausbeute von 1%.
3.5.2. Versuchsergebnisse und Diskussion
3.5.2.1. Ausbeute
In der nachfolgenden Tabelle sind die Ausbeuten der einzelnen Versuchsprodukte nach der
Extraktion dargestellt:
Tabelle 7:
Versuchs-Nr. Ausbeute *
[%]
Ausbeute **
[%]
AHA-3-RF 75 63
AHA-4-RF 59 48
AHA-5-RF 70 58
AHA-6-RF 54 44
AHA-7-RF 45 38
AHA-8-RF 51 42
AHA-9-RF 75 63
AHA-10-RF 80 65
*bezogen auf die eingesetzte Fasermenge
** bezogen auf windgesichtetes Grundmaterial (PA6.6+org./anorganische Reste)
3.5.2.2. Chemische Parameter
In der nachfolgenden Tabelle sind die Ergebnisse der Bestimmung des Glührückstandes, der
Carboxylendgruppen und der relativen Lösungsviskosität dargestellt. Das Zahlenmittel des
Molekulargewichtes wurde rechnerisch ermittelt.
54
Tabelle 8:
AHA 3-RF AHA 4-RF AHA 5-RF
Extraktionszeit[h]
6 6 6
Extraktionstemperatur [°C]
78 78 78
Flotten- verhältnis
1:10 1:10 1:10
GR [wt%]
0 0 0
COOH [µEq/g]
6392 6520 8279
Rel.LV
1,08 1,09 1,11
Mn [g/mol]
313 307 242
AHA 6-RF AHA 7-RF AHA 8-RF
Extraktionszeit[h]
6 6 6
Extraktionstemperatur [°C]
78 78 78
Flotten- verhältnis
1:10 1:10 1:10
GR [wt%]
0 0 0
COOH [µEq/g]
9249 7468 8043
Rel.LV
1,09 1,09 1,10
Mn [g/mol]
216 269 249
Die Produkte AHA-9-RF und AHA-10-RF sind mit der gleichen Rezeptur und unter gleichen
technologischen Bedingungen gefahren worden wie AHA-3-RF. Auf detaillierte Analytik
wurde deshalb verzichtet.
Die Carboxylendgruppen steigen gegenüber den AHA-Rohprodukten an. Dementsprechend
sinkt das Zahlenmittel des Molekulargewichtes. Die Erklärung für diesen Anstieg liegt darin,
dass längerkettige Oligomere des AHA-Rohproduktes in Ethanol nicht vollständig während
der Extraktion gelöst wurden. Der geringsten Carboxylendgruppenanstieg ist beim
Versuchsprodukt AHA-3-RF zu verzeichnen. Bei diesem Produkt wurde auch die höchste
Ausbeute erzielt.
3.5.2.3.Thermische Analyse
Die thermische Analyse der extrahierten Versuchsprodukte wurde unter folgenden
Bedingungen durchgeführt:
1.Aufheizung: bis 200°C, danach abschrecken mit flüssigem Stickstoff
2.Aufheizung. bis 200°C
Abkühlung auf Raumtemperatur
Auf- und abheizrate: 10K/Minute
Die Messergebnisse der 1.Aufheizung sind in der folgenden Tabelle dargestellt:
Tabelle 9:
Vers.Nr. AHA-3-
RF
AHA-4-
RF
AHA-5-
RF
AHA-6-
RF
AHA-7-
RF
AHA-8-
RF
1.AH
[°C]
121,1
130,0
111,5
126,7
116,8
137,8
120,6 120,7
142,0
122,3
142,9
Gegenüber den AHA-Rohprodukten verschieben sich hier die Schmelzbereiche hin nach
niedrigeren Temperaturen. Es ist teilweise ein zweiter Schmelzpeaks bei einer niedrigeren
Temperatur vorhanden. Dies bestätigt die oben genannte Aussage zu teilweise vorhandenen in
Ethanol nicht löslichen Oligomeren.
In den folgenden Diagrammen ist der Verlauf der DSC-Kurven in der 1.Aufheizung noch
einmal dargestellt:
Abb.:18/1 bis 18/6
55
56
Die Schmelzbereiche der Abbauprodukte von reinem Polyamid6.6-Polymer mit Adipinsäure
zu dem AHA-Salz wurden im Rahmen eines vom TITK Rudolstadt bearbeiteten AiF-
Forschungsprojektes in einer Laborapparatur ermittelt und sind in der nachfolgenden Tabelle
dargestellt[5 ]:
Tabelle 10:
Oligomer Schmelzbereich [°C]
Monomer 116 – 150
Dimer 185 – 210
Trimer 218 – 235
Tetramer 225 - 240
57
Die Analysen der in [ 5 ] ermittelten Schmelzbereiche des monomeren Produktes zeigen eine
gute Übereinstimmung mit denen der hergestellten Versuchsprodukte.
3.5.2.4. Infrarotspektroskopie
Von den unextrahierten AHA-Rohprodukten AHA-3 und AHA-4 sowie von den extrahierten
Versuchsprodukten AHA-3-RF und AHA-3-RF wurden FTIR-Analysen durchgeführt und mit
dem PA6.6-Agglomerat verglichen.
Die nachfolgenden Abbildungen zeigen die entsprechenden Schwingungsspektren:
Abb.:19/1 bis 19/5
PA6.6-Agglomerat
58
AHA-3
AHA-4
59
AHA-3-RF
AHA-4-RF
Bei beiden AHA-Rohprodukten sowie bei den extrahierten AHA-Produkten tritt die
Schwingung der Carboxylgruppe bei 1688 cm-1bzw. 1689 cm-1 mit starker Intensität auf. Sie
bestätigen die Zunahme der Carboxylendgruppen nach dem Abbauprozess. Diese
Schwingung ist im Spektrum des PA6.6-Agglomerates nicht vorhanden.
60
3.5.2.5. HPLC-Analytik
Von den extrahierten Produkten AHA-3-RF und AHA-4-RF wurden vergleichende
Untersuchungen mittels HPLC-Analytik durchgeführt. Folgende Messbedingungen wurden
eingehalten:
Lösungsmittel: Methanol
Säule: Eurospher-100 C18, 5µm, 250x4mm ID
Eluent: isokratisch 50% Wasser, 50% Methanol
Die Proben wurden mit dem UV/VIS-Spektrometer detektiert bei einer Wellenlänge von
260nm.
Die nachfolgenden Abbildungen zeigen die Chromatogramme mit den Retentionszeiten:
Abb.:20/1 u. 20/2
AHA-3-RF
61
AHA-4-RF
Die Spektren der beiden Proben sind nahezu identisch. Das bedeutet, dass die extrahierten
Produkte gleiche Zusammensetzungen aufweisen. Es treten mehrere Hauptpeaks bei 16,4
bzw. 16,3 und 23,8 Minuten unterhalb einer Retentionszeit von 24 Minuten auf. Die Anzahl
der Peaks spricht für ein Oligomerengemisch mit niedrigen Pn, was auch den Ergebnissen
der Untersuchungen zum Schmelzverhalten mittels DSC-Analyse entspricht. Beim Produkt
AHA-3-RF tritt ein zusätzlicher Peak bei einer Retentionszeit von 10,02 Minuten auf. Im
Vergleich zum Versuchsprodukt AHA-4-RF sind die Peaks des Versuchsproduktes AHA-3-
RF schärfer ausgeprägt und die Peaks sind höher. Dies spricht für eine höhere Reinheit des
Produktes AHA-3-RF.
3.5.2.6. Elementaranalyse
Von zwei Rezepturen wurden Elementaranalysen durchgeführt und mit dem reinen AHA-Salz
und Polyamid6.6 verglichen. Zum einen wurde eine Rezeptur ausgewählt, bei der mit
Adipinsäureüberschuss gearbeitet wurde, und zum anderen eine Rezeptur mit
stöchiometrischen Einsatzverhältnissen.
62
63
Die Messergebnisse sind in der folgenden Tabelle dargestellt:
Tabelle 11:
Element/
Vers.-Nr.
PA6.6 AHA AHA-3-RF AHA-4-RF
C [%] 63,68 58,06 54,6 55,4
H [%] 9,80 8,60 7,94 7,96
N [%] 12,39 7,53 2,33 2,89
O [%] 14,17 25,81 35,1 33,75
Aus den Ergebnissen der Elementaranalyse ist zu entnehmen, dass die Versuchsprodukte
AHA-3-RF und AHA-4-RF eine nahezu identische Zusammensetzung besitzen. Dieser Fakt
wird auch gestützt durch die HPLC-Messergebnisse. Gegenüber der theoretischen
Zusammensetzung des reinen AHA-Salzes ist das Stickstoff/Sauerstoff-Verhältnis bei den
Versuchsprodukten jedoch geringer. Dies deutet darauf hin, dass die Versuchsprodukte eine
größere Anzahl Säuregruppierungen enthalten, was auch durch die höheren
Carboxylendgruppen bestätigt wird. Freie Adipinsäure wurde jedoch weder in der DSC-
Analyse noch in der HPLC-Untersuchung nachgewiesen.
3.5.3.Versuche zur Entfärbung des extrahierten Versuchsproduktes
Die AHA-Produkte besitzen nach der Extraktion noch eine gelbliche Eigenfarbe. Die in der
Polyamidfaserfraktion enthaltenen Farbstoffe und Pigmente sind durch die Ethanolextraktion
nicht vollkommen herauszulösen bzw. herauszuwaschen. Es wurden deshalb
Extraktionsversuche unter Zusatz von 10 wt% Aktivkohle durchgeführt.
Die Extraktionsbedingungen wurden entsprechend den unter Punkt 3.5.1.2. gewählt. Zur
Beurteilung der Farbänderung wurden mit einem UV/VIS-Spektrometer die Farbkoordinaten
CIEL*a*b* sowie der Yellowness Index(Y.I.) bestimmt.
64
Die nachfolgende Tabelle enthält die Messergebnisse:
Tabelle 12:
Vers.Nr. L* a* b* Y.I.
AH-Salz 76,27 0,66 - 4,44 - 9,68
AHA-3-RF 71,33 2,99 1,38 6,71
AHA-3-RF-A* 73,57 2,85 2,28 8,57
*mit 10wt% Aktivkohle extrahiert
Messbedingungen:
Modus: Reflexion
Lichtart: D65/10° Beobachter
Die Helligkeit L* der extrahierten Produkte erreicht mit über 70 sehr gute Ergebnisse, wobei
das mit Aktivkohle extrahierte Produkt AHA-3-RF-A einen geringfügig besseren L*-Wert
erreicht als das Produkt ohne Aktivkohle. Der für die Rot-/Grün-Verschiebung
charakteristische Parameter a* ist bei den Versuchsprodukten in den grünen Bereich
gegenüber dem Wert für das reine AH-Salz verschoben. Der für die Blau-/Gelb-Verschiebung
charakteristische Parameter b* ist bei den Versuchsprodukten gegenüber dem AH-Salz
deutlich in den gelben Bereich verschoben. Die wird auch durch die Gelbzahlen (Y.I.)
deutlich. Die Messergebnisse der extrahierten Proben zeigen, dass durch Extraktion mit
Aktivkohle keine Farbverbesserung eingetreten ist. Die Versuchsprodukte lassen sich durch
Aktivkohle nicht entfärben.
3.6. Repolymerisation des extrahierten AHA-Versuchsproduktes
Zur Erreichung entsprechender Molekulargewichte des repolymerisierten Polyamid6.6 ist es
erforderlich, die Stöchiometrie der Endgruppen mit Diamin vor der eigentlichen
Polymerisation einzustellen. Das Diamin kann entweder im Polymerisationsreaktor zu Beginn
zugegeben werden, oder ein Hexamethylendiamin-Adipinsäure-Salz (AH-Salz) wird zunächst
hergestellt und danach in den Reaktor dosiert. Die Variante über die Salzherstellung wurde
bevorzugt, da eine sichere Einstellung der Äquivalenz möglich ist.
3.6.1. Herstellung und Charakterisierung des Vorproduktes AHA-HMDA-Salz
Zur Herstellung des AHA-HMDA-Salzes wurde das extrahierte Produkt AHA-3-RF
verwendet, da dieses Produkt bei der Extraktion die höchsten Ausbeuten ergab.
Die Einstellung der Stöchiometrie wurde mit Hexamethylendiamin (HMDA) entsprechend
der gemessenen Carboxylendgruppen des extrahierten AHA-3-RF- Versuchsproduktes
vorgenommen.
3.6.1.1. Versuchsdurchführung
Das AHA-3-RF-Salz wird durch Erwärmen in absoluten Ethanol im Mischungsverhältnis
1:10 gelöst. Zur Lösung wird die äquimolare Menge Hexamethylendiamin als 50%ige
ethanolische Lösung gegeben. Das kristalline Produkt AHA-HMDA-Salz ist nach Stehen von
12 Stunden ausgefallen. Das Produkt wurde mit Ethanol im Verhältnis 1:10 gewaschen und
bei 80°C getrocknet.
3.6.1.2. Versuchsauswertung und Diskussion
Das hergestellte AHA-HMDA-Salz ist in heißen Wasser löslich. Der gemessene pH-Wert
einer 1%igen wässrigen Lösung wurde gemessen, um die Äquivalenz festzustellen. Der pH-
Wert dieser Lösung beträgt 6,2. und wurde durch Zugabe von Hexamethylendiamin auf 7,2
angehoben, um Verdampfungsverluste von Hexamethylendiamin während der Polymerisation
auszugleichen. Üblicherweise wird bei der Herstellung von AH-Salz mit 2%igem HMDA-
Überschuss gearbeitet und der pH-Wert auf mindestens 7,1 eingestellt.
Das thermische Verhalten des Salzes wurde untersucht.
In der nachfolgenden Abbildung sind die DSC-Kurven dargestellt:
Abb.:21/1 bis 21/3
65
In den Graphiken ist die 1.Aufheizung, die 2.Aufheizung sowie die Abkühlung dargestellt.
Folgende Messbedingungen wurden gewählt:
1.Aufheizung bis 300°C, danach mit flüssigem Stickstoff abschrecken
2.Aufheizung bis 300°C
Abkühlung auf Raumtemperatur
Heizrate: 10K/Minute
Atmosphäre: Stickstoff
66
Die Aufheizung bis 300°C wurde gewählt, um mögliche Zersetzungen des Produktes in der
2.Aufheizung zu erkennen. Der Schmelzpeak der 1.Aufheizung liegt bei 201,1°C und eine
sich anschließende, nach höheren Temperaturen verschobene kleine Schulter, was auf höhere
Molekulargewichte des Salzes hinweist. Der endotherme Peak der 2.Aufheizung tritt bei einer
Temperatur von 248,5°C auf. Dies deutet darauf hin, dass während der thermischen
Behandlung bereits eine Polymerisation eingesetzt hat. Im Vergleich dazu liegt der
Schmelzbereich des reinen Vorproduktes (AH-Salz) von Polyamid6.6 nahezu im gleichen
Schmelzbereich bei 205°C-220°C. In der 2.Aufheizung ist wiederum die beginnende
Polymerisation anhand der Verschiebung der Schmelztemperatur zu erkennen.
Die folgende Abbildung zeigt den Verlauf der DSC-Analyse von AH-Salz:
Abb.:22/1 bis 22/3
67
3.6.2. Polymerisation des AHA-HMDA-Salzes
3.6.2.1. Versuchsdurchführung
Zunächst wurde im 6l-Autoklaven ein Referenzbatch Polyamid6.6 unter Verwendung von
AH-Salz der Fa. BASF hergestellt:
Die Polymerisationen des AHA-HMDA-Salzes wurde ebenfalls in dem 6l-Autoklav
durchgeführt.
Rezepturen:
a)AH-Salz:
Deionisiertes Wasser: 40 wt%
b)AHA-HMDA-Salz: 60 wt%
Deionisiertes Wasser: 40 wt%
Verfahrensbedingungen:
Die Rohprodukte werden in den Rührautoklav dosiert und ca.10 Minuten dispergiert. Danach
wird der Autoklav zweimal mit Stickstoff gespült, um die im Autoklav verbliebene Luft
restlos zu entfernen. Die Dispersion wurde nach einen bestimmten Heizregime bis 280°C im
geschlossenen Autoklav aufgeheizt. Der sich bildende Wasserdampfdruck wurde für 1,5
Stunden beibehalten. Danach wurde das System über eine Brüdenleitung innerhalb von 2
Stunden bis auf Atmosphärendruck unter Beibehaltung der Produkttemperatur von 280°C
entspannt. Der Viskositätsanstieg des Produktes wurde über den Anstieg des Drehmomentes
des Rührwerkes verfolgt. Die Polymerisation wurde nach einer Gesamttopfzeit von 6 Stunden
abgebrochen. Die Polymerschmelze wurde mit Stickstoff aus dem Reaktor ausgetragen und
granuliert.
68
Die nachfolgende Abbildung zeigt die technologische Fahrweise der Polymerisation:
Abb.:23
3.6.2.2. Versuchsergebnisse und Diskussion
Technologische Parameter
Tabelle 13:
Vers.Nr. Druckphase
P[bar]
Ent-
Spannung
t [Min.]
Polymerisat.
Zeit
[Min.]
Endphase Polym.
Temperatur
[°C]
Austrags-
Druck,N2
[bar]
PA6.6-Ref
16 160 285 Normaldruck 284,2 4
PA6.6-REP
15 160 285 Normaldruck 280,3 4
Analysenergebnisse der Polyamid6.6- Polymere
Von den hergestellten Polymeren wurden folgende Parameter bestimmt:
-relative Lösungsviskosität
-Schmelz- und Kristallisationsverhalten (DSC-Analyse)
69
In der nachfolgenden Tabelle sind die Analysenergebnisse dargestellt:
Tabelle 14:
Vers.-Nr. Rel.Lösungs-
Viskosität
[ - ]
DSC-
Analyse
[°C]
PA66-
Ref.
2,65 1.AH:266,2
PA66-
REP.
1,98 1.AH:260,6
Die nachfolgenden Abbildungen zeigen die DSC-Analysen (1.Aufheizung) der PA6.6-
Granulate:
Abb.:24/1 und 24/2
PA6.6-Ref.
70
PA6.6-REP
4. Ermittlung der Material- und Energieverbräuche
Basis der Material- und Energieverbräuche bildete die Zusammensetzung des
Ausgangsmaterials, Teppichkompaktisolation und die Aufarbeitung in den folgenden
Verfahrensstufen:
-mechanische Zerkleinerung der Teppichkompaktisolation
-Windsichtung mit Trennung in Leicht(Faser)-und Schwerfraktion
-Agglomeration der Faserfraktion
-reaktive Extrusion der Faserfraktion mit Adipinsäure
-Vermahlung des AHA-Rohproduktes
-Extraktion des AHA-Rohproduktes mit Ethanol
-Kristallisation des extrahierten AHA-Salzes
-Repolymerisation unter Zusatz von Hexamethylendiamin
71
4.1. Materialverbräuche
Abb.:25
Stoffflussdiagramm
ADSEthanol Teppich
Mahlen/Windsichten
Agglom.
ReaktiveExtrusion
Granulierung
Extraktion
Kristallisation
Polymerisation
PA66-Regenerat
100kgPA66: 7,48 PUR: 30,83anorrg.Anteil: 32,86org.Anteil: 28,83
PA66: 7,48 anorrg.Anteil: 1,92org.Anteil: 0,07
PA66 .: 7,26anorrg.Anteil: 1,86org.Anteil: 0,06
AHA-Salz: 7,92
AHA-Salz: 5,94(Ausbeute:75%)
PUR org.Anteil anorg.Anteil
30,83kg
AHA-Roh-produkt
AHA-Rohp.: 8,00anorrg.Anteil: 1,841org.Anteil: 0,06
28,76kg 30,94kg
Verluste:0,29kg
Verluste:ADS(alsCP).: 3,757PA66-Neb.prod:1,947Reakt.wasser: 0,38
Verluste:0,1
PA66 3,89
HMDA
AHA-Rohp.: 7,92anorrg.Anteil: 1,839org.Anteil: 0,06
Verluste:Eth.:0,8anorrg.Anteil:1,839org.Anteil: 0,06
Verluste:
Verluste:Reakt.wasser:0,29
6,897kg
80kg
Ethanol: 1,6Nebenpr.1,98
1,69kg
4.2. Energieverbräuche
Elektroenergie:
Faseragglomerierung: 0,46 KWh/kg
Depolymerisation im Extruder: 0,06 KWh/kg
Vermahlung des AHA-Rohproduktes: 0,04 KWh/kg
Extraktion: 0,051 KWh/kg bei einer Extraktionszeit von 6 Stunden
Kristallisation: 0,25 KWh/kg
Autoklav: 0,30 KWh/kg
Spezifischer Gesamtverbrauch Elektroenergie: 1,161 KWh/kg
72
73
Wassser:
Für die Kondensation und Kühlung der Ethanolbrüdendämpfe, die Kühlung der Pumpen und
für den Autoklav:
1,83 m3 H2O / kg
Den Verbräuchen liegen folgende technologische Parameter zugrunde:
Agglomerator:
Durchsatz: 50kg/h
Alpine Schneidmühle:
Durchsatz:200kg/h
Extruder ZSK 25-WLE
Durchsatz: 5kg/h
Temperatur:220-20°C bei hoher Scherung
Extraktor:
Extraktionszeit: 6 h
Temperatur: 60°C
Kristallisator:
Kristallisationszeit: 3h,Lösungsmittelverdampfung
Autoklav:
2 kg/Batch
Batchzeit: 8 h
5. Voraussichtlicher Nutzen - insbesondere Verwertbarkeit der Ergebnisse im Sinne des
fortgeschriebenen Verwertungsplanes
Mit den im Rahmen des Projektes durchgeführten Untersuchungen konnte gezeigt werden,
dass mit der eingesetzten Anlagentechnik und der verwendeten Technologie Teppiche aus der
Altautodemontage prinzipiell rohstofflich rezyklierbar sind.
Beim gegenwärtigen Stand der Rücklaufquote und aktuellen Prognosen ist eine Investition,
bereits zur trockenmechanischen Aufbereitung nicht wirtschaftlich. Hinzu kommt, dass der
Entsorgungsweg des thermischen Recyclings mittlerweile anerkannt ist.
Der Industriepartner und das TITK Rudolstadt werden, falls sich die Gesamtsituation des
Aufkommens an Altteppichen entscheidend verbessert, erneut die Wirtschaftlichkeit des
Verfahrens bewerten.
74
6. Während der Durchführung des Vorhabens dem ZE bekannt gewordenen Fortschritt auf
dem Gebiet des Vorhabens bei anderen Stellen
Es sind keine Aktivitäten auf diesem Gebiet bekannt geworden, die nicht in den
Literaturübersichten (Zwischenberichte, Punkt5 des Sachberichtes) aufgeführt wurden. Diese
Veröffentlichungen stehen den Versuchen des Vorhabens nicht entgegen.
7. Erfolgte bzw. geplante Veröffentlichungen des Ergebnisses nach Punkt 6 der
Nebenbestimmungen
Im Jahr 2007 ist mit dem Industriepartner eine Veröffentlichung der Ergebnisse geplant.
Weiterhin wird geprüft, inwieweit wesentliche Ergebnisse patentrechtlich zu schützen sind.
8. Literaturverzeichnis
[1] Lehmann et al, Patentschrift DD 276290
[2] Du Pont, EP-B1 0740 648, 1998 (R.J.McKinney
[3] Du Pont, EP-B1 0783 479, 1999 (E.F.Moran, Jr.,R.J.McKinney)
[4] Smith, R.A. , et al, „Polyamide6.6 and 6 chemical recycling” , Proc.Recycle ’95, Davos
Switzerland, paper 5-2.1 (1995)
[5] Meusel, E., et al, Chemiefasern/Textilindustrie, 44./96.Jahrgang, Sept.1994
[6] Gärtner, BMWi 31/94 „Untersuchungen zum Abbau von Polyamid6.6 im Extruder“
[7] http//www.mrw.interscience.wiley.com/ueic/articles/a01_269/sect8.html
Anhang 1
(Angaben in wt%)
75
76
Anhang 2
Explosionsschutzkonzept
zu einer Extraktions- und Kristallisationsanlage
Standort: Thüringisches Institut für Textil- und Kunststoff-Forschung e.V.
Breitscheidstr.97
07404 Rudolstadt
Kunststofftechnikum
77
1.Allgemeine Angaben
1.1.Beschreibung des technologischen Verfahrens
Das zerkleinerte Rohprodukt(AHA-Salz) wird über einen Fülltrichter manuell in den
Extraktor eingefüllt.Ca.50l des entsprechenden Alkohols (Ethanol) werden mittels
Fasspumpe aus einem Fass in den elektrisch beheizten Vorwärmbehälter gepumpt und auf
maximal 60°C vorgeheizt. Der Alkohol wird in den Extraktor gepumpt und das Rohprodukt
über mehrere Stunden extrahiert. Das AHA-Salz geht dabei in Lösung. Die in dem Alkohol
nicht löslichen Reststoffe sammeln sich am Boden des Extraktors und werden nach Bedarf in
ein Auffanggefäß abgelassen.
Die alkoholische AHA-Salzlösung wird in den mit einem Rührwerk ausgerüsteten
Kristallisator gepumpt oder alternativ mittels Wasserringpumpe in den Kristallisator
genutscht.
Zur Auskristallisation des AHA-Salzes kommen 2 Verfahren in Anwendung. Zum einen wird
das Lösungsmittel abgedampft, kondensiert und dem Prozess wieder zugeführt.
Im 2.Verfahren wird das AHA-Salz im Kristallisator ausgefroren. Das reine Lösungsmittel
wird abgepumpt und dem Prozess wieder zugeführt. Das AHA-Salz wird im Kristallisator mit
Vakuum getrocknet und über eine Bodenentleerung abgelassen.
1.2.Örtliche und betriebliche Verhältnisse
Die Anlage befindet sich im Kunststofftechnikum des Bereiches Kunststoff-Forschung im
TITK e.V.
Die räumliche Anordnung ist im Aufstellungsplan (Anlaage1) dargestellt.
1.3.Verwendete Gefahrstoffe
Für den Betrieb werden nachfolgend aufgeführte Gefahrstoffe verwendet:
Ethanol
MAK-Wert: 1900 mg/m3
Untere Ex-Grenze: 3,5 Vol%
Obere Ex-Grenze: 15 Vol%
Zündtemperatur: 425°C
Explosionsgruppe: IIA
Flammpunkt: 12°C
Rel. Dichte zu Luft: 1,6
78
2.Beurteilung der Explosionsgefährdung
2.1.Bezeichnung des Bereiches
Extraktions- und Kristallisationsanlage im Kunststofftechnikum
2.2.Brennbare Stoffe
-Ethanol
Verarbeitungszustand: -20°C bis 60°C(Normaldruck und Unterdruck)
2.3.Freisetzung von Dämpfen
2.3.1.Gelegentlich im Normalbetrieb
- beim Umfüllen von Ethanol in den Extrakteur
- beim Entleeren des extrahierten Feststoffes aus dem Extrakteur
- beim Entleeren des Rohproduktes(gereinigtes AHA-Salz) aus dem Kristallisator
- beim manuellen Einfüllen des Extraktionsgutes in den Extrakteur
- an Entlüftungsstellen des Vorwärmbehälters, des Extrakteurs und des Kristallisators
2.3.2.Undichtigkeiten und Störungen an der Apparatur
- undichte Flanschverbindungen
- Fehlhandlungen
2.3.3.Freisetzungsquellen
Quelle Max. Expositionsdauer
[h/Schicht]
1 Befüllung Extrakteur 0,25
2 Entleerung Extrakteur 0,25
3 Entleerung Kristallisator 0,25
4 Entlüftungssammelleitung 0,25
5 Fassentleerung 0,25
6 Absaugung über Dach 1,25
In der Anlage 2 ist die örtliche Anordnung der Expositionsstellen dargestellt.
79
3.Schutzmassnahmen zur Verhinderung oder Einschränkung der Bildung gefährlicher
explosionsfähiger Atmosphäre
3.1.Technische Maßnahmen
-Objektabsaugung an den jeweiligen Emissionsquellen
-turnusmäßige Instandhaltung
3.2.Organisatorische Maßnahmen
-Bedienung nur durch unterwiesenes Personal
-Anlage wird während des Betriebes überwacht
4.Zoneneinteilung
Zone 0: im Inneren der Anlage
Zone 1: 1m um Entlüftung (auf dem Dach)
1m um Extrakteur- und Kristallisatorentleerung
Zone 2: 3m von Expositionsstellen gem.Anlage2
-Zoneneinteilung gem. Anlage3
5.Schutzmassnahmen,welche die Entzündung gefährlicher explosionsfähiger
Atmosphäre verhindern
5.1.Elektrische und nichtelektrische Arbeitsmittel
-Ausführung gem. Richtlinie 94/9/EG bzw.11.GSGV
5.2.Verhinderung der Zündung an heißen Oberflächen, Flammen, heißen Gasen,
mechanisch erzeugten Funken, statische Elektrizität, Blitzschlag oder sonstige
Zündquellen
-heiße Oberflächen
Anbringen von Wärmeisolierungen
Die Oberflächentemperatur liegt unter 70°C und wird regelungstechnisch und durch
Bedienpersonal während des Betriebes überwacht.
Die Anlage, einschließlich der Lüftungstechnik wird regelmäßig gewartet.
-Flammen oder heiße Gase
Im Kunststofftechnikum befindet sich ein Brandmelder.
Es besteht generelles Rauchverbot im Technikum.
80
-mechanisch erzeugte Funken
Regelmäßige Wartung des Lüfters.
Bei Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten nur funkenfreies Werkzeug verwenden.
-statische Elektrizität
Erdung aller leitfähigen Anlagenteile
-Blitzschlag
-sonstige Zündquellen
Nicht vorhanden
5.3.Zusätzliche Maßnahmen zur Verringerung des Restrisikos
Gaswarnanlage
6.Beurteilung der Explosionsgefahr innerhalb von Apparaturen
6.1.Bezeichnung der Arbeitsmittel
-Vorlagebehälter für Ethanol
-Extrakteur
-Kristallisator
-Lüfter
6.2.Brennbare Stoffe
Ethanol
6.3.Auftreten von brennbaren Gasen/Dämpfen/Nebeln
Im Normalbetrieb vorhanden. Beim Befüllen und Entleeren wird der Explosionsbereich
durchfahren.
6.4.Schutzmassnahmen zur Verhinderung oder Einschränkung der Bildung gefährlicher
explosionsfähiger Atmosphäre
6.5.Zoneneinteilung
siehe Anlage 3
6.6.Schutzmassnahmen,welche die Entzündung gefährlicher explosionsfähiger
Atmosphäre verhindern
Die Heizung des Vorlagebehälters wird bei Erreichung eines min. Füllstandes automatisch
abgeschaltet. Außerdem wird der Füllstand über ein Rohr vom Bedienpersonal überwacht.
Die Rührwerksbuchse des Kristallisators ist wassergekühlt. Die Kühlung wird überwacht.
6.7.Konstruktive Maßnahmen, welche die Auswirkung einer Explosion auf ein
unbedenkliches Maß beschränken
- nicht erforderlich
Raumbelegung
Abb.:26
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Abb.:27
82
Abb.:28/1 u. 28/2
83
84
Anhang 3
Verwendete Messmethoden
1. Glührückstand nach DIN EN 60
-Veraschung im Muffelofen
2. Relative Lösungsviskosität nach DIN EN ISO 307
- 1%ige Lösung, Messung bei 25°C, Lösungsmittel: 96%ige Schwefelsäure
3. Carboxylendgruppen, Aminoendgruppen nach TITK Vorschrift
-titrimetrische Bestimmungsmethode
4. Schmelzvolumenrate nach ISO 1133
-mittels Göttfert Schmelzindexprüfgerät MP/MPS
5.Differential Scanning Calorimetrie nach DIN EN ISO 3146
-mittels Netzsch DSC/TMA-Analyzer
6. Elementeanalyse nach TITK-Vorschrift
-mittels ICP-OES Spektrometer
7. Elementaranalyse nach TITK-Vorschrift
8. Thermogravimetrie/FTIR nach TITK-Vorschrift
-mittels Mettler-Toledo STAR System, TGA-FTIR-Kopplung
9. HPLC- Analytik nach Hausvorschrift
-HPLC/DAD- Prüfverfahren