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1 23 Der Internist Organ des Berufsverbandes Deutscher InternistenOrgan der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin ISSN 0020-9554 Volume 58 Number 9 Internist (2017) 58:900-907 DOI 10.1007/s00108-017-0299-8 Akuter Brustschmerz M. Möckel & T. Störk

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Der InternistOrgan des Berufsverbandes DeutscherInternistenOrgan der DeutschenGesellschaft für Innere Medizin ISSN 0020-9554Volume 58Number 9 Internist (2017) 58:900-907DOI 10.1007/s00108-017-0299-8

Akuter Brustschmerz

M. Möckel & T. Störk

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Schwerpunkt: Internistische Notfälle an der Schnittstelle von ambulant und stationär

Internist 2017 · 58:900–907DOI 10.1007/s00108-017-0299-8Online publiziert: 1. August 2017© Springer Medizin Verlag GmbH 2017

RedaktionM. Buerke, SiegenG. Hasenfuß, GöttingenW. Hiddemann, MünchenC.C. Sieber, Nürnberg

M. Möckel1 · T. Störk2,3

1 Arbeitsbereich Notfallmedizin/Rettungsstellen/CPU,Campus Virchow-Klinikum und CharitéMitte,Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland

2 CardioPraxis Staufen, Göppingen, Deutschland3 Kardiologie, Klinik für Innere Medizin II, UniversitätsklinikumUlm, Ulm, Deutschland

Akuter Brustschmerz

Der akute Brustschmerz ist ein häufigesSymptom, das insbesondere aufgrundder Assoziation mit dem Herzinfarktauch in der Bevölkerung als schwerwie-gend wahrgenommen wird. Demzufolgestellt die Gruppe der Brustschmerzpati-enten die größte durch ein Leitsymptomdefinierte Gruppe in der konservativenNotfallmedizin dar.

Möckel et al. [2] konnten in einer Un-tersuchung von 34.333 Notfallpatientenzeigen, dass 11,5 % mit Brustschmerzenvorstellig wurden. Von diesen Patien-ten hatten aber nur 10% einen akutenMyokardinfarkt (AMI). In Routineda-ten wird hier der Code I21 der Inter-nationalen statistischen Klassifikationder Krankheiten und verwandter Ge-sundheitsprobleme (ICD-10) verwendet,unter dem sämtliche Myokardinfarkteabgebildet werden, sowohl ST-Strecken-Hebungs-Myokardinfarkte (STEMI) alsauch Nicht-ST-Strecken-Hebungs-Myo-kardinfarkte (NSTEMI). Das Gleiche giltauch für die universelle Definition desMyokardinfarkts [1], in der der Typ I, derspontane Myokardinfarkt, sowohl solchemit als auch solche ohne ST-Strecken-Hebungen umfasst. Beschränkt man dieAnalyse auf die stationär versorgten Fäl-le, so lag der Anteil an AMI bei 21,4 %mit einer sehr geringen Sterblichkeit von0,9 % imKrankenhaus. Unter den statio-när aufgenommenen Patienten mit demLeitsymptomBrustschmerzsinddieTop-5-Diagnosen Angina pectoris (34,3 %),Myokardinfarkt (21,5 %), „Hals- undBrustschmerzen“ (ICD-10 R07, 5%),Vorhofflimmern/-flattern (4,9 %) undarterieller Hypertonus (3,8 %). SchwereDifferenzialdiagnosenwiedieAortendis-

sektion und die Lungenarterienemboliebefinden sich nicht unter denTop 10 undliegen in der Häufigkeit bei den statio-nären Patienten mit dem LeitsymptomBrustschmerz bereits bei <1% [2].

» Viele Patienten mitBrustschmerz müssen nicht imKrankenhaus behandelt werden

Diese Daten machen deutlich, dasszahlreiche Patienten mit Brustschmer-zen nicht im Krankenhaus behandeltwerden müssen. Die große Herausfor-derung besteht darin, die kleine Gruppe

Tab. 1 Erhebung einer strukturierten Anamnese. (Mod. nach [6])

1. Brustschmerzanamnese durchführen1.1 Schmerzcharakter/-qualität evaluieren1.2 Beginn, Dauer, Ausstrahlung sowie Faktoren, die das Auslösen des Schmerzes begünstigen/reduzieren, erfragen1.3 Assoziation mit vegetativer Begleitsymptomatik und/oder starkem Angstgefühl in Erfahrungbringen1.4 Krankengeschichte der Angina pectoris konkretisieren– Vergleich zu früheren kardialen Ischämieepisoden durchführen– Vorausgegangene Diagnostik einer Brustschmerzabklärung erfragen

2. Vorerkrankungen/Risikofaktoren erfragen2.1 Anamnese bezüglich kardiovaskulärer Erkrankungen erheben2.2 Kardiovaskuläre Risikofaktoren evaluieren– Zigarettenkonsum– Diabetesmellitus– Niereninsuffizienz– Arterielle Hypertonie– Dyslipidämie– Adipositas– Familiäre Disposition

2.3Weitere Vorerkrankungen erfragen

3. Medikamentenanamnese erheben3.1 Dauermedikation (insbesondere Antikoagulanzien und Thrombozytenhemmer)3.2 Bedarfsmedikation3.3 Kürzlich erfolgte Änderung der Dauermedikation

der schwer erkrankten Patienten präzisezu identifizieren.

In diesem Beitrag wird untersucht,welche Vorgehensweise im ambulan-ten Bereich beim niedergelassenen Arztsinnvoll ist, wie in der Notaufnahmediagnostisch vorgegangen wird, anhandwelcher Kriterien in der Notaufnahmeüber die stationäre Aufnahme entschie-den wird und welche Parameter dabeidie entscheidende Rolle spielen.

Vorgehensweise beimniedergelassenen Arzt

DieGrundsätze der Evaluationbei Brust-schmerz folgen den Leitlinien der zu-

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grunde liegenden Erkrankungen [3–5].Wie oben ausgeführt wurde, steht hierder AMI im Vordergrund, während dieanderen lebensbedrohlichenErkrankun-gen als relevante Differenzialdiagnosenzu berücksichtigen sind. Das Vorgehenbeim niedergelassenen Arzt unterschei-det sich im Grundsatz von dem inder Notaufnahme oder Chest Pain Unit(CPU). Folgende Punkte sind zu nennen:4 Die Vortestwahrscheinlichkeit für

den AMI ist in der Praxis deutlichniedriger als in der Notaufnahme.

4 Laborwerte sind akut wenn über-haupt nur über das „point-of-caretesting“ (POCT) verfügbar.

4 Es sind in der Regel keine Wieder-holungen von Elektrokardiographieoder Laboruntersuchungen mög-lich; die diagnostische Entscheidungmuss in einem sehr engen Zeitfenstererfolgen.

Das primäre und standardisierte Vorge-hen auf der Basis publizierter Leitlini-en der European Society of Cardiology(ESC) bei Patienten, die sich mit Brust-schmerz vorstellen, haben Leick et al. [6]beschrieben. In Kürze wird die DeutscheGesellschaft für Kardiologie (DGK) dazueine unterstützende „medical applicati-on“ („App“) vorstellen.

In derArbeit vonLeick et al. [6] ist dasgrundsätzliche Vorgehen in Form einerEreignisprozesskette dargestellt, die beiprimärer Vorstellung parallel die folgen-den Tätigkeiten vorsieht:4 Anfertigung eines 12-Kanal-Elektro-

kardiogramms (EKG)4 Erhebung einer strukturierten Ana-

mnese (. Tab. 1)4 Durchführung einer fokussierten

körperlichenUntersuchung (. Tab. 2)4 Erhebung von Vitalparametern und

Einleitung von Basismaßnahmen(. Tab. 3)

Im Anschluss an diese vier Punkte er-folgt die klinische Einschätzung undEntscheidung über das weitere Vorge-hen (. Tab. 4; . Abb. 1). Kürzlich hatdie DGK in Ergänzung der zertifiziertenCPU komplementäre „Brustschmerz-ambulanzen“ (BSA) definiert, die beimniedergelassenen Arzt die Arbeit derCPU ergänzen sollen [7]. In einer Kon-

Hier steht eine Anzeige.

K

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Schwerpunkt: Internistische Notfälle an der Schnittstelle von ambulant und stationär

Tab. 2 Durchführung einer fokussierten körperlichenUntersuchung. (Mod. nach [6])

1. Inspektion/Palpation des Thorax durchführen1.1 Zeichen einer Thoraxinstabilität oder eines Traumas prüfen

2. Herz2.1 Auskultation durchführen2.1.1 Herztöne und Herzgeräusche beurteilen

3. Lunge3.1 Auskultation durchführen3.1.1 Qualität und Intensität der Atemgeräusche beurteilen3.1.2 Nebengeräusche identifizieren3.2 Perkussion durchführen3.3 Palpation durchführen

4. Abdomen untersuchen4.1 Palpation durchführen (Druckschmerz, Loslassschmerz?)4.2 Auskultation durchführen (Darmgeräusche vorhanden?)4.3 Perkussion durchführen (Hinweise auf Aszites, Überblähung)

5. Extremitäten beurteilen5.1 Pulsstatus erheben (mindestens A. radialis, femoralis, dorsalis pedis, tibialis posterior und carotis)5.2 Inspektion durchführen (Blässe, Rötung, Ödeme?)

6. Kopf- und Halsuntersuchung durchführen

7. Fokussierte neurologische Untersuchung durchführen7.1 Grobe Kraft und Sensibilität, Sprache, Pupillen, Seitendifferenz?7.2 Schwindel?

Tab. 3 Erhebung von Vitalparametern und Einleitung von Basismaßnahmen. (Mod. nach [6])

1. Puls-, Herzfrequenz- und Rhythmuskontrolle1.1 Kontinuierliches Rhythmusmonitoringanlegen, Defibrillationsbereitschaft herstellen (in derArztpraxis ggf. EKG-Gerät am Patienten lassen und visuelle Überwachung)

2. Blutdruck an beiden ArmenmessenAchtung: Blutdruckdifferenz und fokales neurologisches Defizit mit Brustschmerzen= Verdachtauf Aortendissektion

3. Atemfrequenz bestimmen und Pulsoxymetrie ableiten sowie ggf. Oxygenierung sichern3.1 Keine routinemäßige O2-Gabe3.2 O2verabreichen, wenn SpO2 ≤94% bei fehlendemRisiko einer Hyperkapnie. Ziel-SpO2 94–98%3.3 O2-Gabe bei Patientenmit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung, wenn SpO2 ≤88%:Ziel-SpO2 88–92%, bis Blutgasanalyse verfügbar3.4 O2verabreichen, wenn Patient deutlich luftnötig ist

4. Temperatur messen

5. Venenverweilkanüle legen und Blut für weitere (klinische) laborchemische Diagnostikabnehmen

sensuspublikationschreibenPeringsetal.[7]: „Die BSAs sollen als Ergänzung undKooperationspartner der CPUs insbe-sondere im ambulanten Bereich fungie-ren. Primäres Ziel einer Brustschmerz-Ambulanz war und ist es, Patienten mitunklaren thorakalen Beschwerden raschund zielgerichtet abzuklären.“ Es ist al-lerdings davon auszugehen, dass jederPatient, der sich in einer medizinischenEinrichtung ungeplant mit Brustschmer-zen vorstellt, zunächst einen mehr oderweniger unklaren Status hat.

Das Vorgehen beim niedergelassenenArzt ist also wie oben ausgeführt zu-nächst nicht anders als in der Notauf-nahme, wobei allerdings Patienten mit

AMI die Ausnahme darstellen. Insofernwird sich bei der klinischen Einschät-zung häufig ergeben, dass klinisch keinakutes Koronarsyndrom (ACS) vorliegtund daher auch keine Einweisung in dieNotaufnahme eines Krankenhauses er-forderlich ist.

Zusammenfassend können drei Sze-narien unterschieden werden:4 Es liegt ein STEMI oder eine Hoch-

risikokonstellation vor: Alarmierungdes Rettungsdiensts (112) und Ein-lieferung in ein Krankenhaus mitMöglichkeit der perkutanen Koro-narintervention

4 Die Situation ist nach klinischerEinschätzung unklar, ein ACS oder

eine kritische Differenzialdiagnoseist möglich. Das weitere Vorgehenrichtet sich hier nach den diag-nostischen Möglichkeiten in derArztpraxis (Verfügbarkeit Labor,Echokardiographie)

4 Nach EKG, Anamnese, fokussier-ter körperlicher Untersuchung undklinischer Einschätzung liegen keinACS und keine der kritischen Diffe-renzialdiagnosen vor. Diese Patientenverbleiben ambulant und erhaltendie notwendige Diagnostik im nie-dergelassenen Bereich (Stresstest,Bildgebung, weitere Facharztkonsul-tationen, Labor)

In der zweiten Situation ist das Standard-vorgehen die Einweisung in die Notauf-nahmemit CPU in Defibrillationsbereit-schaft,dasheißtmitdemRettungswagen.Bei einer Hochrisikokonstellation soll-te eine Notarztbegleitung erfolgen. Vondiesem Vorgehen kann abgewichen wer-den, wenn weitere diagnostische Maß-nahmen in der Arztpraxis ein ACS un-wahrscheinlich machen und der Patientspontan oder nach einfachen therapeuti-schen Maßnahmen, wie der Applikationvon Nitrospray, beschwerdefrei wird. Pa-tientenmit anhaltendenBrustschmerzensollten immer mit den Mitteln des Kran-kenhauses weiter evaluiert werden.

Diagnostische Maßnahmen im Be-reich des niedergelassenen Arztes kön-nen sein:4 Bestimmung des kardialen Troponins

(POCT)4 Echokardiographie4 Ergometrie und/oder Stressechokar-

diographie

Eine einmalige Bestimmung des kardia-len Troponins ist unter Anwendung vonPOCT nur mit konventioneller Sensiti-vität möglich. Daher ist ein sich entwi-ckelnder Myokardinfarkt selbst bei Wer-ten unterhalb des Messbereichs nicht si-cher ausgeschlossen [8]. Patienten mit indiesem Sinne negativem Troponin kön-nenaberbeiBeschwerdefreiheit sicherei-ner frühenEchokardiographie undErgo-metrie unterzogen werden [9]. Im Zwei-felsfall sollte jedoch die Einweisung inein Krankenhaus mit zertifizierter CPU[10] vorgezogen werden.

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In einer randomisierten, prospektivenStudie konnte kürzlich gezeigt werden,dass bei der Kombination von Tropo-nin (konventionell oder hochsensitiv)mit Copeptin (CT-pro Vasopressin) diesofortige elektiv-ambulante Weiterver-sorgung sicher möglich ist, wenn beideTests negativ sind und die Patientenein höchstens mittleres Risiko habenund beschwerdefrei sind [11]. Diese inder Notaufnahme durchgeführte Stu-die lässt sich prinzipiell auch auf denniedergelassenen Bereich übertragen.Die Kombination von Troponin mitCopeptin könnte eine neue Option derschnellen Evaluation unklarer Brust-schmerzen sein, sobald ein POCT fürCopeptin verfügbar ist. VergleichbareUntersuchungen zu allein troponinba-sierten Strategien liegen bisher nicht vor[12].

Vorgehen in der Notaufnahme

Das Vorgehen in der Notaufnahme istprimär das gleiche wie beim niederge-lassenen Arzt, nur das das Vorliegeneines AMI deutlich wahrscheinlicher ist.Auch hier ist nach den primären Maß-nahmen (. Tab. 1, 2 und 3) die klinischeEinschätzung (. Tab. 4) entscheidend.In . Abb. 1 ist das Vorgehen der ersten90min zusammengefasst. Im Kranken-haus mit angeschlossenem Labor kannfür eine bestimmte Patientengruppe derschnelle Ausschluss mithilfe von Co-peptin bereits angewendet werden [13].Die in den NSTEMI-Leitlinien der ESCvon 2015 alternativ vorgeschlagenen 1 h-Troponin-Algorithmen erscheinen nachPublikation neuerer Daten für die breiteAnwendung sehr anspruchsvoll und ha-ben sich nicht durchgesetzt [14]. NeuereDaten zeigen, dass ein 1 h-Algorithmuszu einer sehr großen Grauzone von fast50%der Fälle führt und dass diese Grup-pedie schlechtestePrognosehat.Darüberhinaus ist der positive Vorhersagewert(PPV), also die Wahrscheinlichkeit, dassein Patient bei positivem Test wirklicheinen AMI hat, mit 65% deutlich gerin-ger als im Standard-ESC-Algorithmusmit Bestimmung von 2 hochsensitiv ge-messenen Troponinwerten im Abstandvon 3 h (PPV 85%; [14]).

Zusammenfassung · Abstract

Internist 2017 · 58:900–907 DOI 10.1007/s00108-017-0299-8© Springer Medizin Verlag GmbH 2017

M. Möckel · T. Störk

Akuter Brustschmerz

ZusammenfassungPatientenmit akuten Brustschmerzen stelleneine diagnostische Herausforderung fürden niedergelassenen Arzt und den Notfall-und Akutmediziner im Krankenhaus dar,weil ein breites Spektrum von Diagnoseninfrage kommt, vom akuten Myokardinfarkt(AMI) bis hin zur harmlosen muskulärenVerspannung. Die Evaluation von Patientenmit akuten Brustschmerzen folgt unabhängigvom Ort der Untersuchung dem Prinzip einergründlichen klinischen Einschätzung durchden Arzt mit körperlicher Untersuchung undAnamnese, gefolgt von einem 12-Kanal-Elektrokardiogramm und anschließendgezielter weiterer Diagnostik. Die Entschei-dung zur stationären Überwachung undweiterführenden Diagnostik hängt von derEinschätzung einer vitalen Bedrohung, derVerdachtsdiagnose und den verfügbarendiagnostischen Methoden ab. Neben demEKG sind hier Laborbestimmungen (kardialesTroponin, Copeptin) und die kardialeBildgebung (primär die Echokardiographie)

entscheidend. Patienten, die nicht eindeutigeiner stationären Versorgung bedürfen,beispielsweise nach Ausschluss eines AMI,sollte ein klarer Fahrplan für die ambulanteoder stationäre Abklärung und Therapieangebotenwerden, der sicher dazu führt, dassrelevante Erkrankungen zeitnah erfasst undtherapiert werden. Die Abklärungsstrategienmüssen die Vortestwahrscheinlichkeitberücksichtigen und sollten bei bestätigtemVerdacht eines akuten Koronarsyndromskonsequent die lückenloseÜberwachungundEinweisung in eine geeignete Notaufnahmemit angeschlossener Chest Pain Unit (CPU)zur Folge haben. Dabei sollte eine engeKooperation zwischen Notaufnahme undPraxis in beiden Richtungen etabliert werden.

SchlüsselwörterMyokardinfarkt · Kardiales Troponin ·Copeptin · Niedergelassene Praxis ·Notaufnahme

Acute chest pain

AbstractPatients presenting with acute chest pain area challenge for attending physicians in privatepractice and specialists for emergency andacute medicine in hospitals because a widespectrum of diagnoses may be the cause,ranging from acute myocardial infarction(AMI) to harmless muscular tension. Theevaluation of patients with acute chest painfollows basic principles independent of thesetting: A thorough clinical investigation bythe responsible physician includingmedicalhistory and physical examination, followedby a 12-channel electrocardiogram (ECG) andfurther focused diagnostics. The decisionabout hospital admission, monitoring andfurther diagnostic steps depends on theestimation of vital risk, the tentative diagnosisand the available diagnostic tools. Besidesthe ECG, laboratory tests (cardiac troponin,copeptin) and cardiac imaging (primarily theechocardiography) play a key role. Patients

who did not necessarily require hospitaladmission (e. g. after exclusion of AMI) shouldbe offered an inpatient or outpatient conceptwhich enables the timely diagnosis andpotential treatment of all relevant diseases inquestion. The diagnostic strategies need totake into account the pretest probability andfor patients with confirmed diagnosis of anacute coronary syndrome (ACS), continuousmonitoring and transfer to an emergencydepartment with integrated chest pain unit(CPU) is strongly recommended. In thiscontext, close collaboration between theemergency department and the physicians inprivate practice should be established.

KeywordsMyocardial infarction · Troponin, cardiac ·Copeptin · Private practice · Emergencydepartment

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Schwerpunkt: Internistische Notfälle an der Schnittstelle von ambulant und stationär

Tab. 4 Vorgehen bei der klinischen Ersteinschätzung undRisikostratifizierung. (Mod. nach [6])

1. Prüfen, ob die Symptomemit einem ACS vereinbar sind– Leitsymptom:≥20min anhaltende Angina pectoris in Ruhe– Neu aufgetretene starke Angina pectoris (≥CCS III)– Crescendoangina– Postinfarktangina– Angina-pectoris-Äquivalent– atypische Symptome (klinische Erfahrung!)

Bei ≥1 Kriterium ACS wahrscheinlich

2. EKG auf Hinweise eines NSTE-ACS prüfen, wenn STEMI-Kriteriena negativ– ST-Strecken-Senkungen (≥0,05 mV)– T-Wellen-Abnormitäten– Kein Ausschluss bei unauffälligem EKG

3. Risikoklasse eruieren, wenn NSTE-ACS klinisch wahrscheinlich erscheint3.1 Hohes Risiko prüfen– Therapieresistente oder rezidivierende Angina pectoris– Signifikante ST-Strecken-Senkungen (≥0,2 mV) oder tiefe T-Negativierungen– Zeichen der Herzinsuffizienz– Hämodynamische Instabilität – kardiogener Schock– Rhythmusinstabilität (Kammerflimmern, ventrikuläre Tachykardie, höhergradiger atrioventri-

kulärer Block)

Bei ≥1 Kriterium: hohes Risiko3.2 Intermediäres Risiko prüfen bei Fehlen von Hochrisikomerkmalen– Ruheangina (≤20min), Ansprechen auf Nitrogabe– Dynamische ST- oder T-Veränderungen– Diabetesmellitus und/oder Nierendysfunktion– Vorbeschriebene reduzierte linksventrikuläre Ejektionsfraktion (≤40 %)– StattgehabterMyokardinfarkt – frühe Postinfarktangina– Perkutane transluminale Koronarangioplastie/perkutane Koronarintervention oder CABG-

Operation in der Vergangenheit

Bei ≥1 Kriterium: mittleres Risiko3.3 Niedriges Risiko prüfen bei Fehlen vonMerkmalen der Kategorien 3.1 und 3.2– Spontane Beschwerdefreiheit– Thoraxschmerz durch andere Ursachen vollständig erklärbar– Keine EKG-Veränderungen– Keine Zeichen einer Herzinsuffizienz– Fehlende Synkopenanamnese

Bei Vorliegen aller 5 Kriterien NSTE-ACS unwahrscheinlich

4. Konsequenz prüfen– Verdacht auf NSTE-ACS: Einweisung in die Notaufnahme/Chest Pain Unit mit Rettungswagen– Hohes Risiko: dringliche invasive Diagnostik erwägen (Notarztbegleitung)– Intermediäres Risiko: initial invasive oder konservative Therapiestrategie– NSTE-ACS höchst unwahrscheinlich: initial konservative Strategie, Differenzialdiagnosen prüfen,

ggf. ambulanteDiagnostik und TherapiemöglichaSTEMI, sofortige Alarmierung der Feuerwehr (Arztpraxis) oder des Katheterteams (Krankenhaus mitHK) bzw. Verlegung in Klinik mit HKACS Akutes Koronarsyndrom, CABG „coronary artery bypass graft“, CCS Klassifikation der CanadianCardiovascular Society, EKG Elektrokardiogramm, HK Herzkatheter, NSTE-ACS akutes Koronarsyn-drom ohne ST-Strecken-Hebung;,STEMI ST-Strecken-Hebungs-Myokardinfarkt

In der Gesamtpopulation der Notauf-nahmepatienten ist das Risiko deutlicherhöht. Über alle Patientengruppen liegtdieKrankenhausmortalitätbei4,7 %.Ausdiesem Grund wird dort trotz der rela-tiv guten Prognose der Brustschmerzpa-tienten eine nur klinisch basierte Ein-schätzung als „nicht kardial“ eher seltenerfolgen [2].

Grundsätzlich ist das Vorgehen in derNotaufnahme darauf ausgerichtet, bei je-

dem Patienten entweder mit hinreichen-der Sicherheit eine Diagnose zu stellenoder alle schwerwiegenden Differenzial-diagnosen auszuschließen. So lange alsoder Verdacht auf ein ACS besteht, wirdwie in . Abb. 1 dargestellt entweder einFast-rule-out-Konzept verfolgt oder eserfolgt die Aufnahme auf die CPU. Pati-entenwerdennach schnellemAusschlussallerdings innerhalb von3Tagen zurwei-

teren Diagnostik an einen niedergelasse-nen Arzt überwiesen.

Die Abklärung von Patienten mitBrustschmerzen in der CPU wird ineinem Beitrag von Post et al. [10] aus-führlichbeschrieben.WegendeshöherenRisikos dieser Patientengruppe ist auchdie Abklärung der Differenzialdiagno-sen zu berücksichtigen, beispielsweisedie einer Lungenarterienembolie ([3];. Tab. 5) oder einer Aortendissektion([4]; . Tab. 6). Sobald eine spezifischeDiagnose gestellt ist, greifen die spe-zifischen Algorithmen für den STEMI,NSTEMIoderdieDifferenzialdiagnosen.Dabei ist zunächstwichtig,dassPatientenim Hinblick auf eine vitale Bedrohungkorrekt eingeschätzt werden. Liegt einevitale Bedrohung vor (. Tab. 7), sind un-verzüglich entsprechende Maßnahmenzu ergreifen. Diagnostik und Therapiewerden dann auf der Intensivstationfortgesetzt.

» Mitunter kann trotz primärerBrustschmerzen ein schwererInfekt vorliegen

Im Krankenhaus ist auch die Labordia-gnostik verfügbar; notwendige Parame-ter sind ausführlicher bei Möckel et al.[13, 15] beschrieben. Neben der notwen-digen Troponin- und gegebenenfalls Co-peptinmessung sollten immer die Elek-trolyte, der Blutzucker, ein Blutbild, dasC-reaktive Protein und Laktat gemessenwerden. Mitunter kann auch trotz pri-märer Brustschmerzen ein schwerer In-fekt vorliegen, der etwa über die Stei-gerung des Herzzeitvolumens bei gleich-zeitigvorliegenderkoronarerHerzkrank-heit oder Aortenklappenstenose den Pa-tienten symptomatisch macht.

Patienten, bei denen nach kurzsta-tionärer Überwachung und Diagnostikin der „decision unit“ der Notaufnah-me bzw. CPU ein ACS oder eine rele-vante Differenzialdiagnose ausgeschlos-sen wurde, können in der Regel zur wei-teren Betreuung in den niedergelassenenBereich verwiesen werden. Alle ande-ren Patienten werden stationär weiter-versorgt und erhalten die gegebenenfallserforderliche intensivmedizinische Ver-

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Abb. 18 SektorenübergreifendesManagementvonPatientenmitVerdachtaufeinACS. aWennmög-lich (BE) bzw. erforderlich (Transport), bCopeptinwird bei Verfügbarkeit eingesetzt, ansonsten greiftdas allein troponinbasierte Protokoll. Die Zeitachse gibt dieZeit bis zur Entscheidungsfindungan:Un-terVerwendungvonCopeptinkanndieEntlassungprinzipiellnach<90minerfolgen;dieAufnahme indie CPU führt zu einer längeren, aber gegebenenfalls auch intensiveren Evaluation, die ansonsten imniedergelassenen Bereich erfolgenmuss.ACSAkutes Koronarsyndrom, BE Blutentnahme,CPUChestPain Unit, cTn kardiales Troponin, EKG Elektrokardiogramm,HFHerzfrequenz, (hs)Tn (hochsensitives)Troponin, PCI perkutane Koronarintervention, RRBlutdruck, STEMI ST-Strecken-Hebungs-Myokardin-farkt, ZNA zentrale Notaufnahme

Tab. 5 Differenzialdiagnose Lungenarterienembolie. (Mod. nach [6])

1. Risikofaktoren evaluieren1.1 Immobilisation, Operation1.2Medikamente (Östrogene, Kontrazeptiva)1.3Malignome1.4 Hereditär

2. Leitsymptome prüfen2.1 Dyspnoe/Tachypnoe/Hypoxiemit plötzlichem Beginn2.2 Thoraxschmerz2.3 Hämoptysen2.4 Sinustachykardie, Synkope

3. Wells-Score für Lungenarterienembolie ermitteln und Konsequenzen prüfen3.1 „Non-high risk“: weitere diagnostische Schritte planen/weitere Differenzialdiagnosen prüfen3.2 „High risk“3.2.1 Stabiler Patient: bildgebende Verfahren (transthorakale Echokardiographie, Computerto-mographie Thorax) unverzüglich organisieren/durchführen3.2.2 Instabiler Patient:Notaufnahme, Fibrinolyse erwägen

sorgung, katheterbasierte Therapie oderOperation.

Zu berücksichtigen ist allerdings, dasses auch zahlreiche Differenzialdiagnosendes akutenBrustschmerzes gibt, die nichtlebensbedrohlich sind, für den Patientenjedoch möglicherweise eine erheblicheBelastung darstellen und in der Regel inder internistischen Praxis diagnostiziertwerden können. Dazu gehörten nebendem arteriellen Hypertonus auch gastro-

intestinale Erkrankungen wie das Ulkus-leiden oder die Ösophagitis und musku-loskeletale Erkrankungen wie degenera-tive Wirbelsäulenveränderungen [2].

Ausschlaggebende Parameterfür die Entscheidungsfindung

Wie oben ausgeführt wurde, ist das zen-traleKriterium für die Entscheidungsfin-dungdie ärztlicheEinschätzungderSym-

ptomatik und des körperlichen Untersu-chungsbefunds ergänzt umEKG, eventu-ell Laborundweitere diagnostischeMaß-nahmen. Die universelle Definition desAMI setzt Symptome einer myokardia-len Ischämie in dasZentrumderDiagno-se [1]. Die ärztliche Anamnese ist hierdas Schlüsselelement. Auch imAlgorith-mus in. Abb. 1 spielen die Einschätzungdes Risikos und die Frage, ob ein Pa-tient grundsätzlich ambulant behandeltwerden kann, eine entscheidende Rol-le. Dabei sindMultimorbidität und Alterzu berücksichtigen. So wird man einengeriatrischen Patienten mit Multimorbi-dität nicht nachts nach Ausschluss einesMyokardinfarkts nach Hause entlassenkönnen, da dort Komplikationen wie einSturz drohen, wenn keine Unterstützungzur Verfügung steht.

Neben den klinischen Kriterienkommt dem EKG eine zentrale Be-deutung zu. Das 12-Kanal-EKG solltebeiPatientenmitBrustschmerzen immersofort, aber sicher innerhalb von 10minabgeleitet und kompetent ärztlich beur-teilt werden. Nach EKG und klinischerEinschätzung folgt das Labor entlangder oben ausgeführten Algorithmen.Oftmals ist dann auch eine akut durch-geführte Echokardiographie hilfreich,die insbesondere regionale Wandbewe-gungsstörungen, Vitien oder Hinweiseauf eine Lungenarterienembolie zu Tagefördern kann. In der zertifizierten CPUist eineEchokardiographie innerhalbvon30min verfügbar [10]. Allgemein geht esbei der Frage nach stationärer Aufnahmeoder Entlassung darum, abzuschätzen,ob der Patient auch ambulant sicher undeffektiv versorgt werden kann. Grund-sätzliche Kriterien und Überlegungendazu finden sich am Beispiel der Herz-insuffizienz in einer Übersichtsarbeitvon Miro et al. [16]; sie sind auch aufden akuten Brustschmerz übertragbar.Im Kern des Vorgehens stehen immerdie Abschätzung der vitalen Bedrohungund die kurzfristige Prognose anhandder Vitalparameter, der Nierenfunktion,der Elektrolyte, des kardialen Troponins(wenn verfügbar auch des Copeptins)und der Wirkung initialer Therapien.

Der Internist 9 · 2017 905

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Schwerpunkt: Internistische Notfälle an der Schnittstelle von ambulant und stationär

Tab. 6 Differenzialdiagnose Aortendissektion. (Mod. nach [6])

1. Hochrisikofaktoren identifizieren1.1Marfan-Syndrom/Kollagenosen1.2 Positive Familienanamnese bezüglich Aortenaneurysma1.3 Vorbekannte Aortenklappenerkrankung/thorakales Aortenaneurysma1.4 Vorausgegangener Eingriff im Bereich der Aorta

2. Hochrisikomerkmale des Schmerzcharakters prüfen2.1 Lokalisation: Thorax, Rücken, Abdomen2.2 Charakter: perakut, stärkste Ausprägung, reißend, stechend/schneidend2.3 Zeitlicher Verlauf: Vorübergehende Besserung gerade zum Zeitpunkt der Vorstellungmöglich

3. Hochrisikomerkmale der körperlichen Untersuchung evaluieren3.1 Anzeichen eines Perfusionsdefizits identifizieren3.1.1 Pulsdefizit/Blutdruckdifferenz3.1.2 Fokales neurologisches Defizit + Schmerzereignis3.2 Herzgeräusch über Aortenklappe + Schmerzereignis3.3 Hypotonie/Schock

4. Anzahl der positiven Faktoren ermitteln und Konsequenzen prüfen4.1 ≥2Merkmale positiv: hohes Risiko einer Aortendissektion; sofortige KontaktaufnahmemitHerzchirurgie/Gefäßchirurgie, bildgebende Diagnostik (transösophageale Echokardiographie, Com-putertomographie,Magnetresonanztomographie) sowie therapeutische Schritte planen (Arztpraxis:Notruf, Einweisung)4.2 0–1Merkmale positiv: weitere diagnostische Schritte planen/Differenzialdiagnosen prüfen (Arzt-praxis: in der Regel Einweisung in die Notaufnahme)

Tab. 7 Kriterien einer vitalen Bedrohung. (Mod. nach [6])

1. Wiederholt klinische Zeichen einer vitalen Bedrohung prüfen1.1 Bewusstseinsstörung1.2 Respiratorische Insuffizienz (SpO2<90%)1.3 Schwere Blutdruckdysregulation (Blutdruck ≤90mmHg systolisch oder ≥220/120mmHg)1.4 Tachykardie bzw. Bradykardie (Herzfrequenz >100/min bzw. <60/min)1.5 Zentralisation, Kaltschweißigkeit1.6 Therapierefraktäre Schmerzen≥1 Kriterium: vitale Bedrohung wahrscheinlich

2. Konsequenzen prüfen2.1 Bei ≥1 Kriterium Vitalparameter sichern und Verdacht auf eine vital bedrohliche Erkrankungkonkretisieren2.2 Bei Fehlen aller Merkmale 1.1 bis 1.6 aktive Vitalfunktionssicherung nicht notwendig, mit differen-zialdiagnostischen Überlegungen nicht vital bedrohlicher Differenzialdiagnosen fortfahren

Fazit für die Praxis

4 Bei Patienten mit akutem Brust-schmerz ist ein akuter Myokardin-farkt die häufigste lebensbedrohlicheDifferenzialdiagnose.

4 Die Abklärungsstrategienmüssen dieVortestwahrscheinlichkeit berück-sichtigen.

4 Bei bestätigtem Verdacht auf einakutes Koronarsyndrom sollte derPatient konsequent und lückenlosüberwacht und in eine geeigneteNotaufnahme mit angeschlossenerCPU eingewiesen werden.

4 Zwischen Notaufnahme und Praxissollte in beidenRichtungen eine engeKooperation etabliert werden.

Korrespondenzadresse

Univ.-Prof. Dr. M. Möckel, FESC, FAHAArbeitsbereich Notfallmedizin/Rettungsstellen/CPU, Campus Virchow-Klinikum und Charité Mitte, Charité –Universitätsmedizin BerlinAugustenburger Platz 1, 13363 Berlin,[email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt. M.Möckel gibt an, Forschungs-förderung, Vortragshonorare undBeraterhonorarevonBRAHMSGmbH, RocheDiagnostics undNovartiszu beziehen. T. Störk gibt an, dass kein Interessenkon-flikt besteht.

Dieser Beitragbeinhaltet keine vondenAutorendurchgeführten Studien anMenschenoder Tieren.

Literatur

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906 Der Internist 9 · 2017

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Buchbesprechung

S. Herpertz, M. de Zwaan, S. Zipfel (Hrsg.)Handbuch Essstörungen undAdipositas

Berlin Heidelberg: Springer 2015, 2.,606S., (ISBN: 978-3-642-54572-6),Geb.59,99 (ebook 46,99) EUR

Veränderungen von Körper und Essverhalten,

ob aus ästhetischen oder gesundheitlichenAspekten, sind uns dank der Medien sehr be-

wusst. „Kaum ein psychisches Krankheitsbildhat in den letzten

Jahren in der Öffent-

lichkeit ein so regesInteresse gefunden

wie die Essstörun-

gen. In fast allenauflagenstarken

Zeitungen und Zeit-schriften wird über

Magersucht oder Bulimia nervosa berichtet,

fast allen jungen Frauen in Deutschland dürf-ten beide Essstörungen geläufig sein.“ So

die Herausgeber in ihrem Vorwort zur ersten

Auflage ihres „Handbuchs Essstörungen undAdipositas“. Die Anorexie ist, nach der Grup-

pe der Suchterkrankungen, die psychischeStörung deren Mortalitätsrate am höchs-

ten ist. Dabei scheint die zur Behandlung

notwendige Krankheitseinsicht bzw. der Be-handlungswille bei einigen Betroffenen die

Herausforderung im psychotherapeutischen

Alltag zu sein.So facettenreich die (Hinter-)gründe einer

Manifestation einer Essstörung sind, so man-nigfaltig sind auch die Kapitel der nun in

zweiter Auflage aktualisierten Fassung des

„Handbuch Essstörungen und Adipositas“.Experten, ob psychologisches, medizinisches

oder soziotherapeutisches Fachpersonal, fin-

den hier komprimiertes Wissen zu beidenKrankheitsbildern:

Die erste Hälfte des Buches widmet sich derKlassifikation der Essstörungen, der Epide-

miologie und Ätiologie sowie dem Verlauf

der Essstörungen, der psychischen Komor-bidität, biologischen und medizinischen

Aspekten der Essstörung, der medizinischen

Aspekte im Zusammenhangmit somatischerKomorbidität undbietet letztlich einen guten

Überblick über die Behandlungsansätze derEssstörungen.

Die zweite Hälfte des Buches dient ganz der

Erläuterung der Adipositas: Sowohl Defini-tion, Klassifikation und Epidemiologie der

Adipositas werden erläutert, als auch dieKomorbidität der Adipositas. Auch hier wird

wieder ein guter Über- und Einblick in dieBehandlungsmöglichkeiten der Adipositas

gegeben.

Die Kapitel sind insgesamt gut gruppiert,stehen aber für sich. Wiederholungen, wie

etwa die Neuerungen der Diagnosestellung

imDSM 5 kommendadurch vor, werden aberimmer unter einem anderen Aspekt erläutert

und sind somit verschmerzbar. Sämtlicheevidenzbasierte therapeutische Ansätze fin-

den ein Kapitel und ergeben so einen guten

Überblick über die Behandlungsmöglichkei-ten und Behandlungsansätze - ersetzen aber

natürlich kein störungsspezifisches Behand-

lungsmanual. Angehörige und Betroffenekönnen aus vielen Kapiteln ebenfalls In-

formation für sich herausfiltern, da einigeeinfach geschrieben und Fachbegriffe gut

erläutert sind.

Der Adipositas als psychosomatische Er-krankung wird im Buch genauso viel Raum

gegeben, wie den Essstörungen insgesamt,

wobei der Teil der Essstörungen mit „Ko-morbidität der Adipositas“ abschließt bzw.

überleitet. Eventuell hätten beide Teile auchgetrennt herausgebracht werden können.

Andererseits ist so zumindest literarisch

die Einbindung der Adipositas als psycho-somatische Erkrankung in die psychischen

Krankheitsbilder gelungen.

Insgesamt handelt es sich um ein sehr emp-fehlenswertes Nachschlagewerk für alle, die

sich mit Essstörungen und Adipositas kon-struktiv auseinandersetzenwollen.

S. Eskens (Aachen)

Der Internist 9 · 2017 907

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