Prof. Schubarth: Einführung in die Sozialisationstheorie und Sozialisationsforschung 1
Ausgewählte Sozialisationstheorien und deren Vertreter
Klassische soziologische Sozialisationstheorien:
• Systemtheorie: Strukturfunktionalismus (Parsons)
• Handlungstheorie: Symbolischer Interaktionismus (Mead)
• Gesellschaftstheorie:
– Theorie der kommunikativen Kompetenz (Habermas)
– Theorie des sozialen Habitus/Milieutheorie (Bourdieu)
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Neuere Sozialisationstheorien
• Theorie der Individualisierung der Lebenslagen (Beck)
• Sozialisation in der Erlebnisgesellschaft (Schulze)
• Neuere Handlungstheorien
– Theorie der sozialisatorischen Interaktion
– Theorie der personalen und sozialen Identität
– Theorie der Identitätsbehauptung
– Rationale Handlungstheorien
• Soziale Systemtheorie (Luhmann)
• Konstruktivismus
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Talcott Parsons (1902-1979)- einer der bekanntesten amerikanischen Soziologen
- Begründer des „Strukturfunktionalismus“ bzw. der „Systemtheorie“,
zus. „Strukturfunktionale Systemtheorie“
- beeinflusst von E. Durkheim und M. Weber
- Frage (Durkheim): wie Gesellschaften Stabilität erreichen und die Persönlichkeitsstrukturen der Menschen dabei berücksichtigen
- Modell, das biologische und psychologische Theorien einbezieht
- Gesellschaft als komplexes System braucht Strukturen, die zur Bestandserhaltung des Gesamtsystems bestimmte Funktionen erfüllen
- Voraussetzungen für Stabilität von Gesellschaftssystemen, Entwicklung systemkonformen Handelns
- ahistorische Perspektive, „Theorie für alle Fälle“
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Grundzüge der Theorie (I)- Unterscheidung zwischen organischem, psych. u. sozialem System
- organische System versorgt Persönlichkeit mit Energie (Freud)
- psychische System kontrolliert Antriebsenergien (gesell. Kontrolle)
- soziale System (= Gesell.) wird durch Beziehungsmuster zwischen Personen als Träger bestimmter sozialer Rollen gebildet
- Sozialisation = Übernahme der Verhaltensmaßstäbe (Spielregeln) des sozialen Systems in das psychische System, Erlernen von Rollen
- psychische Verinnerlichung gesell. Werte, angefangen mit erster Bezugsperson; Mutter, Vater, Bruder, Erzieher, Lehrer usw. verweisen in ihren Rollen auf soziales und kulturelles System
- Abstimmung/Gleichgewicht zwischen Bedürfnisstruktur (org. S.) der Pers.struktur (psych. S.) und Sozialstruktur (soziales System)
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Grundzüge der Theorie (II)- Grundqualifikation des Rollenhandelns werden in der Sozialisation
durch Aneignung immer diff. Rollenbeziehungen erlernt
- angefangen von Zweierbeziehung zwischen Mutter und Kind, über einfaches Rollensystem in der Kernfamilie, über Gleichaltrigengruppe in Schule bis zu Rollen des Erwachsenen in Beruf, eigener Familie und Gesellschaft, „Rollenkarriere“
- „Rolle“ als ordnendes Element, Rollenerwartung, Spielregeln,Werte
- über Rollenlernen werden grundlegende Wertorientierungen erworben
- Sozialisation als Bereitschaft und Fähigkeit zum Handeln in Rollen,- Erlernen und Trainieren von Rollen
- Auseinanderhalten unterschiedlicher Typen von Rollen, flexibler Umgang
- Identifizierung mit Rollen/Erwartungen
- Verinnerlichung gesellschaftlicher Werte
- Verbindlichkeit (Sanktionen)
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Grundzüge der Theorie (III)- Rollenerwartungen/-anforderungen unterscheiden sich: z.B. Familie,
Gleichaltrigengruppe, Schule, Beruf
- Familie: persönlich, intim, affektiv, Gemeinschaftsorientierung, wenig spezifiziert, „partikularistisch“
- Schule, Beruf: sachlich, affektive Neutralität, „universalistisch“
- universalistische Orientierungen als „Grundqualifikationen des Rollenhandelns“ als Basispersönlichkeit: Ausrichtung an bestimmten Rollenerwartungen, an sozialen Positionen, an individueller Leistung
- sachliche Berücksichtigung von Interessen, Wahrnehmung seiner und anderer Personen in den jeweiligen Rollen
- Erlernen unterschiedlicher Grundmuster („pattern variables“) des Rollenhandelns
- notwendige Beiträge der jeweiligen Sozialisationsinstanzen
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Grundzüge der Theorie (IV)- Kindergarten und Schule haben Schlüsselfunktion: Einführung in
universalistische Wertorientierungen
- „Schulklasse als soziales System“: Unterscheidung von informellen und formellen Rollensystemen, Grundschullehrerin als emotional neutrale Bezugsperson, Beurteilung des Kindes nach indiv. Leistung
- durch Übernahme der formalen Rollenbeziehung in Schulklasse werden öffentliche Wertmuster erlernt
- Schule als Sozialisationsinstanz: 1) Erlernen der Rollenübernahme
2) Selektion: Verteilung der Arbeitskraft nach Schulleistung (Statusdiff. auf nichtbiologischer Basis, Leistungsauslese als „echter Selektionsprozess“, Verlierer akzeptieren Ergebnis/Spielregeln
- Vgl. Sozialisationsleistungen Familie, Schule und peer group, Zusammenhang Pers.entwicklung und Rollenlernen
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Fazit und Kritik: Parson- differenziertes Modell der Durchdringung von organischen,
psychischen und sozialen Systemen, Persönlichkeit als „Spiegelbild“ der Sozialstruktur
- Sozialisation als Rollenlernen
- zentrale Bedeutung der Schule bzw. Schulklasse
- Kritik: Sozialisation als „Vergesellschaftung“, weniger Individuation
- soziale Rolle betont Anpassung, weniger aktives Subjekt
- Rollenhandeln als „Bedürfnisbefriedigung“, Systemkonformität
- Unterschätzung des Spielraum des Einzelnen, z.B. beim Rollenhandeln
- Festschreibung des Gesellschaftszustandes, ahistorisch
- eher Makroebene, weniger Mikroebene (Interaktion)
- Weiterentwicklung der Systemtheorie, z.B. bei Niklas Luhmann
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George Herbert Mead (1863-1931)- Begründer des „Symbolischen Interaktionismus“
- Symbolischer Interaktionismus als Variante der Handlungstheorie
- Frage (vgl. Durkheim), wie Zusammenspiel zwischen „individuellem“ und „sozialem“ Wesen funktioniert
- Grundlage: Einheit von individuellem und sozialem Wesen
- Analyse der Mikroebene, der Verständigungs- und Interaktionsprozesse, z.B. wie Menschen ihre Handlungen aufeinander abstimmen, wie panvolles, kooperatives Handeln möglich wird
- Ausgangspunkt: Verständnis der menschlichen Sprache sowie Beobachtung, Analyse und Interpretation von Handlungen anderer Menschen
- „Handeln“ als sinnhaft aufeinanderbezogene Aktionen/Interaktionen in sozialen Situationen (normative Regelungen und Motivationen)
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Grundzüge der Theorie (I)- „Mind, Self, Society“ (dt. 1968): Entstehung der menschlichen
Subjektivität auf der Grundlage der Auseinandersetzung des Menschen mit natürlichen und sozialen Umwelt
- Persönlichkeit entsteht in Wechselwirkung zweier Größen, der eher sozialen Komponente des „Me“ und der eher psychischen Komponente des „I“
- Me drückt aus, wie die anderen Menschen ein Individuum sehen, Erwartungshaltungen, vgl. „Über-ich“ bei Freud
- I vertritt gegenüber dem Me impulsive, spontane Energien der Person, die durch Me gezügelt werden, vgl. „Es“ bei Freud
- durch Zusammenwirken von I und Me entsteht das „Self“ (Selbst), das Selbstbild und Selbstverständnis von sich als Person (Ich-Identität)
- Zusammenspiel von I, Me, Self und Mind (Bewusstsein) kann menschliches Handeln und Identitätsbildung erklären
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Grundzüge der Theorie (II)- „signifikante Symbole“: Sprache
- gelungene Verständigung setzt Empathie und Antizipation voraus
- Einschätzung der Folgen der eigenen Handlung in der Bedeutung für andere, Vorwegnahme der Reaktion des anderen
- jeder muss sich selbst mit den Augen des anderen sehen und dessen Handlung als eigene vorwegnehmen können, „Rollenübernahme“
- „Wir müssen andere sein, um wir selbst sein zu können“
- sich selbst als Objekt sehen als Voraussetzung, um subjektiv sinnhaft handeln zu können
- soziales Handeln als symbolisch (v.a. sprachlich) vermittelte Interaktion durch fortlaufende, wechselseitige Interpretation von Situationen, Rollenerwartungen und Handlungen
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Grundzüge der Theorie (III)- Symbolsystem und symbolische Interaktion werden im Laufe der
Sozialisation erlernt- Sprachliche Interaktion: Unterschied bei Menschen und Tieren- Tiere: instiktive Gesten, Menschen: gemeinsam geteilte Bedeutung
der Wörter als „signifikante Symbole“, die bei Sprechern und Hörern gleiche/ähnliche Reaktionen auslösen (z.B. „Feuer“, „Hilfe“)
- Entwicklung kindlicher Spielformen: Unterscheidung zwischen „play“ (nachahmendes Spiel) und „game“ (Wettkampf)
- „play“: Kind spielt mit imaginärem Partner und mimt beide Teile, dadurch Erlernung der Verhaltensantizipation eines Partners
- „game“: bei Gruppenspielen reicht Verhaltensantizipation eines Partners nicht aus, vielmehr müssen Spielregeln und Verhalten der Gruppenmitglieder berücksichtigt werden
- „verallgemeinerte Andere“ repräsentiert die organisierte Reaktion aller Mitglieder der Gruppe (z.B. Team als „verallg. Andere“)
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Grundzüge der Theorie (IV)- Modell eines kreativ agierenden Menschen (nicht Anpassung)
- Mensch als schöpferischer Interpret und Konstrukteur seiner Umwelt
- soziale Umwelt wird mit Bedeutung versehen und damit schrittweise ein reflexives Bild von eigener Person aufgebaut
- Familie als Ausgangspunkt der Subjektbildung: Eltern als wichtigste Bezugspersonen bilden sinnstrukturierenden Rahmen für Persönlichkeitsentwicklung
- Erlernen der Fähigkeit der „Rollenübernahme“: Verstehen des sozialen Standpunktes der Bezugsperson, deren Verhalten vorhersehen und eigenes Handeln danach ausrichten
- durch solches empathisches Verhalten werden wichtige Kompetenzen für die soziale Kommunikation erlernt (Empathie als kognitive Fähigkeit der Perspektivenübernahme, nicht Mitgefühl)
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Grundzüge der Theorie (V): Schulische Sozialisation- Struktur der schulische Kommunikation
- formalisierte Kommunikation, diff. nach Lehrern
- Hierarchie und Zwang: Schulpflicht, Lehrer als höhere „Gewalt“, Lernen
- Leistung und Konkurrenz: Kommunikation am Leistungsprinzip orientiert
- Schülerperspektive: - Regeln einhalten, „guter Schüler“, Interpretation der Lehrerrolle
- Erfüllung vielfältiger Anforderungen, aber auch eigene Interessen und Bedürfnisse in unterrichtliche Kommunikation einbringen
- Identitätsentwürfe/-probleme bei Schülern:- Spielraum zwischen institut. Anforderungen und eigenen Bedürfnissen
- „Gute“ Schüler: Stärkung Selbstwert, Rollendistanz/Anpassungsfähigkeit
- „Schlechte“ Schüler: Übernahme institut. Definition des „Versagers“
- Folgen für Selbstwert, Gefahr der Typisierung und Etikettierung
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Fazit und Kritik: Mead- Verbindung von individualistisch-handlungstheoretischen und
gesellschaftlich-strukturtheoretischen Aspekten in einer Theorie kommunikativer Beziehungen
- Kern: Entwicklung des Selbstbildes
- Betonung der aktiven Eigenleistung und Gestaltungsmöglichkeit
- Schwerpunkt: Mikroebene, Subjektseite
- Kritik: harmonisierendes Bild zwischen Individuum und Gesell.
- keine Berücksichtigung funktionaler Differenzierungen
- Vernachlässigung sozialer Strukturen und materieller Bedingungen
- eher subjektivistisch und konstruktivistisch orientiert
- keine Analyse von Macht, Einfluss und Konflikten in Gesell.
- Weiterentwicklung durch Goffman, Habermas u.a.
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Jürgen Habermas (geb. 1929)
Theorie der kommunikativen Kompetenz
- einer der bekanntesten dt. Philosophen und Soziologen
- Geisteswiss. Schulen: normativ-ontologisch (Aristoteles), Systemtheorie (Parsons), Hist.-Mat./Kritische Theorie (Frankfurter Schule, Adorno, Horkheimer, Fromm)
- Variante der Gesellschaftstheorien: wie der Mensch durch soziale Wirklichkeit in seiner Entwicklung beeinflusst wird und wie er diese Wirklichkeit selbst gestaltet
- „Kritische Theorie“: wie gesell. Machtstrukturen auf Struktur der Persönlichkeit wirken (Einbeziehung Psychoanalyse)
- Beispiel: totalitäre Systeme (NS-Zeit), Annahme einer „autoritären Persönlichkeit“, keine stabile Ich-Identität, Deformation
- Ziel: Bedingungen für Emanzipation des Individuums u. Befreiung aus autoritären Zwangsstrukturen
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Grundzüge der Theorie (I)
- kritische Ges.-theorie, die soziologische Handlungstheorien, psych. Entw.-theorien und psychoanal. Theorien einbezieht
- Mehrdimensionale Theorie:- Gesellschaftstheorie (Marx), Theorie des „Spätkapitalismus“
- Handlungs- und Rollentheorie, Entwicklung von Identität
- Kognitive Entw.-psychologie, insb. intellektuelle und moral. Entwicklung
- Psychoanalyse, Analyse innerpsychischer Antriebskräfte
- Instrumentarium zur Beschreibung gesell. Bedingungen für Freiheitsgrade des sozialen Handelns (Freiräume vs. Kontrolle), Entfaltung vs. Beeinträchtigung der Persönlichkeit
- Idee der Freiheit und der Mündigkeit als Maßstab einer kritischen Ges.-theorie mit Anspruch auf Allgemeingültigkeit
- Idee der Verständigung d.M. kraft der besseren Argumente
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Grundzüge der Theorie (II)
Konzept der kommunikativen Kompetenz
- Bedingungen für Emanzipation d.M. u. Demokratisierung der Gesell.
- „kommunikative Kompetenz“, „Ich-Identität“ als Eigenschaften eines handlungsfähigen, aktiv gestaltenden Subjekts
- „Gerechtigkeit“, „Gleichheit“, „Herrschaftsfreiheit“ als Merkmale einer demokratischen Gesellschaft, Voraussetzung für freie Entfaltung
- Ziel der Subjektbildung: Beherrschung des Regeln für „vernünftiges“ Handeln, Fähigkeit zum Diskurs, Geltung von Sinnzusammenhängen durch Verständigung und argumentative Begründung
- Verständigung bedarf „idealer Sprechsituation“, d.h. gleichberechtigter Kommunikation („Zwang des besseren Arguments“)
- ideale Sprechsituation entspricht idealer gesell. Lebensform (Utopie)
- Realisierung im Rahmen einer demokratischen Verfassung
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Grundzüge der Theorie (III)
Kompetenzen des Rollenhandelns
- Grundlagen für alltägliches soziales Handeln, um sozial handlungsfähig zu werden bzw. zu bleiben, Aushandlung zwischen eigenen Ansprüchen und Ansprüchen der Außenwelt
- Ich-Identität: Balance von personaler und sozialer Identität
- Rollendistanz: autonomer, reflektierender, interpretierender und z.T. distanzierender Umgang mit den vielen unterschiedlichen Erwartungen
- Ambiguitätstoleranz: Aushalten von Ambivalenzen und Widersprüchen bei Interaktionen, Ertragen bzw. Ausbalancieren unklarer Erwartungen
- Frustrationstoleranz: Aushalten der Diskrepanz von Rollenerwartung und Bedürfnissen, Ertragen geringer Bedürfnisbefriedigung in Rollen
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Grundzüge der Theorie (IV)
Habermassche Kritik an der Rollentheorie Parsons:
- Integrationstheorem vs. Repressionstheorem- Parsons: Rollenhandeln für zwei Personen gleich befriedigend
- H.: Interaktionen nicht für alle Interaktionsteilnehmer gleich befriedigend
- Repressionstheorem: Komplementarität nur unter Zwang herstellbar
- Identitätstheorem s. Diskrepanztheorem:- P.: Übereinstimmung von Rollendefinition und –interpretation
- H.: diese Übereinstimmung nicht gegeben
- Konformitätstheorem vs. Rollendistanztheorem- P.: rollenkonformes Veralten heißt Verinnerlichung von entsprechender
Rollenerwartungen
- H.: kein Rückschluss möglich, Distanz bewirkt Autonomie
- Annahmen Parsons nicht Regel-, sondern eher Ausnahmefall
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Grundzüge der Theorie (V)
Stufen der Identitätsentwicklung
- Annahme von Entw.-stufen und Entw.-krisen in Pers.-entwicklung
- in Anlehnung an Piaget und Kohlberg: Entwicklung der moralischen Urteilsfähigkeit
- 1. Stufe: „natürliche Identität“ (bis 6 Jahr) mit noch nicht bewusstem Innenleben und nicht vorhandenen Perspektivenübernahme
- 2. Stufe: „Rollenidentität“ (6 bis Pubertät) Fähigkeit des operationalen Denkens und der konventionellen moralischen Urteilsfähigkeit
- 3. Stufe: „Ich-Identität“ (nach Adoleszenzkrise/Pubertät), Krise als hilfreich für Entwicklung, Verbindung von subjektiver Sicht ihrer Pers. mit Außensicht und Fähigkeit zum sozialen Rollenhandeln
- Voraussetzung für autonomes Handeln in modernen Gesellschaften
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Grundzüge der Theorie (VI)
Stufen der Moralentwicklung (Kohlberg)
- Zusammenhang moralischen Urteilens mit der Fähigkeit, konkurrierende normative Erwartungen kommunikativ zu verhandeln
I. Präkonventionelle Ebene (Unterordnung und eigene Interssen)
1. Stufe: Vermeiden von Strafe, Unterordnung unter Autorität
2. Stufe: moral. Entscheidungen an eigenen Bedürfnissen orientiert
II: Konventionelle Ebene (Erhaltung Sozialbeziehung in Gruppe u. Ges.)
3. Stufe: richtiges Verhalten ist, was anderen in einer Gruppe gefällt
4. Stufe: Erhaltung der Sozialbeziehung erweitert sich zur Ges.
III. Postkonventionelle Ebene (Verhältnis des Einzelnen zur Ges.)
5. Stufe: Verhältnis zur Ges. ist verhandelbarer Sozialvertrag
6. Stufe: Recht basiert auf ethischen, universellen Prinzipien
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Fazit und Kritik: Habermas
- Konzept zur Beschreibung und Analyse der Fähigkeit eines Menschen zum flexiblen und prinzipiengeleiteten Handeln in sozialen Rollen und zur kritische (Selbst)Reflexion über Regeln und Normen (Ich-Identität)
- ideales Modell gesellschaftlicher Verständigung
- Analyse ungleicher, unterdrückender Lebensbedingungen
- Kritik: Fokussierung auf Kommunikation, Reduzierung von Gesellschaftlichkeit auf Sprache
- Vernachlässigung materieller Aspekte und der Auseinandersetzung mit gegenständlichen Umwelt (vgl. Marx)
- Vernachlässigung von Körperlichkeit, Geschlecht, Emotionen
- dennoch: eine der weitreichendsten Konzeption für die Sozialisationstheorie, insb. durch Verknüpfung verschiedener Theorien
- Beispiel für künftige Weiterentwicklungen
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Pierre Bourdieu (1930-2002)
- einer der bedeutendsten frz. Sozialwissenschaftler
- Vertreter der kritischen Gesellschaftstheorie, empirischer Forscher
- Theorie des sozialen Habitus: sozial bedingte Unterschiede in Werthaltungen und Mentalitäten, im „Habitus“
- „Milieutheorie“: Bedeutung des Herkunftsmilieus
- Sozialisation als Habitualisierung: Vergesellschaftung („soziale Konditionierung“)
- Weiterentwicklung der Klassen- und Schichttheorie durch Aufzeigen von Zusammenhänge mit Lebensstil und Vorlieben, z.B. Wohnung, Essen, Freizeitinteressen, Musikgeschmack, Bildungswissen usw.
- Herausarbeiten der „feinen Unterschiede“ als Grenzen zwischen sozialen Gruppen, Aufdecken der Mechanismen der Macht
- für Alltag und Persönlichkeitsentwicklung bedeutsam
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Grundzüge der Theorie (I)
- Ausgangspunkt: Handeln der sozialen Akteure, ihr gesamter Lebensstil ist von Position im sozialen Raum bestimmt
- Handeln, Vorlieben sind Ausdruck eines sozialen „Schicksals“, einer schichtspezifischen Sozialisation, nur begrenzt beeinflussbar
- Übernahme des Stils der sozialen Gruppe bzw. Umgebung- Vorlieben, Geschmack, Kleidung, Körperhaltung, Gang, Sprache usw.
als Ausdruck unserer Position im sozialen Raum- „Habitus“ als Vermittlungsglied zwischen Stellung im sozialen Raum
und dafür typischen Lebensstil, Praktiken u.Vorlieben (z.T.unbewusst) - Habitus als allgemeine Grundhaltung, „Handlungsgrammatik“- Habitus wird im Alltag durch Nachahmung und Übernahme erlernt- Aneignung des Habitus, „Habitualisierung“ = Sozialisation- Lebensstile nicht gleichwertig: „feine Leute“ definieren „feine
Unterschiede“
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Grundzüge der Theorie (II)
- Basis eines Habitus ist eine spezifische Soziallage, die durch gewisse Kapitalkonfiguration bestimmt wird, drei Kapitalsorten:
- Ökonomisches Kapital: materielle Form, Geld, Grundbesitz, durch Eigentum institutionalisiert
- Kulturelles Kapital: Aneignung von Wissen u. Kenntnisse, Bildung, Umgang mit Kultur, Kulturgüter, Bücher, Bilder usw.; stark von Familie abhängig, Erklärung für unterschiedliche Schulleistungen in verschiedenen Sozialschichten
- Soziales Kapital: Ressourcen aus dem Beziehungsnetz, Sozialkapital bedarf Beziehungsarbeit, d.h. kulturelles und ökonomisches Kapital
- Formen der Kapitalumwandlung, Konvertierbarkeit der „Währungen“, Verschleierung der „sozialen Vererbung“, heimliche Übertragung von Kulturkapital, „Illusion der Chancengleichheit“
- „Soz. Raum“ als Markt, Gewinnmaximierung des „pers.“ Kapitals
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Grundzüge der Theorie (III)
- Gesell. Handeln als Distinktionsgeschehen: jede soziale Gruppe um Verbesserung ihrer Stellung im „sozialen Raum“ bemüht
- Unterscheidung von drei großen gesell. Gruppen:- Oberschicht: „Distinktion“, sozialen Abstand zu anderen Gruppen
wahren, Kenntnis kultureller Standards, Entwicklung eigenen Stils und dessen Durchsetzung als Norm
- Mittelschicht: „Prätention“, kulturelle Anpassung an Oberschicht, soziale Aufstiegsorientierung, Bestreben vorgegebene kulturelle Normen zu erfüllen
- Unterschicht: „Notwendigkeit“, Leben durch finanzielle und soziale Notwendigkeiten bestimmt, Kampf um Existenz, Kaufverhalten nach Preis, Haltbarkeit und Nutzen
- soziale Lage (Schicht) entscheidet über Status von Denk- und Verhaltensgewohnheiten von Menschen
- Definitionsmacht der Herrschenden über Symbole, Zeichen u. Rituale
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Grundzüge der Theorie (IV)
Empirische Studien und Ergebnisse:
- Künstlerische Präferenzen korrelieren mit kult. Klassenzugehörigkeit
- Spracheigenheiten (Gram., Ausspr. Stil) wichtig für soziale Mobilität
- „Bildungsexpansion“: Schulabschlüsse verlieren an Wert
- neoliberale Globalisierung führt zu „Prekarisierung“
- Gegeneinander der Lohnabhängigen ist Teil neoliberaler Hegemonie
- „Gesellschaft m.b.H. Zumutungen und Leiden im dt. Alltag“ (2005): ungleiche Verteilung von Arbeit, Gütern, Anerkennung
- prekäre Arbeitsverhältnisse und Verwundbarkeit des Menschen durch Individualisierung/Selbstverantwortung
- Verlust der Beheimatung durch wenig Einkommen, schlechte Arbeitsbedingungen sowie physischen u. psychischen Stress
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Fazit und Kritik: Bourdieu
- Modell für Beschreibung der Zusammenhänge zwischen sozialen, ökonomischen und kulturellen Strukturen und den persönlichen Entwicklungsbedingungen der Menschen
- Empirische Überprüfbarkeit, Erfassung von Lebenslagen, Milieus und damit verbundenen Lebensstilen
- Betonung der gesell.Ungleichheit, Bildungschancen bei Kindern von Arbeitern, vom Land, von Migranten oder geschl. Benachteiligung
- keine Auflösung der Ungleichheitsstrukturen, sondern Umwandlung in horizontal und vertikal differenzierte Lebenslagen
- Kritik: zu deterministisch, zu statisch, Vernachlässigung der Gestaltungskraft des Individuums, Rolle der „Selbstsozialisation“, aber: Habitus durch Bewusstwerdung „unter Kontrolle“ bringen
- Entstehung neuer Milieus, von Räumen gleichartiger Erfahrungen, z.B. virtuelle Milieus, Internet, Chats usw.
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Neuere Sozialisationstheorien
• Theorie der Individualisierung der Lebenslagen (Beck)
• Sozialisation in der Erlebnisgesellschaft (Schulze)
• Neuere Handlungstheorien– Theorie der sozialisatorischen Interaktion
– Theorie der personalen und sozialen Identität
– Theorie der Identitätsbehauptung
– Rationale Handlungstheorien
• Soziale Systemtheorie (Luhmann)
• Konstruktivismus
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Theorie der Individualisierung der Lebenslagen:Individualisierungstheorem (I)
- Ulrich Beck: „Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne“ (1986), Form der Gesellschaftstheorie, Lebenslagentheorie
- Ausgangspunkt: Wandel der traditionellen Industriegesellschaft durch „wohlfahrtsstaatliche Modernisierung“ und gestiegene Freiheitsgrade für die eigene Persönlichkeit (neuer Modus von Vergesellschaftung)
- Kehrseite: neue Risiken, Gefahr der Arbeitslosigkeit- „Individualisierung“ durch Freisetzung von trad. Normen/Bindungen
- Freisetzung: alte Abhängigkeiten verschwinden, mehr und neue Optionen- Entzauberung: Werte u. Normen infrage gestellt, keine „Normalbiografie“- Kontrolle: Bindungen verschwinden, mehr Einfluss durch Markt u.
Moden
- Individualisierung zwingt Einzelnen zur eigenständ. Lebensführung, - Pluralisierung von Milieus und Lebensstilen- Chancen der Autonomie und Gefahren der Anomie
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Individualisierungstheorem (II)
- keine vorgegebene Biografien, „Bastelbiografie“, „Planungsbüro“
- ständig Entscheidungen treffen und Konsequenzen „ausbaden“
- früher Schicksalsschläge, Naturkatastrophen, Kriege – heute: selbstverantwortete Ereignisse, wie Berufswahl, Prüfung, Beziehung
- „Bastelbiografie“ = „Risikobiografie“ oder „Bruchbiografie“
- individualisierte Sozialisation: neue Anforderung an Heranwachsende, z.T. Überforderung, Kinder u. Jugendliche müssen Wandel bewältigen, aber: Erwachsende können keine Orientierung bieten
- Folgen der Entstrukturierung, der „Schattenseiten“ von Individualisierung für Jugendliche (W. Heitmeyer):- Verlust von Maßstäben für die eigene Verortung
- Anfälligkeiten für Rechtsextremismus und Gewalt
- hoher psychischer Druck in „individ. Gesell.“, insb. bei Benachteiligten
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Fazit und Kritik:
- Populärer und plausibler Theorieansatz, relativ neuer Ansatz
- Beschreibung des Zusammenhangs von gesellschaftlichen Strukturen und Identitätsentwicklung
- hohe Erklärungskraft, insb. für Wandel von Kindheit und Jugendphase
- Beschreibung der Widersprüche, Ambivalenzen, Chancen und Risiken in modernen Gesellschaften und Folgen
- Übereinstimmung mit Alltagstheorien, Alltagstauglichkeit
- Kritik: z.T. Überzeichnungen, gewissen Einseitigkeiten bzw. Überbetonungen
- noch wenig empirische Belege
- Anschlussmöglichkeiten: Lebensstilen, Identitätstheorien, z.B. Patchwork-Biografie (Keupp), Alltägliche Lebensführung u.a.
- Begriffe: Weltrisikogesellschaft (Terrorismus), Brasilianisierung u.a.
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Sozialisation in der Erlebnisgesellschaft
- Gerhard Schulze: „Erlebnisgesellschaft“ (1993)
- Kultursoziologische Analysen der Gegenwart
- Ausgangspunkt: steigender Lebensstandard und Auflösung traditioneller Muster lässt Erlebnisorientierung in Mittelpunkt rücken
- Sozialisation geleitet von Suche nach schönen, spannendem Leben
- Erlebnissuche als kollektive Basismotivation:- keine Privileg, für zunehmend größere Gruppen möglich
- großer Anteil des Zeitbudget, erfasst nicht nur Freizeit, sondern auch Arbeit, Sozialbeziehung, Alltag
- Erlebnisorientierung als hoher Wert, Sinn des Lebens
- unterschiedliche Verarbeitung von Erlebnissen (Innenorientierung)
- Risiken: Entscheidungsstress, Enttäuschungen, Konsum, Langeweile, Angst, etwas zu Versäumen, Desorientierung „Was gefällt mir eigentlich?“ (z.B. Geburtstagsfeiern, Unterricht)
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Handlungstheorien: Theorie der sozialisatorischen Interaktion
- Handlungstheorien: Handlungen/Motive vs. reaktives Verhalten (vgl. Systemtheorie)
- Bedeutung der Kommunikation mit wichtigsten Bezugspersonen- Pers.-entwicklung in soziale und dingliche Kontexte eingebunden- Vertreter: Vygotsky (1986), U. Oevermann (1976)- neben Reifung und kognitiver Entwicklung erfolgt Entwicklung über
„Vollzug der dialogischen Interaktion“ (Oevermann)- strukturelle Bedingungen für Aufbau von Kompetenzen nötig- Ergänzung der entw.-psychol. Theorie der Strukturgenese (Piaget)- durch Verhalten der Bezugspersonen u. sozialisatorische Interaktion
werden Prozesse der ständigen Adaption angeregt- Handlungen der Bezugspersonen als sinnstrukturierender Rahmen- besondere Bedeutung für sprachliche Sozialisation (Spracherwerb)
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Handlungstheorien: Theorie der personalen und sozialen Identität
- Identitäts- und rollentheoretische Ansätze
- Vertreter: Goffman (1967), Krappmann (1969)
- Identität als Erleben es Sich-selbst-Gleichseins (Krappmann)
- Vorauss.: real. Selbstwahrnehmung u. pos. gefärbte Selbstbewertung
- Identität: koordinierende Instanz mit zwei Komponenten (vgl. Mead)- Pers. I.: Kontinuität, Konsistenz in eigener biografische Erfahrung
- Soziale I.: Auseinandersetzung mit Anforderungen ges. Gruppen u. Org.
- Gelungene Balance: Ich-Identität als Zustand des Selbsterlebens- ständiger Interpretations- und Aushandlungsprozesses mit äußerer und
innere Realität, Aushalten oder Ausgleich von Spannungen zwischen eigenen Bedürfnissen/Kompetenzen und Anforderungen der Außenwelt
- Anforderungen an Sicherung der Ich-Identität (Misslingensgefahr)
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Handlungstheorien: Theorie der Identitätsbehauptung
- Ausgangspunkt: höhere Anforderungen an Identitätsbildung durch mehr individuelle Gestaltungsmöglichkeiten
- Historische Gesellschaftsanalyse von N. Elias (1987)
- Freiheitsgrade und Restriktionen:- Anstieg individueller Gestaltungschancen
- Behauptung der Identität große Aufmerksamkeit
- Menschen müssen heute mit gesteigerten Wahlmöglichkeiten zurechtkommen, neue Risiken, sozialer Stress, Unbehagen, Ungewissheit
- Identitätsbedrohung durch zu viele Wahlmöglichkeiten oder Nichteinlösung der eigenen Identität, „Entindividualisierung“, z.B. in totalen Institutionen (Gofmann, Foucault)
- Anschlussmöglichkeiten zu Beck, Krappmann u.a.
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Rationale Handlungstheorien
- Weiterentwicklung der Handlungstheorie unter Berufung auf M.Weber
- Steuerung des Handelns weniger durch soziale Normen, vielmehr durch individuelle Ziele und Willen der Akteure (subjektiver Sinn)
- Ökonomische Denkweise: Handeln beruht auf rationale Kalkulation und Verfolgen eines persönlichen Nutzens
- „Theorie rationalen Handelns“:- Ges. zwingt Menschen, eigene Interessenlage bewusst zu werden und
Handeln zu überdenken, führt zu mehr Selbstkontrolle, sowohl eigene Interessen durchsetzen als auch Leistungsansprüche befriedigen
- Soziale Regeln werden nur so weit eingehalten wie unbedingt nötig und den eigenen Interessen entsprechend
- Eigennutz gewinnt - soziale Normen verlieren an Bedeutung (aufgrund der Ausdifferenzierung u. Spezialisierung der Gesellschaft)
- Bereicherung der Frage nach den Antriebs- und Steuerungskräften des Handelns von Menschen in heutiger Zeit
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Die soziale Systemtheorie- Weiterentwicklung der Systemtheorie: Niklas Luhmann (1927-1998)
- Betonung der Eigenständigkeit der Systeme
- Gesell: nicht Ansammlung von Menschen, sondern Kommunikation
- Unterscheidung von organischen, psychischen und sozialem System (vgl. Parsons) mit je eigenen Entwicklungsgesetzen:- psychisches System als selbstreferenzieller Bewusstseinszusammenhang
- soziale Systemen entstehen durch Kommunikation
- jedes System ist notwendige Umwelt für die anderen Systeme
- Systeme stehen im Verhältnis der gegenseitigen Interpenetration
- Sozialisation als „Selbstsozialisation“: keine Übertragung zwischen Systemen, sondern selbstreferenzielle Reproduktion des Systems
- aus Differenz zwischen psychischen System (Person) und dessen Umwelt ergibt sich Möglichkeit und Notwendigkeit der Sozialisation
- beide Systeme interagieren, bleiben aber jeweils Umwelt füreinander
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Die soziale Systemtheorie (II)
- Organ., psych. u. soziales System als selbstorganisierende Systeme:- Person entwickelt sich als psychisches System unabhängig von sozialer
Umwelt, ebenso das soziale System (Gesell.), sog. „Autopoiesis“- Autopoieses bezeichnet Org.form von selbstkonstitutiven Systemen- Leistung der Systemen ist Reduktion der Komplexität von Umwelt, d.h.
die Aneignung und Übersetzung von Strukturen aus der Umgebung in das Innere des jeweiligen Systems
- Ausmaß der Selbstorganisation steigt (auch für Psyche), das erfordert mehr Sinnbildung, Ordnung des Handelns, um gegenüber der sich wandelnden Außenwelt konstant bleiben zu können
- Einbeziehung übergreifender Aspekte der Funktionsfähigkeit von Systemen auf allen Ebenen und Entwicklungsstufen
- Kritik: sehr abstakte, formalistische Darstellung der Sozialisation, Überbetonung der Selbststeuerung, Vernachlässigung der Interaktion
- eine der populärsten Theorien in Soz., Psych., Lit., Managementtheorie
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Konstruktivismus
- umstrittener Versuch, Sozialisation zu beschreiben: „Jeder entwickelt sich nach seinen Vorstellungen und legt sich seine Welt zurecht“
- Ausgangspunkt: Erkenntnis nicht Widerspiegelung der Realität, sondern eine Konstruktion (Bezug zur Kognitions-Theorie): - Die Wirklichkeit, die wir wahrnehmen, unser Beobachtungsgeist, ist
unsere eigene Konstruktion, ein subjektives Konstrukt- Es gibt keine objektive Realitätserkenntnis, keine absolute Wahrheit- Wirklichkeit und Erkenntnis sind keine Repräsentation des Welt draußen,
sondern ein individuelles Phänomen (Maturana/Varela 1987)- Wirklichkeit ist nicht, sondern wird in sozialen Praktiken fortwährend
gemacht (z.B. Konstruktion von Geschlechtlichkeit)
- Konzept des Beobachters (z.B. U-Boot)- Sozialisation: Erklären von Umweltereignisse über subjektive
Wahrnehmung eines interpretierenden und konstruierenden Menschen- Kritik: Beliebigkeit menschlichen Denkens, grenzenlose Autonomie,
Ausblenden objektiver Realität, alles eine Frage der Wahrnehmung
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Fazit: Möglichkeiten der Theoriekombination
- verschiedene Sozialisationstheorien mit Erklärungskraft für Bereich- Psychologische Theorien: Aussagen der inneren Realität- Soziologische Theorien: Aussagen zur äußeren Realität- Sozialisationstheorien: Verschränkung von innerer und äußerer Realität
- Theorien mit Erklärungskraft für bestimmte Themen (Tillmann):- Ps.-analyse, Lerntheorie, kogn. Ent.-psych: geschlechtsspez. Sozialisation- Strukturfunkt., symb. Interaktionismus, hist. Mat.: schulische Sozialisation- Psych. u. soziologische Theorien: Sozialisation im Jugendalter
- Theorieverbund bei Habermas: hist.-mat. Ges.theorie, Psychoanalyse, symbolischer Interaktionismus, Kognitionspsychologie („Leittheorie“)
- für Sozialisationstheorie ist Theoriekombination erfolgversprechend: unterschiedliche wiss. Perspektiven auf „Sozialisation“
- Folgerungen für die Sozialisationsforschung
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Literatur
- Baumgart, F. (Hrsg.): Theorien der Sozialisation. Bad Heilbrunn 1997- Gudjons, H.: Pädagogisches Grundwissen. Bad Heilbrunn 1995- Faulstich-Wieland, H.: Individuum und Gesellschaft. München 2000- Grundmann, M.: Sozialisation. Skizze einer allgemeinen Theorie.
Konstanz 2006- Hurrelmann, K.: Einführung in die Sozialisationstheorie. Weinheim
und Basel 2002- Hurrelmann, K./Bründel, H.: Einführung in die Kindheitsforschung.
Weinheim, Basel, Berlin 2003- Kron, F.W.: Grundwissen Pädagogik. München, Basel 1996- Raithel, J./Dollinger, B./Hörmann, G: Einführung in die Pädagogik.
Wiesbaden 2005- Tillmann, K.-J.: Sozialisationstheorien. Reinbek 2003- Zimmermann, P.: Grundwissen Sozialisation. Opladen 2000
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