Über 1,5 Millionen Blitze pro Jahr inDeutschland. Das Naturereignis Blitzkann „jeden“ treffen. Durch Blitzeinschlagkönnen elektrische Geräte beschädigtwerden sowie Haus- und Waldbrände entstehen. Zum Schutz können Gebäudemit Blitzableitern und Überspannungs-schutzgeräten versehen werden.
Die VdS-Richtlinien 2010 spiegeln die Erfahrungen und Erkenntnisse der Ver-sicherer sowohl auf dem Gebiet der Blitz-Schadenverhütung als auch auszahlreichen Blitz-Schadensfällen wider.Die Versicherer verzeichnen in den letz-ten Jahren einen ständigen Anstieg derSchäden durch Blitzschlag und Blitz-überspannung. Durch die fortschreitende Entwicklung empfindlicher elektronischerGeräte werden diese Schäden ohne ge-zielte Schutzmaßnahmen weiter steigen.
Die Richtlinien sollen als Hilfsmittel bei derEntscheidung dienen, ob und welcherBlitz- und Überspannungsschutz für Ge-bäude, Gebäudeteile, bauliche und techni-sche Anlagen (Objekte) vorzusehen ist.
Sie enthalten auch Festlegungen für dierisikobezogene Zuordnung von Schutz-maßnahmen sowie deren Ausführung.Sie richten sich daher hauptsächlich anPersonen, die auf dem Gebiet des Blitz-und Überspannungsschutzes tätig sind,wie Mitarbeiter von Fachorganisationen,Architekten, Planer, aber auch an Ver-sicherer, Behördenvertreter, Errichter undBetreiber elektrischer Anlagen.
Warum diese Richtlinien?
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
In den Bauordnungen der Länder und inmitgeltenden gesetzlichen sowie behörd-lichen Vorschriften und Ausführungsricht-linien werden für bestimmte Gebäude zurGewährleistung der öffentlichen Sicher-heit Blitzschutzanlagen gefordert, z. B. für Krankenhäuser und Versammlungs-stätten. Dabei wird von der Behörde lediglich auf die geltende Blitzschutz-norm hingewiesen. Dieser Hinweis auf dieNorm ist aber nicht mehr ausreichend. Esfehlt die Angabe nach der Blitzschutzklas-se, nach der die Blitzschutzmaßnahmenauszuführen sind.
Nun stellt sich die Frage: Welche Blitz-schutzklasse ist dem Risiko angemessen?Hier helfen die nationalen Blitzschutz-Vornormen der Reihe VDE V 0185. NachTeil 2 kann eine Risikoanalyse durch-geführt werden (es wird gerechnet – ggf. unter Zuhilfenahme eines Computer-programms). Mit dieser Risikoanalysewird zuerst die Notwendigkeit des Blitz-schutzes ermittelt und dann werden dietechnisch und wirtschaftlich optimalenSchutzmaßnahmen ausgewählt. Hier wird,entsprechend dem zu schützenden Risiko,eine der vier Blitzschutzklassen bestimmtbzw. errechnet. Blitzschutzanlagen, die in der Schutzklasse I ausgeführt sind, bieten den höchsten, die der SchutzklasseIV den niedrigsten Schutzgrad. Die Um-setzung der Schutzmaßnahmen ist in den eigentlichen Schutznormen (Teil 3 bis 5) ausführlich beschrieben. Für die Ermittlung einer Blitzschutzklasse nachNorm sind detaillierte Risikokenntnisse
22
schadenprisma 1/2004
Risikoorientierter Blitz- undÜberspannungsschutz – VdS 2010
E L E K T R O T E C H N I K
. . . . . . .
Einleitung
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Inhalt 1_2004_5.0_Druck 11.03.2004 16:23 Uhr Seite 22
erforderlich. Für den Planer sind abergroße subjektive Freiräume vorhanden,so dass die jeweilige Interessenlage schnellbestimmend für die auszuführende Blitz-schutzklasse und somit für den damit ver-bundenen Aufwand sein kann. Es mussangenommen werden, dass Blitzschutz-anlagen mit einem hohen Schutzgrad(Blitzschutzklasse) projektiert und damitkostenaufwendige Blitzschutzanlagen an-geboten werden, auch wenn dies nichtdem Risiko angemessen ist. Dadurch besteht die Gefahr geringerer Akzeptanzfür Blitzschutzanlagen. Der Sicherheits-gedanke würde unterlaufen.
Probleme ergeben sich jedoch auch,wenn der Versicherer Blitzschutz ver-langt, z. B. für Hochregallager oder bei explosionsgefährdeten Betriebsstätten.Auch der Versicherer muss dann die Aus-führung der Blitzschutzanlage konkretisie-ren und die Blitzschutzklasse vorgebenbzw. ermitteln.
Für den Überspannungsschutz gelten ähnliche Verhältnisse wie für den Blitz-schutz. Weder in gesetzlichen und be-hördlichen Vorschriften noch in Sicher-heitsnormen wird der Überspannungs-schutz risikobezogen definiert. Im Bereich
23
schadenprisma 1/2004
. .
Bei der VGH haben wir einensprunghaften Anstieg derBlitzschäden an Gebäudenim Jahr 2002.
Noch stärker ist der Anstieg bei den Überspannungs-schäden am Gebäude.
Anzahl
5000
4000
3000
2000
1000
02000 2001 2002
Anzahl Überspannungsschäden am Gebäude
Anzahl
500
400
300
200
100
02000 2001 2002
Anzahl Blitzschäden am Gebäude
Inhalt 1_2004_5.0_Druck 11.03.2004 16:23 Uhr Seite 23
24
schadenprisma 1/2004
E L E K T R O T E C H N I K
der Sicherheitsnormung (DIN VDE 0100-443) werden ähnlich wie auf dem Blitz-schutzsektor Risikofaktoren diskutiert.Die hierzu eingebrachten Vorschläge haben bisher keine Mehrheit gefunden,da sie zu kompliziert und praxisfremdsind. Es kann Jahre dauern, bevor die Betreiber elektrischer Anlagen sich auf qualifizierte Normenfestlegungen ab-stützen können.
Um diesen Missstand abzumildern, wurden die Druckstücke VdS 2569(Überspannungsschutz für elektronische Datenverarbeitungsanlagen), VdS 2017(Blitz- und Überspannungsschutz fürlandwirtschaftliche Betriebe) und VdS2019 (Blitz- und Überspannungsschutz in Wohngebäuden) erarbeitet. Darin wer-den bestimmten Anlagen(teilen) konkreteÜberspannungsschutzmaßnahmen zuge-ordnet. Mit diesen Druckstücken werdenjedoch auch nur Teilbereiche abge-deckt.
Die Richtlinien VdS 2010 wurden auf-grund dieser Problematik erarbeitet und zeigen, basierend auf gesetzge-berischen Grundlagen und Behörden-vorschriften, schnell die notwendigenMaßnahmen zur Vermeidung von Blitz- und Überspannungsschäden auf. Dabei sind die derzeit in Normen bekannten Berechnungsverfahren sowie die inDeutschland geübte Praxis berücksich-tigt worden.
Inhalt
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Die Richtlinien zeigen Gefahren auf, denen Personen, bauliche Anlagen undtechnische Einrichtungen bei der Einwir-kung von Blitzströmen ausgesetzt sind. In zwei Tabellen wird verdeutlicht, welcheObjekte bzw. baulichen Anlagen mit Blitz-schutzanlagen und/oder Überspannungs-schutzmaßnahmen auszuführen sind bzw.wo diese aus Sicht des Personen- oderSachschutzes empfohlen werden. Sie zeigt auch Gefahren durch Überspannung auf,die durch Blitzeinwirkung oder Schalt-handlungen des Elektrizitätsversorgungs-unternehmens, Schalthandlungen des Betreibers, Netzrückwirkungen, Schalteninduktiver und kapazitiver Verbraucher(z. B. Elektromotoren und Kompensa-tionsanlagen), Schaltnetzteile und Thyris-torsteuerungen entstehen, sowie Maß-nahmen zum Schutz von Personen undSachen vor kurzzeitigen Überspannungenund geben somit Hinweise zur Schaden-verhütung.
Tabelle 1In Tabelle 1 werden die baugesetzlichenVorgaben wie die Landesbauordnung(LBO), Sonderbauverordnungen und -richt-linien sowie sonstige Regelungen der einzelnen Bundesländer zum Blitzschutz
. . . . . .
Anzahl
500
400
300
200
100
02000 2001 2002
Anzahl Blitzschäden am Inhalt
Inhalt 1_2004_5.0_Druck 11.03.2004 16:23 Uhr Seite 24
dargestellt. Ebenso werden – bezogen auf die jeweiligen Bundesländer – die Fundstelle für den Blitzschutz und die Prüfungen konkret angegeben.
Tabelle 2Tabelle 2 zeigt die bundesweit geltendenRegelungen auf, in denen Anforderungenzum Blitz- und Überspannungsschutz aufgeführt sind, beispielsweise die „Ver-ordnung zum Schutz vor gefährlichen Stoffen“; GefStoffV – Gefahrstoffverord-nung – oder die Unfallverhütungsvor-schriften (UVV) der Berufsgenossenschaf-ten. Hier wird es aber unter anderem durchdie Betriebssicherheitsverordnung einigeVeränderungen geben.
Diese Richtlinien enthalten aber vor allemAngaben zum risikoorientierten Blitz- undÜberspannungsschutz für Gebäude undtechnische Anlagen. Sie dienen damit der konkreten Hilfestellung vor allem fürVersicherer und Versicherungsnehmer inihrem Bemühen, Gebäude, Gebäudeteileund technische Einrichtungen gegen die Einwirkungen von Blitzströmen zuschützen.
Tabelle 3 (siehe Seite 26, 27)Die Tabelle 3 ist das Herzstück der VdS2010. Sie zeigt die baulichen Anlagen auf,die aus Sicht der Versicherer mit Blitz- /
Überspannungsschutzmaßnahmen zuversehen sind. Wo eine Untergliederungder baulichen Anlage sinnvoll erscheint,ist diese vorgenommen worden. Hier werden die Angaben zum erforderlichenBlitzschutz, zur Blitzschutzklasse, zumÜberspannungsschutz und zu den Prüf-fristen gemacht.
Elektrisch betriebene Anlagen und Ein-richtungen auf Dachflächen sind durchFangeinrichtungen gegen Direkteinschlä-ge zu schützen. Gehäuse und Metall-schirme sind in den Potentialausgleicheinzubeziehen. Direktanschlüsse an Auf-fangeinrichtungen sind nicht mehr zu-lässig. Bestehende Anlagen müssen denneuen Anforderungen angepasst werden.
Maßnahmen zum Schutz gegen Be-rührungs- und Schrittspannung sind nachder Norm auszuführen. Um Schrittspan-nung zu vermeiden, ist die Standflächeisoliert aufzubauen (z.B. Asphalt mit 5 cmDicke) oder durch Einbringen von Metalleine Potentialebene (Potentialsteuerung)herzustellen. Diese Maßnahmen sind vor allem im Bereich von Schutzhütten,Kindergärten usw. erforderlich.
25
schadenprisma 1/2004
.
Bei den Schäden am Inhalt sinddie Überspannungsschäden in2002 sogar um 50% gegenüber2001 und gegenüber 2000sogar um 100% gestiegen.
Dachaufbauten
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Potentialsteuerung
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Anzahl
25000
20000
15000
10000
5000
02000 2001 2002
Anzahl Überspannungsschäden am Inhalt
Inhalt 1_2004_5.0_Druck 11.03.2004 16:23 Uhr Seite 25
Da die sicherheitstechnischen AnlagenBestandteile des Gesamtkonzepts der Gebäudesicherheit sind, müssen diese ständig verfügbar sein. Zum Schutz gegenZerstörung und ggf. gegen Falschmeldun-gen sind für alle Gefahrenmeldeanlagenund Sicherheitsanlagen die Maßnahmendes Überspannungsschutzes auszufüh-ren. Diese Anlagen sind an allen in das Gerät (Zentrale) führenden Leitungen von Versorgungssystemen mit Überspan-nungsschutzgeräten zu beschalten. In derzugehörigen Unterverteilung ist ein C-Ab-leiter erforderlich. Für ein Gebäudeschutz-konzept sind weitergehende Maßnahmenerforderlich. Diese Maßnahmen solltenauch für bestehende Anlagen angewandtwerden.
Die Überspannungsschutzmaßnahmensind als Bestandteil der elektrischen Anlagen wie diese regelmäßig zu prüfenund zu warten.
Freundlicherweise haben bei der Erstel-lung der Richtlinie VdS 2010 Verbände wieRAL, VDB, VDE /ABB, ZVEH, BVS undVKF mitgewirkt.
Dipl.-Ing. Friedrich Himstedt,VGH Versicherungen Hannover
26
schadenprisma 1/2004
E L E K T R O T E C H N I K
Objekt – Mehrfach-nennungen möglich
Anlagen für brennbare Gase
Antenne
Archive
Bäder
Bahnhöfe
Banken
Bauliche Anlagen derchemischen, petro-chemischen Industrie
Bauliche Anlagender Landwirtschaft
Bauliche Anlagen des Bergbaus
Bauliche Anlagen in exponierter Lage für Personen zugänglich
Bauliche Anlagen mit elektronischen MSR-Anlagen
Bauliche Anlagen zur Be-/Verarbeitungund Lagerung vonbrennbaren Stoffen (s. VdS 2033)
Äußerer Blitzschutz in den gesetzlichen und behördlichenVorschriften gefordert(siehe auch Tabelle 1 und 2)
DVGW G 491
Gefahrenmelde-anlage GMA undsicherheitstech-nische Anlagen
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Betrieb
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Auszug aus Tabelle 3
Inhalt 1_2004_5.0_Druck 11.03.2004 16:24 Uhr Seite 26
27
schadenprisma 1/2004
Gebäude 1)
(-teile, -bereiche, -einrichtungen sowie -kenndaten)
Druck-, Regelanlagen,Verdichterstationen
Lager > 1000 kg
Ex-Bereiche
Hallenbad
Freibad
Kombi-(Spaß-)bad3)
Nutzfläche >2000 m2
Explosionsgefahr
Biogasanlage
Stall
Wohnhaus
Silo
Mit Heu-/Strohlagerung
Gebäude >10.000 m2
Tagesanlagen
Bohrgerüste
Fördergerüste
Burgruinen3)
Schutzhütten3)
Holzverarbeitung
Mühlen
Lack- und Farbenfabriken(außer Ex-Bereich)
Kunststofffabriken
FeuergefährdeteBetriebsstätten
Blitzschutz-klasse nachDIN V VDEV 0185
II
II
I
III
III
III
II
III
III
II
I
III
III
III
III
III
III
III
III
II
II
II
II
II
Äußerer Blitzschutz
Risikoorientierter Blitz- und Überspannungsschutz für Objekte
behördlicheVorgabe
EmpfehlungderVersicherer
3
3
1
5
5
5
5
3
3
3
1
5
5
5
5
5
5
5
5
3
3
3
3
3
Ausführung nach DIN VDE 0100, Teil 443 und 534, DIN V VDE V 0185, DINVDE 845 sowie VdS 2031 und zusätzlich
Online-Überwachung 2)
DVGW G 491
DIN VDE 0855, VdS 2080
VdS 2569
VdS 2569
Online-Überwachung2)
Online-Überwachung2)
VdS 2017
VdS 2017
VdS 2017 / 2019
erforderlich
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
Prüfintervalle in Jahren
Überspannungsschutz (innerer Blitzschutz)
Potentialausgleich erforderlich
Inhalt 1_2004_5.0_Druck 11.03.2004 16:24 Uhr Seite 27
Top Related