2. Französisch-Deutscher Sanierungsgipfel 04.09

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Nürnberg ▪ München ▪ Augsburg ▪ Ansbach ▪ Hof ▪ Regensburg ▪ Würzburg ▪ Landshut

ARBEITSRECHTLICHE ASPEKTE BEIM VERKAUF EINES

LAUFENDEN GESCHÄFTSBETRIEBES IM RAHMEN EINES

INSOLVENZVERFAHRENSV E RG L E I C H F R A N K R E I C H U N D D E U TS C H L A N D

2. Französisch-Deutscher Sanierungsgipfel – 04.09.2015

RA Dr. Ulf Pechartscheck

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Arbeitsrechtliche Aspekte beim Verkauf eines laufenden Geschäftsbetriebes: Vergleich Frankreich / Deutschland

Insolvenzantrag

+

Vorläufiger Insolvenzverwalter

Eröffnungsverfahren

Insolvenzeröffnung

+

Endgültiger Insolvenzverwalter

Insolvenzverfahren

1. Verfahrensablauf im Überblick

Prüfungsphase Verwertungsphase

Befriedigung der Gläubiger

+

Beendigung des Verfahrens

Gerichtliches Verfahren

Ziel eines Insolvenzverfahrens: bestmögliche gemeinschaftliche Gläubigerbefriedigung (§ 1 InsO).

Das Insolvenzrecht berührt das Arbeitsrecht grundsätzlich nicht - Mitarbeiter sind nicht schutzlos gestellt!

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Arbeitsrechtliche Aspekte beim Verkauf eines laufenden Geschäftsbetriebes: Vergleich Frankreich / Deutschland

Insolvenzantrag

Eröffnungsverfahren

Insolvenzeröffnung

2. Eröffnungsverfahren im Einzelnen

Prüfungs- und Stabilisierungsphase

Prüfung der Insolvenzgründe.

Stabilisierung des laufenden Geschäftsbetriebes durch:

Stabilisierung ist die Basis für den Verkaufs- und Investorenprozess.

Frühzeitige Einbeziehung der Arbeitnehmerschaft (Betriebsrat / Gewerkschaft / Gläubigerausschuss).

Sicherung / Erhalt der Aufträge.

Sicherung / Erhalt der Lieferantenbeziehung.

Liquiditätsbeschaffung, u.a. durch Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes.

Aufgaben

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Arbeitsrechtliche Aspekte beim Verkauf eines laufenden Geschäftsbetriebes: Vergleich Frankreich / Deutschland

Insolvenzantrag Insolvenzeröffnung

3. Besonderheit Insolvenzgeld

=> weitere Liquiditätshilfe!

=> Stärkung der Motivation der Mitarbeiter durch fristgerechte Bezahlung der Löhne.

=> Agentur für Arbeit erhält keinen privilegierten Rückzahlungsanspruch (§ 55 Abs. 3 InsO).

(Vorfinanzierung) Insolvenzgeld für maximal 3 Monate vor Insolvenzeröffnung (§§ 165 ff. SGB III).

März April Mai Juni

Insolvenzgeldzeitraum maximal 3 Monate

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Arbeitsrechtliche Aspekte beim Verkauf eines laufenden Geschäftsbetriebes: Vergleich Frankreich / Deutschland

Insolvenzeröffnung

4. Insolvenzverfahren im Einzelnen

Verwertungsphase

Umsetzung von Restrukturierungsmaßnahmen (u.a. auch nach § 103 ff. InsO).

Fortsetzung des Verkaufs- und Investorenprozesses und Verkauf.

Abschluss der übrigen Verwertung.

Befriedigung der Insolvenzgläubiger.

Befriedigung der Gläubiger

Insolvenzverfahren

Übertragende Sanierung („Asset Deal“)Insolvenzplan

+

Veräußerung der Geschäftsanteile („Share Deal“)

Aufgaben

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Arbeitsrechtliche Aspekte beim Verkauf eines laufenden Geschäftsbetriebes: Vergleich Frankreich / Deutschland

5. Arbeitsrechtliche Grundsätze

Grundsatz:

Kollektives und individuelles Arbeitsrecht werden durch die Insolvenzeröffnung nicht tangiert. Dies gilt

insbesondere für den Sonderkündigungsschutz von

Dem (vorläufigen) Gläubigerausschuss soll ein Vertreter der Arbeitnehmer angehören (§§ 67 Abs. 2 S. 2, 21

Abs. 2 S.1 Nr. 1a InsO).

Beteiligung der Arbeitnehmer:

Schwangeren,

Betriebsräten und

Schwerbehinderten.

Ausnahme:

Die §§ 113 ff. InsO modifizieren u.a. die Kündigungsfristen und die Voraussetzungen der Kündigung (vgl.

unten).

§ 613a BGB:

Bei Betriebsübergang gilt § 613a BGB (vgl. unten).

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Arbeitsrechtliche Aspekte beim Verkauf eines laufenden Geschäftsbetriebes: Vergleich Frankreich / Deutschland

5. Arbeitsrechtliche Grundsätze

Gewerkschaften:

Betriebsrat:

• Keine Einschränkung der gesetzlichen Rechte.

• Gewerkschaft kann Betriebsrat und Arbeitgeber überwachen (§ 23 BetrVG).

• Durch TV geregelte Arbeitsbedingungen können nur einvernehmlich mit Zustimmung der

Gewerkschaft verändert werden (Sanierungstarifvertrag).

• Mit Ausnahme der §§ 120 ff. InsO grundsätzlich keine Einschränkung der Mitbestimmungsrechte des

Betriebsrats durch Insolvenzverfahren, d.h. es bleibt bei

• Keine Einschränkung des Streikrechts.

dem Konsultationsverfahren nach Kündigungsschutzgesetz,

der Betriebsratsanhörung,

dem Interessenausgleich / Namensliste.

Kollektives Arbeitsrecht:

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Arbeitsrechtliche Aspekte beim Verkauf eines laufenden Geschäftsbetriebes: Vergleich Frankreich / Deutschland

6. Übertragende Sanierung („Asset Deal“)

Betriebsübergang: Durch die Übernahme „legt sich der Übernehmer ins gemachte Bett“ (BAG, Urteil v.

6.4.06), d.h. vorhandene betriebliche Organisation wird vom Erwerber fortgesetzt.

Insolvenzschuldner Investor - NewCo

§ 613a BGBEingefügt durch die

„Betriebsübergangs-Richtlinie“

77/187/EWG v. 14.2.1977

In Deutschland auch im

Insolvenzverfahren gültig.

=> Investor übernimmt alle Arbeitsverhältnisse.

=> Bei personellen Überkapazitäten entsteht somit die Notwendigkeit zum Personalabbau vor dem

Verkauf!

Einzelrechtsübertragung.

Wechsel des Unternehmensträgers / Arbeitgebers.

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Arbeitsrechtliche Aspekte beim Verkauf eines laufenden Geschäftsbetriebes: Vergleich Frankreich / Deutschland

7. Durchbrechung der arbeitsrechtlichen Grundsätze - Personalabbau vor dem Verkauf

InsolvenzschuldnerInsolvenzschuldner

Ausgangslage Zielstruktur

Kündigungsschutz gilt auch im Insolvenzverfahren, aber §§ 113 ff. InsO regeln:

Kündigung nach Abschluss eines Interessenausgleichs mit Namensliste mit dem Betriebsrat kann

nur noch wegen grober Fehlerhaftigkeit angegriffen werden (§ 125 InsO).

Besonderheit Transfergesellschaft – vgl. Seite 10.

Klagerisiko – Stichwort „Einklagen“ – bleibt!

Gemäß § 613a Abs. 4 BGB ist eine Kündigung allein wegen des Betriebsübergangs unzulässig.

Begrenzung Sozialplan (§ 123 InsO).

Kündigungsfrist maximal 3 Monate zum Monatsende.

Konzept des Erwerbers, dessen Durchführung im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits

greifbare Formen angenommen hat (Vorvertrag).

Allerdings darf nach dem „Erwerberkonzept“ bereits durch den Insolvenzverwalter gekündigt werden:

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Arbeitsrechtliche Aspekte beim Verkauf eines laufenden Geschäftsbetriebes: Vergleich Frankreich / Deutschland

8. Besonderheit Transfergesellschaft

Rechtssicherheit bezüglich der Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch den Abschluss 3-seitiger

Verträge (Arbeitnehmer, Transfergesellschaft und Insolvenzverwalter)

Transfergesellschaft

nachher

1

2

3

InsolvenzschuldnerInsolvenzschuldner

vorher

Investor - NewCo

4

Transfer-

maßnahme

Übertragende

Sanierung

Grenze: keine Umgehung von § 613a BGB!

Gründung einer neuen Gesellschaft („Transfergesellschaft“), finanziert durch:

Insolvenzmasse / Gläubiger / Dritte

Staatliche Förderung – „Transferkurzarbeitergeld“ (§ 111 SGB III).

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Arbeitsrechtliche Aspekte beim Verkauf eines laufenden Geschäftsbetriebes: Vergleich Frankreich / Deutschland

9. Verkauf Geschäftsanteile („share deal“)

Insolvenzschuldner

Gesellschafter alt Gesellschafter neu

Der insolvente Unternehmensträger (= bisheriger Arbeitgeber) verändert sich nicht.

Der Verkauf vollzieht sich nur auf Gesellschafter-Ebene und berührt das Arbeitsverhältnis nicht.

In der Insolvenz ist der vorherige Abschluss eines Insolvenzplans erforderlich, um die Insolvenzgründe

zu beseitigen.

Die (personelle) Restrukturierung muss vor Verkauf erfolgen (vgl. oben).

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Arbeitsrechtliche Aspekte beim Verkauf eines laufenden Geschäftsbetriebes: Vergleich Frankreich / Deutschland

Insolvenzgeld für bis zu 3 Monate stabilisiert die Betriebsfortführung durch den Liquiditätseffekt und

motiviert die Mitarbeiter.

= > Basis für den Verkauf!

10. Zusammenfassung

§ 613a BGB bewirkt den Übergang der Arbeitnehmer auf den Erwerber.

Insolvenzverwalter hat eine Vielzahl von Instrumenten, um im Bedarfsfall Personal abzubauen, namentlich

Bei allen Maßnahmen ist fortlaufende Kommunikation mit den Arbeitnehmervertretern geboten.

In der Insolvenz bleiben grundsätzlich alle betriebsverfassungsrechtlichen und individuellen Arbeit-

nehmerschutzrechte erhalten.

Erleichterungen nach §§ 113 ff. InsO,

betriebsbedingte Kündigung nach Erwerberkonzept,

staatliche Förderung der Transfergesellschaft.

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Nürnberg ▪ München ▪ Augsburg ▪ Ansbach ▪ Hof ▪ Regensburg ▪ Würzburg ▪ Landshut

E NDE DER P RÄSENTATION – V IELEN DANK FÜR DIE

AUFMERKSAMKEIT!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Merci pour votre l‘attention!

Dr. Ulf PechartscheckPartner

Rechtsanwalt und Insolvenzverwalter

Kanzlei Dr. Beck & Partner GbR

Nymphenburgerstraße 5

D-80335 München

E-Mail: [email protected]

Tel: +49 (0)89 / 30905860

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