Dipl.-Ing. Jörg-Henry Schwabe
Schwingungstechnische Auslegungvon Betonrohrfertigern
Von der Fakultät für Maschinenbau und Verfahrenstechnik derTechnischen Universität Chemnitz genehmigte Dissertationzur Erlangung des akademischen GradesDoktoringenieur (Dr.-Ing.)
Weimar, im April 2002
2
Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter
am Institut für Fertigteiltechnik und Fertigbau Weimar e.V.
Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. H. Dresig für die wissenschaftliche Betreuung der
Arbeit. Seine wertvollen Anregungen, das dem Thema entgegengebrachte Interesse und die
konstruktiven Hinweise zur Erstellung der Arbeit haben wesentlich zu deren Gelingen
beigetragen.
Herzlich bedanken möchte ich mich bei Herrn Dr. H. Kuch. Ohne seine persönliche
Förderung dieser Arbeit und das wissenschaftliche Profil des von ihm gegründeten IFF
Weimar e.V. wäre die Entstehung der Arbeit nicht möglich gewesen.
Mein Dank gilt weiterhin Herrn Prof. W. Franke von der TU Chemnitz für die Anregungen
und Hinweise. Ebenfalls möchte ich mich bei Herrn Prof. L. Sperling von der TU Magdeburg
bedanken, da aus der Zusammenarbeit mit ihm auch wichtige Anregungen für diese Arbeit
resultierten.
Die Tatsache, daß die vorliegende Arbeit während meiner Tätigkeit am IFF Weimar e.V.
entstand, das als wirtschaftsnahe Forschungseinrichtung anerkannt ist, konnte diese Arbeit
in ganz besonderer Weise durch industrielle und praxisrelevante Gesichtspunkte und
Erfahrungen bereichern. Den Kollegen und Geschäftspartnern möchte ich an dieser Stelle
für die Zusammenarbeit und Unterstützung danken.
3
Inhaltsverzeichnis
Seite
1 Einleitung 6
2 Ausrüstungen zur Herstellung von Beton- und Stahlbetonrohren 9
2.1 Herstellungsverfahren 9
2.2 Formgebungs- und Verdichtungsausrüstungen von Rohrfertigern mit
Kernvibration 10
2.2.1 Rohrfertiger mit stehendem Kern 10
2.2.2 Rohrfertiger mit steigendem Kern 11
3 Verdichtung von Betongemenge 13
3.1 Grundlagen 13
3.1.1 Beschreibung der Verdichtungsvorgänge 13
3.1.2 Modellierung des Bewegungsverhaltens des Betongemenges
bei der Vibrationsverdichtung 16
3.1.3 Bestimmung der dynamischen Eigenschaften des Betongemenges 18
3.1.4 Einflußgrößen auf die Verdichtung 22
3.2 Einflußgrößenklassen 24
4 Horizontale Vibrationsverdichtung in Rohrfertigern 28
4.1 Aufbau und Zielstellungen eines Versuchsstandes 28
4.2 Untersuchung der Bewegungsvorgänge 33
4.2.1 Systemeigenschaften 33
4.2.2 Bewegungsvorgänge an der befüllten Einrichtung 35
4.2.3 Rohdichteentwicklung 37
4.3 Einflußgrößen der Einwirkung 38
4.4 Dynamische Eigenschaften des Betongemenges 46
5 Modellierung und Berechnung der Verdichtungseinrichtung
von Rohrfertigern 47
5.1 Erregersysteme für die Kernvibration 49
5.1.1 Erregersysteme mit einer Antriebswelle 49
5.1.2 Erregersysteme mit zwei separaten Antriebswellen 49
5.1.3 Selbstsynchronisation 54
5.2 Linearer Modellansatz und Abschätzung nichtlinearer Einflüsse 65
5.2.1 Rückwirkung des Schwingungssystems auf die Vibrationserregung 65
5.2.2 Einfluß gyroskopischer Momente 68
5.2.3 Voraussetzungen für lineare Modelle von Rohrfertigern 71
4
5.3 Ebene diskrete Modelle 73
5.3.1 Rohrversuchsstand 73
5.3.2 Modell für einen Rohrfertiger mit steigendem Kern 76
5.4 Räumliches Modell 78
5.4.1 Modellbeschreibung 78
5.4.2 Beispielrechnung 80
5.5 Finite-Elemente-Modelle 83
6 Auslegung der Verdichtungseinrichtung und Ansätze
zur Verfahrensverbesserung 88
6.1 Typische Mängel an Rohren und ihre Ursache 88
6.1.1 Verdichtungsgrad 88
6.1.2 Lokale Verdichtungsmängel 90
6.1.3 Muffenverdichtung 92
6.1.4 Bewehrungsschatten 93
6.2 Auslegung der Verdichtungseinrichtung 95
6.2.1 Anforderungen an Rohrfertiger aus technologischer Sicht 95
6.2.2 Schwingformen für Rohrfertiger mit stehendem Kern 96
6.2.3 Schwingformen für Rohrfertiger mit steigendem Kern 97
6.2.4 Vorgehen bei der Auslegung 98
6.3 Ansätze zur Weiterentwicklung der Verdichtungseinrichtung 100
6.3.1 Automatisierungstechnisches Konzept 100
6.3.2 Kreiselkorrekturerreger 102
6.3.3 Beeinflussung der Mantelbewegung 107
7 Zusammenfassung 108
Literaturverzeichnis 110
5
Verzeichnis häufig verwendeter Größen und Indizes
Zeichen Größe Einheit
a Beschleunigung m/s2
b Dämpfungskonstante Ns/m
c Federkonstante N/m
d Durchmesser m
f Frequenz Hz
g Erdbeschleunigung m/s2
m Masse kg
p Druck bar
r Radius m
t Zeit s
v Geschwindigkeit m/s
x,y,z Wegkoordinaten m
D Dämpfungsgrad
DN Nenndurchmesser mm
E Elastizitätsmodul N/m2
F Kraft N
J Trägheitsmoment kgm2
M Moment Nm
P Leistung W
W Arbeit Nm
Phasenwinkel rad
Abstimmungsverhältnis
Winkelkoordinate rad
Dichte kg/m3
Eigenkreisfrequenz 1/s
Erregerkreisfrequenz 1/s
Indizes
K Kern
Kr Kreisel
M Mantel
U Unwucht
6
1 Einleitung
Beton- und Stahlbetonrohre werden zum Bau von Be- und Entwässerungskanälen und
-leitungen verwendet. Sie sind damit Produkte für die Sanierung und Entwicklung von
Infrastruktur weltweit.
In der Bundesrepublik Deutschland wurden 1998 ca. 3,5 Millionen t Beton- und
Stahlbetonrohre hergestellt [9]. Das Haupteinsatzgebiet sind Kanäle und Leitungen für
Abwasser als Freispiegelleitungen. Bei den knapp 300000 km Abwasserkanälen auf
öffentlichem und rund 600000 km Leitungen auf privatem Grund wird auf Jahre hinaus ein
enormer Sanierungsbedarf gesehen [14]. Der Finanzbedarf zur Sanierung der gesamten
öffentlichen Kanalisation wurde 1998 auf 100 Mrd. DM geschätzt [1]. Die ökologische
Bedeutung dichter und dauerhafter Abwasserkanäle liegt auf der Hand.
Betonrohre und Stahlbetonrohre unterscheiden sich in der Einbettung von Bewehrungsstahl
in Form von einem oder mehreren Bewehrungskörben im Stahlbetonrohr. Wenn im
folgenden nur der Begriff Rohr verwandt wird, so werden im allgemeinen Beton- und
Stahlbetonrohre gemeint ohne zu vergessen, daß es neben vielen Gemeinsamkeiten auch
Unterschiede in der Herstellung und Anwendung gibt.
Es sind verschiedene Bauformen von Rohren bekannt, wie kreisrund, eiförmig oder
Sonderquerschnitte, mit oder ohne Fuß, mit Glocken- oder Falzmuffe. Das sehr häufig
verwandte kreisrunde Betonrohr ist im Bild 1.1 mit einigen Begriffen und geometrischen
Größen dargestellt.
l
d
Spitzende Muffe
Bild 1.1: Betonrohr mit Kreisquerschnitt ohne Fuß, mit Muffe nach [37]d Innendurchmesser; Nennweite DN = genormter Innendurchmesser in mml Baulänge
7
An Betonrohre werden Anforderungen wie Beschaffenheit, Maßhaltigkeit, Festigkeit,
Wasserdichtheit des Rohres und der Rohrverbindung und Widerstandsfähigkeit gegen
chemische Angriffe gestellt. Neben den Ausgangsstoffen ist der Formgebungs- und
Verdichtungsprozeß maßgebend für die Qualität der Rohre verantwortlich. Das effektivste
und industriell wichtigste Herstellungsverfahren für Beton- und Stahlbetonrohre ist die
Vibrationsverdichtung mit Sofortentschalung. Der Weiterentwicklung der dazu benötigten
maschinentechnischen Ausrüstungen ist diese Arbeit gewidmet.
Ziel der Arbeit ist es, die Grundlagen für eine schwingungstechnische Auslegung von
Betonrohrfertigern zu schaffen. Dazu sind folgende Aufgaben zu lösen :
1. Der Verdichtungsprozeß von Betongemenge in Rohrfertigern ist zu untersuchen und es
sind die Einflußgrößen auf die Vibrationsverdichtung herauszuarbeiten.
2. Die Bewegungsvorgänge in Rohrfertigern sind zu analysieren und es sind Modelle aufzu-
bauen, mit denen das Bewegungsverhalten der Rohrmaschinen berechnet werden kann.
Bei der Modellbildung ist das Betongemenge mit zu berücksichtigen.
3. Für die schwingungstechnische Auslegung der Verdichtungseinrichtungen sind
Grundsätze zu erarbeiten. Dabei sind mögliche Mängel bei der Rohrherstellung zu
beachten. Es sind Ansätze für die Weiterentwicklung der Rohrfertiger zu entwickeln.
Der Lösungsweg soll theoretische Betrachtungen, Modellbildungen analytischer und
numerischer Art, experimentelle Untersuchungen im kleintechnischen Maßstab und
praktische Untersuchungen an Rohrfertigern in der Industrie einschließen.
Betrachtungsgegenstand sind Rohrfertiger mit stehendem oder steigendem
vibrationserregten Kern für Rohre der Dimensionen DN 300 bis DN 3600 und Baulängen bis
5 m. Bei prinzipiell gleicher Bauart und Funktionsweise werden auch Schachtringfertiger
dazu gezählt. Hingegen werden Großrohrformen mit mehreren Außenvibratoren nicht
tangiert, da hier die Eigenschaften einer Vibrationsform dominieren.
Rohrfertiger werden von einer Reihe mittelständischer Unternehmen wie z.B. Baumgärtner
( D ), Colle ( I ), IPM ( USA), Niemeyer ( D ), OMAG ( D ); Pedershaab ( DK ), Prinzing ( D ),
Schlosser-Pfeiffer ( D ), Schlüsselbauer ( A ), Züblin ( D ) angeboten. Deutsche Maschinen-
hersteller nehmen dabei eine gute Weltmarktstellung ein.
Die Auslegung der Maschinen beruht fast ausschließlich auf dem Erfahrungsschatz der
jeweiligen Herstellerfirmen. Eine schwingungstechnische Modellierung, Berechnung und
Auslegung der Formgebungs- und Verdichtungseinrichtungen ist weitgehend unbekannt. Ein
Grund dafür sind sicher die schwer zu erfassenden Eigenschaften des Betongemenges bei
der Vibrationsverdichtung. Nicht selten auftretende Verdichtungsmängel an den Rohren und
Zuverlässigkeitsprobleme der Maschinen zeigen, daß eine Optimierung und Weiter-
entwicklung der Maschinen mit empirischen Mitteln schwer möglich ist.
8
Zur Modellierung und Berechnung von Rohrfertigern bietet sich auch die Anwendung
numerischer Simulationsmethoden an, wie dies in vielen ingenieurtechnischen Bereichen
zum Standard geworden ist. Bei der Entwicklung von Rohrfertigern jedoch fand z.B. die
Finite-Elemente-Methode noch keinen breiten Einzug, was u.a. mit der mittelständischen
Struktur der Anbieter derartiger Ausrüstungen und den geringen wissenschaftlichen
Durchdringungsgrad der Rohrfertiger in Verbindung zu bringen ist. So wurde vom Verfasser
die Anwendung numerischer Simulationsmethoden für Rohrfertiger vorangetrieben.
Systematische Untersuchungen zur Rohrherstellung führte z.B. Hillenbrand [19] durch. Erste
Modellansätze für Betonrohrfertiger wurden von Fricke [17] entwickelt. In Weimar wurden
diese Modellvorstellungen mit den Arbeiten von Förster [16] und Endisch [13] durch
maschinendynamische Modelle für verschiedene konkrete Rohrmaschinen weiterentwickelt.
Seitdem wurden am Institut für Fertigteiltechnik und Fertigbau Weimar e.V. die
Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet durch meßtechnische Untersuchungen an
Rohrmaschinen, labortechnische Versuche sowie Modellberechnungen [30] [48] [6]
kontinuierlich fortgesetzt. Als verwandtes Thema ist auch die Arbeit von Baumgärtner [4] zur
Herstellung von Beton- und Stahlbetonrohren mit dem Rotationspreßverfahren zu nennen,
die 1997 am IFF Weimar e.V. entstand.
Historisch gesehen wurde die Entwicklung der schwingungstechnischen Auslegung von
Verdichtungseinrichtungen zunächst an Vibrationsformen und vor allem an
Betonsteinfertigern vorangetrieben [52][21][32][53]. Als Kenngrößen der Vibrations-
verdichtung wurden die Erregerfrequenz sowie Bewegungsgrößen herausgearbeitet. Später
kamen Erkenntnisse zu Schwingformen der erzwungenen Schwingung und zu spektralen
Anteilen der Bewegungsgrößen an Schockvibrationsfertigern hinzu. An Rohrmaschinen ist
bislang die Angabe der Erregerfrequenz und der Erregerkraftamplitude des Zentralvibrators
häufig die einzige schwingungstechnische Spezifizierung der Verdichtungseinrichtung.
Die Notwendigkeit einer komplexeren Betrachtung der Formgebungs- und
Verdichtungsausrüstung von Rohrfertigern leitet sich auch aus folgenden Tendenzen in der
Rohrindustrie ab:
Im Wettbewerb mit Rohren aus anderen Werkstoffen wie Steinzeug oder Kunststoff
steigt das Qualitätsbewußtsein und der Zwang zur Produktivitätserhöhung.
Mit der Entwicklung neuer Baustoffe wie dem Hochleistungsbeton [39] oder
faserbewehrten Beton entstehen neue Anforderungen an den Verarbeitungsprozeß.
Durch neue Baustoffe sind neue Produkte wie z.B. dünnwandigere Rohre möglich. Hier
treffen alte Erfahrungswerte für die Auslegung der Verdichtungseinrichtungen nicht zu.
9
2 Ausrüstungen zur Herstellung von Beton- und Stahlbetonrohren2.1 Herstellungsverfahren
Eine Systematisierung der Herstellungsverfahren wird in Tabelle 2.1 vorgenommen. Eine
Beschreibung der einzelnen Herstellungsverfahren ist u.a. in [29] erfolgt.
Der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit wird auf die Vibrationsverfahren mit
Sofortentschalung gelegt. Diese Verfahren sind im Vergleich zu den Vibrationsverfahren mit
Schalungserhärtung sehr produktiv. Während bei der Schalungserhärtung die
Formgebungs- und Verdichtungsausrüstung erst nach mindestens 5 bis 8 Stunden das
nächste Rohr produzieren kann, werden bei der Sofortentschalung mehrere Rohre pro
Stunde gefertigt.
Tabelle 2.1: Systematisierung der Verfahren zur Rohrherstellung
Herstellungsverfahren für Beton- und Stahlbetonrohre
Mit Erhärtung in der Schalung
Vibrationsverfahren Horizontale Verfahren
in Formen mit
Außenvibratoren
und / oder Innen-
vibratoren
auf
Vibrations-
tischen Schleudern Walzen
Mit Sofortentschalung
Vibrationsverfahren
Rollenkopf-
verfahren
mit
stehendem Kern
mit
steigendem Kern
Kombinierte
Verfahren
Die Rohrmaschine stellt das Herzstück einer Anlage zur Rohrherstellung dar, zu der weitere
Komponenten wie Betonmischanlage, Bewehrungsschweißmaschine, Transportsystem für
die Rohre, Transportsystem formgebender Teile ( z.B. Unterringkreislauf ), Rohrprüfung und
Lagerung gehören (Bild 2.1).
10
Rohr-maschine
Betonmischer
Bewehrungs-schweiß-maschine
Rohr-transport Erhärtung Unterring-
entschalungRohr-prüfung Lagerung
Bild 2.1: Schema einer Produktionslinie für Stahlbetonrohre
2.2 Formgebungs- und Verdichtungsausrüstungen von Rohrfertigern mit
Kernvibration
2.2.1 Rohrfertiger mit stehendem Kern
Bild 2.2 zeigt die schematische Darstellung einer Rohrmaschine mit stehendem Kern.
3
4
6
2
5
7
8
1
Bild 2.2 : Schematische Darstellung eines Rohrfertigers mit stehendem Kern
1 Mantelfeder 4 Kern 7 Kernfeder
2 Vibratorenbaum 5 Mantel 8 Rahmen
3 Vibrator 6 Unterring
11
Der elastisch gelagerte Kern (4) steht in fester Position zum elastisch aufgehängten Mantel
(5). Ein Unterring (6) wird vom Mantel und/oder von einem höhenverstellbaren Kernflansch
gehalten. Das kontinuierlich eingebrachte Betongemenge wird fortlaufend verdichtet. Dazu
wird der Kern von mehreren Unwuchterregern in Schwingung versetzt. Um die
Vibrationserreger für verschiedene Kerndimensionen verwenden zu können, werden
Vibratorenbäume (2) verwandt, die sich in mehreren Ebenen im Kern verspannen. Nach
abgeschlossener Befüllung formt ein Auflastring durch einen Dreh-Preß-Vorgang das
Spitzende. Die Rohre werden sofort entschalt, wobei Reihenfolge und Entschalbewegungen
variieren. Die Rohre erhärten auf dem Unterring stehend.
2.2.2 Rohrfertiger mit steigendem Kern
Rohrfertiger mit steigendem Kern unterscheiden sich von Rohrfertigern mit stehendem Kern
darin, daß im Rohrfertigungsprozeß der Kern im Mantel aufsteigt. Das Verfahren ist unter
anderem entwickelt worden, weil sich das Einfüllen des Betons zwischen Kern und Mantel
über die gesamte Rohrlänge bei Stahlbetonrohren durch geringe Rohrwanddicken und den
Bewehrungskorb unsicher gestaltet.
Die schematische Darstellung eines Rohrfertigers mit steigendem Kern zeigt Bild 2.3. Auf
einer beweglichen Traverse befindet sich ein elastisch gelagerter Kern (3). In den Kern
werden nur im oberen Kernbereich Erregerkräfte eingeleitet. Der Zentralvibrator (4) wird
über Wellen oder direkt am Vibrator befindliche Motoren angetrieben. Der Kern führt
während der Rohrfertigung eine steigende Bewegung zum elastisch aufgehängten Mantel
(2) aus, wodurch eine verdichtungsintensive Zone am Kernkopf dem Rohrwachstum folgt.
Nach Abschluß der Befüllung wird das Rohrende vom Sitzendformer (9) in einem Dreh-
Preß-Vorgang geformt. Der Unterring (6) ist getrennt elastisch gelagert.
12
1
2
34
5
6
7
8
9
Bild 2.3 : Schematische Darstellung eines Rohrfertigers mit steigendem Kern
1 Mantelfeder 4 Vibrator 7 Unterringfeder
2 Mantel 5 Rahmen 8 Kernfeder
3 Kern 6 Unterring 9 Spitzendformer
13
3 Verdichtung von Betongemenge3.1 Grundlagen
3.1.1 Beschreibung der Verdichtungsvorgänge
Die Bestandteile eines Betongemenges können in die 3 Gruppen Feinmörtel,
Zuschlaghaufwerk und Lufteinschlüsse eingeteilt werden [35] [41]. Der Feinmörtel stellt die
Dispersion von Zement und mehlfeinen Zuschlägen in Wasser dar. Das körnige
Zuschlaghaufwerk besteht aus den größeren Zuschlagkörnern. Die dritte Gruppe sind die
Lufteinschlüsse verschiedener Größe.
Bei der Beschreibung des Verhaltens des Betongemenges während der
Vibrationsverdichtung wird oft zwischen der phänomenologischen und der korpuskularen
Betrachtungsweise unterschieden.
Die korpuskulare Betrachtungsweise ist dadurch gekennzeichnet, daß innere Vorgänge
des strukturierten Mediums im Blickpunkt stehen. Es werden die plastisch-viskos-elastischen
Wechselwirkungen der einzelnen Gemengebestandteile beschrieben. Die korpuskulare
Betrachtungsweise eignet sich daher besonders zur Beschreibung betongemengeinterner
Vorgänge wie der Partikelbewegung, Umordnung der Bestandteile, Verflüssigung,
Verdichtung, Entmischung, Luftmigration usw.
Bei der phänomenologischen Betrachtungsweise wird das Betongemenge als
homogenes Medium mit entsprechenden elastischen, plastischen und viskosen
Eigenschaften beschrieben. Mit dieser Betrachtungsweise kann z.B. das Verhalten des
gesamten Betongemenges in der Wechselwirkung mit der Verdichtungseinrichtung
modelliert werden. Das Betongemenge kann als homogenes Medium modelliert werden,
wenn die Korngrößen des Betongemenges vernachlässigbar klein gegenüber den
Abmessungen des Körpers und der zu betrachtenden Vorgänge sind. Das Problem besteht
dann darin, dem homogenen Medium die wesentlichen Eigenschaften des real strukturierten
Stoffes zuzuordnen.
Die phänomenologische und die korpuskulare Betrachtungsweise ergeben sich zum Teil aus
unterschiedlichen Fragestellungen und können sich ergänzen. Daher wird auch eine strenge
Trennung zwischen beiden nicht für notwendig gehalten.
14
Allgemein wird die Vibrationsverdichtung dadurch beschrieben, daß das Betongemenge
quasi thixotrophe Eigenschaften besitzt und unter der Wirkung von Vibration sich verflüssigt.
Durch die Vibration können sich die Körner der Zuschlagstoffe umlagern und die Porosität
wird durch die Beseitigung der eingeschlossenen Luft stark gesenkt [2].
Die Verflüssigung bzw. Verminderung der inneren Reibung wird oft daran dargestellt, daß
ein senkrecht auf die Betonoberfläche aufgesetzter Stahlstab erst unter der
Vibrationswirkung einsinkt [54] bzw. der Scherwiderstand während der Vibration abnimmt
[34] [54].
Der Prozeß der Vibrationsverdichtung kann in zwei oder drei zeitliche Phasen unterteilt
werden. Sehr umfassend wird z.B. von Afanasiev [2] der Prozeß in drei Phasen beschrieben:
Phase I: Es findet eine Umordnung der zufällig angeordneten Körner und Luftporen statt.
Die instabile Struktur geht mittels der dynamischen Belastung durch Umordnen
und gegenseitiges Orientieren der Körner der Zuschlagstoffe in eine stabile
Struktur über.
Es ist ein schnelles Absinken der Oberfläche zu beobachten. Ein großer Teil der
eingeschlossenen Luft kann entweichen. In dieser Phase dominieren trockene
Reibungskräfte (Coulombsche Reibung).
Phase II: Das Gemenge erwirbt Eigenschaften einer zähen Flüssigkeit. Die flüssigen
Bestandteile bedecken die Oberfläche der groben Zuschlagstoffe. Die
Gemengebestandteile nähern sich weiter durch Umverteilung und gegenseitiges
Verschieben der Körner innerhalb des erreichbaren Volumens an. Es treten
gleichzeitig trockene Reibung, Elastizität und viskoser Widerstand auf.
Phase III: Es ist die Phase der Kompressionsverdichtung. Ein unbedeutender
Dichtezuwachs wird durch die Beseitigung der Lufteinschlüsse erreicht. Die
Coulombsche Reibung wird vollständig durch viskosen Widerstand ersetzt.
Der Verdichtungsprozeß ist als ununterbrochener dynamischer Prozeß mit fließendem
Übergang der rheologischen Zustände vom Anfang bis zum Ende zu sehen (Bild 3.1). Wie
schnell die einzelnen Phasen erreicht und durchlaufen werden, ist sowohl von der Art der
Einwirkung auf das Betongemenge als auch von der Art des zu verdichtenden
Betongemenges abhängig [26].
15
1
2
34
5
1 3 54
2
ts
Vibr
atio
n s-
zähi
gkei
t Pa
s
o
Fv
hF
vF
FvF
F
Bild 3.1 : Rheologische Verdichtbarkeitskurven [2]
I - III Rheologischer Zustand der Gemenge und ihre Modelle
I Saint-Venant-Körper , II Bingham-Körper , III Voigt-Kelvin-Körper
Fh horizontale Erregung
Fv vertikale Erregung
Im Bild 3.1 wird der Einfluß unterschiedlicher Verdichtungsverfahren deutlich. Durch Regime
mit Impulswirkung (Kurve 5) oder die gleichzeitige Nutzung von horizontalen und vertikalen
Schwingungen (Kurve 1) ist eine stärkere Senkung der Vibrationszähigkeit möglich als z.B.
durch alleinige horizontale (Kurve 3) oder alleinige vertikale (Kurve 4) Vibration.
Der Verdichtungsprozeß ist von der Konsistenz der Betongemenge abhängig. Weiche
Gemenge, wie sie bei Verfahren mit Schalungserhärtung verwendet werden, nehmen bei
ausreichender Vibrationseinwirkung sehr schnell einen flüssigkeitsähnlichen Zustand ein.
Vorhandene Lufteinschlüsse entweichen in Form von Blasen. Bei steifen Betongemengen,
wie sie für Herstellungsverfahren mit Sofortentschalung benötigt werden, sind vordringlich
die Umordnungsprozesse zum Erreichen einer dichteren Packung der Gemengebestandteile
zu beobachten.
Nach Kuch [27] benötigt jedes Betongemenge für seine optimale Verdichtung für die
einzelnen Phasen ganz spezifische prozeß- und maschinentechnische Kennwerte.
16
3.1.2 Modellierung des Bewegungsverhaltens des Betongemenges bei der
Vibrationsverdichtung
Für die Beschreibung der Eigenschaften von Betongemengen bzw. Frischbeton werden
verschiedene Körpermodelle der Kontinuumsmechanik verwendet. Diese Körpermodelle
sind Kombinationen aus den 3 idealisierten rheologischen Grundeigenschaften Elastizität,
Plastizität und Viskosität.
Gebräuchliche Körpermodelle zur Beschreibung von Betongemengen bzw. Frischbeton sind
u.a. der Maxwell-Körper, der Voigt-Kelvin-Körper und der Bingham-Körper [53].
Der Voigt-Kelvin-Körper ist besonders zur Beschreibung der dynamischen Eigenschaften
von Betongemengen bzw. Frischbeton in der letzten Phase der Verdichtung geeignet.
Es werden aber auch komplexere Körpermodelle zur Beschreibung der
Betongemengeeigenschaften verwendet [41], so z.B. der Schofield-Scott-Blair-Körper. Ein
Modell mit 9 Einzelelementen wurde von Kunnos [33] entwickelt. Es modelliert einen
thixotrophen Körper mit nichtlinearem Fließcharakter. Gegenüber komplexen
Körpermodellen für Betongemenge ist Skepsis geboten, da solche Modelle eine hohe
Abbildungsgenauigkeit annehmen lassen, die jedoch nicht gegeben ist. Die Schaffung
komplizierter rheologischer Modelle, wie sie insbesondere von Kunnos untersucht wurden,
ist nicht sinnvoll, solange es nicht möglich ist, entsprechende Kennwerte für die einzelnen
Systemelemente zu ermitteln [26].
Bisherige maschinentechnische Berechnungen von Vibrationsverdichtungseinrichtungen
verwenden überwiegend den Voigt-Kelvin-Körper zur Modellierung der
Betongemengeeigenschaften und spiegeln damit die meist schnell erreichte III. Phase der
Verdichtung wider. In der III. Phase ist die zeitliche Änderung der Gemengeeigenschaften
am geringsten, so daß die Änderung vernachlässigt wird. Dieses Vorgehen stützt sich auf
einfache Anwendbarkeit und auf praktische Erfolge.
Bekannte Modellbildungen zum Bewegungsverhaltens von Betongemengen betrachten
Betonsäulen mit eindimensionalen Schwingungsvorgängen. Altmann [3] modelliert das
Betongemenge als Voigt-Kelvin-Körper und geht von der Wellenausbreitung in der
Betonsäule aus.
Im unteren Bereich einer hohen Betonsäule übertragen sich die Schwingungen des
Formbodens auf den Beton und breiten sich in vertikaler Richtung als Longitudinalwellen
aus. Die Schwingwegamplituden nehmen durch die Dämpfung mit zunehmender Höhe über
den Formboden ab. Die einfache Wellenausbreitung trifft jedoch nur für den Fall zu, daß die
in den Beton eingetragenen Schwingungen infolge der Dämpfung bis zur Oberfläche
vollständig abklingen. Ansonsten wird die Welle an der Oberfläche reflektiert und die
17
Überlagerung der vom Formboden ausgehenden und zum Formboden zurücklaufenden
Wellen ergibt eine "stehende Welle" mit Schwingungsbäuchen und -knoten (Bild 3.2).
xF1 xF1
xF2 xF2
xh xh
z zxO xO
xF xF
h
/4
/4
Formboden
Betonoberfläche
Hüllkurve derSchwingweg-amplituden =stehende Welle
a) b)Bild 3.2 : Überlagerung der vom Formboden ausgehenden und der an der
Oberfläche reflektierenden Schwingungen [3]
a) vom Formboden ausgehende und zum Formboden zurücklaufende Wellen
b) Ergebnis der Überlagerung der gegeneinanderlaufenden Wellen
( meßbare Schwingungen)
Kuch/ Wölfel [55] [56] beschreiben die erzwungene Schwingung einer wegerregten
Betonsäule, indem eine von Tisch- und Auflastmasse begrenzte Betonsäule als Voigt-Kelvin-
Körper modelliert wird. Ein ähnliches Modell wird von Hohaus [20] [21] betrachtet. In [47]
wurde eine Diskretisierung des Modells der Betongemengesäule vorgenommen und es
wurden die Möglichkeiten einer Freiheitsgradreduktion diskutiert.
Von Hoppe [23] wurden experimentell stehende Wellen in einer vibrationserregten
Betonsäule nachgewiesen und mit Modellberechnungen verglichen. Durch gute
Übereinstimmungen zwischen Modell und Experiment wurde die Anwendbarkeit der obigen
Modellvorstellungen unterstrichen.
Die Anwendung moderner Berechnungs- und Simulationssoftware bietet weitreichendere
Möglichkeiten zur Modellierung des Bewegungsverhaltens von Betongemengen. In [30] und
[31] wird erstmalig auf die Verwendung der Finite-Elemente-Methode für diese spezielle
Anwendung orientiert. Dabei sind die oben beschriebenen Ergebnisse von Modellierungen
leicht nachzuvollziehen.
18
3.1.3 Bestimmung der dynamischen Eigenschaften des Betongemenges
Zur Ermittlung der Kennwerte des Betongemenges bei Anwendung des Voigt-Kelvin-Körpers
als Betonmodell sind mehrere Vorgehensweisen bekannt.
Zweckmäßig sind die Kennwerte unter solchen Randbedingungen zu ermitteln, wie sie auch
in der Verdichtungseinrichtung vorzufinden sind. Friedrich/Traut [18] bestimmen elastische
und dämpfende Eigenschaften von Betongemengen durch die Messung von
Bewegungsgrößen bei der erzwungenen Schwingung einer vertikal erregten Betonsäule.
Für die Betongemengesäule wird eine Federkonstante c2 und eine Dämpfungskonstante b2
bestimmt.
Die elastischen und dämpfenden Eigenschaften des Betongemenges sind von
verschiedenen Einflußfaktoren abhängig wie z.B. stoffliche Zusammensetzung (w/z-Wert),
Erregerfrequenz, Bewegungsgröße und Auflastdruck.
Bei der Ermittlung der dynamischen Eigenschaften des Betongemenges sind einige
Randbedingungen einzuhalten. Die Betonsäule muß sich als eine einzelne Feder betrachten
lassen, d.h. es müssen die Kontinuumseigenfrequenzen der Betonsäule deutlich größer als
die größte Erregerfrequenz sein. Dieses Problem wird in [47] anhand einer modalen
Betrachtung diskutiert und es wird gezeigt, daß bei niedrigen Betonsäulen eine einzelne
Betonfeder angenommen werden kann. Hier treten noch nicht die für höhere Betonsäulen im
Abschnitt 3.1.2 dargestellten Effekte der stehenden Welle auf.
Ungenügende Beachtung fand bisher die Tatsache, daß sowohl die Betonfeder als auch die
Auflastfeder massebehaftet sind. An dem zugehörigen Modell im Bild 3.3 soll die
näherungsweise Einbeziehung der Federmassen vorgenommen werden, wie sie nach
Ansicht des Verfassers auch auf diese Problemstellung angewandt werden kann.
Entsprechend dem in [15] für freie ungedämpfte Schwingungen dargestellten Ansatz, wird
die Federmasse näherungsweise dadurch berücksichtigt, daß für die Feder eine lineare
Verformung wie bei einer statischen Verformung angenommen wird und die kinetische
Energie einer derart mitschwingenden Federmasse gebildet wird. Mit der Formulierung einer
kinetischen Energie bietet sich die Anwendung der Lagrangeschen Bewegungsgleichungen
2. Art zur Aufstellung der Bewegungsgleichung an.
19
b2 2c
1c
mz
s (t)
mF
mB
x
u
1
1
x
u
2
2
l 1
l 2
bk
1
Bild 3.3 : Modell zur Bestimmung der Betongemengeeigenschaften
m Auflastmasse
mB Betonmasse
mF Masse der Auflastfeder
s(t) Wegerregung am Formboden
x1 Lagekoordinate an der Auflastfeder
u1 Bewegungskoordinate an der Auflastfeder
x2 Lagekoordinate an der Betonsäule
u2 Bewegungskoordinate an der Betonsäule
z Bewegungskoordinate der Auflastmasse
c1 Federsteifigkeit der Auflastfeder
b1 Dämpfungskonstante der Auflastfeder
c2 Federsteifigkeit der Betonsäule
b2 Dämpfungskonstante der Betonsäule
l1 Länge der Auflastfeder
l2 Höhe der Betonsäule
20
Für die Auflastfeder gilt :
zlxzxu
1
111 (3.1)
2F21
1
1l
0Fm z
3m
21u
ldxm
21T
1
F . (3.2)
Für die Betonfeder gilt :
2
222 l
xszsxu (3.3)
22B22
l
0 2
2Bm sszz
3m
21u
ldxm
21T
2
B . (3.4)
So ist für das gesamte Schwingungssystem :
22B2F2 sszz3
m21z
3m
21zm
21T (3.5)
222
1 szc21zc
21U (3.6)
222
1 szb21zb
21F . (3.7)
Unter Einführung der Lagrangeschen Funktion
UTL (3.8)
und Anwendung der Lagrangeschen Bewegungsgleichungen zweiter Art
n,...,2,1ktFqF
qL
qL
dtd
kkkk
(3.9)
ergibt sich durch Einsetzung der Gleichungen (3.5),(3.6) und (3.7) in (3.8) und (3.9) mit der
generalisierten Koordinate q1 = z die Bewegungsgleichung des Systems zu
s6
msbsczcczbbz3
m3
mm B222121
BF
. (3.10)
Der Trägheitsterm für die Auflastmassenbewegung zeigt, daß die Masse des Betons und der
Auflastfeder zu je einem Drittel der Auflastmasse zugerechnet werden müssen. Damit sind
bessere Näherungen bei der Bestimmung der dynamischen Eigenschaften des
Betongemenges als unter Vernachlässigung der Federmassen oder einer 50%
Massenanrechnung erreichbar.
21
Mit einer harmonischen Wegerregung der Form
tsins)t(s (3.11)
und dem Ansatz für die Bewegung der Auflast
)tsin(z)t(z (3.12)
wird durch Einsetzen der Gleichungen (3.11) und (3.12) in (3.10) ein Gleichungssystem
cosbsinc3
m3
mm
zs
6msinbcosc
3m
3mm
bc
zscossin
sinzscos
112BF
2B11
2BF
2
2
(3.13)
zur Bestimmung der Unbekannten c2 und b2 erhalten.
Die dynamischen Eigenschaften des Betongemenges ergeben sich mit den bekannten
Massen m, mF und mB, den bekannten Eigenschaften der Auflastfeder c1 und b1 sowie den
in experimentellen Untersuchungen zu messenden Schwingungsgrößen ,z,s und
entsprechend Gleichung (3.13) zu
2
12B
12BF
2
zscos
zs21
sinzsb
zscos
zs
6mcos
zs1c
3m
3mm
c
(3.14)
2
12B
12BF
2
zscos
zs21
1coszsbsin
zs
6mc
3m
3mm
1b
. (3.15)
22
3.1.4 Einflußgrößen auf die Verdichtung
Beim Verdichtungsprozeß ist der Zusammenhang zwischen den Frisch- und Festbeton-
eigenschaften sowie den maßgeblich am Verdichtungsvorgang beteiligten Einflußgrößen
von besonderem Interesse. Für die Vibrationsverdichtung von Betongemengen werden
diese Einflußgrößen auch Kenngrößen der Vibrationsverdichtung genannt [24][25][32]. Da
der Argumentation in [12] folgend in der Ähnlichkeitsmechanik unter Kenngrößen nur
dimensionslose Größen verstanden werden, wird in der vorliegenden Arbeit auf diesen
Begriff verzichtet.
Derzeit übliche Einflußgrößen auf die Vibrationsverdichtung sind u.a. [32]:
1. Bewegungsgrößen, wie die Amplitude des Schwingweges z ,
die Amplitude der Schwinggeschwindigkeit v und vor allem die
Amplitude der Schwingbeschleunigungen a und zwar häufig in der Form der
bezogenen Beschleunigung aagg
(3.16)
2. Erregerfrequenz f
3. Beschleunigungs-Frequenz-Verhältnis af
(3.17)
4. Intensität I z f 2 3 (3.18)
5. Dynamischer Druck
pP t
VdynV
d V
1
1 [10] (3.19)
6. Spezifische Vibrationsarbeit W P dttV
~
0
(3.20)
7. Gesamteinwirkung W I tV V [24] (3.21)
mit tV Verdichtungsdauer
1P Verdichtungsleistung
Vd Volumen des verdichteten Frischbetons
V Verdichtungskoeffizient~P Effektivwert der spezifischen Leistung
g Erdbeschleunigung
23
Nach dem bisherigen Stand der Technik sind die primären Einflußgrößen auf die
Vibrationsverdichtung die Frequenz und die Beschleunigung. In der DIN 4235 Teil 3 [38]
werden für die Herstellung von Betonfertigteilen mit Außenvibratoren die in Tabelle 3.1
angegebenen Richtwerte für die Beschleunigungsamplituden an der Schalfläche
(Betonkontaktfläche) in Abhängigkeit der Erregerfrequenz genannt. Diese Kennwerte sind
jedoch nicht für Rohrfertiger geeignet, die durch die Verarbeitung von steifen
Betongemengen und Frischentschalung charakterisiert sind.
Tabelle 3.1 : Richtwerte für die Beschleunigung an der Schalfläche nach DIN 4235
Erregerfrequenz f in Hz Beschleunigung a inms2
50 30 bis 50
100 60 bis 80
150 80 bis 100
200 100 bis 120
Eine weitere wichtige Einflußgröße ist die Gesamteinwirkung (Gleichung 3.21), da sie eine
Beziehung zur Verdichtungszeit herstellt. Demnach kann ein gewünschtes
Verdichtungsergebnis mit geringerer Intensität und langer Verdichtungszeit oder höherer
Intensität und kürzerer Verdichtungszeit erreicht werden. Dabei ist jedoch immer eine
Mindestbeschleunigung zur Vibrationsverdichtung notwendig. Andererseits dürfen die
Beschleunigungen auch nicht so groß sein, daß qualitätsmindernde Prozesse wie
Entmischungen des Betongemenges auftreten.
Ein derzeit beschreitbarer Weg für maschinentechnische Einrichtungen zur Formgebung und
Verdichtung von Betongemengen ist das Zugrundelegen von Erfahrungswerten für
Maschinengruppen mit vergleichbaren geometrischen und verarbeitungstechnischen
Gegebenheiten.
Für stationäre Rohrfertiger mit stehendem Kern sind Beschleunigungsamplituden am Kern
von 6 g bis 12 g zu empfehlen. An Rohrfertigern mit steigendem Kern sind am Kernkopf
Beschleunigungen von 20 g und mehr anzutreffen [29].
Diese Erfahrungen und Erkenntnisse sollen durch systematische Untersuchungen an einem
Versuchsstand zur Rohrherstellung konkretisiert und erweitert werden.
24
3.2 Einflußgrößenklassen
Für die Beschreibung des Verdichtungsprozesses und die Auslegung der Verdichtungs-
einrichtungen ist die Kenntnis von Einflußgrößen notwendig. Bekannte Einflußgrößen auf die
Vibrationsverdichtung wurden unter Abschnitt 3.1.4 genannt.
Vom Verfasser wurde ein System von Einflußgrößenklassen erarbeitet, mit dem ein
strukturiertes Herangehen an die Zusammenhänge in Verdichtungseinrichtungen möglich
wird. Die die Formgebung und Verdichtung von Betonwaren charakterisierenden
Einflußgrößen werden in Einflußgrößenklassen entsprechend Bild 3.4 strukturiert.
Interne Einflußgrößenauf die Verdichtung
Einflußgrößen der Einwirkung
Einflußgrößen der Bewegung der Verdichtungseinrichtung
Maschinentechnische Einflußgrößen
Mantelfedern
Mantel
Erreger
Unterring
Kern
Kerntraverse
Gestell
Fundament
Kernfedern
Bild 3.4 : Einflußgrößenklassen bei der Formgebung und Verdichtung von Betonrohren,
Schematische Darstellung an einem Rohrfertiger mit steigendem Kern
25
Die genannten Einflußgrößenklassen bilden eine kausale Kette, da die Größen der einen
Klasse ursächlich mit den Größen der nächsten Klasse in Zusammenhang stehen. Die
maschinentechnischen Einflußgrößen sind Massen, Steifigkeiten, Dämpfungen und Kräfte.
Diese Parameter des Schwingungssystems bestimmen den Bewegungsverlauf der Bauteile
der Verdichtungseinrichtung. Der Bewegungsverlauf der Bauteile der
Verdichtungseinrichtung wird durch Gößen wie z. B. Beschleunigungsamplituden,
Phasenlagen und Bewegungsformen charakterisiert. Aus den Bewegungen der
Verdichtungseinrichtung folgen die Einflußgrößen der Einwirkung auf den Beton. Aus den
Einwirkungen an den Rändern des Betongemenges resultieren die physikalischen Größen
im Betongemenge, die als interne Einflußgrößen die Verdichtung des Betongemenges zur
Folge haben. Im folgenden werden die Einflußgrößenklassen näher erläutert:
Interne Einflußgrößen auf die VerdichtungUnter internen Einflußgrößen auf die Verdichtung werden physikalische Größen an einem
Betonvolumenelement verstanden, die die Verdichtung des Betongemenges zur Folge
haben. Dieses betrachtete Betonvolumenelement liegt im Inneren des Gemenges. Für
dieses Volumenelement ist es nicht von Interesse, wie groß z. B. die Kernerregerkraft oder
die Beschleunigung an der Form ist. Für die Verdichtung des Volumenelements zählen nur
die physikalischen Größen, die an seinen Rändern auftreten. Diese physikalischen Größen
sind die Folge der Einwirkung von außen und der Weiterleitung im Beton. Durch den Ansatz
interner Einflußgrößen sind z.B. Verdichtungsunterschiede in einem Bauteil erklärbar.
Die Abmessungen des Volumenelementes sind viel größer als die Korngröße der
Zuschlagstoffe, damit das Volumenelement als Kontinuum betrachtet werden kann. Das
Volumenelement muß aber auch so klein sein, daß die Änderung der physikalischen Größen
über die Abmessungen des Volumenelementes als linear angesehen werden können.
Als interne Einflußgrößen auf die Verdichtung kommen in Frage:
1. Bewegungsgrößen wie z.B. Schwingweg x, Schwinggeschwindigkeit x und
Schwingbeschleunigung x
2. Gradient der Bewegungsgrößen, z. B. xx
3. Verzerrungen des Volumenelementes, z. B. xy
4. Gradient der Verzerrungen
5. Normalspannungen, z. B. x
6. Gradient der Normalspannung, z. B. xx
7. Schubspannungen, z. B. xy
8. Gradient der Schubspannungen, z. B. xxy
.
26
Diese physikalischen Größen sind durch Größe, Zeitverlauf und Frequenzanteile
charakterisiert. Alle Größen sind im Zusammenhang zur Prozeßzeit zu sehen.
Viele der genannten Größen stehen in Abhängigkeit zueinander. Ist eine der Größen
Schwingweg, Schwinggeschwindigkeit oder Schwingbeschleunigung bekannt, können die
anderen Bewegungsgrößen durch Differentiation bzw. Integration bestimmt werden. Bei der
Betonverdichtung hat sich insbesondere die Beschleunigung als aussagefähige Größe
bewährt, so daß für die internen Einflußgrößen auf die Verdichtung bei den
Bewegungsgrößen eine Konzentration auf die Beschleunigungen erfolgen kann. Das zeigt
auch, daß der Ansatz der internen Einflußgrößen unter Einbeziehung bewährter Größen die
Theorie erweitert. Weiterhin stehen Verzerrungen und Spannungen über ein Materialgesetz
in Beziehung.
Über die Wirkung der einzelnen Größen existieren bisher nur erste Vorstellungen. Bekannt
ist, daß schon durch einen statischen Druck eine Verdichtung erreicht werden kann. Ein
statischer Druck reicht aber nicht aus, da auf diese Weise nicht die dichteste Kornpackung
gefunden wird. Also ist eine Umordnung notwendig, wozu Bewegungen eingeleitet werden.
Mit dynamisch wechselnden Normal- und Schubspannungen werden Umordnungsprozesse
unterstützt. Spannungsgradienten können als Ursache für Transportprozesse angesehen
werden.
Experimentelle Untersuchungen mit ihrer phänomenologischen Betrachtung lassen die
Untersuchung der Einflüsse einer Reihe dieser Größen zu.
Interessant sind auch rechentechnische Modellversuche mit korpuskularen Betonmodellen,
da die Beobachtung von Kornbewegungen experimentell kaum möglich ist. Die
korpuskularen Modelle lösen den Beton in ein durch physikalische Beziehungen gekoppeltes
System der Zuschläge auf, so daß direkt Umordnungsprozesse beobachtet werden können.
Der Stand der numerischen Simulation derartiger Partikelmodelle wird z.B. in [11] und [40]
dargestellt.
Einflußgrößen der EinwirkungEinflußgrößen der Einwirkung sind physikalische Größen an den Rändern des
Betongemenges, also an den Schnittstellen zwischen Beton und Maschine. Bei
Rohrfertigern sind es die Schnittstellen zwischen Kernoberfläche und Beton,
Mantelinnenfläche und Beton sowie die Betonkontaktflächen an Unter- und Oberring. Die
Einflußgrößen der Einwirkung stellen für das Gesamtvolumen des Betongemenges die
physikalischen Randbedingungen dar.
27
Einflußgrößen der Einwirkung sind Bewegungs- und Spannungsgrößen analog den internen
Einflußgrößen auf die Verdichtung. Ebenso wie diese sind sie in Abhängigkeit von der Zeit
zu sehen. Damit ergeben sich weitere Größen wie Energieeintrag und Leistung.
Einflußgrößen der Einwirkung sind je nach Zugänglichkeit und Art meßtechnisch erfaßbar.
Wichtig bei den Einflußgrößen der Einwirkung ist die Möglichkeit, für konkrete Gemenge
günstige Kennwerte dieser Einflußgrößen im Labormaßstab zu bestimmen.
Einflußgrößen der Bewegung der VerdichtungseinrichtungIn der Verdichtungseinrichtung eines Rohrfertigers werden mehrere Bauteile bzw.
Baugruppen in Schwingung versetzt. Es sind vor allem Kern und Mantel aber auch Unter-
und Oberring. Die Bewegungen dieser Bauteile werden durch Größe, Zeitverlauf und
Frequenzinhalt beschrieben.
Auf Grundlage der Bewegungsgrößen können weitere prägnante Einflußgrößen für die
Bewegungen definiert werden. Das sind z. B.:
Beschleunigungsverhältnisse zwischen Kern und Mantel
Typische Bewegungsformen von Kern und Mantel
Phasenlagen der Bewegungen zueinander
Phasenlagen der Bewegungen zur Erregerkraft .
Einflußgrößen der Bewegung der Verdichtungseinrichtung sind an realen Rohrfertigern
meßtechnisch gut erfaßbar und somit zur Prozeßüberwachung gut geeignet.
Maschinentechnische Einflußgrößen Maschinentechnische Einflußgrößen sind alle Parameter, die das Bewegungsverhalten der
Verdichtungseinrichtung beeinflussen. Es sind Massen, Steifigkeiten, Dämpfungen,
Verspannkräfte und Erregerkräfte. Auch die für die Bewegung der Verdichtungseinrichtung
interessierenden elastischen und dämpfenden Eigenschaften des Betongemenges fallen
darunter, weil auch das Betongemenge ein Teil des Schwingungssystems ist.
Mit der Kenntnis der Systemparameter ist eine Simulation des Bewegungsverhaltens der
Verdichtungseinrichtung möglich, wenn entsprechende Modelle für diese
Schwingungssysteme zur Verfügung stehen.
28
4 Horizontale Vibrationsverdichtung in Rohrfertigern
4.1 Aufbau und Zielstellungen eines Versuchsstandes
Im Jahr 1997 wurde am IFF Weimar e. V. ein kleintechnischer Versuchsstand zur
Untersuchung der Formgebung und Verdichtung von Betonrohren vom Verfasser konzipiert
und unter seiner Leitung konstruiert, aufgebaut und in Betrieb genommen ( Bild 4.1 und 4.2).
Bild 4.1 : Versuchsstand mit Fundamentkörper und Grube
Die Zielstellungen des Versuchsstandes sind:
- Untersuchung des Bewegungsverhaltens des Schwingungssystems
- Bestimmung der dynamischen Eigenschaften des Betongemenges, um diese
in Modellen von Verdichtungseinrichtungen verwenden zu können
- Ermittlung günstiger Einwirkungskennwerte als Zielgößen für die
schwingungstechnische Auslegung
29
Bild 4.2 : Versuchsstand im Technikum des IFF Weimar e.V.
Der Versuchsstand realisiert die horizontale Vibrationsverdichtung einer Höhenschicht eines
Betonrohres. Die schematische Darstellung im Bild 4.3 verdeutlicht das
schwingungstechnische Konzept.
Die betrachtete Höhenschicht des Rohres befindet sich zwischen Kern und Mantel. Kern und
Mantel sind über Gummidichtungen schwingungstechnisch gegenüber den rahmenfesten
Oberkern und Obermantel sowie den unteren Aufnahmen getrennt. Der Mantel verfügt
zudem über Mantelfedern und Zusatzmassen. Die Vibrationserregung im Kern erfolgt durch
einen Unwuchterreger, bei dem durch die Veränderung der Winkellage einzelner
Unwuchtsegmente die resultierende Gesamtunwucht im Lauf verstellbar ist. Der Vibrator
wird über eine Kardanwelle von einem frequenzgeregelten Asynchronmotor angetrieben.
Die Geometrie des Betonringes ist so gewählt, daß Innendurchmesser DN 400 und
Wandstärke 45 mm Industrienorm entsprechen. Die Höhe des Ringes ist zum einen so groß,
daß Randeinflüsse vernachlässigt werden können. Zum anderen sollen aber auch über der
betrachteten Höhe annähernd gleiche Verhältnisse herrschen. Dafür sind Kern- und
Mantelkonstruktion, elastische Lagerung und Vibrationserregung symmetrisch zur
horizontalen Mittelebene der aktiven Zone ausgelegt. Tiefer gelegene Betonschichten eines
realen Rohres können durch die Nutzung des Auflastdruckes nachgebildet werden.
30
12
34
5
678
9
12
10
11
Bild 4.3 : Schematische Darstellung des Rohrversuchsstandes
1 Auflasthydraulikzylinder 7 Mantel
2 Rahmen 8 Kern
3 Spitzendformer 9 Mantelfedern
4 Obermantel 10 Zusatzmasse
5 Oberkern 11 Zentralvibrator
6 Gummidichtung 12 Unterring
Am Versuchsstand ist entsprechende Meßtechnik installiert (Bild 4.4).
Es werden mit zwei Meßpunktanordnungen (Bild 4.5 und Bild 4.6) folgende Größen
gemessen: - Beschleunigungen an Kern und Mantel
- Drücke an der Kern- und Manteloberfläche
- Absenkkurve
- Unwuchtstellung .
31
PiezoaufnehmerMetra Radebeul Ladungsverstärker
Brüel & Kjaer
Kanäle 0 bis 3KD 30
DruckerLaserJet 4MplusHP
PCDESKPRO XLCompaq
Floppy Disk
IPCmit MeßkarteWIN 30 - PGL
Kanäle 4 bis 7KD 40
Meßanordnung 1: Messung von Beschleunigungen
Meßanordnung 2: Messung von Beschleunigungen,Drücken, Wegen
Kanal 4 KD 40
Kanal 1
Kanal 7 KD 40
Kanal 0 KD 30
Kanal 2
Kanal 3 Wegaufnehmer Turck RU30-Q30
Kanal 5 Wegaufnehmer Pepperl +Fuchs UC500-30GMKanal 6 Induktiver Schalter Pepperl+Fuchs NBN4
Spannungsquelle 20V
Spannungsversorgungs-und Anpassungseinheit
AdapterUEI-BNC/01
Ladungsverstärker Brüel & Kjaer
Meßaufbau am Rohrversuchsstand
DruckaufnehmerENVECEN-C-I-G1 1/4
Bild 4.4 : Meßtechnik am Rohrversuchsstand
Bild 4.5 : Lage der Beschleunigungsaufnehmer bei der Meßpunktanordnung 1
32
Bild 4.6 : Lage der Meßaufnehmer bei der Meßpunktanordnung 2
In den Versuchen wird ein Betongemenge mit folgender Rezeptur verwandt (Zuschlag-,
Zement- und Wassergehalt in kg pro 1m3 verdichtetem Frischbeton) :
Zuschlag 0/2 mm : 575 kg/m3
2/8 mm : 675 kg/m3
8/16 mm : 735 kg/m3
Zement Portlandzement 300 kg/m3
Wasser 120 kg/m3
Der Wasserzementwert (w/z-Wert) beträgt 0,4 . Die Konsistenz des Betongemenges ist mit
einem Verdichtungsmaß von 1,47 nach DIN 1048 als steif einzuordnen. Zur Gewährleistung
konstanter Versuchsbedingungen wird das Ansteifen des Zementes durch die Verwendung
eines inerten Gemenges unterbunden. Bei diesem für labortechnische Untersuchungen
bewährten Vorgehen wird der Zement durch Steinkohlenflugasche mit einer vergleichbaren
spezifischen Oberfläche, die im betrachteten Fall 3170 cm2/g beträgt, substituiert.
33
4.2 Untersuchung der Bewegungsvorgänge
4.2.1 Systemeigenschaften
Die Schwingungseigenschaften des Versuchsstandes wurden zunächst im ungefüllten
Zustand untersucht. So wurden die notwendigen Parameter für spätere Modellberechnungen
gewonnen.
Bild 4.7 zeigt das Modell für die Ausschwingversuche. Da die Versuche ohne Betongemenge
erfolgten, bilden Kern und Kernlagerung sowie Mantel und Mantellagerung jeweils einen
separaten Einmassenschwinger.
m1
c1/2
b1/2
m2
x1 x2
c3/2
b3/2
c1/2
b1/2
c3/2
b3/2
Bild 4.7 : Modell für die Ausschwingversuche am unbefüllten Versuchsstand
m1 Kernmasse c1 Kernfederkonstante
x1 Bewegungskoordinate Kern b1 Dämpfungskonstante
der Kernlagerung
m2 Mantelmasse c3 Mantelfederkonstante
x2 Bewegungskoordinate Mantel b3 Dämpfungskonstante
der Mantellagerung
Aus Ausschwingversuchen (Bild 4.8) und Versuchen mit einer Gleitfrequenzerregung sind
die Federsteifigkeiten und Dämpfungen der Kernlagerung und der Mantellagerung bestimmt
worden.
34
G:\Rohrversuchsstand99\Messungen\S16\S16_02.thwDateiname
5Kanal (prim)
a5 Mantel Mitte 0 aM in m/s²
1.200E+1
-1.000E+1-8.000E+0-6.000E+0-4.000E+0-2.000E+00.000E+02.000E+04.000E+06.000E+08.000E+01.000E+1
1.61.1 1.2 1.3 1.4 1.5
Cursor 0 0.00 -0.06t in s
Bild 4.8 : Beispiel für einen Ausschwingversuch; horizontale Beschleunigung am Mantel
mit Zusatzmassen bei einer freien Schwingung
Die Kernfedersteifigkeit und –dämpfung ergibt sich mit
Kernmasse kg193m1
Eigenkreisfrequenz im Ausschwingversuchs188K
Logarithmische Dekrement im Ausschwingversuch 53,0xxln
2i
iK
(4.1)
zu
mN105,1mc 62
K11 (4.2)
mNs3000mb KK
11
. (4.3)
Analog ergibt sich die Mantelfedersteifigkeit und –dämpfung mit
Mantelmasse mit Zusatzmassen kg164kg126kg38m2
Eigenkreisfrequenz im Ausschwingversuch s1113M
Logarithmische Dekrement im Ausschwingversuch 69,0xxln
2i
iM
(4.4)
zu
mN101,2mc 62
M23 (4.5)
mNs4000mb MM
23
. (4.6)
35
4.2.2 Bewegungsvorgänge an der befüllten Einrichtung
Zunächst wurde überprüft, ob die Verteilungen der Beschleunigungsgrößen am Kern und
Mantel gleichmäßig sind. Diese Messungen ergaben nur geringe Unterschiede der
Beschleunigungsgrößen über Höhe und Umfang von Kern und Mantel. Wichtige
Erkenntnisse aus den Versuchsreihen ohne Mantelgewichte sind :
Die Beschleunigungssignale sind annähernd harmonisch.
Im untersuchten Frequenzbereich von 20 Hz bis 60 Hz bewegen sich Kern und Mantel
ohne größere Phasendifferenz mit nur geringen Unterschieden in den
Beschleunigungsamplituden.
Das unter Auflastdruck stehende Betongemenge zeigt eine hohe Steifigkeit hinsichtlich
horizontalen Relativbewegungen zwischen Kern und Mantel.
Die Drucksignale an Kern und Mantel sind annähernd harmonisch. Die dynamischen
Druckgrößen sind sehr klein.
Ein Abheben des Betons von den Formwänden konnte unter Auflastdruck nicht
beobachtet werden.
Bild 4.9 zeigt die Wegamplituden an Kern und Mantel der befüllten Einrichtung ohne
Zusatzmassen am Mantel und mit Mantelfedern bei einer konstanten Unwucht von
mUrU = 0,14 kgm und Erhöhung der Erregerfrequenz.
22.58 Hz
22.58 Hz
0
0,5
1
1,5
0 10 20 30 40 50 60 70f in Hz
Schw
ingw
egam
plitu
de in
mm
KernMantel
Bild 4.9 : Schwingwegamplituden über der Erregerfrequenz am befüllten Versuchsstand
ohne Zusatzmassen am Mantel
36
Der Mantel zeigt immer eine etwas geringere Amplitude als der Kern. Bei 22,6 Hz liegt eine
Eigenfrequenz des Systems. Die Eigenform beinhaltet die Schwingung des Verbandes aus
Kern, Beton und Mantel in den elastischen Lagern zur Umgebung. Die leichte Erhöhung der
Amplituden unterhalb 10 Hz ist auf das tief abgestimmte Fundament des Versuchsstandes
zurückzuführen.
Da offensichtlich nur gleichphasige Bewegungen zwischen Kern und Mantel an diesem
System möglich sind, ist eine Lösung gesucht worden, mit der auch stärkere
Bewegungsunterschiede zwischen Kern und Mantel realisiert und untersucht werden
können. Deshalb sind Zusatzmassen am Mantel angebracht und die diskreten Mantelfedern
entfernt worden (siehe Bild 4.3).
Ein Beispiel für die Schwingwegamplituden in Abhängigkeit der Erregerfrequenz für dieses
System ist im Bild 4.10 für eine konstante Unwuchteinstellung von mUrU = 0,051 kgm zu
sehen. Bei 15 Hz ist eine Resonanzstelle ersichtlich, bei der eine gleichphasige Bewegung
von Kern und Mantel vorliegt. Ab ca. 40 Hz nehmen die Unterschiede zwischen den
Schwingwegamplituden an Kern und Mantel zu und es ist ein Gegeneinanderschwingen von
Kern und Mantel erkennbar. Bei 40 Hz wird eine Resonanz mit der stärker gedämpften
zweiten Eigenfrequenz des Systems angenommen, deren Eigenform das
Gegeneinanderschwingen von Kern und Mantel beinhaltet. Diese Bewegungsform hängt
stark von den elastischen und dämpfenden Eigenschaften des Gemenges ab .
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1
1,2
0 10 20 30 40 50 60 70 80
f in Hz
Schw
ingw
egam
plitu
de in
mm
Kern Mantel
Bild 4.10 : Schwingwegamplituden über der Erregerfrequenz am befüllten Versuchsstand
mit Zusatzmassen am Mantel bei freier Betonoberfläche
37
4.2.3 Rohdichteentwicklung
Die Entwicklung der Rohdichte während der Verdichtung ist eine wichtige Prozeßgröße. Im
Bild 4.11 ist ein typisches Beispiel der Rohdichteentwicklung bei einem Verdichtungsversuch
am Rohrversuchsstand dargestellt.
G:\Rohrversuchsstand99\Messungen\B08\B08_01.thwDateiname
4Kanal (prim)
Rohdichte
2.400E+3
1.700E+3
1.800E+3
1.900E+3
2.000E+3
2.100E+3
2.200E+3
2.300E+3
31.00.0 2.5 5.0 7.5 10.0 12.5 15.0 17.5 20.0 22.5 25.0 27.5
Cursor 0 0.00 380.65
in kg/m3
t in s
Bild 4.11 : Beispiel für eine Rohdichteentwicklung am Rohrversuchsstand
Die Rohdichteentwicklung wird auf Grundlage der bekannten Querschnittsgeometrie, der
Betonmasse und der gemessenen Absenkkurve bestimmt. In den ersten 5 Sekunden ist der
Dichtezuwachs am größten. Nach ca. 25 s findet praktisch kein Dichtezuwachs mehr statt,
die Vibrationsverdichtung könnte beendet werden. Das bedeutet aber nicht gleichzeitig, daß
die maximal erreichbare Dichte vorliegt. Auf die Auswertung von Absenkkurven und daraus
abzuleitender Maßnahmen z.B. zur Qualitätssicherung wird in [28] eingegangen.
Für die Auslegung von Rohrfertigern ist auf den zeitlichen Zusammenhang der
Rohdichteentwicklung nochmals hinzuweisen. Wenn z.B. die Enddichte bei einer Einwirkung
nach 30 s erreicht wird und die verdichtungsintensive Zone am Kopf eines steigenden Kerns
eine Höhe von ca. 0,5 m hat, so darf die Steiggeschwindigkeit nicht mehr als 1 m/min
betragen.
38
4.3 Einflußgrößen der Einwirkung
Ziel der maschinendynamischen Auslegung von Rohrfertigern ist die Realisierung solcher
Einwirkungskennwerte auf das Betongemenge, die zu einer qualitätsgerechten Verdichtung
der Rohre führen. Die experimentelle Untersuchung günstiger Einwirkungskennwerte gibt
somit die Zielgrößen für die Auslegung vor.
Die folgenden Darstellungen geben Ergebnisse experimenteller Untersuchungen wieder.
Dabei ist die durch die Verdichtung erreichte Rohdichte eine maßgebende Größe für die
späteren Festbetoneigenschaften. Es wird der Einfluß verschiedener Größen der Einwirkung
auf die Rohdichte dargestellt. Die Verdichtungszeit beträgt jeweils 30 s.
Beschleunigung
Als eine sehr wichtige Einflußgröße ist die Beschleunigung zu nennen. Im Bild 4.12 ist die
Abhängigkeit der Rohdichte von der Beschleunigungsamplitude an Kern und Mantel am
Versuchsstand ohne Mantelgewichte dargestellt.
2100
2200
2300
2400
0 20 40 60 80 100 120
Beschleunigungsamplitude in ms-2
Roh
dich
te in
kgm
-3 Kern 35 Hz
Kern 45 Hz
Kern 60 Hz
Mantel 35 Hz
Mantel 45 Hz
Mantel 60 Hz
Bild 4.12 : Abhängigkeit der Rohdichte von den Beschleunigungsamplituden
an Kern und Mantel bei 0,46 bar Auflastdruck
39
Zunächst wird im Bild 4.12 deutlich, daß zur Erreichung einer hohen Rohdichte
entsprechend hohe Beschleunigungen notwendig sind. So wird eine Beschleunigungs-
amplitude von mindestens 6 g empfohlen, was den schon 1994 [29] formulierten
Erfahrungswert (siehe Abschnitt 3.1.4) bestätigt. Ab 9 g ist keine wesentliche Erhöhung der
Rohdichte mehr zu beobachten.
Weiterhin ist zu erwähnen, daß es sich im Diagramm um gleichphasige Bewegungen von
Kern und Mantel handelt und die Beschleunigungsamplituden von Kern und Mantel
annähernd gleich sind.
Im Bild 4.12 sind die Ergebnisse bei verschiedenen Erregerfrequenzen gegenübergestellt.
Innerhalb einer Erregerfrequenz wurde durch Verstellung der Unwucht die Beschleunigung
variiert. Bei geringeren Erregerfrequenzen sind maschinentechnisch bedingt die mit der
maximalen Unwuchtstellung erreichbaren maximalen Beschleunigungsamplituden kleiner als
bei hohen Erregerfrequenzen. Daß bei geringeren Erregerfrequenzen kleinere Rohdichten
erreicht werden ist daher zunächst einmal auf die kleineren Beschleunigungsamplituden
zurückzuführen, die bei den geringeren Erregerfrequenzen nur möglich sind.
Im Bild 4.13 wurden Trendkurven für die Abhängigkeit der Rohdichte von der
Beschleunigungsamplitude am Kern gebildet.
2000
2100
2200
2300
2400
2500
0 20 40 60 80 100 120
Beschleunigungsamplitude in ms-2
Roh
dich
te in
kgm
-3
Meßwerte f=35 Hz
Meßwerte f=45 Hz
Meßwerte f=60 HzTrendlinie f=35 Hz
Trendlinie f=45 Hz
Trendlinie f=60 Hz
a)
2000
2100
2200
2300
2400
2500
0 20 40 60 80 100 120
Beschleunigungsamplitude in ms-2
Roh
dich
te in
kgm
-3
MeßwerteTrendkurve
b)
Bild 4.13 : Trendkurven für die Abhängigkeit der Rohdichte von derBeschleunigungsamplitude am Kerna) lineare Regressionsgeraden für jeweils eine Erregerfrequenzb) hyperbolische Trendkurve
40
Im Bild 4.13 a) sind lineare Regressionsgeraden für die Meßwerte in jeweils einer
Erregerfrequenz dargestellt.
Bild 4.13 b) zeigt eine Trendkurve für alle Meßwerte. Der Wahl des funktionalen
Zusammenhangs liegen folgende Überlegungen zu Grunde:
Die Änderung der Rohdichte ist bei sehr kleinen Beschleunigungen nur gering. Die
Trendkurve muß sich bei kleinen Beschleunigungen asymptotisch der Ausgangsdichte
nähern.
Das Gemenge ist nur bis zu einem bestimmten Maximalwert der Rohdichte verdichtbar.
Wird der Bereich ausgeschlossen, bei dem sich durch sehr große Beschleunigungen
wieder Auflockerungen einstellen, muß sich die Trendkurve also bei großen
Beschleunigungen asymptotisch der Maximaldichte nähern.
Der funktionale Zusammenhang soll nur so viele Koeffizienten wie nötig beinhalten.
Dabei ist eine inhaltliche Deutung der Koeffizienten beabsichtigt.
Als einfache Funktion, die sich nach oben und unten unterschiedlichen konstanten
Funktionswerten nähert, wurde der hyperbolische Tangens gewählt. Die im Bild 4.13 b)
dargestellte Funktion hat die Form:
1)aa(vtanh2
)a( maAmax
A
(4.7)
mit Rohdichte
a Beschleunigungsamplitude
A Anfangsdichte ( 3A kgm2060
)
max Maximaldichte ( 3max kgm2370
)
av Faktor für die Änderungsgeschwindigkeit ( 21a sm05,0v
)
ma Änderungszentrum; Beschleunigungsamplitude, die das Zentrum der
Dichteänderung markiert ( am = 35 ms-2 )
41
Erregerfrequenz
Im Bild 4.14 ist die Abhängigkeit der Rohdichte von der Erregerfrequenz bei gleicher
Beschleunigungsgröße dargestellt. Bei den Versuchen mit Zusatzmassen am Mantel ist ein
nur schwacher Trend dahingehend zu sehen, daß mit höheren Erregerfrequenzen etwas
größere Rohdichten erreicht werden. Bei den Versuchen ohne Zusatzmassen wird eine
Erregerfrequenz von 60 Hz als geeignet eingeschätzt. Die Rohdichten bei den Versuchen
ohne Zusatzmassen liegen unter den Rohdichten der Versuche mit Zusatzmassen am
Mantel.
2200
2250
2300
2350
2400
2450
2500
30 40 50 60 70 80 90f in Hz
Roh
dich
te in
kgm
-3
ohne Zusatzmassenmit Zusatzmassen
Bild 4.14 : Abhängigkeit der Rohdichte von der Erregerfrequenz bei einer
Beschleunigungsamplitude von 6 g am Kern
AuflastdruckIm Bild 4.15 wird die Abhängigkeit der Rohdichte vom Auflastdruck dargestellt. Es handelt
sich um Versuche mit Zusatzmassen am Mantel bei einer Erregerfrequenz von 60 Hz und
Beschleunigungsamplituden am Kern von 6 g. Der Auflastdruck am Versuchsstand ist der
von der Fläche des Spitzendformers auf das Betongemenge wirkende Druck, welcher durch
den Hydraulikdruck am Auflastzylinder eingestellt wird. Am realen Rohrfertiger kann der
„Auflastdruck“ für eine Höhenschicht auch von der weiteren Betondeckung herrühren. Für
die Verdichtung des untersuchten Betongemenges ist ein Auflastdruck von 0,5 bar günstig.
42
2200
2250
2300
2350
2400
2450
2500
0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7
Auflastdruck in bar
Roh
dich
te in
kgm
-3
Bild 4.15 : Abhängigkeit der Rohdichte vom Auflastdruck
PhasenlageEin interessanter Zusammenhang ist im Bild 4.16 zu erkennen. Es wird die Rohdichte über
der Phasenverschiebung der Bewegungen von Kern und Mantel dargestellt. Die Phasen-
verschiebung wird wie folgt definiert. Wenn der Kern eine Bewegung der Form
tsinx)t(x KK (4.8)
ausführt, bewegt sich der Mantel in der gleichen Koordinatenrichtung in der Form
)tsin(x)t(x MM . (4.9)
Bei den im Bild 4.16 dargestellten Versuchen beträgt die Beschleunigungsamplitude am
Kern stets 6 g, nur Erregerfrequenz und Mantelmasse werden variiert. Die Versuche ohne
Zusatzmassen am Mantel zeigen immer eine gleichphasige Bewegung von Kern und Mantel.
Bei den Versuchen mit Mantelzusatzmassen sind bei höheren Erregerfrequenzen schon
größere Phasenverschiebungen zu beobachten. Auch am System mit Zusatzmassen wird
durch den verfügbaren Erregerfrequenzbereich die zweite Eigenfrequenz, die das
gegenphasige Schwingen von Kern und Mantel beinhaltet, nicht deutlich überschritten.
Daher werden keine höheren Phasenverschiebungen erreicht.
43
2200
2250
2300
2350
2400
2450
2500
0 20 40 60 80 100 120
Phasenverschiebung in Grad
Roh
dich
te in
kgm
-3
30 Hz m. Z.40 Hz m. Z.45 Hz m. Z.50 Hz m. Z.55 Hz m. Z.60 Hz m. Z.65 Hz m. Z.70 Hz m. Z.80 Hz m. Z.30 Hz o. Z.40 Hz o. Z.50 Hz o. Z.60 Hz o. Z.70 Hz o. Z.
Bild 4.16 : Abhängigkeit der Rohdichte von der Phasenlage der Bewegung zwischen
Kern und Mantel
m. Z. mit Zusatzmassen am Mantel
o. Z. ohne Zusatzmassen am Mantel
Die Aussage des Diagramms im Bild 4.16 ist klar: mit einer größeren Phasenverschiebung
der Bewegung zwischen Kern und Mantel steigt die Verdichtungswirkung.
HorizontaldruckAm Versuchsstand wurden über Drucksensoren an der Kontaktfläche zwischen Kern und
Beton sowie Mantel und Beton horizontale Drücke gemessen. Diese Drucksignale weisen
einen Mittelwert auf um den sich Druckschwingungen in der Erregerfrequenz ausprägen.
Dabei darf nicht unerwähnt bleiben, daß die Bestimmung der Druckgrößen mit
handelsüblichen Drucksensoren schwierig war. Im Bild 4.17 ist als ein Beispiel für den
Einfluß des Horizontaldruckes die Rohdichte über dem Mittelwert des Druckes am Kern und
am Mantel dargestellt. Es sind Versuche ohne Zusatzmassen am Mantel mit einer
Beschleunigungsamplitude am Kern von 6 g und einem Auflastdruck von 0,31 bar. Je mehr
sich der Horizontaldruck dem Vertikaldruck nähert, um so höher liegt die erreichte
Rohdichte.
44
2200
2220
2240
2260
2280
2300
2320
2340
2360
2380
2400
0 0,05 0,1 0,15 0,2 0,25 0,3
Druck in bar
Roh
dich
te in
kgm
-3
Kern 30 Hz
Kern 40 Hz
Kern 50 Hz
Kern 60 Hz
Kern 70 Hz
Mantel 30 Hz
Mantel 40 Hz
Mantel 50 Hz
Mantel 60 Hz
Mantel 70 Hz
Bild 4.17 : Rohdichte in Abhängigkeit des Mittelwertes des Horizontaldruckes
Ergänzend zu den dargestellten Zusammenhängen der Rohdichte von verschiedenen
Einflußgrößen der Einwirkung gibt Bild 4.18 den Zusammenhang zwischen Rohdichte und
Wasser-Zement-Wert wieder. Der Hinweis darauf ist sehr wichtig, denn günstige Kennwerte
der Einflußgrößen der Einwirkung gelten jeweils nur für ein spezielles Betongemenge. Die
oben aufgeführten Zusammenhänge wurden für ein typisches Gemenge zur Herstellung von
Rohren mit Frischentschalung ermittelt (siehe Abschnitt 4.1).
Der Wasser-Zement-Wert beeinflußt maßgebend die Konsistenz des Gemenges. Ein w/z-
Wert von 0,35 stellt ein sehr steifes Gemenge dar. Ein w/z-Wert von 0,45 ergibt ein
plastisches Gemenge, dessen Frischentschalbarkeit fraglich ist. Ein Gemenge mit einem
höheren w/z-Wert ist also, wie im Bild 4.18 zu sehen, leichter zu verdichten. Dem gegenüber
steht jedoch die Tatsache, daß die besten Festbetoneigenschaften mit einem geringen w/z-
Wert zu erreichen sind, wenn dieses Gemenge ausreichend verdichtet werden kann. Es
entstehen also Vorteile in den Produkteigenschaften und/oder bei der einzusetzenden
Zementmenge, wenn die Verdichtungseinrichtung auch steife Gemenge effektiv verdichten
kann.
Die konstanten Randbedingungen der Versuchsergebnisse im Bild 4.18 sind eine Erreger-
frequenz von 60 Hz, eine Beschleunigungsamplitude am Kern von 6 g, ein Auflastdruck von
0,31 bar, eine Verdichtungszeit von 30 s sowie die Nutzung der Mantelzusatzmassen.
45
2200
2250
2300
2350
2400
2450
2500
0,35 0,4 0,45
w/z- Wert
Roh
dich
te in
kgm
-3
Bild 4.18 : Rohdichte in Abhängigkeit des w/z-Wertes bei gleichen Maschinenparametern
Zusammenfassung der Versuchsergebnisse
Aus den experimentellen Untersuchungen zur Verdichtung des betrachteten Beton-
gemenges sind folgende Anforderungen an den Rohrfertiger abzuleiten:
Am Kern sind an den Einleitungsstellen der Schwingungen in das zu verdichtende
Betongemenge Beschleunigungsamplituden von mindestens 60 ms-2 zu realisieren.
Zur Wahl der Erregerfrequenz wird auf Grundlage der Versuche ohne Zusatzmassen am
Mantel eine Erregerfrequenz von 60 Hz als geeignet angesehen.
Bei der Abstimmung des Schwingungssystems des Rohrfertigers sind
Bewegungsformen der erzwungenen Schwingung zu bevorzugen, die eine
Phasenverschiebung der Bewegung von Kern und Mantel und damit eine
Relativbewegung zwischen Kern und Mantel aufweisen.
Es ist ein Auflastdruck von 0,5 bar aufzubringen.
Jede Höhenschicht des Rohres benötigt eine Einwirkungszeit der geeigneten Kennwerte.
Bei der Mindestbeschleunigung von 6 g beträgt diese 30 s. Bei höheren
Beschleunigungsamplituden kann die Einwirkungszeit verringert werden.
Weiterhin zeigen die Versuche, daß das Verdichtungsergebnis stark vom w/z-Wert des
Betongemenges beeinflußt werden kann. Die als günstig ermittelten Kennwerte der
Einflußgrößen der Einwirkung gelten für das untersuchte Betongemenge. Abweichende
Gemengerezepturen können abweichende Kennwerte benötigen.
46
4.4 Dynamische Eigenschaften des Betongemenges
Die horizontalen elastischen und dämpfenden Eigenschaften der untersuchten Höhenschicht
des Betonrohres werden entsprechend dem im Abschnitt 3.1.3 dargestellten Vorgehen
ermittelt. Für das bei der Rohrfertigung betrachtete horizontale System ist bei der Nutzung
der Gleichungen (3.14) und (3.15) zu beachten, daß die Masse m vom Mantel und die Feder
c1 von der Mantelfeder gebildet wird (vergleiche Bild 3.3). Weiterhin ist ein Bezug der
horizontalen Federsteifigkeit c2 der Höhenschicht auf deren Höhe h vorteilhaft, womit eine
auf die axiale Länge bezogene Federsteifigkeit CL definiert wird :
hcC 2
L . (4.10)
Bild 4.19 zeigt die Abhängigkeit der bezogenen Federsteifigkeit des Betongemenges
zwischen Kern und Mantel vom wirkenden Auflastdruck. Die Werte basieren auf
ausgewählten Versuchsergebnissen bei einer Erregerfrequenz von 60 Hz und einer
Kernbeschleunigung von 60 m/s2.
0
20000000
40000000
60000000
80000000
100000000
0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7Auflastdruck in bar
Bez
ogen
e Fe
ders
teifi
gkei
t in
Nm
-1/m
Bild 4.19 : Bezogene Federsteifigkeit in Abhängigkeit des Auflastdrucks
Analog der Gleichung (4.10) ist eine bezogene Dämpfungskonstante BL durch
hbB 2
L (4.11)
zu definieren. Bei einer Erregerfrequenz von 60 Hz und einer freien Oberfläche wurde eine
durchschnittliche bezogene Dämpfungskonstante von BL = 60000 Nsm-1/m ermittelt. Bei
einem Auflastdruck von 0,31 bar ist bei einer Erregerfrequenz von 80 Hz eine durch-
schnittliche bezogene Dämpfungskonstante von BL = 120000 Nsm-1/m bestimmt worden.
47
5. Modellierung und Berechnung der Verdichtungseinrichtung vonRohrfertigern
Im folgenden Abschnitt werden verschiedene Modelle für Rohrfertiger gebildet. Dabei wird
von einfachen Modellen ausgehend die Komplexität der Modelle gesteigert. Die Modelle
unterscheiden sich in der Anzahl der Freiheitsgrade, der Anzahl der Modellparameter, der
Art der Bewegungsgleichungen und insbesondere auch in den Fragestellungen, die mit den
Modellen betrachtet werden sollen. Die Tabelle 5.1 gibt einen Überblick über die Modelle in
diesem Abschnitt.
Zunächst werden die Erregerkräfte von Kernvibratoren und die Selbstsynchronisation von
Unwuchtrotoren an Kernen von Rohrfertigern betrachtet. An einfachen Teilsystemen werden
weitere Einflüsse für die Modellbildung untersucht, bevor Modelle zur Berechnung von
Bewegungsgrößen an Verdichtungseinrichtungen von Rohrfertigern dargestellt werden.
Diese Modelle stellen zunächst diskrete Systeme starrer Körper dar. Mit Hilfe der Finite-
Elemente-Methode werden dann auch Modelle mit Bauteilverformungen betrachtet.
Tabelle 5.1 : Modelle für Rohrfertiger im Abschnitt 5
Modell Bild /
Seite
Anzahl der
Freiheits-
grade
Beschreibung
Ebenes Modell eines
Kerns mit zwei gleichen
Unwuchtrotoren
Bild 5.6
Seite 58
5 Untersuchung der Selbstsynchronisation,
nichtlineare Einflüsse
Kern mit zwei zentralen
Unwuchtrotoren
Bild 5.7
Seite 63
8 Untersuchung der Selbstsynchronisation,
nichtlineare Einflüsse
Kern mit
angetriebenem
Unwuchtrotor
Bild 5.8
Seite 65
2 / 4 Untersuchung der Rückwirkung des
Schwingungssystems auf den
Unwuchtrotor, nichtlineare Einflüsse,
Modellbildung und numerische
Berechnung mit einem
Mehrkörperdynamik-System
Kern mit Kreisel Bild 5.12
Seite 69
6 Untersuchung des Einflusses
gyroskopischer Momente, analytische
Lösung
48
Tabelle 5.1 : Modelle für Rohrfertiger im Abschnitt 5 (Fortsetzung)
Modell Bild /
Seite
Anzahl der
Freiheits-
grade
Beschreibung
Diskretes Modell für
den Rohrversuchsstand
Bild 5.15
Seite 73
2 Lineares Modell zur Berechnung von
translatorischen Bewegungsgrößen an
Kern und Mantel, analytische Lösung
Ebenes diskretes
Modell für einen
Rohrfertiger mit
steigendem Kern
Bild 5.18
Seite 76
6 Lineares Modell zur Berechnung von
Bewegungsgrößen an Kern und Mantel
einschließlich Kippschwingungen
Räumliches Modell für
einen Rohrfertiger mit
stehendem Kern
Bild 5.20
Seite 78
13 Modellbildung und numerische
Berechnung mit einem
Mehrkörperdynamik-System, langsame
zeitabhängige Veränderung von
Parametern
Finite-Elemente-Modell
eines Kerns
Bild 5.27
Seite 83
ca. 35000 Berechnung einer konkreten
Kernkonstruktion mit Hilfe der Finite-
Elemente-Methode
Finite-Elemente-Modell
eines Rohrfertigers mit
steigendem Kern
Bild 5.28
Seite 83
ca. 12000 Berechnung einer Verdichtungseinrichtung
mit Biegeverformungen des Kerns mit
Hilfe der Finite-Elemente-Methode
Ebenes Finite-
Elemente-Modell für
den Rohrversuchsstand
Bild 5.29
Seite 84
1600 Untersuchung der Verteilung von
Beschleunigungen und Spannungen
innerhalb des Betongemenges,
Modellbildung und numerische
Berechnung mit Hilfe der Finite-Elemente-
Methode
49
5.1 Erregersysteme für die Kernvibration
Die Verdichtungseinrichtung wird durch die Kernvibratoren zu Schwingungen angeregt.
Deshalb soll anfangs auf die verschiedenen Möglichkeiten der Erzeugung der Erregerkräfte
von Kernvibratoren eingegangen werden.
5.1.1 Erregersysteme mit einer Antriebswelle
Die Erregerkraft wird durch umlaufende Unwuchten erzeugt, die sich auf einer gemeinsamen
Antriebswelle befinden. Das Antriebsmoment wird von Elektromotoren, Hydraulikmotoren
oder auch von einem pneumatischen Antrieb erzeugt. Durch die Verstellung von einzelnen
Unwuchtsegmenten zueinander kann die Gesamtunwuchtgröße eingestellt werden. Diese
Einstellung ist im einfacheren Fall nur im Stillstand der Vibratoren möglich. Bei einer
mechanischen Verstellung der Winkellagen von Unwuchtsegmenten im Betrieb wird die
Möglichkeit eröffnet, Verstellungen innerhalb der Fertigungszeit eines Rohres vorzunehmen.
Bei Rohrmaschinen mit stehendem Kern sind z.T. mehrere Unwuchtebenen einzeln
verstellbar, so daß z.B. am Kernkopf höhere Erregerkräfte erzeugt werden als am Fuß.
Basiert die Verstellung darauf, daß zu an der Welle festen Segmenten (alle mit
Winkellage 0°) verstellbare Unwuchtsegmente angeordnet werden, so besteht bei der
Einstellung unterschiedlicher Kräfte in den Ebenen die Gefahr, daß die resultierenden
Erregerkraftvektoren der Ebenen nicht eine gemeinsame Winkellage an der Antriebswelle
einnehmen.
5.1.2 Erregersysteme mit zwei separaten Antriebswellen
Das Erregersystem besteht aus zwei mit Unwuchten versehenen Antriebswellen, deren
Drehachsen parallel zur Mittelachse des Kernzylinders liegen. Die Drehachsen können
außerzentrisch (Bild 5.1 a) liegen oder beide mit der Mittelachse des Kernzylinders
zusammenfallen (Bild 5.1 b), was konstruktiv mit einer Welle-Hohlwelle-Kombination lösbar
ist.
Die Antriebswellen können gleichen Drehsinn, entgegengesetzten Drehsinn, gleiche
Drehzahl oder (meist geringfügige) unterschiedliche Drehzahlen aufweisen. Bei gleichen
Drehzahlen ist eine Selbstsynchronisation oder eine Zwangssynchronisation zu
gewünschten Phasenlagen der Antriebswellen zueinander möglich. Erfolgt diese
Zwangssynchronisation z.B. durch den Antrieb mit Servomotoren ist eine Verstellung der
Phasenlagen im Betrieb möglich.
50
Kern
Vibratorbaum 1
Unwucht 1
Vibratorbaum
Vibratorbaum 2
Unwucht 2 Unwucht 2
Unwucht 1
a b
Bild 5.1 : Kerne mit zwei separaten Unwuchtwellen , schematische Darstellung
a außerzentrische Anordnung
b zentrische Anordnung
Die mit diesen Erregersystemen erzielbaren Effekte werden im folgenden näher betrachtet.
Das mechanische Modell mit den Koordinatenfestlegungen ist im Bild 5.2 zu sehen.
Fy1
Fx1
Fy res
Fx res
Fy2
Fx2
r rG
Bild 5.2 : Modell zur Bildung der Erregerkraftresultierenden
51
Die Erregerkraftresultierende dieser Erregersysteme läßt sich unter der Voraussetzung, daß
die Kräfte als an einem starren Körper angreifend betrachtet werden können, wie folgt
charakterisieren:
Bei geringen Unterschieden der Drehzahlen der Unwuchtwellen
Da bei geringen Unterschieden der Kreisfrequenzen 1 = 2 + die Phasenlagen der
Erregerkraftvektoren sich ständig ändern, kann ein Zeitpunkt gefunden werden, der der
Darstellung im Bild 5.2 entspricht. Dieser Zeitpunkt wird zu t = 0 definiert. Die
Erregerkraftamplituden der beiden Vibratorenbäume werden als gleich groß angenommen.
Der in Kreisfrequenz umlaufende Erregerkraftvektor der Unwuchten wird in die Anteile in die
Koordinatenrichtungen x und y zerlegt:
t cos FF 11x t cos FF 22x
t sin FF 11y t sin FF 22y . (5.1)
Das Ergebnis in x- und y-Richtung ist eine Erregerkraft in Form einer Schwebung:
t2
cos t2
cos F2FFF 21212x1xresx
t2
sin t2
cos F2FFF 21212y1yresy
. (5.2)
Bei dem hier betrachteten Fall des gleichen Drehsinns beschreibt der resultierende
Erregerkraftvektor Kreisbahnen mit im Schwebungstakt veränderlichem Radius (Bild 5.3). Es
ergibt sich die Kreisgleichung mit dem veränderlichen Radius:2
212y
2x t
2 cos F2FF
. (5.3)
Im Fall gegenläufiger Unwuchten sind die Resultierenden durch die Ersetzung G2
(siehe Bild 5.2) zu gewinnen:
Der resultierende Erregerkraftvektor beschreibt Linien, die sich im Schwebungstakt in der
x-y-Ebene drehen (Bild 5.4):
resxG1
resy F t2
tanF
. (5.4)
Dabei ist t2
G1 der sich zeitlich ändernde Anstiegswinkel der linearen Funktion.
52
-3
-2
-1
0
1
2
3
-3 -2 -1 0 1 2 3
FFy
FFx
Bild 5.3 : Beispiel für die Bahnkurve des resultierenden Erregerkraftvektors bei
gleichläufigen Unwuchten mit geringen Drehzahlunterschieden
-3
-2
-1
0
1
2
3
-3 -2 -1 0 1 2 3FFx
FFy
Bild 5.4 : Beispiel für die Bahnkurve des resultierenden Erregerkraftvektors bei
gegenläufigen Unwuchten mit geringen Drehzahlunterschieden
53
Bei gleichen Drehzahlen der Unwuchtwellen
Unter Beachtung einer mit der Synchronisation festgelegten Phasenlage der Unwuchten
zueinander sind die Einzelkräfte der Unwuchtwellen:
t cos FF 1x )t( cos FF 2x
t sin FF1y )t( sin FF
2y . (5.5)Die resultierenden Kräfte ergeben sich zu :
2t cos
2cos F2F resx
2t sin
2cos F2F
resy . (5.6)
Der resultierende Kraftvektor beschreibt Kreisbahnen mit dem Radius 2
cosF2 (Bild 5.5):
22
resy2
resx 2cosF2FF
. (5.7)
Bei einer außerzentrischen Anordnung ( 0r ) ist nur für 0 die resultierende
Momentenwirkung auf die Kernzylinderachse 0Mres , für andere Winkel wird ein
dynamisches Moment auf den Kern übertragen. Bei 0 ist die resultierende
Kraftamplitude F2Fres .
Bei Unwuchtwellen mit gegenläufigem Drehsinn ist :t cos FF 1x )t(- cos FF 2x
t sin FF1y )t(- sin FF
2y . (5.8)Die resultierenden Kräfte ergeben sich zu :
2t cos
2cosF2F resx
2t cos
2sinF2F
resy . (5.9)
Der resultierende Kraftvektor (Bild 5.5) beschreibt eine Gerade mit der Gleichung
resxresy F2
tanF
. (5.10)
Der Anstiegswinkel 2 beschreibt die Winkellage der gerichteten Kraftresultierenden.
Bei einer außerzentrischen Anordnung ( 0r ) ist nur für 180 die resultierende
Momentenwirkung auf die Kernzylinderachse 0Mres , für andere Winkel wird ein
dynamisches Moment auf den Kern übertragen. Bei 180 ist die resultierende
Kraftamplitude F2Fres und die Kraft wirkt in y-Richtung.
54
-3
-2
-1
0
1
2
3
-3 -1 1 3
gleichläufigeUnwuchtengegenläufigeUnwuchten
FFy
FFx
Bild 5.5 : Beispiele für die Bahnkurven des resultierenden Erregerkraftvektors bei
gleichläufigen und bei gegenläufigen synchronisierten Unwuchten
5.1.3 Selbstsynchronisation
Unter Selbstsynchronisation wird im Rahmen der Unwuchterregung das Phänomen
verstanden, daß sich unabhängig angetriebene, statisch und dynamisch unwuchtige
Rotoren, die sich auf einem Schwingungssystem befinden, in eine gemeinsame Drehzahl
und eine feste Phasenlage zueinander begeben.
Zur Theorie der Selbstsynchronisation wurden von I.I. Blekhman [7] [8] umfassende
Grundlagen gelegt. In Deutschland sind vor allem die Arbeiten von L. Sperling [49] [50] zu
dieser Thematik hervorzuheben. Auf dem Gebiet der Vibrationsverdichtungseinrichtungen
sind mit [5] in jüngster Zeit insbesondere experimentelle Untersuchungen und numerische
Simulationen mit Hilfe der Mehrkörperdynamik und der Finite-Elemente-Methode zur
Selbstsynchronisation von Unwuchterregern an biegeweichen Vibrationsformen erfolgt.
In diesem Abschnitt soll auf die Selbstsynchronisation nur in soweit eingegangen werden,
wie sie für die betrachteten Erregersysteme von Rohrfertigern von Interesse ist.
55
Auf das Erregersystem mit zwei separaten Antriebswellen zurückkommend ist festzustellen,
daß wenn die Phasenlage der Unwuchten nicht durch eine Zwangsmaßnahme eingestellt
wird, die Unwuchten aufgrund der Selbstsynchronisation eine feste Phasenlage zueinander
einnehmen. Diese Phasenlage ist von den Eigenschaften des Schwingungssystems
abhängig, auf dem sich die Unwuchten befinden. An zwei einfachen, für Rohrfertiger
relevanten Unwuchtanordnungen soll die Selbstsynchronisation der Unwuchtrotoren
betrachtet werden. Dazu wird ein von Sperling [51] dargestelltes Vorgehen mit der
Formulierung von harmonischen Einflußkoeffizienten genutzt, welches im folgenden kurz
umrissen wird.
Die Selbstsynchronisation von Unwuchtrotoren auf Schwingungssystemen basiert auf den
Wechselwirkungen zwischen dem Schwingungssystem und den Rotoren. Dabei
beaufschlagen die Rotoren das Schwingungssystem mit entsprechenden Unwuchtkräften
und -momenten und das Schwingungssystem wirkt mit aus der Schwingbewegung
herrührenden Momenten auf die Rotoren zurück. Nach der Methode der direkten
Bewegungsteilung wird die Rotation der Unwuchtrotoren in drei Anteile zerlegt:
)t,t()t(t)t( iii . (5.11)
Dabei ist )t(i ein langsam veränderlicher Anteil und )t,t(i ein kleiner schneller
periodischer Anteil. Für eine erste Näherung 0iB des rückwirkenden Momentes iB wird
)t,t(i vernachlässigt und i als konstant angenommen. Durch eine Mittelung des
rückwirkenden Momentes 0iB wird das Vibrationsmoment 0
iV erhalten:
2
0
0i
0i tdB
21V . (5.12)
Das Vibrationsmoment repräsentiert den Einfluß der Schwingungen auf den langsam
veränderlichen Anteil der Rotorbewegung. Das Vibrationsmoment ist mit dem
Rüttelrichtmoment vergleichbar, das von Magnus/Popp in [36] für den Stabilisierungseffekt
eines aufrecht stehenden Pendels mit schwingendem Aufhängepunkt beschrieben wird.
Die Bewegungsgrößen des Schwingungssystems werden durch die Definition von
harmonischen Einflußkoeffizienten kyiy
kxiy
kyix
kxix A,A,A,A beschrieben.
56
Die harmonischen Einflußkoeffizienten werden an einem Schwingungssystem mit n
Freiheitsgraden und den Bewegungsgleichungen der Form
FCqqM (5.13)
unter Nutzung der Zwangsbedingung für die Bewegung von m Pivotpunkten Oi
Jqp (5.14)
sowie der Frequenzgangmatrix
12
CMH (5.15)
definiert zu:
T2k32i3kxixA
JHJ T1k32i3kyixA
JHJ
T2k31i3kxiyA
JHJ T1k31i3kyiyA
JHJ . (5.16)
Dabei bedeuten :
M Massenmatrix
C Steifigkeitsmatrix
F Vektor der Erregerkräfte
q Koordinatenvektor des Schwingungssystems
Oi Pivotpunkt , Durchstoßpunkt der Rotorachse durch die Ebene der Bewegung
des Massenmittelpunktes des Rotors i infolge seiner Rotation
ri Ortsvektor des Pivotpunktes Oi in rotorbezogenen raumfesten Vektorbasen
mit Tiziyixi rrrr
p Spaltenvektor aller Ortsvektoren der Pivotpunkte TTm
T1 ... rrp
J Jacobimatrix
Jw Zeilenvektor , w-te Zeile der Matrix J
H Frequenzgangmatrix
A harmonischer Einflußkoeffizient .
57
Der harmonische Einflußkoeffizient kyixA hat z.B. folgende Bedeutung :
Eine Erregung tcos mit der Einheitskraftamplitude im Pivotpunkt kO in kye -Richtung ruft
im Pivotpunkt iO in ixe -Richtung stationäre Schwingungen tcosAkyix hervor.
Das Antriebsmoment eines Unwuchtrotors wird durch die Beziehung
iii0ii M)(M . (5.17)
beschrieben, wobei in i der Anstieg der linearisierten Motorkennlinie und eine
Drehdämpfungskonstante vereint sind. Mit
i
i0i
M
(5.18)
werden sogenannte Partialwinkelgeschwindigkeiten eingeführt.
Für die selbstsynchronisierte Bewegung werden die synchrone Winkelgeschwindigkeit
und die konstanten Nullphasen
i gesucht. Es sind die Lösungen der Gleichungen :
)(V ii0i
. (5.19)
Die Gleichungen 5.19 werden auch als sogenannte Existenzbedingungen für
selbstsynchronisierte Bewegungen bezeichnet. Wenn die Existenzbedingungen überhaupt
reelle Lösungen haben, können die zugehörigen Bewegungen stabil oder instabil sein, was
weiterhin eine Stabilitätsbetrachtung notwendig macht. Für den Sonderfall zweier gleicher
Rotoren ( 2121 , ) lassen sich die Existenz- und Stabilitätsbedingungen nach [51]
zusammenfassen zu:
MinimumCsinAAcosAAff21 x2
y1y2x1
y2y1
x2x121
0
(5.20)
mit 0 Potentialfunktion
if Betrag der Zentrifugalkraft , 2UiUii rmf
A harmonische Einflußkoeffizienten
synchrone Phasendifferenz ,
21
C Zusammenfassung von phasenwinkelunabhängigen Größen der
Potentialfunktion .
58
Im ersten Beispiel soll ein ebenes System einer Draufsicht auf einen Rohrfertigerkern mit
zwei zur Kernzylinderachse parallelen Unwuchtdrehachsen betrachtet werden. Bild 5.6 zeigt
das Modell.
e1x
e1y
e1z
mU1rU11
e2x
e2y
e2z
mU2rU22
r r
b
a
S
Te1x
Te1y
Te1z
mU1rU1
1 Te2x
Te2y
Te2z
mU2
rU22
rr
b
a
xy
Sm ; J
m ; J
x
y
Ruhelage ausgelenkte Lage
Bild 5.6 : Ebenes Modell eines Kerns mit zwei gleichen Unwuchtrotoren
a,b,r Abstände
m Masse des Kerns
J Trägheitsmoment des Kern
mUi Unwuchtmasse des Rotors i
rUi Unwuchtradius des Rotors i
i Winkelkoordinate des Rotors i
x,y, raumfestes Koordinatensystem für die Bewegungen des
Schwingungssystems
eix,eiy,eiz raumfeste, rotorbezogene Vektorbasis
Teix,Teiy,Teiz schwingungssystemfeste Vektorbasis, körperfest zum Kern
T Drehmatrix
Faktor für den Drehsinn des Rotors i = 1
59
Es sollen folgende Voraussetzungen gelten:
- der Kern ist ein starrer Körper
- das Schwingungssystem kann als ebenes System betrachtet werden
- die Starrkörpereigenfrequenzen des Kerns auf seinen elastischen Lagern sind viel
kleiner als die Betriebsfrequenz, so daß für die weiche Lagerung c = 0 angenommen
wird
- es werden nur kleine Schwingbewegungen betrachtet
- die raumfesten und schwingungssystemfesten Einheitsvektoren unterscheiden sich auf
Grund der Kleinheit der Schwingungen nur durch kleine Richtungsunterschiede
- die Dämpfung wird vernachlässigt
- die Rotoren sind nur statisch unwuchtig
- die Rotormassen und –trägheitsmomente sind klein gegenüber den repräsentativen
Parametern des Schwingungssystems
- die Rotoren sind gleich .
Mit dem Faktor wird der Drehsinn des Rotors i = 1 angegeben. Ist 1 drehen die
Rotoren gleichsinnig, ist 1 haben die Rotoren einen entgegengesetzten Drehsinn.
Am Pivotpunkt i = 2 werden Erregerkräfte in der Form
tcosF)t(F x2x2 in e2x –Richtung und (5.21)
tcosF)t(F y2y2 in e2y –Richtung (5.22)
angenommen.
Die Bewegungsgleichungen sind :
x2Fxm (5.23)
y2Fym (5.24)
y2x2 F)br(aFJ . (5.25)
Die Schwerpunktbewegung ergibt sich zu :
tcosmF)t(x 2
x2
(5.26)
tcosmF
)t(y 2y2
(5.27)
tcosJ
F)br(Fa)t( 2
y2x2
. (5.28)
Die Bewegung des Pivotpunktes i = 1 ist damit :
ax)t(x1 (5.29)
)br(y)t(y1 . (5.30)
60
Zur Bildung der harmonischen Einflußfaktoren x2x1A und x2
y1A wird eine Einheitskraft-
amplitude EF eingeführt und Ex2 F1F sowie Ey2 F0F gesetzt. Dann ergeben sich die
Bewegungen zu:
tcosmF)t(x 2
E
(5.31)
0)t(y (5.32)
tcosJ
Fa)t( 2E
(5.33)
tcosFJa
m1)t(x E2
2
21
(5.34)
tcosFJ
a)br()t(y E21
. (5.35)
In (5.34) und (5.35) sind die harmonischen Einflußfaktoren ersichtlich:
2
2
2x2x1 J
am
1A
(5.36)
2x2y1 J
a)br(A
. (5.37)
Zur Bildung der harmonischen Einflußfaktoren y2x1A und y2
y1A wird Ex2 F0F und Ey2 F1F
gesetzt. Dann ergeben sich die Bewegungen zu:
0)t(x (5.38)
tcosmF)t(y 2
E
(5.39)
tcosFJ
br)t( E2
(5.40)
tcosFJ
)br(a)t(x E21
(5.41)
tcosFJ
)br)(br(m
1)t(y E221
. (5.42)
In (5.41) und (5.42) sind die harmonischen Einflußfaktoren ersichtlich:
2y2x1 J
)br(aA
(5.43)
22
y2y1 J
)br)(br(m
1A (5.44)
61
Die Existenz- und Stabilitätsbedingung (Gleichung 5.20) für das betrachtete System lautet
somit:
MinimumCsinJ
)1(b)1(racosJ
abrm1ff
21
22
222
2210
(5.45)
In Tabelle 5.2 werden die Lösungen für einige interessante Sonderfälle dargestellt. Diese
Sonderfälle sind vom Verfasser durch das dargestellte Vorgehen unter Verwendung
harmonischer Einflußfaktoren betrachtet worden. Die Lösungen stimmen mit bekannten
Lösungen von Sonderfällen überein bzw. es können Übereinstimmungen aus komplexeren
Lösungen z.B. in [8] abgeleitet werden.
Für den Fall 1 und r = 0 ergibt sich mit Einführung von
batan (5.46)
und der Festlegung 01 sowie unter Nutzung der Beziehung für den doppelten Winkel
xtan1xtan2x2tan 2
(5.47)
der Winkel
2 aus der Umformung
)2tan(2tantan1tan2
ba1
ba2
baab2tan 2
2
222
(5.48)
und einer Prüfung der Winkel ,, 2 in allen Quadranten und unter Beachtung des
Vorzeichens des Produktes ba der Phasenwinkel zu
22 . (5.49)
Da wiederum der resultierende Erregerkraftvektor in diesem Fall entsprechend dem
Abschnitt 5.1.2 eine Gerade mit den Anstiegswinkel 2
2
beschreibt, kann gezeigt werden,
daß sich die Unwuchten in der Art synchronisieren, daß der resultierende Erregerkraftvektor
eine zum Schwerpunkt zeigende Gerade beschreibt.
62
Tabelle 5.2: Stabile Phasendifferenzen für Sonderfälle des Systems
Sonderfall Existenz- und Stabilitätsbedingung Phasendifferenz
Symbolbild
Gleichläufig,
gleiche
Drehachse
1 ; r = 0
MinimumcosJ
abm
22
22
2
180
S
für 2J
)br(m 22
180
S
Gleichläufig,
1 ; a = 0 Minimumcos
Jrb
m2
2
22
2
für 2J
)br(m 22
0
S
Gegenläufig,
1 ; b = 0 Minimumcos
Jar2
22
180
S
Gegenläufig,
gleiche
Drehachse
1 ; r = 0
Minimum
sinJ
ab2cosJ
ba22
22
22 baab2tan
für 0ba :
180° <
< 360°
für 0ba :
0° <
< 180°
S
Das zweite Beispiel zeigt ein räumliches Modell eines rotationssymmetrischen starren
Körpers mit zwei gleichläufigen Unwuchten deren Drehachsen mit der Symmetrieachse
zusammenfallen. Das Modell spiegelt einen tief abgestimmten Kern eines Rohrfertigers mit
zwei nicht zwangsgekoppelten Zentralerregern wider. Es gelten sinngemäß die gleichen
Modellvoraussetzungen und -bezeichnungen wie im ersten Beispiel. Bild 5.7 zeigt das
Modell mit den gewählten Koordinaten und Variablen.
63
e1x e1y
e1z
mU1rU1
e2x e2y
e2z ba
S
e1xe1y
e1z
e2xe2y
e2z ba
S
mU2rU2
Te1x Te1y
Te1z
mU1rU1
Te2x Te2y
Te2z
ba
S
Te1xTe1y
Te1z
Te2xTe2y
Te2z ba
S
mU2rU2
zy
x
xz
y
Ruhelage ausgelenkte Lage
Bild 5.7 : Modell eines Kerns mit zwei zentralen Unwuchtrotoren, Darstellung von
jeweils zwei Seitenansichten sowie der Draufsichten in der Ruhelage
Zur Bildung der harmonischen Einflußfaktoren werden am Pivotpunkt i = 2 Erregerkräfte in
der Form tcosF)t(F x2x2 in e2x –Richtung und (5.50)
tcosF)t(F y2y2 in e2y –Richtung (5.51)
angenommen. Über die Bewegungsgleichungen
x2Fxm (5.52)
y2Fym (5.53)
y2x bFJ (5.54)
x2y bFJ (5.55)
64
werden die Bewegungen des Körpers zu
tcosmF)t(x 2
x2
(5.56)
tcosmF
)t(y 2y2
(5.57)
tcosJFb
)t( 2y2
x
(5.58)
tcosJFb)t( 2
x2y
(5.59)
ermittelt. Die Bewegung des Pivotpunktes i = 1 ergibt sich damit zu
tcosJFba
mF)t(x 2
x22
x21
(5.60)
tcosJFb
amF
)t(y 2y2
2y2
1
. (5.61)
Die harmonischen Einflußkoeffizienten sind:
22x2x1 J
abm
1A
(5.62)
0A x2y1 (5.63)
0A y2x1 (5.64)
22y2y1 J
abm
1A
. (5.65)
Die Existenz- und Stabilitätsbedingung für die synchrone Phasendifferenz
lautet:
Minimumcosm1
Jab2
2
. (5.66)
Die Auswertung der Gleichung (5.66) ergibt:
fürm1
Jab
ist 0 (5.67)
fürm1
Jab
ist 180 . (5.68)
Mit einem hinreichend großen Abstand der Unwuchten ist also eine gleichphasige Erregung
des Kerns möglich. Für a = b sind die Lösungen in den Gleichungen (5.67) und (5.68) mit
den in [12] dargestellten Lösungen für die Selbstsynchronisation an einem Vibratorkörper mit
zwei Unwuchterregern in parallelen Ebenen vergleichbar.
65
5.2 Linearer Modellansatz und Abschätzung nichtlinearer Einflüsse
Die Verdichtungseinrichtung eines Rohrfertigers ist im Allgemeinen als nichtlineares
Schwingungssystem zu betrachten. Für die Auslegung von Rohrfertigern ist jedoch die
Reduzierung der Modelle auf wesentliche Eigenschaften anzustreben. Daher werden im
Folgenden einige nichtlineare Einflüsse hinsichtlich ihrer möglichen Vernachlässigung
diskutiert.
5.2.1 Rückwirkung des Schwingungssystems auf die Vibrationserregung
Die Annahme einer konstanten Winkelgeschwindigkeit für die Unwuchtwelle ist bei einer
endlichen Energiequelle zu überprüfen. Dazu wird ein einfaches Schwingungssystem nach
Bild 5.8 benutzt, welches sich an den Gegebenheiten eines Rohrfertigerkerns orientiert. Das
Modell hat 4 Freiheitsgrade , zwei horizontale translatorische Freiheitsgrade der Kernmasse,
einen rotatorischen Freiheitsgrad der Kernmasse und einen rotatorischen Freiheitsgrad der
Unwucht. Ansonsten ist die Drehachse der Unwucht mit den translatorischen
Freiheitsgraden der Kernmasse gekoppelt. Der Kern ist über symmetrisch angeordnete
Federn und Dämpfer gelagert.
Kern
Lineargelenk
Unwucht
Koordinatensystem
Feder-Dämpfer-Element
Bild 5.8: Mehrkörperdynamik-Modell eines Kerns mit Unwucht
66
Die Modelldaten sind : mK = 37,2 kg rU = 0,0424 m
mU = 1,26 kg = 314 1/s
JU = 0,004 kgm2
3D-Feder-Dämpfer-Element cx = cy = cz = 500000 N/m
bx = by = bz = 500 Ns/m
Es wird eine lineare Motorkennlinie für das Antriebsmoment verwandt:
1Nm20MA . (5.69)
Der Modellaufbau und die Berechnungen erfolgen in einem Mehrkörperdynamik-
Programmsystem. Die in den Bildern 5.10 und 5.11 enthaltenen Simulationsergebnisse
stellen den eingeschwungenen Zustand einer numerischen Zeitintegration des
Mehrkörperdynamik-Systems dar.
Das Bild 5.10 zeigt zunächst die Simulationsergebnisse für eine eindimensionale
Schwingung des Kerns in x-Richtung. Dazu wurde die andere horizontale
Bewegungsrichtung des Kerns im Modell durch ein weiteres translatorisches Gelenk
unterbunden. Eine schematische Darstellung dieses Systems ist im Bild 5.9 zu sehen.
rU
S
mU JU
c
b
MA
mK
xK
Bild 5.9 : Schematische Darstellung des Systems mit zwei Freiheitsgraden
Die Bewegungsgleichungen für das System mit zwei Freiheitsgraden lauten:
cosrmsinrmcxxbx)mm( UU2
UUKKKUK (5.70)
cosxrmM)rmJ( KUUA2
UUU . (5.71)
Durch die Rückwirkungen der Kernbewegung auf die Unwucht entstehen in diesem Fall
Schwankungen in der Winkelgeschwindigkeit der Unwucht und damit auch des
Antriebsmomentes. Pro Unwuchtumdrehung treten dabei zwei Minima bzw. Maxima auf.
67
in Nm in 1/s in m
t in s
MA xK;xU
Bild 5.10 : Schwingwege, Winkelgeschwindigkeit und Antriebsmoment im stationären
Zustand bei eindimensionaler Schwingbewegung
Im Bild 5.11 sind die Simulationsergebnisse des Mehrkörperdynamik-Modells ohne das
Lineargelenk am Kern dargestellt.
in Nm in 1/s in m
t in s
MA xK;xU
Bild 5.11 : Schwingwege, Winkelgeschwindigkeit und Antriebsmoment im stationären
Zustand bei zweidimensionaler Schwingbewegung
68
Werden beide horizontale Freiheitsgrade des Kerns zugelassen, führen die Punkte des
Kerns kreisförmige Bewegungen aus. Da es keine Vorzugsrichtungen für die Schwingungen
gibt, müssen zeitversetzt in allen Richtungen gleiche Verhältnisse herrschen. Die
Simulationsergebnisse zeigen keine Winkelgeschwindigkeitsschwankungen der Unwucht. Im
Bild 5.11 ist ein konstantes Antriebsmoment zu sehen.
Das dargestellte Beispiel macht deutlich, daß es Rückwirkungen vom Schwingungssystem
auf die Bewegung des Unwuchtrotors gibt. Bei einer zweidimensionalen, kreisenden
Bewegung, wie es bei Rohrfertigern in der Regel der Fall ist, ist jedoch die Annahme einer
konstanten Winkelgeschwindigkeit der Unwuchten in guter Näherung möglich.
5.2.2 Einfluß gyroskopischer Momente
Zur Abschätzung des Einflusses gyroskopischer Momente auf das Bewegungsverhalten von
Rohrfertigern wird ein einfaches Modell des Kerns entsprechend Bild 5.12 betrachtet. Der
starre, rotationssymmetrische Kern wird von einer rotierenden Scheibe mit Unwucht erregt.
Federkräfte werden unter der Voraussetzung einer sehr tiefen Abstimmung vernachlässigt.
Die Kernmasse ist viel größer als die Unwuchtmasse. Die Betrachtung erfolgt dämpfungsfrei
und unter der Voraussetzung kleiner Schwingbewegungen.
Die Unwucht hat gegenüber dem Kern nur einen rotatorischen Freiheitsgrad, der durch eine
konstante Winkelgeschwindigkeit beschrieben wird.
Da der Kern und der Unwuchtrotor in allen translatorischen Freiheitsgraden sowie den
rotatorischen Freiheitsgraden x und y gekoppelt sind, werden Kern und Unwuchtrotor in
diesen Freiheitsgraden als Gesamtsystem betrachtet.
69
yx
zx
yz
y x
z
y
xz
y x
z m,Jx,Jy,Jz
Jp,mUrU
yx
z
Jpx
Jpy
a) b) c)
S
S S
S
lU
Bild 5.12 : Modell zur Abschätzung des Einflusses gyroskopischer Momente
a) Bezeichnungen und Parameter
b) Koordinaten
c) Kreiselmomente am Unwuchtrotor
dabei bedeuten:
x,y,z Koordinaten für die translatorischen Bewegungen des Gesamt-
schwerpunktes im raumfesten Koordinatensystem
yx , Winkelkoordinaten für die rotatorischen Bewegungen des Gesamtsystems
z Winkelkoordinate für die rotatorische Bewegung des Kerns um die z-Achse
konstante Winkelgeschwindigkeit des Unwuchtrotors
m Masse des Gesamtsystems
Jx,Jy Trägheitsmomente des Gesamtsystems um den Gesamtschwerpunkt
Jz Trägheitsmoment des Kerns um die z-Achse
Jp polares Trägheitsmoment des Unwuchtrotors
muru Unwucht am Unwuchtrotor
lU Abstand
70
Die Bewegungsgleichungen für das System lauten:
tcosFxm (5.72)
tsinFym (5.73)
0zm (5.74)
tsinlFJJ Uypxx (5.75)
tcoslFJJ Uxpyy (5.76)
0J zz . (5.77)
Dabei soll 2uurmF und Jx = Jy sein.
Mit den Ansätzen tcosˆtsinˆ xcxsx (5.78)
tcosˆtsinˆ ycysy , (5.79)
deren Einsetzung in die Gleichungen (5.75) und (5.76) sowie einer Trennung in sin- und cos-
Anteile entstehen für die gekoppelten Drehbewegungen um die x- und y-Achse die
Gleichungssysteme:
00
ˆˆ
JJJJ
xc
ys2
x2
p
2p
2y (5.80)
U
U
yc
xs2
y2
p
2p
2x
lFlF
ˆˆ
JJJJ
. (5.81)
Das homogene Gleichungssystem (5.80) hat für eine von Null verschiedene
Hauptdeterminante, das heißt 2pyx JJJ nur die triviale Lösung 0ˆˆ xcys .
Die Lösung von (5.81) ist nach der Cramerschen Regel:
px2U
2p
2x
px2U
42p
4yx
2pU
2yU
xs JJ1lF
JJJJlF
JJJJlFJlF
ˆ
(5.82)
px2U
2p
2x
px2U
42p
4yx
2pU
2xU
yc JJ1lF
JJJJlF
JJJJlFJlF
ˆ
. (5.83)
Der Ausdruck px JJ ist mit dem reduziertenTrägheitsmoment bei Biegeschwingungen
einer mit einer Scheibe besetzten Welle im Fall synchronen Gleichlaufs paR JJJ [22] zu
vergleichen.
71
Ein praxisnahes Beispiel verdeutlicht die Größenverhältnisse von Jx und Jp an Rohrfertigern:
Kern (dünnwandiger Hohlzylinder mit dK = 1 m ; lK = 3 m ; mK = 1840 kg)
22
K2
KKyx kgm1610
24l2d3mJJ
Scheibe des Unwuchtrotors ( Vollzylinder mit dR = 0,32 m ; mR = 50 kg)
22
RRp kgm64,0
8dmJ
Unwucht (mU = 5 kg ; rU = 0,15 m ; s1400 )
kN120rmF 2UU
In Modellen für das Bewegungsverhalten von Rohrfertigern ist durch xp JJ eine
Vernachlässigung der Kreiselwirkung möglich. Die gezielte Nutzung gyroskopischer
Momente wird im Abschnitt 6.3.2 dargestellt.
5.2.3 Voraussetzungen für lineare Modelle von Rohrfertigern
Zur Bildung von einfachen linearen Modellen von Rohrfertigern wird von folgenden
Voraussetzungen ausgegangen:
Es werden kleine Bewegungsamplituden vorausgesetzt.
Federelemente werden als masselos betrachtet. Für die Federelemente werden am
Arbeitspunkt linearisierte Werte für eine Federsteifigkeit und eine geschwindigkeits-
proportionale Dämpfung verwandt.
Die dynamischen Eigenschaften des Betongemenges werden als an einem Arbeitspunkt
linearisierte Werte für eine Federsteifigkeit und eine geschwindigkeitsproportionale
Dämpfung berücksichtigt. Da die dynamischen Eigenschaften des Betongemenges eine
starke Abhängigkeit von mehreren Einflußfaktoren, wie z.B. der Erregerfrequenz, der
Beschleunigungsamplitude und dem Auflastdruck zeigen, besteht der derzeit
praktikabelste Weg darin, daß die Betongemengeeigenschaften unter den konkreten
Bedingungen experimentell bestimmt werden (s.a. Abschnitt 3.1 und 4.4).
72
Es sind keine geometrischen Nichtlinearitäten vorhanden. Die Spaltmaße von Unterring
und Spitzendformer zum Kern oder Mantel (Bild 5.13) sind in der Regel so groß, daß sie
die Bewegung nicht behindern. Die Verspannungen werden als feste Verbindung
angesehen.
Das Betongemenge hat ständigen Kontakt mit den angrenzenden Bauteilen. Es kommt
nicht zu einer Luftspaltbildung zwischen Kern und Betongemenge (Bild 5.14). Diese
Voraussetzung wird auch durch die experimentellen Untersuchungen am
Rohrversuchsstand bestätigt, bei denen kein Abheben des Kerns vom Betongemenge zu
beobachten war.
Die Winkelgeschwindigkeit des Unwuchtrotors kann als konstant betrachtet werden
(siehe Abschnitt 5.2.1).
Gyroskopische Momente vom Unwuchtrotor können vernachlässigt werden (siehe
Abschnitt 5.2.2).
lS
Kern
Mantel
Unterring
Kern
Mantel
Luftspalt
Gemenge
Bild 5.13 : Spalt zwischen Kern und Unterring Bild 5.14 : Luftspaltbildung zwischen
lS Spaltabstand Kern und Betongemenge
73
5.3 Ebene diskrete Modelle
5.3.1 Rohrversuchsstand
Für den Rohrversuchsstand nach Bild 4.3 kann auf Grund der Symmetrieeigenschaften und
der ausreichenden Steifigkeit der Teilkomponenten ein einfaches, diskretes Modell gebildet
werden. Das im Bild 5.15 dargestellte ebene Modell besteht aus den Massen Kern und
Mantel und hat zwei Freiheitsgrade.
m1
c1/2
b1/2
c2/2
b2/2
m2
x1 x2
c3/2
b3/2
c1/2
b1/2
c2/2
b2/2
c3/2
b3/2
F(t)
Bild 5.15 : Diskretes Modell für den Rohrversuchsstand
m1 Kernmasse c1 Kernfederkonstante
m2 Mantelmasse c2 Betonfederkonstante
F(t) Erregerkraft c3 Mantelfederkonstante
bi Dämpfungskonstanten zu ci
Die Parameter für das Modell wurden durch Ausschwingversuche und erzwungene
Schwingungen am ungefüllten System (siehe Abschnitt 4.2) bestimmt. Die
Betongemengeeigenschaften wurden experimentell entsprechend dem im Abschnitt 3.1
dargestellten Vorgehen bestimmt. Die Masse des Betongemenges wurde je zur Hälfte auf
die Kern- und Mantelmasse verteilt, um die Gesamtmasse des Systems repräsentieren zu
können.
74
Die verwendeten Modellparameter betragen :
m1 = 212 kg c1 = 1500000 N/m b1 = 3000 Ns/m
m2 = 183 kg c3 = 2100000 N/m b3 = 4000 Ns/m
tsinrm)t(F 2UU mUrU = 0,051 kgm
Betongemenge mit freier Oberfläche : c2 = 5000000 N/m b2 = 15000 Ns/m
Betongemenge unter 0,31 bar Auflastdruck: c2 = 23000000 N/m b2 = 30000 Ns/m
Die Bewegungsgleichungen für das Modell im Bild 5.15 sind:
tsinrm)xx(c)xx(bxcxbxm 2UU212212111111 (5.84)
0)xx(c)xx(bxcxbxm 122122232322 . (5.85)
Da im Allgemeinen nicht von einer modalen Dämpfung ausgegangen werden kann, erfolgt
die Berechnung der erzwungenen Schwingungen des Systems durch eine direkte Lösung
der Bewegungsgleichungen unter Verwendung harmonischer Ansatzfunktionen der Form
)tsin(xtcosStsinR)t(x 111 (5.86)
)tsin(xtcosWtsinV)t(x 222 , (5.87)
wobei R, S, V und W die gesuchten Unbekannten sind. Vergleiche mit Lösungen über einen
modalen Dämpfungsansatz zeigten jedoch auch die Möglichkeit einer guten Näherung über
diesen Weg.
In den Bildern 5.16 und 5.17 sind die mit dem Modell berechneten Schwingwegamplituden
bei der erzwungenen Schwingung in Abhängigkeit der Erregerfrequenz dargestellt. Dabei
unterscheiden sich die Darstellungen in den abweichenden Eigenschaften des Gemenges
mit freier Oberfläche bzw. unter Wirkung eines Auflastdruckes. Zum Vergleich der
Berechnungsergebnisse sind in den Bildern 5.16 und 5.17 zusätzlich experimentell ermittelte
Größen dargestellt. Sie zeigen eine gute Übereinstimmung der Ergebnisse von Modell und
Experiment.
75
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1
1,2
0 10 20 30 40 50 60 70 80 f in Hz
x1,x2 in mm Kern gemessen
Mantel gemessenKern berechnetMantel berechnet
Bild 5.16 : Horizontale Schwingwegamplituden an Kern und Mantel am
Rohrversuchsstand bei freier Betonoberfläche
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1
1,2
0 10 20 30 40 50 60 70 80f in Hz
x1 , x2
in mm Kern gemessenMantel gemessenKern berechnetMantel berechnet
Bild 5.17 : Horizontale Schwingwegamplituden an Kern und Mantel am
Rohrversuchsstand bei einem Auflastdruck von 0,31 bar
76
5.3.2 Modell für einen Rohrfertiger mit steigendem Kern
Bild 5.18 zeigt ein ebenes diskretes Modell für einen Rohrfertiger mit steigendem Kern. Die
Modellbildung erfolgte auf der Grundlage der schematischen Darstellung im Bild 2.3 . Das
Modell beinhaltet zwei Starrkörper mit insgesamt 6 Freiheitsgraden.
Mit diesem Modell werden erstmals die Kippeigenfrequenzen berücksichtigt und es werden
die Bewegungsgrößenunterschiede über der Höhe erklärbar.
l 1
r3
c1
c2
r1
r2
l 2
l 3
l 4l 5
l 6
l 7
r4
c1
c2
7c7c
7c 7cc3
4c 4c
5c 5c
c6 c6
m 2 , J 2
m 1 , J 1
x2
z2 2
x1
z1 1
h
zc3
Bild 5.18 : Ebenes diskretes Modell
für einen Rohrfertiger
mit steigendem Kern
m1 Kernmasse
m2 Mantelmasse
J1,J2 Trägheitsmomente
rm,ln Abstände
ci Federkonstanten
bi Dämpfungskonstanten zu ci
h Füllhöhe des Betongemenges
z vertikale Lagekoordinate
x1,z1, 1 Bewegungskoordinaten Kern
x2,z2, 2 Bewegungskoordinaten Mantel
77
Die Bewegungsgleichungen für das Modell nach Bild 5.18 lauten:
0
0
tsinFl
tsinF
x
x
)ll(c2)ll(c2rc2lc2rc2lc2
)lll2(c2lc2lc2)llllll(c2)lll2(c2
)lll2(c2lc2lc2c4c2c2)ll(c2c4
)llllll(c2)ll(c2)ll(c2rc2lc2)ll(c2lc2
)lll2(c2c4)ll(c2lc2c2c4
x
x
)ll(b2)ll(b2rb2lb2rb2lb2
)lll2(b2lb2lb2)llllll(b2)lll2(b2
)lll2(b2lb2lb2b4b2b2)ll(b2b4
)llllll(b2)ll(b2)ll(b2rb2lb2)ll(b2lb2
)lll2(b2b4)ll(b2lb2b2b4
x
x
J000
0m00
00J0
000m
7
2
2
1
1
2367
2267
234
243
212
211
3267
431123
22636273267
326743117313277
23
2263627327
23
227
246
25532755
326773275557
2
2
1
1
2367
2267
234
243
212
211
3267
431123
22636273267
326743117313277
23
2263627327
23
227
246
25532755
326773275557
2
2
1
1
2
2
1
1
0zc2zb2zm 161611
0zc2c2zb2b2zm 24224222 . (5.88)
Bewegungsgleichungen für derartige Modelle von Rohrfertigern mit steigendem Kern, an
realen Rohrfertigern bestimmte Parameterwerte für die Modelle sowie Beispielrechnungen
sind in der vom Verfasser betreuten Arbeit von Förster [16] enthalten. Bild 5.19 zeigt
horizontale, vorzeichenbehaftete Beschleunigungsamplituden an Kern und Mantel als
Ergebnis einer Modellberechnung für eine Verdichtungseinrichtung DN 500 mit l = 3 m.
h=1m
-4
-2
0
2
4
-300 0 300ax in ms-2
z in m
h=2m
-4
-2
0
2
4
-300 0 300ax in ms-2
z in m
h=3m
-4
-2
0
2
4
-300 0 300ax in ms-2
z in m
Kern
Mantel
Bild 5.19 : Horizontale Beschleunigungsamplituden, Berechnungsergebnis nach [16]
78
5.4 Räumliches Modell
5.4.1 ModellbeschreibungEin Modell für einen Rohrfertiger mit stehendem Kern ist in den Bildern 5.20 bis 5.22 zu
sehen. Das Modell wurde unter den Voraussetzungen:
-die schwingenden Körper können als Starrkörper betrachtet werden
-die Federn sind masselos und ihre Federkennlinie ist linear bzw. linearisiert
-die Dämpfungen werden als geschwindigkeitsproportional angenommen
gebildet.
Kern_oben
Mantel_oben
Kern_unten
Mantel_unten
Bild 5.20 : Modell für einen Rohrfertiger mit stehendem Kern
79
Das Modell wurde in einem Mehrkörperdynamik-Programmsystem aufgebaut. Es besteht
aus den in den Tabellen 5.3 bis 5.5 aufgeführten Elementen (siehe auch Bild 5.20 bis 5.22).
Tabelle 5.3.: Starrkörper des Modells
Körper Beschreibung Name imModell
Anzahl der Freiheitsgrade
Kern Starrkörper PART_1 6Mantel Starrkörper PART_2 6
Unwuchtwelle Welle mit 3 Unwuchten PART_3 1 Drehfreiheitsgradgegenüber dem Kern
Füllhöhe Kern Hilfskörper zur Beschreibungder Füllhöhe
PART_4 0 (Linearführung zum Kernund feste Wegvorgabe)
Füllhöhe Mantel Hilfskörper zur Beschreibungder Füllhöhe
PART_5 0 (Linearführung zum Mantelund feste Wegvorgabe)
Tabelle 5.4 : Gelenke im Modell
Gelenk Beschreibung Name im ModellWellenlager Drehgelenk der Unwuchtwelle im Kern JOINT_1
Linearführung Führung des Füllhöhenhilfskörpers am Kern JOINT_2Linearführung Führung des Füllhöhenhilfskörpers am Mantel JOINT_3
Tabelle 5.5 : Kräfte und Momente im Modell
Kraft/Moment Beschreibung Name im ModellAntriebsmoment Antriebsmoment am unteren Ende der
Unwuchtwelle mit linearer MotorkennlinieTorque_1
Kernfedern 3D-Federelemente für die Kernlagerung BUSHING_1..4Mantelfedern 3D-Federelemente für die Mantellagerung BUSHING_5..8Betonfedern 3D-Satz von Kräften und Momenten für die
Eigenschaften von Höhenschichten des BetonsGFORCE_1..10
Bild 5.21 : Ansicht des Modells von unten Bild 5.22. : Teilausschnitt des Modells mit
den zentral angeordneten Betonfedern
80
Das Modell ist parametrisch aufgebaut. In Abhängigkeit der Vorgabe einer
Steiggeschwindigkeit für die Füllhöhen-Hilfskörper werden die Kräfte der Betonschichten
zugeschaltet. Dabei sollte die Änderung der Füllhöhe, wie an den Maschinen auch, langsam
geschehen. Damit entsteht ein Schwingungssystem, dessen Parameter sich langsam
ändern.
5.4.2 Beispielrechnung
Die Beispielrechnung zeigt eine Verdichtungseinrichtung bei der Fertigung eines
Betonrohres DN 400 , Länge 2500 mm, Wandstärke 45 mm. Die Betonhöhenschichten sind
250 mm hoch. Die Eigenschaften der Höhenschichten können aus experimentellen
Untersuchungen am Rohrversuchsstand direkt ermittelt werden.
Die Steiggeschwindigkeit beträgt 0,5 m/s, welches schneller als am realen Fertiger ist,
jedoch trotzdem eine gleitende Veränderung quasistationärer Schwingungszustände zuläßt.
Die Erregerfrequenz beträgt 50 Hz.
Die Bilder 5.23 bis 5.25 zeigen die Beschleunigungen an oberen und unteren Punkten von
Kern und Mantel (siehe Bild 5.20).
0.0
2.5
h in m
Bild 5.23 : Horizontale Beschleunigungen am Kern
h Füllhöhe des Betons
81
Bild 5.24 : Horizontale Beschleunigungen am Mantel
Bild 5.25 : Teilausschnitt aus den Zeitverläufen der Beschleunigungen
Von großem Interesse sind insbesondere die Beschleunigungen an Kern und Mantel in der
Höhe, in der gerade neues Betongemenge eingebracht und verdichtet wird. Die horizontalen
Beschleunigungen können dazu von den Hilfskörpern PART_4 für den Kern und PART_5 für
den Mantel abgenommen werden (Bild 5.26).
82
Bild 5.26 : Horizontale Beschleunigungen an Kern und Mantel jeweils in der Höhe der
Betonfüllung
Part_4 Kern in Höhe der Betonfüllung
Part_5 Mantel in Höhe der Betonfüllung
Aus den Berechnungen des Modells sind folgende Erkenntnisse zu ziehen:
Die Schwingungsverhältnisse an einem Rohrfertiger ändern sich über den Fertigungsverlauf.
Dadurch wird nicht jede Höhenschicht des Rohres mit den gleichen Schwingungsgrößen
verdichtet. Die Verdichtungseinrichtung kann bei einer Festeinstellung der Maschinen-
parameter nur ein Kompromiß für den ganzen Fertigungsprozeß sein. Vorteilhafter für eine
effektive und qualitätsgerechte Formgebung und Verdichtung ist jedoch eine sich während
des Fertigungsprozesses an den momentanen Erfordernissen orientierende Veränderung
der Parameter über die Prozeßzeit.
83
5.5 Finite-Elemente-Modelle
Die Annahme, daß Kern und Mantel von Rohrfertigern starre Körper sind, ist nicht immer
gerechtfertigt bzw. es muß überprüft werden, ob Kern und Mantel als Starrkörper angesehen
werden können. Dazu bietet sich die Anwendung der Finite-Elemente-Methode an. Die
folgenden Bilder zeigen Anwendungsbeispiele, die vom Verfasser bearbeitet wurden.
Im Bild 5.27 ist der Kern eines Rohrfertigers mit stehendem Kern inklusive des Rüttlerbaums
zu sehen. Ein einfaches Modell für die Verdichtungseinrichtung eines Rohrfertigers mit
steigendem Kern ist im Bild 5.28 dargestellt. In diesem Modell ist insbesondere die
charakteristische Biegeform des Kerns von Interesse, auf die im Abschnitt 6.2 noch näher
eingegangen wird. In derartigen Modellen für das Gesamtsystem einer Verdichtungs-
einrichtung kann das Betongemenge durch eine Volumenelementschicht modelliert werden.
Bild 5.27: Momentaufnahme der
Schwingbewegung eines
Kerns mit stark übertriebenen
Verformungen
Bild 5.28 : Momentaufnahme der
Schwingbewegung eines
einfachen Modells für einen
Rohrfertiger mit steigendem
Kern
84
Mit der Finite-Elemente-Methode ist auch die Bildung von Modellen mit Betongemenge-
abschnitten möglich. Bild 5.29 zeigt ein ebenes Modell einer Höhenschicht eines Betonrohrs.
Das Modell wurde zur Untersuchung der Verteilung von Beschleunigungen und Spannungen
innerhalb des Betongemenges gebildet. Der Modellbildung liegt der Rohrversuchsstand
(siehe Bild 4.3) zu Grunde. Die Modellparameter entsprechen denen der diskreten
Modellierung des Rohrversuchsstandes im Abschnitt 5.3.1 .
Mantelfeder
Mantel
Beton-gemenge
Kern
Kernfeder
Bild 5.29 : Finite-Elemente-Modell einer Höhenschicht eines Betonrohrs mit farblicher
Kennzeichnung der Elementgruppen
Dem Betongemenge wurden entprechend dem Voigt-Kelvin-Körper elastische und
dämpfende Eigenschaften zugewiesen, wobei für die Berechnung der erzwungenen
Schwingungen modale Dämpfungen verwandt wurden.
85
In Tabelle 5.6 werden die Eigenfrequenzen und Eigenformen des Modells aufgeführt. Im
untersuchten Erregerfrequenzbereich können Kern und Mantel als starre Körper betrachtet
werden. Zwei für die erzwungenen Schwingungen wichtige Eigenformen sind in den Bildern
5.30 und 5.31 dargestellt.
Tabelle 5.6 : Untere Eigenfrequenzen und Eigenformen des Modells nach Bild 5.29
Nr.
Eigen-
frequenz
in Hz
Beschreibung der Eigenform
1 15,1 Gleichphasige Translationsschwingung von Kern und Mantel
in x-Richtung (Bild 5.30)
2 15,1 Gleichphasige Translationsschwingung von Kern und Mantel
in y-Richtung
3 16,2 Gleichphasige Drehschwingung von Kern und Mantel um die z-Achse
4 33,1 Gegenphasige Drehschwingung von Kern und Mantel um die z-Achse
5 45,6 Gegenphasige Translationsschwingung von Kern und Mantel
in x-Richtung (Bild 5.31)
6 45,6 Gegenphasige Translationsschwingung von Kern und Mantel
in y-Richtung
7 140,1 Verformungsschwingungen innerhalb des Betongemenges
8 140,1 Verformungsschwingungen innerhalb des Betongemenges
9 140,8 Verformungsschwingungen innerhalb des Betongemenges
Bild 5.30 : Eigenform bei der 1. Eigen-
frequenz von 15 ,1 Hz
Bild 5.31 : Eigenform bei der 5. Eigen-
frequenz von 45,6 Hz
86
Bild 5.32 zeigt die Schwingwegamplituden an Kern und Mantel bei der stationären
erzwungenen Schwingung infolge der Unwuchterregung am Kern. Die Punkte im Diagramm
des Bildes 5.32 stellen jeweils Ergebnisse zu einem Frequenzschritt dar, die vom Finite-
Elemente-Programmsystem durch modale Entkopplung berechnet wurden.
in mMK x;x
Bild 5.32 : Schwingwegamplituden von Kern und Mantel in Abhängigkeit der Erregerfrequenz
Bei 15 Hz ist die Resonanz mit der 1. Eigenfrequenz des Systems, deren Eigenform die
gleichphasige Schwingung von Kern und Mantel in den elastischen Lagern beinhaltet, zu
sehen. Bei 45 Hz liegt die 5. Eigenfrequenz, zu der die Eigenform einer gegenphasigen
Schwingung von Kern und Mantel gehört. Bild 5.32 ist mit dem Bild 5.16 des diskreten
Modells vergleichbar.
Die Bilder 5.33 bis 5.36 sind Ergebnisse von Zeitschrittanalysen. Es werden für zwei
unterschiedliche Erregerfrequenzen jeweils zu einem Zeitpunkt auftretende Normal-
spannungsverteilungen und Beschleunigungsverteilungen im Gemenge gegenübergestellt.
Bei einer Erregerfrequenz von 30 Hz entsteht eine gleichphasige Bewegung von Kern und
Mantel. Über den gesamten Betonquerschnitt liegen Beschleunigungen vergleichbarer
Größe vor (Bild 5.35). Die Relativbewegungen zwischen Kern und Mantel sind gering. Die
dynamischen Spannungen (Bild 5.33) sind kleiner als bei der gegenphasigen Bewegung bei
der Erregerfrequenz von 80 Hz (Bild 5.34). Hier sind stärkere Relativbewegungen
vorhanden. Im Betonquerschnitt ist jedoch eine Zone mit geringeren Beschleunigungen zu
sehen (Bild 5.36).
87
Bild 5.33 : Normalspannung in N/m2
bei einer Erregerfrequenz
von 30 Hz
Bild 5.35 : Beschleunigung in m/s2
bei einer Erregerfrequenz
von 30 Hz
Bild 5.34 : Normalspannung in N/m2
bei einer Erregerfrequenz
von 80 Hz
Bild 5.36 : Beschleunigung in m/s2
bei einer Erregerfrequenz
von 80 Hz
Die Ergebnisse der Modellberechnungen zeigen, welche Unterschiede in den
Beschleunigungsgrößenverteilungen und den Spannungsverteilungen innerhalb des
Betongemenges in Abhängigkeit der Abstimmung des Schwingungssystems auftreten. Die
experimentellen Untersuchungen (siehe Abschnitt 4.3) haben bessere Verdichtungs-
ergebnisse bei einer phasenverschobenen Bewegung von Kern und Mantel ergeben.
88
6 Auslegung der Verdichtungseinrichtung und Ansätze zurVerfahrensverbesserung
6.1 Typische Mängel an Rohren und ihre Ursache
6.1.1 Verdichtungsgrad
Ein allgemeiner Verdichtungsmangel liegt vor, wenn die Druckfestigkeit der aus
hergestellten Rohren entnommenen Proben, unter Beachtung der betontechnologischen
Richtlinien zum Gestalteinfluß von Probekörpern, deutlich unter den Druckfestigkeiten der
labortechnisch aus dem gleichen Betongemenge hergestellten Probewürfel liegt.
Die Erklärung dafür ist plausibel, wenn vom Zusammenwirken stofflicher, prozeßtechnischer
und maschinentechnischer Aspekte auf die Betonqualität ausgegangen wird. Die
Probewürfel werden im allgemeinen auf Laborrütteltischen mit anderen Erregerfrequenzen,
anderen Beschleunigungsgrößen, anderen Verdichtungszeiten und Randbedingungen
mitunter auch durch stoßartige Einwirkungen infolge des „Klapperns“ der Würfelform auf
dem Rütteltisch hergestellt. Die mit diesen Probewürfeln ermittelten Betonfestigkeiten
können bei der Herstellung von Rohren in der Praxis nur dann erreicht werden, wenn hierbei
eine gleich hohe Verdichtung des Betongemenges realisiert wird.
Unter dem Verdichtungsgrad Vk wird das prozentuale Verhältnis der durch den
Verdichtungsprozeß erreichten Rohdichte des Frischbetons fr zur theoretisch nach
betontechnologischer Stoffraumrechnung möglichen Frischbetonrohdichte 0fr verstanden:
%100k0fr
frV
. (6.1)
Es ist eine eindeutige Korrelation zwischen der Druckfestigkeit des Festbetons und dem Ver-
dichtungsgrad bekannt, wobei mit sinkendem Verdichtungsgrad die Druckfestigkeit abnimmt.
Im Bild 6.1 ist ein Bohrkern aus einem Großrohr abgebildet. Die Verdichtung des Betons ist
offensichtlich unzureichend gewesen, weshalb nach Verbesserungsmöglichkeiten bei der
Formgebung und Verdichtung gesucht wurde. Die Druckfestigkeit betrug nur 20 N/mm2. Die
Druckfestigkeit eines aus dem gleichen Betongemenge hergestellten Probekörpers lag bei
50 N/mm2. Im Bild 6.2 ist ein Bohrkern aus einem Rohr zu sehen, das nach den Vorgaben
des Verfassers hinsichtlich der maschinentechnischen Einstellungen und damit der
Einwirkungsgrößen auf den Beton gefertigt wurde. Es wurde durch eine Veränderung der
Beschleunigungsamplituden und der Verdichtungszeit eine deutlich verbesserte
Verdichtungsqualität erreicht.
89
Bild 6.1 : Bohrkern aus einem Großrohr im Ausgangszustand
Bild 6.2 : Bohrkern nach Veränderung der Einwirkungsgrößen
90
6.1.2 Lokale Verdichtungsmängel
Ein Herstellungsproblem ist das Auftreten lokaler Verdichtungsmängel an Rohren (Bild 6.3).
Typische Fehlerbilder sind z.B. Mängel an der Vorder- und Hinterseite des Rohrs oder
schlecht verdichtete Höhenabschnitte (Bild 6.4).
Bild 6.3 : Lokaler Verdichtungsmangel
Diese Mängel sind auf ungleichmäßige Schwingungseinwirkungen zurückzuführen. Es ist
eine wesentliche Forderung an die Verdichtungstechnik, daß die Schwingungen nicht nur in
ausreichender Größe und geeigneter Frequenz, sondern auch in gleichmäßiger Verteilung in
den Beton eingeleitet werden. Bei der Rohrherstellung ist dies noch im Bezug zum
Rohrwachstum während des Fertigungsprozesses zu sehen.
91
a) b) c) d)
Bild 6.4 : Schematische Darstellung verschiedener lokaler Verdichtungsmängel
a) schlecht verdichtete Höhenschicht , b) mangelhafte Stelle, c) Verdichtungs-
mängel an der Muffe, d) Verdichtungsunterschiede über den Rohrumfang
Es sind verschiedene Ursachengruppen bei den lokalen Verdichtungsmängeln zu benennen.
Verdichtungsunterschiede über den Rohrumfang können mit Verteilungsunterschieden
der Bewegungsgrößen über den Umfang in Verbindung gebracht werden. Diese entstehen
durch richtungsabhängige Unterschiede in der Erregerkrafteinleitung, Kern- und
Mantellagerung oder Bauteilgestaltung. Ein typisches Beispiel sind Schildkerne von
Schachtringfertigern. Hier kann es vorkommen, daß das Schild, welches zum Einbinden der
Steigeisen benutzt wird, schwingungstechnisch ein deutlich anderes Verhalten als der Kern
aufweist. Zudem schwächt der Schildausschnitt die Steifigkeit der Kernkonstruktion, so daß
auch hier Beschleunigungsunterschiede über den Umfang entstehen können.
Verteilungsunterschiede über den Umfang des Mantels entstehen z.B., wenn eine
Biegeeigenform des Mantels in Erregerfrequenznähe liegt. Diese Gefahr tritt gestaltbedingt
bei Mänteln größerem Durchmessers oder bei Mänteln mit geringer Umfangsverrippung auf.
Kleinere Stellen mit einer Über- oder Unterverdichtung können u.a. mit beulenförmigen
Eigenschwingungen der Oberflächenbleche von Kern oder Mantel in Verbindung gebracht
werden. Auch lokale Störungen wie Transportankerhalterungen tragen zu diesem Mängelbild
bei.
Schlecht verdichtete Höhenschichten, wie z.B. Porenanhäufungen in ca. 2/3 der
Rohrhöhe, sind mit den Kippbewegungen von Kern und Mantel in Verbindung zu bringen.
Schon die Beispielrechnung im Abschnitt 5.4 hat gezeigt, daß nicht jede Höhenschicht des
Rohres die gleiche Schwingungseinwirkung erfährt. Bei den derzeit gebräuchlichen
Abstimmungen des Schwingungssystems können insbesondere in ca. 2/3 der Rohrhöhe
92
geringere Einwirkungen entstehen. Im Bild 6.5 sind die Ergebnisse meßtechnischer
Untersuchungen an einem Großrohrfertiger dargestellt. Die sich über den Fertigungsprozeß
ändernden Kippschwingungen sind deutlich zu erkennen.
t=0
t=0
t=5
t=5t=5
t=10
t=10t=10
t=15
t=15t=15
-500
0
500
1000
1500
2000
2500
3000
0,00 5,00 10,00 15,00 20,00 25,00 30,00 35,00 40,00
Beschleunigungsamplituden in m/s2 - Parameter t in min
z in
mm
Unterring t=0 min
Mantel t=0 min
Kern t=0 min
Unterring t=5 min
Mantel t=5 min
Kern t=5 min
Unterring t=10 min
Mantel t=10 min
Kern t=10 min
Unterring t=15 min
Mantel t=15 min
Kern t=15 min
t=0
Bild 6.5 : Vertikale Verteilung der Beschleunigungsamplituden an Kern und Mantel in
Abhängigkeit von der Fertigungszeit eines Großrohrs
6.1.3 Muffenverdichtung
Ein besonderes Problem stellt die Verdichtung im Muffenbereich dar, aber gerade hier ist
eine gute Verdichtungsqualität im Hinblick auf die Dichtheit der Rohrverbindung zu fordern.
Im Bild 6.6 ist ein Schnitt durch das vibrationserregte Betongemenge im Muffenbereich mit
der farblichen Absetzung der Beschleunigungsverteilung zu sehen. Die vom Kern
eingetragenen Schwingungen reichen nur ungenügend in den Muffenschenkel hinein. An
der Unterringfläche bleibt Beton liegen, der kaum eine Schwingbewegung erfährt. Hier
werden nach der Entschalung des Unterrings Luftporen zu finden sein. Geringe
Beschleunigungen zeigen also die Problemzonen bei der Verdichtung im Muffenbereich.
Die Beschleunigungsverteilung wird von den Betongemengeeigenschaften und den
Randbedingungen an Kern, Unterring und Mantel sowie der Erregerfrequenz bestimmt und
ist damit auch durch diese beeinflußbar.
93
Bild 6.6 : Beschleunigungsverteilung im Muffenbereich, Farbdarstellung: Amplituden der
Beschleunigung in horizontaler Richtung xa in ms-2
6.1.4 Bewehrungsschatten
Bei Stahlbetonrohren ist die Bewehrungseinbettung ein wichtiges Thema, welches die
statische Sicherheit und hydraulische Funktionsfähigkeit der Rohre beeinflußt. Ein Fehlerbild
ist das mögliche Auftreten von Bewehrungsschatten unterhalb der Ringbewehrung (Bild 6.7).
Bild 6.7 : Schnitt durch ein Stahlbetonrohr mit Bewehrungsschatten
94
Bekannte Erklärungen dafür sind:
das Nachsinken des Betons durch Erschütterungen während des Transportes der
frischentschalten Rohre bzw. das Setzen des Betons durch mangelnde
Grünstandfestigkeit;
die Verspannung des Bewehrungskorbes während der Fertigung, z. B. durch die
Spitzendformung bei zu geringer Betondeckung im Spitzendbereich, was als trivialer
Fehler bezeichnet werden kann;
das Nachsinken von nicht ausreichend verdichtetem Beton während des
Fertigungsprozesses insbesondere an Vibrationsmaschinen, bei denen auch
tiefergelegene Betonschichten noch einer Vibrationseinwirkung ausgesetzt sind. Das ist
leicht zu vermeiden, indem die aktuell entstehende Betonschicht schon eine
ausreichende Verdichtung erfährt.
Es treten auch weitere Formen von Mängeln bei der Bewehrungseinbettung auf, deren
Erklärung bisher nur unvollkommen ist und allgemein auf Relativbewegungen zwischen
Beton und Bewehrung sowie auf Verdichtungsmängel zurückgeführt werden.
Die Bewehrungskorbverdrehung stellt ein weiteres Problem dar. Bei der Schwingung von
Kern und Mantel bewegen sich alle Punkte des Kerns und des Mantels auf kleinen
Kreisbahnen. Dadurch können im Betongemenge Transportprozesse entstehen, bei denen
das Betongemenge sich langsam um den Kern dreht. Diese Gemengebewegung führt zu
einer Torsionsverformung der Bewehrungskörbe. Nach der Frischentschalung versucht der
verformte Korb im frischen Beton wieder seine Ausgangsform einzunehmen, womit auch
Bewehrungsschatten entstehen können.
95
6.2 Auslegung der Verdichtungseinrichtung
6.2.1 Anforderungen an Rohrfertiger aus technologischer Sicht
Die Grundaufgabe der Verdichtungseinrichtung von Rohrfertigern ist die Bereitstellung
solcher Einwirkungen, die zu einer qualitätsgerechten Herstellung der Rohre führen. Die
Zielstellung für die Auslegung der Verdichtungseinrichtung ist daher die Realisierung der
benötigten Bewegungsgrößen.
Zunächst gilt die Aussage, daß die Schwingungen in geeigneter Größe, Frequenz und
Verteilung in den Beton eingeleitet sowie im Beton übertragen werden müssen. Aus
Abschnitt 4.3. wird deutlich, daß für jede Höhenschicht des Rohrs eine entsprechende
Größe der Beschleunigungen in einer geeigneten Frequenz notwendig ist. Weiterhin ist ein
Auflastdruck und eine Phasenverschiebung der Bewegung von Kern und Mantel von Vorteil.
Die Frage der Phasenbeziehung von Kern- und Mantelbewegung und der damit
verbundenen Verteilungen von Spannungen und Beschleunigungen innerhalb des
Betongemenges ist in dem Modell nach Bild 5.28 im Abschnitt 5.5 behandelt worden.
Die Verdichtungsversuche zeigen Vorteile der gegenphasigen Bewegung von Kern und
Mantel. Bei großen Wandstärken können durch den „Nulldurchgang“ der Bewegungsgrößen
im Gemenge bei der gegenphasigen Bewegung jedoch auch Probleme entstehen.
Anhand der Untersuchung des räumlichen Modells eines Rohrfertigers mit einer sich
langsam verändernden Füllhöhe des Betons im Abschnitt 5.4 und auch anhand der
Meßergebnisse im Bild 6.5 ist deutlich zu erkennen, daß sich die Schwingungsverhältnisse
an der Verdichtungseinrichtung über den Fertigungsverlauf ändern. In den folgenden
Abschnitten 6.2.2 und 6.2.3 werden Schwingformen der erzwungenen Schwingung aus der
Sicht der technologischen Anforderungen für die Formgebung und Verdichtung empfohlen.
Da die empfohlenen Änderungen der Schwingformen über den Fertigungsprozeß im
allgemeinen nicht mit den sich einstellenden Änderungen der Schwingformen bei konstanten
maschinentechnischen Einstellungen übereinstimmen, folgt daraus eine weitere Anforderung
an die Rohrfertiger : Die Bewegungsverhältnisse an der Verdichtungseinrichtung sollen
während des Fertigungsverlaufs beeinflußt werden können. Möglichkeiten der Beeinflussung
der Verdichtungseinrichtung werden im Abschnitt 6.3 behandelt.
96
6.2.2 Schwingformen für Rohrfertiger mit stehendem Kern
Im Bild 6.8 wird eine günstige Beschleunigungsgrößenverteilung an einem Rohrfertiger mit
stehendem Kern für die verschiedenen Fertigungsphasen dargestellt. An der jeweils zu
verdichtenden Höhenschicht liegen am Kern Beschleunigungsamplituden von mindestens
6 g an. Der Mantel schwingt etwas geringer und es gibt Relativbewegungen zwischen Kern
und Mantel. An schon verdichteten Höhenschichten nehmen die Einwirkungen langsam ab.
Füllhöhe h = 0,5 m
0
0,5
1
1,5
2
2,5
3
3,5
0 2 4 6 8 10
z in
m
ga
Füllhöhe h = 1,5 m
0
0,5
1
1,5
2
2,5
3
3,5
0 2 4 6 8 10
z in
m
ga
Füllhöhe h = 3,0 m
0
0,5
1
1,5
2
2,5
3
3,5
0 2 4 6 8 10
z in
m
Mantel
Kern
ga
Bild 6.8 : Empfohlene Schwingformen der erzwungenen Schwingung für einen
Rohrfertiger mit stehendem Kern
97
6.2.3 Schwingformen für Rohrfertiger mit steigendem Kern
Steigende Kerne geringerer Nennweiten weisen eine typische Biegeform bei der
erzwungenen Schwingung auf, bei der im Idealfall die Beschleunigungen am Kernkopf am
größten sind und nach unten hin kontinuierlich abnehmen. Biegeknoten sind dabei zu
vermeiden. Im Bild 6.9 wird eine günstige Bewegungsgrößenverteilung für die
verschiedenen Fertigungsphasen dargestellt. Am Kernkopf ist eine Beschleunigung von ca.
20 g vorhanden. Die Beschleunigungen am Mantel sind geringer, haben jedoch in der
verdichtungsintensiven Zone auch eine Mindestgröße von ca. 5 g.
Bild 6.9 : Empfohlene Schwingformen der erzwungenen Schwingung für einen
Rohrfertiger mit steigendem Kern
Füllhöhe h = 0,5 m
-3
-2
-1
0
1
2
3
4
0 10 20 30
a/g
z in
m
Füllhöhe h = 1,5 m
-3
-2
-1
0
1
2
3
4
0 10 20 30
a/g
z in
m
Füllhöhe h = 3,0 m
-3
-2
-1
0
1
2
3
4
0 10 20 30
a/g
z in
m
MantelKern
ga
ga
ga
98
6.2.4 Vorgehen bei der AuslegungAuf der Grundlage der formulierten Ziele wird das prinzipielle Vorgehen bei der
schwingungstechnischen Auslegung einer konkreten Verdichtungseinrichtung wie folgt
vorgeschlagen :
Konstruktive Gestaltung der ArbeitsmassenKern und Mantel müssen eine funktionsgerechte Steifigkeit (Verformungseigenfrequenzen)
und Festigkeit (Spannungen) haben. Dabei sollte nicht mehr Masse als nötig in Bewegung
zu versetzen sein.
Kerne größeren Durchmessers mit entsprechenden Platten in den Spannebenen des
Vibrators sind hinsichtlich ihrer Verformungseigenfrequenzen so auslegbar, daß sie als
Starrkörper angesehen werden können. Die aus der Maschinendynamik bekannte
Bedingung dafür ist, daß die niedrigste Verformungseigenfrequenz des Körpers bedeutend
größer ist als die größte auftretende Erregerfrequenz [22], wobei ein Frequenzverhältnis von
ferrmax / f1 < 0,3 bei Rohrfertigerkernen zu empfehlen ist. Für nicht angeregte Eigenformen
kann davon auch abgewichen werden, wenn ein ausreichender Abstand zur Resonanz
gewahrt bleibt.
Kerne geringeren Durchmessers sind auf ihre Biegeschwingungseigenschaften auszulegen.
Bei stehenden Kernen unterstützen mehrere Erregerebenen die Gleichmäßigkeit der
Bewegungsgrößenverteilung. Steigende Kerne sind auf die im Abschnitt 6.2.3. dargestellte,
gewünschte Biegeform auszulegen. Ein Finite-Elemente-Modell ist dabei sehr hilfreich.
Interessante Details dabei sind u.a. die Berücksichtigung von zusätzlichen Massen am
Kernkopf (Verteilerköpfe mit Antrieb) und der Ort der Erregerkrafteinleitung am Kernkopf.
Die Mantelkonstruktion ist hinsichtlich ihrer Verformungseigenfrequenzen kritischer. Große
Mäntel können nicht mit vertretbarem Aufwand als Starrkörper ausgelegt werden. Aber
schädliche Eigenformen (lokale Beulen) können mit entsprechenden Maßnahmen
(Versteifungsringe) aus dem Erregerfrequenzbereich herausgehalten werden.
Abstimmung des SchwingungssystemsBei der Abstimmung des Schwingungssystems, unter der hier die Auslegung der
Starrkörpereigenfrequenzen des Systems aus Kern, Beton und Mantel verstanden wird, sind
zwei Strategien denkbar:
Tiefe Abstimmung
Mit einer tiefen Abstimmung des Verdichtungssystems gegenüber der
Umgebung wird eine günstige Schwingungsisolierung und geringe Beeinflussung
der Bewegungsgrößen durch die Federebenen erreicht. Die tiefe Abstimmung ist
99
die schwingungstechnisch unempfindlichere, problemlose Lösung der
Abstimmung.
Die Eigenfrequenzen von Kern und Mantel zueinander werden hauptsächlich von
den Betoneigenschaften bestimmt. Eine Beeinflussung ist nur mit der Größe der
Massen von Kern und Mantel möglich.
Abstimmung auf Bewegungsverhalten
Mit einer Abstimmung auf das Bewegungsverhalten kann z. B. gezielt die
Mantelbewegung vergrößert und dessen Kippbewegung beeinflußt werden.
Diese elegante und sich positiv auf die Verdichtungsqualität auswirkende
Maßnahme ist jedoch mit einigen Problemstellungen behaftet. Die Abstimmung
arbeitet nur in einem eng begrenzten Parameterbereich wie vorgesehen.
Größere Parameterschwankungen (z. B. Betoneigenschaften) wirken sich
ungünstig aus und führen dann zu Verdichtungsmängeln. Eine optimale
Abstimmung für alle Phasen des Rohrwachstums ist nicht als starre
Voreinstellung möglich. Am besten werden Frequenz und Unwuchtstellung
mitgeführt.
Verhalten bei erzwungenen SchwingungenDie Erregerparameter sind so auszulegen, daß die aus betontechnologischer Sicht
günstigen Bewegungsgrößen sicher erreicht werden können. Das Verhalten der
Verdichtungseinrichtung kann mit den im Abschnitt 5 dargestellten Modellen simuliert
werden. Ein Vergleich mit den Zielvorgaben bestätigt die Auslegung oder zeigt noch
Schwachstellen auf.
Wichtig ist der Hinweis auf einen „robusten Arbeitsbereich“. Unter einem robusten
Arbeitsbereich ist zu verstehen, daß aus kleinen Änderungen der Parameter auch nur kleine
Veränderungen der Bewegungsgrößen resultieren. Damit ist der Rohrfertiger weniger
anfällig gegen nie vollständig zu vermeidende Schwankungen der Einflußgrößen.
BeanspruchungsanalyseZur Sicherung der Zuverlässigkeit und Lebensdauer der Verdichtungseinrichtung kann auf
Grundlage der bekannten Belastungen eine Beanspruchungsanalyse erfolgen. Für die
Arbeitsmassen bietet sich eine FEM-Spannungsanalyse an. Aber auch Federelemente,
Antriebssystem, Tragsystem und weitere Komponenten sind zu betrachten. Auf die
beanspruchungsgerechte Auslegung der Komponenten wird in dieser Arbeit nicht näher
eingegangen, da es nicht unmittelbares Thema der Arbeit ist. Die Grundlagen der
schwingungstechnischen Auslegung von Rohrfertigern stellen jedoch eine wichtige
Voraussetzung für eine beanspruchungsgerechte Konstruktion dar.
100
6.3 Ansätze zur Weiterentwicklung der Verdichtungseinrichtung
6.3.1 Automatisierungstechnisches Konzept
Bei der Formgebung und Verdichtung von Betonrohren ist die Realisierung der zur
Verdichtung benötigten Einwirkungen auf das Betongemenge maßgeblich für die Qualität
der gefertigten Rohre verantwortlich. Bisher wird jedoch die Bedeutung der Einflußgrößen
der Einwirkung bei der Sicherung der Qualität der Rohrproduktion nicht ausreichend
berücksichtigt. Oftmals sind den Maschinenbetreibern die Einwirkungswerte bei ihrer
Produktion nicht bekannt. Eine Überwachung der Werte ist die Ausnahme. Es ist also eine
entsprechende Sensorik an den Verdichtungseinrichtungen notwendig, damit die
Einwirkungswerte fortlaufend kontrolliert werden können. Die Sensorik kann im einfachsten
Fall aus je zwei robusten Beschleunigungssensoren am oberen und unteren Ende von Kern
und Mantel bestehen.
Sind die Bewegungsgrößen bekannt, ist im nächsten Schritt eine Rückkopplung auf die
Verdichtungseinrichtung zweckmäßig. Eine Regelung überprüft Ist- und Sollwerte der
Einwirkung und stellt diese nach. Dabei kann auch den sich verändernden Verhältnissen
über den Verdichtungsprozeß Rechnung getragen werden. Zu dieser Regelung sind
Informationen über die Systemzusammenhänge notwendig. Einen Beitrag zur Erforschung
der Systemzusammenhänge an Rohrfertigern leistet diese Arbeit.
Ein Regelung der Verdichtungseinrichtung setzt weiterhin die Möglichkeit der Beeinflussung
der Bewegungsverhältnisse an der Verdichtungseinrichtung voraus. Auf diesen Punkt wird in
den Abschnitten 6.3.2. und 6.3.3 eingegangen.
Die Festbetoneigenschaften korrelieren mit den durch die Verdichtung erreichten
Rohdichten des Betongemenges. Ziel der Verdichtung ist die Erreichung gewünschter
Rohdichten. Eine direkte Ermittlung der Rohdichte von Gemengen im Prozeß ist bisher
nicht möglich. Für Rohrfertiger, an denen hauptsächlich die Verdichtung neuer
Höhenschichten zum Rohrwachstum führt, kann idealisiert geschrieben werden:
)h(A
1)h(h)h(m)h(
(6.2)
mit )h( Dichte, bezogen auf die Rohrhöhe
h momentane Rohrhöhe h = h(t)
m Massenstrom des eingefüllten Gemenges
h Geschwindigkeit des Rohrwachstums
A Querschnitt des Rohres .
101
Zur Anwendung des Zusammenhangs müssen der Massenstrom und der Füllstand bestimmt
werden. Die Rohdichteunterschiede zwischen unzureichend und zureichend verdichtetem
Gemenge sind jedoch nicht groß. Es muß also recht genau gemessen werden. Weiterhin
darf die Abtastrate nur so klein sein, wie der Prozeß als kontinuierlich anzusehen ist.
Eventuell ist eine Korrekturwichtung tiefer gelegener Schichten notwendig. Mit der
Hochrechnung der Rohdichteentwicklung können die Einwirkungswerte und die
Gemengezufuhr geregelt werden.
Wird der gesamte Formgebungs- und Verdichtungsprozeß betrachtet, so gibt es
Eingangsgrößen wie das Betongemenge und Ergebnisgrößen wie die Eigenschaften der
gefertigten Rohre. Eine Prozeßdatenerfassung, -überwachung und -regelung umfaßt den
Herstellungsprozeß noch komplexer. Hier sind Aufgaben wie die Überprüfung der
Verarbeitbarkeit des Gemenges vor der Verdichtung oder der Bestimmung von Rohdichte
und Grünstandsfestigkeit am frischen Rohr zu lösen.
Bild 6.10 stellt einige für automatisierungstechnische Konzepte interessante
Zusammenhänge schematisch dar.
Formgebung und Verdichtung
Verdichtungs-einrichtung
Soll-Werte der Einwirkung
Rohdichte-entwicklung
Gemenge-zufuhr
Maschinen-technischeEinflußgrößen
Massenstrom Füllstand
Ist-Werte der Einwirkung
Eingangsgrößen Betonrohr
Betonrezeptur
Verarbeitbarkeit des Gemenges
Grünstandsfestigkeit
Rohdichte
z.B. z.B.
Bild 6.10 : Schematische Darstellung möglicher automatisierungstechnischer Ansätze
an Rohrfertigern
102
6.3.2 Kreiselkorrekturerreger
Zur Beeinflussung der Bewegungsgrößen am Rohrfertiger ist insbesondere das
Vibrationserregersystem geeignet. Dabei ist die Möglichkeit der Verstellung während des
Betriebs notwendig. Die Veränderung der Erregerkraft durch Drehzahländerung bei gleicher
Unwuchtgröße ist nur ein Anfang. Neuere Entwicklungen erlauben auch die Veränderung
der Unwucht im Betrieb. Dies kann mechanisch durch Veränderung der Winkellage zweier
Unwuchten [45] oder elektronisch durch Phasenlagenfestlegung getrennt angetriebener
Unwuchten [46] oder auch durch hydraulisch veränderte Exzentrizitäten der Unwucht [43]
geschehen.
Die vertikale Beschleunigungsverteilung an einem Kern mit Zentralvibrator ist für den
Formgebungs- und Verdichtungsprozeß von großer Bedeutung. Durch die Veränderung der
Parameter des Schwingungssystems über den Fertigungsprozeß ändern sich auch die
Beschleunigungsverteilungen über der Höhe des Kerns. Um über den gesamten
Fertigungsprozeß die Beschleunigungsverteilung möglichst optimal gestalten zu können ist
eine Beeinflussung der Kernbewegung notwendig.
Die Bewegung des Kerns wird günstigerweise durch die Veränderung der Erregung
beeinflußt. Für die Korrektur der vertikalen Kippbewegungen sind z.B. zwei in ihrer Unwucht
verstellbare Erregerebenen eine, wenn auch aufwendige Lösung (Bild 6.11).
M
M
M
M
M
M
Unwucht
Kern
Hohlwelle
Bild 6.11 :Schematische Darstellung eines
Erregersystems mit zwei
elektronisch verstellbaren
Unwuchtebenen und gestellfesten
Antriebsmotoren
103
In diesem Abschnitt wird ein neuer Ansatz dargestellt, wie die Kippbewegung des Kerns
durch einen zum Erregersystem gehörenden Kreisel beeinflußt werden kann [42].
Im Bild 6.12 ist ein Modell für dieses Erregersystem zu sehen.
Kern oben
Kern unten
Bild 6.12 : Modell des Kreiselkorrekturerregers
Im Kern (blau) befindet sich der Zentralvibrator (grün) mit einer Unwucht und der
Antriebswelle. Mit der Antriebswelle wird auch ein Kreisel (rot) bewegt, dessen Drehachse
senkrecht zur Drehachse der Unwucht steht. Durch die Drehung der Unwuchtwelle wird vom
Kreisel ein Erregermoment erzeugt, daß ebenso umläuft wie die Erregerkraft der Unwucht.
104
Die Größe des Erregermomentes ergibt sich zu
KrUpKr ΩΩJM (6.3)
mit pJ polares Trägheitsmoment des Kreisels
U Winkelgeschwindigkeit der Unwuchtdrehung
Kr Winkelgeschwindigkeit der Kreiseldrehung .
Die Größe des Momentes ist von der Drehzahl des Kreisels abhängig, so daß zur
Beeinflussung der Kippbewegung des Kerns nur die Drehzahl des Kreisels geregelt werden
muß.
Das folgende Beispiel zeigt die Wirkung des Kreiselkorrekturerregers. Dem Beispiel liegen
folgende Daten zu Grunde:
Kern : Zylinder dK = 1,0 m ; lK = 3,0 m ; mK = 1840 kg
Unwuchtrotor: Halbkreisscheibe rR = 0,16 m; lR = 0,05 m; mR = 15,8 kg
Kreisel : Kreisscheibe dKr = 0,34 m ; lKr = 0,05 m ; mKr = 35,6 kg
Unwuchtwelle: s1314U
Der Kern ist unten tiefabgestimmt elastisch gelagert. Dämpfungen im mittleren Kernbereich
simulieren eine Belastung. Ist die Drehzahl des Kreisels Null , stellt sich eine starke
Kippbewegung des Kerns ein. Bild 6.13 zeigt die Beschleunigungen in x-Richtung an einem
unteren und einem oberen Punkt des Kerns (siehe Bild 6.12).
Wird die Drehzahl des Kreisels erhöht, dann nimmt die Kippbewegung des Kerns ab. Bei
s1530Kr ist der Zustand erreichbar, daß sich am Kern unten und oben annähernd
gleiche Beschleunigungen ergeben (Bild 6.14).
Die für die Schwingbewegung unter Last benötigte Energie wird von dem Antriebsmoment
der Unwuchtwelle aufgebracht. Das Antriebsmoment zur Einstellung der Kreiseldrehzahl ist
hingegen sehr gering (Bild 6.14). Das Regelglied benötigt also wenig Energie.
105
Bild 6.13 : Beschleunigungen und Antriebsmoment am Kern mit Kreiselkorrekturerreger
bei s10Kr ; Zeitausschnitt im stationären Zustand
Bild 6.14 : Beschleunigungen und Antriebsmomente am Kern mit Kreiselkorrekturerreger
bei s1530Kr ; Zeitausschnitt im stationären Zustand
106
Das Beispiel verdeutlicht die prinzipielle Wirkung des Kreiselkorrekturerregers. Im realen
Einsatzfall werden schon im Ausgangszustand die Unwuchtkräfte derart eingestellt, daß sich
die gewünschte Bewegungsgrößenverteilung am Kern einstellt. Der Kreiselkorrekturerreger
muß dann nur Abweichungen z.B. über den Fertigungsprozeß korrigieren. Der
Kreiselkorrekturerreger kann an stehenden und steigenden Kernen eingesetzt werden. An
steigenden Kernen kommt eine Beeinflußbarkeit der Biegeverformung hinzu.
Bild 6.15 zeigt ein Ausführungsbeispiel der Anordnung eines Kreiselkorrekturerregers im
Kern eines Rohrfertigers mit stehendem Kern [42]. Im Kern (3) ist der Vibratorbaum (4) mit
den Verspannungen (2) befestigt. Im Vibratorbaum (4) werden die Unwuchten (1) auf der
Unwuchtwelle (8) vom Unwuchtantriebsmotor (10) in Drehung versetzt. Im mittleren Bereich
der Unwuchtwelle (8) ist der Kreiselantriebsmotor (7) auf der Unwuchtwelle befestigt und
dreht sich mit dieser mit. Die Kreiselwelle (6) steht senkrecht zur Unwuchtwelle . Auf der
Kreiselwelle (6) sind die Kreisel (5) angeordnet und werden vom Kreiselantriebsmotor (7) in
Drehung versetzt. Die von den Kreiseln abgegebenen gyroskopischen Momente werden auf
den Kern übertragen und beeinflussen damit die Kippbewegungen des Kerns. Mit der
Zuleitungsöffnung (11) für den Kreiselantrieb wird eine Möglichkeit gezeigt, wie über die
Ausbildung der Unwuchtwelle (8) als Hohlwelle elektrische Energie oder Antriebsfluide zum
Kreiselantrieb bereitgestellt werden können.12
3
4
5
67
8
9
10
11
Bild 6.15 : Kreiselkorrekturerreger
im Kern eines Rohrfertigers mit
stehendem Kern
1 Unwucht
2 Verspannung
3 Kern
4 Vibratorbaum
5 Kreisel
6 Kreiselwelle
7 Kreiselantriebsmotor
8 Unwuchtwelle
9 Kernfeder
10 Unwuchtantriebsmotor
11 Zuleitungsöffnung für
Kreiselantrieb
107
6.3.3 Beeinflussung der Mantelbewegung
Prinzipiell kommen Massen, Federsteifigkeiten oder Erregungen als beeinflußbare
Parameter in Frage. Da am Mantel keine Erregerkräfte angreifen und Massenparameter im
Lauf schlecht beeinflußt werden können, sind insbesondere die Federeigenschaften von
Interesse.
Die Beeinflussung der Schwingbewegung durch regelbare Luftfedern wird vom Verfasser
und anderen in der Offenlegungsschrift [44] für Vibrationsformen dargestellt. Es handelt sich
hierbei um eine spezielle Anordnung von im Luftdruck steuerbaren Luftfederelementen, bei
der die Federsteifigkeit des Federpaketes in nennenswerten Bereichen durch den Luftdruck
verändert wird, ohne daß eine Lageänderung der damit gelagerten Massen verbunden ist.
Ausgangspunkt dieser Erfindung ist die einfache Auflagerung von Vibrationstischen auf
Luftfedern. Der Luftdruck in den Federn wird durch die benötigten Auflagerkräfte bestimmt.
Eine Veränderung des Luftdrucks führt schnell zu Höhenänderungen des Tischs, bevor
nennenswerte Änderungen in der Federsteifigkeit auftreten. Durch die Anordnung in einem
Federpaket werden die statischen Kräfte infolge einer Luftdruckerhöhung kompensiert. Der
Luftdruck kann in einem großen Bereich variiert werden, womit auch die Federsteifigkeit
deutlich geändert werden kann.
Im Bild 6.16 wird schematisch die Anordnung von steuerbaren Luftfedern am Mantel
dargestellt. Mit dieser Anordnung sind die Kippbewegungen des Mantels und
Relativschwingungen vom Mantel zum Kern beeinflußbar. Es wird auch nicht die Möglichkeit
ausgeschlossen, daß in gewissen Grenzen die Phasenlage der Mantelbewegung zur
Kernbewegung beeinflußt werden kann.
Kern
Mantel
Luftfederpaket
Bild 6.16 : Schematische Darstellung der Anordnung von steuerbaren Luftfederpaketen
108
7 Zusammenfassung
Mit der vorliegenden Arbeit werden Grundlagen für die schwingungstechnische Auslegung
von Betonrohrfertigern geschaffen. Den Ausgangspunkt bildet die Untersuchung des
Verdichtungsprozesses in Rohrfertigern und der Einflußgrößen auf die Vibrations-
verdichtung. Durch den Aufbau von Modellen für die Verdichtungseinrichtung von
Rohrfertigern wird es möglich, das schwingungstechnische Verhalten von Rohrfertigern zu
erklären bzw. vorauszusagen. Damit ist eine wissenschaflich begründete Auslegung dieser
Maschinen möglich.
Durch ein System von Einflußgrößenklassen wird ein strukturiertes Herangehen an die
Problemstellungen bei der Formgebung und Verdichtung möglich. Für die Auslegung der
Verdichtungseinrichtung besteht der zur Zeit günstigste Weg darin, geeignete
Einwirkungskennwerte für entsprechende Maschinengruppen zugrunde zu legen. In fernerer
Zukunft kann auch das Wissen über interne Einflußgrößen auf die Verdichtung für die
Auslegung der Verdichtungseinrichtungen anwendbar sein bzw. zu neuen
Verdichtungseinrichtungen führen.
Es ist ein Versuchsstand zur Vibrationsverdichtung einer Höhenschicht eines Betonrohrs
konzipiert, ausgelegt, gebaut und betrieben worden.
Am Versuchsstand werden bei der Erregung mit dem Zentralvibrator im Kern in
Abhängigkeit der Erregerfrequenz und der weiteren maschinentechnischen Einflußgrößen
Bewegungsformen der erzwungenen Schwingung sowohl mit einer gleichgerichteten als
auch mit einer phasenverschobenen Bewegung von Kern und Mantel gemessen.
Für ein typisches Betongemenge erfolgt mit dem Versuchsstand die experimentelle
Bestimmung der elastischen und dämpfenden Eigenschaften des Betongemenges in der
Verdichtungseinrichtung. Diese Kennwerte werden für die späteren Modellberechnungen
benötigt.
Anhand von Verdichtungsversuchen erfolgt die Untersuchung von Einflußgrößen auf die
Verdichtung des Betongemenges. Als maßgebende Einflußgrößen werden die
Beschleunigungsamplituden an Kern und Mantel, die Erregerfrequenz und der Auflastdruck
deutlich. Weiterhin ist eine Phasenverschiebung zwischen den Bewegungen von Kern und
Mantel von Vorteil und es ist eine Korrelation zwischen dem Horizontaldruck und der
erreichten Rohdichte des Gemenges vorhanden. Für das verwandte Betongemenge zeigt
sich, daß eine Beschleunigungsamplitude am Kern von mindestens 60 m/s2 für eine
qualitätsgerechte Verdichtung notwendig ist.
109
Bei der Modellierung und Berechnung von Verdichtungseinrichtungen werden zunächst
Erregersysteme für die Kernvibration diskutiert. Es wird auf Selbstsynchronisationseffekte
von Unwuchterregern eingegangen.
Schon an einfachen ebenen Modellen für die Verdichtungseinrichtung von Rohrfertigern wird
deutlich, daß das horizontale Schwingungsverhalten des Systems aus Kern und Mantel von
dem Einfluß zweier Eigenfrequenzen im Erregerfrequenzbereich geprägt wird. Die zu diesen
Eigenfrequenzen gehörenden Eigenformen beinhalten zum einen eine gleichgerichtete
Schwingung von Kern und Mantel in den elastischen Lagern und zum anderen ein
Gegeneinanderschwingen von Kern und Mantel. Die Berechnungsergebnisse für die
erzwungenen Schwingungen zeigen Übereinstimmungen mit den Meßergebnissen am
Rohrversuchsstand.
Zur Berechnung der Verdichtungseinrichtung von Rohrfertigern werden diskrete Modelle mit
analytischen Lösungen sowie Modelle zur numerischen Simulation auf der Basis der
Mehrkörperdynamik und der Finite-Elemente-Methode gebildet. Wichtige Erkenntnisse aus
den Modellberechnungen sind die Ausbildung der Kippschwingungen von Kern und Mantel
und die Veränderung der Schwingungsverhältnisse während des Fertigungsprozesses.
Als Grundlage zur Verbesserung der Verdichtungseinrichtungen ist eine Analyse der derzeit
auftretenden Mängel von Bedeutung, wobei als Problemgruppen der Verdichtungsgrad,
lokale Verdichtungsmängel, die Muffenausbildung und die Bewehrungseinbettung erkannt
werden.
Für die Auslegung der Verdichtungseinrichtungen werden Empfehlungen für die
Schwingformen der erzwungenen Schwingung an Rohrfertiger mit stehendem Kern und an
Rohrfertiger mit steigendem Kern erarbeitet. Es wird ein Vorschlag zum Vorgehen bei der
schwingungstechnischen Auslegung konkreter Rohrfertiger dargestellt.
Zur Weiterentwicklung der Verdichtungseinrichtungen wird auf der Basis einer
funktionsgerechten Auslegung des mechanischen Systems ein automatisierungstechnisches
Konzept für Rohrfertiger empfohlen. Dazu ist es notwendig, daß das Schwingungsverhalten
der Verdichtungseinrichtung während des Fertigungsprozesses beeinflußt werden kann. Mit
dem vorgeschlagenen Kreiselkorrekturerreger ist es in neuartiger Weise möglich, die
Kippbewegungen des Kerns zu beeinflussen. Der Einsatz steuerbarer Luftfederpakete zielt
auf die Beeinflussung der Mantelbewegung.
Schwingungstechnisch ausgelegte Rohrfertiger werden nicht vollkommen anders aufgebaut
sein, sie können jedoch ihre verfahrenstechnischen Aufgaben besser erfüllen.
110
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