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über die Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 25. bis 29. September 2000 in Straßburg und die Debatte der Erweiterten Parlamentarischen Versammlung über die Aktivitäten der OECD am 27. September 2000 Während des vierten Teils der Sitzungsperiode 2000 vom 25. bis 29. Sep- tember 2000 erörterte die Parlamentarische Versammlung des Europarates Berichte, behandelte die üblichen geschäftsordnungsmäßigen Vorgänge und fasste Beschlüsse zu folgenden Themen: Tätigkeitsbericht des Präsidiums der Versammlung Hierzu sprach Abg. Prof. Dr. Karl-Heinz Hornhues (S. 13) Bericht des Ministerkomitees – Vorlage durch den stellvertretenden amtierenden Vorsitzenden, den Staatssekretär für Auswärtige Angelegenheiten der italienischen Repu- blik, Umberto Ranieri Politische Fragen – Ansprache des Präsidenten der Parlamentarischen Versammlung der OSZE, Adrian Severin Die Einhaltung der von Kroatien eingegangenen Pflichten und Verpflich- tungen (Entschließung 1223 – S. 19 und Empfehlung 1473 – S. 22) Hierzu sprach Abg. Prof. Dr. Karl-Heinz Hornhues (S. 19) Ansprache des italienischen Staatspräsidenten, Carlo Azeglio Ciampi Die Wahlen in der Bundesrepublik Jugoslawien (Aktualitätsdebatte) Hierzu sprach Abg. Dr. Helmut Lippelt (S. 24) – Die Vereinten Nationen an der Schwelle zu einem neuen Jahrtausend (Empfehlung 1476 – S. 29) Hierzu sprach Abg. Dieter Schloten (S. 28) – Ansprache des Kanzlers der Bundesrepublik Deutschland, Gerhard Schröder Schriftliche Frage des Abg. Wolfgang Behrendt (S. 33) Deutscher Bundestag Drucksache 14/6751 14. Wahlperiode 26. 07. 2001 Unterrichtung durch die Delegation der Bundesrepublik Deutschland in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates

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über die Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom25. bis 29. September 2000 in Straßburg und die Debatte der Erweiterten Parlamentarischen Versammlung über die Aktivitäten der OECD am 27. September 2000

Während des vierten Teils der Sitzungsperiode 2000 vom 25. bis 29. Sep-tember 2000 erörterte die Parlamentarische Versammlung des EuroparatesBerichte, behandelte die üblichen geschäftsordnungsmäßigen Vorgänge undfasste Beschlüsse zu folgenden Themen:

Tätigkeitsbericht des Präsidiums der VersammlungHierzu sprach Abg. Prof. Dr. Karl-Heinz Hornhues (S. 13)

Bericht des Ministerkomitees– Vorlage durch den stellvertretenden amtierenden Vorsitzenden, den

Staatssekretär für Auswärtige Angelegenheiten der italienischen Repu-blik, Umberto Ranieri

Politische Fragen– Ansprache des Präsidenten der Parlamentarischen Versammlung der

OSZE, Adrian Severin

– Die Einhaltung der von Kroatien eingegangenen Pflichten und Verpflich-tungen (Entschließung 1223 – S. 19 und Empfehlung 1473 – S. 22)

Hierzu sprach Abg. Prof. Dr. Karl-Heinz Hornhues (S. 19)

– Ansprache des italienischen Staatspräsidenten, Carlo Azeglio Ciampi

– Die Wahlen in der Bundesrepublik Jugoslawien (Aktualitätsdebatte)

Hierzu sprach Abg. Dr. Helmut Lippelt (S. 24)

– Die Vereinten Nationen an der Schwelle zu einem neuen Jahrtausend(Empfehlung 1476 – S. 29)

Hierzu sprach Abg. Dieter Schloten (S. 28)

– Ansprache des Kanzlers der Bundesrepublik Deutschland, GerhardSchröder

Schriftliche Frage des Abg. Wolfgang Behrendt (S. 33)

Deutscher Bundestag Drucksache 14/675114. Wahlperiode 26. 07. 2001

Unterrichtungdurch die Delegation der Bundesrepublik Deutschland in der ParlamentarischenVersammlung des Europarates

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– Ansprache des Präsidenten der Republik Kroatien, Stjepan Mesic

– Der Konflikt in Tschetschenien – Jüngste Entwicklungen (Empfeh-lung 1478 – S. 43 und Entschließung 1227 – S. 44)

Hierzu sprachen die Abg. Rudolf Bindig (S. 42) und Prof. Dr. Karl-HeinzHornhues (S. 42)

Rechts- und Menschenrechtsfragen– Die Lage von Lesbierinnen und Homosexuellen in den Mitgliedstaaten

des Europarates (Empfehlung 1474 – S. 23)

– Die Durchführung der Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Men-schenrechte (Empfehlung 1477 – S. 38 und Entschließung 1226 – S. 39)

– Ansprache des Präsidenten des Europäischen Menschenrechtsgerichts-hofs, Luzius Wildhaber

– Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Empfehlung 1479 –S. 47, Entschließung 1228 – S. 47 und Richtlinie 567 – S. 49)

Hierzu sprach Abg. Wolfgang Wodarg (S. 46)

Wirtschafts- und Entwicklungsfragen– Die OECD und die Weltwirtschaft (Entschließung 1224 – S. 34)

Hierzu sprach Abg. Wolfgang Behrendt (S. 33)

– Ansprache des Generalsekretärs der OECD, Donald Johnston

– Die Aussichten für neue transatlantische Handelsbeziehungen (Entschlie-ßung 1225 – S. 37)

Umwelt-, Raumordnungs- und Kommunalfragen– Die Zusammenführung von Daten über die Bewirtschaftung der Wasser-

ressourcen – die Rolle des Europarates (Empfehlung 1472 – S. 17)

– Ansprache des spanischen Umweltministers, Jaume Matas

– Die Umwelt belastende Unfälle (Entschließung 1229 – S. 49)

– Schutz und Bewirtschaftung des Donaubeckens (Empfehlung 1480 – S. 52)

Hierzu sprach Abg. Benno Zierer (S. 51)

Landwirtschaftsfragen– Wassermangel und Landwirtschaft (Entschließung 1222 – S. 14)

Hierzu sprach Abg. Meinolf Michels (S. 14)

Wanderungs-, Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen– Die Ankunft von Asylsuchenden auf europäischen Flughäfen (Empfeh-

lung 1475 – S. 26)

Hierzu sprach Abg. Eduard Lintner (S. 25)

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Wissenschafts- und Technologiefragen– Die Schaffung eines hydrotechnischen Europa-Mittelmeerinstitutes des

Europarates (Wassertechnologie und -bewirtschaftung) (Empfehlung1471 – S. 16)

Zum Ablauf der Tagung

Die Reden und Fragen der Mitglieder der Delegation der BundesrepublikDeutschland in der Parlamentarischen Versammlung sowie die Beschluss-texte sind nachstehend im Wortlaut abgedruckt.

Den Bericht des Ministerkomitees trug der stellvertretende amtierende Vor-sitzende des Ministerkomitees, Umberto Ranieri, italienischer Staatssekretärfür Auswärtige Angelegenheiten, vor. Zu der Versammlung sprachen außer-dem der Kanzler der Bundesrepublik Deutschland, Gerhard Schröder, derPräsident der italienischen Republik, Carlo Azeglio Ciampi, der Präsidentder Republik Kroatien, Stjepan Mesic, der Präsident des Europäischen Men-schenrechtsgerichtshofs, Luzius Wildhaber, der Präsident der Parlamentari-schen Versammlung der OSZE, Adrian Severin, und der spanische Umwelt-minister, Jaume Matas.

An der Tagung nahmen parlamentarische Gastdelegationen aus Kanada, Me-xiko, Japan und Korea teil.

In einer Aktualitätsdebatte diskutierte die Parlamentarische Versammlungüber die Wahlen in der Bundesrepublik Jugoslawien.

Der Kanzler der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, BrunoHaller, wurde für weitere fünf Jahre wiedergewählt.

Schwerpunkte der Beratungen

Im Mittelpunkt der Beratungen standen die Wahlen in der BundesrepublikJugoslawien sowie ein Bericht über die jüngsten Entwicklungen in Tschet-schenien.

Zu Beginn der Aktualitätsdebatte über die Wahlen in der Bundesrepu-blik Jugoswlawien machte der Präsident der Parlamentarischen Versamm-lung des Europarats, Lord Russell-Johnston, darauf aufmerksam, dass die De-batte noch vor der Bekanntgabe amtlicher Ergebnisse der Wahlen stattfinde.Ohne Informationen der Zentralen Wahlkommission könne man nichts überdie Absichten des Regimes sagen, und es sei unklar, ob die Niederlage aner-kannt, ein zweiter Wahlgang angestrebt oder sogar der Versuch unternommenwerde, in der ersten Runde den Wahlsieg zu erklären. Den Wahlen hättenkeine freien und fairen Bedingungen zugrunde gelegen, und sie seien bereitsvor Öffnung der Wahllokale nicht korrekt gewesen. Dies beeinträchtige je-doch nicht die Gültigkeit und Bedeutung des Oppositionserfolges.

Unmittelbar im Anschluss an ein Telefongespräch mit dem Präsidentschafts-kandidaten Vojslav Kostunica, dessen Wahlsieg internationale Beobachterfür wahrscheinlich hielten, wiederholte der Generalsekretär des Europarates,Walter Schwimmer, vor den Delegierten sein Angebot an Kostunica, bei ei-nem möglichst baldigen Treffen die zukünftige Zusammenarbeit zwischendem Europarat und einem demokratischen Jugoslawien zu diskutieren. Da-rüber hinaus forderte er eine Aufhebung der Sanktionen gegen Jugoslawienund erhielt dabei Unterstützung von mehreren Rednern.

Die Abgeordneten sprachen sich in der Debatte übereinstimmend für einenverstärkten Dialog mit Vertretern der demokratischen Oppositionsparteien

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und mit reformorientierten Kräften im Parlament aus. Die BundesrepublikJugoslawien brauche auf dem noch langen Weg zu mehr Demokratie, Rechts-staatlichkeit und Menschenrechten sehr viel Unterstützung, die auch vomEuroparat kommen müsse. Über das Ziel eines Beitritts des Landes zum Eu-roparat könne man nach einem Machtwechsel wieder diskutieren, dochmüsse vor übereilten Schritten gewarnt werden. Auch wenn Kostunica als ak-tueller Hoffnungsträger die Wahlen gewinne und das Volk hinter ihm stehe,werde er eine äußerst harte und schwierige Aufgabe haben, die er nicht alleintragen könne, da das Land tief gespalten sei.

Als außerordentlich aktuell und wichtig bezeichnete auch der italienischeStaatssekretär Ranieri in seiner Ansprache vor den Delegierten das von derVersammlung behandelte Thema der Bundesrepublik Jugoslawien nach denWahlen. Der deutliche Wahlsieg der demokratischen Opposition in der Ju-goslawischen Föderation zeige, dass sich das Land auf dem Weg in ein neuesZeitalter befinde. In diesem Sinne sei auch die politisch wichtige Erklärungdes Europarates vom 18. September zu verstehen. Damit habe der Europarateine deutliche Botschaft ausgesandt und seinen Wunsch wiederholt, die Bun-desrepublik Jugoslawien möge bald die nötigen Bedingungen erfüllen, umwieder in die Familie der im Europarat vereinten europäischen Demokratienaufgenommen zu werden. Auf dem Gebiet der Erweiterung seien unter italie-nischem Vorsitz darüber hinaus wesentliche Bedingungen für die AufnahmeArmeniens und Aserbaidschans erfüllt worden. Zur Vermeidung von gefähr-lichen negativen Auswirkungen auf die Region sollten beide Länder ge-meinsam beitreten, doch müssten derzeit noch Schwierigkeiten aus dem Weggeräumt werden, damit das Aufnahmeverfahren nach den für November2000 geplanten Wahlen in Aserbaidschan möglichst bald abgeschlossen wer-den könne. In Bezug auf die ehemals sowjetischen Staaten in Zentralasienhabe Italien vorgeschlagen, diesen Ländern unter bestimmten Bedingungeneinen „besonderen Kooperationsstatus“ zu verleihen, der u. a. zur Teilnahmean Treffen von Sachverständigen auf den Gebieten Demokratisierung undModernisierung berechtigen solle.

Auch der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder ging in seiner An-sprache vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarates zunächstauf den demokratischen Wandel in Jugoslawien ein. Ein Jugoslawien, in demman die Menschenrechte achte, werde den ihm zustehenden gleichberech-tigten Platz in Europa einnehmen. Indirekt sprach er sich zudem für ein Endeder Sanktionen aus, indem er sagte, dass der Sieg der Opposition auch wirt-schaftlich beantwortet werden müsse. Der Bundeskanzler nahm die aktuelleEntwicklung in Jugoslawien zum Anlass, den Beitrag des Europarates zumneuen Gesicht des ganzen Europas hervorzuheben. Das Gütezeichen des Eu-roparates bleibe Voraussetzung für den EU-Beitritt.

Eingehend und zum vierten Mal in diesem Jahr erörterten die Abgeordnetendie jüngsten Entwicklungen in Tschetschenien und sahen sich gezwungen,Russland erneut wegen der fortdauernden Menschenrechtsverletzungenscharf zu kritisieren. Weiterhin würden in der nach Autonomie strebendenTeilrepublik von den russischen Truppen Dörfer mit wenig Rücksicht auf dasLeben der Zivilbevölkerung beschossen, Erpressung und Schikanierung derMenschen an den vielen Kontrollstellen innerhalb Tschetscheniens seieneher die Regel als die Ausnahme und immer wieder fänden willkürliche Ver-haftungen verbunden mit Folter und Misshandlungen statt. Auch die Freiheitder Berichterstattung sei weiter in unannehmbarer Form eingeschränkt, er-klärte der britische Berichterstatter Lord Judd bei der Einbringung seines Be-richts zur Lage in Tschetschenien.

Die Versammlung erkannte an, dass in einer von der russischen Staatsdumaorganisierten Anhörung der volle Umfang der in Tschetschenien begangenenVerbrechen zur Sprache gekommen sei. Dies sei ein enormer Fortschritt, deraber noch in keiner Weise von der russischen Regierung insgesamt oder garvon der Allgemeinheit unterstützt werde. Kritisiert wurde von einzelnen

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Abgeordneten, dass auch die im Ministerkomitee des Europarates vertrete-nen 40 Außenminister der übrigen europäischen Staaten noch immer nichteindeutig das russische Vorgehen in Tschetschenien als unvereinbar mit denGrundsätzen des Europarates verurteilt hätten.

Zu der Diskrepanz zwischen Erkennen und Handeln konnte der deutsche Abgeordnete Rudolf Bindig als Berichterstatter des Rechtsausschusses erfolg-reich einen Ergänzungsantrag einbringen. Danach bedauerte die Versammlungvor allem, dass die Nichtbereitschaft oder Unfähigkeit der strafverfolgendenBehörden, die von russischen Militärangehörigen begangenen Verbrechen ander Zivilbevölkerung zu untersuchen und die Schuldigen vor Gericht zu stel-len, zu einem Klima der Straflosigkeit geführt habe. So habe zwar das neu ein-gerichtete Büro des russischen Menschenrechtsbeauftragten für Tschetsche-nien, Wladimir Kalamanow, in dem seit Juni auch die vom Europaratentsandten Menschenrechtsexperten untergebracht seien, inzwischen seine Ar-beit aufgenommen. Es sammele intensiv Informationen über Vergehen undhabe bereits 8 000 Fälle aufgenommen. Bei dem jüngsten Besuch der Bericht-erstatter vor Ort habe jedoch niemand sagen können, was mit diesen Ergeb-nissen geschehe und zu welchen Konsequenzen sie führten. Dies fördere dieVerübung weiterer Menschenrechtsverletzungen und verhindere eine politi-sche Beilegung des Konflikts. Die Versammlung forderte daher die verschie-denen Institutionen in Russland erneut dazu auf, endlich für ein wirksamesEnde der Menschenrechtsverletzungen zu sorgen und die Verbrechen auch fürdie Öffentlichkeit wahrnehmbar wirksam zu ahnden. Dass mit dieser Forde-rung aber nur geringe Hoffnungen auf einen tatsächlichen Wandel verbundensein könnten, solange die russischen Soldaten gar nicht oder so schlecht bezahltwürden, dass sie offenbar zu ihrem eigenen Überleben darauf angewiesenseien, die tschetschenische Bevölkerung durch Schikanen, Folter und Erpres-sung auszuplündern, gab Abgeordneter Bindig zu bedenken.

Trotz dieser bedrückenden Perspektiven zeichnete sich bei den Abgeordne-ten eine große Mehrheit dafür ab, den im April beschlossenen Entzug desStimmrechts für die russischen Parlamentarier in der Europaratsversamm-lung nicht länger aufrecht zu erhalten und Ende des Jahres einfach auslaufenzu lassen. Die Versammlung begründete diesen Umschwung mit dem Hin-weis auf die veränderte Einstellung der Duma und die von ihr organisierteAnhörung. Darüber hinaus forderten die Delegierten auch die tschetscheni-schen Kämpfer zur Einhaltung der Menschenrechte und völkerrechtlicherVereinbarungen auf und drängten auf ein Ende der Geiselnahmen undKampfeinsätze.

Den sich abzeichnenden Kursumschwung würde auch das Ministerkomiteebegrüßen, erläuterte der italienische Staatssekretär Ranieri, der in seinemBericht ebenfalls ausführlich auf den Konflikt in Tschetschenien einging.Eine Reihe von Initiativen hätten gezeigt, dass die russischen Behörden denEmpfehlungen der Parlamentarischen Versammlung erhebliche Aufmerk-samkeit geschenkt hätten. Die von der Duma abgehaltene Anhörung zuTschetschenien sei eine bedeutende Anstrengung der russischen Führung ge-wesen, ein strukturiertes und vielschichtiges Bild der gegenwärtigen Posi-tionen im Parlament und in der russischen Gesellschaft zu zeichnen. DieDuma habe dabei als Forum für interne kritische Stimmen gedient, sodass dieVeranstaltung außergewöhnlich gewesen sei. Auch wenn noch viel zu tunbleibe, so habe es doch Fortschritte gegeben bei der Lage in Tschetschenien.Die Delegation aus Moskau solle daher nach Möglichkeit alle Mitwirkungs-rechte in der Parlamentarischen Versammlung zurückerhalten, damit der Ka-nal für den Dialog mit der russischen Föderation auf der parlamentarischenEbene offen und lebendig bleibe.

Der Präsident der Parlamentarischen Versammlung der OSZE, AdrianSeverin, konzentrierte sich in seiner Ansprache auf die Beziehungen zwi-schen den beiden Institutionen Europarat und OSZE. Seit der Gründung derOSZE-Versammlung im April 1991 hätten sich diese Beziehungen positiv

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entwickelt. Etwaiges anfängliches Misstrauen oder Neid seien seit einigerZeit gewichen. Beide Parlamentarischen Versammlungen blieben bestehenund würden weiterhin gebraucht. Die Besonderheiten der OSZE seien dietransatlantische Dimension, die Rolle der präventiven Diplomatie und dasKrisenmanagement, während der Europarat als paneuropäische Organisationüber Expertise verfüge und auf den Gebieten Menschenrechte, demokrati-sche Institutionen und Rechtsstaatlichkeit normativ handle. Dennoch gebe esgemeinsame Werte, und die gemeinsamen Ziele Stabilität und Sicherheit inEuropa könnten nur durch verstärkte Zusammenarbeit erreicht werden. VorOrt habe die Zusammenarbeit z. B. bei den Missionen im Kaukasus und denTroika-Missionen mit dem Europäischen Parlament in Albanien und Belarusgut funktioniert. Diese sollten Modellcharakter haben für ähnliche Operatio-nen in der Zukunft, wobei derzeit z. B. eine parlamentarische Troika-Missionfür den Balkan-Stabilitätspakt wünschenswert sei. Insgesamt sei das Prinzip„Wer macht was und wie?“ jedoch noch nicht perfekt. Es sei wünschenswert,die Beziehungen zwischen den jeweiligen Delegationen bei den Präsidiender Versammlungen, den Vollversammlungen und auch auf Ausschussniveauzu formalisieren. Bei den „2+2 Treffen“ der jeweiligen amtierenden Vorsit-zenden und Generalsekretäre sollten auch die Präsidenten der Parlamentari-schen Versammlungen einbezogen werden, um die Transparenz zu steigernund vor der internationalen öffentlichen Meinung glaubwürdiger zu sein.Trotz der Unterschiede zwischen den Monitoring-Verfahren des Europaratesund der Mechanismen der OSZE zur Überwachung der Einhaltung der Ver-pflichtungen sollten die Kontakte und die Koordinierung verbessert werden,damit der Europarat in Ländern mit längerfristigen OSZE-Missionen bei eigenen Monitoring-Verfahren von diesen profitieren könne. In Bezug aufdie Lage in der Bundesrepublik Jugoslawien nach den Wahlen unterstrichPräsident Severin, die Parlamentarische Versammlung der OSZE sei bereitzu einem konstruktiven Dialog mit dem neuen Parlament oder den Parla-mentariern, die von sich aus einen solchen Dialog wollten und ausreichendunabhängig von der derzeitigen jugoslawischen Regierung seien. Ein derar-tiger parlamentarischer Dialog könne Jugoslawien dabei helfen, endlich dieaus der Mitgliedschaft in der OSZE resultierenden Verpflichtungen zu respektieren und das Land aus der gegenwärtigen Isolation zu führen.

Der Unterzeichnung der Europäischen Menschenrechtskonvention vor 50 Jahren in Rom gedachte die Versammlung in einer Feierstunde unmittel-bar vor der Debatte über die Durchführung der Urteile des Gerichtshofsfür Menschenrechte. Hervorgehoben wurde dabei die Bedeutung der Euro-päischen Menschenrechtskonvention, mit deren Schaffung es dem Europaratgelungen sei, in Europa einen einzigartigen Mechanismus zum Schutz derGrund- und Menschenrechte zu entwickeln und zur Erreichung eines ein-heitlichen Schutzniveaus auf dem ganzen Kontinent beizutragen. Die Kon-vention ermögliche allen Bürgern, die ihre Grundrechte verletzt sähen, eineKlage vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof. Diese Chance,nach Ausschöpfung des nationalen Rechtswegs doch noch Recht auch ge-genüber dem eigenen Staat bekommen zu können, hätten bis heute mehr als45 000 Menschen in Europa genutzt. Die dauerhafte Wirksamkeit diesesSchutzes hänge vor allem davon ab, dass die Mitgliedstaaten bei nachgewie-senen Verletzungen dieser Rechte aufgrund von Urteilen des EuropäischenGerichtshofs für Menschenrechte in Straßburg diese Urteile auch durchführ-ten, sei es durch Wiedergutmachung gegenüber den betroffenen Personenoder durch Änderung ihrer nationalen Gesetzgebung.

Die Versammlung stellte jedoch mit Sorge fest, dass mit dem starken An-wachsen der Klagen in den letzten Jahren auch ernsthafte Fälle aufgetauchtseien, in denen Staaten nicht nur die Vollziehung der Richtersprüche hinaus-zögerten, sondern sich ausdrücklich weigerten, bestimmte Urteile umzuset-zen. Die Abgeordneten sprachen sich deshalb für eine Änderung der Men-schenrechtskonvention aus mit dem Ziel, ein System von Verzugsstrafengegen solche Mitgliedstaaten einzuführen, die sich beharrlich weigerten, ein

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Urteil des Gerichtshofs umzusetzen. Sie forderten das Ministerkomitee auf,sich in allen Fällen zu vergewissern, dass die von den Staaten ergriffenenMaßnahmen künftig weitere Verletzungen wirksam verhinderten. Das Minis-terkomitee sei mitverantwortlich für die derzeitige Situation, da es bei derÜberwachung der Durchführung der Urteile nicht genügend Druck auf dieMitgliedsländer ausübe und bei Ländern, die sich dauerhaft weigerten, Ur-teile durchzuführen, die ihm in diesem Fall nach der Satzung zur Verfügungstehenden Maßnahmen bisher unzureichend nutze. Die Parlamentarier be-schlossen, künftig regelmäßig Debatten über anhängige Fälle abzuhalten undals Grundlage dazu eine Datenbank einzurichten mit Informationen über lau-fende Fälle und den Stand der Durchführung der Urteile. Die Mitgliedstaa-ten selbst sollten ihrerseits klare Vorkehrungen treffen, damit Urteile unmit-telbare Rechtswirksamkeit erhielten, sodass sie von den nationalen Gerichtenangewendet werden können. Darüber hinaus forderten die Abgeordneten denGerichtshof dazu auf, seine Urteile ausreichend klar zu formulieren und eineaktivere Rolle zu spielen, wenn es darum geht, die Mitgliedsländer bei derArt der Durchführung von Urteilen zu beraten.

In diesem Zusammenhang appellierte der Präsident des Europäischen Ge-richtshofs für Menschenrechte, Luzius Wildhaber, an die 41 Mitglieds-länder des Europarates, dem Gerichtshof mehr Finanzmittel für seine Arbeitbereitzustellen. Er begründete dies damit, dass die Arbeitsbelastung des Ge-richtshofs in den letzten sieben Jahren um 500 Prozent zugenommen habe,sodass das vor zwei Jahren reformierte System unter Druck stehe. Da eineAbnahme der Klagen nicht abzusehen sei, drohe eine weitere Anhäufungnicht erledigter Fälle.

Zwei Wochen vor dem Sondergipfel der Europäischen Union in Biarritz undder geplanten Annahme einer Charta der Grundrechte der EuropäischenUnion richtete die Parlamentarische Versammlung des Europarates eineneindringlichen Appell an die EU, der Europäischen Menschenrechtskonven-tion beizutreten, die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen und dieEuropäische Menschenrechtskonvention in die EU-Grundrechtscharta auf-zunehmen. Ein solcher Schritt, der auch vom Europäischen Parlament, derEU-Kommission und dem Straßburger Gerichtshof für Menschenrechte un-terstützt werde, sei der sicherste Weg, um neue Trennlinien in Europa undeine Schwächung des in fünf Jahrzehnten erreichten Menschenrechts-schutzes auf dem europäischen Kontinent zu vermeiden. Einige Delegiertezeigten sich besorgt, dass durch die EU-Charta, über deren Auslegung derEU-Gerichtshof in Luxemburg entscheiden werde, andernfalls zwei Katego-rien von Bürgern geschaffen würden, die unterschiedliche Rechte in An-spruch nehmen könnten. Eine doppelte und sich möglicherweise widerspre-chende Rechtsprechung müsse unbedingt vermieden werden.

Diesen Befürchtungen war Bundeskanzler Schröder in seiner Ansprachemit dem Hinweis begegnet, der Europarat werde durch die geplante Europä-ische Grundrechtscharta nicht überflüssig, sondern bleibe mit dem Europä-ischen Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg der Garant dafür, dass dieMenschenrechte in Europa geschützt würden. Einen Beitritt der Europä-ischen Union zur Europäischen Menschenrechtskonvention lehnte er jedochab, weil die geplante Charta in den darin festgelegten Rechten der europä-ischen Bürger weiter gehe und die Europäische Menschenrechtskonvention„inkorporiere“.

Dennoch forderte die Versammlung die Außenminister des Europarates auf,bei der EU nachdrücklich auf einen Beitritt zur Konvention zu drängen und,falls dies notwendig werden sollte, Änderungen an der Konvention unver-züglich vorzubereiten. Zudem bedauerten die Abgeordneten, dass die EU-Charta keine ausdrücklichen Verweise auf die Rechte von Angehörigen eth-nischer, religiöser oder sprachlicher Minderheiten beinhalte.

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Zuvor hatte bereits der Präsident der italienischen Republik, Carlo AzeglioCiampi, in seiner Ansprache vor den Delegierten daran erinnert, dass der Eu-roparat ein Rechtssystem geschaffen habe, dessen Pfeiler die EuropäischeMenschenrechtskonvention, die Europäische Sozialcharta, die EuropäischeKonvention zur Verhütung von Folter und die Rahmenkonvention zum Schutznationaler Minderheiten seien. Er stellte mit Befriedigung die enge Verzahnungvon Grundrechtscharta und Europäischer Menschenrechtskonvention fest. DieSache der Menschenrechte in Europa könne von der Zusammenarbeit der bei-den Institutionen Europarat und Europäische Union nur profitieren. Währenddes italienischen Vorsitzes im Ministerkomitee des Europarates habe man da-ran gearbeitet, die Kluft zwischen den Rechtsinstrumenten des Europaratesund ihrer Anwendbarkeit auf bestimmte Fälle schrittweise zu überwinden. Da-bei sei man sich darüber im Klaren, dass es eher moralisch als gesetzlich ge-boten sei, die eingegangenen internationalen Verpflichtungen vollständig um-zusetzen.

Über weitere Arbeitsschwerpunkte während des italienischen Vorsitzes imMinisterkomitee des Europarates unterrichtete der stellvertretende amtie-rende Vorsitzende, der Staatssekretär für auswärtige Angelegenheitender italienischen Republik, Umberto Ranieri, die Mitglieder der Parla-mentarischen Versammlung. In seinem Bericht wies er darauf hin, dass diewichtigsten Veranstaltungen des jeweils auf ein halbes Jahr ausgelegten Pro-gramms noch ausstünden. Dazu gehören eine Konferenz über Rassismus,rassistische Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz vom 11. bis 13. Oktober in Straßburg sowie eine eigens dem Thema Menschen-rechte gewidmete Konferenz im November in Rom, bei der auch das 50-jährige Jubliäum der Europäischen Menschenrechtskonvention gefeiertwerden solle. Das Ministertreffen in Florenz am 21. und 22. Oktober seihauptsächlich dem Zusammenspiel von Kultur und Umwelt gewidmet. Vor-geschlagen sei, bei dieser Gelegenheit die Europäische Landschaftskonven-tion zur Zeichnung offenzulegen.

Staatssekretär Ranieri nannte es eine ethische und politische Verpflichtung,dem Thema Todesstrafe weiterhin große Aufmerksamkeit zu schenken. Eswerde eine Erklärung von hohem moralischen und symbolischen Wert ent-worfen, die während des Ministertreffens am Ende des italienischen Vorsit-zes vorgestellt werden solle und eine „Europäische todesstrafenfreie Zone“ausrufen werde. Darüber hinaus denke der italienische Vorsitz an einen Vor-schlag, der den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof zur Abgabe vonnicht bindenden Stellungnahmen zum Thema Minderheiten befähigen solle.Auch das zehnjährige Bestehen der Venedig-Kommission, die in Rechts- undVerfassungsfragen ein beratendes Organ des Europarates von einiger Auto-rität geworden sei, habe man feiern können. Die Kommission habe mit derAusarbeitung einer Reihe von Standardelementen von Gesetzen und Verfas-sungsvorschlägen begonnen. Interesse hätten bereits die Republik Moldau,Georgien, Armenien und Aserbaidschan gezeigt, die die Rolle der Venedig-Kommission als hilfreich zur Beilegung ihrer internen ethnischen Konfliktebetrachteten. Auch ein gemeinsamer Besuch des Vorsitzes und des General-sekretariats in Chi�inau und Tiraspol habe die Unterstützung des Europara-tes für die Bemühungen der moldauischen Behörden zur Konsolidierung derDemokratie und zur Lösung der transnistrischen Frage unterstrichen.

In der Debatte über die Einhaltung der von Kroatien eingegangenenPflichten und Verpflichtungen bescheinigte die Versammlung der RepublikKroatien große Erfolge bei den demokratischen und rechtsstaatlichen Refor-men sowie bei der Achtung der Menschenrechte. Da das Land inzwischenweitgehend seinen Verpflichtungen nachkomme, die ihm aus der Mitglied-schaft im Europarat erwachsen, beendeten die Abgeordneten das Überwa-chungs- und Beobachtungsverfahren mit einem einstimmig gefassten Be-schluss. In noch defizitären Bereichen solle die enge Zusammenarbeitzwischen Zagreb und Straßburg fortgesetzt werden und Abhilfe schaffen. Mit

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dieser Entscheidung honorierte der Europarat den drastischen Wandel inKroatien, der sich vor allem nach den Präsidentenwahlen im Januar diesesJahres vollzogen habe. Zugleich forderten die Abgeordneten die übrigen Mit-gliedstaaten dazu auf, nun auch ihrerseits die konkreten Hilfszusagen für denWiederaufbau des Landes einzulösen. Kroatien habe in enger Kooperationmit Straßburg die meisten der vom Europarat gemachten Vorschläge bei derÄnderung des Wahlgesetzes mit dem kritisierten Vertretungsrecht der Aus-landskroaten, bei der kommunalen Selbstverwaltung, der Justizreformeinschließlich der Zivilprozessordnung und vor allem auch zur Stärkung derRechte von Minderheiten bei der Nutzung ihrer eigenen Sprache umgesetzt.Im Medienbereich erwarteten die Berichterstatter positive Auswirkungenvon dem im Juni vorgelegten Gesetzentwurf, der das kroatische Fernsehen ineine öffentlich-rechtliche Anstalt verwandeln soll und die Privatisierung desdritten Kanals vorsieht. Begrüßt wurden die derzeit im Gesetzgebungsver-fahren behandelten Änderungen des Strafgesetzbuches, durch die eine oftwillkürliche Strafverfolgung von Journalisten wegen Diffamierung hochran-giger Staatsbeamter abgeschafft werden soll.

Dass aber noch längst nicht alle Probleme befriedigend gelöst wurden, wurdeaus der Forderung der Abgeordneten nach einem neuen umfassenden Ver-fassungsrecht deutlich, in dem die Rechte der Minderheit ebenso fest-geschrieben werden sollen wie die kommunale und regionale Selbstver-waltung, die Unabhängigkeit der Justiz, die Medienfreiheit und dasEigentumsrecht. Noch nicht endgültig gewährleistet sei die Auslieferung vonZeitungen und Zeitschriften auf gleichberechtigter und kommerziellerGrundlage. Bei den noch offenen Fragen steche auch die Rückkehr derFlüchtlinge hervor. Jeder, der die Geschichte der jüngsten Zeit kenne, wisse,was das von den einzelnen Menschen erfordere: Vielleicht sogar, was garnicht so einfach sei, ein Vergessen und Vergeben auf allen Seiten, besonderszwischen Kroaten und Serben. Dabei müssten die Betroffenen alle Unter-stützung erhalten, und hier seien vor allem die Institutionen der EU gefor-dert. Ausdrückliche Anerkennung erhielten der neue kroatische Präsident Stjepan Mesic sowie Regierung und Parlament dafür, dass sie innerhalb vonnur wenigen Monaten den Erfolgsnachweis bei der Umsetzung des Frie-densabkommens von Dayton erbracht hätten und seitdem auch eng mit demInternationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien zusammen-arbeiteten. Hinzu kämen die wesentlich verbesserten Beziehungen zu Bos-nien und Herzegowina, dessen Unabhängigkeit und territoriale Integrität nunnicht mehr infrage gestellt würden.

Auch der deutsche Abgeordnete Prof. Dr. Karl-Heinz Hornhues hob die neueArt der Zusammenarbeit Kroatiens mit seinen Nachbarn hervor. Er bezeich-nete das Übereinkommen zwischen Izetbegovic und Mesic als ein für die Zu-kunft wichtiges Signal für die gesamte Region, wie man miteinander arbei-ten, nach Problemlösungen suchen und nicht mehr andere Wege desGegeneinanders wie in der Vergangenheit einschlagen sollte. Der kroatischePräsident Stjepan Mesic nutzte seine Ansprache vor der Versammlung, umfür die Mitgliedschaft seines Landes in der Europäischen Union zu werben.Teillösungen, etwa die Zulassung nur einiger weniger Länder in die EU,seien für ihn eine Ungerechtigkeit gegenüber den Nationen, die so lange amRand Westeuropas gelitten hätten. Jetzt, in der Nach-Tudjman-Ära, seien diekroatischen Bürger für ein europäisches Land Kroatien bereit. Im Hinblickauf die Situation in Jugoslawien (Serbien/Montenegro) nach den dortigenPräsidentenwahlen sagte Mesic, man erwarte von einer demokratisiertenBundesrepublik Jugoslawien eine konstruktive Haltung, was die Nachfolge-regelung für das alte Jugoslawien angehe. Keineswegs könne Belgrad auto-matisch den Platz des alten Jugoslawiens bei den Vereinten Nationen und an-deren internationalen Organisationen einnehmen.

In der Debatte über die Vereinten Nationen an der Schwelle zu einemneuen Jahrtausend erklärten die Abgeordneten ihre Unterstützung für dieBemühungen der Vereinten Nationen, den Sicherheitsrat an die neuen

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Herausforderungen in der Welt anzupassen und seine Funktionsfähigkeit zuverbessern. Die Versammlung erkannte die zentrale Rolle der VN bei derAufrechterhaltung des Weltfriedens an, forderte jedoch eine klare Definitionder Vereinten Nationen im Weltsicherheitssystem. Die Fähigkeit der VN,Friedenseinsätze auszuführen, müsse gestärkt werden. Die Abgeordneten er-mutigten die Vereinten Nationen, eine Strategie der Konfliktverhütung zuentwickeln. Zur Prävention von Konflikten könne der Europarat mit seinemrechtlichen Rahmen zum Schutz der Menschenrechte und seinen Überwa-chungsmechanismen einen Beitrag leisten. Ferner empfahl die Versammlungden Vereinten Nationen die Entwicklung einer parlamentarischen Dimensionmit ähnlichen Kompetenzen, wie sie die Parlamentarische Versammlung desEuroparates hat. In diesem Zusammenhang erinnerte der deutsche Abgeord-nete Dieter Schloten daran, dass zur gleichen Zeit die 55. Vollversammlungder Vereinten Nationen in New York tage – ein Parlament, das eigentlich keines sei. Denn statt lebhafter Debatten würden Diplomaten vorbereiteteStatements verlesen. Vor einigen Wochen hätten sich in New York die Par-lamentspräsidenten der Mitgliedsländer der Interparlamentarischen Uniongetroffen. Dieses Treffen und der Vergleich habe deutlich gemacht, welchgroße Bedeutung der parlamentarischen Diplomatie für die internationalenBeziehungen zukomme. Die Einrichtung einer parlamentarischen Dimen-sion auf VN-Ebene sei nicht zuletzt wegen der Haushaltsbefugnis der Abge-ordneten zu unterstützen. So könnten VN-Missionen nur durchgeführt wer-den, wenn die Abgeordneten die benötigten Mittel auch in ihren nationalenHaushalten bewilligten.

In seiner Ansprache vor der Versammlung erläuterte der Generalsekretärder OECD, Donald Johnston, die sich für die Mitgliedsländer aus den alternden Gesellschaften ergebende Notwendigkeit, lebenslanges Lernen zufördern und das Gesundheitswesen zu verbessern. Die um die Abgeordnetenaus Kanada, Mexiko, Korea und Japan zur OECD-Versammlung erweiterteParlamentarische Versammlung des Europarates appellierte in der sichanschließenden Debatte über die OECD und die Weltwirtschaft an die Re-gierungen der Mitgliedstaaten der Organisation für wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung, alle Möglichkeiten zur Entwicklung der Infor-mations- und Kommunikationstechnologien auszuschöpfen. Da dieserWirtschaftszweig als eine der Hauptursachen des anhaltenden Wachstums inden USA angesehen werde, sollten die Maßnahmen zur Entwicklung derneuen Technologien auch die Neuorganisation ganzer Branchen sowiehöhere Investitionen in das Humankapital auf dem Weg über das Bildungs-wesen und den Arbeitsmarkt, aber auch über die Förderung des unternehme-rischen Denkens einschließen. Die Versammlung forderte die OECD auf,eine Studie über die Auswirkungen der New Economy auf Wirtschaft undGesellschaft auszuarbeiten. Auf Antrag des Leiters der deutschen Delega-tion, Abg. Wolfgang Behrendt, wurde die OECD außerdem aufgefordert, ihreAktivitäten gegen Steueroasen und schädliche Praktiken im internationalenSteuerwettbewerb zu intensivieren. Es bestehe eine enge Beziehung zwi-schen Korruption und Steuerflucht sowie zwischen Geldwäsche und anony-men Bankkonten. Gegen diese Aspekte der Globalisierung müssten dieOECD und der Europarat jetzt in die Offensive gehen, regte Behrendt an.

Vor Menschenrechtsverletzungen aufgrund von oft nicht einheitlichen oderunbegründet langen Verfahren warnten die Abgeordneten in der Debatte überdie Ankunft von Asylsuchenden auf europäischen Flughäfen. Sie forder-ten daher die Regierungen der Mitgliedsländer auf, die immer zahlreicherenAsylsuchenden, die auf europäischen Flughäfen ankommen, besser zu be-handeln und die diversen nationalen Politiken auf der europäischen Ebene zuharmonisieren. Die Problemlage sei insbesondere auf großen Flughäfen, wieFrankfurt, Paris oder London, schwierig, da dort der Strom der Asylsuchen-den stark und beständig sei, sowie in südosteuropäischen Ländern, die diesesProblem erst seit relativ kurzer Zeit hätten. Der deutsche AbgeordneteEduard Lintner stellte in diesem Zusammenhang fest, dass Deutschland die

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wesentlichen Punkte der Grundsätze, die der Europarat in zahlreichen Emp-fehlungen immer wieder formuliert habe, seiner Ansicht nach erfülle. Zwarmüsse man zugeben, dass die äußeren Rahmenbedingungen etwa am Flug-hafen Frankfurt am Main bislang nicht optimal gewesen seien; aber dort seiein neues Zentrum für Asylsuchende im Bau, und so werde demnächst auchin dieser Hinsicht eine entscheidende Verbesserung eintreten. Schließlichhielten die Delegierten fest, dass es schwer wiegende Unzulänglichkeitengebe, die weder durch wirtschaftliche Schwierigkeiten noch durch die be-trächtliche Anzahl der Asylsuchenden gerechtfertigt werden könnten. Asyl-suchende dürften unter keinen Umständen wie Gefangene behandelt und zusammen mit Kriminellen eingesperrt werden, selbst wenn ihre Bewe-gungsfreiheit im Land Kontrollen unterliegen möge.

Vor dem Hintergrund des zunehmenden Mangels an Trinkwasser auch in Eu-ropa und vor allem in den angrenzenden Staaten des Mittelmeerraums for-derte die Parlamentarische Versammlung die Mitgliedstaaten des Europara-tes zu einer flächendeckenden Wasserbewirtschaftungspolitik auf. Auf derGrundlage von drei Berichten erörterten die Abgeordneten in einer verbun-denen Debatte die Möglichkeiten, durch koordinierte Wasserbewirtschaftungkünftigen Verteilungskonflikten vorzubeugen. Im Rahmen der Debatte überWassermangel und Landwirtschaft, die Schaffung eines hydrotechni-schen Europa-Mittelmeerinstitutes des Europarates (Wassertechnologieund Bewirtschaftung) und über die Rolle des Europarates bei der Zusam-menführung von Daten über die Bewirtschaftung der Wasserressourcensprach der spanische Umweltminister Jaume Matas als Gastredner zu denDelegierten. Er stellte das Modell des nationalen Wasserplans seines Landesvor und regte an, die spanischen Erfahrungen auf diesem Gebiet für andereMittelmeerregionen mit ähnlichen Problemen zu nutzen. Die begrenzten Vor-kommen, die exzessive Nutzung und Verschmutzung und das Ungleichge-wicht bei der Verteilung habe einen kritischen Punkt erreicht und stelle dieStaatengemeinschaft in den nächsten Jahren vor ernsthafte Herausforderun-gen, warnten die Berichterstatter der Versammlung.

Aufgrund der im Mittelmeergebiet angesichts der permanenten Wasserver-schlechterung besonders bedrohlichen Situation sprach sich die Versamm-lung für die Errichtung eines hydrotechnischen Europa-Mittelmeer-Institutsdes Europarates im spanischen Murcia aus. Die Abgeordneten forderten dasMinisterkomitee dazu auf, sich für die Schaffung eines solchen Instituts ein-zusetzen und die EU-Kommission für diesen Plan zu gewinnen. Diese Insti-tution solle alle Fragen von der Meerwasserentsalzung bis zur Wasserbe-wirtschaftung und Einsparung untersuchen, den Erfahrungsaustauschorganisieren und Anwendungsmodelle mit den jeweils betroffenen Staatenprüfen.

Soweit noch nicht geschehen sollten die Länder daneben nationale Wasser-behörden zur Erarbeitung der Bewirtschaftungspläne mit dem Ziel der Ver-besserung der Wasserqualität, der Erneuerung und Erhaltung der Wasser-vorräte und der Sicherstellung der Versorgung einrichten. Zugleich wurdeeine stärkere Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten angeregt, umeine Weitergabe überschüssiger Wasservorräte an Länder mit Wassermangelzu organisieren. Da der Agrarsektor mit rund 75 Prozent einerseits zu dengrößten Verbrauchern von Süßwasser gehöre und zugleich am stärksten zurBelastung des Grundwassers beitrage, sollten die Landwirte angehalten wer-den, nur traditionelle und klimagerechtere Getreidesorten anzubauen. Zu-gleich sollten nur noch Bewässerungsmethoden eingesetzt werden, die, wiedie Mikrobewässerung oder düngende Bewässerung, weniger Wasser ver-brauchten. Zur Verringerung der erzeugten Abwassermengen und damit derÜberdüngung sollte ferner der Übergang zu einer weniger intensiven undökologischen Landwirtschaft gezielt gefördert werden. Zugleich könnten er-hebliche Wassermengen gespart werden, wenn es gelänge, die erheblichenVerluste bei den Wassergewinnungs- und Verteilungssystemen durch neueAnlagen deutlich zu verringern. Die Versammlung empfahl die Festsetzung

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flexibler Wassergebühren, die entsprechend der Nutzungsart variabel seinsollten, zugleich aber den Wasserpreis schrittweise an die tatsächlichen Kos-ten anpassen sollten, um einen leichtfertigen Mehrverbrauch zu verhindern.Um eine nachhaltige Verbesserung der Situation zu erzielen, ohne zugleicherhebliche Widerstände zu provozieren, sollte sowohl bei der Informationund Schulung als auch bei den Hilfen für Bewässerungs- und Anbaumetho-den eng mit den Landwirtschaftsorganisationen zusammengearbeitet wer-den.

Der deutsche Abgeordnete Meinolf Michels verlangte in der Debatte unterHinweis darauf, dass die Vereinten Nationen die Wasserproblematik zumglobalen Weltproblem erklärt haben, wassersparende Maßnahmen zentralund länderübergreifend zu entwickeln, um die Nahrungsmittelversorgungauch in Zukunft zu gewährleisten. Da sich der Nahrungsmittelbedarf in dennächsten 30 Jahren durch die zu erwartende Bevölkerungsentwicklung verdoppeln werde, müsse mit den Wasservorkommen äußerst verantwor-tungsbewusst umgegangen werden. Ein Schritt auf diesem Weg sei die Was-serrahmenrichtlinie der EU zum Schutz des Oberflächen- und des Grund-wassers, die der europäischen Wasserpolitik eine ganz neue Dimensioneröffne. Diese müsse nun durch eine europaweite und, besser noch, durcheine weltweite Vernetzung aller wasserwissenschaftlichen Institute ergänztwerden, um die Anwendung neuer Erkenntnisse zu forcieren.

In der Debatte über den Schutz und die Bewirtschaftung des Donau-beckens, die von dem deutschen Berichterstatter, Abg. Benno Zierer, einge-leitet wurde, forderte die Versammlung das Ministerkomitee des Europara-tes dazu auf, die Prüfung des Entwurfs einer europäischen Charta für dasDonaubecken wieder aufzunehmen. Die Initiative zu diesem bereits aus demJahr 1994 stammenden Plan war nach der Öffnung der mittel- und osteu-ropäischen Länder entstanden. So hatten sich die Teilnehmer einer Donau-becken-Konferenz 1993 in Regensburg für Übereinkommen und Projekte derDonauanrainer ausgesprochen, die sich mit dem Umweltschutz, mit Schiff-fahrtsfragen, mit grenzüberschreitender Wasserbewirtschaftung und mit demTourismus befassen sollten. Ausgehend von der Überzeugung, dass nur einumfassender Ansatz anstelle von bilateralen Abkommen erfolgreich seinkönne, hatte Abg. Zierer die Rechtsform einer Charta vorgeschlagen, um fürdie Zusammenarbeit die bestmögliche Koordinierung zu erreichen. Das Mi-nisterkomitee des Europarates hatte damals jedoch die Auffassung vertreten,dass es nicht Aufgabe des Europarates sei, eine Rolle bei der Suche nach Lö-sungen für nur Teile Europas betreffende Probleme zu spielen. Dies sei Auf-gabe der betroffenen Länder. In der Debatte erklärte Abg. Zierer jedoch nun,dass durch das Band der Donau in dem gesamten Raum 80 Millionen Men-schen miteinander verbunden seien. Die Donau habe seit dem Fall des Ei-sernen Vorhangs als zentral- und osteuropäische Wasserstraße erheblich anBedeutung gewonnen. Dadurch seien aber auch die Schäden und Schadens-risiken eminent gestiegen. Die jüngsten Verseuchungen von Theiß und Do-nau hätten gezeigt, dass die bestehenden Mechanismen zur Vermeidung oderBekämpfung solcher Umweltkatastrophen überaus mangelhaft seien. Des-halb solle nun ein Expertenausschuss die Arbeiten zum Abschluss des bereitsvorliegenden Textentwurfs übernehmen.

Berlin, im Januar 2001

Wolfgang Behrendt, MdB Benno Zierer, MdBLeiter der Delegation Stellvertretender Leiter der

Delegation

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 13 – Drucksache 14/6751

Montag, 25. September 2000

Tagesordnungspunkt

Tätigkeitsbericht des Präsidiums der Versammlung

(Drucksache 8831)

Berichterstatterin: Abg. Lára Magrét Ragnarsdóttir (Island)

Abg. Prof. Dr. Karl-Heinz Hornhues (CDU/CSU):Danke schön, Herr Präsident. – Zunächst möchte ich derBerichterstatterin herzlich für den Bericht danken, vor al-len Dingen für die aktuellen Ergänzungen zum schriftlichvorgelegten Bericht.

Herr Vorsitzender, lassen Sie mich einige wenige Anmer-kungen machen. Ich glaube, es ist richtig und gut – wirsollten das Büro in dieser Hinsicht unterstützen –, denEinsatz der drei Beobachter im Büro Kalamanow zu ver-längern. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es Sinn macht,die Beobachtung nach den wenigen Monaten in der jetzi-gen Lage abzubrechen. Gegebenenfalls sollte das Mandatverstärkt und ausgeweitet werden.

Angesichts der dramatischen Entwicklung in und um Ser-bien bin ich nicht ganz sicher, ob wir mit unseren kon-ventionellen Strukturen angemessen darauf reagierenkönnen. Ich weiß nicht, ob wir die Gesamtentwicklung,die Entwicklung der Demokratie, auch die positiven Ent-wicklungen, die greifen könnten – ich wage kaum, daranzu glauben, weil ich die Skepsis hinsichtlich Milosevicteile, die Sie, Herr Präsident, eben angesprochen haben –,auffangen können oder ob es nicht sinnvoll wäre – wie imFall Russlands und in anderen Fällen; ich bitte das Bürodringend, das zu prüfen –, aus den verschiedenen Aus-schüssen eine Ad-hoc-Gruppe zu bilden, in der wir dievorhandenen Kenntnisse kurzfristig und schnell bündelnkönnen und in der wir gegebenenfalls schnell zu Überle-gungen und Vorschlägen kommen können.

Ich möchte ebenfalls einen Punkt ansprechen, von demgerade schon die Rede war. Wenn wir die aktuellen bren-nenden Probleme und auch die längerfristigen Problemein den Blick nehmen, sehen wir zwei Debattenlinien, diewir als Europarat immer wieder in den Mittelpunkt rückenmüssen, Herr Präsident. Ich bitte das Büro, Überlegungenin dieser Richtung anzustellen.

Die Entwicklungen innerhalb der Europäischen Unionsind grundsätzlich erfreulich. Aber es muss beizeiten dieFrage der Aufgabenverteilung geklärt werden. Dies musshier deutlich genug, früh genug und auch zentral genugdebattiert werden. Ich bitte das Büro und die Ausschüsse,dementsprechend Vorbereitungen zu treffen. Die Frageist: Welche Rolle hat der Europarat im Verhältnis zu an-deren Institutionen? Das ist kein neues Thema, aber einbesonders wichtiges Thema, weil sich die Dinge auch wo-anders weiterentwickeln.

Einen vorletzten Punkt möchte ich ansprechen. Herr Ro-setta hat eben verzweifelt für seine Kultur gekämpft. Das

verstehe ich sehr gut und ich finde es auch richtig. Kultu-relle Entwicklungen sind aber langfristige Entwicklun-gen. Sie entbehren manchmal der aktuellen Brisanz undhaben es deswegen schwer, auf die Tagesordnung zu kom-men. Aber für den Europarat ist neben der klassischenMenschenrechtsfrage unser kulturelles Erbe der vielleichtwichtigste Auftrag. Deshalb bitte ich darum, den kulturel-len Beziehungen bei allen brennenden Themen, die esgibt, hier den notwendigen Platz einzuräumen. Wir ließensonst eine wichtige Aufgabe liegen.

Eine letzte, sehr persönliche Anmerkung. Herr Vorsitzen-der, Sie haben heute Morgen – ich bitte um Verständnis,wenn ich meine Redezeit missbrauche, dazu etwas zu sa-gen – auf die Plastikkarten hingewiesen. Ich werde nichtmüde werden, bei jeder Gelegenheit darauf hinzuwirken,dass das Büro erneut überlegen möge, ob das der Weisheitletzter Schluss ist. Bei unserer Struktur mit ordentlichenMitgliedern und Stellvertretern haben wir dann immerwieder die Probleme, dass Kollegen plötzlich keinStimmrecht haben, obwohl sie angereist sind. Ich halte dieEntwicklung in dieser Hinsicht für bei weitem nicht opti-mal, um das vorsichtig zu formulieren. Mein dringenderAppell an das Büro ist, noch einmal zu überprüfen, ob dieRegelung wirklich so sein muss, wie wir sie jetzt haben,nachdem wir 50 Jahre auch anders ausgekommen sind,und zwar, glaube ich, ganz friedlich. – Herzlichen Dank.

Tagesordnungspunkt

Ansprache des Präsidenten der Parlamen-tarischen Versammlung der OSZE,

Adrian Severin(Themen: Zusammenarbeit der OSZE mit dem Europarat– Formalisierung der Beziehungen zwischen den beidenInstitutionen – parlamentarische Troika-Missionen unterEinschluss des Europäischen Parlaments in Albanien undBelarus – Zusammenarbeit des Europarates mit Feldmis-sionen der OSZE bei Monitoring-Verfahren – die Lage inder Bundesrepublik Jugoslawien nach den Wahlen)

Tagesordnungspunkt

Wassermangel und Landwirtschaft(Drucksache 8805)

Berichterstatter: Abg. Takis Hadjidemetriou (Zypern)

in verbundener Debatte mit

Die Schaffung eines hydrotechnischen Europa-Mittelmeerinstitutes des Europarates (Wasser-

technologie und -bewirtschaftung) (Drucksache 8746)

Berichterstatter: Adolfo Fernandez Aguilar (Spanien)

und

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Drucksache 14/6751 – 14 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Die Zusammenführung von Daten über die Be-wirtschaftung der Wasserressourcen – die Rolle

des Europarates(Drucksache 8820)

Berichterstatter: Lino Diana (Italien)

Ansprache des Umweltministers von Spanien,Jaume Matas

(Themen: Wasserbewirtschaftung in verschiedenen Re-gionen Spaniens – der Entwurf der spanischen Regierungfür einen nationalen Wasserplan – Kultur der Wasserbe-wirtschaftung und nachhaltige Entwicklung – die Ein-richtung eines hydrotechnischen Europa-Mittelmeerinsti-tutes des Europarates)

Abg. Meinolf Michels (CDU/CSU): – Herr Präsident!Zunächst möchte ich dem Präsidium im Namen meinerFraktion recht herzlich dafür danken, dass dieses Themaheute auf die Tagesordnung gesetzt wurde, und ich sageebenfalls recht herzlichen Dank für die interessanten Aus-führungen der Berichterstatter.

Lassen Sie mich einige einleitende Bemerkungen vor-wegschicken. Wasser ist keine übliche Handelsware, son-dern ein unverzichtbares ererbtes Gut, das geschützt, ver-teidigt und entsprechend behandelt werden muss. DieNachfrage nach Wasser in ausreichender Menge und an-gemessener Qualität steigt permanent in allen Anwen-dungsbereichen.

Nachdem auch die UNO die Wasserproblematik zum glo-balen Weltproblem erklärt hat, dürfen wir zwei wesentli-che Ziele nicht aus den Augen verlieren: Erstens. DieQualität des Wassers sichert den Schutz und die Gesund-heit der Menschen. Zweitens. Wassersparende Maßnah-men sind zentral und länderübergreifend zu entwickeln,um die Nahrungsmittelversorgung auch in Zukunft si-cherzustellen.

Ich denke, es besteht Einigkeit darüber, dass sich durch diezu erwartende Bevölkerungsentwicklung der Nahrungs-mittelbedarf in den nächsten 30 Jahren in etwa verdoppelt.Die Nahrungsmittelversorgung kann aber nur dann sicher-gestellt werden, wenn wir mit der Ressource Wasseräußerst sorgfältig und verantwortungsbewusst umgehen.

Am 14. dieses Monats wurde nach dem Abschluss desVermittlungsverfahrens auf EU-Ebene die „Wasserrah-menrichtlinie zum Schutz der Oberflächengewässer unddes Grundwassers“ verabschiedet. Die europäische Was-serpolitik bekommt durch diese Wasserrahmenrichtlinieeine ganz neue Dimension.

Aufgrund von geographischen Bedingungen müssen wirdie Wasserproblematik mit Blick auf die einzelnen Mit-gliedstaaten differenziert betrachten. Wasserknappheit alsGrundproblem tritt besonders in den südlichen Ländernder Gemeinschaft zutage.

Wir brauchen eine europaweite, besser noch, eine welt-weite Vernetzung aller einschlägigen wissenschaftlichen

Institute. Die Anwendung neuer Erkenntnisse und Tech-nologien muss forciert werden.

Es lohnt sich, darüber nachzudenken, ob stärkere Anreizefür effizientere Wassernutzung in allen Lebensbereichengegeben werden können. Mehr als bisher sollten die un-terstützenden Möglichkeiten der Europäischen Investiti-onsbank mit einbezogen werden.

Auch im Bereich wassersparender Bewässerungstechni-ken stehen wir in Europa und in der Welt nicht am An-fang. Neue Methoden zum Einsatz wassersparenderTechniken werden derzeit bereits mit großem Erfolg inIsrael angewandt. Ferner hält die Biotechnologie ein ho-hes Potenzial für die Züchtung von Nutzpflanzen bereit:erstens optimale Wassernutzung und zweitens höhereSalztoleranz.

Es bleibt also festzuhalten, dass die Wasserproblematikauch auf internationaler Ebene gelöst werden muss undgelöst werden kann. Dabei müssen der Schutz und dienachhaltige Bewirtschaftung von Gewässern noch stärkerin andere politische Maßnahmen integriert werden. Ein-gang finden müssen sie in die Energiepolitik, die Ver-kehrspolitik, die Landwirtschaftspolitik, die Fischereipo-litik, die Regionalpolitik und die Fremdenverkehrspolitik.

Die Wasserrichtlinie bietet die Grundlage für den konti-nuierlichen Dialog und für die Weiterentwicklung vonStrategien für eine noch stärkere Integration dieses The-menbereiches. Wir müssen uns dafür einsetzen, dass so-weit wie möglich der Grundsatz der Subsidiarität berück-sichtigt wird: nicht gegeneinander, sondern miteinander.Auf dieser Grundlage können wir uns eine integrierteWasserbewirtschaftungspolitik vorstellen. Wenn Kon-flikte wegen Wasser verhindert werden sollen, muss all-umfassend jetzt gehandelt werden. – Schönen Dank.

Entschl ießung 1222 (2000)1

betr.: Wassermangel und Landwirtschaft(Drucksache 8805)

1. Die begrenzten Wasservorkommen, Risiken bei derNutzung (exzessive Nutzung, Verschmutzung) unddas Ungleichgewicht bei der Verteilung dieser Vor-kommen haben mittlerweile kritische Punkte erreichtund werden in den kommenden Jahren für die interna-tionale Staatengemeinschaft ernsthafte Herausforde-rungen darstellen. Die internationale Staatengemein-schaft beginnt zu erkennen, welche Risiken bestehen,und sich insbesondere seit dem Gipfeltreffen 1992 inRio und der Verabschiedung der Agenda 21 ernsthaf-ter mit Mitteln und Wegen zur Bewältigung des Pro-blems zu befassen, so auch kürzlich auf dem 2. Welt-wasserforum (Den Haag, März 2000).

1 Debatte der Versammlung am 25. September 2000 (25. Sitzung).Siehe Dok. 8805, Bericht des Ausschusses für Landwirtschaft, ländliche Entwicklung und Ernährung (Berichterstatter: Herr Hadjidemetriou). Von der Versammlung verabschiedeter Text am25. September 2000.

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 15 – Drucksache 14/6751

2. Der Europarat und die Parlamentarische Versammlungihrerseits haben sich mit dieser Frage seit vielen Jahrenbeschäftigt. Dies umfasste insbesondere Initiativen inder Vergangenheit, wie die Europäische Wassercharta(1967), die Europäische Süßwasserkampagne und dieEmpfehlungen der Versammlung 1224 (1993) überden Schutz und die Bewirtschaftung der Süßwasser-ressourcen in Europa und 1232 (1994) über die Be-wirtschaftung der Wasservorräte in der Landwirt-schaft sowie die Beteiligung an der Schaffung desNetzes „Solidarität, Wasser, Europa“ im Jahre 1998.

3. Auf die Landwirtschaft entfällt der höchste Wasserver-brauch – etwa ¾ des Wasserverbrauches insgesamt –,und dies ist auch der Bereich, in dem vermutlich diegrößten Einsparungen mithilfe effizienterer Bewässe-rungstechnologien und -verfahren gemacht werdenkönnen. Wir dürfen jedoch durch radikale Maßnahmendiesen Bereich nicht destabilisieren, da die Nahrungs-mittelsicherheit unserer Bevölkerung hiervon abhängt.Lösungen können nur im Rahmen einer umfassenden,integrierten Bewirtschaftung der Wasservorräte erzieltwerden.

4. In Europa sind die Probleme, insbesondere in den süd-lichen Staaten, die unter chronischem Wassermangelleiden (geringen Niederschlagsmengen, Übernutzungdes Grundwassers, Versalzung und Verschmutzungder wasserführenden Schichten, Kahlschlag und Wüs-tenbildung sowie Konflikte über Nutzungsweisenzwischen verschiedenen Bereichen, usw.), besondersschwerwiegend, wie richtigerweise auf dem 3. Mittel-meer-Agrar-Forum (Nikosia, Oktober 1998) unterstri-chen wurde.

5. Die Prognosen hinsichtlich des Bevölkerungswachs-tums in der Mittelmeerregion beinhalten eine Ver-dopplung der Nahrungsmittelerfordernisse in dennächsten 30 Jahren, was wiederum ein signifikantesWachstum der landwirtschaftlichen Produktion undeinen höheren Verbrauch an Wasser bedeutet, wobeialle diese Faktoren gemeinsam zu größeren Schwie-rigkeiten bei der Wasserversorgung und der Nutzungder Wasservorräte führen werden.

6. Die Versammlung fordert die Regierungen der Mit-gliedstaaten nachdrücklich auf, insbesondere jeneLänder, die am meisten von Wassermangel betroffensind:

i. agrarpolitische Maßnahmen zur Wasserversor-gung in eine flächendeckende Wasserbewirt-schaftungspolitik aufzunehmen und zu diesemZweck nationale Wasserbehörden einzurichten,die für alle Fragen in Bezug auf Wasser zustän-dig sind (Versorgung, Nachfrage, Gebührenerhe-bung, Datensammlung, Forschung, Zusammen-arbeit, Informationseinrichtungen usw.), um aufdiese Weise eine vernünftige Bewirtschaftungder Wasservorräte zu ermutigen sowie die Er-arbeitung nationaler Wasserbewirtschaftungs-pläne zur Verbesserung der Erhaltung und Er-neuerung der Wasservorräte und der Versorgung;

ii. die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaa-ten zu fördern, insbesondere in Bezug auf die Wei-tergabe überschüssiger Wasservorräte an Ländermit einem Wassermangel;

iii. Landwirte zu veranlassen, traditionelle, klimage-rechtere Getreidesorten anzubauen, Bewässe-rungsmethoden einzusetzen, die weniger Wasserverbrauchen (Mikro-Bewässerung, düngendeBewässerung usw.) und den landwirtschaftlichenVerbrauch den verfügbaren Wasserressourcenanzupassen;

iv. in Zusammenarbeit mit professionellen Land-wirtschaftsorganisationen Maßnahmen einzu-führen zur Beurteilungung landwirtschaftlicherVerfahren und Rat im Hinblick auf die Förderungeiner nachhaltigen Landwirtschaft zur Verfügungzu stellen, insbesondere hinsichtlich der wirksa-men Nutzung der Wasservorräte;

v. weniger intensive und ökologischere Landwirt-schaft und Aufzucht zu fördern zur Verringerungeines übermäßigen Einsatzes von Chemikalien(Düngemittel, Pestiziden usw.) und die Erzeu-gung von Abwässern, die die Ursache für eineschwerwiegende Verseuchung der Wasservorrätesind (Oberflächen- und Grundwasser) ebenfallszu reduzieren;

vi. Maßnahmen zu verabschieden, um die ganzgroßen Verluste bei den Wassergewinnungs- undVersorgungssystemen zu verringern durch eineErneuerung der Verteilungsnetze, Verringerungder Verdunstungsverluste und Verbesserung desBetriebs von Bewässerungssystemen;

vii. jeden Mehrverbrauch an Wasser entsprechendden zur Verfügung stehenden Vorräten zu verrin-gern, den Grenzwert für die Wiederherstellungder Vorräte nicht zu überschreiten und, soweit an-gebracht, die notwendigen alternativen Einrich-tungen rechtzeitig zur Verfügung zu stellen(Recycling, Entsalzung usw.);

viii. zu diesem Zweck eine flächendeckende inte-grierte Wasserbewirtschaftungspolitik zu verab-schieden, die auf der Grundlage einer kontinuier-lichen Evaluierung und Überwachung der zurVerfügung stehenden Vorkommen und der Erfor-dernisse, die notwendigen Anpassungen von Angebot und Nachfrage vornimmt und ein ange-messenes Gleichgewicht zwischen konkurrieren-den Nutzungssystemen herbeiführt;

ix. flexible Wassergebühren festzusetzen, die ent-sprechend der Nutzungsart und dem Sektor va-riabel sind, und den Wasserpreis schrittweise dentatsächlichen Kosten anzupassen, um einenMehrverbrauch zu verhindern, dabei jedoch dieLandwirtschaft, von der unsere Nahrungsmittel-sicherheit abhängt und für die Wasser eine grund-legende Ressource ist, nicht zu bestrafen;

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Drucksache 14/6751 – 16 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

x. die Zusammenarbeit mit Landwirtschaftsorga-nisationen auszuweiten, um auf diese WeiseInformation, Schulung und die den Landwirten zurVerfügung gestellte Hilfe in Bezug auf Bewässe-rungs- und Anbaumethoden und die Entscheidungfür hochwertige Arten mit niedrigem Wasserver-brauch zu verbessern;

xi. Forschungsarbeit über Bewässerungsmethoden,Recycling und Wiederverwendungsverfahren fürAbwasser und die Auswahl von Getreidesorten,die wenig Wasser brauchen, zu fördern, gleich-zeitig jedoch Gesundheits- und Umweltrisikenbesondere Beachtung zu schenken;

xii. die Zusammenarbeit mit internationalen For-schungs- und Landwirtschaftsorganisationen, die sich mit Gewässerfragen befassen (FAO,UNESCO, UNEP, OECD, Europäische Union,Icamas, Weltwasserrat, IFAP usw.) zu fördern.

7. Die Versammlung fordert die Parlamente der Mit-gliedstaaten, insbesondere Länder, die unter Wasser-mangel leiden, nachdrücklich auf, die notwendigengesetzlichen Maßnahmen zur Umsetzung der oben er-wähnten Empfehlungen zu verabschieden.

Empfehlung 1471 (2000)1

betr.: die Schaffung eines hydrotechnischen Europa-Mittelmeerinstitutes des Europarates(Wassertechnologie und -bewirtschaftung)

(Drucksache 8746)

1. Die Versammlung nimmt Bezug auf ihr Tätigkeitspro-gramm über die Bewirtschaftung der Süßwasser-vorräte in Europa und die nachfolgende Empfehlungund Richtlinie (Empfehlung 1224 [1993] und Richtli-nie 492 [1993]).

2. Sie nimmt ebenfalls Bezug auf die zahlreichen Debat-ten über die Zusammenarbeit in der Mittelmeerregionund insbesondere auf die Arbeit der Konferenz derMittelmeerregionen (derzeit bekannt als die Konfe-renz der Mittelmeer- und Ostseeregionen), welche dasWasserproblem als den wichtigsten Faktor für zukünf-tige Entwicklung und Frieden in der Region bezeich-nete.

3. Die Zusammenarbeit zwischen der EuropäischenUnion und den Mittelmeerstaaten begann auf einemhochrangigen Treffen in Lissabon im Jahre 1992, alsder generelle Rahmen für die politische, wirtschaftli-che und kulturelle Zusammenarbeit festgelegt wurde.Drei Jahre später stellte die Europa-Mittelmeerkonfe-renz im November 1995 in Barcelona fest, dass „dieWasserversorgung zusammen mit der geeigneten Be-

wirtschaftung und Entwicklung von Ressourcen vor-rangige Anliegen für alle Mittelmeerstaaten darstel-len, und es wichtig ist, die Zusammenarbeit in diesemBereich auszubauen“.

4. Die Versammlung begrüßt die Arbeit der zahlreichenOrganisationen und Institutionen in der Mittelmeer-region, die sich mit der Untersuchung und den Proble-men der Wasserbewirtschaftung befasst haben und diesweiterhin tun. Sie nimmt mit besonderer Genugtuungdie Beiträge im Rahmen des Internationalen Zentrumsfür agrarwissenschaftliche Studien im Mittelmeerraum– ICAMAS – (geschaffen aufgrund einer Initiative desEuroparates und der OECD), der UNESCO, des BlauenPlans für die Mittelmeerregion, des Weltwasserrates, desInternationalen Verbands für hydraulische Forschungund der zahlreichen Institute und Einrichtungen, die in diesem Bereich tätig sind, wie das Mittelmeer-Was-serinstitut, die Rhône-Mittelmeer-Wasserbehörde, dasWasserrechtsinstitut usw.) zur Kenntnis. Sie nimmt mitInteresse die Tätigkeit der Europäischen Forschungs-stiftung in Bezug auf Wasserfragen zur Kenntnis.

5. Trotzdem gilt es enormen Herausforderungen zu be-gegnen, wie:

i. erneute generelle Anstrengungen, sich mit dem Be-darf an Wasservorräten sowie Krisensituationen(Spannungen zwischen Angebot und Nachfrage) inverschiedenen Regionen des Mittelmeerraumes zubefassen unter besonderer Berücksichtigung derUmweltauswirkungen, die durch den Prozess derWüstenbildung verstärkt werden;

ii. eine stark erweiterte Zusammenarbeit zwischenden Industriestaaten, Übergangsstaaten und Ent-wicklungsländern. Dies ist besonders wichtig imFalle jener Staaten, die die geringsten Wasser-vorräte im europäischen Mittelmeerraum besit-zen. Besondere Aufmerksamkeit muss folgendenProblemen gelten:

a) Anpassung an lokale, soziale und wirtschaft-liche Bedingungen und Einführung von Ver-fahren für eine effizientere Nutzung desWassers in verschiedenen Bereichen;

b) verstärktes Recycling und Wiederverwen-dung von Abwasser unter Beachtung höchs-ter Umweltnormen;

c) Verbesserung der Evaluierung der Umwelt-folgen aufgrund unterschiedlicher Nut-zungsarten von Wasser auf dem Wege überadäquate Indikatoren und vorgeschlageneMöglichkeiten zur Durchsetzung dieserMaßnahmen;

d) verstärkte Initiativen im Bildungs- und In-formationsbereich und bei der Sensibilisie-rung der Öffentlichkeit, die speziell auf dieeinzelnen Staaten oder die Mittelmeerregionausgerichtet sind, um eine Kultur effizienterWassernutzung zu schaffen;

1 Debatte der Versammlung am 25. September 2000 (25. Sitzung).Siehe Dok. 8746, Bericht des Ausschusses für Wissenschaft undTechnologie (Berichterstatter: Herr Fernandez Aguilar). Von der Ver-sammlung am 25. September 2000 (25. Sitzung) verabschiedeterText.

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 17 – Drucksache 14/6751

e) Herbeiführung von Kommunikation und Er-fahrungsaustausch;

iii. Begrenzung der derzeitigen Wasserverschlechte-rung und Ergreifung von vorbeugenden Maßnah-men zum Schutz und zur Verbesserung der Was-serqualität als wirksame Möglichkeit, diederzeitigen Vorkommen in guter Qualität zu er-halten;

iv. Umsetzung der vorgeschlagenen Lösungen in diePraxis unter Beteiligung der Nutzer;

v. Verbesserung der Eigentumskriterien für territo-riale Gewässer, insbesondere durch Weiterlei-tung der Vorräte als eine mögliche Lösung beiWasserknappheit;

vi. Schutz des Mittelmeers, welches letztlich die ge-samte Wasserverschmutzung kontinentaler Her-kunft, die über Flüsse und küstennahe grundwas-serführende Schichten transportiert werden, erhält;

vii. Notwendigkeit einer verstärkten Kontrolle beider Ausarbeitung internationaler Normen überNutzung und Missbrauch von Trinkwasser fürmenschliche, landwirtschaftliche, touristischeund industrielle Zwecke.

6. Die Versammlung ist der Auffassung, dass wissen-schaftliche Fortschritte in verschiedenen Bereichenund die Entwicklung neuer Technologien wichtigeFaktoren für die Behandlung dieser Probleme in Be-zug auf einen verbesserten Umgang mit Wasser unddie Erweiterung des zur Verfügung stehenden Wasserssind. Dieses Wissen wird für jene Regionen von Nut-zen sein, sowohl in Europa als auch weltweit, die überwenig Wasser verfügen, aber auch für jene, die überreichlich Wasser verfügen. Für wasserarme Regionenist die Meerwasserentsalzung eine der Lösungen, dieweiterentwickelt werden könnten durch den Einsatzneuer Technologien und der Solarenergie.

7. Die Versammlung begrüßt das großzügige Angebot derautonomen Region Murcia, unterstützt von der spani-schen Regierung, – eine Geste, die auch von anderenMittelmeerregionen und -staaten begrüßt wird – zurSchaffung von Einrichtungen und zur Verfügungstel-lung der notwendigen Ressourcen für die Einrichtungeines neuen Instruments der Zusammenarbeit für Was-sertechnologieentwicklung und für Verbesserungenbei der Wasserbewirtschaftung im Mittelmeerraum.

8. Im Lichte dieser Erwägungen empfiehlt die Ver-sammlung dem Ministerkomitee:

i. sich einzusetzen für die Schaffung eines Europa-Mittelmeerwassertechnologie- und -bewirtschaf-tungsinstituts durch Unterstützung dieses Ko-operationsprojektes durch die Erarbeitung einesdiesbezüglichen offenen Teilabkommens im Ein-klang mit der satzungsgemäßen Resolution (93)28 des Ministerkomitees, und lädt die Europä-ische Kommission ein, Vollmitglied dieser Ver-einbarung zu werden;

ii. Kontakte zur spanischen Regierung und denBehörden der autonomen Region Murcia aufzu-nehmen mit dem Ziel, den Sitz des hydrotechni-schen Europa-Mittelmeerinstituts des Europa-rates (Wassertechnologie und -bewirtschaftung)in Murcia aufzubauen;

iii. aktive Konsultationen zwischen den Mitglied-staaten und anderen Anrainerstaaten der Mittel-meerregion, der Europäischen Union, der Euro-päischen Wissenschaftsstiftung, der UNESCO,ICAMAS und allen anderen Organisationen undInstitutionen, die an diesem Bereich ein besonde-res Interesse haben, einzuleiten, um sicherzustel-len, dass die neue Europa-Mittelmeerwassertech-nologie und -bewirtschaftungsinitiative diebreitestmögliche Unterstützung und Zusammen-arbeitsgrundlage erhält.

Empfehlung 1472 (2000)1

betr.: die Zusammenführung von Daten über dieBewirtschaftung der Wasserressourcen – die

Rolle des Europarates(Drucksache 8820)

1. Süßwasser, eine für den Menschen wie für die Naturlebenswichtige Ressource und ein für die wirtschaftli-che Entwicklung unverzichtbarer Faktor, macht nur3 % der gesamten Wasservorräte unseres Planeten aus.

2. Darüber hinaus ist die ungleiche Verteilung dieserRessource in bestimmten Regionen die Ursache poli-tischer Instabilität, die sich bis zu einem bewaffnetenKonflikt steigern kann.

3. Angesichts seiner relativen Knappheit und bedeuten-den Nutzung wird das Süßwasser auf die verschiedens-te Weise belastet – ob nun aus dem häuslichen, dem ge-werblichen oder dem landwirtschaftlichen Bereich –,wodurch seine Güte wie seine Menge schwerwiegendund bisweilen auf Dauer eingeschränkt werden kann.

4. In der Tat kann die Verunreinigung, die Verringerungund schließlich das Versiegen des Grund- oder Ober-flächenwassers zu weitreichenden Bodenschädenführen, die zum Beispiel eine Versalzung der Grund-wasservorräte zur Folge haben, was in bestimmtenRegionen in hohem Maße zur Wüstenbildung beitra-gen kann.

5. Die Landwirtschaft verbraucht weitaus mehr Wasserals jeder andere Sektor (rund 80 % der Gesamtmenge)und ist – zumindest in bestimmten Ländern – für diestärksten Verunreinigungen, vor allem in Form einerNitrat- und Düngemittelbelastung, verantwortlich.

1 Debatte der Versammlung am 25. September 2000. Siehe Dok. 8820, Bericht des Ausschusses für Umwelt, Raumordnungund Kommunalfragen (Berichterstatter: Herr Diana) und Dok.8837, Stellungnahme des Ausschusses für Landwirtschaft, ländlicheEntwicklung und Ernährung (Berichterstatter: Herr Goulet). Vonder Versammlung verabschiedeter Text am 25. September 2000.

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Drucksache 14/6751 – 18 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

6. Bei der Verteilung der Wasserressourcen spielen diegroßen Ströme der Welt eine wichtige Rolle. Da sie füreinige Staaten so gut wie die einzige Süßwasserquellesind, wird deutlich, welche Bedeutung die Güte wie dieMenge ihrer Wasservorräte und die Notwendigkeit be-sitzen, eine wirksame internationale Zusammenarbeitzu gewährleisten.

7. Wasser kann jedoch auch verheerend wirken und istdie Hauptursache besonders schwerer Naturkatastro-phen. Der europäische Kontinent wie auch andereTeile der Welt haben in den letzten Jahren katastro-phale Wolkenbrüche und besonders schwere Über-schwemmungen erlebt, durch die die Weltöffentlich-keit auf die Notwendigkeit aufmerksam geworden ist,für eine integrierte Bewirtschaftung der Wasserres-sourcen zu sorgen, bei der alle verfügbaren Kenntnissegenutzt werden müssen.

8. Die integrierte Bewirtschaftung der Wasserressourcenerfordert somit Programme auf allen entsprechendenSektoren, ob nun in der Raumordnung, beim Schutzder Artenvielfalt, im Verkehrswesen, in der Energie-politik, der Industriepolitik, der Landwirtschaft oderbeim Zivilschutz.

9. Hierzu müssen die – technischen, wissenschaftlichenund rechtlichen – Instrumente, die Kenntnisse, Pro-gramme und Projekte, die durchgeführten Arbeitenund alle anderen Quellen, die zu einer besseren Be-wirtschaftung der Wasserressourcen beitragen kön-nen, zugänglich sein.

10. Dabei ist die Feststellung zu begrüßen, wie viele Web-sites auf Initiative nationaler oder internationaler Or-ganisationen, von Nichtregierungsorganisationenoder Forschungsinstituten eingerichtet worden sindund nun einen wertvollen Beitrag zur gemeinsamenNutzung der Kenntnisse leisten.

11. Die Versammlung begrüßt insbesondere das beispiel-hafte Vorgehen der Europäischen Umweltagentur, dieunter anderem das Ziel verfolgt, das Umweltwissenihrer 28 Mitgliedstaaten – vor allem über Wasser – zuvernetzen.

12. Der Tätigkeit der Agentur kommt umso größere Be-deutung zu, als die von ihr gesammelten Daten zur Er-stellung von Berichten über „Umweltmonitoring“ undzur Festlegung der Umweltpolitik ihrer Mitgliedstaa-ten dienen.

13. Was die Arbeit des Europarates auf diesem Gebiet an-geht, erinnert die Versammlung an die schon 1968 er-folgte Verabschiedung der Europäischen Wasser-charta, die noch heute als Referenztext zitiert wird, andas von der Versammlung 1992 bis 1993 organisierteAktionsprogramm „Blaues Europa“ oder auch die ver-schiedenen von dem Naturopa-Zentrum durchgeführ-ten Sensibilisierungskampagnen.

14. Sie ist im Übrigen der Auffassung, dass der Europarates sich schuldig ist, im Rahmen seiner Mittel und Be-sonderheiten zu einer optimalen Bewirtschaftung derWasserressourcen seiner Mitgliedstaaten beizutragen.

15. Was die Parlamentarische Versammlung anbelangt, sohat diese, stets von der Rolle überzeugt, die sie nichtnur im Rahmen der Organisation selbst, sondern auchgegenüber den nationalen Parlamenten spielen kann,die Initiativen und Vorschläge der verschiedenen zu-ständigen Ausschüsse unterstützt und gefördert.

16. Was den Kongress der Gemeinden und Regionen Eu-ropas (KGRE) und den intergouvernementalen Sektorangeht, die sich beide ebenfalls auf diesem Gebiet en-gagiert haben, ist die Versammlung der Auffassung,dass es wichtig ist, vorrangig die bestehenden Mittelund den erworbenen Sachverstand zu nutzen.

17. Sie unterstreicht dabei die Bedeutung, die der Wir-kung des offenen Teilabkommens „EUR-OPA Großri-siken“ des Europarates zukommen kann.

18. Sie begrüßt die dank dem Engagement der Regierungder Republik Moldau vor kurzem in diesem Rahmenerfolgte Errichtung eines Europäischen Zentrums fürÜberschwemmungsfragen in Chi�inau und die künf-tige Durchführung eines Donau-Projekts.

19. Sie ist der Auffassung, dass sich in diesem Rahmeneine den Gefahren versehentlicher Verunreinigungoder des Hochwassers großer Flüsse gewidmete spe-zifische Tätigkeit entfalten könnte, insbesondere mitdem Versuch, möglichst umfassende und aktuelle In-formationen zugänglich zu machen.

20. Deshalb könnte eine Website für die Datenerfassungund den Echtzeit-Informationsaustausch genutzt wer-den und sowohl als Präventions- und Überwachungs-instrument als auch zum Eingreifen im Katastrophen-fall dienen.

21. Im Übrigen ist die Versammlung angesichts der Er-fahrungen des Europarates mit der Information undSensibilisierung der Öffentlichkeit der Ansicht, dassdie Schaffung einer interaktiven Website zur Sensibi-lisierung, Information und Aufklärung junger Men-schen sowohl bei den Jugendlichen als auch bei denverschiedenen Bildungseinrichtungen, die diese Sitefür den Unterricht verwenden könnten, einem Bedürf-nis entsprechen würde.

22. Darüber hinaus könnte eine ausschließlich für Abge-ordnete und Gemeindevertreter bestimmte Website,die ihnen Informationen oder den Zugang zu anderenspezialisierten Sites bietet, ebenfalls zu einer Verbes-serung der integrierten Wasserbewirtschaftung durchdie Gebietskörperschaften beitragen und einen Infor-mations- und Erfahrungsaustausch zwischen den Ab-geordneten verschiedener Mitgliedstaaten des Euro-parates ermöglichen.

23. Daher empfiehlt die Versammlung dem Ministerko-mitee,

i. die Regierungen der Mitgliedstaaten des Teilab-kommens „EUR-OPA Großrisiken“ zur Prüfungder Möglichkeit einer Aktion aufzufordern, diesich auf die Situation der großen Ströme sowiedie Umweltbelastungs- und Überschwemmungs-

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 19 – Drucksache 14/6751

risiken konzentriert, dabei insbesondere dieBemühungen der Regierung der Republik Moldauzu unterstützen und in diesem Zusammenhang dieEinrichtung einer Website ins Auge zu fassen;

ii. die Möglichkeit zu untersuchen, im Rahmen desNaturopa-Zentrums eine interaktive Website zurSensibilisierung, Information und Aufklärungjunger Menschen im Hinblick auf das Wasser-problem einzurichten;

iii. den Kongress der Gemeinden und Regionen Eu-ropas (KGRE) und den Lenkungsausschuss fürlokale und regionale Demokratie (CDLR) zu bit-ten, den Aufgaben der lokalen und regionalenStellen bei der integrierten Wasserbewirtschaf-tung besondere Beachtung zu schenken und dieEinrichtung einer Website zu erwägen, die eineVernetzung der Kenntnisse und einen Erfah-rungsaustausch erlaubt.

Dienstag, 26. September 2000

Tagesordnungspunkt

Die Einhaltung der von Kroatien eingegange-nen Pflichten und Verpflichtungen

(Drucksache 8823)

Berichterstatter: Abg. Jerzey Jaskiernia (Polen) und Abg. Maria Stoyanova (Bulgarien)

Abg. Prof. Dr. Karl-Heinz Hornhues (CDU/CSU): FrauPräsidentin, ganz herzlichen Dank dafür, dass Sie mir dasWort erteilt haben.

Ich habe jetzt eine große Schwierigkeit: Die Freude, die ausden Worten meiner Vorredner strömte, war so gewaltig,dass ich nicht weiß, wie ich das noch steigern könnte. Dennan sich hatte ich mir vorgenommen, für meine Fraktionganz besonders zum Ausdruck zu bringen, welche Freudewir alle aufgrund der eingetretenen Entwicklung empfin-den. Dass die Berichterstatter mit beinahe glänzenden Au-gen dagestanden haben, um uns diese Freudenbotschaft zuverkünden, kann ich ihnen nachempfinden. Danke schön,dass Sie einen solch schönen Bericht vorgelegt haben, wo-bei ich zugeben muss, dass Ihr Anteil daran mehr das Auf-und Unterschreiben war. Das Entscheidende hat sich inKroatien selber vollzogen. Kroatien ist mit vollen Segelnauf dem Weg in die europäische Integration.

Lassen Sie mich einen Punkt unterstreichen, den ich fürbesonders wichtig halte und der noch nicht angesprochenworden ist, nämlich die neue Art der ZusammenarbeitKroatiens mit seinen Nachbarn. Das Übereinkommenzwischen Izetbegovic und Mesic ist, so glaube ich, für diegesamte Region ein für die Zukunft wichtiges Signal, wieman miteinander arbeiten, miteinander nach Problemlö-sungen suchen und nicht mehr andere Wege einschlagensollte, die man in der Vergangenheit ab und zu doch nochglaubte ins Auge fassen zu müssen. – Dafür und für alleanderen Bemühungen herzlichen Dank.

Die Berichterstatter haben bereits angesprochen, dassnoch eine Reihe von offenen Fragen bestehen. Dies sindzum Teil schwierige Fragen. Man spricht so einfach vonder Rückkehr der Flüchtlinge. Jeder, der die Geschichteder jüngsten Zeit kennt, weiß, was dies im Einzelnen vonden Menschen fordert: vielleicht sogar – das ist gar nichtso einfach – ein Vergeben und ein Vergessen auf mehre-ren Seiten, bei den Kroaten und auch bei den zurückkeh-renden Flüchtlingen, die ja meist keine Kroaten sind.Viele sind Serben. In diesem Bereich wird noch vielesverlangt. Wir sollten diese Menschen unterstützten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, beim Unterstüt-zen habe ich leider die Erfahrung gemacht, dass zwar dieWorte der Unterstützenden sehr schnell kommen, dassaber die Taten immer ihre Zeit brauchen. In jedem demo-kratischen Land finden in regelmäßigen AbständenWahlen statt. Die Hoffnungen in Kroatien, die sich andiese Veränderungen knüpfen, haben auch etwas mit derErwartung zu tun, dass wir – damit meine ich die Geldge-benden, diejenigen, die die Unterstützung real gewähren,die Institutionen der Europäischen Union – nicht nur re-den, sondern auch schnell handeln.

Ich weiß um die Probleme, die zum Beispiel in Bezug aufden Balkanpakt bestehen. Vieles wird zwar in Aussicht ge-stellt. Aber wenn man fragt, wann etwas geschehen soll,dann werden plötzlich Jahreszahlen genannt, die eine Lö-sung erst in zwei oder drei Jahren realisierbar erscheinenlassen. Wir, soweit wir aus den Ländern der EuropäischenUnion kommen, sollten massiv darauf drängen, dass beimStabilitätspakt, aber auch bei den sonstigen in Aussicht ge-nommenen Hilfen der bürokratische Weg zum Erfolg sokurz wie möglich gehalten wird. Wir können in dieser Hin-sicht einiges tun. Ich glaube, die Dinge in Kroatien habensich fantastisch positiv entwickelt. Aber ich bin nicht si-cher, ob das eine Garantie dafür ist, dass dies immer sobleibt. Wir können einen Beitrag dazu leisten, dass derheutige Glückwunsch an das kroatische Volk ein Glück-wunsch auf Dauer ist. Darum sollten wir uns bemühen.

Ich will mit einem nochmaligen Dank an die Bericht-erstatter, einem Glückwunsch an die kroatischen Kolle-ginnen und Kollegen und vor allen Dingen mit allen gutenWünschen für das kroatische Volk schließen. – Dankeschön.

Entschl ießung 1223 (2000)1

betr.: die Einhaltung der von Kroatien eingegan-genen Pflichten und Verpflichtungen

(Drucksache 8823)

1. Die Versammlung begrüßt die beträchtlichen Fort-schritte, die Kroatien im Hinblick auf die Erfüllungseiner Pflichten und Verpflichtungen als Mitgliedstaat

1 Debatte der Versammlung am 26. September 2000 (26. Sitzung).Siehe Dok. 8823, Bericht des Ausschusses für die Einhaltung der vonden Mitgliedstaaten eingegangenen Pflichten und Verpflichtungen(Koberichterstatter: Herr Jaskierna und Frau Stoyanova). Von derVersammlung verabschiedeter Text am 26. September 2000 (26. Sit-zung).

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Drucksache 14/6751 – 20 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

seit seinem Beitritt zum Europarat am 6. November1996 und insbesondere seit den Parlaments- und Prä-sidentschaftswahlen zu Beginn des Jahres 2000 erzielthat. Kroatien hat damit die Mehrzahl der in der Stel-lungnahme Nr. 195 (24. April 1996) und in der Ent-schließung 1185 (29. April 1999) der Versammlungfestgelegten Ziele und Fristen erfüllt.

i. Kroatien hat alle Übereinkommen des Europara-tes, zu deren Ratifizierung es sich verpflichtethatte, ratifiziert, wie die Europäische Menschen-rechtskonvention und deren Protokolle Nr. 1, 2,3, 4, 5, 6, 7, 8 und 11, das Europäische Überein-kommen über die Verhütung von Folter und un-menschlicher oder erniedrigender Behandlungoder Strafe, des Rahmenübereinkommens zumSchutze nationaler Minderheiten, die Europä-ische Charta der kommunalen Selbstverwaltungund die Europäische Charta der Regional- oderMinderheitensprachen;

ii. eine Überprüfung der Verfassung ist im Gangeund zielt im Wesentlichen auf die Abschaffungübermäßiger präsidialer Befugnisse und die Her-beiführung einer parlamentarischen Kontrolleüber die Exekutive ab;

iii. die Änderungen des im Oktober 1999 verab-schiedeten Wahlgesetzes berücksichtigen diemeisten der von der Versammlung in ihrer Ent-schließung 1185 (1999) gemachten Empfehlun-gen, insbesondere hinsichtlich der Überprüfungder besonderen Vertretungsrechte kroatischerBürger, die im Ausland leben, die Mehrparteien-vertretung in Wahlkommissionen auf staatlicherund kommunaler Ebene und die Akkreditierungnationaler unparteiischer Beobachter an denWahlen;

iv. Änderungen an dem im November 1999 verab-schiedeten Gesetz über die kommunale Selbst-verwaltung und Verwaltung berücksichtigen diemeisten der vom Kongreß der Gemeinden undRegionen gemachten Vorschläge; ihre umfas-sende Umsetzung hängt von weiteren am Gesetzüber das Regierungssystem und dem Gemeinde-recht der Stadt Zagreb gemachten Änderungenab; neue Gesetze zur Stärkung einer weiterenkommunalen und regionalen Selbstverwaltunggemäß der Europäischen Charta der kommuna-len Selbstverwaltung werden zurzeit ausgearbei-tet im Hinblick auf eine Verabschiedung vor dernächsten landesweiten Kommunalwahl, die fürdas Frühjahr 2001 vorgesehen ist;

v. Änderungen an dem im Mai 1999 verabschiede-ten Gesetz über den Hohen Richterlichen Ratberücksichtigen die Mehrzahl der von den Sach-verständigen des Europarates vorgelegten Emp-fehlungen; neue Änderungen am Gesetz werdenin erster Linie hinsichtlich der Verfahren zur Be-setzung von Vakanzen im Gerichtssystem ausge-arbeitet; Änderungen werden ebenfalls zurzeit

für die gerichtlichen Verfahrensvorschriften aus-gearbeitet im Hinblick auf eine Entpolitisierungder Justiz und im Hinblick auf andere Gesetze(wie Zivilprozessordnung, Konkursrecht, Erb-schaftsgesetz usw.), um die Effizienz der Justizzu steigern und den großen Rückstand bei der Be-arbeitung von Fällen zu vermindern;

vi. ein neuer Gesetzesentwurf über den kroatischenRundfunk und Fernsehanstalten (HRT) wurdedem Parlament am 1. Juni 2000 vorgelegt: Erwurde von Sachverständigen des Europarates po-sitiv beurteilt, da er die Umwandlung des HRT ineine öffentliche Rundfunkanstalt vorsieht und diePrivatisierung des dritten Kanals vorschlägt imEinklang mit der Entschließung der Versamm-lung 1185 (1999); weitere Änderungen am Ent-wurf wurden von den Sachverständigen vorge-schlagen, um die Unabhängigkeit des HRT-Ratesgegenüber politischer Einmischung sicherzustel-len und eine komplizierte Organisationsstrukturzu vermeiden;

vii. ein neuer Gesetzesentwurf über den Fernmelde-verkehr mit dem Ziel, die Unabhängigkeit desRundfunk- und Fernsehrates zu gewährleisten,wird derzeit von der Regierung zur Vorlage imParlament im Herbst dieses Jahres nach Konsul-tation der Sachverständigen des Europarates aus-gearbeitet;

viii. Änderungen am Strafgesetzbuch, welche dieMöglichkeit für den Generalstaatsanwalt ab-schaffen, Ex-officio Strafverfahren wegen Diffa-mierung hochrangiger Staatsbeamter zu verfol-gen, haben die erste Lesung am 1. Juni 2000passiert; das Verfassungsgericht hat auch gesetz-liche Bestimmungen abgeschafft über die öffent-liche Information, wonach ein besonders „dring-liches Gerichtsverfahren“ bei gegen Journalistenangestrengten Diffamierungsverfahren erlaubtwar;

ix. zwei Gesetze über Minderheitenrechte – das Ge-setz auf Unterricht in der Sprache und Schrift na-tionaler Minderheiten sowie das Gesetz über dieoffizielle Verwendung der Sprache und Schriftnationaler Minderheiten – wurden am 11. Mai2000 verabschiedet: Sie wurden von Mitgliedernder nationalen Minderheiten in Kroatien und Ver-tretern der internationalen Staatengemeinschaftbegrüßt;

x. das kroatische Verfassungsgericht hat mit der Ve-nedig-Kommission umfassend zusammengear-beitet hinsichtlich der Beteiligung internationalerBerater an der Arbeit des Gerichtshofes bei Min-derheitenfällen: Diese Arbeit wurde erfolgreichentsprechend dem vereinbarten Zeitplan gegenEnde des Jahres 1999 abgeschlossen;

xi. die kroatischen Behörden haben mit dem Überwachungsausschuss der Versammlung und

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 21 – Drucksache 14/6751

dessen Berichterstattern im Rahmen des Über-wachungsverfahrens umfassend zusammengear-beitet.

2. In Bezug auf die Einhaltung der Pflichten und Ver-pflichtungen hinsichtlich der Kriegsfolgen spricht dieVersammlung dem derzeitigen Präsidenten der Repu-blik, der Regierung und dem Parlament ihre Anerken-nung dafür aus, dass es ihnen innerhalb von wenigenMonaten gelungen ist, Kroatiens Erfolgsnachweis inBezug auf die Umsetzung der Abkommen von Daytonund Erdut drastisch zu verbessern und damit die Sta-bilität und Sicherheit in Südosteuropa zu fördern, ins-besondere hinsichtlich:

i. der Zusammenarbeit mit dem InternationalenStrafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien;

ii. der Zusammenarbeit mit der internationalenStaatengemeinschaft und ausländischen in Kroa-tien tätigen Nichtregierungsorganisationen;

iii. der Beziehungen zu Bosnien und Herzegowina:Es wurde eine völlig transparente Politik derAchtung der Unabhängigkeit und territorialenUnversehrtheit von Bosnien und Herzegowinaverfolgt, und Vorschläge hinsichtlich einer Ver-einbarung zwischen den beiden Staaten über dieRückgabe und Wiederinbesitznahme von Vermö-gen wurden ausgearbeitet;

iv. der Rückkehr der Flüchtlinge und Vertriebenen:Diese Frage wird nicht länger als eine politische,sondern als eine rein finanzielle Frage betrachtet,und mehrere Maßnahmen wurden ergriffen, umdie Rückkehr zu erleichtern, wie:

a) die Schaffung einer neuen interministeriel-len Struktur – die „Koordinierung für Berei-che von besonderem staatlichen Interesse“ –zur Koordinierung von Regierungsprogram-men hinsichtlich der Rückkehr und derSchaffung von Vertrauen;

b) die Verabschiedung einer gemeinsamen Erklärung durch den kroatischen Außen-minister und den Ministerpräsidenten derRepublik Srpska (eine der beiden Gebiets-einheiten von Bosnien und Herzegowina),welche beide Seiten verpflichtet, die Rück-kehr von 2 000 Flüchtlingen innerhalb vondrei Monaten zu erleichtern;

c) die Veröffentlichung und Erörterung einesBerichts mit der internationalen Staatenge-meinschaft, welcher die Umsetzung desRückkehrprogrammes evaluiert und Maß-nahmen zur Behandlung der Probleme derWiederinbesitznahme von Vermögen undder Bereitstellung alternativer Unterbrin-gung behandelt;

d) die Abschaffung diskriminierender Bestim-mungen in Gesetzen hinsichtlich des Zugan-ges zu Wiederaufbauhilfe, Wiederinbesitz-

nahme von Vermögen und der Bereitstellungalternativer oder vorübergehender Unter-bringung;

e) die Vereinfachung von Verfahren zur Be-stätigung der Staatsbürgerschaft von Rück-kehrern;

f) die Herbeiführung eines wirklichen Dialogsmit Vertretern der serbischen Gemeinde undeiner verstärkten Zusammenarbeit mit demGemeinsamen Städterat in der Donauregion;

g) die Herbeiführung häufiger Kontakte zwi-schen Regierungseinrichtungen für Rück-kehrfragen und kommunale Wohnungskom-missionen; neue Bestimmungen werdenerarbeitet zur Festlegung des Gesamtverfah-rens für die Wiederinbesitznahme von Ver-mögen, die Rechte von Eigentümern undvorübergehenden Besitzern von Eigentum,das den Eigentümern zurückgegeben wird,zu schützen und eine effizientere Arbeits-weise der Wohnungskommissionen ermög-licht; Änderungen werden ebenfalls für dasDekret zur Schaffung der Behörde für dieMediation von Grundstückstransaktionen(Landbank) erarbeitet im Hinblick auf ver-stärkte Transparenz;

h) Nutzung der durch den Stabilitätspakt fürSüdosteuropa gebotenen Möglichkeiten, umFinanzmittel für die Rückkehr von Flüchtlin-gen und den Wiederaufbau in den Rückkehr-gebieten zu erhalten.

3. Die Versammlung ermutigt die kroatischen Behörden,ihre Politik hinsichtlich der Konsolidierung demokra-tischer Reformen, der europäischen Integration undder Umsetzung der Abkommen von Dayton und Erdutfortzusetzen:

i. die Regierung sollte als vorrangige AngelegenheitFolgendes erarbeiten und/oder das Parlamentsollte Folgendes verabschieden:

a) ein neues umfassendes Verfassungsrechtüber die Rechte von nationalen Minderheitenim Einklang mit den von der Venedig-Kom-mission vorgelegten Empfehlungen;

b) weitere Änderungen an der Verfassung, umallen Personen, die innerhalb der Gerichts-hoheit Kroatiens leben, bestimmte derzeitauf Staatsbürger beschränkte Rechte zu über-tragen im Einklang mit den von den Sach-verständigen des Europarates vorgelegtenEmpfehlungen;

c) weitere Änderungen am Wahlrecht zur Um-setzung der restlichen in der Entschließung1185 (1999) der Versammlung gemachtenEmpfehlungen in Bezug auf Minderheiten-rechte und die Unparteilichkeit des HRTwährend Wahlkampagnen;

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Drucksache 14/6751 – 22 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

d) die in Absatz 1.iv. bis viii. und in Absatz2.iv.g) bezüglich der kommunalen und regionalen Selbstverwaltung, der Unabhän-gigkeit und Effizienz der Justiz, der Me-dienfreiheit, der Verfahren über die Rücker-langung von Eigentum und der Arbeit derWohnungskommissionen sowie der Land-bank erwähnten Gesetze, Gesetzesänderun-gen und Bestimmungen im Einklang mit denvon den Sachverständigen des Europaratesund/oder anderen Vertretern der internatio-nalen Staatengemeinschaft gemachten Emp-fehlungen;

e) eine gründliche Gesetzesreform hinsichtlichEigentumsfragen im ganzen Land (d. h. überdie Bereiche von besonderem staatlichen In-teresse hinaus), einschließlich der Frage derAneignung/Mietrechte in Absprache mit in-ternationalen Sachverständigen;

ii. die kroatischen Behörden sollten ferner andereMaßnahmen ergreifen, um sicherzustellen:

a) die unverzügliche Durchsetzung von Ent-scheidungen aller Gerichte, einschließlichderjenigen des Verfassungsgerichts;

b) freie Verteilung von Printmedien auf gleich-berechtigter und kommerzieller Grundlage;

c) Beseitigung der nachteiligen Auswirkungender Nachkriegsgesetze, die später geändertoder abgeschafft wurden;

d) umfassende und nicht diskriminierende Um-setzung sowohl auf zentraler wie auf kom-munaler Ebene von Gesetzen hinsichtlichdes Zugangs zu Wiederaufbauhilfe, Wieder-inbesitznahme von Vermögen und Bereit-stellung alternativer oder vorübergehenderUnterkünfte sowie anderer Gesetze und Ver-waltungsmaßnahmen, mit denen Bedingun-gen festgelegt werden, um die dauerhafteRückkehr zu ermutigen und die interethni-sche Aussöhnung zu verbessern; rasche undflexible Umsetzung des Staatsbürgerschafts-rechtes;

e) transparente Anwendung der Amnestie-gesetze und hinsichtlich der ethnischen Abstammung der Beklagten unparteilicheVerfolgung von Kriegsverbrechen; Veröf-fentlichung aller Verurteilungen wegenKriegsverbrechen in absentia seit 1991; ver-stärkte Effizienz bei der vom Justizministe-rium ausgeübten Kontrolle darüber, ob An-klagen wegen Kriegsverbrechen gegen einerückkehrwillige Person anhängig sind („Un-bedenklichkeitserklärung“).

4. Die internationale Staatengemeinschaft ihrerseitssollte ihren Versprechen nachkommen und sicherstel-len, dass die finanzielle Unterstützung Kroatien rasch

gewährt wird, welches die wirtschaftliche Last desWiederaufbaus und der nachhaltigen Entwicklung inden Rückkehrregionen nicht allein tragen kann undtragen sollte. In dieser Hinsicht begrüßt die Versamm-lung die Projekte der kürzlich im Rahmen des Stabi-litätspaktes für Südosteuropa, anderer europäischerProgramme und der Entwicklungsbank des Europara-tes gebilligten Projekte der wirtschaftlichen Unter-stützung.

5. Abschließend ist die Versammlung der Auffassung,dass Kroatien seinen Pflichten und der Mehrzahl dervon ihm eingegangenen Verpflichtungen nachgekom-men ist und dass man dabei ist, den restlichen Ver-pflichtungen nachzukommen. Die Versammlung be-trachtet daher das derzeitige Überwachungsverfahrenals abgeschlossen. Sie wird ihren nach der Überwa-chung vorgesehenen Dialog mit den kroatischenBehörden über ihren Überwachungsausschuss in Be-zug auf die in Absatz 3 erwähnten oder alle weiterenFragen, die sich aus den Verpflichtungen Kroatiens alsein Mitgliedstaat des Europarates ergeben, weiter-führen mit der Maßgabe, das Verfahren gemäß derEntschließung 1115 (1997) wieder einzuleiten, fallssich weitere Klarstellungen oder eine verstärkte Zu-sammenarbeit als wünschenswert erweisen sollten.

Empfehlung 1473 (2000)1

betr.: die Einhaltung der von Kroatien eingegan-genen Pflichten und Verpflichtungen

(Drucksache 8823)

1. Die Versammlung nimmt Bezug auf ihre Entschlie-ßung 1223 (2000) über die Einhaltung der von Kroa-tien eingegangenen Pflichten und Verpflichtungen, inwelcher sie:

i. die beträchtlichen Fortschritte Kroatiens im Hinblick auf die Erfüllung der von ihm einge-gangenen Pflichten und Verpflichtungen als Mit-gliedstaat seit seinem Beitritt zum Europarat am 6. November 1996 und insbesondere seit den Par-laments- und Präsidentschaftswahlen zu Beginndes Jahres 2000 begrüßt hat;

ii. dem derzeitigen Präsidenten der Republik, derRegierung und dem Parlament ihre Anerken-nung dafür ausspricht, dass sie innerhalb vonwenigen Monaten Kroatiens Erfolgsnachweishinsichtlich der Umsetzung der Abkommen vonDayton und Erdut drastisch verbessert und damitStabilität und Sicherheit in Südosteuropa geför-dert haben;

1 Debatte der Versammlung am 26. September 2000 (26. Sitzung).Siehe Dok. 8823, Bericht des Ausschusses für die Einhaltung der vonden Mitgliedstaaten eingegangenen Pflichten und Verpflichtungen(Koberichterstatter: Herr Jaskierna und Frau Stoyanova). Von derVersammlung verabschiedeter Text am 26. September 2000 (26. Sit-zung).

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 23 – Drucksache 14/6751

iii. das derzeitige Überwachungsverfahren als abge-schlossen betrachtet; sie wird ihren nach derÜberwachung vorgesehenen Dialog mit denkroatischen Behörden über die in Absatz 3 derzuvor erwähnten Entschließung aufgezeigtenoder alle weiteren Fragen, die sich aus den Ver-pflichtungen Kroatiens als ein Mitgliedstaat desEuroparates ergeben, weiterführen mit der Maß-gabe, das Verfahren gemäß der Entschließung1115 (1997) wiedereinzuleiten, falls sich weitereKlarstellungen oder eine verstärkte Zusammen-arbeit als wünschenswert erweisen sollten;

iv. die internationale Staatengemeinschaft nach-drücklich auffordert, ihren Versprechungen nach-zukommen und sicherzustellen, dass die finanzi-elle Hilfe Kroatien rasch gewährt wird;

v. die kürzlich im Rahmen des Stabilitätspaktes fürSüdosteuropa, anderer Programme der Europä-ischen Union und der Entwicklungsbank des Eu-roparates gebilligten Projekte der wirtschaftli-chen Unterstützung begrüßt.

2. Sie empfiehlt dem Ministerkomitee:

i. bei seiner Befassung mit den einschlägigen Fra-gen die bei der Umsetzung der Empfehlungen inAbsatz 3 der Entschließung der Versammlung ...(2000) gemachten Fortschritte im Rahmen seineseigenen Überwachungsverfahrens zu überprü-fen;

ii. den kroatischen Behörden im Rahmen seinerProgramme der Zusammenarbeit und der Unter-stützung zu helfen, insbesondere in den Berei-chen der Rechtsprechung, der Medienfreiheit,des Schutzes von Minderheitenrechten und derRückkehr von Flüchtlingen und Vertriebenen;

iii. die Mitgliedstaaten einzuladen, die finanzielleUnterstützung für Kroatien im Rahmen des Sta-bilitätspaktes für Südosteuropa zu erweitern, umsich an den Kosten des Wiederaufbaus und einernachhaltigen Entwicklung in den Rückkehrge-bieten zu beteiligen.

Tagesordnungspunkt

Ansprache des Präsidenten der ItalienischenRepublik, Carlo Azeglio Ciampi

(Themen: die Rolle des Europarates seit seiner Gründungund im 21. Jahrhundert – Schaffung und Umsetzung desRechtssystems des Europarates – das Prinzip der Nicht-einmischung und die Überwachung der Pflichten und Ver-pflichtungen der Mitgliedstaaten – die Abschaffung derTodesstrafe – die gemeinsame kulturelle Identität Euro-pas – die EU-Grundrechtscharta und die EuropäischeMenschenrechtskonvention)

T a g e s o r d n u n g s p u n k t

Die Lage von Lesbierinnen und Homosexuellenin den Mitgliedstaaten des Europarates

(Drucksache 8755)

Berichterstatter: Abg. Csaba Tabajdi (Ungarn)

(Themen: die Schwierigkeiten von Lesbierinnen und Ho-mosexuellen in allen Lebensbereichen – Vergleich der unterschiedlichen Gesetzeslage in 19 Mitgliedstaaten –Einfluss der Urteile des Europäischen Menschenrechts-gerichtshofs – die sexuelle Orientierung als möglicherZusatz in der Liste der Diskriminierungen in der Europä-ischen Menschenrechtskonvention)

Empfehlung 1474 (2000)1

betr.: die Lage von Lesbierinnen und Homo-sexuellen in den Mitgliedstaaten des

Europarates(Drucksache 8755)

1. Vor knapp 20 Jahren hat die Versammlung in der Emp-fehlung Nr. 924 (1981) betreffend die Diskriminie-rung von Homosexuellen die verschiedenen Formender Diskriminierung von Homosexuellen in bestimm-ten Mitgliedstaaten des Europarates verurteilt.

2. Heutzutage sind Homosexuelle nur allzu oft Ziel-scheibe von Diskriminierung oder Gewalt in derSchule und auf der Straße. Sie werden als eine Bedro-hung für die übrige Gesellschaft empfunden, so als obdie Gefahr bestünde, dass sich Homosexualität aus-breiten würde, sobald sie anerkannt wurde. Tritt Ho-mosexualität in einem Land so gut wie nicht in Er-scheinung, ist dies in der Tat lediglich ein untrüglichesZeichen für die Unterdrückung von Homosexuellen.

3. Diese Form der Homophobie wird gelegentlich vongewissen politischen oder religiösen Führern propa-giert, die auf diese Weise das Fortbestehen von diskri-minierenden Gesetze und insbesondere von aggressi-vem oder abschätzigem Verhalten rechtfertigen.

4. Im Rahmen des Aufnahmeverfahrens für neue Mit-gliedstaaten achtet die Versammlung im Sinne einerVoraussetzung für die Mitgliedschaft darauf, dass ho-mosexuelle Handlungen zwischen einwilligenden Erwachsenen nicht länger als strafbare Handlungengelten.

5. Die Versammlung stellt fest, dass Homosexualität ineinigen Mitgliedstaaten des Europarates noch immerein Straftatbestand ist und dass in vielen anderen Mit-gliedstaten eine Diskriminierung hinsichtlich des Al-ters der einwilligenden Personen besteht.

1 Debatte der Versammlung am 30. Juni 2000 (24. Sitzung). SieheDok. 8755, Bericht des Ausschusses für Recht und Menschenrechte(Berichterstatter: Herr Tabajdi). Von der Versammlung verabschie-deter Text am 26. September 2000 (27. Sitzung).

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Drucksache 14/6751 – 24 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

6. Die Versammlung begrüßt es, dass der EuropäischeGerichtshof für Menschenrechte bereits 1981 in seinerEntscheidung in der Sache Dudgeon v. VereinigtesKönigreich darauf erkannt hatte, dass das Verbot se-xueller Handlungen zwischen einwilligenden Män-nern eine Verletzung des Artikels 8 der EuropäischenMenschenrechtskonvention darstellt und dass er sicherst kürzlich im Jahre 1999 gegen jegliche Diskrimi-nierung aus sexuellen Gründen ausgesprochen hat,und zwar in seinen Entscheidungen in der Sache Lustig-Prean und Becket v. Vereinigtes Königreich so-wie der Sache Grady v. Vereinigtes Königreich.

7. Die Versammlung verweist auf ihre StellungnahmeNr. 216 (2000) betreffend den Entwurf des ProtokollsNr. 12 zur Europäischen Menschenrechtskonvention,in der sie dem Ministerkomitee empfiehlt, die sexuelleVeranlagung in die Liste der verbotenen Diskriminie-rungsgründe aufzunehmen, da sie sie für eine der ver-abscheuenswürdigsten Formen von Diskriminierunghält.

8. Auch wenn die arbeitsrechtlichen Vorschriften keineausdrücklichen Einschränkungen in Bezug auf Ho-mosexuelle vorsehen, werden diese in der Praxis gele-gentlich von der Beschäftigung ausgeschlossen, undihr Zugang zu den Streitkräften unterliegt ungerecht-fertigten Einschränkungen.

9. Die Versammlung stellt jedoch mit Freude fest, dasseinige Länder nicht nur alle Formen von Diskriminie-rung abgeschafft haben, sondern auch Gesetze verab-schiedet haben, in denen die homosexuelle Partner-schaft oder die Homosexualität im Falle der Gefahreiner Verfolgung aufgrund der sexuellen Veranlagungals Asylgrund anerkannt werden.

10. Die Versammlung ist sich trotzdem bewusst, dass dieAnerkennung dieser Rechte zum gegenwärtigen Zeit-punkt noch auf Schwierigkeiten stößt, da das dazu er-forderliche Umdenken noch nicht eingetreten ist.

11. Die Versammlung empfiehlt daher dem Ministerko-mitee:

i. die sexuelle Veranlagung zu den durch die Euro-päische Menschenrechtskonvention verbotenenDiskriminierungsgründen hinzuzufügen, wie inihrer Stellungnahme Nr. 216 (200) gefordert;

ii. den Aufgabenbereich der Europäischen Kom-mission zur Bekämpfung von Rassismus und In-toleranz (ECRI) um die Homophobie aufgrundvon sexueller Veranlagung zu erweitern und dendem Europäischen Menschenrechtskommissarzur Verfügung stehenden Mitarbeiterkreis um ei-nen Mitarbeiter zu erweitern, der speziell für Fra-gen der Diskriminierung aus Gründen der sexu-ellen Veranlagung zuständig sein sollte;

iii. die Mitgliedstaaten aufzufordern,

a) die sexuelle Veranlagung als verbotenen Dis-kriminierungsgrund in die nationale Gesetz-gebung aufzunehmen;

b) alle gesetzliche Bestimmungen, nach denenhomosexuelle Handlungen zwischen einwil-ligenden Erwachsenen strafbar sind, aufzu-heben;

c) unverzüglich alle Personen, die wegen ho-mosexueller Handlungen zwischen einwilli-genden Erwachsenen inhaftiert wurden, ausder Haft zu entlassen;

d) das gleiche Mindestalter für die Einwilli-gung zu homosexuellen und heterosexuellenHandlungen festzulegen;

e) über Grundschul- und weiterführende Aus-und Fortbildungmaßnahmen sowie im Sportpositive Maßnahmen zu ergreifen zur Be-kämpfung homophober Verhaltensweisen,insbesondere in Schulen, in den medizinischenBerufen, in den Streitkräften, bei der Polizei,im Justizwesen und in der Anwaltschaft;

f) koordinierend hinzuwirken auf Anstrengun-gen mit dem Ziel, in möglichst vielen Mit-gliedstaaten gleichzeitig eine Öffentlich-keitskampagne einzuleiten;

g) Disziplinarmaßnahmen gegenüber jeder-mann zu ergreifen, der Homosexuelle diskri-miniert;

h) die Gleichbehandlung von Homosexuellenin arbeitsrechtlicher Hinsicht sicherzustel-len;

i) Gesetze zur Registrierung von Partnerschaf-ten zu erlassen;

j) die Verfolgung von Homosexuellen alsGrund für die Gewährung von Asyl anzuer-kennen;

k) die bestehenden Grundrechte um Schutz-und Mediationsstrukturen zu erweitern oderdie Stelle eines Sachverständigen für Diskri-minierung aus Gründen der sexuellen Veran-lagung einzurichten.

Tagesordnungspunkt

Die Wahlen in der Bundesrepublik Jugoslawien(Aktualitätsdebatte)

Abg. Dr. Helmut Lippelt (Bündnis90/Grüne): Herr Prä-sident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, niemand wird die Beobachtungen unserer Kollegen, diezu den Wahlen nach Jugoslawien gefahren sind, hier auchnur im Geringsten in Zweifel ziehen. Ich frage allerdings– wir haben ja ein ausgesprochenes Experteninstitut –:Haben Sie Langzeitbeobachter von ODIHR mitgenom-men, die eine Woche vor den Wahlen die elektronisch ge-speicherte Datenbasis überprüft haben? Haben Sie Lang-zeitbeobachter von ODIHR mitgenommen, die nach denWahlen die Computerauswertungen überprüfen?

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25 – Drucksache 14/6751

Ich habe die Abstimmung zur Frage Pinochet miterlebt.Ich kann aus dieser Erfahrung heraus sagen: Alle gingenzu den Wahlen; es war von außen wunderbar anzusehen.Ich weiß aber auch, welch harte Kämpfe anschließendhinter den Kulissen zwischen dem Innenministerium undder Wahlkommission stattfanden. Bei diesen Wahlen ginges nämlich um das Überleben des Regimes.

Lassen Sie mich vor diesem Hintergrund einige Bemer-kungen machen.

Erstens. Wir müssen der serbischen Bevölkerung dafürdanken, dass es eine so hohe Wahlbeteiligung gegebenhat, obwohl die Bevölkerung apathisch war und von denOppositionspolitikern – vielleicht mit Ausnahme von Kostunica – genauso enttäuscht war wie von demMilosevic-Regime. Die Bevölkerung ist zu den Wahlengegangen, weil sie ein Zeichen setzen wollte.

Zweitens. Wer das Ganze genau verfolgt hat – wir lebenja nicht in einer geschlossenen Gesellschaft –, der konnteschon in der Nacht Zahlen über Zahlen bekommen. Wirhaben zwar nicht das offizielle Endergebnis, Herr Präsi-dent, aber auch Sie wissen – Ihre Bemerkungen zeigtendies –: Wir haben viele Zahlen. Viele dieser Zahlen stam-men von zwei unabhängigen Wahlinstituten, die ein sehrenges Netz geknüpft haben, die sehr genau gezählt undanschließend die Wähler befragt haben.

Wir haben zwei Linien: Es gibt eine Linie, die von der Op-position über Internet und andere Quellen verbreitet wird.Diese Linie besagt, dass Kostunica in Belgrad mehr als 50 % erreichte. Selbst bei den 44 000 Kosovo-Wählern hat er 33 % erreicht und Milosevic nur 50 % –und das trotz der Wähler in Mitrovica. In Novi Sad haben73 % Kostunica gewählt. Ich denke, wir können uns einBild von dem Ganzen machen. Es gibt eine zweite Linie,die des Milosevic-Regimes. Sie besagt: Milosevic lag im-mer mit 3 bis 5 % vor den Konkurrenten.

Liebe Freunde, ich habe große Angst. Aber ich bin auchfroh über das, was Herr Weiss bemerkte: Seselj, der radi-kale kleine Bündnispartner, hat gesagt, Kostunica habe ge-wonnen. Bulatovic, eine Kreatur Milosevics, hat gesagt:Ich biete meinen Rücktritt an, denn Milosevic hat von mirdie Lieferung von 100 000 Stimmen verlangt. Wer also vonfairen Wahlen spricht, der muss nur an diese Äußerung Bu-latovics denken, dann wird er Bescheid wissen.

Ich möchte trotz der Kürze der Zeit noch einige Vorschlägemachen. Ich glaube, wir sollten von hier aus sehr deutlichsagen, dass wir die EU-Regierungen beim Wort nehmen.Hubert Vedrine hat eine Woche vor den Wahlen gesagt:Wenn die Demokratie zum Durchbruch kommt, dann wer-den wir sofort reagieren. Wir werden Zeichen geben. Wirwerden Sanktionen aufheben. Wir werden uns am Wieder-aufbau beteiligen. Wir werden Jugoslawien in der Europä-ischen Union begrüßen. Ich denke, wir sollten den EU-Re-gierungen sagen: Wir sollten uns nicht dümmer stellen, alswir sind. Die Regierungen sollten wissen, wer gesiegt hat.Sie sollten sofort entsprechende Maßnahmen ergreifen.

Zu dem, was auch wir machen können, Herr Präsident: Wirsollten, wenn in Kürze die Wahlergebnisse bekannt gege-ben worden sind und wir Zweifel hegen, Vertreter unab-

hängiger Institute einladen. Ausschüsse dieses Hauseskönnten innerhalb einer Woche zusammentreten. Wirkönnten ein Hearing durchführen, um auch hier festzustel-len, auf welchen Grundlagen gewisse Ergebnisse beruhen.

Ich denke, wir alle sollten sehr dankbar sein, dass Jugosla-wien in Kostunica einen Kandidaten gefunden hat, der sehrüberzeugend ist, weil er national und rational ist. Er ist einrationaler Nationaler, nicht ein mystischer Nationaler wieDraskovic. Wir sollten alles dafür tun und genau beobach-ten, dass Kostunica der Sieg nicht gestohlen wird.

Tagesordnungspunkt

Die Ankunft von Asylsuchenden auf euro-päischen Flughäfen

(Drucksache 8761)

Berichterstatter: Abg. Andreas Gross (Schweiz)

Abg. Eduard Lintner (CDU/CSU): Frau Präsidentin!Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde, es ist unbe-dingt nötig, und es ist eigentlich auch unsere Pflicht, unshier immer wieder mit den Anliegen der Asylsuchendenzu beschäftigen. Deshalb möchte ich dem Berichterstatterund seinen Mitarbeitern recht herzlich dafür danken, dasser diese langjährige Arbeit auf sich genommen hat. Ichglaube, sie hilft uns weiter, wie die Erfolge, die geschil-dert worden sind, ja auch zeigen.

Ich meine feststellen zu können, dass sich die meisten eu-ropäischen Staaten hinsichtlich ihrer Auffassung vomAsylrecht und ihres Umgangs damit durchaus sehen las-sen können. Die Rechtssituation ist durch die Ausrichtunggeprägt, politisch, religiös oder rassisch verfolgten Men-schen tatsächlich Asyl gewähren zu können. Eine ver-nünftige Richtschnur hierfür sind die Grundsätze, die derEuroparat in der Vergangenheit in zahlreichen Empfeh-lungen dazu immer wieder formuliert hat.

Solche Prinzipien sind – jetzt aus der Erfahrung der na-tionalen Parlamente gesprochen – natürlich auch deshalbwichtig, weil in der Politik immer eine gewisse Neigungbesteht, in opportunistischen Pragmatismus zu verfallen.Deshalb ist es natürlich nicht nur hier, sondern auch in dennationalen Parlamenten eine ständige Aufgabe, dafür zusorgen, dass die gesetzlichen Regelungen, die dort getrof-fen werden, immer wieder an diesen Prinzipien gemessenwerden.

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir eine kurzeSkizzierung dessen, was in Deutschland Gültigkeit hat.Wenn ich es recht sehe, sind wir der europäische Staat, derdie meisten Asylbewerber aufgenommen hat und auch ak-tuell noch aufnimmt. Das liegt, wie manche von Ihnenwissen, insbesondere daran, dass bei uns das Asylrecht alsindividuell einklagbares Recht gegenüber dem Staat aus-gestaltet ist. Über die Jahrzehnte hinweg haben davonMillionen von Asylbewerbern Gebrauch gemacht. In derRückschau kann man jetzt feststellen, dass fast 90 % diesgetan haben, ohne dass – auch nach richterlicher Über-prüfung – tatsächlich ein Asylgrund gegeben war.

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Drucksache 14/6751 – 26 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Das wiederum zeigt, dass wir natürlich auch das Ziel vonPraktiken sind – teilweise sogar von kriminellen Hinter-männern organisiert –, die diese asylantenfreundlicheRegelung ausnutzen wollen. Deshalb muss es – bei uneingeschränkter Bejahung der Grundsätze – die Mög-lichkeit geben, sich gegen solchen Missbrauch zu wehren.

Gemessen an den Grundsätzen, wie sie hier heute wiederdebattiert werden, glaube ich feststellen zu können, dasswir in Deutschland sie in den wesentlichen Punkten er-füllen. Zwar ist beispielsweise zuzugeben, dass die äuße-ren Rahmenbedingungen etwa am Flughafen in Frankfurtam Main bislang nicht optimal waren; aber dort ist einneues Zentrum für Asylsuchende im Bau, und so wirddemnächst auch in dieser Hinsicht eine entscheidendeVerbesserung eintreten.

Wir hatten und haben auch ständig Diskussionen zwi-schen den politischen Parteien über die konkrete Ausge-staltung unseres Asylrechts. Niemand stellt dabei die auchin dieser Empfehlung formulierten Grundsätze infrage.Wenn es dennoch in der Praxis Kritik gibt, dann in der Re-gel etwa deshalb, weil beispielsweise Fristen nicht einge-halten werden können. Das ist aber vor allem dann derFall, wenn Asylbewerber selbst die Aufklärung des vonihnen behaupteten Sachverhalts verzögern oder vereiteln.Bei uns muss eigentlich innerhalb von 19 Tagen über einAsylgesuch auch im Flughafenverfahren entschiedenwerden. Wenn sich aber jemand weigert, über seine Her-kunft Auskunft zu geben, oder wenn er seinen Pass ver-schwinden lässt oder wenn minderjährige Kinder bewusstzu uns nach Deutschland geschickt werden, dann musssich der betroffene Staat dagegen zur Wehr setzen können.Ich denke, wir als Abgeordnete der nationalen Parlamentewissen aufgrund einer ständigen Befassung mit der Pro-blematik sehr genau, wo es um das Menschenrecht aufAsyl geht und wo jeweils der Missbrauch beginnt. MeineDamen und Herren, wir müssen auch bedenken, dass jedeDuldung von Missbrauch sofort ihre Wirkungen hat. Siewird als Einladung für viele wirken, die versuchen wol-len, gleichermaßen ans Ziel zu kommen.

Bei uns gibt es ein höchstrichterliches Urteil des Bundes-verfassungsgerichts aus dem Jahre 1966. Dort wird fest-gestellt, dass unser Asylrecht in vollem Umfang unsererVerfassung entspricht. Das gilt für die so genannten dreiSäulen, unter denen auch die Flughafenregelung ist.

Ein Satz zum Schluss: Auch die Festlegung der so ge-nannten sicheren Herkunftsländer erfolgt nicht willkür-lich, sondern ist innerhalb der Europäischen Union undinsbesondere unter den Schengen-Staaten abgestimmt.Daher kann ich sagen: Wir können das, was hier formu-liert wird, in vollem Umfang mittragen, bitten aber, auchzu sehen, dass es möglich bleiben muss, tausendfachemMissbrauch im Einzelfall zu begegnen. – Vielen Dank.

Empfehlung 1475 (2001)1

betr.: die Ankunft von Asylsuchenden auf europäischen Flughäfen

(Drucksache 8761)

1. Seit Mitte der 80er-Jahre wurden die Mitgliedstaatendes Europarates in zunehmendem Maße mit steigen-den Zahlen von Asylsuchenden konfrontiert, von de-nen viele auf Flughäfen ankommen. Neben dem Pro-blem der Gewährleistung, dass alle Asylsuchenden imEinklang mit dem internationalen Flüchtlingsrecht zubehandeln sind, hat die zunehmende Zahl ein speziel-les Problem in Bezug auf die Aufnahmeeinrichtungenan den Flughäfen geschaffen. Die Herausforderung istbesonders gravierend für die Flughäfen, welche diegrößten Zahlen von Asylsuchenden (wie Frankfurt,Paris oder London) aufnehmen sowie für jene, die mitdiesem Problem erst seit relativ kurzer Zeit konfron-tiert werden (hauptsächlich in mittel-, ost- und süd-europäischen Staaten).

2. Die Behandlung von Asylanträgen zu diesem Zeitpunktist ein wichtiges Element des Festlegungsverfahrens fürden Flüchtlingsstatus insgesamt. Der Zugang zu demVerfahren eines Landes für die Gewährung des Flücht-lingsstatus ist von grundlegender Bedeutung beim Kon-zept des internationalen Schutzes. Jedoch wird Asylsu-chenden, die auf Flughäfen ankommen, der Zugang zudiesem Verfahren verweigert, was zu dem Risiko derZurückweisung („refoulement“) und zur Verletzung ih-rer Menschenrechte führt.

3. Darüber hinaus können inkohärente und ungerechtfer-tigt langwierige Verfahren, insbesondere in Verbin-dung mit schwierigen Verhältnissen auf dem Flugha-fen (z. B. unzureichende Aufnahmezentren) unnötigeHärten für Asylsuchende verursachen.

4. Die Harmonisierung der einzelnen innerstaatlichenAsylpolitiken auf europäischer Ebene ist mehr als jezuvor notwendig. In diesem Zusammenhang verweistdie Versammlung auf ihre früheren Empfehlungenund bekräftigt diese, welche das Ziel verfolgen, denSchutz und die den Asylsuchenden zukommende Be-handlung zu verbessern, insbesondere ihre Empfeh-lung 1163 (1991) betreffend die Ankunft von Asylsu-chenden auf europäischen Flughäfen, Empfehlung1236 (1994) betreffend das Recht auf Asyl, Empfeh-lung 1309 (1996) betreffend die Ausbildung von Be-amten, welche Asylsuchende an den Grenzstellen inEmpfang nehmen, Empfehlung 1327 (1997) betref-fend Schutz und Stärkung der Menschenrechte vonFlüchtlingen und Asylbewerbern in Europa, Empfeh-lung 1374 (1998) betreffend die Lage der weiblichenFlüchtlinge in Europa sowie die Empfehlung 1440(2000) betreffend Einschränkungen des Asyls in denMitgliedstaaten des Europarates und der Europä-ischen Union. Die Versammlung betont die Notwen-digkeit einer dauerhaften Koordinierung von Asyl-und Einwanderungspolitik im Rahmen der Europä-ischen Union und des Europarates.

1 Debatte der Versammlung am 26. September 2000 (27. Sitzung).Siehe Dok. 8761, Bericht des Ausschusses für Wanderbewegungen,Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen (Berichterstatter: Herr Gross).Von der Versammlung am 26. September 2000 (27. Sitzung) verab-schiedeter Text.

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 27 – Drucksache 14/6751

5. Die Versammlung nimmt mit Befriedigung zur Kennt-nis, dass sich die Aufnahmebedingungen in den be-sichtigten Flughäfen generell beträchtlich verbesserthaben, seitdem sie ihre Empfehlung 1163 (1991) zudiesem Thema verabschiedet hat. Sie begrüßt fernerdie Verabschiedung der Empfehlung Nr. R (94) 5 desMinisterkomitees an die Mitgliedstaaten betreffendRichtlinien, um Verfahren in den Mitgliedstaaten desEuroparates bezüglich der Ankunft von Asylsuchen-den auf europäischen Flughäfen anzuregen.

6. Dennoch nimmt die Versammlung mit Besorgnis zurKenntnis, dass weiterhin grundlegende Probleme aufmehreren Flughäfen, auf denen Asylsuchende ankom-men, bestehen einschließlich Mangel an Unterkünftenund unzureichende materielle Voraussetzungen undAusstattung. Eine weitere Verbesserung setzt mögli-cherweise in einigen Fällen eine Überprüfung der Artund Besonderheiten der zuständigen Verwaltungs-behörde des Flughafens voraus.

7. Die Versammlung nimmt mit besonderer Besorgniszur Kenntnis, dass die materiellen und humanitärenVerhältnisse, auf welche Asylsuchende bei bestimm-ten Flughäfen treffen, weit unter annehmbaren Nor-men liegen. Selbst wenn diese in einigen Fällen durchschlechte wirtschaftliche Verhältnisse des Landesoder durch die große Zahl der Antragsteller zu erklä-ren sind, sollten die zuständigen nationalen Behördendringend aufgefordert werden, die Situation schnellst-möglich zu verbessern.

8. Die Versammlung begrüßt die Initiative der Nieder-lande zur Errichtung eines Ad-hoc-Parlamentsaus-schusses zur Untersuchung der Verhältnisse, unter de-nen Asylsuchende auf dem Flughafen Schiphol inEmpfang genommen werden. Diesem Beispiel solltenalle Mitgliedstaaten des Europarates im Rahmen einerweiteren Untersuchung über die Behandlung der Asyl-suchenden generell im Verlauf des gesamten Feststel-lungsverfahrens für den Flüchtlingsstatus folgen.

9. Die Parlamentarische Versammlung empfiehlt demMinisterkomitee,

i. die Überwachung der Einhaltung des internatio-nalen Flüchtlingsrechtes durch die Mitgliedstaa-ten in Bezug auf die Aufnahme von Asylsuchen-den sowie der Einhaltung der einschlägigenEmpfehlungen des Ministerkomitees weiter zuverbessern;

ii. den zuständigen Ausschuss anzuweisen, sicher-zustellen, dass die Lage auf jenen Flughäfen, aufdenen besondere Mängel festgestellt wurden,von den betroffenen Mitgliedstaaten verbessertwird;

iii. die europaweite Zusammenarbeit im Bereich desAsyls im Hinblick auf die Erarbeitung eines ge-nerellen Überblicks über die Lage von Asylsu-chenden im Lichte der internationalen Flücht-lingsinstrumente weiter zu vertiefen;

10. Die Parlamentarische Versammlung empfiehlt demMinisterkomitee ferner, die Mitgliedstaaten nach-drücklich aufzufordern,

i. ihre nationalen Gesetze und Verfahren hinsicht-lich der Aufnahme von Asylsuchenden zu über-prüfen und insbesondere:

a) in die Rückübernahmeabkommen, denen siebeigetreten sind, Garantien zum Schutz vonAsylsuchenden aufzunehmen;

b) sicherzustellen, dass das Prinzip des „siche-ren Drittlandes“ und des „sicheren Her-kunftslandes“ nicht auf willkürliche Weiseangewandt wird und dass für die Festlegungbestimmter Staaten als „sicher“ eindeutigeKriterien angewandt werden auf der Grund-lage jener, die vom Ad-hoc-Sachverständi-genausschuss für rechtliche Aspekte des ter-ritorialen Asyls, Flüchtlinge und staatenlosePersonen (CAHAR) empfohlen wurden;

c) vorzusehen, dass in jedem Fall ein zurückge-wiesener Asylsuchender das Recht auf Wi-derspruch besitzen und ein derartiger Wider-spruch aufschiebende Wirkung haben sollte;

d) die maximale Aufenthaltsdauer auf demFlughafen festzulegen sowie die maximaleAufenthaltsdauer in Aufnahme- oder Unter-suchungszentren bis zum Ergebnis des Fest-stellungsverfahrens;

e) die Untersuchungsbedingungen von Asylbe-werbern zu verbessern und insbesondere sicherzustellen, dass sie nicht mit gewöhnli-chen Kriminellen zusammengebracht wer-den;

f) die bei der Zwangsabschiebung angewand-ten Verfahren erneut zu überprüfen im Hin-blick auf die Beseitigung von unmenschli-cher und erniedrigender Behandlung;

ii. die materiellen und humanitären Bedingungender Aufnahme an den Flughäfen zu überprüfenund gegebenenfalls zu verbessern, und insbeson-dere

a. die getrennte Unterbringung von Frauen undMännern vorzusehen, außer für Familien, die vorzugsweise zusammenbleiben sollten,selbst für eine kurze Dauer;

b. unbegleiteten Minderjährigen besondereAufmerksamkeit zu widmen und insbeson-dere sicherzustellen, dass sie von einem an-gemessen qualifizierten Erwachsenen be-fragt werden und absolute Priorität erhalten;

c. weiblichen Flüchtlingen besondere Auf-merksamkeit zu schenken im Einklang mitder Empfehlung 1374 (1998) der Parlamen-tarischen Versammlung;

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Drucksache 14/6751 – 28 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

d. angemessen geheizte, belüftete und mitnatürlichem Licht versehene Räume für An-tragsteller, die sich auf den Flughäfen auf-halten, vorzusehen;

e. im Falle längerer Aufenthalte den Antragstel-lern Zugang zu einem Aufenthalt von mindes-tens einer Stunde pro Tag an der frischen Luftzu gewähren;

f. regelmäßige und sättigende Mahlzeiten vor-zusehen;

g. Zugang zu medizinischer Versorgung währenddes Aufenthalts auf dem Flughafen zu garan-tieren;

h. die Anwesenheit von Dolmetschern nicht nurwährend des offiziellen Verfahrens, sondernbei verlängertem Aufenthalt auch außerhalbdes Verfahrens sicherzustellen;

i. für Antragsteller die unverzügliche Möglich-keit vorzusehen, Familienmitglieder zu in-formieren, sowie im Falle eines längerenAufenthalts die Möglichkeit, diese anzuru-fen und Besuche von ihnen zu erhalten;

iii. sicherzustellen, dass die o. g. Erfordernisse auchin Aufnahme- oder Untersuchungszentren, dieaußerhalb des Flughafens liegen, erfüllt werden,in welche Antragsteller für die Zeit des Feststel-lungsverfahrens überstellt werden;

iv. die Beziehungen zu den mit Menschenrechtsfragenbefassten Nichtregierungsorganisationen zu ver-stärken und das Netz ihrer Aktivitäten zu fördern.

11. Schließlich empfiehlt die Versammlung dem Minis-terkomitee, die Europäische Gemeinschaft aufzufor-dern, im Rahmen ihres Odysseus-Programms der Aus-bildung von Grenzbeamten aus Staaten Mittel- undOsteuropas größere Priorität einzuräumen durch Besu-che und Austausche, damit diese eine Unterweisung be-züglich der menschlichsten Aufnahmeverfahren undBedingungen auf den Flughäfen in den europäischenStaaten erhalten, die über die größte Erfahrung in diesemBereich verfügen (z. B. Dänemark und die Niederlande.)

Mittwoch, 27. September 2000

Tagesordnungspunkt

Die Vereinten Nationen an der Schwelle zu einem neuen Jahrtausend

(Drucksache: 8822)

Berichterstatterin: Abg. Hanne Severinsen (Dänemark)

Abg. Dieter Schloten (SPD): Herzlichen Dank an FrauSeverinsen für den exzellenten Bericht. Die SozialistischeFraktion kann diesen Bericht inhaltlich und in seinenEmpfehlungen voll und ganz unterstützen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Frau Präsidentin, dieVereinten Nationen sind die einzige Organisation, in de-ren Rahmen Verständigung zwischen den Völkern, globa-ler Frieden und eine nachhaltige Entwicklung erreichtwerden können. Daher müssen wir Parlamentarier uns füreine Stärkung ihrer Handlungsfähigkeit einsetzen.

Dieses Ziel kann nur durch eine strukturelle Reform derVereinten Nation und damit einhergehend durch eine Re-form des Sicherheitsrates erlangt werden.

Hier muss die Frage nach der Legitimierung humanitärerInterventionen durch die Vereinten Nationen gestellt wer-den. Ich möchte mich bei der Beantwortung dieser Frageauf Kofi Annan beziehen: Natürlich hat die nationalstaat-liche Souveränität eine wichtige Schutzfunktion. Dochdarf sie nie als Deckmantel für Verbrechen gegen dieMenschlichkeit dienen. Die Verhinderung von Völker-mord und Menschenrechtsverletzungen sollte Vorrangvor der Souveränität der Nationalstaaten haben. Das hatuns auch der Kosovokonflikt gelehrt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, während wir hier de-battieren, tagt in New York die 55. Generalversammlungder Vereinten Nationen – ein Parlament, das eigentlichkeines ist; denn statt lebhafter parlamentarischer Debattenversammeln sich dort Diplomaten und verlesen State-ments. Deshalb fordert der Bericht zu Recht die Erweite-rung der Vereinten Nationen um eine parlamentarischeDimension.

Vor wenigen Wochen haben sich die Parlamentspräsiden-ten der IPU-Mitgliedsländer zur Milleniumskonferenz inNew York getroffen. Dieses Treffen hat deutlich gemacht,welch große Bedeutung die parlamentarische Diplomatiefür die internationalen Beziehungen hat. Ich spreche hierals Parlamentarier des Europarates, doch einige von Ihnenwissen, dass ich auch der Vorsitzende der Gruppe der„Zwölf plus“ in der IPU bin, also der Gruppe, die die In-teressen der Mitgliedstaaten des Europarates dort vertritt.

Lassen Sie mich in fünf Punkten das Ziel einer parlamen-tarischen Dimension für die Vereinten Nationen konkreti-sieren.

Erstens. Die Parlamente sind aufgefordert, die Stimmedes Volkes zu Gehör zu bringen und auf diese Weise deminternationalen Entscheidungsprozess eine demokrati-sche Dimension zu verleihen sowie neue Wege der Zusammenarbeit zu finden. Deshalb müssen die Parla-mentarier Anstrengungen unternehmen, um die rechts-staatliche Demokratie international zur einzig möglichenVerfassungsgrundlage zu machen.

Zweitens. Die Parlamente sollten die Initiative ergreifenund Parlamentarier aller 188 Mitgliedstaaten der Verein-ten Nationen in die IPU aufnehmen. Dort sind bisher lediglich 139 organisiert. Unsere Stimme wäre noch deut-licher zu vernehmen, wenn alle Mitgliedstaaten der Ver-einten Nationen Mitglieder der IPU wären.

Drittens. Die Parlamentarier verabschieden die nationalenHaushalte. Die Missionen der Vereinten Nationen könnennur durchgeführt werden, wenn wir Parlamentarier die

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 29 – Drucksache 14/6751

dazu notwendigen Mittel zur Verfügung stellen. Auch da-raus ergibt sich die berechtigte Forderung nach parlamen-tarischer Mitwirkung bei der Entscheidung über die Ver-wendung der Mittel.

Viertens. Die Parlamentarischen Versammlungen des Eu-roparates und der OSZE haben maßgeblich zur Demokra-tisierung Europas nach dem Ende des Ost-West-Konfliktsbeigetragen. Die neuen Demokratien in Mittel- und Ost-europa konnten nur entstehen, weil die Regime nicht län-ger Demokratie und Menschenrechte verweigern konn-ten. Teil der Zusammenarbeit zwischen der IPU und denVereinten Nationen muss es deshalb sein, gemeinsam dieIdeen von OSZE und Europarat in andere Teile der Weltzu tragen und somit die Voraussetzungen für Stabilität undDemokratie zu schaffen.

Fünftens. Die Parlamente mit demokratischer Traditionsollten den jungen Parlamenten helfen und Experten dorthinschicken, damit auch sie rasch Stabilität und Rechts-staatlichkeit erreichen.

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, zu Beginn desneuen Milleniums dazu beizutragen, die Ziele der Verein-ten Nationen einschließlich ihres neuen Elements einerparlamentarischen Dimension zu unterstützen. – Herzli-chen Dank.

Empfehlung 1476 (2000)1

betr.: die Vereinten Nationen an der Schwelle zu einem neuen Jahrtausend

(Drucksache 8822)

1. Die Versammlung verweist auf ihre Empfehlungen1367 (1998) betreffend die Reform der Vereinten Na-tionen und 1411 (1999) betreffend die Beziehungen zuden Vereinten Nationen, welche das Ziel verfolgen,den Reformprozess der Vereinten Nationen zu fördernund die Zusammenarbeit zwischen den beiden Orga-nisationen zu erweitern.

2. Sie bedauert, dass die Reform des Sicherheitsrates bis-lang gescheitert ist. Sie befürchtet, dass die VereintenNationen nicht in der Lage sein werden, die ihnen zu-kommende Legitimität in Anspruch zu nehmen, ohneden Sicherheitsrat an die heutigen Verhältnisse in derWelt und Herausforderungen anzupassen, einschließ-lich der wirtschaftlichen, sozialen und umweltrele-vanten Dimensionen der Sicherheit, und ohne den Si-cherheitsrat wirksamer und transparenter zu gestalten.

3. Sie unterstützt voll und ganz die von allen Staaten imRahmen der Vereinten Nationen einschließlich auf derMillenniumsversammlung unternommenen Anstren-gungen, um den Sicherheitsrat an die neuen Realitätenund Herausforderungen in der Welt anzupassen, seineFunktionsfähigkeit zu verbessern und die zentraleRolle der Vereinten Nationen bei der Aufrechterhal-

tung des Weltfriedens und der internationalen Sicher-heit sowie bei der Herbeiführung der Rechtsstaatlich-keit in der Welt des 21. Jahrhunderts auf der Grundlageeiner strikten und uneingeschränkten Umsetzung derBestimmungen der Charta der Vereinten Nationendurch die Staaten zu fördern.

4. Sie ermutigt eine weitere Verbesserung bei den Bezie-hungen zur Zivilgesellschaft sowie bei der Gestaltungder Vereinten Nationen zu einer moderneren und fle-xibleren Organisation durch Strukturreformen.

5. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts muss die Rolle derVereinten Nationen im Weltsicherheitssystem klarerdefiniert werden. Seit der Verabschiedung der letztenEmpfehlung der Versammlung haben die Ereignisseim Kosovo, in Osttimor und Afrika eine Debatte überdie weltweite Bedeutung der Rolle der Organisationund insbesondere über das Recht einer regionalen Or-ganisation, militärische Maßnahmen bei einem feh-lenden Mandat des Sicherheitsrates der Vereinten Na-tionen zu ergreifen, hervorgerufen.

6. Die Versammlung unterstützt uneingeschränkt denGeneralsekretär der Vereinten Nationen bei seinenBemühungen, erneute Überlegungen darüber anzu-stellen, wie die Vereinten Nationen auf Krisen reagie-ren sollen und welche Mittel im Falle massiver und systematischer Verletzungen der Menschenrechte mitgravierenden humanitären Folgen angewandt werdensollten. Die Versammlung sieht den schwierigen Ba-lanceakt zwischen rechtlichen, politischen und mora-lischen Faktoren und dem Konflikt zwischen natio-naler Souveränität und den Rechten Einzelner.Grundlage für humanitäre Interventionen sollten dielegitimen und weltweit gültigen von den VereintenNationen festgelegten Grundsätze sein.

7. Die Versammlung unterstützt auch voll und ganz dievom Generalsekretär der Vereinten Nationen ergriffe-nen Initiativen zur Stärkung der Fähigkeiten der Ver-einten Nationen im Hinblick auf die vorbeugende Diplomatie. Sie ermutigt die Vereinten Nationen nach-drücklich, eine Strategie der Konfliktverhütung zuentwickeln.

8. Der Europarat kann einen substanziellen Beitrag zurPrävention von Konflikten leisten. Sein rechtlicherRahmen zum Schutz der Menschenrechte und seineMechanismen zur Überwachung der aus der Mitglied-schaft in der Organisation entstandenen Pflichten undVerpflichtungen sowie seine Aktivitäten im Bereich desAufbaus demokratischer Sicherheit, der vertrauens-bildenden Maßnahmen, des Schutzes von Kindern, dessozialen Zusammenhalts, des Schutzes nationaler Min-derheiten und der Bekämpfung von Rassismus zeigenseinen Sachverstand in diesem Bereich.

9. Der Beschluss des Ministerkomitees, sich um die Auf-nahme eines Tagungsordnungspunktes „Zusammen-arbeit zwischen den Vereinten Nationen und dem Europarat“ auf die Tagungsordnung der Generalver-sammlung der Vereinten Nationen zu bemühen, wirdsehr begrüßt. Eine derartige Debatte könnte es beiden

1 Debatte der Versammlung am 27. September 2000 (28. Sitzung).Siehe Dok. 8822, Bericht des Politischen Ausschusses (Bericht-erstatterin: Frau Severinsen). Von der Versammlung verabschiede-ter Text am 27. September 2000 (28. Sitzung).

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Drucksache 14/6751 – 30 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Organisationen ermöglichen, die Zusammenarbeit zuverbessern und gleichzeitig die zur Verfügung stehen-den Ressourcen besser zu nutzen und Überschneidun-gen zu vermeiden.

10. Unter Bekräftigung ihrer Empfehlung 1367 (1998)vertritt die Versammlung die Ansicht, dass es für denEuroparat wichtig ist, sich umfassend an der Arbeitder Vereinten Nationen nicht nur als ein Beobachter,sondern als eine regionale Organisation im Sinne desKapitels VIII der Charta der Vereinten Nationen zu be-teiligen.

11. Die Versammlung bedauert, dass der normale Arbeits-ablauf der Vereinten Nationen durch den Mangel finanzieller Mittel beeinträchtigt wurde. Sie hält es fürinakzeptabel, dass einige Mitgliedstaaten des Europa-rates ihren finanziellen Verpflichtungen gegenüberden Vereinten Nationen nicht nachgekommen sind.

12. Die Versammlung begrüßt die Erklärung der Konfe-renz der Parlamentspräsidenten, die von der Interpar-lamentarischen Union in Zusammenarbeit mit denVereinten Nationen vom 30. August bis 1. September2000 in New York veranstaltet wurde.

13. Die Versammlung ermutigt die Vereinten Nationen, inenger Zusammenarbeit mit der Interparlamentari-schen Union damit zu beginnen, eine parlamentari-sche Dimension der Organisation mit ähnlichen Kom-petenzen wie die der Parlamentarischen Versammlungdes Europarates zu entwickeln. Ein derartiges Gre-mium könnte dazu beitragen, neue Lösungen zu fin-den, wenn die Politik der Regierungen in eine Sack-gasse geraten ist.

14. Die Versammlung fordert die Parlamente der Mit-gliedstaaten des Europarates auf, alljährlich eine De-batte über die Aktivitäten der Vereinten Nationen ab-zuhalten mit dem Ziel, politische Richtlinien für ihreRegierungen zu erstellen, basierend auf Berichten vonParlamentariern, die sich im Rahmen ihrer nationalenDelegationen an der Generalversammlung der Verein-ten Nationen beteiligen.

15. Die Parlamentarische Versammlung ersucht das Minis-terkomitee, die Regierungen der Mitgliedstaaten desEuroparates und der Beobachterstaaten aufzufordern:

i. ihr Eintreten für die Vereinten Nationen als dielegitime Institution für internationale militäri-sche Interventionen und friedenssichernde Ope-rationen zu bekräftigen;

ii. sicherzustellen, dass die Vereinten Nationen dienotwendigen Ressourcen erhalten, um ihr Man-dat auszuführen;

iii. ihre Beiträge regelmäßig und uneingeschränktund – ggf. ihre Rückstände – zu zahlen, um die or-dentliche Arbeit der Organisation sicherzustellen;

iv. die Vorschläge des Generalsekretärs der Verein-ten Nationen, die Rolle der Vereinten Nationenzu erneuern, wie in seinem Millenniumsberichtdargelegt, zu unterstützen und insbesondere:

a. die Reform des Sicherheitsrates der Verein-ten Nationen zu unterstützen, um diesen effi-zienter in Konfliktfällen und repräsentativerim Hinblick auf die Mitgliedschaft der Ver-einten Nationen zu gestalten;

b. von einer Kultur der Reaktion zu einer Kul-tur der Prävention zu gelangen mit der Ziel-setzung, eine wirkliche Konfliktverhütungs-doktrin zu erarbeiten;

c. die Fähigkeit, Friedenseinsätze auszuführen,zu stärken, um dauerhaften Frieden zu ver-ankern und die Rückkehr von Gewalt zu ver-meiden;

d. sicherzustellen, dass Haushaltseinschnittenicht die Kapazitäten der Organisation be-einträchtigen werden, insbesondere friedens-sichernde Operationen, und dass Einsparun-gen in Wirtschafts- und Sozialprogrammefür die Entwicklungsländer fließen;

v. damit zu beginnen, eine parlamentarische Dimen-sion zur Arbeit der Vereinten Nationen zu ent-wickeln durch:

a. die Aufnahme von Parlamentariern in ihrenationalen Delegationen bei der Generalver-sammlung;

b. die Information ihrer nationalen Parlamenteüber die Aktivitäten der Vereinten Nationendurch jährliche Debatten;

c. die Organisation von Treffen zwischen Par-lamentariern in Zusammenarbeit mit der In-terparlamentarischen Union;

vi. so schnell wie möglich das Römische Statut desInternationalen Strafgerichtshofes zu ratifizierenund der Empfehlung 1408 (1999) der Versamm-lung nachzukommen;

vii. aktiv zur Weiterverfolgung der Millenniumsver-anstaltungen beizutragen.

16. Die Versammlung empfiehlt dem Ministerkomitee,ein Verfahren einzuführen, um regelmäßig in den Ver-einten Nationen erörterte Fragen von gemeinsamemInteresse festzulegen, um diesbezügliche Positionenzu ergreifen und von den Mitgliedstaaten des Europa-rates ergriffene Initiativen koordinieren zu können.

Tagesordnungspunkt

Ansprache des Kanzlers der BundesrepublikDeutschland, Gerhard Schröder

Bundeskanzler Gerhard Schröder: Herr Präsident!Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Gelegen-heit, zum Auftakt der diesjährigen Herbstsitzung der Par-lamentarischen Versammlung des Europarates zu Ihnenzu sprechen, nehme ich aus mehreren Gründen wirklichgern wahr: Erstens haben der Europarat und die europä-ischen Völker in dieser Woche Anlass, ein besonders

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 31 – Drucksache 14/6751

wichtiges Jubiläum zu feiern: den 50. Jahrestag der Ver-abschiedung der Europäischen Menschenrechtskonven-tion durch den Europarat, zweitens, weil es ebenfallsziemlich genau 50 Jahre her ist, dass erstmals deutscheAbgeordnete in die damals noch „Beratende Versamm-lung“ des Europarates einziehen konnten – das war ein be-deutender Schritt, ein Schritt hin auf dem Weg der Deut-schen zurück in die europäische Völkerfamilie –, unddrittens, weil sich gerade in diesen Tagen der Europaraterneut in einer seiner wesentlichen Funktionen zu bewei-sen hat, nämlich für die Einhaltung der Grund- und Men-schenrechte in Europa die moralische, aber auch die poli-tische Instanz zu sein.

Am vergangenen Sonntag hat sich die Bevölkerung Jugoslawiens für einen demokratischen Wandel entschie-den. Das steht außer Zweifel. Ich denke, wir alle haben dieAufgabe, geschlossen darauf zu drängen, dass der zumAusdruck gebrachte Wille des serbischen Volkes akzep-tiert wird und dass es vor allen Dingen zu keinerlei Eska-lationen von irgendwie gearteter Gewalt kommt. Ein demokratisches Jugoslawien, ein Jugoslawien also, indem die Menschenrechte geachtet werden, wird wiederden ihm zustehenden Platz in einem gleichberechtigtenEuropa einnehmen.

Meine Damen und Herren, es ist immer wieder gesagtworden, dass unser Kontinent Europa nicht allein geogra-phisch definiert werden kann. Europa, das war in der Ge-schichte immer ein politisches Projekt – im Guten ebensowie im Bösen. Europa wird von seinen Menschen ge-macht. Deshalb zählt es umso mehr, dass unmittelbar nachdem Zweiten Weltkrieg, nach Völkermord und entsetzli-cher Zerstörung mutige Menschen sich daranmachten, einneues, freies und gerechtes Europa zu bauen.

Mehr als 1 000 Delegierte kamen aus mehr als 20 Ländernim Mai 1948 zu diesem Zweck in Den Haag zusammen.Am Ende stand der Beschluss, in Europa eine wirtschaftli-che und politische Union herbeizuführen, die auf eine ge-meinsame Charta der Grund- und Menschenrechte gebaut werden sollte. Dies war der Anfang des Europaratesund – ich denke, darauf können die Mitglieder stolz sein –eigentlich auch der Anfang der Europäischen Union.

Die Gründer dieser Bewegung waren übrigens keineswegsnur Politiker. Es waren Frauen und Männer, die von denPrinzipien der europäischen Aufklärung, den Idealen vonder Freiheit und der Würde des Menschen sowie von demPrinzip der Vorherrschaft des Rechtes überzeugt und diediesen Prinzipien verpflichtet waren. Auch aus Deutsch-land, dem Land, das so viel Leid und Vernichtung überseine Nachbarn und über sich selbst gebracht hatte, hattensich viele, vor allem junge Menschen dieser „Europarats-Bewegung“ angeschlossen. Für die junge BundesrepublikDeutschland war der 1949 gegründete Europarat die besteGelegenheit, zu beweisen, dass sie es ernst meinte mit De-mokratie, mit Rechtsstaatlichkeit und auch mit dem Res-pekt vor anderen Kulturen und anderen Menschen.

Der Europarat war die erste internationale politische Or-ganisation, der die Bundesrepublik Deutschland beitretendurfte. Mit dieser Möglichkeit wurden aus früheren Geg-

nern Partner. Weitere Etappen im europäischen Eini-gungswerk folgten, bis hin zu einer politischen Wirt-schafts-, Sozial- und Währungsunion – alles Ereignisse,von denen die Gründer des Europarates allenfalls ge-träumt haben können.

Der Europarat bleibt damit Symbol für den geglücktenAnfang der heute so selbstverständlich wirkenden Ein-bettung Deutschlands in ein zusammenwachsendes Eu-ropa. Ich will gerade hier sehr deutlich sagen: Deutsch-land und die Deutschen sind dem Europarat zu Dankverpflichtet und sind sich dieser Verpflichtung bewusst.

Meine Damen und Herren, spätestens seit der Zeitenwende1989/90 hat der Europarat eine wirklich paneuropäischeBedeutung erlangt. In diesem Gremium entsteht in einigenwichtigen Bereichen das neue Gesicht des ganzen Euro-pas. Wie in den Jahrzehnten zuvor leistet der Europarat er-neut Unterstützung beim Aufbau demokratischer undrechtsstaatlicher Strukturen auf unserem Kontinent.

Seit dem Fall der Berliner Mauer hat Ihre Organisation 16 Reformstaaten aus Mittel- und Osteuropa aufgenom-men. Zwei weitere Kandidaten sollen in Kürze Mitgliederwerden. Die 1990 vollzogene Öffnung des Europaratesnach Mittel- und Osteuropa kann in ihrer politischen, aberauch in ihrer praktischen Bedeutung nicht hoch genugeingeschätzt werden. Sie ist nämlich Ausdruck praktizier-ter Solidarität beim Aufbau eines auf eine gemeinsameWerteordnung gestützten ganzen Europas. Der Europaratverwirklicht Stück für Stück die Vision eines Europasohne jegliche Trennungslinien.

Die Mitgliedschaft im Europarat ist zugleich die Ein-führung in eine Wertegemeinschaft, in deren Mittelpunktder Schutz von unveräußerlichen Rechten steht. Europaist auf diesem Fundament politischer, sozialer und wirt-schaftlicher Rechte, kurz: des umfassenden Katalogs derBürger- und Menschenrechte, gebaut. Das darf niemalsinfrage gestellt werden. Die Überwachung und der Schutzdieser Rechte sind spezifische Beiträge des Europaratesbei der Gestaltung unseres Kontinents.

Diese gemeinsamen Werte bilden den verlässlichen Rah-men einer intensiven Zusammenarbeit zwischen allen eu-ropäischen Staaten. Die umfassende Integration der neuenMitglieder aus Mittel- und Osteuropa im Europarat ist da-her ein wichtiger Beitrag beim wirtschaftlichen und poli-tischen Zusammenwachsen des gesamten Kontinents.

Dieses Gütezeichen des Europarates bleibt eine Voraus-setzung, um am europäischen politischen Einigungspro-zess im Rahmen der Europäischen Union teilzunehmen.Der Europarat leistet dabei auch einen wichtigen Beitragzur Harmonisierung und zur Schaffung eines gemeinsa-men Rechtsverständnisses.

Bereits mehr als 170 Konventionen sind verabschiedet.Dabei wird – von der kulturellen Zusammenarbeit bis zurBiomedizin – eine Vielzahl von gesellschaftlichen Fragengeregelt: stets im Geiste der Durchsetzung der Grund-rechte gegen jegliche Willkür.

Lassen Sie mich feststellen, dass der Europarat in den ver-gangenen mehr als 50 Jahren die große, wenn auch nicht

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Drucksache 14/6751 – 32 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

immer schlagzeilenträchtige Leistung vollbracht hat, einen rechtlichen Rahmen zu schaffen, innerhalb dessenpolitisch aufgeklärte, tolerante und friedliebende zivileGesellschaften sich in Europa entwickeln können.

Meine Damen und Herren, der Schutz der Menschen-rechte in Europa ist unser gemeinsames vorrangiges An-liegen. Die Europäische Menschenrechtskonvention isthierbei unser gemeinsamer Wegweiser. Sie und der aus ihrerwachsene Europäische Gerichtshof für Menschenrechtesind bedeutsame Instrumente zum Schutz der Menschen-rechte von inzwischen nahezu 800 Millionen Menschenin den 41 Mitgliedstaaten des Europarates. Die Achtungder Menschenrechte ist eine dauerhafte Aufgabe und wirdes bleiben.

Auseinandersetzungen zwischen Staaten, zunehmendaber auch innerstaatliche Konflikte, haben uns in den ver-gangenen zehn Jahren immer wieder in ungeschminkterKlarheit vor Augen geführt, dass das Ende des KaltenKrieges nicht gleichbedeutend war mit dem Ende allerKonflikte. Aus dieser Erkenntnis hat Europa bedeutendeund wichtige Schlüsse gezogen. Es hat sich in den letztenJahren zusehends besser organisiert. Es hat versucht, ge-meinsame Antworten auf die Herausforderungen zu fin-den und sein Handeln auf eine gemeinsame Plattform zustellen.

Wir sind allerdings aufgefordert, in drei wesentlichenPunkten unsere gemeinsamen Anstrengungen fortzuset-zen.

Erstens. Wir müssen noch intensiver als bislang dem eu-ropäischen Rechtsraum Geltung verschaffen und unsdafür einsetzen, dass die europäische Wertegemeinschaftauch mit den damit verbundenen Pflichten respektiertwird. In diesem Bereich nimmt der Europarat eine Vorrei-terrolle ein.

Mehr als alle anderen europäischen Organisationen hat ersich in den vergangenen Jahren ein effizientes Instrumen-tarium geschaffen, das die Überprüfung der Einhaltungmitgliedschaftlicher Verpflichtungen sicherstellt. So kön-nen potenzielle Missstände in einem Frühstadium erkanntund als Folge dessen bekämpft werden. In diesem Zu-sammenhang kommt dem Monitoring-Verfahren der Par-lamentarischen Versammlung und des Ministerkomiteeseine sehr wichtige Rolle zu. Andere wichtige Instrumentewie der so genannte Antifolterausschuss, die europäischeKommission gegen Rassismus und Intoleranz und der imvergangenen Jahr erstmals ernannte Menschenrechts-kommissar des Europarates sind ebenfalls zentrale, auchvorbeugende Instrumente des Europarates.

Es wäre zweifelsohne sehr nützlich, eine breitere Öffent-lichkeit in den Europaratsländern über die positive Wir-kung dieser Institutionen umfassend zu informieren. ZumBeispiel könnten künftig die Ergebnisse des Monitoring-Verfahrens des Ministerkomitees veröffentlicht werden.

Zweitens. Ein Europa der Menschen und der Menschen-rechte, wie es der Europarat von Beginn an auf seine Fah-nen geschrieben hatte, ist unvereinbar mit Rassismus, An-tisemitismus und Fremdenfeindlichkeit. Die Geschichte

des vergangenen Jahrhunderts hat gezeigt, dass wir Eu-ropäer diesen mörderischen Tendenzen frühzeitig undentschlossen begegnen müssen.

Dass Rassismus nicht überwunden ist, dass es Menschengibt, die aus dieser blutigen Geschichte nicht lernen wol-len, das müssen wir auf europäischen und leider nicht zu-letzt – ich will das offen sagen – auf deutschen Straßenauch heute noch beobachten.

Die Bundesregierung hat dazu – das möchte ich Ihnenversichern – eine feste und unumstößliche Haltung: Einetolerante Gesellschaft kann und wird Intoleranz und ras-sistische Gewalt unter keinen Umständen dulden. In derAuseinandersetzung mit dem Rechtsradikalismus setztDeutschland auf die Verteidigung des Rechtsstaates undauf die Verteidigung des Gewaltmonopols des Rechts-staates, auf den Schutz von Verfolgten und Minderheiten,aber eben auch auf den Dialog mit allen, die sich aus-gegrenzt fühlen und die noch zum Dialog bereit sind. Allerdings, meine Damen und Herren: Staatliche Tätig-keit ist wichtig und notwendig, aber wir müssen vor allemauf eines setzen, auf die Widerstandsfähigkeit einer de-mokratischen Zivilgesellschaft.

In diesem Bestreben fühlen wir uns – nicht nur die Bun-desregierung, sondern das demokratische Deutschlandinsgesamt – von den Aktivitäten des Europarates wirklichsehr gut unterstützt. Das Arbeitsprogramm des Europa-rates „gegen Rassismus und Intoleranz“ ist wirklich vor-bildlich zu nennen. Ich will auf die Einzelheiten, weil eshier bekannt ist, nicht eingehen. Aber das Best-Examples-Programm des Europarates möchte ich doch hervorheben.Diese Initiative, mit der europaweit nachahmenswerteAktionen und Aktivitäten von Regierungen, aber auchund vor allem von Mitbürgerinnen und Mitbürgern veröf-fentlicht und ausgezeichnet werden, ist nach meiner An-sicht ein gutes Beispiel für den Weg, den wir alle zu gehen haben. Diese „Best Examples“ zeigen uns: Wider-stand gegen Rassismus und gegen Intoleranz ist nicht nurnötig, sondern er ist auch möglich, und zwar von allenMenschen, die wollen.

Drittens. Es liegt im Interesse Europas, dass der Europa-rat künftig mehr als bisher von den Bürgerinnen und Bür-gern der Mitgliedstaaten wahrgenommen wird. Europadarf eben nicht als Konstrukt von Technokraten verstan-den werden. Es sind die Menschen, die dem europäischenGedanken seine Seele verleihen. Eine solche Identifika-tion der Menschen mit der europäischen Idee ist aber nurmöglich, wenn dieses große Europa, für das der Europa-rat steht, die kulturelle Vielfalt und die Identität der Völ-ker achtet, die unter seinem Dach vereinigt sind.

Von ganz zentraler Bedeutung ist hierbei – Sie, meine sehrverehrten Damen und Herren, wissen es – die Rolle derSprache. Daher würde ich es besonders begrüßen, wennDeutsch – die neben Russisch innerhalb des Europarat-Gebietes am meisten gesprochene Muttersprache – eingrößeres Gewicht im Europarat erhielte.

Meine Damen und Herren, das Aufgabenfeld des Europa-rates ist auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts weit

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 33 – Drucksache 14/6751

gefächert und im Übrigen sehr anspruchsvoll. Anlässlichseiner ersten Rede vor der Parlamentarischen Versamm-lung bemerkte Carlo Schmid am 1. August 1950 – ich zitiere ihn –:

„Man erwartet von uns die lebendigste Beteiligung an denBemühungen der demokratischen Europäer, die ein Eu-ropa der Freiheit und der Gerechtigkeit zu schaffen im Be-griffe sind, in dessen Mitte sich Ungerechtigkeiten undUnstimmigkeiten im Geiste des Friedens und der freiheit-lichen Menschenrechte werden lösen lassen.“

Nach der erfolgreichen Einbindung fast aller europä-ischen Staaten symbolisiert der Europarat bereits heuteden Schulterschluss der Völker auf unserem Kontinent. Ersollte deshalb sein ganzes Potenzial für die bevorstehen-den wichtigen Reformen einsetzen und seine eigenstän-dige und komplementäre Rolle im Prozess der weiter ge-fassten europäischen Integration unterstreichen.

Zur Schaffung einer modernen europäischen Gesellschaftbrauchen wir auch die Beiträge des Europarates. DemKampf gegen Korruption und Geldwäsche, gegen Rassis-mus und Fremdenfeindlichkeit sowie der Förderung dersozialen Rechte kommt gerade in der Epoche der Globa-lisierung unserer Welt eine ganz entscheidende Bedeu-tung zu. Hinzu kommen Fragen, mit denen sich der Euro-parat in jüngster Zeit befasst hat: zum Beispiel Bioethikund Internetkriminalität. Diese Zukunftsthemen muss derEuroparat mit Nachdruck aufgreifen und weiter verfol-gen. Hier hat er eine entscheidende Rolle bei der Zu-kunftssicherung auch des Wirtschaftsstandortes Europa.Um die Entwicklung unseres Kontinents in zentralen Be-reichen zu begleiten, brauchen wir mehr denn je den Sach-verstand und das Engagement des Europarates.

Meine Damen und Herren, der Europarat vereint einegroße Erfahrung im Bereich der zwischenstaatlichen Ko-operation mit seinem Charakter als „Ideenhaber“, wieRobert Schuman den Europarat einmal bezeichnet hat.Deshalb bleibt er als ein wesentlicher Baustein in der Ar-chitektur Europas unerlässlich, und deshalb bin ich zu-versichtlich, dass der Europarat auch im 21. Jahrhundertseinen unersetzlichen Beitrag zum beharrlichen Aufbau-werk in Europa leisten wird.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Schriftliche Frage des Abg. Wolfgang Behrendt (SPD):Die 170 Übereinkommen, die die Mitgliedstaaten des Eu-roparates geschlossen haben, ersetzen ca. 100 000 bilate-rale Verträge. Die Europäische Union pflegt bis dato mitStaaten, die ihr nicht angehören, aber Mitglieder im Euro-parat sind, bilaterale Beziehungen. In Anbetracht der Tat-sache, dass die Debatte um ein Kerneuropa und ein Europader zwei Geschwindigkeiten in den vergangenen Monateneine neue Dynamik und Qualität erlangt hat, frage ich Sie:

Wie beurteilen Sie die Möglichkeit einer stärkeren Ver-zahnung von Europarat und Europäischer Union, durchdie die Europäische Union sich in wachsendem Maße desEuroparates als Forum für die Beziehungen zu den Nicht-mitgliedstaaten der EU bedienen könnte? Könnte diesestärkere Verzahnung in Ihren Augen zu einer Verknüpfung

beider Institutionen rühren, die der Bedeutung des Euro-parates in stärkerem Maße gerecht würde und in derenFolge der Europarat nicht mehr nur als Wartesaal für EU-Aspiranten betrachtet würde?

Schriftliche Antwort des Bundeskanzlers: Wir halten esfür wichtig, die bestehenden komparativen Vorteile dereinzelnen europäischen Institutionen besser zu nutzen.

Wie ich in meiner Rede zu erklären versuchte, hat der Eu-roparat einen außergewöhnlichen Beitrag zu dem rechts-verbindlichen gesamteuropäischen Vereinigungsprozess,basierend auf gemeinsamen Werten, geleistet und mussdies auch in Zukunft tun.

Die deutsche Regierung begrüßt daher die zunehmend in-tensivere Zusammenarbeit zwischen der EuropäischenKommission und dem Europarat, die sich in verschiede-nen gemeinsamen Programmen zur Stabilisierung undFörderung der Demokratie widerspiegelt.

Tagesordnungspunkt

Die OECD und die Weltwirtschaft(Drucksache 8804)

Berichterstatter: Abg. Károly Lotz (Ungarn)

Ansprache des Generalsekretärs der OECD,Donald Johnston

Abg. Wolfgang Behrendt (SPD): Merci, Madame la pre-sidente. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchtezunächst, auch im Namen meiner Fraktion, Herrn Gene-ralsekretär Johnston sehr herzlich für die ausführlichenDarlegungen zur Arbeit der OECD danken. Ich denke, esist eine außerordentlich gute Übung, die wir seit einigerZeit haben, dass wir diesen Dialog hier mit dem General-sekretär und in Anwesenheit unserer geschätzten Kolle-ginnen und Kollegen aus den überseeischen Ländern, dieuns verbunden sind, führen.

Ich muss mich angesichts der knappen Zeit auf wenigeAspekte beschränken. Die OECD hat sich in den vergan-genen Jahren erfolgreich für den Abbau von Handelshin-dernissen, für mehr Wettbewerb, Deregulierung und Li-beralisierung in unseren Volkswirtschaften eingesetzt,wie auch Herr Generalsekretär Johnston ausgeführt hat.Wir haben jetzt den Zeitpunkt erreicht, zu dem wir in derOECD verstärkt darüber nachdenken müssen, in welchenBereichen wir neue Regulierungen benötigen, um dieAuswüchse der Deregulierung zu bekämpfen.

Es muss auch darum gehen, unsere ethischen Standards,unsere grundlegenden europäischen Werte im Zeitalterder Globalisierung zu verteidigen und auf die neuen Ge-gebenheiten hin anzuwenden.

In über 150 intergouvernementalen Arbeitsgruppen be-fasst sich die OECD mit allen Fragen der Wirtschaftspo-litik und den weltwirtschaftlichen Veränderungen. Es istjetzt nicht möglich, auf alle Aspekte einzugehen, obwohldas sehr sinnvoll wäre.

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Drucksache 14/6751 – 34 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Für die sozialistische Fraktion möchte ich ausdrücklichdas außerordentliche Interesse unterstreichen, das wir denBerichten über die nachhaltige Entwicklung, gerade imHinblick auf die Verpflichtungen des Kioto-Protokolls,beimessen. Die gleiche Feststellung gilt auch für die Ak-tivitäten im Hinblick auf die Stärkung des sozialen Zu-sammenhalts in unseren Gesellschaften und der Rolle, dieder Bildung gerade im Zeitalter der Informationsgesell-schaft zukommt.

Lassen Sie mich nun auf einige Bereiche eingehen, die imvergangenen Jahr an Bedeutung gewonnen haben.

Die OECD hat mit ihrer Anti-Korruptions- und -Geldwä-schekonvention, die im Februar 1999 in Kraft getreten ist,neue Maßstäbe gesetzt und ein eigenes Monitoring-Ver-fahren eingerichtet. Mittlerweile liegen Berichte über dierechtliche Umsetzung der in dieser Konvention enthalte-nen Verpflichtungen vor. Ich wäre Ihnen, Herr Generalse-kretär Johnston, dankbar, wenn Sie uns mitteilen könnten,ob dabei Schwachpunkte aufgetreten sind.

Dass der Verhaltenskodex für multinationale Unterneh-men während des letzten Ministertreffens in Paris ange-nommen wurde, betrachte ich als einen bedeutsamen Meilenstein. Ich möchte das Ministerkomitee hierzu be-glückwünschen.

Lassen Sie mich kurz auf ein neues Aktionsfeld eingehen,das mir besonders am Herzen liegt: den Kampf gegen un-faire Praktiken im Steuerwettbewerb. Es besteht eineenge Beziehung zwischen Korruption und Steuerflucht,zwischen Steuerhinterziehung und Bestechlichkeit, zwi-schen Geldwäsche und anonymen Bankkonten. Ich kannes daher nur begrüßen, dass die 29 OECD-Mitgliedstaa-ten während ihres Treffens Ende Juni in Paris gegen un-faire Praktiken im internationalen Steuerwettbewerb mo-bil gemacht haben. Erstmals wurden konkrete Zieldatenfür ein weiteres Handeln genannt, nämlich die Andro-hung von Sanktionen gegen unlautere Steuervergünsti-gung in Steueroasen seitens der OECD-Staaten ab Julikommenden Jahres. Erstmals hat die OECD 35 „Ho-heitsgebiete“ – das sind souveräne Staaten, aber auchteilsouveräne Einheiten mit eigenem Steuerrecht – kon-kret als Steueroasen, als sichere Häfen für Fluchtkapital,benannt.

An dem hochrangigen Treffen Ende Juni waren erstmalsauch zahlreiche Delegationen aus Drittstaaten vertreten.Vielleicht könnten Sie, Herr Generalsekretär Johnston,uns hierzu ebenfalls mitteilen, wie weit die entsprechen-den Überlegungen der OECD in diesem Bereich gediehensind.

Ein chinesisches Sprichwort sagt: „Die einen guten Han-del treiben, streiten sich nicht um die Steuern.“ Das giltheute mehr denn je. Wir haben große Fortschritte bei derAbschaffung unfairer Praktiken im Handel gemacht. Jetztliegt die nächste wichtige Etappe meiner Ansicht nach mitder Bekämpfung des Steuerdumpings vor uns. Ich wün-sche der OECD, dass sie auch in diesem Bereich erfolg-reich tätig sein wird. – Vielen Dank.

Entschl ießung 1224 (2000)1

betr.: die OECD und die Weltwirtschaft(Drucksache 8804)

1. Die Erweiterte Parlamentarische Versammlung, diesich aus Delegationen der Mitgliedstaaten der OECDund des Europarates zusammensetzt, hat die jüngstenAktivitäten der OECD in Bezug auf die Weltwirtschaftim Lichte des Berichts des Ausschusses für Wirtschaftund Entwicklung der Versammlung und der Beiträgeverschiedener anderer Ausschüsse der ErweitertenVersammlung geprüft. Die Erweiterte Versammlungbekräftigt in diesem Zusammenhang ihren früherenWunsch, dass sie eine schriftliche Antwort der OECDauf diese Entschließung begrüßen würde.

2. Die Erweiterte Versammlung stellt befriedigt dieguten Aussichten für die Weltwirtschaft unter Ein-schluss des OECD-Gebiets fest, für welches im Jahre2000 ein Wachstum von 4 % und 2001 von 3 % erwar-tet wird. Sie begrüßt außerdem das erneute Wachstumdes Welthandels, der nach einem langsameren Anstiegum 5,7 % 1999 im Jahr 2000 um über 10 % und 2001um mehr als 8 % zunehmen soll, was auf eine ver-stärkte internationale Wirtschaftsintegration und dieBeibehaltung des von der WTO (Welthandelsorgani-sation) geförderten offenen Handels hindeutet.

3. Eine zusätzliche willkommene Entwicklung ist derweitere Rückgang der Arbeitslosigkeit im OECD-Raum – von 6,6 % 1999 auf hochgerechnete 6,3 % imJahr 2000 und 6,1 % 2001. Dennoch wird die Inflationin Schach gehalten – bei einem Anstieg von 2,5 %1999 auf vorhergesagte 2,8 % im Jahr 2000 und 2,5 %2001 –, es sei denn, die steigenden Ölpreise heizen dieInflation an. In dieser Lage müssen die Mitgliedslän-der der OECD jede Überhitzung ihrer Volkswirtschaf-ten vermeiden, indem sie die Zinssätze auf dem erfor-derlichen Niveau halten und in allen BereichenStrukturreformen anstreben.

4. Die Erweiterte Versammlung bringt in diesem Zusam-menhang ihre Unterstützung für das Projekt derOECD zum Ausdruck, in den Mitgliedstaaten eine Re-gulierungsreform zu fördern, insbesondere durch Län-derstudien, die anderen zur Nachahmung empfohleneErfolge beschreiben. Sie bittet die Organisation, dasProjekt möglicherweise auf alle ihre Mitglieder aus-zudehnen und unterstreicht nicht nur das reibungs-losere Funktionieren der Märkte, sondern auch allge-meinere Anliegen wie soziale Gerechtigkeit,öffentliche Gesundheit, Sicherheit und Umweltschutz.Sie begrüßt außerdem die umfassenden Arbeitsmarkt-und Produktreformen mehrerer OECD-Mitgliedstaa-ten entsprechend den Empfehlungen der OECD-Be-schäftigungsstrategie.

1 Debatte der Erweiterten Versammlung am 27. September 2000 (29. Sitzung). Siehe Dok. 8804, Bericht des Ausschusses für Wirt-schaft und Entwicklung (Berichterstatter: Herr Lotz) und Dok.8842, Beitrag des Ausschusses für Kultur und Bildung (Bericht-erstatter: Herr McNamara). Von der Erweiterten Versammlung am 27. September 2000 (29. Sitzung) verabschiedeter Text.

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 35 – Drucksache 14/6751

5. Die Erweiterte Versammlung ist besorgt über die so-zialen Auswirkungen der Globalisierung und vertrittdie Auffassung, dass es heute von entscheidender Be-deutung wäre, die Mechanismen der wirtschaftlichenLiberalisierung sorgfältig zu prüfen und eine umfas-sende Beurteilung der sozialen Auswirkungen derGlobalisierung in ihrer derzeitigen Form vorzuneh-men. Es wäre ratsam, neue gemeinsame Regeln fest-zulegen und die Koordinierung der Strategien der in-ternationalen Handels- und Finanzinstitutionen zuverbessern, damit die wirtschaftlichen und sozialenInstitutionen in den von der Armut am schlimmstenbetroffenen Staaten nicht weiter geschwächt werden.

6. Die Erweiterte Versammlung stellt mit Besorgnis diein jüngster Zeit zu beobachtende Schwächung des Euros gegenüber dem Dollar und anderen Währungenfest. Diese Tendenz weist auf die Notwendigkeit hin,unter den EWU-Teilnehmerstaaten und anderen Staa-ten im Hinblick auf die Beibehaltung der Haushalts-und Fiskaldisziplin ein besser koordiniertes Wirt-schaftsmanagement und eine besser koordinierteWirtschaftspolitik zu betreiben. Die Erweiterte Ver-sammlung begrüßt in diesem Zusammenhang das aufdem G-7-Treffen im September 2000 in Prag ge-machte Versprechen zugunsten geordneter Wechsel-kurse zwischen den wichtigsten Währungen.

7. Auch wenn die Wirtschaft der USA im neunten Jahr inFolge ein hohes Wachstum erzielt – für das Jahr 2000sind 4,9 % prognostiziert worden, und 2001 wird nureine leichte Verlangsamung auf 3 % erwartet –, sindandere Industriestaaten, insbesondere Europa und Japan, aufgefordert, die Rolle der Zugmaschinen fürdie Weltwirtschaft zu übernehmen. Die ErweiterteVersammlung begrüßt in diesem Zusammenhang diejüngsten Anzeichen einer wirtschaftlichen Erholungin Japan, wo sich hoffentlich, getragen von der größe-ren Inlandsnachfrage, die angemessenen währungs-und steuerpolitischen Strukturreformen fortsetzenwerden und die Volkswirtschaft sich noch weiter fürden Außenhandel und ausländische Investitionen öff-nen wird.

8. Die Erweiterte Versammlung nimmt mit Genugtuungdas kräftige Wachstum von rund 5 % in mehreren jün-geren OECD-Mitgliedstaaten, darunter Ungarn, Polenund Mexiko, sowie die spektakuläre Erholung Koreaszur Kenntnis, wo für das Jahr 2000 ein Wachstum von8,5 % und für 2001 von 6 % vorhergesagt wird. DieErweiterte Versammlung glaubt, dass die neuen Zen-tren der Dynamik aus ihrer OECD-Mitgliedschaft be-trächtliche Vorteile ziehen, zu einer stärker multipolargeprägten Weltwirtschaft beitragen und ihren Nach-barländern als Vorbild dienen können.

9. Die Erweiterte Versammlung begrüßt den bevorste-henden Beitritt der Slowakei als 30. Mitgliedstaat derOECD. Ebenso erkennt sie die wirtschaftlichen Fort-schritte anderer die Mitgliedschaft in der OECD an-strebenden Staaten an – vor allem in den baltischenStaaten Estland, Lettland und Litauen – und hofft, dass

auch diese Staaten in absehbarer Zeit aufgenommenwerden können.

10. Die Erweiterte Versammlung nimmt befriedigt die re-lative, wenn auch noch anfällige wirtschaftliche Erho-lung in Russland seit der Finanzkrise von 1998 zurKenntnis und bittet die OECD, ihre Hilfe für diesesLand zu verstärken, insbesondere auf seinem weiterenWeg in Richtung auf eine umfassende Demokratie, derReform seines Steuersystems, dem Konkursrecht,dem Bankensystem, seiner Bekämpfung von Wirt-schaftskriminalität und Korruption. Sie ist besorgtüber seinen langsamen Übergang von einer weitge-hend rohstoffabhängigen Volkswirtschaft zu einerstärker auf hoch entwickelte Produkte und Dienstleis-tungen ausgerichteten Wirtschaft.

11. In den neuen Informations- und Kommunikationstech-nologien (IKT), die oft als „New Economy“ bezeich-net werden, wird zunehmend eine der Hauptursachendes anhaltenden bemerkenswerten Wachstums in denVereinigten Staaten und vielen anderen Ländern gese-hen, gerade auch wegen der höheren Markttranspa-renz, Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität auf die-sem Sektor. Die OECD-Staaten sollten alle ihreMöglichkeiten ausschöpfen, um die Entwicklung die-ser Branchen im Inland wie auch im Rahmen der in-ternationalen Zusammenarbeit zu erleichtern. Die po-litischen Maßnahmen müssen über den eigentlichenIKT-Sektor hinausreichen und auch die Neuorganisa-tion ganzer Branchen und Märkte und ihre Öffnung fürden Wettbewerb, höhere Investitionen in das Human-kapital auf dem Wege über das Bildungswesen und denArbeitsmarkt, die Förderung des unternehmerischenDenkens, Forschung und die schnelle Ausbreitung vonInnovationen durch internationale Zusammenarbeiteinschließen. Sowohl die OECD als auch die Erwei-terte Versammlung des Europarates sollten sich einge-hender mit der bestehenden Kluft bei der wirtschaftli-chen Wettbewerbsfähigkeit zwischen verschiedenenStaaten und Regionen befassen. Die Schaffung günsti-gerer Voraussetzung für die Entwicklung der „NewEconomy“ auf nationaler Ebene ist eine Aufgabe fürPolitiker und für Wirtschaftswissenschaftler. Nur derpolitische Wille und der Konsens hinsichtlich derschwer wiegenden Wirtschaftsprobleme in unsererWelt werden Ansätze, aus denen Gewalt entstehenkann, verringern. Sobald Gewalt auftritt, endet derDialog.

12. Die Erweiterte Versammlung fordert die OECD auf,nach Möglichkeit in Zusammenarbeit mit dem Aus-schuss für Wirtschaft und Entwicklung der Erweiter-ten Versammlung und anderen interessierten Aus-schüssen, eine besondere Studie über das Wesen unddie Auswirkungen der „New Economy“ der IKT-Branche auf die Gesamtwirtschaft, einzelne Märkteund die Gesellschaft, darunter auch den sozialen, kul-turellen und Bildungsbereich und in Bezug auf dieEinkommensverteilung und technologische Fort-schritte im In- und Ausland, auszuarbeiten.

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Drucksache 14/6751 – 36 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

13. Die OECD ist für ihren bedeutenden Beitrag zum Sta-bilitätspakt für Südosteuropa zu loben, gerade auch im Hinblick auf ihren so genannten Investment Com-pact (Investitionsvereinbarung) zur Verbesserung desInvestitionsklimas in der Region und ihre in Zusam-menarbeit mit dem Europarat ergriffene Antikorrup-tionsinitiative. In dem gegenwärtigen kritischen Sta-dium des Erholungsprozesses der Region kommt esdarauf an, dass die Geberländer ihr langfristiges Enga-gement im Rahmen des Pakts aufrechterhalten und dieEmpfängerländer wirklich zusammenarbeiten. Ebensodringend ist es, für die baldige Räumung der Hinder-nisse in der Donau und die Reparatur von Brücken undanderen Infrastruktureinrichtungen in der Region nachdem Kosovo-Konflikt zu sorgen und eine Teilnahmeder Bundesrepublik Jugoslawien an dem Pakt mit einerEntwicklung dieses Landes hin zur Demokratie zu ver-einbaren.

14. Der Beitrag der OECD zum WTO-Prozess ist nachdem Scheitern des WTO-Gipfels von Seattle im De-zember 1999 von besonderer Bedeutung, vor allemdurch die Förderung der wirtschaftlichen Leistungsfä-higkeit ihrer Mitglieder und die Öffnung ihrer Märktesowie durch das Zustandebringen eines Konsenseszwischen den Mitgliedstaaten über die anschließendin der WTO anzusprechenden Verhandlungspunkte.Die Erweiterte Versammlung begrüßt die Aussicht aufeinen frühzeitigen Beitritt Chinas zur WTO nach einervorläufigen Vereinbarung zwischen den VereinigtenStaaten und der Europäischen Union. Schließlich be-grüßt sie die Bereitschaft des WTO-Generaldirektorszu einer engeren Einbeziehung der Parlamente in denWTO-Prozess – z. B. über ein „Ständiges Organ“ vonParlamentsvertretern – und regt hierzu die Schaffungeiner erweiterten Versammlung nach dem Muster derfür „die OECD und die Weltwirtschaft“ an.

15. Eine wachsende Zahl von Staaten führt umfangreicheSteuerreformen durch, insbesondere durch die Ein-führung neuer Umweltsteuern bei gleichzeitiger Sen-kung bestehender Steuern. Die Erweiterte Versamm-lung bringt ihren Wunsch zum Ausdruck, eine engereVerknüpfung zwischen Steuer- und Umweltpolitik zufördern.

16. Die Erweiterte Versammlung teilt die Ansicht derOECD, dass die in den Multilateralen Umweltüberein-kommen (MEAs) vorgesehenen Handelsregeln grund-legender Bedeutung für die Durchführung umweltver-träglicher Projekte sind. Daher fordert sie alle ihreMitgliedstaaten nachdrücklich auf, die in den MEAssowie in dem Baseler-Übereinkommen über die Kon-trolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährli-cher Abfälle enthaltenen Maßnahmen strikt zu befol-gen, um ungesetzliche Handelspraktiken, die dasmultilaterale Handelssystem beeinträchtigen könnten,zu vermeiden.

17. Die Erweiterte Versammlung fordert die OECD auf,die Position des Europarates und der EuropäischenUnion bezüglich der WTO-Verhandlungen zur Erhal-

tung der Vielfalt bei den kulturellen und audiovisuel-len Diensten in der bevorstehenden Liberalisierungs-runde der verschiedenen Dienstleistungssektoren zuunterstützen. Sie fordert die OECD ebenfalls auf, denVorschlag des Europarates über eine InternationaleCharta der kulturellen Vielfalt zu unterstützen undeine aktive Rolle beim internationalen Dialog über dieVorbereitung dieses grundlegenden Instrumentes zuübernehmen.

18. Die Erweiterte Versammlung bittet die OECD, ihreArbeiten über die Auswirkungen genetisch veränder-ter Nahrungsmittel auf die öffentliche Gesundheit, dieUmwelt sowie den sozialen und den wirtschaftlichenBereich zu verstärken. Solche Nahrungsmittel könn-ten zwar zu höheren Erträgen führen und dazu beitra-gen, die Verwendung von Pestiziden und anderen Einsatzstoffen zu senken, aber auch zurzeit noch un-bekannte Gefährdungen für Mensch und Natur mitsich bringen. Darum ist große Umsicht nötig. Es müssen unbedingt Lösungen wie eine sachgerechteKennzeichnung und eine Ursprungsangabe gefundenwerden. Die OECD sollte weiterhin eine wirksameRolle beim internationalen politischen Dialog überNahrungsmittelsicherheit spielen und alle Beteiligten,einschließlich der NGOs der entwickelten und derEntwicklungsländer, miteinbeziehen.

19. Abschließend begrüßt die Erweiterte Versammlungdas Inkrafttreten des OECD-Übereinkommens überdie Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amts-träger, das bisher 23 Mitgliedstaaten der OECD unddes Europarates ratifiziert haben. Sie ruft alle übrigenStaaten auf, dem möglichst bald zu folgen und bittetdie OECD, das Übereinkommen auf die Privatwirt-schaft auszudehnen oder zu diesem Zweck ein weite-res Übereinkommen auszuarbeiten.

20. Die Erweiterte Parlamentarische Versammlung be-grüßt den in dem Bericht über nachteilige Steuerprak-tiken vertretenen Ansatz sowie die Ergebnisse diesesBerichtes, welche vom Ministerrat der OECD am 27. Juni 2000 zur Kenntnis genommen wurden. Sie er-wartet, dass der OECD-Ministerrat die Tätigkeiten derMitgliedstaaten begleiten und fördern wird, bis die 47 Fälle der steuerlichen Vorzugsbehandlung, die alspotenziell schädlich bezeichnet wurden, von derOECD bis zum April 2003 abgebaut sein werden. InBezug auf Steueroasen fordert die Erweiterte Parla-mentarische Versammlung die OECD auf, die Zusam-menarbeit mit Drittstaaten zu verstärken in Verbindungmit dem Abbau jener Praktiken, die nicht die grund-legenden internationalen Normen hinsichtlich Trans-parenz, Bankgeheimnis und justizielle Zusammenar-beit erfüllen. Drittstaaten, die zur Zusammenarbeitbereit sind, sollten umfangreiche Unterstützung durchdie OECD erhalten hinsichtlich der Verabschiedungdieser internationalen Normen; auf alternative Ent-wicklungswege, welche zu einem nachhaltigen Wirt-schaftswachstum führen, sollte in Zusammenarbeit mitinternationalen Entwicklungshilfeorganisationen hin-gewiesen werden. Staaten, die keine Bereitschaft

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 37 – Drucksache 14/6751

bekunden, sich an irgendeiner Zusammenarbeit, ba-sierend auf ernsthaften Bemühungen, zu beteiligen,sollten mit den angemessenen und entsprechendenDefensivmaßnahmen ab Juli 2001 rechnen müssen.

Tagesordnungspunkt

Die Aussichten für neue transatlantische Handelsbeziehungen

(Drucksache 8752 + Addendum)

Berichterstatter: Abg. Francesc Bonet Casas (Andorra)

(Themen: die notwendige Neugestaltung der transatlanti-schen Handelsbeziehungen – die nötige Berücksichtigungvon EU-Erweiterung, europaweiter wirtschaftlicher Inte-gration und Fortschritten innerhalb der NAFTA – die un-terstützende Rolle der Parlamentarischen Versammlungdes Europarates als parlamentarisches Forum für zahl-reiche internationale Institutionen im Wirtschafts- undFinanzsektor)

Entschl ießung 1225 (2000)1

betr.: die Aussichten für neue transatlantischeHandelsbeziehungen

(Drucksache 8752 + Addendum)

1. Zwischen Nordamerika und Europa besteht die engsteund bedeutendste Handels- und Investitionspartner-schaft der Welt. Nach dem Scheitern des Gipfels derWTO (Welthandelsorganisation) im Dezember 1999 inSeattle ist es von entscheidender Bedeutung, dass dieseBeziehungen aufrechterhalten und gestärkt werden –zum wirtschaftlichen, politischen und sicherheitspoli-tischen Nutzen beider Kontinente und folglich der gesamten Welt. Vor diesem Hintergrund begrüßt dieVersammlung die Erklärungen des Gipfeltreffens zwi-schen den USA, Kanada und der Europäischen UnionEnde Dezember 1999, die zu fortgesetzten Bemühun-gen aufriefen, um eine bessere Grundlage für die mul-tilateralen Wirtschaftsverhandlungen zu erzielen, indie auch die Mitwirkung der Öffentlichkeit und Berei-che wie Arbeit, Umwelt und die Anliegen der Ent-wicklungsländer einbezogen werden sollten.

2. Darüber hinaus ist es wichtig, dass sich die transatlan-tischen Wirtschaftsbeziehungen nicht allzu sehr alleinauf die Vereinigten Staaten und die Europäische Unionkonzentrieren, sondern dass sie alle nordamerikani-schen und europäischen Länder und Handelsgruppie-rungen umfassen und ihren Interessen gebührendRechnung tragen – vor allem in einer Zeit, in der dieEU vor einer größeren Erweiterung steht und mehr alsdreißig nord-, mittel- und südamerikanische Staaten

über eine Amerikanische Freihandelszone (FTAA)verhandeln, die im Jahre 2005 in Kraft treten soll.

3. Die Bedeutung einer Stärkung der transatlantischenHandels- und Wirtschaftsbeziehungen wurde auf ei-nem zweitägigen Seminar unterstrichen, das das ka-nadische Parlament im Oktober 1998 zum Thema„Ein kanadisch-europäischer transatlantischer Marktüber die NAFTA hinaus“ veranstaltete. Zusätzlich zudem neu erlangten wertvollen Verständnis über diewichtigsten Aspekte der nordamerikanischen Freihan-delszone und ihre Leistungen aus kanadischer Sicht – einschließlich der Notwendigkeit weiterer Fort-schritte bei Regelungen von Streitigkeiten und damitim Zusammenhang stehenden Fragen auf den Gebie-ten Umwelt, Arbeit, Soziales und Kultur, wie weit rei-chende grenzüberschreitende Luftverschmutzung, Ar-beitsplatz- und Arbeitsbedingungen und ausländischerBesitz von Industriezweigen, die im kulturellen Sek-tor arbeiten – begrüßt die Versammlung den WunschKanadas, über die NAFTA-Beziehungen (Nordatlan-tisches Freihandelsabkommen) hinauszugehen und indiesem Zusammenhang die transatlantischen Bezie-hungen neu zu beleben. Die Versammlung unterstütztBemühungen zur Verfolgung zukunftsorientierter po-litischer Optionen für die Vertiefung der transatlanti-schen Wirtschaftsbeziehungen zwischen Nordamerikaund Europa, damit beide Seiten von einer engerenwirtschaftlichen Integration zwischen diesen beidenwichtigen Regionen profitieren können.

4. Die Versammlung erkennt an, dass zahlreiche offenestrittige Fragen die transatlantischen Handelsbezie-hungen noch immer erschweren. Sie ist jedoch der An-sicht, dass zwischen den verschiedenen Seiten in vielmehr Punkten Einigkeit besteht und dass Verhandlun-gen – innerhalb der transatlantischen Beziehungenoder im Rahmen der WTO – insbesondere in einer Zeitder schnellen Globalisierung, der wachsenden Be-sorgnisse über eine nicht dauerhafte Entwicklung undeiner Schwächung des sozialen Zusammenhalts, neuersicherheitspolitischer Herausforderungen und einersich herausbildenden neuen Weltordnung nötig sind.

5. Solche Gespräche sollten nicht nur strittige Fragenwie Landwirtschaft, Nahrungsmittelsicherheit undKultur, Maßnahmen zur Armutsverringerung, Stär-kung des sozialen Zusammenhalts und Förderung einer nachhaltigen Entwicklung betreffen, sondernauch Bereiche einschließen, in denen eine weitere Li-beralisierung einen Wohlstandszuwachs mit sich brin-gen könnte, wie z. B. die Bereiche Dienstleistungen,geistige Eigentumsrechte und die gegenseitige Aner-kennung von Normen, Test- und Prüfanforderungengemäß dem Abkommen über die gegenseitige Aner-kennung zwischen der EU und den USA von 1997.

6. Die Versammlung begrüßt in diesem Zusammenhangden Beobachterstatus Kanadas und seit kurzem auchMexikos bei der Versammlung und verpflichtet sich,auf eine Ausweitung der politischen und wirtschaftli-chen Kontakte zwischen diesen Ländern und allenMitgliedstaaten des Europarates hinzuarbeiten, und

1 Debatte der Versammlung am 27. September 2000 (29. Sitzung).Siehe Dok. 8752, Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Ent-wicklung (Berichterstatter: Herr Bonet Casa). Von der Versammlungverabschiedeter Text am 27. September 2000 (29. Sitzung).

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Drucksache 14/6751 – 38 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

zwar auch in ihrer Eigenschaft als parlamentarischesForum für Institutionen wie die WTO, die OECD, dieZentraleuropäische Freihandelsassoziation (CEFTA)und die Europäische Freihandelsassoziation (EFTA).Letztere unterhält ebenfalls enge Beziehungen zu die-sen beiden Ländern. Die Versammlung unterstützt dieWeiterentwicklung der transatlantischen Prozesse,aufbauend und ausgehend von den jüngsten kanadi-schen und mexikanischen Initiativen zur Stärkung derHandelsbeziehungen mit der EFTA und der Europä-ischen Union.

7. Die Versammlung nimmt die Gewinne für Handel undWirtschaft zur Kenntnis, die durch das 1994 zwischenKanada, Mexiko und den Vereinigten Staaten ge-schlossene Nordamerikanische Freihandelsabkom-men (NAFTA) erzielt wurden, fordert jedoch zu wei-teren Bemühungen auf, um die sozialen, ökologischenund kulturellen Folgen der wachsenden regionalen Integration zu bewältigen und sicherzustellen, dassdie Regierungen die Fähigkeit behalten, die Märkte im öffentlichen Interesse ihrer Bürger zu regulieren.Die Versammlung begrüßt – wie auch der EU-MERCOSUR-Gipfel im Jahre 1999 – die verstärktenBeziehungen Nordamerikas zu anderen Ländern desamerikanischen Kontinents im Rahmen des FTAA-Prozesses und ist davon überzeugt, dass diese Kon-takte zwischen den Hemisphären und den Regionen zugegebener Zeit zu erweiterten und vertieften transat-lantischen Handelsbeziehungen beitragen werden.

8. Die Versammlung sieht sich durch die nachdrücklicheUnterstützung transatlantischer Initiativen durch daskanadische Parlament bestärkt, mit denen die Wirt-schaftsbeziehungen zu Europa vertieft und ausgewei-tet werden sollen. Sofern die multilateralen Verhand-lungen im Rahmen der WTO ins Stocken geratensollten, könnten ferner interregionale Ansätze zuneh-mende Bedeutung erlangen und den Abschluss einerArt Transatlantischen Freihandelsabkommens ein-schließen. Die Versammlung nimmt die Bereitschaftder Kommission der Europäischen Union zur Kennt-nis, eine solche Möglichkeit zu prüfen, sofern triftigewirtschaftliche Gründe für ein transatlantisches Ab-kommen angeführt werden können. In Anbetracht despotenziellen Nutzens eines engeren Handelsabkom-mens ruft die Versammlung die Entscheidungsträgerauf beiden Seiten des Atlantiks auf, weitere ausführli-che Evaluierungen durchzuführen, um die beste Artund Weise zur Förderung stärkerer bilateraler und in-terregionaler Wirtschaftsbeziehungen zwischen Eu-ropa und Nordamerika zu ermitteln. Nach Auffassungder Versammlung hätten Bemühungen für ein Voran-bringen der transatlantischen Handelsziele mit Unter-stützung der Parlamente und der Öffentlichkeit denzusätzlichen Nutzen, dass sie dem Prozess der Einlei-tung einer neuen weltweiten Verhandlungsrunde fürden Handel erheblichen Auftrieb verleihen würden.

9. Schließlich unterstützt die Versammlung nachdrück-lich Bemühungen zur Stärkung der parlamentarischenRechenschaftspflicht der Einrichtungen der interna-

tionalen Handelspolitik und der Verhandlungspro-zesse auf nationaler, regionaler und multilateralerEbene mit transatlantischen Initiativen, die zu größe-ren Fortschritten auf internationaler Ebene beitragen.Die Versammlung begrüßt die Unterstützung vonWTO-Generaldirektor Michael Moore für den Aufbaueiner engeren Zusammenarbeit zwischen der WTOund den parlamentarischen Versammlungen, ein-schließlich der Parlamentarischen Versammlung desEuroparates. Die Versammlung verpflichtet sich, inihren regelmäßigen Kontakten mit der WTO durchihren Ausschuss für Wirtschaft und Entwicklung aufeine Umstrukturierung des WTO-Prozesses hinzuwir-ken, mit deren Hilfe Verhandlungseffizienz mit einergrößeren Transparenz und einer besseren Kommuni-kation mit der Öffentlichkeit verbunden werden kannund durch die Gebiete wie Arbeits- und Sozialnormen,Umweltschutz und kulturelle Vielfalt in die Ergeb-nisse der Verhandlungen einfließen können.

Donnerstag, 28. September 2000

Tagesordnungspunkt

Die Durchführung der Urteile des EuropäischenGerichtshofs für Menschenrechte

(Drucksache 8808)

Berichterstatter: Abg. Erik Jurgens (Niederlande)

(Themen: die Überwachung der Durchführung der Ur-teile des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofsdurch das Ministerkomitee – die unzureichenden Sankti-onsmöglichkeiten – Vorschläge für mögliche Maßnahmenbetreffend die Mitgliedstaaten, den Gerichtshof, das Mi-nisterkomitee und die Versammlung)

Ansprache des Präsidenten des EuropäischenMenschenrechtsgerichtshofs,

Luzius Wildhaber

Empfehlung 1477 (2000)1

betr.: die Durchführung der Urteile des Euro-päischen Gerichtshofs für Menschenrechte

(Drucksache 8808)

Die Versammlung nimmt Bezug auf ihre Entschließung1226 (2000) über die Durchführung der Urteile des Euro-päischen Gerichtshofs für Menschenrechte und empfiehltdem Ministerkomitee,

i. die Konvention dahin gehend zu ändern, dass dasMinisterkomitee den Gerichtshof um eine Ausle-gung zur Klarstellung seiner Urteile ersuchen

1 Debatte der Versammlung am 28. September 2000 (Siehe Dok. 8808,Bericht des Ausschusses für Recht und Menschenrechte (Bericht-erstatter: Herr Jurgens). Von der Versammlung verabschiedeter Textam 28. September 2000 (30. Sitzung).

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 39 – Drucksache 14/6751

kann in Fällen, in denen die Durchführung Anlasszu begründeten Zweifeln und ernsten Problemenbei der korrekten Anwendung gibt;

ii. die Konvention zu ändern und ein System vonVerzugsstrafen („astreintes“) gegen solche Staa-ten einzuführen, die sich beharrlich weigern, einUrteil des Gerichtshofs durchzuführen;

iii. die Regierungen der Hohen VertragschließendenTeile aufzufordern, von ihrem Recht der Inter-vention in beim Gerichtshof anhängige Rechtssa-chen stärker Gebrauch zu machen, um die Gel-tung erga omnes der gefällten Entscheidungen zufördern;

iv. im Rahmen seiner Funktion nach Artikel 46 Absatz 2 der Europäischen Menschenrechtskon-vention

a. gegenüber Mitgliedstaaten, die ihrer Ver-pflichtung zur Durchführung der Urteile desGerichtshofs nicht nachkommen, mehrStrenge zu zeigen;

b. sicherzustellen, dass die ergriffenen Maß-nahmen weitere Verletzungen wirksam ver-hindern;

c. die Versammlung laufend über den Stand derDurchführung der Urteile zu unterrichten,insbesondere durch systematischeren Rück-griff auf Interimsentschließungen, in denenein Zeitplan für die Durchführung der vorge-sehenen Reformen festgelegt wird;

d. den Generalsekretär zu beauftragen, seineProgramme zur technischen Unterstützungzu verstärken und zu verbessern;

e. die Mitgliedstaaten zu ersuchen, Personenund Organisationen zu unterstützen, die zurVerbreitung von Informationen und zur Aus-bildung von Richtern und Anwälten beitra-gen.

Entschl ießung 1226 (2000)1

betr.: die Durchführung der Urteile des Europä-ischen Gerichtshofs für Menschenrechte

(Drucksache 8808)

1. Die Versammlung ist der Auffassung, dass die Euro-päische Menschenrechtskonvention (im Folgendenals „Konvention“ bezeichnet) einen einzigartigen Me-chanismus zum Schutz der Menschenrechte darstelltund wesentlich zur Aufrechterhaltung der demokrati-schen Sicherheit und der Rechtsstaatlichkeit auf demgesamten europäischen Kontinent beiträgt. Um diesesSchutzniveau zu erhalten, ist es wesentlich, dass die

Staaten ihrer offiziellen Verpflichtung nachkommen,in den Rechtssachen, in denen sie Partei sind, das end-gültige Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Men-schenrecht (im Folgenden als „Gerichtshof“ bezeich-net) zu befolgen.

2. Das System der Konvention beruht insbesondere aufden beiden Grundsätzen der Subsidiarität und der So-lidarität. Entsprechend dem ersten Grundsatz obliegtdie Verantwortung für die Gewährleistung der in derKonvention niedergelegten Rechte und Freiheiten vor allem den einzelstaatlichen Behörden. Nur in denFällen, in denen diese ihren Verpflichtungen nichtnachkommen, ist der Gerichtshof aufgefordert zu ent-scheiden.

3. Gemäß dem Grundsatz der Solidarität ist die Recht-sprechung des Gerichtshofs Bestandteil der Konven-tion, sodass die Rechtsverbindlichkeit der Konventionauf diese Weise erga omnes (auf alle anderen Parteien)ausgedehnt wird. Daraus folgt, dass die Vertragsstaa-ten nicht nur die Urteile durchführen müssen, die der Gerichtshof in den Fällen, in denen sie Partei sind, erlassen hat, sondern auch die möglichen Auswirkun-gen berücksichtigen müssen, die die in anderenRechtssachen ergangenen Urteile für ihr eigenesRechtssystem und ihre eigene Rechtspraxis habenkönnen.

4. Nach Artikel 46 Absatz 2 der Konvention überwachtdas Ministerkomitee die Durchführung der Urteile desGerichtshofs. Darüber hinaus ist in Artikel 52 derKonvention festgelegt, dass „nach Empfang einer ent-sprechenden Aufforderung durch den Generalsekretärdes Europarates jeder Hohe Vertragschließende Teildie erforderlichen Erklärungen abzugeben (hat), inwelcher Weise sein internes Recht die wirksame An-wendung aller Bestimmungen dieser Konvention gewährleistet“. Die Konvention sieht allerdings kei-nerlei Sanktionen gegen die Staaten für den Fall vor,dass ein Staat ein Urteil des Gerichtshofs nicht durch-führt. Die in solchen Fällen zu ergreifenden Maßnah-men ergeben sich deshalb aus der Satzung des Euro-parates, und zwar insbesondere aus Artikel 8.

5. Die Versammlung stellt mit Sorge fest, dass dieDurchführung einiger Urteile beträchtliche Problemebereitet, die das in den 40 Jahren des Bestehens derKonvention Erreichte gefährden. Einige Urteile desGerichtshofs sind auch nach mehreren Jahren nochnicht durchgeführt.

6. Die Versammlung ist der Ansicht, dass diese Situationin erster Linie den Staaten, die Partei sind, anzulastenist, denen die Durchführung der Urteile des Gerichts-hofs obliegt. In dieser Beziehung haben die Mitgliederder nationalen Delegationen in der Versammlung eineRolle zu übernehmen. Der Gerichtshof, dessen Urtei-len es manchmal an Klarheit mangelt, und das Minis-terkomitee, das bei der Überwachung der Durch-führung nicht genügend Druck ausübt, sind ihrerseitsfür diese Situation mitverantwortlich.

1 Debatte der Versammlung am 28. September 2000. Siehe Dok. 8808,Bericht des Ausschusses für Recht und Menschenrechte (Bericht-erstatter: Herr Jurgens). Von der Versammlung verabschiedeter Textam 28. September 2000 (30. Sitzung).

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Drucksache 14/6751 – 40 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

7. Trotz einiger Fortschritte in Bezug auf die unmittelbareRechtswirksamkeit der Urteile des Gerichtshofs ist diegegenwärtige Situation außerordentlich besorgniserre-gend. Auf der einen Seite sieht sich der Gerichtshofaufgrund des Beitritts einer Reihe neuer Mitgliedstaa-ten einer steigenden Anzahl von Beschwerden gegen-über; auf der anderen Seite wird die Situation durchdie vielen Fälle verschlechtert, die sich auf Men-schenrechtsverletzungen beziehen, zu denen bereitsUrteile ergangen sind, daraufhin sind jedoch nicht dienotwendigen Reformen erfolgt, die neue Verletzungenverhindern würden.

8. Für die Probleme im Zusammenhang mit der Durch-führung der Urteile gibt es mindestens sieben ver-schiedene Ursachen: Es sind politische Gründe,Gründe, die mit den geforderten Reformen zu tun ha-ben, praktische Gründe, die in den innerstaatlichenGesetzgebungsverfahren liegen, Haushaltsgründe,Gründe der öffentlichen Meinung, haarspalterischoder unklar formulierte Urteile und interferierendeVerpflichtungen, die sich aus anderen Institutionen er-geben.

9. Mögliche Lösungen betreffen sowohl die nationaleEbene als auch die Ebene des Europarates.

10. Auf nationaler Ebene

i. sollte der Gesetzgeber sich vergewissern, dassneue Gesetze in vollem Einklang stehen mit derKonvention;

ii. sollten die Regierungen die erforderlichen Maß-nahmen ergreifen, um die Urteile des Gerichts-hofs durchzuführen, damit erneute Verletzungenvermieden werden;

iii. sollten die Regierungen die Situation der einzel-nen Beschwerdeführer wiederherstellen und ggf.dafür Sorge tragen, dass ihre Gesetzgebung dieWiederaufnahme der Prozesse im Anschluss anein Urteil des Gerichtshofs vorsieht;

iv. sollten Richter und Verwaltung stärker daraufhinwirken, dass die Urteile des Gerichtshofs un-mittelbar rechtswirksam werden, damit die natio-nalen Gerichte sie direkt durchführen können;

v. sollten die nationalen Behörden sicherstellen,dass die Rechtsprechung des Gerichtshofs in deroder den Landessprachen veröffentlicht und an-gemessen verbreitet wird;

vi. sollten die nationalen Behörden und Gerichte biszum Inkrafttreten endgültiger Reformen Über-gangsmaßnahmen ergreifen.

11. Auf der Ebene des Europarates

A. sollte das Ministerkomitee

i. die Konvention dahin gehend ändern, dass dasMinisterkomitee in Ausnahmefällen den Ge-richtshof um eine Auslegung zur Klarstellungseiner Urteile ersuchen kann in Fällen, in denen

die Durchführung Anlass zu begründeten Zwei-feln und ernsten Problemen bei der korrekten An-wendung gibt;

ii. die Konvention ändern und ein System von Ver-zugsstrafen („astreintes“) gegen solche Staateneinführen, die sich beharrlich weigern, ein Urteildes Gerichtshofs durchzuführen;

iii. die Regierungen der Hohen VertragschließendenTeile auffordern, von ihrem Recht der Interven-tion in beim Gerichtshof anhängigen Rechtssa-chen stärker Gebrauch zu machen, um auf dieseWeise zur Klarheit der zu treffenden Entschei-dungen beizutragen;

iv. gegenüber Mitgliedstaaten, die ihrer Verpflich-tung zur Durchführung der ergangenen Urteilenicht nachkommen, mehr Strenge zeigen und imFalle beharrlicher Weigerung die in Artikel 8 derSatzung vorgesehen Maßnahmen ergreifen;

v. sicherstellen, dass die ergriffenen Maßnahmenweitere Verletzungen wirksam verhindern;

vi. die Versammlung laufend über den Stand derDurchführung der Urteile unterrichten, insbeson-dere durch systematischeren Rückgriff auf Inte-rimsentschließungen, in denen ein Zeitplan fürdie Durchführung der erforderlichen Reformenin den Unterzeichnerstaaten festgelegt wird;

vii. den Generalsekretär damit beauftragen, die Un-terstützung für die Ausbildung von Richtern undAnwälten in den Mitgliedstaaten zu verstärken;

B. sollte der Gerichtshof

i. dafür Sorge tragen, dass seine Urteile klar sindund seine Rechtsprechung einheitlich ist;

ii. sich verpflichten, in seinen Urteilen den betroffe-nen nationalen Behörden aufzuzeigen, in welcherWeise sie das Urteil durchführen sollten, sodasssie der Entscheidung entsprechen und die erfor-derlichen Maßnahmen individueller oder allge-meiner Art ergreifen können;

iii. in seinem Urteil häufiger darauf hinweisen, dasseine vorausgegangene Entscheidung von dembetroffenen Staat nicht, nicht vollständig odernicht rechtzeitig durchgeführt worden ist;

C. beschließt die Versammlung,

i. die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf dieDurchführung der Urteile des Gerichtshofs zulenken;

ii. eine ständig aktualisierte Liste der Urteilsdurch-führung zu führen hinsichtlich

a. der den Beschwerdeführern zugesprochenengerechten Entschädigung;

b. der Gesetzes- oder Verfassungsreformen, diezur Verhinderung weiterer Verletzungen er-forderlich sind;

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 41 – Drucksache 14/6751

iii. auf der Grundlage der erwähnten ständigen Listeregelmäßige Aussprachen über die Durchführungder Urteile abzuhalten und im Falle der in diesemBericht angesprochenen nicht ausgeführten Urteile eine Aussprache zu veranstalten inner-halb eines Jahres nach Verabschiedung dieserEntschließung;

iv. Empfehlungen bezüglich der Durchführung be-stimmter Urteile an das Ministerkomitee undüber dieses an den jeweiligen Staat zu richten,wenn sie der Auffassung ist, dass die Durch-führung ungewöhnlich lange verzögert wird, derbetroffene Staat untätig geblieben ist oder dieDurchführung absichtlich unterlassen hat, und zudiesem Zweck falls erforderlich eine Dringlich-keitsdebatte abzuhalten;

v. die parlamentarischen Delegationen der betroffe-nen Staaten aufzufordern, alles in ihrer Macht Ste-hende zu unternehmen, um eine rasche und wirk-same Durchführung der Urteile zu erreichen;

vi. den Justizminister oder jeden anderen zuständi-gen Minister des beklagten Staates aufzufordern,vor der Versammlung persönlich Stellung zu neh-men im Falle einer Verweigerung der Durch-führung oder von übermäßigen Verzögerungen;

vii. die Weigerung eines Mitgliedstaates, eine Ent-scheidung des Gerichtshofs durchzuführen, alsGrund dafür zu betrachten, ein Überwachungs-verfahren einzuleiten;

viii. falls diese Maßnahmen scheitern, die Anwen-dung anderer Mittel ins Auge zu fassen, insbe-sondere die in ihrer Geschäftsordnung vorgese-henen Maßnahmen und/oder eine Empfehlung andas Ministerkomitee unter Anwendung von Arti-kel 8 der Satzung.

D. Nationale Delegationen

i. Die Nationalen Delegationen in der Versamm-lung sollten regelmäßig über die Rechtsprechungdes Gerichtshofs und Probleme im Zusammen-hang mit der Durchführung von Urteilen in ihrenLändern unterrichtet werden.

12. Die Versammlung fordert daher

i. die Hohen Vertragschließenden Teile auf,

a. die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen,um die Urteile des Gerichtshofs durchzu-führen, damit neue Verletzungen vermiedenwerden;

b. im Falle begründeter Zweifel hinsichtlichdes korrekten Wegs, wie ein Urteil durchge-führt werden sollte, auf ihr Recht zurückzu-greifen, gemäß Artikel 79 Absatz 1 der Ver-fahrensordnung des Gerichtshofes vomGerichtshof eine Auslegung seines Urteils zufordern innerhalb eines Jahres nach Verkün-dung;

c. dafür zu sorgen, dass neue gesetzgeberischeMaßnahmen mit der Konvention in Einklangstehen;

d. die erforderlichen Schritte einzuleiten, umden Urteilen des Gerichtshofs unmittelbareRechtswirkung zu geben, sodass die nationa-len Gerichte diese anwenden können;

e. die Situation des einzelnen Beschwerdefüh-rers wiederherzustellen und dafür zu sorgen,dass ihre Gesetzgebung die Wiederaufnahmeeines Verfahrens im Anschluss an ein Urteildes Gerichtshofs vorsieht;

f. bis zum Inkrafttreten endgültiger ReformenÜbergangsmaßnahmen zu beschließen;

g. die notwendigen Gesetzes- und ggf. Verfas-sungsreformen in Angriff zu nehmen, umihre Gesetzgebung mit der EuropäischenMenschenrechtskonvention und der Recht-sprechung des Gerichtshofs in Einklang zubringen;

ii. die nationalen Delegationen in der Versammlungauf, die Durchführung der Urteile des Gerichts-hofs, von denen ihre Regierungen betroffen sind,in ihren jeweiligen Parlamenten zu verfolgen undalle für ihre rasche und wirksame Durchführungerforderlichen Maßnahmen zu ergreifen.

Tagesordnungspunkt

Ansprache des Präsidenten der Republik Kroatien, Stjepan Mesic

(Themen: der Europarat als Forum für den Dialog zwi-schen Ost und West und paneuropäische Organisation –die geplante Erweiterung der Europäischen Union – dieRückkehr Kroatiens in die internationale Staatengemein-schaft – die Reformbemühungen der neuen kroatischenRegierung – die Bundesrepublik Jugoslawien nach denPräsidentenwahlen – das Ende der besonderen Überwa-chung Kroatiens)

Tagesordnungspunkt

Bericht des Ministerkomitees (Drucksache 8813)

vorgelegt vom stellvertretenden amtierenden Vorsitzen-den, dem Staatssekretär für Auswärtige Angelegenheitender italienischen Republik, Umberto Ranieri

(Themen: Veranstaltungen während des italienischenVorsitzes – die Bundesrepublik Jugoslawien nach denWahlen – die geplante Aufnahme Armeniens und Aser-baidschans – die Zusammenarbeit mit den ehemals sow-jetischen Staaten in Zentralasien – die Abschaffung derTodesstrafe – die Arbeit der Venedig-Kommission – dieLage in Tschetschenien)

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Drucksache 14/6751 – 42 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Tagesordnungspunkt

Der Konflikt in Tschetschenien – neueste Entwicklungen

(Drucksache 8840)

Berichterstatter: Lord Judd (Vereinigtes Königreich)

Abg. Rudolf Bindig (SPD)*: Herr Präsident! VerehrteKolleginnen und Kollegen! Meine Aufgabe als Bericht-erstatter für den Ausschuss für Recht und Menschenrechteist es, mich besonders mit der menschenrechtlichen Si-tuation und den rechtlichen Aspekten des Tschetschenien-Konfliktes zu befassen.

Leider muss gesagt werden, dass die menschenrechtlicheSituation in Tschetschenien noch immer äußerst prekärist. Menschenrechtsverletzungen werden weiterhin vonbeiden am Konflikt beteiligten Seiten begangen.

Tschetschenische Kämpfer verletzen bei ihren Kampfak-tivitäten gewohnheitsmäßig das humanitäre Kriegsvöl-kerrecht, indem sie die Auswirkungen der Kampfhand-lungen auf die Zivilbevölkerung unbeachtet lassen. Eswerden weiterhin Geiseln gehalten. Die tschetschenischeFührung hat eine Reihe tödlicher Angriffe auf Personenund deren Familien unterstützt, die in der Verwaltung derTschetschenischen Republik arbeiten.

Schwere Menschenrechtsverletzungen gibt es auch vonrussischer Seite. Die Truppen der Russischen Förderationbeschießen weiterhin Dörfer im südlichen Teil der Repu-blik und führen Kampf- und Säuberungsoperationen mitgeringer Rücksicht auf das Leben der Zivilbevölkerungdurch. Erpressung und Schikanierung an den russischenGrenzkontrollpunkten sind leider eher die Regel als dieAusnahme. Illegale und willkürliche Verhaftungen undInhaftierungen finden häufig statt. Es wird weiterhin vonMisshandlungen und Folter in der Haft berichtet, vor al-lem in temporären Haftanstalten. Es wird ebenfalls vonPlünderungen und Vergewaltigungen berichtet. Die Be-wegungsfreiheit der Zivilbevölkerung ist in Tschetsche-nien in unannehmbar scharfer Form eingeschränkt. DasGleiche gilt für die Freiheit der Medien.

Die eingerichtete Maschinerie, diese Verbrechen zu un-tersuchen, arbeitet noch nicht zufrieden stellend. Offen-sichtlich ist die Generalstaatsanwaltschaft entweder un-willig oder unfähig, den Vergehen ernsthaft nachzugehen.Das ist für einen Staat, der auf der Basis des Rechtes auf-gebaut sein soll, natürlich nicht hinnehmbar.

Wir haben als Rapporteure dieses Mal in besonders guterWeise zusammengearbeitet. Wir haben bereits im Vorfeldviele Punkte in den Resolutionsentwurf gemeinsam einge-arbeitet, insbesondere in die Ziffern 8 und 9. Aus diesemGrunde hat der Rechtsausschuss dieses Mal nur einige wenige zusätzliche Änderungsanträge eingebracht.Wir hoffen, damit den Bericht noch etwas ausbalancierterund prägnanter fassen zu können. Wir bitten um Unterstüt-zung für unsere Änderungsanträge. – Vielen Dank.

Abg. Prof. Dr. Karl-Heinz Hornhues (CDU/CSU): Herz-lichen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Da-men und Herren, zunächst ein Dank an die Berichterstat-ter, die ja schon viel gelobt worden sind. Ich würde sienoch viel mehr loben, wenn ihr Bericht inhaltlich hättebesser sein können, aber dass das nicht so ist, liegt ja nichtan ihnen, sondern an den Verhältnissen.

Wenn man die Berichte nimmt und seine eigenen Erfah-rungen hinzunimmt – ich war in diesem Jahr zweimal inRussland und habe auch mit vielen russischen Delegier-ten, die Deutschland besucht haben, gesprochen –, dannist man hin- und hergerissen. Zum einen macht einen das,was man aus Tschetschenien erfährt, was man immer wie-der hört und hören muss, unverändert betroffen, wobei ichdem Kollegen Bindig sehr dankbar dafür bin, dass er inseinem Bericht sehr deutlich auch das angesprochen hat,was von tschetschenischer Seite, wie er gesagt hat, ge-wohnheitsmäßig an Menschenrechtsverletzungen began-gen wird. Auch das gehört zur Agenda. Aber wie man esauch gewichtet, das eine kann niemals das andere recht-fertigen, und von dem gewünschten Zustand sind wirnoch weit entfernt.

Also keine Hoffnung? Ist das Ganze hoffnungslos? Sollman das, was uns als positiv dargestellt wird, als zu leichtbefunden beiseite schieben? Ich glaube, nein. Meine Gespräche und mein Zuhören haben mir eine Erkenntnisvermittelt: In Russland machen sich immer mehr Politikerauf, die begreifen, dass es zutiefst in Russlands Interesse ist– und nicht nur ein Gefallen für uns hier im Europarat –,wenn man die Dinge zum Besseren ändert. Die Ehre derrussischen Armee ist nicht durch Vertuschen herzustellen,sondern durch Aufklärung, durch Disziplin und durch einenEhrenkodex, bei dem man auch in den Spiegel schauenkann. Die Ehre Russlands, über die so oft geredet wird, istam besten dadurch herzustellen, dass die angesprochenenProbleme gelöst werden. Es wird sehr schwer werden, dasHauptproblem zu lösen, nämlich Frieden und Aussöhnungzu erreichen, aber es ist viel machbar. Ich halte das fürmachbar in einem Land, das stolz darauf sein kann, jetzt ei-nen Haushalt mit einem Haushaltsüberschuss zu verab-schieden. Wer kann das schon? Die Russen können es dankder Ölpreise. Man sollte dort die eigenen Kräfte bündeln,um sich nicht schämen zu müssen, nicht vor uns und vordem Rest der Welt, um sich z. B. nicht über die Art undWeise schämen zu müssen, wie Menschen in Flüchtlings-lagern leben.

Ich glaube, dass viele russische Kollegen dies genauso sehen und alles tun werden, was in ihren Kräften steht.Deswegen habe ich großen Anteil an den Teilen der Be-richte genommen – und freue mich sehr darüber –, die dasVerhalten der Kollegen in Russland dargestellt haben. Ichweiß, es sind nicht alle in der Duma, und die Kolleginnenund Kollegen aus der Duma haben es oft schwer, sich mitihren Meinungen durchzusetzen. Aber sie kämpfen da-rum, dass das, was sie wollen und was wir wollen, Rea-lität wird. Ich glaube und hoffe, die Anhörung in derDuma war ein guter, wichtiger und entscheidender Schrittin die richtige Richtung.

Von den Kolleginnen und Kollegen aus der Duma möchteich Herrn Rogozin ausdrücklich persönlich nennen, weil* Im Auftrag des Ausschusses für Recht und Menschenrechte

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 43 – Drucksache 14/6751

er mit großer Leidenschaft all seinen Einfluss geltendmacht und um die richtige Entwicklung kämpft. Ichmöchte ihn ermutigen, damit weiterzumachen, und zwar,um es zu wiederholen, nicht wegen uns und wegen des-sen, was wir hier sagen, sondern weil es – ich denke, erselber sieht es genauso – zutiefst im russischen Interesseist, die kleineren und die größeren Probleme, die kurzfris-tigen, die für diesen Winter anstehen, und das General-problem letztendlich auf friedliche Art und Weise gelöstzu bekommen. Unser Job muss es sein, dabei zu helfen.Wir müssen unsere Regierungen auffordern, mehr als bis-her zu tun. Ich kann mich daran erinnern, dass der russi-sche Außenminister bei seinen Diskussionen mit unsmehr angeboten hat als das, was dann dabei herausge-kommen ist. Sein Angebot war – so habe ich es im Ohr –umfassender, was unsere Beteiligungsmöglichkeiten an-geht. Unser Ministerrat sollte konkreter werden. Ich be-daure sehr, dass der Vertreter der gegenwärtigen Präsi-dentschaft diese Debatte nicht mehr mit verfolgt. Wirbrauchen einen Druck in dieser Richtung, damit sich dieDinge gut entwickeln. Wir haben noch nicht das getan, waswir tun könnten, und ich bitte darum, dass wir es tun. –Danke schön.

Abg. Rudolf Bindig (SPD)*: Der ganze Text der Resolutionist darauf angelegt, nach vorne zu sehen und Ansatzpunktezu finden, wo in Zusammenarbeit mit den russischenBehörden oder mit den russischen Politikern eine Möglich-keit gefunden werden kann, die Lage zu verbessern.

Trotzdem müssen wir leider feststellen, dass es ganz ak-tuell, auch heute, schwere Menschenrechtsverletzungenin Tschetschenien gibt. Wir haben in diesem Amendmentsehr konzentriert zusammengefasst, was wir heftig zu kri-tisieren haben, weil noch derzeit die Kämpfe andauern,weil noch derzeit Plünderungen stattfinden und weil nochderzeit Ausbeutung geschieht. So ist die Lage dort. Des-halb bitte ich, dieses Amendment zu unterstützen. DieseÄnderungen müssen in die Entschließung hinein.

Es gibt Informationen, dass die tschetschenische Führungeine Reihe tödlicher Angriffe auf Personen, die in der Ver-waltung der tschetschenischen Republik arbeiten, und de-ren Familien unterstützt hat. Das sind Mordaufträge. Sol-che Mordaufträge müssen wir zurückweisen und aufsSchärfste kritisieren. Deshalb schlagen wir vor, diesenAspekt in die Entschließung einzuarbeiten.

In diesem Amendment geht es um die Aufforderung derVersammlung an die Staaten, eine Staatenbeschwerde ein-zuleiten. Die Versammlung hat bereits zweimal beschlos-sen, dass eine Staatenbeschwerde von uns gefordert wird.Nun kann man darüber streiten, ob man das in diesem Textnoch einmal erwähnt, weil ja die Beschlüsse in der Regelweitergelten.

Der Text nimmt noch einmal Bezug darauf; er erwähnt es,aber diesmal in konditionierter Form. Es heißt dort: nurdann, wenn es keinen Fortschritt gegeben haben sollte.Bisher haben wir die Forderung immer unkonditioniertbeschlossen. Die Position, die jetzt im Text steht, ist etwas

weicher. Sie geht hinter das zurück, was wir bisher immergefordert haben. Aber wir haben dieses Amendment vor-geschlagen, um auch weiterhin klar die Forderung an dasMinisterkomitee zu erheben, dass Staatenbeschwerdeneingereicht werden sollen.

So wie die Resolution im Moment verfasst ist, würde diesbedeuten, dass wir der Auffassung sind, dass praktischalle Abgeordneten der Duma aktiv daran arbeiten, dieGültigkeit der Menschenrechte und den Frieden in Tschet-schenien wieder herzustellen. In Wirklichkeit ist das aberdifferenzierter zu sehen. Denn es gibt natürlich einige Abgeordnete, die eher für Krieg, für die Einsetzung vonGewalt, eintreten. Aus diesem Grunde muss man diffe-renzieren und feststellen, dass es nur einige gibt, die aktivan der Wiederherstellung des Friedens arbeiten, und dasswir diese unterstützen.

Übrigens ist dieses Amendment im Zusammenhang mitAmendment Nr. 7 zu sehen. Das Amendment Nr. 7 behan-delt die gleiche Frage und löst das Problem, das ich ge-schildert habe, etwas besser. Deshalb haben wir im Politi-schen Ausschuss vereinbart, dass, wenn Amendment Nr. 7unterstützt wird, das Amendment Nr. 12 zurückgezogenwerden kann, was ich nach dieser Erklärung tun will.

Die Frage ist bereits in der Resolution entschieden wor-den, und aus diesem Grunde kann das Amendment 13 zu-rückgezogen werden, was ich hiermit tun möchte.

Außerdem möchte ich das Kompliment an Lord Juddzurückgeben. Auch ich habe die Zusammenarbeit mit ihmsehr geschätzt!

Empfehlung 1478 (2000)1

betr.: den Konflikt in Tschetschenien – neuesteEntwicklungen

(Drucksache 8840)

(Weiterverfolgung der Empfehlungen 1444(2000) und 1456 (2000) der Parlamentarischen

Versammlung)1. Die Versammlung verweist auf ihre am 28. September

2000 verabschiedete Entschließung 1227 (2000) be-treffend den Konflikt in der Republik Tschetschenien –neueste Entwicklungen.

2. Die Versammlung empfiehlt dem Ministerkomitee,

i. die von Russland eingeleiteten Maßnahmen zurErfüllung seiner Verpflichtungen als ein Unter-zeichnerstaat der Europäischen Menschenrechts-konvention und als Antwort auf die Empfehlun-gen und Entschließungen der Versammlung zuüberwachen;

* Schlussbemerkung des Mitberichterstatters

1 Debatte der Versammlung am 28. September 2000 (31. Sitzung).Siehe Dok. 8840, Bericht des Politischen Ausschusses (Bericht-erstatter: Lord Judd) und Dok. 8843, Stellungnahme des Ausschus-ses für Recht und Menschenrechte (Berichterstatter: Herr Bindig).Von der Versammlung am 28. September 2000 verabschiedeter Text (31. Sitzung).

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Drucksache 14/6751 – 44 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

ii. die Fortschritte bei den Untersuchungen undStrafverfahren gegenüber den für Übergriffe Ver-antwortlichen genau zu überwachen;

iii. die Mitgliedstaaten nachdrücklich aufzufordern,falls keine bedeutenden Fortschritte erzielt wer-den, andere Wege einzuschlagen im Hinblick aufdie Rechenschaftspflicht, wie eine staatenüber-greifende Beschwerde vor dem EuropäischenMenschenrechtsgerichtshof.

Entschl ießung 1227 (2000)1

betr.: den Konflikt in Tschetschenien – neueste Entwicklungen

(Drucksache 8840)

1. Die Versammlung verweist auf ihre Entschließung1201 (1999) vom 4. November 1999, Empfehlung1444 (2000) vom 27. Januar 2000, Empfehlung 1456(2000) vom 6. April 2000 und Entschließung 1221(2000) vom 29. Juni 2000.

2. Die Versammlung nimmt die während des Besuchsdes Ad-hoc-Ausschusses der Versammlung am 18. September in Znamenskoye (Tschetschenien) undvom 19. bis 21. September in Moskau erhaltenen In-formationen zur Kenntnis sowie die vom zuständigenAusschuss der Staatsduma organisierte Anhörung am21. September 2000 über die Wiederbelebung derwirtschaftlichen und sozialen Lage und die Achtungder Menschenrechte und Grundfreiheiten in der Repu-blik Tschetschenien. Sie begrüßt den konstruktivenGeist dieser Anhörung, ihren fairen und offenen Cha-rakter sowie die Zusammenarbeit mit der parlamenta-rischen Delegation Russlands bei der Organisation desBesuchs in Znamenskoye.

3. Die Versammlung bringt erneut ihre Überzeugungzum Ausdruck, dass die in der Republik Tschetsche-nien durchgeführte militärische Kampagne Russlandsund die daraus resultierenden Menschenrechtsverlet-zungen mit den Grundsätzen und Zielen des Europa-rates unvereinbar sind und dass das Ministerkomiteediese Kampagne unmissverständlich hätte verurteilenmüssen.

4. Die Versammlung erkennt jedoch an, dass die Ge-schichte die Versammlung nicht nur allein nach derZahl und der Vehemenz ihrer wiederholten Verurteilun-gen beurteilen wird, sondern auch nach ihren fortlau-fenden Bemühungen im Hinblick auf eine Unterstüt-zung zur Herbeiführung einer Lösung für den Konfliktunter angemessener Wahrung der Menschenrechte.

5. Die Versammlung sieht, dass es einige ermutigendeEntwicklungen gegeben hat, wie die Aufnahme der

Arbeit durch die Einrichtungen zur Wahrung der Men-schenrechte, die zur Bewältigung des Tschetschenien-konflikts in Russland eingesetzt wurden, z. B. dasBüro von Herrn Kalamanow, dem Sondervertreter desPräsidenten der Russischen Föderation für die Wah-rung der Menschenrechte in der Republik Tschetsche-nien, der Ausschuss der Staatsduma zur Normalisie-rung der politischen und sozioökonomischen Lageund zum Schutz der Menschenrechte in der RepublikTschetschenien sowie der nationale öffentliche Aus-schuss zur Untersuchung von Verbrechen und zurWahrung der Menschenrechte im Nordkaukasus.

6. Die Versammlung ist der Ansicht, dass die Arbeit die-ser Einrichtungen förderlich war für die Zusammen-stellung von Informationen über die Verletzung vonMenschenrechten in der Republik Tschetschenien, un-geachtet der Identität derer, die gegen diese Rechteverstoßen haben, und dass damit ein Beginn für dieBereitstellung von Menschenrechtsschutz in einzel-nen Fällen zu verzeichnen ist.

7. Die Versammlung ist ebenfalls der Auffassung, dassdie drei Sachverständigen des Europarates einennützlichen Beitrag zur Arbeit des Büros von HerrnKalamanow geleistet haben und dass ihre Rolle un-terstützt werden muss.

8. Sich dessen bewusst, dass Russland trotz der Ausset-zung des Stimmrechts seiner Delegation weiterhindem Überwachungsprozess unterliegt, fordert die Versammlung die russischen Behörden nachdrücklichauf, bei der Erfüllung seiner Pflichten und Verpflich-tungen gegenüber dem Europarat mit den beiden Be-richterstattern des Überwachungsausschusses umfas-send zusammenzuarbeiten für die Vorbereitung derInformationsreisen im Hinblick auf die Ausarbeitungeines neuen Informationsberichts.

9. Die Versammlung ist jedoch zutiefst besorgt über dieäußerst gravierenden und anhaltenden Verletzungender Menschenrechte in der Republik Tschetschenien,darunter willkürliche und wahllose Angriffe undBombardierungen, gesetzwidrige Inhaftierungen undMissbrauch der Inhaftierten, Erpressung und Schika-nierung an den Grenzkontrollstellen, was insgesamtzu unnötigem und unannehmbarem Leid in der Zivil-bevölkerung führt. Die Versammlung ist der Auffas-sung, dass jede weitere fehlende Bereitschaft oder Un-fähigkeit der Strafverfolgungsbehörden, Verbrechen,die von Mitgliedern der Bundesstreitkräfte gegenüberder Zivilbevölkerung begangen wurden, zu untersu-chen und die Schuldigen vor Gericht zu stellen, derRechenschaftspflicht abträglich sein und zu einemKlima der Straffreiheit führen wird, welches weitereMenschenrechtsverletzungen fördert und einer politi-schen Lösung des Konflikt im Wege steht.

10. Die Versammlung fordert die Regierung der Russi-schen Föderation nunmehr nachdrücklich auf, sofor-tige und wirksame Maßnahmen auf der Grundlage derArbeit der oben genannten Einrichtungen zu ergreifen,

1 Debatte der Versammlung am 28. September 2000 (31. Sitzung).Siehe Dok. 8840, Bericht des Politischen Ausschusses (Bericht-erstatter: Lord Judd) und Dok. 8843, Stellungnahme des Ausschus-ses für Recht und Menschenrechte (Berichterstatter: Herr Bindig).Von der Versammlung am 28. September 2000 verabschiedeter Text (31. Sitzung).

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 45 – Drucksache 14/6751

um die von ihnen gemeldeten Verstöße und Un-zulänglichkeiten unverzüglich zu beheben und insbe-sondere

i. sicherzustellen, dass das Büro des militärischenGeneralstaatsanwalts systematische, glaubwür-dige und erschöpfende Strafverfahren gegen die-jenigen Mitglieder der russischen Streitkräfteeinleitet, die an Kriegsverbrechen und anderenMenschenrechtsverletzungen beteiligt waren;

ii. alle gesetzwidrigen Verfahren, insbesondere Er-pressung und Schikanierung an den Grenzkon-trollstellen einzustellen und die Anzahl derGrenzkontrollstellen auf das absolute Mindest-maß zu beschränken;

iii. alle gesetzwidrigen und willkürlichen Verhaftun-gen und Inhaftierungen und jede körperliche oderseelische Misshandlung von Inhaftierten einzu-stellen;

iv. Sofortmaßnahmen zur Klärung des Schicksalsaller als vermisst gemeldeten Personen, darunterauch öffentlicher Persönlichkeiten, wie RuslanAlikhodzhijew, dem ehemaligen Parlamentspräsi-denten der Republik Tschetschenien, einzuleiten;

v. ein wirksames Gerichtswesen in der RepublikTschetschenien wieder herzustellen;

vi. die Ausstellung von Personalausweisen zu be-schleunigen;

vii. Entschädigung für während des Konflikts verlo-renes oder zerstörtes Eigentum zu leisten;

viii. die Rückkehr der Flüchtlinge und Vertriebenen inihre Heimat zu beschleunigen und in der Zwi-schenzeit ihre vollen Rechte, ihre Sicherheit undWürde in der Republik Tschetschenien und in an-deren Teilen der Russischen Föderation ein-schließlich Moskaus zu gewährleisten.

11. Die Versammlung fordert die russische Regierungebenfalls auf,

i. ihre Bemühungen um eine politische Lösung desKonflikts, einschließlich Verhandlungen mit denzivilen Führern und den tschetschenischen mi-litärischen Befehlshabern, ohne Vorbedingungenvoranzutreiben;

ii. alle angeblichen Massaker an der Zivilbevölke-rung durch russische Truppen, vor allem die vonAlkhan-Yurt (Dezember 1999), Staropromys-lowski (Januar 2000) und Aldi (Februar 2000) zuuntersuchen und die Verantwortlichen für dieVorfälle vor Gericht zu stellen;

iii. ihre Operationen zur Durchsetzung der Gesetzein der Republik Tschetschenien auf das für denSchutz ihrer Streitkräfte, der kommunalenBehörden und der Bevölkerung absolut Notwen-dige zu begrenzen;

iv. die Bewegungsfreiheit der Zivilbevölkerung inder Republik Tschetschenien zu gewährleisten;

v. größtmögliche Bewegungsfreiheit der Medien inder Republik Tschetschenien sicherzustellen.

12. Die Versammlung fordert die tschetschenischenKämpfer nachdrücklich auf, die Menschenrechte unddas humanitäre Völkerrecht uneingeschränkt zu ach-ten, Geiselnahmen zu unterlassen, die Kämpfe einzu-stellen und einen Dialog mit den russischen Behörden,einschließlich mit der Verwaltung der Republik Tsche-tschenien, einzuleiten. Die Versammlung äußert ihretiefe Besorgnis über die Forderung von PräsidentMaskhadow, die für die Wahl in die russische Staats-duma vorgesehenen 13 Kandidaten durch ein Scharia-Gericht zu verurteilen; sie nimmt zur Kenntnis, dassvor solche Gerichte gebrachte pro-russisch einge-stellte Tschetschenen zum Tode verurteilt wurden; siebekräftigt erneut ihre uneingeschränkte Ablehnungder Todesstrafe unter allen Umständen; sie beschließtdaher, eine Untersuchung einzuleiten, ob ein Scharia-Gericht einberufen wurde und welche Urteile ggf.verhängt wurden.

13. Die Versammlung ist sich der Befürchtungen hin-sichtlich der internationalen Dimension der Sicher-heitslage bewusst und appelliert eindringlich an dieMitglieder der internationalen Gemeinschaft, dietschetschenischen Kämpfer nicht bei ihren militäri-schen Aktivitäten zu unterstützen.

14. Die Versammlung ist weiterhin tief besorgt über diehumanitäre Lage der Flüchtlinge und Vertriebenen inInguschetien und insbesondere in der Republik Tsche-tschenien. Während ihre Rückkehr in ihre Heimat un-mittelbar von der Verbesserung der Menschenrechts-lage und der Situation in Bezug auf die Unterbringungabhängt, muss unverzüglich Entschädigung für verlo-renes und zerstörtes Eigentum geleistet werden, undes müssen andere Sofortmaßnahmen ergriffen wer-den, um eine angemessene Unterbringung, Heizung,Ernährung, grundlegende medizinische Versorgungwährend des Winters sowie eine mit ausreichendenMitteln ausgestattete Bildung zu gewährleisten. DieVersammlung verpflichtet sich, die Lage der Flücht-linge genau zu überwachen und die entsprechendenOrganisationen aufzufordern, die nötige finanzielleUnterstützung zu leisten.

15. Die Parlamentarische Versammlung ruft die russischeRegierung auf, denjenigen internationalen huma-nitären Organisationen und NROs Zugang zu gestat-ten, die bereit sind, Hilfsmaßnahmen in der RepublikTschetschenien einzuleiten, sofern die Sicherheit ihrerMitarbeiter gewährleistet wird; sie ruft die Regierun-gen der Mitgliedstaaten des Europarates auf, unver-züglich eine großzügige Unterstützung zur Wiederher-stellung der humanitären Lage und zum Wiederaufbauin der Republik Tschetschenien zu leisten.

16. Die Versammlung fordert das Ministerkomitee auf,die Maßnahmen Russlands zur Erfüllung seiner

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Drucksache 14/6751 – 46 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Verpflichtungen als Unterzeichnerstaat der Europä-ischen Menschenrechtskonvention und als Antwortauf die Empfehlungen und Entschließungen der Ver-sammlung zu überwachen. Die Versammlung ruft dasMinisterkomitee insbesondere dazu auf, die Fort-schritte bei den Untersuchungen und Strafverfahrengegen die für Übergriffe Verantwortlichen genau zuüberwachen. Sie fordert die Mitgliedstaaten auf, fallskeine bedeutenden Fortschritte erzielt werden, andereWege einzuschlagen hinsichtlich der Rechenschafts-pflicht, wie beispielsweise eine staatenübergreifendeBeschwerde vor dem Europäischen Menschenrechts-gerichtshof. Sie ruft den Generalsekretär ebenfallsauf, die Versammlung regelmäßig und umfassend überdie Aktivitäten der Sachverständigen des Europaratesim Büro von Herrn Kalamanow auf dem Laufenden zuhalten.

17. Die Versammlung bekräftigt erneut ihre Entschlossen-heit, mit den zuständigen russischen parlamentari-schen Einrichtungen zusammenzuarbeiten, um eineuneingeschränkte Einhaltung der Normen und Zieledes Europarates in der Republik Tschetschenien zugewährleisten. Die Versammlung unterstützt dieBemühungen jener Mitglieder in der Staatsduma undin der russischen Delegation in der ParlamentarischenVersammlung, die sich bemühen, Frieden, Demokra-tie, Schutz der Menschenrechte und Stabilität in derRepublik Tschetschenien herbeizuführen.

18. Die Versammlung beschließt, die nötigen praktischenVorkehrungen zur Beurteilung der Fortschritte auf ih-rer Teilsitzung im Januar 2001 zu treffen; sie äußertdie Hoffnung, dass die bis dahin erzielten Fortschritteso überzeugend sein werden, dass die russische Dele-gation wieder in den uneingeschränkten Genuss ihrerRechte gelangen kann.

Freitag, 29. September 2000

Tagesordnungspunkt

Die Charta der Grundrechte der EuropäischenUnion

(Drucksache 8819)

Berichterstatter: Abg. Göran Magnusson (Schweden)

Abg. Wolfgang Wodarg (SPD): Herr Präsident! VerehrteKollegen! Ich möchte zunächst einmal dem Rapporteur,Herrn Magnusson, und seinen Co-Rapporteuren für ihresehr intensive und sehr vorsichtige Arbeit sowie für dieWarnungen, die sie in Bezug auf das, was in Nizza pas-sieren wird, ausgesprochen haben, danken. Ich kann dieWarnungen nur voll unterstützen, auch angesichts der Tat-sache, dass mein Regierungschef vor zwei Tagen hier zudiesen Themen Stellung genommen hat.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, auf zwei Punkte hin-zuweisen, die mir grundlegend und beispielhaft für das er-

scheinen, was geschieht. Zum einen haben wir uns vorge-nommen, die Rechte jedes einzelnen Menschen zu schüt-zen. In dem vorliegenden Entwurf der Charta der EU istnicht nur von Menschen die Rede, sondern das „every-one“, das sich in Artikel 1 noch auf Menschen bezieht, be-zieht sich in Artikel 3 nur noch auf Personen, das heißt aufeinen Begriff, der den Problembereich, den wir durch un-sere Menschenrechtskonvention regeln wollen, weitausweniger umfangreich abdeckt. Eine Person ist z. B. nichtdas Wesen im Mutterleib. Der Schutz ist hier also erheb-lich eingeschränkt.

Zum anderen ist es nicht immer gut, wenn Dinge im De-tail geregelt werden. Gerade in dem uns vorliegenden Ent-wurf gibt es dafür Beispiele. Ich möchte zwei nennen.

Unter Artikel 3 wird zum Schutz der Menschenrechteverboten, eugenische Praktiken anzuwenden. Diese eu-genischen Praktiken werden aber nur in Bezug auf Perso-nen verboten, also nicht in Bezug auf Menschen. Dadurchfindet eine erhebliche Einschränkung der Menschen-rechte statt. Durch dieses eingeschränkte Verbot wärezum Beispiel das Töten von Kindern im Mutterleib wegenNichtgefallens oder wegen einer Behinderung nicht aus-geschlossen. Das halte ich für unvertretbar.

Ein zweites Problem entsteht dadurch, dass das reproduk-tive Klonen verboten wird. Auch hier könnte man sagen:Wunderbar, hier ist etwas im Detail geregelt. Aber wennin einer Grundrechtecharta nur das reproduktive Klonengenannt wird, könnte das den Eindruck erwecken, dassandere Arten des Klonens nicht verboten sind. Da mussman sich als verantwortungsvoller Politiker sofort fragen:Was könnte hier nicht erfasst sein? Welche Arten des Klo-nens gibt es noch? Dadurch ist das Klonen zu For-schungszwecken und das Klonen zur industriellen Her-stellung von Menschenteilen oder Teilmenschen nicht miterfasst. Das würde ganz sicher gegen die Menschen-würde, die in Artikel 1 festgelegt ist, verstoßen.

Hier haben wir also eine Durchlöcherung des grundsätz-lichen Schutzes dadurch, dass einzelne Bereiche detail-liert geregelt werden. Das kann nicht die Intention einerGrundrechtecharta sein.

Ich denke, dass der Tenor, der hier auch bei den Vorred-nerinnen und Vorrednern erkennbar war, nämlich dass esgut wäre, wenn wir die EU dazu brächten, als EU derMenschenrechtskonvention des Europarates beizutreten,der richtige Ansatz ist. Ich würde mich freuen, wenn inNizza beschlossen würde, dass man weiter nachdenkenwill, dass man die einzelnen Parlamente intensiv in dieDiskussion einbeziehen will. Ich weiß aus Deutschland,dass das nationale Parlament erst dabei ist, diese Dinge zudiskutieren, und dass es bisher nur einzelne Fachgruppensind, die sich intensiv mit dieser problematischen Materieauseinander setzen. Hier brauchen wir mehr Zeit. Wenndas in Nizza als ein Zwischenergebnis festgehalten wird,halte ich das für angemessen. Ich hoffe, dass dort nicht be-reits geltendes Recht beschlossen wird. Deshalb kann ichdie Berichterstatter nur ganz nachdrücklich unterstützen. –Danke.

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 47 – Drucksache 14/6751

Empfehlung 1479 (2000)1

betr.: die Grundrechtecharta der Europäischen Union

1. Die Versammlung verweist auf ihre Empfehlung 1439über die der Grundrechtecharta der EuropäischenUnion vom 25. Januar 2000, in der sie dem Minister-komitee des Europarates empfohlen hat, den Beitrittder Europäischen Union zur Europäischen Menschen-rechtskonvention zu unterstützen und die erforderli-chen Änderungen an diesem Vertrag vorzunehmen.

2. Sie stellt fest, dass das Ministerkomitee auf seiner 106. Sitzung (10. bis 11. Mai 2000) die Notwendigkeitbetonte sicherzustellen, dass, gleich welche Entschei-dungen die Institutionen der Union bezüglich derCharta treffen würden, dies nicht zu neuen Trennlinienin Europa führen würde. Die Charta sollte sich in völ-ligem Einklang mit dem Katalog zum Schutz der Men-schenrechte befinden, der im Rahmen der Europä-ischen Konvention allen Bürgern der Mitgliedstaatendes Europarates, einschließlich denen der EuropäischenUnion, geboten wird und diesen nicht schwächen.

3. Obwohl die Versammlung es begrüßt, dass das Minis-terkomitee ihre Besorgnis teilt, dass zwischen den bei-den Katalogen zum Schutz der Menschenrechte keineRivalität bestehen sollte, bedauert sie, dass es nochnicht zu einer Einigung bezüglich des Beitritts derUnion zur Europäischen Menschenrechtskonventiongekommen ist. Dieser Ansatz hat trotz der technischenEinwendungen des Gerichtshofs in Luxemburg vor einigen Jahren (für die leicht eine Lösung gefundenwerden kann) zu wiederholten Malen die Unterstüt-zung anderer betroffener Institutionen, wie dem Euro-päischen Parlament, der Europäischen Kommissionund dem Europäischen Gerichtshof für Menschen-rechte, gefunden.

4. Der Versammlung sind keine Faktoren bekannt, dieaus rechtlicher Hinsicht einem Beitritt entgegenste-hen. Sie hofft daher inständig, dass der politischeWille, der ein Fortschreiten des Prozesses bisher ver-hindert hat, bald aufgeboten werden kann.

5. Die Versammlung empfiehlt dem Ministerkomiteeferner, zu berücksichtigen, dass Europa größer als dieUnion sein wird und eine Reihe von Nichtmitglied-staaten der Union umfassen wird. Es ist daher not-wendig, dass es konkrete und organische Beziehungenzwischen dem Europarat und der Europäischen Uniongeben wird, die auf dem Grundsatz der Komplimenta-rität und der Zusammenarbeit basieren und sowohl derRolle als auch den ihn auszeichnenden Merkmalen desEuroparates Rechnung tragen.

6. Die Versammlung ersucht das Ministerkomitee nach-drücklich, den Grundsatz zu unterstützen, wonach diedurch die in der Charta garantierten sozialen Rechte,wie vom Europäischen Rat verabschiedet, denjenigenentsprechen müssen, die in der revidierten Europä-ischen Sozialcharta festgelegt sind, dem Instrumentdes Europarates, welches Normen setzt, soweitgrundlegende soziale Rechte angesprochen sind undeiner der Pfeiler des europäischen sozialen Modellsist.

7. Unter Hinweis auf die Entschließung 1228 (2000)über die Grundrechtecharta der Europäischen Unionempfiehlt die Versammlung dem Ministerkomitee da-her, unverzüglich Verhandlungen mit der Europä-ischen Union aufzunehmen, um die Union in die Lagezu versetzen, der EMRK so schnell wie möglich bei-zutreten, indem die notwendigen Änderungen sowohlan den Verträgen der Europäischen Union als auch ander Europäischen Menschenrechtskonvention vorge-nommen werden.

Entschl ießung 1228 (2000)1

betr.: die Grundrechtecharta der Europäischen Union

1. Seit der Verabschiedung der Entschließung 1210(2000) über die Grundrechtecharta der EuropäischenUnion am 25. Januar 2000 hat die Versammlung dieVorbereitungsarbeiten zur Charta, welche sich jetzt inihrer Schlussphase befinden, mit großem Interesseweiterverfolgt.

2. Die Versammlung wird geleitet von dem Anliegen, dieuneingeschränkte Ausübung der Menschenrechte undGrundfreiheiten für alle Personen, die unter die Recht-sprechung der Mitgliedstaaten der EuropäischenUnion fallen, zu gewährleisten. Die Versammlungmöchte zu weiteren von der Europäischen Union indiesem Bereich zu erzielenden Fortschritten ermuti-gen. Ihr Hauptanliegen besteht darin, die Entstehungneuer Trennlinien in Europa zu verhindern, indem siedie Einheitlichkeit des Menschenrechtschutzes fürden gesamten Kontinent verteidigt und abweichendeAuslegungen über diese Rechte vermeidet.

3. Die Versammlung verweist auf die Empfehlung 1415(1999), wonach „die wirtschaftlichen und sozialenRechte integrale Aspekte der Würde des Menschensind und genauso eindeutig Menschenrechte sind wiedie bürgerlichen und politischen Rechte. Diese beidenKategorien von Rechten sind voneinander abhängigund können nicht getrennt behandelt werden“.

1 Debatte der Versammlung am 29. September 2000 (32. Sitzung).Siehe Dok. 8819, Bericht des Ausschusses für Recht und Menschen-rechte (Berichterstatter: Herr Magnusson), Dok. 8846, Stellung-nahme des Politischen Ausschusses (Berichterstatter: Herr Clerfayt)sowie Dok. 8847, Stellungnahme des Ausschusses für Sozialord-nung, Gesundheit und Familie (Berichtserstatter: Herr Evin). Von derVersammlung am 29. September 2000 (32. Sitzung ) verabschiedeterText.

1 Debatte der Versammlung am 29. September 2000 (32. Sitzung).Siehe Dok. 8819, Bericht des Ausschusses für Recht und Menschen-rechte (Berichterstatter: Herr Magnusson), Dok. 8846, Stellung-nahme des Politischen Ausschusses (Berichterstatter: Herr Clerfayt)sowie Dok. 8847, Stellungnahme des Ausschusses für Sozialord-nung, Gesundheit und Familie (Berichtserstatter: Herr Evin). Von derVersammlung am 29. September 2000 (32. Sitzung ) verabschiedeterText.

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Drucksache 14/6751 – 48 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

4. Die Versammlung begrüßt die von der EuropäischenUnion unternommenen Anstrengungen zur Verstär-kung und deutlicheren Sichtbarmachung des Schutzesder Menschenrechte durch die Charta. Der vom Präsi-dium auf seiner Sitzung des „Konvents“ am 25./26.September 2000 vorgeschlagene Entwurf der Chartabekräftigt u. a. die Europäische Menschenrechtskon-vention (EMRK), die Sozialcharta des Europarates so-wie die Rechtsprechung des Europäischen Menschen-rechtsgerichtshofes. Insoweit als der Entwurf derCharta Rechte umfasst, die den von der EMRK garan-tierten Rechten entsprechen, ist deren Bedeutung undTragweite der gleiche wie der in der besagten Kon-vention festgelegte, womit garantiert wird, dass derSchutzumfang in dem Entwurf der Charta nicht dender EMRK unterschreitet.

5. Die Versammlung begrüßt ferner, dass in dem Entwurfder Charta eine Reihe von Rechten und Freiheiten an-erkannt werden, die nicht expressis verbis in derEMRK enthalten sind, wie das Recht auf Wahrung derkörperlichen und seelischen Unversehrtheit, das Ver-bot des Menschenhandels, das Recht auf Asyl sowieeine Reihe wichtiger sozialer und wirtschaftlicherRechte. Die Versammlung ist jedoch der Auffassung,dass der Umfang des in dem Entwurf der Charta aner-kannten Schutzes voll und ganz dem von den entspre-chenden Europaratsinstrumenten, insbesondere derrevidierten Sozialcharta und dem Übereinkommenüber Menschenrechte und Biomedizin, gewährtenSchutz entsprechen sollte.

6. Die Versammlung bedauert ebenfalls, dass in demEntwurf der Charta die Rechte von Personen, die eth-nischen, religiösen oder sprachlichen Minderheitenangehören, oder in der Tat das Recht auf kommunaleund regionale Selbstverwaltung nicht ausdrücklich er-wähnt werden - Rechte, welche die durch die Instru-mente des Europarates, wie dem Rahmenübereinkom-men über den Schutz nationaler Minderheiten oder derEuropäischen Charta der kommunalen Selbstverwal-tung, geschützt werden.

7. Die Versammlung ist überzeugt, dass das Ziel des Ent-wurfs der Charta, welches darin besteht, den Schutzder Grundrechte in den EU-Mitgliedstaaten zu stärkenund sichtbarer zu machen, nur dann erreicht werdenkann, wenn die Einrichtungen und Gremien der Euro-päischen Union nicht nur an den Entwurf der Charta,sondern auch an die Europäische Menschenrechts-konvention gebunden sind. In einer demokratischenGesellschaft ist ein System der gegenseitigen Kon-trolle von wesentlicher Bedeutung. Alle Mitgliedstaa-ten der Europäischen Union, die diesem demokrati-schen Grundsatz Achtung zollen, haben sich derexternen Überprüfung durch den Europäischen Ge-richtshof für Menschenrechte im Rahmen dieser Kon-vention unterworfen, ohne dabei die nationale Sou-veränität oder das Subsidiaritätsprinzip infrage zustellen. Es gibt keinen legitimen Grund, weshalb imNamen der Europäischen Union durchgeführte Akte

von diesen grundlegenden externen Kontrollmecha-nismen ausgeschlossen sein sollten, wodurch sie ef-fektiv Personen dem Schutz der EMRK entziehen, diedurch das Gemeinschaftsrecht in ihren Grundrechtenund -freiheiten beeinträchtigt werden. Wie die Euro-päische Kommission dargelegt hat, mindert das Be-stehen einer Charta nicht das Interesse am Beitritt zurEMRK aus genau diesen Gründen.

8. Dieses neue interne Rechtssystem, welches dieUnion schaffen möchte, sollte ihre globale Rolle wi-derspiegeln. Es muss dazu beitragen, Tendenzen inRichtung auf eine „Festung Europa“ abzubiegen undim Vordergrund stehen bei der Bekämpfung von Ras-sismus, Fremdenfeindlichkeit und ethnischer Ge-walt. In diesem Zusammenhang sollte die Frage derpolitischen Rechte von Staatsangehörigen von Dritt-staaten, die ihren Wohnort in der Union haben, be-handelt werden.

9. In diesem Zusammenhang begrüßt die Versammlungdie am 16. März 2000 verabschiedete Entschließungdes Europäischen Parlamentes, in welcher das Euro-päische Parlament die Regierungskonferenz auffor-dert, die Europäische Union in die Lage zu versetzen,Vertragspartei der Europäischen Menschenrechtskon-vention zu werden. Die Versammlung stimmt fernermit der Europäischen Union dahin gehend überein,dass die Erarbeitung der Charta nicht den Beitritt derEuropäischen Union zur EMRK ausschließt und dassin der Tat dieser Beitrag in keiner Weise die Bedeu-tung der Charta mindern würde.

10. Die Versammlung bekräftigt daher ihren Appell an dieEuropäische Union, alles in ihren Kräften Stehende zutun, um die Einheitlichkeit des Menschenrecht-schutzes in Europa zu gewährleisten. Sie fordert daherdie Europäische Union und deren Mitgliedstaaten auf:

i. sicherzustellen, dass sowohl der Text der vor-geschlagenen Charta und ihre letztendliche An-wendung den Schutz den die Europäische Men-schenrechtskonvention und der Europäische Ge-richtshof für Menschenrechte allen unter dieRechtsprechung der Mitgliedstaaten der Europä-ischen Union fallenden Personen bieten, voll undganz widerspiegeln und wahren;

ii. sicherzustellen, dass die durch die Charta garan-tierten sozialen Rechte den in der revidierten Eu-ropäischen Sozialcharta festgelegten Rechten ent-sprechen;

iii. unverzüglich Verhandlungen mit dem Europarataufzunehmen, um die Europäische Union in dieLage zu versetzen, der EMRK so schnell wie mög-lich beizutreten, indem die erforderlichen Ände-rungen an den Gemeinschaftsverträgen und an derEuropäischen Menschenrechtskonvention vorge-nommen werden.

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 49 – Drucksache 14/6751

Richt l inie Nr. 567 (2000)1

betr.: die Grundrechtecharta der Europäischen Union

Die Versammlung weist unter Berücksichtigung ihrerEntschließung 1228 (2000) und ihrer Empfehlung 1479(2000) über die Grundrechtecharta der EuropäischenUnion ihren Ausschuss für Recht und Menschenrechte an,in Zusammenarbeit mit dem Politischen Ausschuss unddem Ausschuss für Sozialordnung, Gesundheit und Fami-lie, Entwicklungen in Bezug auf die Charta aufmerksamzu verfolgen und ihr zu gegebener Zeit zu berichten.

Tagesordnungspunkt

Die Umwelt belastende Unfälle (Drucksache 8760 rev.)

Berichterstatter: Abg. Sir Sydney Chapman (Vereinigtes Königreich)

(Themen: die jüngsten Schadensfälle mit katastrophalenAuswirkungen auf die Umwelt – die unzureichendenrechtlichen, regulatorischen und technischen Maßnah-men – Mängel bei der Vorbeugung, dem Krisenmanage-ment und der Schadensbehebung – Handlungsvorschlägezur zukünftigen Vermeidung derartiger Unfälle und zurSchadensbegrenzung – die Umsetzung des Verursacher-prinzips in den Mitgliedstaaten)

Entschl ießung 1229 (2000)2

betr.: die Umwelt belastende Unfälle(Drucksache 8760 rev.)

1. Die Versammlung bekräftigt die Notwendigkeit poli-tischer Maßnahmen zur Vorbeugung und Abstellungvon Unfällen mit Umweltfolgen auf der Grundlagekohärenter Zielsetzungen für ein „Größeres Europa“.Diese Notwendigkeit wurde ganz deutlich durch vierkatastrophale Unfälle unterstrichen, die sich innerhalbvon drei Monaten zwischen Mitte Dezember 1999 undMitte März 2000 ereigneten:

i. am 12. Dezember 1999 zerbrach der 25 Jahre altein Malta registrierte und nur über einen einfachenRumpf verfügende Öltanker „Erika“, der von To-

tal-Fina gechartert worden war, in zwei Teile undverlor 10 000 bis 15 000 Tonnen schweres Heiz-öl, wodurch in Frankreich rund 400 km der euro-päischen Küste verunreinigt wurden mit schwe-ren Folgeschäden für die Fauna, die Flora, dieFischerei und den Tourismus und Auswirkungenauf die öffentliche Gesundheit;

ii. am 29. Dezember 1999 lief der ebenfalls mitschwerem Heizöl beladene und eigentlich nur fürdie saisonale Schifffahrt bei gutem Wetter zuge-lassene 25 Jahre alte russische Frachter „Volgo-neft 248“ bei schlechtem Wetter auf Grund undzerbrach vor Istanbul, wobei 1 300 Tonnen seinerLadung in das ohnehin stark verschmutzte Mar-marameer gelangten;

iii. am 30. Januar brach in Nordwest-Rumänien einDamm und setzte 100 000 Kubikmeter Abwasser,die mit Zyanid aus dem Goldbergwerk Baia MareAurul belastet waren, in die Nebenflüsse Lapusund Somes der in die Donau mündenden Theißfrei;

iv. am 10. März 2000 gelangte in Nordwest-Rumä-nien Schlamm mit hohen Schwermetallkonzen-trationen (vor allem Blei und Zink) aus dem Ab-setzbecken eines stillgelegten Bergwerks in BaiaBorse in den Fluss Visheu, ebenfalls ein Neben-fluss der Donau.

Als Folge der Flussverschmutzung aufgrund der oben er-wähnten Unfälle in den rumänischen Goldbergwerken istder gesamte lokale Wirtschaftszweig, der eng mit der Fischerei und der vom Wasser abhängigen Landwirtschaftverflochten ist, ruiniert.

2. Die Versammlung begrüßt die sofortige, spontane Mo-bilisierung der Öffentlichkeit und freiwillige Anstren-gungen im Anschluss an den Unfall der „Erika“ sowiedie Berichte der Untersuchungsausschüsse der franzö-sischen Nationalversammlung und des Senats undnimmt die von der Europäischen Kommission (Euro-päische Union) zügig unterbreiteten Vorschläge zurKenntnis über:

i. die Festlegung von Richtlinien und einer Verord-nung zur Durchsetzung der geltenden internatio-nalen Standards durch Hafenbehörden und Klassi-fikationsgesellschaften und zur beschleunigtenIndienststellung von Öltankern mit doppelwandi-gem Rumpf;

ii. größere Transparenz in der Schifffahrt, damit beieinem nicht dem Standard entsprechenden Schiffkünftig kein Charterer, Versicherer, Geldgeberusw. behaupten kann, nicht über dessen schlech-ten Zustand informiert gewesen zu sein;

iii. eine verbesserte Überwachung potenziell gefähr-licher Schiffe;

iv. Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass der An-teil der nicht den Sicherheitsstandards entspre-chenden Schiffe unter der Flagge von Mitglied-

1 Debatte der Versammlung am 29. September 2000 (32. Sitzung).Siehe Dok. 8819, Bericht des Ausschusses für Recht und Menschen-rechte (Berichterstatter: Herr Magnusson), Dok. 8846, Stellung-nahme des Politischen Ausschusses (Berichterstatter: Herr Clerfayt)sowie Dok. 8847, Stellungnahme des Ausschusses für Sozialord-nung, Gesundheit und Familie (Berichtserstatter: Herr Evin). Von derVersammlung am 29. September 2000 (32. Sitzung ) verabschiede-ter Text.

2 Debatte der Versammlung am 29. September 2000 (32. Sitzung). SieheDok. 8760, Bericht des Ausschusses für Umwelt, Raumordnung undKommunalfragen (Berichterstatter: Sir Sidney Chapman) und Dok.8839, Stellungnahme des Ausschusses für Landwirtschaft, ländlicheEntwicklung und Ernährung (Berichterstatter: Herr Goulet). Von derVersammlung verabschiedeter Text am 29. September 2000.

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Drucksache 14/6751 – 50 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

staaten der Europäischen Union nicht mit demBeitritt von Staaten wie insbesondere Malta undZypern zunimmt, die zur Zeit die viert- bzw.fünftgrößte Flotte der Welt haben;

v. die Errichtung einer europäischen Behörde fürSicherheit in der Seeschifffahrt oder „Küstenwa-che“ mit dem Auftrag, wirksame Sicherheits-überprüfungen durchzusetzen;

vi. die Anhebung der Obergrenzen für Entschädi-gungen nach der geltenden internationalen Haf-tungs- und Schadensersatzregelung, die bisherzufriedenstellend funktioniert hat, jetzt aber einezügigere Reaktion auf die Bedürfnisse der Opfererforderlich macht und stärkere Anreize zum Ver-zicht auf den Einsatz nicht dem Standard ent-sprechender Schiffe bieten muss.

3. Die Versammlung begrüßt die sofort nach den Unfäl-len in Nordwest-Rumänien eingeleitete und seitdemmit speziellen Fragen fortgesetzte gute Zusammenar-beit zwischen den Behörden und den RegierungenRumäniens und Ungarns. Sie stimmt überein mit demWeißbuch der Europäischen Kommission (Europä-ische Union) vom 9. Februar 2000 über Umwelthaf-tung, in dem der Beitritt der Europäischen Gemein-schaft zum Übereinkommen des Europarates über diezivilrechtliche Haftung für Schäden durch umweltge-fährdende Tätigkeiten (Lugano, 1993) als möglicherSchritt im Interesse eines „Größeren Europas“ darge-stellt wird, der die Erarbeitung einer „Rahmenrichtli-nie“ ergänzen würde, stellt aber fest, dass Rumänieneiner von vielen Staaten ist, die das Europaratsüber-einkommen noch nicht unterzeichnet haben.

4. Die Versammlung bekräftigt ihre Auffassung (Emp-fehlung 1431 (1999)), dass die finanziell abgesichertegesetzliche Haftung für Umweltschäden – in Bezugauf Eigentum, Personen, deren wirtschaftliche Exis-tenzgrundlage und das Gemeingut in Form der natür-lichen Ressourcen und der Artenvielfalt – Anreize füreinen sichereren und saubereren gewerblichen Betriebund Transport schafft und somit zu den wesentlichenMöglichkeiten gehört, um zukünftige Unfälle zu ver-hüten und bekräftigt in diesem Zusammenhang dieBeibehaltung des „Verursacherprinzips“ und die Not-wendigkeit seiner Anwendung und, dass in diesemSinne die Verantwortlichkeiten aller Beteiligten klarund unmissverständlich festgelegt werden müssen.

5. Die Versammlung bekräftigt ihre Auffassung (Emp-fehlung 1330 (1999)), dass die Sanierung der ökologi-schen Systeme des Schwarzen Meeres und des Do-naubeckens weiterhin entschieden im gemeinsameneuropäischen Interesse liegt, umso mehr als

i. das Schwarze Meer – dessen sechs Anrainerstaa-ten dem Europarat angehören und von denen dreiden Beitritt zur Europäischen Union beantragthaben – zu 90 % als biologisch tot gilt, wobei dieDonau zu 80 % die Verunreinigungsquelle dar-stellt;

ii. die Zukunft des über das Marmarameer mit ihmverbundenen Mittelmeers gefährdet ist;

iii. eine wirksame Reaktion positive Auswirkungenauf die Wiederherstellung der stark belastetenMeeresumwelt im hohen Norden Europas habenwird.

6. Die Versammlung stellt fest, dass die übermäßige Nut-zung des Schwarzen Meeres, insbesondere für inter-nationale Öl- und andere Gefahrguttransporte, die be-reits schon jetzt kritische Lage der biologischenVielfalt des Schwarzen Meeres noch verschlechternkönnte.

7. Unter Hinweis auf ihre seit langem feststehende Posi-tion zu den „Nord-Süd-Beziehungen“ und ihre Auf-gabe, in einem „Größeren Europa“ die Rechte jedesEinzelnen zu schützen, ist die Versammlung der Auf-fassung, dass Regionen und Gebiete, in denen höhereUmweltstandards gelten, nicht gedrängt werden dür-fen, diese abzusenken:

i. dementsprechend ist im Hinblick auf Bestrebun-gen, internationale Schifffahrtsstandards und diezunehmende Einführung von Öltankern mit dop-pelwandigem Rumpf durchzusetzen, sorgfältigdarauf zu achten, keine nicht dem Standard ent-sprechenden Schiffe in die Meere der ärmstenund am stärksten gefährdeten Staaten zu steuern,auf keinen Fall aber in die Gewässer von Staaten,die anerkannte Beitrittskandidaten der Europä-ischen Union sind oder in deren Nachbarländer;

ii. die Internationale Schifffahrtsorganisation (IMO)sollte als das geeignete Forum, in dem alle Mit-gliedstaaten des Europarates vertreten sind, ihrgemeinsames Interesse an der Verbesserung derSicherheit in der internationalen Schifffahrt undan Standards zur Verhütung von Umweltver-schmutzung sowie an einer Einigung über spezi-elle Maßnahmen und Zeitpläne für deren Ein-führung bekunden;

iii. ferner weist die Versammlung die Ansicht des OilCompanies International Marine Forum (OCIMF)zurück, wonach eine zusätzliche europäische„dritte Stufe“ der Finanzierung zur schnellen Ent-schädigung der Opfer einer Ölverschmutzung ineuropäischen Gewässern das derzeitige internatio-nale System für die Haftung und Entschädigungbei einer Ölverschmutzung destabilisieren würde.Sie unterstützt diesen Vorschlag vielmehr mitNachdruck.

8. Die Versammlung nimmt mit Interesse den angekün-digten Bericht des Ausschusses für Wirtschaft undEntwicklung zur Kenntnis über die Finanzierung vonSicherheitsmaßnahmen für die Atomkraftindustrie.

9. Daher fordert die Versammlung

i. die Regierungen der Mitgliedstaaten des Europa-rates auf, im Rahmen der Internationalen Schiff-fahrtsorganisation (IMO) eine abgestimmte Hal-

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 51 – Drucksache 14/6751

tung zu den Vorschlägen der Europäischen Unionfür die Verbesserung der Sicherheit in der Tan-kerschifffahrt zum Ausdruck zu bringen, insbe-sondere;

a. durch Abänderung der geltenden internatio-nalen Bestimmungen, vor allem durch dieAnhebung der Entschädigungsgrenzen, un-ter Anwendung der in den Vereinigten Staa-ten (Ölverschmutzungsgesetz) angewandtenKriterien, nach denen Umweltschäden be-rücksichtigt werden;

b. durch Überprüfung der Arbeit des Internatio-nalen Fonds zur Entschädigung für Ölver-schmutzungsschäden (IOPC), insbesonderehinsichtlich dessen Konzepts des „behebba-ren Schadens“ („reparable damage“);

c. durch Unterstützung des Ausbaus desEQUASIS-Programms (European QualityShipping Information System), eines harmo-nisierten und EDV-gestützten sicherheitsbe-zogenen Schifffahrtsüberwachungs- und In-formationssystems;

d. durch Bereitstellung von Ausbildung im Be-reich der Sicherheit auf See in Ausbildungs-einrichtungen der Seefahrt und durch Ein-richtung eines entsprechenden europäischenAusbildungszentrums mit Zuständigkeit fürdie Ausbildung von Inspektoren und Mitar-beitern, die im Falle eines Unfalls in irgend-einem Mitgliedstaat angefordert werdenkönnen;

e. durch die Forderung an Schiffseigener undCharterer, die genaue Art der transportiertenKohlenwasserstoffe oder der chemischenoder giftigen Stoffe anzugeben und eineProbe vorzulegen;

ii. unterstreicht die Notwendigkeit einer internatio-nalen Kontrolle der Tätigkeit der Schiffe in inter-nationalen Gewässern, einschließlich einer strik-ten Kontrolle auf dem Wege über dieSatellitenbeobachtung in Bezug auf das vorsätz-liche Einbringen von Abfällen auf See;

iii. verweist insbesondere auf die mit dem EUR-OPA-Übereinkommen des Europarates über Kata-strophenfälle gegebenen Möglichkeiten, welcheseine geeignete Plattform für die Zusammenarbeitzwischen Osteuropa, dem südlichen Mittelmeerund Westeuropa im Bereich Naturkatastrophenund technologische Katastrophen ist;

iv. Übereinkommen mit dem Ziel, eine angemes-sene Entschädigung für diejenigen sicherzustel-len, die aufgrund von Unfällen mit umweltschä-digenden Folgen Schaden erlitten haben;

v. die Europäische Union auf,

a. alle denkbaren Mittel auszuschöpfen, um imRahmen der Internationalen Schifffahrtsor-

ganisation (IMO) einen Konsens zu errei-chen, bevor sie auf ihre eigenen Vorschlägefür die beschleunigte Einführung doppel-wandiger Öltanker und eine Beschränkungdes Zugangs zu europäischen Gewässerndrängt und

b. im Interesse des „Größeren Europas“ die Op-tion ihres Beitritts zum Lugano-Übereinkom-men des Europarates über die zivilrechtlicheHaftung für Schäden durch umweltgefähr-dende Tätigkeiten voranzubringen;

vi. alle Regierungen der Mitgliedstaaten des Euro-parates auf, die sich um den Beitritt zur Euro-päischen Union beworben haben, das Lugano-Übereinkommen des Europarates über diezivilrechtliche Haftung für Schäden durch um-weltgefährdende Tätigkeiten zu unterzeichnenund zu ratifizieren, um ihre Anpassung an dengemeinschaftlichen Besitzstand der Europä-ischen Union vorzubereiten;

vii. die Regierung und das Parlament Rumäniens auf,auch unter Berücksichtigung der Antwort desMinisterkomitees auf die Empfehlung 1330(1997) der Versammlung im Rahmen des Stabi-litätspakts für Südosteuropa, die Gespräche zwi-schen den Anrainerstaaten über den Entwurf ei-ner Europäischen Charta für das Donaubeckenerneut in Gang zu bringen.

Tagesordnungspunkt

Schutz und Bewirtschaftung des Donau-beckens

(Drucksache 8812)

Berichterstatter: Abg. Benno Zierer (Bundesrepublik Deutschland)

Abg. Benno Zierer (CDU/CSU): Herr Präsident! MeineKolleginnen und Kollegen! Die Beiträge aller Redner haben sich unisono für die Notwendigkeit einer Chartaausgesprochen. Ich bin sehr dankbar für die große Zu-stimmung zur Donauschutzkonvention und zur Forde-rung, das Ministerkomitee möge seine seinerzeitige Hal-tung nochmals überdenken. Mein Dank gilt auch denbeiden Mitberichterstattern Sir Chapman und MonsieurGoulet. Ein besonderer Dank gilt dem Sekretariat fürseine Vorarbeiten.

Ich stimme den Ausführungen der beiden KollegenChapman und Goulet zu und darf zur Donau weiter aus-führen.

Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! DieDonau fließt durch einen der ältesten Kulturräume derMenschheit. Sie verbindet Länder, Völker und Kulturenund ist Verkehrsweg, Energieressource und Erholungs-raum. Ihre Kapazitäten als Wirtschaftsfaktor dürfen alsnoch nicht ausgeschöpft gelten. Gleichzeitig ist die Donau

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Drucksache 14/6751 – 52 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

stark schützbedürftig, wie die jüngste Umweltkatastropheim rumänischen Gebiet der Theiß gezeigt hat.

Die Erarbeitung einer internationalen Vereinbarung überden Schutz sowie die umweltverträgliche und ressourcen-schonende Entwicklung der Donau und des Donauraumeslag daher nahe. Bereits im Jahre 1993 habe ich einen ent-sprechenden Vorschlag an den Europarat gerichtet. Nochim selben Jahr fand in Regensburg, der Stadt am nörd-lichsten Punkt der Donau, die „2. Paneuropäische Inter-parlamentarische Konferenz über Umweltfragen“ statt.Dort wurde erstmals die Forderung einer intensivierteninternationalen Kooperation in allen Fragen, die den Do-nauraum betreffen, erhoben.

Die 27 Artikel der zu diesem Zweck entworfenen Chartaschrieben die Bemühungen um eine ausgewogene wirt-schaftliche Entwicklung des gesamten Donauraumes vonder Quelle bis zur Mündung unter Berücksichtigung desSchutzes natürlicher Ressourcen und kultureller Eigenartenfest. Dabei bot sich die Möglichkeit, bereits bestehendebilaterale Übereinkommen unter das Dach der Charta zuziehen und sie so für alle Signatarstaaten rechtlich ver-bindlich zu machen.

Ich darf kurz folgendes zu dem Zeitplan ausführen: Am18. Januar 1994 verabschiedete die Versammlung dieEmpfehlung 1021. Dadurch billigte sie die Schluss-erklärung der Konferenz von Regensburg und setzte demAusschuss Vorgaben für die geplante Ausarbeitung einerCharta. Im Verlauf der vorbereitenden Arbeiten führte derfür diese Aufgabe eingerichtete Ad-hoc-Unterausschussdes Ausschusses für Umwelt, Raumordnung und Kom-munalfragen eine Reihe von Konsultationen und An-hörungen durch, um die Meinungen der verschiedenenvon der Initiative betroffenen Parteien zu hören.

Die abschließenden Beratungen über den Entwurf derCharta fanden im November 1996 in Bukarest statt. ImMai 1997 verabschiedete die Versammlung, erneut in Bu-karest, die Empfehlung 1330 über den Entwurf einerCharta für das Donaubecken, die an das Ministerkomitee,das Exekutivorgan des Europarates, weitergeleitet wurde.

Bedauerlichweise scheiterte die Donauschutzkonventionam Ministerkomitee, das im Mai 1998 der Ansicht war,dass die von der Versammlung vorgeschlagene Aktionnicht in die Zuständigkeit des Europarates, sondern in dieder von der Initiative betroffenen Länder falle. Dies kameiner Absichtserklärung gleich, die Initiative nicht weiterzu verfolgen.

Diese Reaktion war nicht nur für mich als Berichterstatter,sondern auch für meine Kollegen aus den Anrainerstaatendes Donaubeckens sowie dem gesamten Ausschuss unver-ständlich. Dennoch ist die Donauschutzkonvention nötigerdenn je. Die Donau dient, wie wir alle wissen, auf weitenStrecken nach wie vor als Kloake. Die Schäden durch denBalkankrieg warten dringend auf ihre Behebung. Der zu-nehmende wirtschaftliche Aufschwung in den LändernSüdosteuropas bringt zusätzliche Belastungen mit sich.Diese Herausforderungen sind von den Anrainerstaatennur gemeinsam zu bewältigen.

Im Donauraum leben 80 Millionen Menschen. Ihr Schick-sal ist durch das gemeinsame Band der Donau miteinanderverknüpft. Die Donau, mit 2 858 Kilometern längster StromMitteleuropas, hat seit dem Fall des Eisernen Vorhangs alszentral- und osteuropäischer Wasserweg und Wirtschafts-raum erheblich an Bedeutung gewonnen. Aber auch dieSchäden und Schadensrisiken haben eminent zugenom-men, Schäden, die vor nationalen Grenzen nicht Halt ma-chen. Die Verseuchung von Theiß und Donau auf ungari-schem Staatsgebiet mit Zyaniden aus einem geborstenenRückhaltebecken in Rumänien hat gezeigt, dass die beste-henden Regeln und Mechanismen zur Vermeidung bzw.Bekämpfung solcher Umweltkatastrophen überaus man-gelhaft sind. Hier besteht dringender Handlungsbedarf,wenn noch größere Katastrophen vermieden werden sollen.

Unter Einbeziehung der Empfehlung 1330 aus dem Jahre1997 über den Entwurf einer Europäischen Charta für dasDonaubecken unterbreite ich hiermit der Parlamentari-schen Versammlung die Empfehlung 8812 mit dem Vor-schlag, die bisherigen zahlreichen Initiativen, Überein-kommen, Vereinbarungen und Projekte, die sich generellauf den Umweltschutz, Schifffahrtsfragen, grenzüber-schreitende Wasserwirtschaft, Tourismus usw. beziehen,unter einem Dach als Charta des Europarates wieder auf-zugreifen. Diese Charta soll nicht mit anderen bestehen-den Initiativen konkurrieren, sondern einen Rahmen fürdie laufende Zusammenarbeit auf allen Ebenen in der Do-nauregion bilden und damit eine bestmögliche Koordi-nierung aller Formen der bereits bestehenden Zusammen-arbeit sicherstellen.

Darüber hinaus richtet sich die Empfehlung an das Minis-terkomitee mit den Forderungen, erstens, die Prüfung desEntwurfs einer Europäischen Charta für das Donau-becken wieder aufzunehmen mit dem Ziel, seine Verab-schiedung in naher Zukunft positiv zu realisieren, undzweitens, einen Expertenausschuss zu bilden, in dem so-wohl die Parlamentarische Versammlung als auch derKongress der Gemeinden und Regionen in Europa vertre-ten sind, der die notwendige Arbeit zum Abschluss desTextes übernimmt. – Ich bedanke mich.

Empfehlung 1480 (2000)1

betr.: Schutz und Bewirtschaftung des Donau-beckens

(Drucksache 8812)

1. Um einen Beitrag zur Einführung eines umfassendenund integrierten Ansatzes für die verschiedenen sekto-ralen Politiken zur Gewährleistung einer nachhaltigenEntwicklung des Donaubeckens zu leisten, verab-schiedete die Parlamentarische Versammlung 1997die Empfehlung 1330 (1997) über den Entwurf einerEuropäischen Charta für das Donaubecken.

1 Debatte der Versammlung am 29. September 2000 (32. Sitzung).Siehe Dok. 8812, Bericht des Ausschusses für Umwelt, Raumord-nung und Kommunalfragen (Berichterstatter: Herr Zierer). Von derVersammlung am 29. September 2000 verabschiedeter Text (32. Sitzung).

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 53 – Drucksache 14/6751

2. Diese Initiative beruhte auf der Tatsache, dass in An-betracht der neuen Möglichkeiten, die sich aus derÖffnung der mittel- und osteuropäischen Länder erge-ben haben, zahlreiche Initiativen in Bezug auf das Do-naubecken ergriffen wurden, wie Übereinkommen,Vereinbarungen und Projekte, die sich generell aufden Umweltschutz, Schifffahrtsfragen, grenzüber-schreitende Wasserbewirtschaftung, Tourismus usw.beziehen.

3. Die Versammlung war überzeugt von der Notwendig-keit, dass bei allen diesen Maßnahmen ein umfassen-der und integrierter Ansatz sichergestellt werdensollte und schlug eine Charta vor, die nicht mit ande-ren bestehenden Initiativen konkurrieren sollte undderen Ziel ausschließlich darin bestand, den ange-messenen Rahmen für die laufende Zusammenarbeitauf allen Ebenen in der Donauregion zur Verfügungzu stellen und die bestmögliche Koordinierung allerFormen der bereits bestehenden Zusammenarbeit si-cherzustellen.

4. Es ist bedauerlich, dass das Ministerkomitee die Auf-fassung vertrat, dass es nicht Aufgabe des Europaratessei, eine Rolle bei der Suche nach Lösungen für TeileEuropas betreffende Probleme zu spielen, sonderndass dies in erster Linie Aufgabe der betreffendenLänder sei, und damit den Vorschlag nicht weiterver-folgte.

5. Leider haben der bereits ernste ökologische Zustandder Donau gemeinsam mit den Schwierigkeiten beider Bewältigung der Folgen der jüngsten Katastro-phen, von denen der Fluss heimgesucht wurde – sei esdie versehentliche Entladung gefährlicher, aus Bom-bardierungen während des jüngsten Konflikts im ehe-maligen Jugoslawien stammender Stoffe oder die Fol-gen des Ableitens von Zyanid in einen Nebenfluss derDonau – gezeigt, wie nützlich die Verabschiedung ei-ner derartigen Charta gewesen wäre und in welchemMaße ihre Anwendung zur Stabilität in der Regionhätte beitragen können.

6. Die Versammlung empfiehlt daher dem Ministerko-mitee,

i. die Prüfung des Entwurfs einer EuropäischenCharta für das Donaubecken wieder aufzunehmenmit dem Ziel, seine Verabschiedung in der nahenZukunft in Betracht zu ziehen;

ii. einen Expertenausschuss, in dem sowohl die Par-lamentarische Versammlung und der Kongress derGemeinden und Regionen in Europa vertretensind, zu bitten, die notwendige Arbeit zum Ab-schluss dieses Textes zu übernehmen;

iii. gegenüber neuen von NGOs, die sich mit Um-weltfragen beschäftigen, vorgelegten Umweltar-gumenten und Vorschlägen für eine nachhaltigeEntwicklung der Region des Donaubeckens so of-fen wie nur möglich zu sein.

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Drucksache 14/6751 – 54 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Anlage

Mitgliedsländer der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (41)

Albanien MoldauAndorra NiederlandeBelgien NorwegenBulgarien ÖsterreichDänemark PolenDeutschland PortugalEstland RumänienFinnland RusslandFrankreich San MarinoGeorgien SchwedenGriechenland SchweizIrland Slowakische RepublikIsland SlowenienItalien SpanienKroatien Tschechische RepublikLettland TürkeiLiechtenstein UkraineLitauen UngarnLuxemburg Vereinigtes Königreichehem. Jugoslawische Republik Mazedonien ZypernMalta

Länder mit Sondergaststatus (4)

– zur Mitwirkung in der Parlamentarischen Versammlung ohne Stimmrecht berechtigt

ArmenienAserbaidschanBosnien-HerzegowinaBelarus*

Beobachter (3)

IsraelKanadaMexiko

* Der Sondergaststatus von Belarus wurde am 23. Januar 1997 ausgesetzt.

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 55 – Drucksache 14/6751

Anhang

Funktionsträger der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Präsident Lord Russell-Johnston (Großbritannien – LDR)Vizepräsidenten 19, darunter Wolfgang Behrendt (Bundesrepublik Deutschland –

SPD//SOC)Kanzler Bruno Haller (Frankreich)

Politischer AusschussVorsitzender Terry Davis (Vereinigtes Königreich – SOC)Stv. Vorsitzende Kristiina Ojuland (Estland – LDR)

Jacques Baumel (Frankreich – EDG)Latchezar Toshev (Bulgarien – EVP)

Ausschuss für Wirtschaft und EntwicklungVorsitzende Helle Degn (Dänemark – SOC)Stv. Vorsitzende Jean Valleix (Frankreich – EDG)

Mikko Elo (Finnland – SOC)Christian Brunhart (Liechtenstein – EVP)

Ausschuss für Sozial- und GesundheitsfragenVorsitzender Thomas Cox (Vereinigtes Königreich – SOC)Stv. Vorsitzende Lára Margrét Ragnarsdóttir (Island – EDG)

Gyula Hegyi (Ungarn, SOC)Edeltraud Gatterer (Österreich – EVP)

Ausschuss für Recht und MenschenrechteVorsitzender Gunnar Jansson (Finnland – LDR)Stv. Vorsitzende Rudolf Bindig (Bundesrepublik Deutschland – SPD/SOC)

György Frunda (Rumänien – EVP)Lydie Err (Luxemburg – SOC)

Ausschuss für Kultur und ErziehungVorsitzender Pedro Roseta (Portugal – EVP)Stv. Vorsitzende Emanuelis Zingeris (Litauen – EDG)

Lluis Maria de Puig (Spanien – SOC)Iwan Iwanow (Bulgarien – EVP)

Ausschuss für Wissenschaft und TechnologieVorsitzender Anatoliy Rakhansky (Ukraine – UEL))Stv. Vorsitzende Claude Birraux (Frankreich – EVP)

Martti Tiuri (Finnland – EDG)Sören Lekberg (Schweden – SOC)

Ausschuss für Umwelt, Regionalplanung und Kommunalfragen

Vorsitzende Cevdet Akçali (Türkei – EDG)Stv. Vorsitzende Felice Carlo Besostri (Italien – SOC)

Daniel Hoeffel (Frankreich – EVP)Olafur Örn Haraldsson (Island – LDR)

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Drucksache 14/6751 – 56 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Ausschuss für Wanderbewegungen, Flüchtlings- und BevölkerungsfragenVorsitzender Agustín Díaz De Mera (Spanien – EVP)Stv. Vorsitzende Tadeusz Iwinski (Polen – SOC)

Ruth-Gaby Vermot-Mangold (Schweiz – SOC)Doros Christodoulides (Zypern – UEL)

GeschäftsordnungsausschussVorsitzende František Kroupa (Tschechische Republik – EVP)Stv. Vorsitzende Henning Gjellerod (Dänemark – SOC)

Béla Pokol (Ungarn – EVP)Peter Kresák (Slowakei – LDR)

LandwirtschaftsausschussVorsitzender Wolfgang Behrendt (Bundesrepublik Deutschland – SPD/SOC)Stv. Vorsitzende Takis Hadjidemetriou (Zypern – SOC)

Siegfried Hornung (Bundesrepublik Deutschland – CDU/CSU//EVP)Juha Korkeaoja (Finnland – LDR)

ÜberwachungsausschussVorsitzender João Mota Amaral (Portugal – EVP)Stv. Vorsitzende Jordi Solé Tura (Spanien – SOC)

Juris Sinka (Lettland – EDG)Hanne Severinsen (Dänemark – LDR)

Ausschuss für die Beziehungen zu den nationalen Parlamenten und zur ÖffentlichkeitVorsitzender Jean-Claude Mignon (Frankreich – EDG)Stv. Vorsitzende Younal Loutfi (Bulgarien – LDR)

Andrzej Wielowieyski (Polen – EVP)Jean-Pierre Michel (Frankreich – SOC)

HaushaltsausschussVorsitzender Károly Lotz (Ungarn – LDR)Stv. Vorsitzende Kimon Koulouris (Griechenland – SOC)

Giuseppe Aleffi (Italien – EVP)Soeren Soendergaard (Dänemark – UEL)

Ausschuss für die Gleichstellung von Frauen und MännernVorsitzende Yvette Roudy (Frankreich – SOC)Stv. Vorsitzende Zdravka Busic (Kroatien – EVP)

Elena Poptodorova (Bulgarien – SOC)Olga Keltošová (Slowakei – EDG)

SOC Sozialistische GruppeEVP Gruppe der Europäischen VolksparteiEDG Gruppe der Europäischen DemokratenLDR Gruppe der Liberalen, Demokraten und ReformerUEL Gruppe der Vereinigten Europäischen Linken

Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, BerlinVertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 13 20, 53003 Bonn, Telefon: 02 28 / 3 82 08 40, Telefax: 02 28 / 3 82 08 44

ISSN 0722-8333