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Neurale Entwicklung und Plastizität II

1. Zellwanderung

2. Mechanismen der axonalen Wegfindung

2.1 Zellkontakt

2.2 Extrazelluläre Matrix

2.3 Diffusible Moleküle

3. Neurotrophine und Zelltod

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Zellwanderung

Beispiel: Zellen der Neuralleiste

Entstehen bei der Bildung des

Neuralrohres durch Abtrennung von

den Rändern

Zellen der Neuralleiste sind u.a.

Vorläufer des peripheren

Nervensystems (PNS)

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Zellwanderung

Beispiel: Zellen der Neuralleiste

Neuralleistenzellen wandern zur

Körperperipherie und bilden Zellen der

sensorischen Ganglien, der sympathischen

Ganglien, des Nebennierenmarks und

Melanozyten

Korrelation mit dem Auftreten von Fibronektin

Unterbrechung der Wanderung steht häufig mit einem Verschwinden des

Fibronektins in Verbindung

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Am Besten charakterisiertes Modell der neuronalen Zellmigration:

Entwicklung der Körnerzellschicht im Kleinhirn

Vorteile: relativ einfache Schichtenstruktur des Kleinhirns

postnatale Entwicklung der Körnerzellschicht („granule layer“)

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Entwicklung der Körnerzellschicht im Kleinhirn

(aus: Komuro & Yacubova (2003) “Recent advances in cerebellar

granule cell migration”, Cell. Mol. Life Sci. 60:1084-1098)

Körnerzellvorläufer teilen sich (bis ins 2. Lebensjahr) in der (transienten) externen

Körnerzellschicht und wandern ein, um die künftige interne Körnerzellschicht

(„internal granule layer“) zu bilden

(1) Migration parallel zur

Oberfläche

(2) Radiale Migration

entlang von Gerüstzellen

(Bergmann-Gliazellen) bis

in die Purkinjezellschicht

(3) Glia-unabhängige

radiale Migration in die

innere Körnerzellschicht.

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(From: Komuro & Yacubova (2003)

“Recent advances in cerebellar granule

cell migration”, Cell. Mol. Life Sci.

60:1084-1098)

Phasen und Faktoren bei der Migration der Körnerzellen des Kleinhirns

• ECM-Moleküle

(z.B. Tenascin)

• Kontakt zu nicht-neuronalen

Zellen

(z.B. Bergmann-Gliazellen)

• Diffusible Moleküle

(z.B. NT-3, BDNF, Ephrin)

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Axonale Wegfindung

Der Wachstumskegel

als Fibroblast am Stiel

(Cajal, 1880, „Cono de

crecimiento“)

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Axonale Wegfindung

Der Wachstumskegel

als Fibroblast am Stiel

(Cajal, 1880, „Cono de

crecimiento“)

Signale zur Wegfindung:

- andere Neurone („Pionierneurone“) und nicht-neuronale Zellen

- Moleküle der extrazellulären Matrix

- Diffusible Moleküle

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Signale zur Wegfindung:

- andere Neurone („Pionierneurone“) und nicht-neuronale Zellen

- Moleküle der extrazellulären Matrix

- Diffusible Moleküle

Untersucht vor allem bei Insekten

(Heuschrecken):

• Pionierneurone legen die

Fasertrakte der Kommissuren

(Querverbindungen) und

Konnektiven (Längsverbindungen)

an

• Bildung von Faszikeln

• „choice points“

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Zelladhäsionsproteine als Erkennungssignale - IgCAMs

Fasciclin II gehört zur Immunglobulinsuperfamilie (IgCAMs), die als „neuronaler

Klebstoff“ wirken können

- teilen Sequenzhomologie mit IgGs (sog. „Ig fold“, die zur Antigenerkennung

verwendet wird und von Cysteinresten, die eine S-S-Brücke bilden, umrahmt ist)

- binden Calcium-unabhängig und können homophil interagieren

IgG

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Zelladhäsionsproteine als Erkennungssignale - Cadherine

• Wichtige Rolle haben auch die Cadherine,

die Calcium-abhängige homophile

Interaktionen zwischen verschiedenen

Zelltypen vermitteln können

• Extrazelluläre Bereiche binden Ca-Ionen

• Gruppe von mindestens 100 verschiedenen

Transmembranproteinen

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Signale zur Wegfindung:

- andere Neurone („Pionierneurone“) und nicht-neuronale Zellen

- Moleküle der extrazellulären Matrix

- Diffusible Moleküle

Experimenteller Ansatz:

Streifenassay

z.B. Ausplattieren von

Retina-Neuronen aus

verschiedenen Regionen

auf „gestreifte“

Oberflächen, die aus

verschiedenen Regionen

des Tektums präpariert

wurden

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Identifikation von Molekülen, die eine Kontaktattraktion oder eine Kontaktrepulsion

für bestimmte Nervenzellen vermitteln

Gute Substrate für viele Neurone: Laminin (häufig am effektivsten), Kollagen,

Fibronektin, Tenascin

Laminine: Heterotrimer aus alpha-, beta- und gamma-Kette

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Generelles Prinzip: Große kombinatorische Vielfalt sowohl auf Seiten der ECM-

Moleküle als auch auf Seiten der Rezeptoren ermöglicht hohe Selektivität

Komposition der

Integrinrezeptoren bestimmt

Präferenz für bestimmte

Liganden

Häufigste Rezeptoren: Integrinrezeptoren (Heterodimer aus alpha und beta-Kette)

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Signale zur Wegfindung:

- andere Neurone („Pionierneurone“) und nicht-neuronale Zellen

- Moleküle der extrazellulären Matrix

- Diffusible Moleküle

Diffusible Moleküle lösen chemotaktisches Verhalten von Wachstumskegeln aus

Experimenteller Ansatz:

Explantatversuche zur Untersuchung diffusibler

Moleküle bei der Enstehung des Rückenmarks

aus dem Neuralrohr

Bodenplatte

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Chemoattraktion von Axonen kommisuraler

Neuronen, die von der dorsalen Region des

embryonalen Rückenmarks zur ventralen Region

projezieren

Netrine werden von der Bodenplatte sekretiert und

binden an spezifische Rezeptoren (DCC,

Neurogenin)

Evolutionär konserviertes System

Netrin kann auch chemorepulsiv

wirken (z.B. bei Motoneuronen)

Als erstes entdeckt: Netrine (kleine Familie sekretierter Glykoproteine)

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Weitere Familie: Semaphorine

- Verschiedene Typen, die räumlich und zeitlich genau koordiniert sekretiert werden.

- Wirken meist chemorepulsiv

- Rezeptoren: Neuropiline (gehören zur Immunglobulinsuperfamilie) und Plexine

- Evolutionär konserviert

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Überblick über die wichtigsten Gruppen der („löslichen“) „guidance“

Moleküle

(Yu & Bargmann (2001), Nature Neurosci. 4:1169-1176)

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Neurotrophine und Zelltod

„The neurotrophic factor

hypothesis“

Prinzip: Limitierende Menge an Wachstumsfaktor bestimmt die Menge an

überlebenden Nervenzellen

Großteil der Nervenzellen stirbt während der Entwicklung (z.B. etwa 80% der

retinalen Ganglienzellen der Katze)

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Prototyp und Namensgeber: NGF („nerve growth factor“)

Ursprünglich charakterisiert als Faktor der das Auswachsen von Neuriten aus einem

Explanatat des sympathischen Ganglions fördert („Halo-Effekt“, Rita Levi-

Montalcini, 1951) wirkt vor allem auf Neurone des PNS

Produziert von innervierten Zielzellen

der sympathischen Neurone,

ermöglicht Überleben der

sympathischen Neurone

(Ausschaltversuche mit Antikörpern

(„functional knockout“))

Kleines Homodimer, 118

Aminosäuren je Kette mit drei SS-

Brücken

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Neurotrophine der NGF-Familie BDNF, NT-3, NT-4

Wirken auch auf Neurone des ZNS

Binden an zwei Arten von Transmembranrezeptoren:

„Low affinity“ Rezeptor (p75)

„High affinity“ Rezeptor (trk)

Wirkung vor allem über

unterschiedliche trk-Rezeptoren

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Zelltod

Zwei Haupttypen:

- Nekrose

- Apoptose („programmierter Zelltod“)

(Galluzzi et al. (2018) Molecular mechanisms of cell death: recommendations of the

Nomenclature Committee on Cell Death, Cell Death & Differentiation 25:486–541)

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Apoptose:

stereotyper Vorgang („Selbstmordprogramm“)

Aktivierung spezifischer intrazellulärer

Proteasen (Kaspase-Kaskade)

DNA-Fragmentierung („ladder“)

Vorprogrammiert bei der Entwicklung von

C. elegans: 131 Zellen (vor allem

Neurone) sterben bei der Entwicklung ab,

homologe Proteine auch bei höheren

Organismen

Zelltod

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Kann durch verschiedene Mechanismen induziert werden, z.B. spezische

Liganden (TNF, NGF?), das Fehlen von Faktoren (Neurotrophine), Schädigungen

(DNA Schädigungen)

aus: Nijhawan et al.

(2000) Ann. Rev.

Neurosci. 23:73-87