Post on 31-Dec-2015
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Die Motettevon
Guillaume de Machautbis
Johann Sebastian Bach
Wiederholung: Machaut Motette Nr.9
Der neue Klang
Der neue Klang
Johannes Tinctoris (c. 1435-1511) Liber de arte contrapuncti 1477:
„Neque quod satis admirari nequeo quippiam compositum nisi citra annos quadraginta extat quod auditu dignum ab eruditis existimetur. ...
Der neue Klang
... florent compositores, ut Johannes Okeghem, Johannes Regis, Anthonius Busnois, Firminus Caron, Guillermus Fauges, qui novissimus temporibus vita functos Johannem Dunstaple, Egidium Binchois, Guillermum Dufay se praeceptores habuisse in hac arte divina gloriantur.“
Der neue Klang
Tinctoris setzt damit die „Epochen-wende“ des Klangs
40 Jahre vor seinem Traktat Liber de arte contrapuncti von 1477 an, also um 1437.
Der neue Klang
Damit trifft Tinctoris in etwa die Mitte der Schaffenszeit von Dufay (1397-1474) bzw. an den Beginn der Zeit von Ockeghem (1410/30-1497) und Busnois (1432/35-1492) etc.
Der neue Klang
Was zeichnet den „neuen Klang“ aus?
Gemeint ist von Tinctoris der Wechsel von Quarten und Quinten – wie bei Machaut – zu Terzen und Sexten.
Terzen und Sexten waren bereits im 14. Jh. das englische Klangidiom.
Beispiel: Dunstaple Veni sancte
Dunstaples Motette ist
- isorhythmisch gebaut
- Die beiden Durchführungen (also Talea 1+2 und Talea 3+4) stehen zu einander im Verhältnis 3 : 2
- der Tenor ist damit proportional angelegt
Beispiel: Dunstaple Veni sancte
Im vierstimmigen Satz sind die vollklingen-den Terzharmonien auffällig.
Beispiel: Dunstaple Veni sancte
Das Eingangsbicinium gestaltet Dunstaple
als zweistimmigen, in sich konsonanten Satz
Reduktion ohne Verzierungen:
Der neue Klang
Auch der der französische Kleriker Martin le Franc (um 1410 – 1461) formuliert:
„Et on pris de la contenance / Angloise, et ensuy Dompstable“
Der neue Klang
Mit der „contenance angloise“ verbindet Martin le Franc auf dem Festland zwei Namen:
Guillaume Dufayund
Gilles Binchois
aus: Martin le Francs
Le Champion des Dames
la contenance angloise
Wie aber kommt das englische Klangidiom
– die „contenance angloise“ –
aufs Festland?
„Imperia“
Kurtisane mit Kaiser und Papst „in der Hand“
(Konstanz, Hafen)
Politische Vermittlung
Im Rahmen des Konstanzer Konzils 1414-1418 trafen sich in Konstanz nicht nur
- Kaiser Sigismund und Königin Barbara- die Päpste Johannes XXIII. und Martin V.- 33 Kardinäle etc. ...- die päpstliche Kapelle- 400 bis 500 Instrumentalisten und
Spielleute- englische Sänger- und Guillaume Dufay
Guillaume Du Fay
- geb. 5. Aug. 1397? bei Brüssel
- gest. 27. Nov. 1474 in Cambrai
- 1409-1412 Chorknabe in Cambrai
- 1414 in Konstanz, ab 1420 in Italien
- 1420-1424 in Diensten d. Fam. Malatesta
- 1428 Priesterweihe
- 1428-1437 Mitglied der päpstl. Kapelle
- ab 1440 als Kanoniker in Cambrai
Guillaume Du Fay
Werk- 7 Messen, darunter die der berühmte
vollst. Messzyklus Missa Sancti Jacobi (Plenarmesse)
- 19 Motetten- 24 Hymnen- 80 Chansons- erstes mehrstimmiges Requiem -
verschollen
Guillaume Dufay – Beispiel 1
Hochzeitsmusik - Hörbeispiel
Vasilissa ergo gaude
Weltliche Motette. Komponiert 1420 für Cleophe de Malatesta zur Abschiedsfeier vor ihrer Hochzeit mit Theodor von Morea.
Dufay – Vasilissa ergo gaude
Wie ist die Motette konstruiert?
Dufay – Vasilissa ergo gaude
Die Tenorkonstruktion ist gegenüber
Machaut wesentlich vereinfacht:
Talea und Color fallen zusammen.
Als Talea verwendet Dufay folgenden
Rhythmus:
Dufay – Vasilissa ergo gaude
Als Color verwendet Dufay das Graduale
„Concupivit rex“ aus der Marienmesse „Vultum
tuum“.
Der erste Abschnitt: „Concupivit rex decorem
tuum“ umfasst die erste, der zweite „quoniam
ipse est Dominus tuus“ die zweite Talea.
Dufay – Vasilissa ergo gaude
Weitere Merkmale der Motette
- Kanonische Führung der Oberstimmen im Bicinium
- Isorhythmische Anlage der Oberstimmen
- instrumentale Abschnitte
- größere Sanglichkeit gegenüber Dunstaple
Guillaume Dufay – Beispiel 2
Politische Musik
Supremum est mortalibus bonum
„Pro pace – pro duobus magnis luminaribus mundi“
(Hs. Bologna UB Ms.2216)
Dufay – Supremum est
Die Motette wurde komponiert zum Treffen von Papst Eugen IV. und Kaiser Sigismund am 8. April 1433 komponiert.
Dufay – Supremum est
Sigismund wird dabei von Eugen IV.,
der selbst politisch angeschlagen
ist, zum Kaiser gekrönt.
Dufay – Supremum est
Die Umstände der Aufführung schlagen Sich in der Konstruktion der Motette nieder.
Die jeweils ersten beiden und letztenbeiden Verse werden in besonderer Weise hervorgehoben.
Dufay – Supremum estDer Beginn„Supremum est mortalibus bonumpax, optimum summi Dei donum“wird als Fauxbourdon vertont.
Notiert werden nur zwei Stimmen, Motetus und Triplum, die vierte wird freiErgänzt und folgt der Oberstimme inQuarten.
Dufay – Supremum est
Der Schluss der Motette
„sit noster hic pontifex eternus
Eugenius et rex Sigismundus“
wird mit einem extra Tenor und
einer Hervorhebung der Namen
vertont.
Dufay – Supremum estDer vorletzte Vers besitzt als einzigereinen geistlichen Cantus prius factus im Tenor: „Isti sunt duae Olivae“
Die Verwendung des Tenors ist symbolisch: Der Olivenbaum ist immergrün und wird sehr alt.Selbstverständlich wird auch auf den Rest des Textes (Leuchter!) angespielt.
Dufay – Supremum estDie beiden Namen der Protagonisten
Eugenius und Sigismund
werden in Pfundnoten vertont.
Eine typische Form der
Namensdarstellung, wie sie sich in der
Renaissance auch noch anderweitig
findet.
Dufay – Supremum estDer Tenor ist frei entworfen und wird
zweimal durchgeführt.
Jede Durchführung besitzt drei Taleae.
Die erste Durchführung steht im Tempus perfectum, die zweite im Tempus imperfectum.
Dufay – Supremum est
Durch den wiederum perfecten
Schlussteil entsteht der Eindruck einer
3 : 2 :3 – Proportionierung.