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28.09.2017 Seite 1
Vorstellung der hängigen Volksinitiativen Tagung «Praxis der Volksinitiative», 28. September 2017, Zentrum für Demokratie Aarau Luka Markić, MLaw, Doktorand und Assistent am Lehrstuhl für öffentliches Recht, Verfassungsgeschichte sowie Staats- und Rechtsphilosophie, Universität Zürich
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28.09.2017 Vorstellung der hängigen Volksinitiativen, Luka Markić Seite 2
Inhaltsverzeichnis
– Was sind «hängige» Volksinitiativen? – Aktuelle hängige Volksinitiativen – Gültigkeit von Volksinitiativen: Grundlagen
– Gültigkeit von Volksinitiativen: Juristische oder politische Entscheidung?
– Rechtliche Probleme am Beispiel von zwei ausgewählten hängigen Volksinitiativen
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04.10.17 Titel der Präsentation, Autor Seite 3
Was sind «hängige» Volksinitiativen?
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28.09.2017 Vorstellung der hängigen Volksinitiativen, Luka Markić Seite 4
«Hängige» Volksinitiativen: Gesetzliche Grundlagen Die Bundeskanzlei unterscheidet zw. zwei Arten hängiger Volksinitiativen: - beim Bundesrat hängig (zzt. vier Volksinitiativen)
- Art. 97 Abs. 1 Bst. a ParlG: «Der Bundesrat unterbreit der Bundesversammlung spätestens ein Jahr nach Einreichung einer zu Stande gekommenen Volksinitiative eine Botschaft […]»
- Art. 97 Abs. 2 ParlG: Verlängerung der Frist bei einem Gegenentwurf (18 Monate)
- beim Parlament hängig (zzt. neun Volksinitiativen) - Art. 100 ParlG: «Die Bundesversammlung beschliesst innert 30 Monaten nach
Einreichung einer Volksinitiative in der Form des ausgearbeiteten Entwurfs darüber, ob sie die Initiative Volk und Ständen zur Annahme oder Ablehnung empfiehlt.»
- Art. 103 Abs. 1 ParlG: «Die Bundesversammlung fasst innert zwei Jahren nach Einreichung einer Volksinitiative in der Form der allgemeinen Anregung darüber Beschluss, ob sie der Initiative zustimmt.»
à Fristverlängerungen bei Gegenentwürfen möglich (Art. 97 Abs. 2 ParlG sowie Art. 105 f. ParlG).
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04.10.17 Titel der Präsentation, Autor Seite 5
Aktuelle hängige Volksinitiativen
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Beim Bundesrat hängige Volksinitiativen
Aufgrund fehlender Beschlüsse über das Zustandekommen sind folgende Volksinitiativen namentlich (noch) nicht aufgeführt :
- «Ja zum Verhüllungsverbot» (eingereicht am 15. September 2017) - «Für mehr Transparenz in der Politikfinanzierung» (Einreichung am 10. Oktober 2017)
- «Stop der Hochpreisinsel – für faire Preise» (Einreichung im Dezember 2017)
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Beim Parlament hängige Volksinitiativen
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04.10.17 Titel der Präsentation, Autor Seite 8
Gültigkeit von Volksinitiativen
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Gültigkeit von Volksinitiativen: Grundlagen
Verletzt eine Volksinitiative - die Einheit der Form; - die Einheit der Materie oder - zwingende Bestimmungen des Völkerrechts,
so erklärt die Bundesversammlung diese gemäss Art. 139 Abs. 3 BV für ganz oder teilweise ungültig.
Weitere Ungültigkeitsgründe:
- Klare sachliche/faktische Undurchführbarkeit (vgl. Chevallier-Initiative) - Kontrovers diskutiert: Rückwirkungsverbot, Verletzung des
Diskriminierungsverbots, Verletzung von grundlegenden Verfassungsprinzipien etc. (vgl. Bericht der SPK-S vom 20. August 2015)
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Gültigkeit von Volksinitiativen: Grundlagen
Ungültig erklärte Volksinitiativen: - 1955: Vorübergehende Herabsetzung der militärischen Ausgaben
(Chevallier-Initiative) Grund: Undurchführbarkeit
- 1977: Gegen Teuerung und Inflation Grund: Einheit der Materie
- 1995: Für weniger Militärausgaben und mehr Frieden Grund: Einheit der Materie
- 1996: Für eine vernünftige Asylpolitik Grund: Verletzung zwingender Bestimmungen des Völkerrechts
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Gültigkeit von Volksinitiativen: Juristische oder politische Entscheidung? - Unanfechtbarkeit von Gültigkeitsentscheiden vor Bundesgericht
(Art. 189 Abs. 4 Satz 1 BV) - Volksinitiativen richten sich immer gegen eine Mehrheit des Parlaments
- Befangenheit der Mitglieder des Parlaments
Die Bundesversammlung hat jede Änderung der Zuständigkeitsfrage betreffend die Gültigkeitserklärung einer Volksinitiative zugunsten des Bundesgerichts «aus parlamentsabsolutistisches Gründen» abgelehnt. (Yvo Hangartner/Bernhard Ehrenzeller, in: Ehrenzeller et al., SGK, Zürich/St. Gallen 2014, Art. 173, N 109)
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Beispiel aus den Kantonen Aargau und Schwyz
Aargauische Volksinitiative «Für die Offenlegung der Politikfinanzierung»
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Beispiel aus den Kantonen Aargau und Schwyz
Schwyzer Volksinitiative «Für die Offenlegung der Politikfinanzierung»
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Beispiele aus den Kanton Aargau und Schwyz
Antrag des Regierungsrates: 1. Die Aargauische Volksinitiative
«Für die Offenlegung der Politikfinanzierung» wird in formeller und materieller Hinsicht für gültig erklärt»
[…]
Beschluss des Grossen Rates: Antrag 1 wird mit 118 gegen 2 Stimmen gutgeheissen.
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Antrag des Regierungsrates: 1. Dem Kantonsrat wird beantragt,
a) § 45 Abs. 5 Satz 1 der Initiative «Für die Offenlegung der Politikfinanzierung (Transparenzinitiative)» als ungültig zu erklären,
b) im Übrigen die Initiative mit der redaktionellen Anpassung von § 45a Abs. 5 Satz 2 als gültig zu erklären und
c) [Ablehnung]
[…] Der Beschluss des Kantonsrates steht noch aus.
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Rechtliche Probleme am Beispiel von zwei ausgewählten hängigen Volksinitiativen
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Marginale Gültigkeitsprüfung durch den Bundesrat?
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- Grundsätzlich entscheidet die Bundesversammlung (National- und Ständerat je getrennt von einander) über die Gültigkeit einer Volksinitiative (Art. 139 Abs. 3 BV i.V.m. Art. 98 Abs. 1 ParlG)
- Aber: Botschaft des Bundesrates dient der Bundesversammlung als Entscheidungsgrundlage für die Beurteilung der Gültigkeit einer Volksinitiative (Art. 97 Abs. 1 Bst. a ParlG).
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Marginale Gültigkeitsprüfung durch den Bundesrat?
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Volksinitiative «Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)»
28.09.2017 Vorstellung der hängigen Volksinitiativen, Luka Markić Seite 18
- Ziel der Initiative: - Vorrang des Verfassungsrechts vor dem Völkerrecht
- Der Verfassung widersprechende völkerrechtliche Verträge müssen angepasst oder nötigenfalls gekündigt werden.
- Kritik aus der Lehre (Helen Keller/Yannick Weber)
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SBI: Teil- oder doch Totalrevision?
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- Unterschiedliche Verfahrensregeln - Teilrevision: Zielt auf bestimmte Verfassungsinhalte - Totalrevision: Einleitung eines Revisionsverfahrens
- Gültigkeitsprüfung im Rahmen der bundesrätlichen Botschaft: Antrag auf Gültigerklärung der Volksinitiative
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Volksinitiative «Ja zur Abschaffung der Radio- und Fernsehgebühren (Abschaffung der Billag-Gebühren»
28.09.2017
Vorstellung der hängigen Volksinitiativen, Luka Markić Seite 20
- Ziel der Initiative: Abschaffung der Empfangsgebühren für konzessionierte Radio- und Fernsehveranstalter mit Leistungsauftrag
- Probleme bei der Gültigkeitsprüfung: - Durchsetzbarkeit?
- Übergangsbestimmungen: Umsetzungsfristen - Gültigkeitsprüfung im Rahmen der bundesrätlichen Botschaft:
Antrag auf Gültigerklärung der Volksinitiative
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No-Billag-Initiative: Problem mit dem Namen?
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Quelle: www.tagesanzeiger.ch
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Vielen Dank!
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Luka Markić, MLaw Universität Zürich Rechtswissenschaftliches Institut Rämistrasse 74/34 8001 Zürich Telefon: +41 (0)44 634 41 77 E-Mail: [email protected]
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