Standard Operating Procedure der Intensivstation II, Datum der Version: 29.10.2010
SOP 1 : STANDARD OPERATING PROCEDUREDER INTENSIVSTATION II
Lungenprotektive Beatmung
© Dr. Anja Pfau
Definition
• Beatmungsform mit dem Ziel, möglichst wenige beatmungs-assoziierte sekundäre Schä-
den in der Lunge zu verursachen.
• Keine kausale Therapie, sondern eine überbrückende Maßnahme zur Aufrechterhaltung
der Oxygenierung, bis die Lunge wieder ausgeheilt ist.
Ansatz/Idee der lungenprotektiven Beatmung:
• Aufrechterhaltung der SaO2 durch hohen PEEP (Öffnen und Offenhalten der Alveolen)
• dabei kleine Atemzugvolumina zur Verhinderung eines Volutraumas (dadurch aber
CO2-Retention)
• unphysiologisch hohe Atemfrequenz, um auf diese Weise die CO2-Retention zu kom-
pensieren
Ziele der Beatmung
• SaO2 88-90% ausreichend
• „permissive Hyperkapnie“: zur Sicherstellung einer ausreichenden Sauerstoffsättigung
wird eine Zunahme der CO2-Konzentra-
tion in Kauf genommen; eine feste obe-
re Grenze für den pCO2 ist nicht sicher
definiert, es können aber durchaus
Werte bis 60-65 mmHg toleriert werden; wichtiger Grenzmarker ist jedoch der Blut-pH
im Rahmen der durch die CO2-Retention bedingten respiratorischen Azidose.
Praktisches Vorgehen
Beatmungsform:
• assistierende Beatmungsformen (z.B. BiPAP) bevorzugen (bessere Toleranz, bessere
kardiopulmonale Verträglichkeit etc.)
• kontrollierte Beatmungsformen wie IPPV nur bei fehlendem Atemantrieb
Atemzugvolumina
• 6 ml/kg KG (bezogen auf Idealgewicht; Adipöse haben keine größere Lunge!)
Atemfrequenz
• im Rahmen der lungenprotektiven Beatmung geht die ausreichende Oxygenierung auf
Kosten des CO2-Haushaltes; der CO2-Anstieg wird kompensiert durch eine unphysiologi-
sche Steigerung der Atemfrequenz (15-25/min)
1 Ein SOP hat mehr als einen empfehlenden Charakter, eine Abweichung vom SOP bedarf einer expliziten dokumentierten
Begründung.
!!! Der pH muss > 7,2 bleiben !!!
Standard Operating Procedure der Intensivstation II, Datum der Version: 29.10.2010
PEEP und Pinsp
• zur Verhinderung eines Alveolenkollapses hohen PEEP wählen (10-25 mbar)
• daran angepasst Pinsp wählen (zur Erreichung des Atemzugvolumens, siehen dort); dieser
sollte allerdings nicht 30 (- max. 35) mbar übersteigen
Besonderheiten zum Thema PEEP:
• adipöse Patienten profitieren von höheren PEEP-Werten
• je schlechter der Gasaustausch, desto höhere PEEP-Werte sind nötig
• eine direkte Lungenschädigung (z.B. Pneumonie) spricht schlechter auf eine weitere
Erhöhung des PEEP-Wertes an als eine indirekte Lungenschädigung (z.B. bei ARDS im
Rahmen einer Sepsis)
I:E-Verhältnis
• Empfehlung: I:E = 1:1
• Eine Inverse-Ratio-Ventilation (Inspiration > Exspiration) führt auf Dauer zu massivem
intrinsic PEEP und zu einem Alveolarschaden und wird inzwischen nicht (mehr) empfoh-
len
Zusammenfassung :
Beatmungs-Parameter Einstellung an Maschine
Tidalvolumen 6 ml/kg KG (Idealgewicht)
Atemfrequenz 15-25 Atemzüge/Minute
PEEP 10-25 mbar
Inspiratorische O2-Konzentration 50-100 % (SaO2 ca. 90% anstreben)
I:E-Verhältnis Ca. 1:1
Pinsp < 30 (- max. 35) mbar
Wenn alles nichts hilft…..ECMO, ILA und Freunde
Kommt es trotz Erhöhung der Atemfrequenz zu einer Zunahme der CO2-Konzentration und
fällt der pH hierbei unter 7,2, dann stößt die lungenprotektive Beatmung an ihre Grenzen
und eine Verlegung zur ILA (Interventional Lung Assist) oder ECMO (Extrakorporale Membran-
oxygenierung, nicht in Bamberg verfügbar) muss erwogen werden; eine frühzeitige Verlegung
ist bei geeignetem Patienten anzustreben.
Unser ECMO-Partner ist die Uni-Klinik Regensburg.
Kontaktdaten:
Tel.: 0941/9447351
Fax: 0941/9447365
Weitere Maßnahmen bei ARDS
• →Lagerungstherapie siehe SOP/Leitlinie Lagerungstherapie
• Beim ARDS wird eine Nahrungsergänzung mit ω-3-Fettsäuren und Antioxidantien mitder Sondennahrung empfohlen (z.B. OXEPA, Empfehlung Level B)
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