1 Deutschland. Ein Wintermärchen Heinrich Heine (1797 – 1856) Bilder von Hans Traxler.

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Deutschland. Ein Wintermärchen

Heinrich Heine (1797 – 1856)

Bilder von Hans Traxler

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Deutschland. Ein Wintermärchen

Titel und Gattungsangabe

Shakespeare: A Winter‘s Tale

Winter… Metapher für politische Erstarrung…märchen Romantik

(ironische Brechung, in Wirklichkeit satirisches Versepos ohne jede Heile-Welt-Versprechung)

Versepos Erzählung in Versen und Strophen

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Deutsch

land. E

in

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term

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Politische S

ituation in Deutschland im

Jahre 1843

39 Bundesstaaten dominiert von Preußen und Österreich

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Deutschland. Ein Wintermärchen

Politische Situation in Deutschland im Jahre 18431815 RESTAURATION 1830 VORMÄRZ 1848Spätromantik Frührealismus Biedermeier (apolitisch) – Junges Deutschland (national, liberal) - Literarischer Vormärz (demokratisch)

Friedrich Wilhelm IV

Märzrevolution

Schlesien 1844

Wacht amRhein

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Heines persönliche Situation (1)Nachtgedanken (1843)

Denk ich an Deutschland in der Nacht,Dann bin ich um den Schlaf gebracht,Ich kann nicht mehr die Augen schließen,Und meine heißen Tränen fließen.

Die Jahre kommen und vergehn!Seit ich die Mutter nicht gesehn,Zwölf Jahre sind schon hingegangen;Es wächst mein Sehnen und Verlangen.

[…]

seit Mai 1831 im Pariser Exil

persönliche Motive

patriotische Sorge wegen politischen Fehlentwicklungen

romantische Verkitschung

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Deutschland. Ein Wintermärchen

Heines persönliche Situation (2)

Nachtgedanken (1843)

[…]

Gottlob! Durch meine Fenster brichtFranzösisch heitres Tageslicht;Es kommt mein Weib, schön wie der Morgen,Und lächelt fort die deutschen Sorgen.

l‘art de vivre

D: SCHWERMUT F: HEITERKEIT

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Reisedaten

21.-29.10.1843: Paris – Brüssel – Aachen – Köln – Münster – Osnabrück – Bremen – Hamburg

10.-16.12.: Hamburg – Hannover – Bückeburg – Minden – Paderborn – Hagen – Köln – Aachen - Brüssel (Zug!) - Paris

Umstellung und Umdatierung

Kyffhäuser

Quelle: HH, DWM, Klassiker auf CD-ROM, Stuttgart: Reclam, 1997

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Vorwort

- Berufung auf Aristophanes (praeteritio! XVII), Cervantes, Molière vorweggenommener Vorwurf mangelnder Seriosität

- Verfassungspatriotismus Freiheitsrechte als Erbe der Französischen Revolution

- Aussöhnung mit Frankreich Der Rhein gehöre den „Landeskindern“ (also nicht den Herrschern!)

- Vollendung der Ideale der FR Grundversorgung für den „Magen der großen Menge“ (Proletariat!) „Erlös[ung] Gottes aus der „Dienstbarkeit“

- Privatfehde mit Karl Gutzkow („Junges Deutschland“)

Stil: pathetischer Überschwang mit provokativen Einsprengseln, keine Ironie

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Caput I

Im / trau/ri/gen / Mo/nat / No/vem/ber / war‘s,Die / Ta/ge / wur/den / trü/ber,Der / Wind / riß / von / den / Bäu/men / das / Laub,Da / reist‘ / ich / nach / Deutsch/land / hin/üb/er.

Metrische Form

-Quartett mit abwechselnd vier- und dreihebigen Versen

- Verse 1 und 3 durch klingenden Reim verbunden

- freie Füllung der Senkungen (Jambus, Anapäst)

- tänzerisch-beschwingt (z.T. im Gegensatz zum Inhalt, unterstützt Ironie)

- einfache Volksliedstrophe (später oft bewusst naiv-holprige Passagen)

Melancholie (Stilisierung!)

Herbststürme Revolution? Erlebnislyrik? nur scheinbar

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Caput I (Aufbau)

1. Rührseligkeit: Rückkehr in die Heimat (Str. 1-3) 2. Kritik: Vertröstendes „Eiapopeia vom Himmel“

als Herrschaftsinstrument (Str. 4-8) 3. Utopie: Glücksanspruch im Diesseits (Str. 9-17)

a) Brot (Grundsicherung!) + Spaß (Hedonismus)b) Freiheit und Europa (Allegorie!)

4. Enthusiasmus: revolut. Aufbruchstimmung (18-19)

programmatische Basis: Saint-Simonismus„Toute la société doit travailler à l‘amélioration de l‘existence morale et physique de la classe la plus pauvre.“

Hauptstilmittel: Antithese, Ironie

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I/II Grenze: Zoll auf revolutionäre Gedanken

III Aachen: Militär und Preußentum

IV Köln: Klerikalismus (Dombaustiftung)

V Rheinbrücke: Poetische Rheindiskussion

VI Allegorie der Tat

VII Traum von der Zerschlagung des Absolutismus

VIII Mülheim/Rhein: Napoleonmythos

IX/X Hagen: Küche und Lob der Westfalen

XI Detmold / Teutoburger Wald: Spekulationen über die Bedeutung der Schlacht

XII Opportunismusvorwurf

XIII Paderborn: Aufklärungsskepsis

XIV-XVII Rotbartmythos (Revolution, Absage an Monarchie, Mittelalterkult)

XVIII Minden: Preußen als Kerker (Alptraum)

XIX Hannover: Duodez-Fürsten

XX Hamburg: Fragen der Mutter. Heimat

XXI Brand und preußischer Einfluss

XXII Hamburger Bevölkerung

XXIII Stadtgöttin Hammonia

XXIV Heimatliebe

XXV Politische Lage

XXVI Orakel des Nachtstuhls

XXVII Macht der Dichter

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Caput II: Gedanken sind zollfrei

-„der Zukunft Krondiamanten“ Utopie

- Selbstbewusstsein

- Bezug auf Hoffmann von Fallersleben: HH will mehr als nur eine bürgerliche Republik, d.h. Sozialismus

- Zitat als Schutzschild und satirische Zuspitzung:

„materielle Einheit“: Zollverein

„ideelle Einheit“: Zensur (Pointe!)

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Caput VII: Zerschlagung des Aberglaubens (Traum)

„Süßigkeit / des vaterländischen Pfühles“ vs. „harte Matratzen […] des Exiles“ Oxymoron, Archaismus - Antithese deutsche Rückständigkeit und Verschlafenheit + Parodie romantischer Sehnsucht

Apostrophe „O deutsche Seele” und ihre unbestrittene Herrschaft „im Luftreich des Traums” „kleiner Meierhof im Reiche der Poesie (E.T.A. Hoffmann: Der goldene Topf) Gegensatz: Realmächte (E, F, R) – ohnmächtige Kulturnation (nur kulturelle Einheit) Gegensatz von Gedanke und Tat

Imaginärer Besuch der Drei-Königs-Kapelle im Kölner Dom- Gang durch die Stadt (gefolgt von Tatallegorie) : expressive Herzmetaphorik, Markierung der Fortschrittsfeinde (Buch Moses!)- „Drei Totengerippe […] wie Hampelmänner“ (Tradition!) vs. „der Zukunft fröhliche Kavallerie“ (Revolution!) Fortführung des Dom-Stall-Themas (Dialog in indirekter und direkter Rede)- Liktor zerschmettert die „Skelette des Aberglaubens“ (Genitivmetapher)

Wunschvision von der Macht der Dichter

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