2. Halbjahr 2010
Spektrum Akademischer Verlag
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2. Halbjahr 201044
2. Halbjahr 2010
Großes übersichtslehrbuch zu Lernen und Gedächtnis3 Disziplinübergreifendes thema3 Didaktisch perfekt3 Vierfarbig illustriert3 Mit ausführlichem Glossar
DIeSeS exzeLLeNte LeHRBUCH zum Thema Lernen und Gedächtnis für das Grundstudium vermittelt einen umfas-senden Überblick über die Forschung zu Lernen und Gedächtnis und die praktische Bedeutung in Psychologie, Pädagogik, Medizin und auch Verhaltensbiologie. Ein Buch, das die wichtigsten Aspekte von Lernen und Gedächtnis beleuchtet, die Psychologen, Pädagogen, Neurowissen-schaftler und Mediziner in Forschung und Praxis verstehen und im Grundstudium lernen müssen.AUS DeM INHALt:1 Die Psychologie von Lernen
und Gedächtnis2 Die Neurowissenschaft von Lernen
und Gedächtnis� Episodisches und semantisches
Gedächtnis4 Das Fertigkeitengedächtnis� Das Arbeitsgedächtnis und die
exekutive Kontrolle� Nichtassoziatives Lernen� Klassische Konditionierung8 Instrumentelle Konditionierung� Generalisierung, Diskrimination
und Ähnlichkeit10 Emotionales Lernen und Gedächtnis11 Beobachtungslernen: zuschauen,
zuhören und erinnern12 Lernen und Gedächtnis
im Lauf des Lebens1� Spracherwerb: Kommuni-
kation und KognitionGlossar.- Literatur.- Index
MarkA.Gluckund CatherineE.Myers sind Profes-soren für Neurowissenschaft bzw. Psychologie an der Rutgers-University, EduardoMercado ist Assistenz-professor für experimentelle Psychologie an der State University of New York.
Bibliographie
Lernen und Gedächtnis Vom Gehirn zum Verhalten
Gluck, Mark A.; Myers, Catherine e.; Mercado, eduardo
1. Aufl. 2010 628 S. 340 Abb. in Farbe, geb. € (D) 59,95 / € (A) 61,63 CHF 87,–
ISBN 978-3-8274-2102-9
erscheint: September 2010
Interessenten: Studierende der Psychologie in höheren Semestern
Standing order: Psychologie
Psychologie
Bewegungen beteiligt sind, Veränderungen beim
Ausführen von Fertigkeiten hervorrufen und dabei
auch Lernprozesse in anderen Hirnregionen beein-
trächtigen: Wer die Bewegungen seiner Arme nicht
steuern kann, wird schwerlich das Jonglieren erler-
nen. Aber wie das Experiment mit Ratten im radi-
alen Labyrinth verdeutlicht, sind Veränderungen
beim Fertigkeitenerwerb, die durch Schädigungen
der Basalganglien hervorgerufen werden, letztend-
lich kein Beweis dafür, dass diese Region für die
Enkodierung oder den Abruf von prozeduralen Ge-
dächtnisinhalten entscheidend ist. Und ähnlich lässt
sich argumentieren, dass lernabhängige Verände-
rungen neuronaler Aktivität in den Basalganglien,
wie sie bei Ratten in einem T-förmigen Labyrinth
beobachtet wurden, eher Veränderungen der In-
formationen widerspiegeln, die vom sensorischen
Cortex in die Basalganglien gelangen, und weniger
auf Veränderungen in den Basalganglien selbst zu-
rückgehen.Übernehmen tatsächlich die Neuronen der Ba-
salganglien einen Großteil all dessen, was für die
Bildung von prozeduralen Gedächtnisinhalten not-
wendig ist, oder sind dafür eher andere Hirnregio-
nen wie der Cortex oder das Cerebellum zuständig?
Könnte es sein, dass die Basalganglien genauso stark
an der Bildung des Fertigkeitengedächtnisses betei-
ligt sind wie andere Hirnregionen, aber sich dabei auf
bestimmte Aspekte des Lernprozesses spezialisiert
haben? Um etwas Licht in diese Angelegenheit zu
bringen, müssen wir die verschiedenen cortikalen
Regionen während und nach den Übungsdurchgän-
gen näher betrachten (siehe Kasten „Lernen und
Gedächtnis im Alltag“, Seite ■■■).
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Welche Rolle spielt der cerebrale Cortex für den
Erwerb und die Ausführung von Fertigkeiten? Nun
besitzen die meisten Tiere keinen cerebralen Cortex,
und wir wissen, dass Tiere, die mit einem Cortex
geboren werden, auch dann noch viele Bewegungen
ausführen können, wenn ihnen all ihre cortikalen
Neuronen operativ entfernt wurden. Deshalb könnte
man meinen, dass der Cortex für den Fertigkeitener-
werb nicht entscheidend ist. Tatsächlich machen auch
nur Säugetiere aus einem bisher unbekannten Grund
ausgiebig Gebrauch von cortikalen Schaltkreisen;
und welche Rolle der cerebrale Cortex dabei für das
prozedurale Gedächtnis auch immer spielen mag,
sie ist wahrscheinlich bei Säugetieren am stärksten
ausgeprägt. Zufälligerweise (oder nicht) lassen sich
Säugetiere im Vergleich zu den meisten anderen Spe-
zies in hohem Maße trainieren.Wenn Sie laufen, springen oder auch singen,
werden im cerebralen Cortex bestimmte neuronale
Schaltkreise aktiviert und dabei im Laufe der Zeit
verändert. Dabei werden die Verschaltungen für Ak-
tivitäten, die Sie besonders häufig ausführen bzw. die
sich für Sie am meisten lohnen, tendenziell verstärkt
werden. So gesehen sind Erinnerungen an konkrete
Fertigkeiten neuronale Ergebnisse wiederholter Aus-
führungen der jeweiligen Fertigkeiten. Eine simple
Analogie ist die Veränderung Ihres Körpers als Folge
eines Bodybuilding-Trainings. Ähnlich wie Sie durch
Trainieren Ihrer Muskeln Ihre Sprungkraft beeinflus-
sen können, können sie auch durch mentales Trai-
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aufgrund von Übung verbessert hatten, erhöhte sich der Anteil der Neuroenen mit aufgabenabhängiger Aktivität auf etwa 90 Prozent, wobei die meiste Neu-ronenaktivität zu Beginn und am Ende der Aufgabe gemessen wurde und nicht beim Abbiegen nach rechts oder links (Abb. 4.9b). Diese Messungen zeigen, dass sich die neuronale Aktivität in den Basalganglien wäh-rend des Lernprozesses einer sensumotorischen Auf-gabe verändert, was zu der Annahme führt, dass sich die Enkodierung bzw. die Steuerung der Fertigkeiten durch die Basalganglien mit fortschreitendem Lernen verändert.Die beobachtete erhöhte neuronale Aktivität am Anfang und am Ende des Versuchs lässt vermu-
ten, dass über die Basalganglien ein motorischer Ablaufplan entwickelt wird, den die Rattenhirne zu Beginn eines jeden Versuchs während der Labyrinth-Aufgabe starten oder initialisieren. Durch diesen mo-torischen Plan werden die Bewegungen der Ratten bis zum Ende des Versuchs gesteuert (Graybiel 1997, 1998). Dieser hypothetische Prozess lässt sich gut mit Fitts’ Modell des Fertigkeitenerwerbs vereinbaren, dem zufolge automatisierte motorische Programme allmählich die willkürliche Bewegungssteuerung er-setzen (Fitts 1964). Wenn jemand jonglieren lernt, könnte sich die neuronale Aktivität der Basalgang-lien auf ähnliche Weise verschieben. Würden wir die Signale der aktiven Neuronen messen – was derzeit nicht möglich ist –, würden vermutlich bei einer Jongleurin auf Anfängerniveau die Neuronen in den Basalganglien am stärksten feuern, solange sich die Bälle in der Luft befinden (das heißt solange anhand der visuellen Information eine Handlung ausgewählt werden muss). Bei einer erfahrenen Jongleurin dage-gen feuern die Neuronen wahrscheinlich am stärks-ten, wenn sie die Bälle fängt und hochwirft.In diesem Kapitel wurde bereits die Frage gestellt, ob bei kognitiven und sensumotorischen Fertigkeiten einige der gleichen Hirnregionen und neuronalen Mechanismen beteiligt sind. Die oben dargestellten Befunde zeigen, dass die Basalganglien sehr wohl beim Lernen sensumotorischer Fertigkeiten eine Rolle spielen. Sind die Basalganglien auch beim Ler-nen kognitiver Fertigkeiten beteiligt?
Mit bildgebenden Verfahren zur Untersuchung des menschlichen Gehirns konnte in einigen Studien gezeigt werden, dass die Basalganglien auch beim Erwerb kognitiver Fertigkeiten aktiv sind (Poldrack, Prabhakaran et al. 1999). In diesen Experimenten lernten Probanden eine Klassifikationsaufgabe. Ein Computer präsentierte mehrere Karten mit aufge-druckten Mustern auf dem Bildschirm, anhand derer die Probanden eine Wettervorhersage machen soll-ten (Abb. 4.10a). Jede Karte zeigte ein spezifisches Muster. Manche Muster standen für hohe Regen-wahrscheinlichkeit, andere für eher sonniges Wetter – wobei die Probanden diesen Zusammenhang nicht kannten. Die Aufgabe der Probanden bestand darin, für jeden Kartensatz auf dem Bildschirm aus den einzelnen Mustern das Wetter vorherzusagen, indem sie eine von zwei verfügbaren Tasten für Regen bzw. Sonne drückten. Die korrekte Wetterangabe für die jeweilige Musterkombination wurde vom Computer
(a) Frühphase des Trainingsaufnehmende Elektrode
(b) Fortgeschrittene Trainingsphase
StartVersuchsbeginn
StartVersuchsbeginn
SignaltonInstruktion
SignaltonInstruktion
Richtungs-änderung
Richtungs-änderung
Ziel
Ziel
Ziel
Ziel
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für jeden Kartensatz berechnet. Mithilfe von Versuch und Irrtum mussten die Probanden lernen, welche Muster welche Art von Wetter anzeigten.Diese Klassifikationsaufgabe bildet insofern echte Wettervorhersagen nach, als keine Musterkombina-tion (wie Wolkendecke, Temperatur, Wind usw.) eine hundertprozentige Wetterprognose ermöglicht; für ihre Vorhersagen müssen Meteorologen eine breite Vielfalt von „Mustern“ analysieren und zahlreiche kognitive Fertigkeiten erwerben. Den Probanden dieser Studie mag die Aufgabe wohl eher vorgekom-men sein wie eine Übung im Lesen von Tarot-Karten und nicht unbedingt wie der Erwerb kognitiver Fer-tigkeiten, auch wenn sich die meisten von ihnen im Verlauf des Versuchs verbesserten.Zwar war jede Karte mit der Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Wettergeschehens verknüpft, aber es gab keine simple Regel, die die Probanden nutzen
konnten, um genaue Vorhersagen zu treffen. Um ihre Leistungen zu verbessern, mussten die Proban-den allmählich lernen, welche Karten eine Tendenz zu gewissen Wettervorhersagen beinhalten. Die Be-funde der bildgebenden Verfahren konnten zeigen, dass während des Erlernens dieser Klassifikation bei den Probanden in den Basalganglien eine erhöhte Aktivität auftrat (Abb. 4.10b). Diese und ähnliche Studien mit bildgebenden Verfahren lassen vermu-ten, dass die Basalganglien sowohl beim Erwerb kognitiver als auch sensumotorischer Fertigkeiten beteiligt sind.Aber wie das geschieht, ist trotz der deutlichen Hinweise darauf, dass der Fertigkeitenerwerb durch die Basalganglien möglich wird, unklar. Ihre spezi-fische Funktion bei diesen Lernprozessen wird noch diskutiert. So könnte eine Schädigung der Basal-ganglien, da sie bei der Steuerung und Planung von
hippocampale RegionBasalganglien
Hirnaktivität auf ver-schiedenen horizontalen Ebenen
verminderte Aktivitäterhöhte Aktivität
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