Post on 08-Aug-2019
Individualpsychologie (A.Adler) geg. 1911
1. Situation des Psychotherapeuten/berufliche Identität
2. IP-Identität/Unterschiede zur PA
3. Geschichtliche der IP
4. Wichtige IP-Konzepte
5. Behandlung und Therapie
6. IP-Konzepte heute
Kurzer Abriss einer Geschichte des Heilens
Ältester Beleg von „Heilertum“: Schamanismus in Sibirien
1980 (WHO) Schamanismus anderen Behandlungen gleichwertig bei psychosomatischen Erkrankungen
-Geht in die Lehre zu einem anderen Schamanen -„Zerstückelung“ findet statt -Person des Heilers ist wichtiger als die Methode -Heiler begibt sich immer auch in Gefahr
Kennzeichen des Schamanen
Motivation zur Berufswahl von Psychotherapeuten Eva Jaeggi „Und wer therapiert die Therapeuten?“
In der Biografie findet sich oft der Umstand, dass
sie sich für einen neurotischen Elternteil verantwortlich gefühlt haben.
häufig eine „Sorgerrolle“ in der Herkunftsfamilie übernommen haben
Partentifizierung einem Elternteil gegenüber
eine Außenseiter-Rolle eingenommen haben Günstig: depressive Reststruktur u. narzisstisches Größenselbst
Beziehungen von PsychotherapeutInnen
4 Typen von TherapeutInnen (Schmidbauer)
1. Opfer des Berufes
2. Spalter
3. Perfektionist
4. Pirat
Situation von AusbildungskandidatInnen
Ausbildung einheitlich geregelt seit 1.1.1991 (PthG)
Psychotherapeutische Praxis wird vorrangig als eine spezialisierte Form sozialer Interaktion beschrieben, die wissenschaftliches Wissen und Forschungsergebnisse in das psychotherapeutische Handeln miteinbezieht, sich aber weder auf Wissenschaft, noch auf „angewandte“ Wissenschaft reduzieren lässt.
Situation von AusbildungskandidatInnen
Psychotherapie ist eine einzigartige Interaktions- und Beziehungsgestaltung und eine auf Wissenschaft basierende Profession.
Implizites Wissen und praxaeologisches Können
Alter und Geschlecht der KandidatInnen (österreichische Studie; 2007) - Mehr als ¾ sind weiblichen Geschlechts - Größte Gruppe (50%) bilden die 31- bis 40-
jährigen - 40% sind über 40 Jahre Gründe dafür: - Mindestalter 24 Jahre - 80% beginnen nach Abschluss einer anderen
Ausbildung - Ausbildungsdauer ca. 5 Jahre (Streuung 4 bis 10
Jahre)
Qualifikation der AusbildungskandidatInnen
45% Studium der Psychologie oder Medizin
21% Zulassung per Bescheid/andere Ausbildung
5% FH für Sozialarbeit/Sozialakademie
5% Gesundheits- und Krankenpflege
7% Pädagogische Akademie/ Lehramt
Veränderungen: Anteil der PsychologInnen steigt; Anteil der ÄrztInnen sinkt; andere Berufsgruppen stabil; Frauenanteil hat sich kontinuierlich erhöht (derzeit 80%)
Methodenvielfalt vs. Akademisierung
21 Therapiemethoden durch BM anerkannt
35 anerkannte Ausbildungseinrichtungen
5 große Strömungen
2/3 der Ausbildung vereinsintern zu absolvieren (Geschlossenheit der Ausbildung)
Universitäre Ausbildung sieht Geschlossenheit nicht vor; auch nicht persönlichkeitsorientierte Ausbildung
Wirkung der Psychotherapie
Anteil am Therapieerfolg:
- 15% durch Methoden oder Technik erklärbar
- 30% durch die Qualität der therapeutischen Beziehung
- 40% extratherapeutische Klientenressourcen
Problembereiche der beruflichen Identität
Berufsgruppenzugehörigkeit
Ungeschütztheit der PsychotherapeutInnen
Bevorzugung angepasster KandidatInnen bei der Auswahl für die Ausbildung
Außensicht auf Psychotherapie
Bewährung im Alltag
Was macht einen guten Therapeuten/ eine gute Therapeutin aus?
Offene Haltung demgegenüber, was vom Patienten/Patientin kommt
Kann eine gute Arbeitsbeziehung herstellen
„adherence“ / Aufrechterhaltung der Beziehung
Überzeugtheit bzw. Festigkeit in seinem Tun, seiner Technik gegenüber
(Jaeggi&Riegels)
IP-Identität
„Regulationsprinzip“ als Strukturprinzip in die Tiefenpsychologie eingebracht.
D.h.: Jeder Triebimpuls wird im Moment der Wahrnehmung sofort sozial eingeordnet bzw. reguliert.
Fehlt ein solches Regulationsprinzip, bedeutet dies eine sehr schwere Störung.
Adler kreierte das Bild eines „sozial determinierten“ Menschen.
IP-Identität
Mensch ist wachstumsorientiert
Psychische Störungen/Symptombildungen sind Störungen im Regulationsprinzip. Selbstwertgefühl und Regulation des Selbstwertgefühls hat dabei zentrale Bedeutung.
Ausgangspunkt ist präödipale Zeit
Bedeutung der sozialen Gebundenheit (Interaktionalität)
Ganzheitliche Sichtweise/ Unteilbarkeit des Individuums
Unterschiede IP PA Sexualität hat zentrale
Bedeutung
Triebe bestimmen die Persönlichkeit
Einmaliges, traumatisches Ereignis
Mensch ist durch Triebschicksal derterminiert
„Machtstreben“, „Kompensation“
Persönlichkeit bestimmt die Art u. Äußerung der Triebe
Längerdauernde Atmosphäre u. Verarbeitungsform
Mensch ist unbewusst final determiniert
Bezeichnung „Individualpsychologie“
Personenbezogene Ganzheitlichkeit
Individuelle Typisierung
In allen Eigenheiten u. Auffälligkeiten steckt stets die ganze Person (Persönlichkeit).
Jeder löst Aufgaben u. Probleme stets mit der für ihn typischen Reaktionsweise, die von einem inneren Ideal (Lebensplan) bestimmt wird.
Philosophische Wurzeln der IP
Seneca: „Alles hängt von unserer Meinung ab!“
Holismus (Lehre von der Ganzheit)
Philosophie des „als ob“ (Vaihinger)
(idealistischer Positivismus)
Hermeneutik
Kunst der Auslegung, der Deutung
Prozess
phänomenologische Wahrnehmung
eidetische Reduktion
Fragen nach unbewussten Ursachen
Alfred ADLER
Geb. 1870 in einem Vorort von Wien
Zweites von insgesamt 6 Kindern
Leopoldstädter Sperlgymnasium
1888 Beginn des Medizinstudiums
1902 Mitglied in der „Mittwochsgesellschaft“
1911 Austritt aus dem Verein der PA und Gründung des „Vereins für freie psychoanalytische Forschung“
1937 gestorben in England
Phasen der IP-Theorien
Erster Theorieentwurf
„Über den nervösen Charakter“ 1912
Reformbewegung der 1920-iger Jahre
„Menschenkenntnis“ 1927
Ideologisierung der Theorie Anfang der 30-iger Jahre
„Sinn des Lebens“ 1933
I Anfang und Grundlagen
1898 „Gesundheitsbuch für das Schneidergewerbe“
1904 „Der Arzt als Erzieher“
1906/1907 „Organminderwertigkeit“
1908 Aggressionstrieb; Zärtlichkeitsbedürfnis des Kindes
1909/1910 Minderwertigkeitsgefühl
II Auseinandersetzung mit Freud und der Bruch
1902-1911
1911
Oktober 1911
Mitglied in der Mittwochsgesellschaft
Freud forciert den Bruch „Aggressionstrieb“ Zärtlichkeitsbedürfnis d. Ki.
Austritt und Gründung des
„Vereins für freie psychoanalytische Forschung“
Minderwertigkeitsgefühl / gesteigertes Zärtlichkeitsbedürfnis Herabgesetztes Kind Vernachlässigtes Kind
Passiv
Ausweichen und Rückzug
Aktiv
Feindselig / aggressiv
Kulturell / aggressiv
III Aufbau der Schule
27.9.1913 „Verein für Individualpsychologie“
1914 68 Mitglieder
1912 „Über den nervösen Charakter“
1914 „Heilen und Bilden“ (Lehrbuch)
1917 Schriften über Homosexualität und Beitrag zu Kriegsneurosen
„Über den nervösen Charakter“ 1912
Einheitlich gerichteter Lebensplan unter einer fiktiven Persönlichkeitsidee
Zielgerichtete Einheit; das „Individuum“
„Fiktionsbegriff“ (Meinungen, Annahmen, Persönlichkeitsidee, Lebensplan, Lebensstil)
„Vergangenheit“ verliert gegenüber „Gegenwart und Zukunft“ an Bedeutung
Gemeinschaftsgefühl
IV Blütezeit bis 1926
1920 erste Erziehungsberatungsstellen
1924 Erziehungsheim
1925 Ehe- und Sexualberatungsstelle
1926 insgesamt 17 Erziehungsberatungsstellen in Wien
Wiener Schulreform
V „Menschenkenntnis“ 1927
Betonung der Ganzheitlichkeit
Betonung der sozialen Beschaffenheit des Seelenlebens
1931 individualpsychologische Versuchsschule, gegr. Oskar Spiel
1927 Auseinandersetzungen innerhalb des Vereins und Zersplitterung
VI „Sinn des Lebens“ 1933
„Wertpsychologie“
„Streben nach Vollkommenheit“
„Idee der idealen Gesellschaft“
Deutlich moralisierende Haltung Adlers
Minderwertigkeitsgefühl
„Keiner, der meine Honorare bezahlen kann, ist ein totaler Versager!“
Minderwertigkeitskomplex (MINKO)
„Was Ihnen fehlt, ist ein bisschen Selbstvertrauen: Geht das denn nicht rein in Ihren blöden kleinen Schädel?“
Minderwertigkeitsgefühl
„Mensch sein, heißt ein Minderwertigkeitsgefühl haben!“
Positives Aufbegehren gegen das „Klein-Sein“
aktives Herangehen an das Leben
sozial angemessenes Gemeinschaftsgefühl
flexibles Verhaltensrepertoire und Fiktionen
Minderwertigkeitsgefühl
Angeborene Mängel
Strenge oder kalte Erziehung
Verzärtelung und abhängig machende Erziehung
Unsicherheit
gesteigertes Minderwertigkeitsgefühl
Minderwertigkeitsgefühl
Wunsch
Sicherheit erlangen
Erniedrigung verhindern
seinem Selbstwert nicht mehr schaden
Minderwertigkeitsgefühl
Überkompensation
Macht- und Geltungsstreben
Aggression
Passivität
Rückzug
Depression
Gemeinschaftsgefühl
i.S. von Zusammengehörigkeit, Zugehörigkeit, soziales Interesse
Regulativ gegen Macht- und Geltungsstreben
Entwickelt sich unbewusst in der frühen Kindheit durch erste soziale Bindungen
und durch Förderung von Selbstachtung und Selbstwertgefühl
Gradmesser für Abweichung oder Krankheit
Finalität und Fiktion
Final: i.S. von Sinn- und Zweckhaftigkeit eines bestimmten Geschehens
Fiktion: „unreale“, subjektive, „als ob-“ Annahmen
schöpferische Leistung
Jeder Mensch MACHT seine Erinnerungen, Erfahrungen, Gefühle.
Fiktion wirkt für jeden wie ein „Faktum“.
Lebensstil u. Lebensplan
„Aktionslinie“, „Melodie“, „Bewegungslinie“
Eine sich immer wiederholende Art, wie man sich den Fragen des Lebens gegenüber benimmt.
mit dem 4. bis 5. Lebensjahr festgelegt
statischer Charakter
Erfassung des individuellen Lebensstils ist ein Therapieziel.
Entwicklung des Lebensstils
1. pränatale Alleinheitsgefühle
2. magisch-halluzinatorische Phase, Allmachtsgefühle
3. Frustration der Allmachtsgefühle
Kleinheits- und Ohnmachtsgefühle
4. Wirklichkeitsbezogenes Selbstbewusstsein
Männlicher Protest
Dichotomes Prinzip: mächtig = oben = männlich minderwertig = unten = weiblich
Neurotische Idee: menschliche Beziehung bedeutet Kampf um Überlegenheit; Männlichkeit bedeutet sich von allem Weiblichen abzugrenzen
Geschwisterkonstellation
Einziges und spätere Anspruchshaltung auf Sonderstellung
Ältestes und das Gefühl der „Entthronung“, Rivalisierungsneigung, Übernahme von Elternfunktionen
Zweites Kind und das Gefühl des Zurückgesetztseins
Jüngstes zwischen Riesenansprüchen und Hilflosigkeit
Definition der Neurose in der IP 1. Innerseelischer Konflikt
2. Ursachen sind nicht direkt erfragbar (unbewusst)
3. Symptome der Energieeinbuße
4. Schwere des neurotischen Symptoms korreliert nicht mit den berichteten Ursachen
5. Wiederholungszwang
6. Symbolisierung
Das Unbewusste i.S. der IP
Unbewusstes i.S. eines unbewussten Lebensstils
Vorbewusstes (obere Schicht): beinhaltet die im Lebensstil verborgenen Ziele
Tiefere Schicht: Schmerz, Kränkung, Angst davor minderwertig zu sein
Wiederbelebung dieser Gefühle MUSS vermieden werden
Verlust an Bildern und Fähigkeiten
Behandlungsschwerpunkte
Verstehen des spezifischen Lebensstils
Aufklärung des Patienten über sich selbst durch Deutungen
Ermutigung zu Selbstbestimmungsmöglichkeiten
Stärkung des Gemeinschaftsgefühls
Grundprinzipien
Wohlwollende Zugewandtheit
Gleichschwebende Aufmerksamkeit
Abstinente Haltung
Verständnis für den Widerstand
Deutungen: z.B. genetisch und der aktuellen Therapeut-Patient-Beziehung
Beziehung steht im Dienste der nachholenden Strukturbildung
Diagnostische Hilfsmittel
Erster Eindruck
Früheste Kindheitserinnerungen
„Wunderfrage“
IP-Konzepte heute
Minderwertigkeitsgefühl
Machtstreben
Fiktion
Gemeinschaftsgefühl