Konzept Supplementäre parenterale Ernährung: Wann enteral ... · Wann enteral – wann...

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Konzept Supplementäre parenterale Ernährung:

Wann enteral – wann parenteral ?

Ludwigsburg, 26. Juni 2014

Thomas W. Felbinger Klinik für Anästhesiologie, Operative

Intensivmedizin und Schmerztherapie

Städtisches Klinikum München GmbH

Klinikum Neuperlach

„Disclosure“

Produktneutrale Fortbildungsveranstaltungen, Beratungen

in wissenschaftlichen Beiräten in den letzten 3 Jahren:

Baxter Deutschland GmbH

B.Braun Medical AG

Fresenius Kabi AG

Nutricia Danone AG

Nutrition 2011 Aug 26. [Epub ahead of print]

Malnutrition as an independent predictor of

clinical outcome in critically ill children. Menezes FD, Leite HP, Nogueira PC

Discipline of Nutrition and Metabolism,

Department of Pediatrics of the Federal University of São Paulo, Sao Paulo, Brazil.

Malnutrition and Outcome

Nutr Hosp. 2006 Sep-Oct;21(5):604-10.

The impact of malnutrition on morbidity, mortality

and length of hospital stay in trauma patients. Goiburu ME, Goiburu MM, Bianco H, Díaz JR, Alderete F, Palacios MC, Cabral V,

Escobar D, López R, Waitzberg DL

Wann enteral?

Indikation zur klinischen

Ernährungstherapie

Eine klinische Ernährungstherapie ist bei

allen Patienten, die nicht innerhalb von 3

Tagen normal und in ausreichender Menge

Nahrung zu sich nehmen können, indiziert

Indikation zur klinischen

Ernährungstherapie

DGEM, ESPEN

Frühe enterale Ernährung versus keine Ernährung

Lewis SJ et al., BMJ 2001

Früher (<36h) vs. später Start der enteralen Ernährung

Marik et al., Crit Care Med 2001 Mortalität RR: 0.74 (95% CI: 0.37-1.48)

Heyland D et al., JPEN 2003 Mortalität RR: 0.52 (95% CI: 0.25-1.08)

Compan L et al., Clin Nutr 2004 GI-Toleranz , Pneumonie

Infektiöse Komplikationen

• EE hat Priorität vor PE (ausser KI)

• Frühzeitige EE innerhalb 24h- 36h (mind. Zottenernährung: 10-20 mL/h)

• Routinemässig soll der gastrale Zugang gewählt werden

• Empfehlung zur EE via Dünndarm: - wenn jejunaler Zugang „logistisch“ möglich routinemäßig nutzen

• Vermeide: Hyperalimentation in der Frühphase einer Erkrankung

Hypoalimentation in der chronischen Phase einer Erkrankung

Akzeptierte Grundsätze:

Frühe enterale Ernährung in der ICU wie gut ist die Evidenz??

Koretz RL et al., Clin Nutr 2014

Möglichkeiten eines Bias:

Koretz RL et al., Clin Nutr 2014

1990

1993

1995

1986

However, large, high-quality,randomized, controlled trials

supporting an outcome benefit with early enteral nutrition

versus delayed nutrition during the acute phase of

critical illness have not been performed.

Casaer M, NEJM 2014

Frühe enterale Ernährung?

• Nach Koretz und Casaer ist die frühe enterale Ernährung

wissenschaftlich nicht ausreichend gesichert

• Erlaubt die EDEN-Studie den generellen Verzicht auf eine

frühe enterale Ernährung?

EDEN

Rice TW et al., JAMA 2012

BMI 30 kg/m2

n=1000

EDEN – GI Komplikationen

Outcome trophic feeding

(n=508)

„full EN“

(n=492)

p

Regurgitation 0,4% 0,7% 0,003

erhöhtes GRV 2,2% 4,9% 0,001

Vomitus 1,7% 2,2% 0,05

Aspiration 0,2% 0,3% n.s.

Distension, abd.

Krämpfe

6,1% 6,8% n.s.

Rice TW et al., JAMA 2012

Initial trophic feeding did not increase the number of ventilator-free days

?

Reignier J et al., JAMA 2013

Nutritional Risk Scoring Systeme in der ICU

Kondrup J, Curr Opin Clin Nutr Metab Care 2014

There is a need to develop a screening tool to assist clinical

staff in deciding whether or not a patient in the ICU should

be given nutrition support…

… As a tentative conclusion, it is recommended to provide

adequate nutrition support to severely ill patients who are

likely to stay in the ICU with mechanical ventilation for a

week or more.

Frühe enterale Ernährung?

• Die aktuell verfügbare Evidenz spricht für eine frühe

enterale Ernährung

• Koretz bzw Casaer erheben berechtigt den Wunsch

besserer Evidenz und verlangen zu Recht eine neue

grosse Studie zu diesem Thema

• Die EDEN-Studie ist ungeeignet, einen generellen

Verzicht auf eine frühe enterale Ernährung zu fordern

• Die voraussichtliche ICU-Liegedauer muss künftig

besser berücksichtigt werden

Wann parenteral?

Indikation zur klinischen

Ernährungstherapie

Indikationen für eine PN

- KI für eine EN -

Berger MM, Clin Nutr 2014

TPN

SPN

Indikation zur parenteralen Ernährung: ESPEN

Singer P et al., Clin Nutr 2009

Parenterale vs. Enterale Ernährung

Simpson F and Doig GS, Intens Care Med 2005

Parenterale versus enterale Substratzufuhr - schweres Schädel-Hirn-Trauma -

Perel P, Cochrane Database of Systematic Reviews, Issue 1, 2009

Berger M, Clin Nutr 2014

Parenteral Hyperalimentation and Bacteriema

Dissainake et al., Crit Care 2007

The risk for bloodstream infections is associated with increased

parenteral caloric intake in patients receiving parenteral nutrition

Metabolic Complications of

Parenteral Hyperalimentation

Ziegler TR, NEJM 2009

Casaer M et al., Am J Respir Crit Care Med 2013

protein, lipids seem to be responsible for the delayed recovery (by inhibition of autophagy?)

Inhibition of Autophagy

by early SPN?

Derde S et al., Endocrinology 2012

• Experimental data

• Dose dependant?

• Time dependant?

Persönliches Statement

• Die post-hoc Analysen der EPaNIC-Studie sind derzeit als

hypothesengenerierend anzusehen.

• Sie basieren auf dem Protokoll einer frühen Hyperalimenation bei etlichen

Patienten, bei denen eine Ernährungstherapie nicht indiziert war

• Konsequenz: eine PN muss wie eine EN unter metabolischen Monitoring

langsam aufgebaut werden. Eine vollständige TPN ab Tag 1 ist abzulehnen

• Der Start einer TPN ist individuell zu treffen und muss abhängig vom

Stoffwechsel, einer evtl. bestehenden Mangelernährung und des zu

erwartenden ICU-Aufenthaltes gemacht werden

Wann enteral+parenteral?

Indikation zur klinischen

Ernährungstherapie

Neuere SPN - Studien

Kondrup J, Curr Opin Clin Nutr Metab Care 2014

Can the most recent studies

be compared easily?

Singer P, Cohen J, JPEN 2013

• 50 % der Patienten waren am Tag 2 extubiert und am Tag 4 verlegt.

Sie erhielten 2/3 der Kalorien per os, was die korrekte Anwendung der

ESPEN- Leitlinien in Frage stellt

• 60% waren herzchirurgische Patienten, bei denen eine routinemässige

Ernährungstherapie nicht indiziert ist.

Orale Kostzufuhr nach erfolgreicher Extubation gilt als standard of care.

• Mangelernährte Patienten (BMI<17) waren von der Studie ausgeschlossen.

• Ohne Adaptationsphase wurden am Tag 3 bis zu 32 kcal/kg/d zugeführt,

was für einige Patienten sicher eine Hyperalimentation bedeutete.

• Eine begleitende intensivierte Insulintherapie maskierte eine

Hyperalimentations-bedingte Hyperglykämie.

EPaNIC Trial - Critics

Felbinger TW, Weigand M, Mayer K, NEJM 2011

• Heidegger C et al., Lancet 2013,

SPN trial, n=300, SPN ab d4 bei EN<60%

Infektionen ↓↓

• Doig G et al., JAMA 2013

australian trial, n=1372, SPN ab d1 (max

1600kcal/d) LOS (↓), Beatmungsdauer ↓, Kosten ↓

• Singer P et al., Intens Care Med 2011

TICACOS, n=130, SPN ab d1, SPN nach indir.

Kalorimetrie

Mortalität (↓)

No Panic after EPaNIC

Anti-EPaNIC Trials

SPN früher oder später?

Es kommt darauf an…

Unberücksichtigte Faktoren in den neueren SPN-Studien:

• Grad der vorbestehenden Mangelernährung

• Grad des GI-Versagens

• Ausmass der Hyperinflammation

• Fokus auf metabolisches Monitoring

• Berücksichtigen eines dynamischen Verlaufes

• Stufenweiser Aufbau einer SPN

Aufbau einer Ernährungstherapie:

Wann enteral – wann parenteral?

Weimann A, Singer P, Lancet 2013

Unter Berücksichtigung von:

Initialem Ernährungszustand

Metabolischer Toleranz

Hämodynamischer Stabilität

Voraussichtlicher Dauer ITS-

Aufenthalt

Zusammenfassung

Die Indikation zu einer künstlichen Ernährungstherapie des kritisch Kranken sollte in

zukünftigen Definitionen z.B. die zu erwartende ICU-Liegedauer berücksichtigen

Enterale Substratzufuhr sollte routinemässig gastral und innerhalb von 24h beginnen.

Sie ist auch häufig bei hohem GRV, während Katecholaminzufuhr, und sogar in

Bauchlage bei adäquatem Monitoring möglich

Neben einer enteralen Substratzufuhr ist bei kritisch Kranken mit eingeschränktem GI-

Trakt oder bei bestehender Mangelernährung eine SPN z.B. ab Tag 4 indiziert. Der

bestmögliche Startzeitpunkt hängt von weiteren Faktoren ab wie z.B. vom

Ernährungszustand oder dem Grad eines GI-Versagens

Eine SPN sollte ebenso wie eine EN entsprechend dem metabolischen Monitoring

langsam aufgebaut werden

Eine TPN sollte bei nur wenigen absoluten Kontraindikationen gegen eine EN heute

eine Rarität darstellen

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

"Clinicians should now have the impetus to make nutritional support as important in managing critical illness as ventilatory

or cardiovascular support or management of cerebral perfusion„

DAVIES AR, & BELLOMO R , Melbourne, Australia, 2004

Incidence of Over- and Underfeeding

Reid C, J Hum Nutr Diet 2006

SPN: Friend of Foe?

Casaer M et al., NEJM 2014

Hecker M et al., AINS 2014

Proteinzufuhr

Hermans G et al., Lancet Resp Med 2013

Muscle weakness: 34% vs 43%

autophagosome formation