Seminar: Umschriebene Entwicklungsstörungen
SS 2004Dozentin: Prof. Dr. A. Fritz-StratmannReferenten: Andrea Schink, Carsten Enk
IGLU
Internationale-Grundschul-Lese-Untersuchung
Informationsquelle zum Nachlesen:http://www.erzwiss.uni-hamburg.de/IGLU/home.htm
Einführende Informationen
Mit IGLU wird international vergleichend das Leseverständnis
von Schülerinnen und Schülern der vierten Jahrgangsstufe
getestet.
In Deutschland nahmen alle Länder an dieser Studie teil.
IGLU/E ist eine nationale Erweiterung von IGLU
Mit IGLU/E werden in Deutschland die Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich und die orthographischen Kompetenzen erfasst. Zwölf deutsche Bundesländer beteiligten sich an dieser Ergänzung
Beteiligte Institutionen
IGLU-Beteiligung:
weltweit: ~ 146.000 Schülerinnen und Schüler aus 35 Staaten
10.571 aus Deutschland, 246 Schulen
Zum Konstrukt und zur Erfassung von Lesekompetenz
stammt aus der angelsächsischen literacy-Tradition
mit reading literacy wird die Fähigkeit bezeichnet, Lesen in
unterschiedlichen, für die Lebensbewältigung praktisch bedeutsamen Verwendungssituationen einsetzen zu können
Theoretische Struktur der Lesekompetenz in IGLU
Testablauf: getestet wurden Schülerinnen und Schüler der 4. Jahrgangsstufe
(Gegensatz zu PISA) zwei Kurzgeschichten lesen 11 – 14 Fragen pro Text jeweils 40 Minuten Bearbeitungszeit pro Text Der Text stand bei der Bearbeitung zur Verfügung
... und so sahen die Aufgaben aus
Kompetenzstufen in IGLU
internationalenationale Lösungsrate
Beispiele:
Ergebnisse:
11.
Weitere Erkenntnisse die aus zusätzlichen Fragebögen während IGLU gewonnen wurden:
BISCBielefelder Screening zur Früherkennung von Lese-Rechtschreibschwierigkeiten
Einsatz
In mehreren Längsschnittstudien erprobtVerfahren zur Früherkennung von Lese-RechtschreibschwierigkeitenZielgruppe: Vorschulkinder Zeit des Einsatzes: 10 und/oder 4 Monate vor der Einschulung
Einsatz
„Das Testverfahren erlaubt die zuverlässige und objektive Erfassung spezifischer vorschulischer Schriftsprachvoraussetzungen und besitzt hohe prognostische Validität für später auftretende Lese-Rechtschreibschwierigkeiten in den ersten beiden Schuljahren.“Diagnostische Unterstützung der primären Prävention von Lese-Rechtschreibschwierigkeiten
Entwicklung des Verfahrens
Im Rahmen des Projektes „Früherkennung und Prävention von Risiken der Lese-Rechtschreibschwäche“ an der Universität Bielefeld entwickelt und erprobt
Zielgruppen
KindergartenkinderKinder im SchulkindergartenAber: Das BISC eignet sich nicht für „bereits schriftsprachlich unterwiesene“ Kinder, da „verdeckte“ Risikokinder, die die vergleichsweise leichten Aufgaben des BISC mit Hilfe des im ersten Unterricht Gelernten lösen, als risikofrei diagnostiziert werden, ohne ihre tieferliegenden Schwierigkeiten tatsächlich überwunden zu haben!
Theorie
Kinder knüpfen beim Schriftspracherwerb an vorhandene Kenntnisse und Fertigkeiten an Wurzeln für viele Schwierigkeiten liegen vor dem eigentlichen SchriftspracherwerbKonstrukt „Phonologisches Bewusstsein“ als grundlegende, wenn auch nicht hinreichende Bedingung des Erwerbs von Lesen und Schreiben
Durchführung
Materialien: Handbuch, Vorlagenmappe, Protokollbögen, TonträgerWeitere, für die Subteste benötigte Materialien: Abspielgerät, Stoppuhr, Stift2 verschiedene Protokollbögen:
10 Monate vor Einschulung 4 Monate vor Einschulung (Unterschiede bestehen in der
Einschätzung von Risikopunkten)
Durchführung
EinzeltestverfahrenDurchführung innerhalb einer SitzungDurchführungsanweisungen müssen wörtlich wiedergegeben werden (sonst Gefahr der Irritation)Jeder Subtest verfügt über eine eigene Übungsphase (mit Rückmeldungen) vor der eigentlichen Testphase: anhand von Beispielen wird die Testsituation eingeübt: Beispiel „Silbensegmentieren“:
„Wir machen nun ein Nachsprechspiel. Sag mal finden.“
Richtige Antwort: Falsche Antwort: „Gut gemacht.“ „Nein, hör noch mal: finden. Sag es mal.“
Richtige Antwort: Falsche Antwort: „Gut gemacht.“ „Nicht ganz. Pass auf: finden.“
„Man kann es auch so sagen: fin-den.“ (im Takt mit Händen klatschen) gleiches VerfahrenAnschließend vom Tonband (hier noch 3 korrigiert)
Durchführung
In der Testphase gibt es keine Rückmeldungen mehrDie Reihenfolge der Aufgaben muss unbedingt eingehalten werdenDurchführung in entspannter und sachlicher Atmosphäre (Prüfer muss auf das Kind eingehen)Zeitökonomie: 20-30 Minuten
4 Leistungsbereiche in BISC
Phonetisches Rekodieren im Kurzzeitgedächtnis
Schneller Abruf aus dem Langzeitgedächtnis
Visuelle Aufmerksamkeitssteuerung
Phonologische Bewusstheit
Diesen 4 Faktoren wird bei nicht ausreichender Ausbildung gleiches Gewicht in der Entstehung von Lese-Rechtschreibschwierigkeiten zugemessen
Untertests
Pseudowörter-NachsprechenReimenWort-Vergleich-SuchaufgabeLaute-Assoziieren[Schnelles-Benennen-Wissen]Schnelles-Benennen-Farben von schwarz/weiß ObjektenSchnelles-Benennen-Farben farbig inkongruenter ObjekteSilben-SegmentierenLaut-zu-Wort
Zugehörigkeit der Untertests zu den 4 Leistungsbereichen
Wort-Vergleich-
Suchaufgabe
VisuelleAufmerksamkeitssteuerung
Visuelle Aufmerksamkeitssteuerung
Unterscheidung zwischen relevanten und irrelevanten Informationen beim Lesen und Schreiben: Stellung und Anzahl der Buchstaben im Wort, Groß-/Kleinbuchstaben Struktur der SchriftspracheErfassung der Aufmerksamkeitsprozesse an Schriftmaterial (Gründlichkeit + Flüchtigkeit)
Beispiel: Test zum visuellen Aufmerksamkeitsverhalten
Wort-Vergleich-SuchaufgabeDem Kind wird eine Karte wie folgende vorgelegt:
Die 4 Alternativen in der unteren Reihe stimmen in Bezug auf ihre Buchstaben und auf ihre Position zu 100, 75, 50 oder 25% mit der Vorlage übereinJede Vorlage erscheint 4 mal im Test (jede Alternative in jeder Position)Das Kind soll ohne Zeitbegrenzung die richtige Alternative zeigenWertung der 100 und der 75%igen Alternative als korrektStoppen der Bearbeitungszeit bis zur ersten Entscheidung
Pseudowörter-Nachsprechen
Phonetisches Rekodieren
Phonetisches Rekodieren
Wichtig zum Lesen und Schreiben: kurzfristiges Präsenthalten von Lauten, Buchstaben, Wörtern und semantischen Einheiten größerer OrdnungGedächtnisspanne und fehlerfreier AbrufPseudowörter-Nachsprechen: z.B. „Zippelzack“ Gedächtnisspanne und Artikulationsgenauigkeit für unbekannte Begriffe
SchnellesBenennen Farbe
1Farbabfrage
SchnellesBenennen Farbe
2
Schneller Abruf Langzeitgedächtnis
Schneller Abruf Langzeitgedächtnis
Lesen- und Rechtschreiblernprozess: Zunahme Kenntnisse über Buchstaben/Buchstabenverbindungen Verknüpfung Schriftsymbole – lautsprachliche EinheitenAutomatisierung dieser VerbindungenDiese Verbindungen müssen schnell und ohne Störungen abrufbar seinSchnelles-Benennen: Farbabfrage farbig inkongruenter Objekte, bzw. schwarz-weißer Objekte (Grundfarben sind einem Vorschulkind im Gegensatz zu Buchstaben bekannt)
Silben-Segmentieren
Laute-Assoziieren
Laut-zu-Wort
Reimen
PhonologischeBewusstheit
Phonologische Bewusstheit
Im engeren SinneVerlangt explizit die Beachtung und Analyse der Lautstruktur ohne semantische oder sprachrhythmische Bezüge größere Nähe zu den im Schriftspracherwerb notwendigen Analyseleistungen
Im weiteren SinneKnüpft an Sprachleistungen an, die in konkreten, dem Kind vertrauten Spielhandlungen enthalten sind (Reimen, Silbenklatschen)
Beispiel 1: Test zur phonologischen Bewusstheit im engeren Sinne
Laute-AssoziierenDem Kind wird eine Bildkarte vorgelegt:
Hier z.B. Turm, Wurm, Wal, HerzDann spricht der Testleiter ein Wort (hier: Wurm) getrennt vor: /W/ - /urm/Ein Wortbild auf der Karte entspricht dem vorgesprochenen Wort: WurmEin Wortbild stimmt mit dem ersten Element lautlich überein: WalEin Wortbild stimmt mit dem zweiten Element lautlich überein: TurmEin Wortbild dient als Distraktor (keine lautliche Übereinstimmung): Herz
Das Kind „rät“ das getrennt vorgesprochene Wort, zeigt es und benennt es Als richtig werden in diesem Fall Turm und Wurm gewertet Prominenz des vokalischen Elementes
Beispiel 2: Test zur phonologischen Bewusstheit im weiteren Sinne
ReimenDer Testleiter spricht dem Kind Wortpaare vor: z.B. Buch – Tuch; Kind – GlasDas Kind entscheidet über KlangähnlichkeitDie Anzahl der richtigen Lösungen wird bewertet
Protokollierung und Bewertung
Daten des Kindes: Name/Vorname, Geschlecht, Institution, Staatsangehörigkeit, Geburtsdatum, UntersuchungsdatumBesonderheiten der Untersuchungssituation
Ab 4 Risikopunkten wird die Entwicklung von Lese-Rechtschreibschwierigkeiten als wahrscheinlich angenommenBei 3 Risikopunkten wird die Möglichkeit der Kompensation durch andere beteiligte Fertigkeiten angenommenBei Risiko zur Ausbildung von Lese-Rechtschreibschwierigkeiten soll das Kind gefördert werden z.B. Würzburger Training der Phonologischen Bewusstheit
Literatur
BISC – Koffer: Janson/Mannhaupt/Marx: Bielefelder Screening zur Früherkennung von Lese- Rechtschreibschwierigkeiten (1999).
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