Wie entsteht Krebs?
Anmerkungen zum medizinischen Krebsproblem
aus der Sicht eines Pathologen
Priv.-Doz. Dr. med. Walter BackPathologisches Institut BremerhavenPostbrookstrasse 10127574 Bremerhaven
Krebs in Deutschland – Häufigkeiten und Trends (2002)Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister Deutschland e. V.
Prozentualer Anteil an den Krebsneuerkrankungen in DeutschlandMänner = 218.250, Frauen 206.000
DarmProstata Mamma
LungeDarmLunge
BEGRIFFSERKLÄRUNG
Krebs Bezeichnung geprägt durch Hippokrates (460 bis 370 v. Chr.)
Tumor = bevorzugte medizinische Bezeichnung für eine Geschw ulst
gutartig – bösartig
solide Tumoren – maligne Systemerkrankungen(Leukämie, malignes Lymphom)
Karzinome Sarkome(vom Epithel abstammend) (vom Mesenchym abstammend)
„Krebs“ ist nicht gleich „Krebs“!!!
Mediziner unterscheiden heute Hunderte von verschiedenen„Krebs“-Erkrankungen
Krebs ist eine Erkrankung des Erbguts(Genoms)
Krebszellen gehen aus einer Zelle hervor, die sich aufgrund genetischer Veränderungen in eine unkontrolliert wachsende Tumorzelleverwandelt hat.
Genetische Mutationen(nicht wieder zu reparierende Schäden an bestimmten Klassenvon Erbanlagen)
defekte Wachstumskontrolledefekte Zelldifferenzierungdefekte Kommunikation der Tumorzellemit der Umgebung
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betreffen • Onkogene
• Tumorsuppressorgene
• DNA-Reparaturgene
Wie entstehen Mutationen in den Erbanlagen der Tumorzelle?
1. Chemische Substanzen
2. Viren
3. Strahlen
4. spontan
Wie entstehen Mutationen in den Erbanlagen der Tumorzelle?
1. Chemische Substanzen > 1500 chemische kanzero-
gene Verbindungen
2. Viren
3. Strahlen
4. spontan
Berufsbedingte Exposition mit Kanzerogenen(„Berufskrebserkrankungen“)
Malignes Mesotheliom - Asbest
Adenokarzinom der Nase - Hartlackstaub (Holzstaub)
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Wie entstehen Mutationen in den Erbanlagen der Tumorzelle?
1. Chemische Substanzen > 1500 chemische kanzero-
gene Verbindungen
2. Viren
3. Strahlen
4. spontan
Tumorviren bei Tieren
HerpesvirenFröscheNierenkrebs
RetrovirenMäuseBrustkrebs
HerpesvirenHühner„Marek“-Lymphom
RetrovirenRinder
RetrovirenHühner
RetrovirenMäuseLeukämie
VirusTierartKrebsart
Tumorviren beim Menschen ?
Denis P. Burkitt
(1911-1993)
Burkitt Lymphom (1957)
• Häufig bei KindernBefall des Kiefers + anderer Knochen,
der Speicheldrüse, Niere, etc.
• „liebt“ höhere Temperaturen, Regenfälle
• „meidet“ größere Höhen
• Auftreten in Malaria Gebieten
Tumorvirus beim Menschen
• Epstein-Barr-Virus (EBV) (1964)- infektiöse Mononukleose
• Weite Verbreitung(>90% der Bevölkerung)
• EBV ist assoziiert mit:• Burkitt Lymphom
•Nasopharyngealem Karzinom
•Morbus Hodgkin
Michael A. Epstein
Burkitt Lymphom
EBER
Ki-67
Chromosomensatz einer Tumorzelle eines Burkitt-Lymphoms
Burkitt Lymphom
Aktivierung von Protoonkogenendurch chromosomale Translokation
Tumorviren beim Menschen
T-Zell-LeukämieHTLV-1
……….
Hepatozelluläres KarzinomHep. B-Virus / Hep. C-Virus
?HSV II
Burkitt Lymphom, u.a.EBV
Herpesviren (HSV)
ZervixkarzinomPapillomviren (HPV)
TumorVirus
HPV16 Infektiondes Zervixepithels
klinischunauffällig
CIN1 CIN2/3invasivesKarzinomMonate
Jahre
HPV und Zervixkarzinom
~6500 Neuerkrankungen
~1800Todesfälle
pro Jahr in D
CIN = cervikale intraepitheliale NeoplasieHPV = humanes Papillomvirus
Prof. zur HausenNobelpreis f. Medizin 2008
Normal CIN1mit Koilozytose
CIN2 CIN3
HPV-assoziierte Krebsentstehung
HPV16 Infektiondes Zervixepithels
klinischunauffällig
CIN1 CIN2/3invasivesKarzinom
spontaneAbheilung
8-13%
MonateJahre
~14%
~50%
~0,5%
HPV und Zervixkarzinom
~6500 Neuerkrankungen
~1800Todesfälle
pro Jahr in D
Krebsfrüherkennung (erfolgreich!!)
Abstrichuntersuchungen (Cytologie zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs)
• Gardasil®: HPV-6, -11, -16, -18
• Cervarix®: HPV-16, -18
HPV Impfung aktuell
Wie entstehen Mutationen in den Erbanlagen der Tumorzelle?
1. Chemische Substanzen > 1500 chemische kanzero-
gene Verbindungen
2. Viren
3. Strahlen
4. spontan
UV Lichtexposition→ betrifft lichtexponierte Haut: hellhäutige Typen besonders betroffen
⇒ Vernetzung von DNA Bausteinen (Thymindimere)
[Hauttumoren: Basalzellkarzinom, Plattenepithelkarzinom, malignes Melanom]
Ionisierende Strahlung Röntgenstrahlen, radioaktive Strahlung
⇒ Bildung von freien Radikalen (u.a.)
(Überlebende der Atombombenexplosionen Hiroshima u. Nagasaki, Halsbestrahlungen im Kindesalter,Reaktorunfall Tschernobyl, Thorotrast erstes Röntgen-Kontrastmittel 1940)
Wie entsteht Krebs?Ursachen der Genschädigungen
- endogene Ursachen („Veranlagung“) nachweislich bei ca. 10% der Tumorenvermutet in weiteren 10%
- Umweltnoxen• kanzerogene Substanzen (vor allem Tabakrauch!)
• Viren • Strahlen
- Alter (= Realisationsfaktor)
Wie entsteht Krebs?Entwicklungsprozess eines Tumors
„Die Krebsentstehung ist ein Prozeß in mehreren Stufen“
[schnell] 1. Initiation (irreversibler genetischer Initialschadenin einer kleinen Anzahl der Zielzellen)
[langsam] 2. Promotionbegünstigt durch- Faktoren, die einen gesteigerten Zellumsatz bewirken- Ernährungsfaktoren- immunologische Faktoren- Hormonelle FaktorenAnsammlung zusätzlicher genetischer Schäden der Tumorzelle
HER2/neu - OnkogenBeispiel Mammakarzinom
Signal-Übermittlungzum Zellkern
Zellkern
Bindungsstelle
Tyrosinkinase-Aktivität
Zytoplasma
Plasma-Membran
Wachstumsfaktor
GenaktivierungZELL-
TEILUNG
Immunhistochemische HER2/ neu-Färbung auf Mammakarzinomzellen
2+ 3+0 1+
z.B: Hercep-Test (Dako), seit 1998(Ventana), seit 2000
„Herceptin“ hemmt die Proliferation von Tumorzellen d urchVerdrängung der normalen Bindungsmoleküle (grün)
Starke Wachstumssignale durchAktivierung überexprimierterHer2/neu Rezeptoren
Verdrängung der normalen Liganden
(grün) durch „Herceptin“
Liganden
Gebundenes „Herceptin“ aktiviert das natürlicheImmunsystem: Makrophagen und „Killerzellen“
VitalerTumor
GefresseneTumorzelle
Vitale Tumorzellen werden vonHerceptin bedeckt und markiert
Elimination von Tumorzellen durchaktivierte Immunzellen
zerstörteTumorzelle
Therapeutische Möglichkeiten bei „Krebs“
10 - 20% der Tumoren sind nicht sicher beeinflußbar50%
ca. 30% Verbesserung der Lebensqualität
30 - 40% Remissionen, Lebensverlängerung 50%
10 - 20% Heilung wahrscheinlich
ZusammenfassungWie entsteht Krebs?
- endogene Ursachen („Veranlagung“) Disposition
+
- Umweltnoxen Exposition
+
- Alter (= Realisationsfaktor) Alter
≈ Tumorrisiko
Es gibt ein Glück allein wir kennen’s nicht:
wir kennen’s wohl und wissen’s nicht zu schätzen.
…
Ach! Warum, ihr Götter ist unendlich
Alles, alles, endlich unser Glück nur?
J.W. v. Goethe
Gute Informationsquellen im Internet:Deutsche Krebsgesellschaft e.V. www.krebsgesellschaft.deLeben mit Krebs e.V. www.leben-mit-krebs-bremerhaven.de
www.pathologie-bremerhaven.de
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