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16 Samstag/Sonntag, 16./17. April 2011 -

Stephan Pfeifhofer zu Gast beim … Südtiroler Tierfreundeverein

Anita Pichler (37) ist ein rührigesMitglied des Südtiroler Tier-freundevereins. Die Tierfreundehaben ihren Sitz in Meran, in derBellinistraße 3, bei Agnes Khuen,einer Säule des Vereins. Außen-stellen befinden sich in Latschund Lana. Eigenes Büro hat derVerein keines, das wäre zu teuer.Vielen sind die Tierfreunde auchgar kein Begriff – dabei leisten sieim Stillen so viele wichtige Auf-gaben, dass man ins Staunen ge-rät. Der Tierfreundeverein stopfthungrige Tiermäuler, er küm-mert sich um verletzte Vierbei-ner, lässt Tiere sterilisieren undsetzt sich für ihre Rechte ein.Jährlich betreut der Verein mehrals tausend Tiere, vor allem Kat-zen.

Vorsitzender ist Christian Klotz(41). 13 Jahre lang hat der Mera-ner in der Sill Tiere gepflegt.Klotz hat Philosophie in Inns-bruck studiert. Schwerpunkt:Tierethik. Er vertritt die Auffas-sung: „Je mehr ich über die Na-tur anderer Lebewesen weiß,umso besser kann ich diese Le-bewesen artgerecht behandeln.Im Tierschutz heißt, es gut zu

meinen nicht unbedingt auchgut zu handeln.“

Ein wichtiges Steckenpferddes Vereins sind die Katzenkolo-nien. Herrenlose, streunendeKatzen – vornehmlich junge Tie-re – füttert der Verein; die klei-nen Tiger werden auf ihre Ge-sundheit hin kontrolliert, aufge-päppelt, tierärztlich versorgt undweitervermittelt. Die Tierfreun-de füttern täglich mehr als 180freilebende Katzen auf eigeneKosten; dafür bekommen sie kei-nen Landesbeitrag. Die Vereins-mitglieder lassen Hunderte Kat-zen jährlich in privaten Tierarzt-praxen behandeln oder bringensie zur Genesung ins Tierheim indie Sill: Katzen mit Knochenbrü-chen, Lungenentzündungen,Pilzerkrankungen und anderenLeiden. Oft müssen die schnurr-bärtigen Mäusefänger amputiertwerden. „Das kommt jeden Mo-nat vor – meist nach Autounfäl-len, aber auch nach Hunde- oderMarderbissen“, weiß Vizepräsi-dentin Monika Gruber.

Südtirol hat kein Problem miteinem Heer an streunenden Kat-zen – das ist auch dem Tier-freundeverein zu verdanken.Der Verein lässt jährlich 500 Tie-re sterilisieren, um den Katzen-bestand vor allem in der westli-chen Landeshälfte nicht zu großwerden zu lassen.

„Wenn zu viele Katzen aufder Straße leben, dannkommt es zu einer Inzucht,die Tiere werden immerkleiner und schwächer.“

Vizepräsidentin Monika Gruber

Da die Sill in Bozen nur eine Ste-rilisations-Kapazität von 1000Tieren im Jahr hat, muss der Ver-ein etwa 300 Katzen zu privatenTierärzten bringen. Das ist nichtbillig. „Für die Sterilisation be-kommen wir kein Geld vomLand“, sagt Vizepräsidentin Gru-ber. „Das reißt unseren Vereinins Minus.“ 10.000 Euro Schul-den häufen sich jedes Jahr we-gen der Sterilisation an. Die Ver-handlungen mit Landesrat Hans

Berger um eine Unterstützunglaufen. Die Katzensterilisation isteine der größten Aufgaben desVereins.

Stirbt ein Tierhalter oder wirder krank, springt oft der Tier-freundeverein ein und kümmertsich um die zurückgebliebenenTiere, die Mitglieder bringen siein die Sill oder vermitteln sieweiter.

Die Tierfreunde kümmernsich nicht nur um Katzen, son-

dern auch um Tauben. Sie er-richten Taubenstände. Das Tau-ben-Futter wird mit Hormonenversetzt, damit die Vögel nichtbrüten, sonst würden sie sich zusehr vermehren, erklärt Gruber.Zudem holt der Verein Hasenaus tristen dunklen Ställen undgibt sie weiter oder rettet Hunde-welpen, für die kein Besitzer ge-funden wird, vor dem Tod.

Der Verein blickt auf eine jahr-zehntelange Tradition zurück:1980 in Lana aus der Taufe geho-ben, war er der erste örtlicheTierschutzverein. Gründer wa-ren Ernst Zorz – er starb bereits1981 – und seine Frau Anni Zorz,die Grande Dame des Südtiroler

Tierschutzes. Die 91-Jährige istheute Ehrenmitglied. In seinenbesten Zeiten zählte der Verein3000 Mitglieder, heute sind esnoch etwa 350.

Zu ihren Gründerzeiten warendie Tierfreunde Pioniere: Es gabweder ein Tierheim noch eineTierpension. Hundefänger fin-gen streunende Hunde ein undtöteten sie. Viele Hunde musstenvor dem Schlachthof gerettetwerden und wurden dann wei-

tervermittelt. Daraus ist dann dieIdee entstanden, ein Tierheim zuerrichten. Der Tierfreundevereinhat das Tierheim in Naturns ge-gründet und lange Zeit auch ge-führt.

Künftiges Ziel des Vereins istes, die Mitgliederzahl zu erhö-hen „und damit unser politi-sches Gewicht wieder zu stär-ken“, sagt Klotz. „Wir machenLobbyismus für die Tiere. DerTierschutz sollte wieder aufge-wertet werden und seine ur-sprüngliche Bedeutung zurück-erlangen. Durch die Institutio-nalisierung des Tierschutzes istsein Stellenwert nämlich ein we-nig verloren gegangen. Der Ver-

ein sollte erster Ansprechpartnerfür Tierschutz und Tierrechte inganz Südtirol werden – kurzum,Ansprechpartner für alle Tier-problematiken sein.“ Aktive Mit-glieder sind willkommen.

„Tierschutz ist aber keines-wegs nur Aufgabe der Spezialis-ten“, sagt Klotz. „Jeder kann Tier-schutz unterstützen, beispiels-weise Lehrer in der Schule.“

Wenig Freude haben die Tier-freunde mit der Nutztierhaltung

in Südtirol. „Ein Stiefkind“, kom-mentiert Gruber. „Da hinken wireuropaweit hinterher – vor allemgegenüber der Schweiz, zumBeispiel bei den Ziegen. Ziegenwerden in Südtirol, wenn sieträchtig sind, in ihrer Box ange-hängt und wenn dann das Jungeauf die Welt kommt, dann fällt esauf den Boden und das Mutter-tier kann sich nicht danach bü-cken.“ Noch immer dürfe man inSüdtirol jungen Tieren ohne Be-täubung die Hoden abzwicken –zum Beispiel Schweinen, Läm-mern oder Ziegen, kritisiert Gru-ber.

Die Anbindehaltung werde inSüdtirol unzureichend geregelt.

Die meisten landwirtschaftli-chen Nutztiere seien angebun-den – beispielsweise Kühe oderZiegen. „In Südtirol wird vielesaus Unwissenheit und Traditionfalsch gemacht“, sagt Klotz.

„Es ist gegen die Natur, dassein Hund für Monate oderJahre an einer Kettegehalten wird.“

Präsident Christian Klotz

„In der Schweiz ist die Haltungvon Hunden an der Kette sehrgenau geregelt, Südtirols Rege-lung reicht hingegen nicht aus.“

Bei Tierquälerei sollte hartdurchgegriffen werden, meintMonika Gruber: Wenn jemandTiere quält und diese dem Besit-zer dann genommen werden,dann sollte dieser danach keineTiere mehr bekommen. Eine„üble Angewohnheit“ sei es, Tie-re auszusetzen, unterstreichenGruber und Klotz. „Das passiertleider jede Woche. Dabei machtman sich damit strafbar. Die Tie-re geraten in Panik. Katzen fres-sen tagelang nichts, weil sielahm vor Entsetzen sind. Sie sindsehr ortsgebunden. Leider wirdder Besitzer fast nie zur Rechen-schaft gezogen.“

„Tiere werden oft wieKonsumartikel behandelt.“

Präsident Christian Klotz

Deshalb plädiert Klotz dafür,Katzen zu kennzeichnen – wiedie Hunde. Ein ausgesetztes er-wachsenes Tier an einen neuenBesitzer zu vermitteln, sei sehrschwierig. Deshalb sollte jedersich genau überlegen, bevor erein Tier anschafft, ob er tatsäch-lich auch eines will. Auch sollteein Haustier nicht bei der erstenSchwierigkeit abgegeben wer-den.Wer mehr über den Verein wis-sen oder Mitglied werden will,kann sich auf der neuen Home-page (www.tierfreunde.it) infor-mieren oder sich an die Rufnum-mer 335/8 30 60 11 wenden.

MERAN. Wenn Anita Pichlerzur Futterstelle geht, dannwarten dort schon 16 hungri-ge Mäuler auf sie. EndlichFressen! Da lacht das Katzen-herz. 1,5 Kilo Trockenfutterund acht Dosen Feuchtfutterstehen auf dem Speiseplan.Das reicht, um 16 leere Kat-zenmägen zu füllen. „Wäh-rend andere täglich ein paarEuro für Kaffee oder Zigaret-ten ausgeben, verwende ichdieses Geld für Katzenfutter“,sagt Pichler. „Diese Geschöp-fe haben kein Zuhause. Siesollen Hilfe bekommen.“

Wird eine Katze ausgesetzt, dann gerät sie in Panik und frisst oft tagelang nichts, sie ist lahm vor Entsetzen. Der Tierfreundeverein mahnt aussetzungswillige Katzen-Besitzer deshalb zur Einsicht. Alle Fotos: lie

Die Katzenkolonie: Ausspeisung für hungrige Vagabunden.

Sie haben ein Herz für Tiere (im Bild von links): Gerta Schweigkofler, Roland Aufderklamm, Monika Gruber,Petronilla Pircher, Ellen Schuster, Gabi Pircher. Vorne: Anita Pichler mit den Kindern Martin und Katharina.

Roland Aufderklamm kümmert sich um die Ziegen. Dieser kleine „Tiger“ muss zur Behandlung in den Käfig.

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