Vortrag zur Tagung der Hans Böckler Stiftung
Erhebung psychischer Belastungen bei Lehrkräften im Rahmen von Gefährdungsbeurteilungen Doris Rusteberg (Dipl.Ök.)
Projekt des Niedersächsischen Kultusministerium, 1.12.2002 - 30.05.2004Projektmanagement: Weiterbildungsstudium Arbeitswissenschaft, Leibniz Universität Hannover
Grundgedanken von bugis
Beteiligungsorientierung
Erschließung des spezifischen Erfahrungswissens der Lehrkräfte über ihre Arbeitssituation - Belastungen und Verbesserungspotentiale
Umsetzungsorientierung
Einheit von Diagnose und VeränderungsmaßnahmeKeine Datensammlung ohne Umsetzung
Praktikabilität
Einfache und ökonomische Anwendbarkeit des Instrumentariums, auch in der Fläche
Wissensbasiert
auf Basis aktueller empirischer Forschungsergebnisse zur LehrerInnenbelastung
Hintergründe des Pilotprojekts bugis
� Große Anfrage (2000) im Niedersächsischen Landtag zum Thema„Gesundheitsschutz und Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz Schule“
� Konzept des Kultusministeriums vom Februar 2002 (Beschluss der Einigungsstelle) zur
- Umsetzung des Arbeitssicherheitsgesetzes von 1974
Bestellung von Fachkräften für Arbeitssicherheit und Betriebsärzten; Einrichtung von Arbeitsschutzausschüssen
- Umsetzung des Arbeitsschutzgesetzes von 1996Durchführung der Gefährdungsbeurteilung in einem Pilotprojekt
Das Pilotprojekt bugis in NiedersachsenProjektziele:
- Abbau von Belastungen + Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Schulalltag
- Entwicklung und Erprobung von Instrumenten + Vorgehensweisen zur Durch-
führung der Gefährdungsbeurteilung nach dem Arbeitsschutzgesetz von 1996
- Aufbau von Arbeitsschutz- und Gesundheitsschutzstrukturen
- Arbeit an ca. 20 Pilotschulen verschiedener Schulformen, Größe und Regionen
Auftraggeber:
Niedersächsisches Kultusministerium, Referat 202 (Projektleitung)
Laufzeit: 1.12.2002 - 30.05.2004
Projektstruktur
- Schulleitung- SPR - Sicherheitsbeauftragte/rsowie nach Bedarf:- Fachkraft für Arbeitssicherheit- Betriebsarzt/Betriebsärztin- Projektmanagement (WA, Uni Hannover)
- Schulleitung- SPR - Sicherheitsbeauftragte/rsowie nach Bedarf:- Fachkraft für Arbeitssicherheit- Betriebsarzt/Betriebsärztin- Projektmanagement (WA, Uni Hannover)
- VertreterInnen des MK- VertreterInnen des SHPR- VertreterIn des SBPR H- VertreterIn der Bezirksregierung H- VertreterIn der Schulträger- Fachkraft für Arbeitssicherheit- Betriebsarzt/Betriebsärztin- Projektmanagement (WA, Uni Hannover)
- VertreterInnen des MK- VertreterInnen des SHPR- VertreterIn des SBPR H- VertreterIn der Bezirksregierung H- VertreterIn der Schulträger- Fachkraft für Arbeitssicherheit- Betriebsarzt/Betriebsärztin- Projektmanagement (WA, Uni Hannover)
ZentraleSteuergruppe
Schulische
SteuergruppeSchulische
Steuergruppe
Beteiligungs-gruppe
M
M = ModeratorIn
Beteiligungs-gruppe
M
beteiligte Schulen
Projektphasen
Definitionsphase Planungsphase
WorkshopsPositionsklärung +Konzeptentwicklung- Ziele, Rahmen- Projektstrukturen- Grobkonzept
Offene Punkte- Dokumentation- SteuerungsfunktionArbeitsschutz-ausschüsse
Projektorganisation- Start-up- Akquise Projektschulen- Projektschritte in Schulen
bugis-Fragebogen- Inhaltskonzept- Pretest, Auswertung- Anpassung Fragebogen
Raumkataster fürBegehungen
Moderationskonzept
QualifizierungskonzeptModeratoren
Realisierungs-phase
Qualifizierung ModeratorInnen
InfoveranstaltungenSchulleitungen
Projektverlauf inSchulen- Begehungen- Begleitung derBeteiligungsgruppen+ Steuergruppen
Transferphase
Evaluation- Befragungsergebnisse- Verbesserungsideen- Bewertungen aus SichtBeteiligungsgruppen,Steuergruppen,ModeratorInnen
Erfolgsfaktoren +Grenzen
Evaluation derInstrumente- bugis-Fragebogen- Raumkataster
Erklärungsansätze zur Lehrerbelastung� Focus liegt auf PERSONEN
und deren Bewältigungs-
verhalten
� These:
Gesundheitliche Beeinträch-
tigungen bis hin zu Burnout
und Frühverrentung werden
insbesondere auf
unrealistische Ansprüche,
fehlende Abgrenzung ....
zurückgeführt.
� Lösungsansätze:
Stresstraining
Bewältigungsverhalten
Lehrerausbildung
� Focus liegt auf
ARBEITSBEDINGUNGEN und
deren Belastungsfaktoren
� These:
Gesundheitliche Beeinträchtigungen
entstehen durch belastende
Arbeitsbedingungen
z.B. Arbeitsaufgaben, Schul-
organisation, Schulkultur und
Arbeitsumgebung ...
� Lösungsansätze:
Entwicklung von Verbesserungs-
nahmen zum Belastungsabbau
und zur Stärkung von Ressourcen
Belastungs-Beanspruchungs-Konzept
Vgl.: H. Luczak & W. Rohmert: Belastungs-Beanspruchungs-Konzepte
Belastungen Beanspruchungen
Anforderungen +äußere Einflüssedes Arbeitssystems
Auswirkungenphysiologisch-körperlich,
affektiv, kognitiv,verhaltensbezogen
Individuelle RessourcenResistenzen(Moderatoren)
SchulleitungFührung
Schulische BelastungenArbeitsaufgaben-Rahmenbedingungen, Arbeitszeit-Unterrichten-Weitere Tätigkeiten-ErziehungsberechtigteSchulorganisation-Zusammenarbeit -Organisation Arbeitsmittel, -stätten, ...-Arbeitsmittel -Räume + Ausstattung-Räume + Ausstatt.für Lehrkräfte
Schulkultur-Arbeitsklima -Zusammenhalt-Unterstützung -Anerkennung -Beteiligung -Gemeinsame Ziele -Externe Kooperation
-Anerkennung extern
-Arbeitszufriedenheit -Zufriedenheit mit Beruf
Teilzeit/Altersteilzeit
Befinden/Gesundheit- gesundh. Beeinträchtigung- Beschwerden
-private Belastungen -soziale Unterstützung
+/-
-
+
-
+
+
--
+
Einflussfaktoren auf das Befinden und die
Gesundheit
bugis-Fragebogen(Merkmalsbereiche)
bugis-Fragebogen (Auszug)
Angegeben ist jeweils der Prozentanteil der befragten Lehrkräfte (bezogen auf die Gesamtnennungen n), die sich
durch die entsprechende Aufgabe "stark" und "ziemlich“ belastet fühlen.
0 25 50 75 100
Belastungsanteil "stark" und "ziemlich"
D2 – Umgang mit Konflikten wenig konstruktiv
C11 - Ich vermisse klare Absprachen an unserer Schule
C7 – Fehlende Effizienz in Gesamtkonferenz
B4 - regelmäßige Arbeit am Wochenende
B16 - Erschwernisse durch heterogenes Leistungsvermögen
B6 – Gefühl, mit Arbeit nie fertig werden
B12 - Zeitaufwand bei der U-Nachbereitung/Korrektur
B7 - fehlende Zeit zur Erholung in den Pausen
B2 - häufiger Zeitdruck in der Arbeit
B13 - Zeitaufwand für Verwaltungs-/Orga-Tätigkeiten
B15 - Erschwernisse durch große Klasse
B17 - Erschwernisse durch laute SchülerInnen
B18 - Erschwernisse durch auffälliges Verhalten
n=608
n=612
n=603
n=622
n=611
n=623
n=617
n=623
n=621
n=619
n=613
n=607
n=613
Die 10 stärksten Belastungsfaktoren
Grobanalyse durch standardisierte Erhebungen
Gestuftes Konzept für die Gefährdungsbeurteilung
Psychosoziale Belastungen:Befragung mit Fragebogen
Sicherheitstechnische Probleme:Begehung, Checklisten, Fragebogen
Vertiefende Analysen
Erarbeiten von Verbesserungsmaßnahmen
Umsetzung von Verbesserungsmaßnahmendurch die Beteiligten in den Schulendurch die Beteiligten in den Schulen in Kooperation mit dem Schulträgerdurch die Beteiligten in den Schulen in Kooperation mit der Bezirksregierung
Prozess- und Ergebnisevaluation
Sept.
.
.
.
Nov. ...
März ´04
Juni ´03
Aug./Sept.
Moderierte Beteiligungsgruppen Je nach Problemlage
Moderierte Beteiligungsgruppen Je nach Problemlage
Präsentation der Ergebnisse
Nov.
Dez.
...
Zeitbedarf für die Arbeit in Beteiligungsgruppen: insgesamt 5-6 Termine à 3 Stunden
Projektverlauf in den Schulen
(5) Präsentation der
Projektergebnisse
Febr./März 2004
(5) Präsentation der
Projektergebnisse
Febr./März 2004
(2) Rückmeldung
Erhebungsergebnisse
+ Einrichtung SteuergruppeSept. 2003
(2) Rückmeldung
Erhebungsergebnisse
+ Einrichtung SteuergruppeSept. 2003
(3) Moderation in
Beteiligungsgruppen (4-5x ):
Verbesserungen erarbeiten
Sept. bis Dez. 2003
(3) Moderation in
Beteiligungsgruppen (4-5x ):
Verbesserungen erarbeiten
Sept. bis Dez. 2003
(1) Erhebung der
Belastungen im Schulalltag
Juni 2003
(1) Erhebung der
Belastungen im Schulalltag
Juni 2003Prozessbegleitung
durch Steuergruppe
Sept. bis Febr. 2003
Prozessbegleitung
durch Steuergruppe
Sept. bis Febr. 2003
(4) Entscheidungsfindung und
Umsetzung von Verbesserungs-
maßnahmen
Nov. 2003 bis Febr. 2004
(4) Entscheidungsfindung und
Umsetzung von Verbesserungs-
maßnahmen
Nov. 2003 bis Febr. 2004
Projektverlauf in den SchulenGefährdungsbeurteilung
Prozesssteuerung: Schulische Steuergruppe/SASA
� Einrichtung Schulische Steuergruppe / schulischer ArbeitsschutzausschussDauer: ca. 1,5 ZeitstundenTermin: vor bzw. zu Beginn der Durchführung der Gefährdungs-
beurteilungBeteiligte: Schulleitung, Personalvertretung, Fachkraft für
Arbeitssicherheit, ggf. ModeratorIn
� Aufgaben der Schulischen Steuergruppe- Planung, Steuerung und Information- Vorbereitung und Herbeiführung von Entscheidungen- Kooperation mit Arbeitsschutzakteuren
� Begleitung der Schulischen Steuergruppe durch ModeratorIn- Reflektion der geplanten Umsetzungsschritte- Koordination mit Arbeitsschutz-ExpertInnen- Dokumentation und Berichtswesen (s. Unterlagen)- Erfolgskontrolle
Projektverlauf in den SchulenGefährdungsbeurteilung: Analyse
(1) Erhebung der Belastungen im Schulalltag
Grobanalyse durch standardisierte Erhebungen an der jeweiligen Schule
� Fragebogenerhebung der Belastungen im Schulalltag
Beteiligte: Kollegium sowie nicht-lehrendes Personal der jeweiligen Schulen; ModeratorInnen (Fachkräfte für Arbeitssicherheit, Arbeits-psychologen, Externe)
Dauer: ca. 1,5 Zeitstunden
� Erhebung sicherheitstechnischer Gefährdungen durch Begehungen
parallele Durchführung: Berichte sollten bis zur Präsentation derBefragungsergebnisse vorliegen
Projektverlauf in den SchulenGefährdungsbeurteilung: Analyse
(2) Rückmeldung der Erhebungsergebnisse
� Rückmeldung und Diskussion der Ergebnisse der Fragebogenerhebungund der sicherheitstechnischen Begehungen
� Sammlung und Priorisierung der Verbesserungsbereiche� Implementierung der Beteiligungsgruppen� Terminplanung
Beteiligte: Kollegium sowie nicht-lehrendes Personal; ggf. einzelne Mitgliederder zentralen Steuergruppe, ModeratorInnen
Dauer: ca. 3 Zeitstunden
Projektverlauf in den SchulenGefährdungsbeurteilung: Beurteilung
(3) Moderation in den Beteiligungsgruppen
� Diagnose von Ursachen und Wirkungen der Belastungen� Bewertung der Belastungsstärken� Entwicklung von Verbesserungsideen und Umsetzungsschritten� Priorisierung� Arbeitsplanung für die Umsetzung
Beteiligte: Mitglieder der Beteiligungsgruppen, ModeratorInnenDauer: ca. 2,5 ZeitstundenTermin: pro Beteiligungsgruppe ca. 5 Termine
Dokumentation
Projektverlauf in den SchulenGefährdungsbeurteilung: Maßnahmen + Umsetzung
(4) Entscheidungsfindung und Umsetzung von Verbesserungs-
maßnahmen
Entscheidungsfindung durch:
� Kollegium, schulische Steuergruppe, Schulleitung
Umsetzung durch:
� einzelne Lehrkräfte (z.B. Konzeptentwicklung, Erprobung neuer Unterrichtsmethoden)
� Kollegium (z.B. Einführung von Teamarbeit)� Schulleitung (z.B. organisatorische Veränderungen)� Schulträger (z.B. bei baulichen Maßnahmen)� Landesschulbehörde (z.B. Bewilligung von ….)
Dokumentation Verantwortlichkeit und Zeitraum für Umsetzung definieren
Projektverlauf in den SchulenGefährdungsbeurteilung: Bewertung
(5) Präsentation der Projektergebnisse
� Ergebnisdarstellung� Bewertung und Perspektiven für die weitere Arbeit� Evaluation des Prozesses und der Ergebnisse
Beteiligte: Kollegium sowie nicht-lehrendes Personal der jeweiligen Schulen;ggf. einzelne Mitglieder der zentralen Steuergruppe, ModeratorInnen
Dauer: ca. 3 ZeitstundenTermin: am Ende des vereinbarten Umsetzungszeitraums
oder Bericht und Reflexion 1x jährlich zum Arbeits- und Gesundheitsschutz an der Schule
Die Ergebnisse aus Sicht der Schulen
Beteiligungsgruppen (Befragungen)positiv: Zusammenarbeit, Gesprächsklima, Austausch,
Unterstützung durch externe ModeratorInkritisch: fehlende individuell nutzbare Unterstützungsangebote,
Widerspruch zwischen Projekt + aktueller Schulreform
Schulische Steuergruppen (Befragungen)
positiv: Sensibilisierung, Anstöße Beseitigung sicherheitstechnischer Mängel, Neugestaltung von Räumensowie Umsetzung konkreter Maßnahmen
kritisch: zeitliche Belastung, teilweise Missverhältnis von Aufwand und Ertrag
Evaluation des Konzepts + des ProjektrahmensErfolgsfaktoren
gut arbeitende schulische SteuergruppenRepräsentativität der BeteiligungsgruppenKompetenz der ModeratorInnen (Unterstützung, Gelassenheit und Zuversicht)Instrumente haben sich bewährt (Raumkataster, Fragebogen-Evaluation steht noch aus)
Grenzen des Konzepts
Bearbeitung sozialer Konflikte nur begrenzt an Beteiligungsgruppen delegierbar
Projektrahmen
positiv: Projektorganisation, Einsatz der ModeratorInnen, Aktivitäten in den Schulenkritisch: Verschlechterung der Arbeitssituation durch Schulreform (Reduzierung der
Verfügungsstunden, Erhöhung der Klassenteilungsgrenze, ...)
Weiterentwicklung des Konzepts
Gesundheitsworkshops, Übergänge zu anderen Beratungssettings, weitere Begleitung der ModeratorInnen
2010: Stand zum Gesundheitsmanagement in Nds.
Arbeitsschutzstrukturen nach dem ASiG- Arbeitsschutzausschüsse auf den Ebenen Land, Region, SchulenLASA, Regionalkonferenzen, SASA tagen 3x jährlich
- 50 Fachkräfte für Arbeitssicherheit (Teilzeit)- 5 Arbeitspsychologinnen
- 5 Arbeitsmediziner (Ausschreibung läuft)
SchulleiterInnen-Fortbildung zum Gesundheitsmanagement an Schulen- Qualifizierung durch Tandem aus Arbeitspsychologen + FaSi- Ordner mit Checklisten und Arbeitsmaterialien- Vermittlung von Beratungsdienstleistungen (Gefährdungsbeurteilungen ….)
Unterstützungssysteme / Instrumente / Werkzeuge
- Sitemap Arbeitsschutz und Gesundheit- Gesundheitsmanagement und Gesundheitsförderung an Schulen- Checklisten, Materialien, Konzepte- bugis-Fragebogen in Überarbeitung (NILS)
Wohin geht die Reise?
Pädagogisches Handeln
- ist nicht vollständig planbar.- ist Rollenhandeln + kann nur bei gelungener Interaktion mit SchülerInnen gelingen.- erfordert Balance zwischen Beziehungsarbeit + Wissensvermittlung.- lebt von fachlichen + personengebundenen Kompetenzen.
Wie muss unser Bildungssystem aussehen, damit
Lernen + Lehren produktiv und freudig gelingen kann?
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